Auswertung der Fachgruppen Moderation und Dokumentation: Frau Zirngibl / Deutsche Kinder und Jugendstiftung Alle sechs Workshops die sich mit unterschiedlichen Aspekten des Themas befassten, brachten zum Abschluss ihre Ergebnisse in einer Fishbowl zurück ins Plenum. Die WorkshopReferent_innen wie auch Teilnehmer_innen waren gebeten, zu folgenden drei Fragen Antworten zu geben: • Was muss / soll neu gedacht werden? • Was hat sich bewährt, von welchen Standards sollen wollen wir nicht abrücken? • Wer sollte noch beteiligt werden? Übereinstimmend wurde zum Ausdruck gebracht, dass neue Strukturen gebraucht werden und eine transparente Kommunikation zwischen allen Beteiligten unabdingbar ist: zwischen den Ämtern untereinander, der Verwaltung und Träger und der Mitarbeitenden und den Jugendlichen. Einigkeit bestand auch darüber, dass die Standards der Jugendhilfe nicht unterschritten werden dürfen und die gleichen Standards für alle Kinder und Jugendlichen gelten müssen. Hier sind die Ergebnisse der einzelnen Workshops: Workshop 1 Vorurteilsbewusste Arbeit Bei uns allen sind Vorurteile vorhanden, die nur durch Selbstreflexion deutlich werden. Unterschiedliche Wertvorstellungen sind in die Arbeit mit einzubeziehen. Dafür sind eine transparente Kommunikation und Begegnungen auf der zwischenmenschlichen Ebene grundlegend. Die Regeln und Gesetze in den Institutionen und in der Gesellschaft müssen beachtet und verdeutlicht werden. Dafür ist es nötig, dass sich die jeweilige Einrichtung auf die für sie gültigen Werte verständigt und diese für die Jugendlichen verständlich vermittelt. Dabei müssen die Bedarfe der Jugendlichen beachtet werden. Neu gedacht werden sollte: • • • • • Die Verteilung und Unterbringung muss transparent behandelt werden, Überforderung der Institutionen braucht Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden Es gibt eine starke informelle Wirklichkeit: Social Media konstruiert Wirklichkeiten, die dekonstruiert werden müssen, Unwahrheiten sollen mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam entlarvt werden Ressourcen und damit auch die Teilhabe werden neu verteilt Offenheit der Veränderung muss bei uns anfangen Öffnung des Bildungssektors Standards: • Menschenrechte, Schutz der Minderheiten • Bildung und Teilhabe als Recht • Jugendhilfestandards und stabile Strukturen Stärker • • • zu beteiligen: Vernetzte und transparente Zusammenarbeit der Institutionen Einbezug der religiösen und migrantischen Organisationen Eltern und Zivilbevölkerung. Workshop 2 Der Clearingprozess – sinnvolle Standards und die Erfahrung aus der Praxis Schwerpunkt des Workshops waren die Fragen nach den Zuständigkeiten und speziellen Anforderungen an das Clearingverfahren mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Dabei ging es vor allem um das Sammeln von Problemen und Nöten: Die größte Herausforderung besteht im Mangel an Dolmetschern im ländlichen Raum und den fehlenden Fachkräften. Die übereinstimmende Forderung war: Bitte keine Jugendhilfe zweiter Klasse! Workshop 3 Vormundschaften für unbegleitete minderjährige geflüchtete Kinder und Jugendliche Ergebnisse der Diskussion des Workshops waren ebenfalls die Forderung nach dem Erhalt der Standards in der Jugendhilfe sowie die Forderung einer zeitnahen Vormundschaftsbestellung. Die Jugendhilfe hat Spielräume, die sie nutzen kann, wenn nötig auch mithilfe des einstweiligen Rechtsschutzes. Neu gedacht werden sollet eine strukturierte, personenunabhängige Vernetzung der Behörden und Kommunen, die weiter bestehen auch wenn Menschen wechseln. Diskutiert wurde auch die Beteiligung eines Mitvormunds oder Ergänzungspflegers. Ein Mitvormund ist eine rechtliche Option, die in der Praxis einen Nachteil bei der Familienzusammenführungen hat. Die Zuständigkeiten sind hier nicht eindeutig, da sich der Mitvormund nur um die aufenthaltsrechtlichen Belange des Jugendlichen kümmert. Bei Vormundschaften von Verwandten, die kein Deutsch sprechen, kann die Mitvormundschaft dagegen eine sinnvolle Option sein. Voraussetzung sind Absprachen zwischen allen Beteiligten. Bei den ehrenamtlichen Vormündern kann auch ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Hier sind ebenfalls sind gute Absprachen nötig. Ein weiteres Thema war der Informationsfluss und Zusammenarbeit zwischen Ausländerbehörde und Jugendamt, und die datenschutzrechtlichen Einschränkungen. Es wird eine Vereinfachung geben, die nicht nur positive Auswirkungen hat. Bisher ist die Ausländerbehörde in der Umverteilung nicht involviert oder informiert über vorläufige Inobhutnahmen. Dadurch verschwinden Jugendliche und Fälle von Menschenhandel werden erleichtert. Eine frühzeitige Vernetzung zwischen Jugendamt und Ausländerbehörde ist wichtig und sollte vor konkreten Konfliktfällen stattfinden. Dabei soll der Schutzgedanke im Vordergrund stehen. Workshop 4 Interkulturelle Kompetenz in den stationären Hilfen zur Erziehung Der Schwerpunkt des Workshops konzentrierte sich auf Fragen und Unsicherheiten der Teilnehmende. Viele sind in ihrer täglichen Arbeit noch nicht mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen befasst sind und behandeln das Thema vorbereitend. Viele konkrete Punkte wurden angesprochen. Jedes Team sollte sich eine Kultur erarbeiten, wie es zusammen leben und arbeiten möchte. In der konkreten Arbeit gibt es auch innerhalb eines Teams unterschiedliche Sichtweisen und daraus resultierenden Differenzen in Haltungen und Handlungen (Bsp. Doppelidentitäten und Umgang mit Wahrheit) Jede Einrichtung sollte sich deswegen auf gemeinsame Grundlagen ihrer Arbeit verständigen. Workshop 5 Traumatisierung und psychosoziale Beeinträchtigung von geflüchteten Kindern, Jugendlichen und Angehörigen Schwerpunkt war zuerst die Klärung des Begriffes Traumatisierung. Daraus ergeben sich viele Fragen. Traumatisierungen sind kein neues oder unbekanntes Phänomen. Angst vor Trauma zu haben, ist nicht nötig, man muss es verstehen und damit umgehen. Informationen über Trauma und kulturelle Hintergründe der Jugendlichen sind dringend nötig, damit keine Selbstschutzhaltung entsteht und dadurch Distanzierung. Nicht nur Psychologen sind die Experten, Vertrauenspersonen und nahe Menschen haben eine wichtige Rolle für die traumatisierten Jugendlichen. Qualifizierung und Befähigung von Helfern bringen einen Gewinn für Traumatisierte und Helfer, da dadurch der Austausch und das Verständnis ermöglicht werden. Unbedingt sollte eine ausreichende ganzheitliche Versorgung inclusive einer guten Unterbringung gewährleistet werden. Und es ist darauf zu achten, dass die Schulen und Menschen aus dem Umfeld der Jugendlichen miteinbezogen werden. Workshop 6 Ausbildung und berufliche Perspektiven Bei der Frage nach Zugängen zu Bildung und Arbeit ist die Situation der Landkreise sehr unterschiedlich. Einige Landkreise sind gut aufgestellt, andere haben großen Nachholbedarf. Dort gibt es Unklarheiten über Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten und wenig Informationen, welche Institutionen was anbieten und wo Dolmetscher zur Verfügung stehen. Eine regionale Vernetzung ist dringend notwendig Jedoch reichen die bestehenden Programme nirgendwo für einen reibungslosen Zugang zum Bildungsweg. Zentrale ungelöste Aufgaben sind die Sprachförderung und der Nachweis der bisherigen Bildungsbiographie der Jugendlichen. Bewährt und unbedingt weiter gefördert werden soll die sozialpädagogische Begleitung und die Beibehaltung der Standards der Jugendhilfe.