Sportspezifische Literatur 1. Aus Schlicht, W. & Strauß, B., (2003). Sozialpsychologie des Sports: Kap. 4: Ich mag Dich – Ich mag Dich nicht – Ich mag Dich. (S.57 - 69) Kap. 6: Du bist nicht allein … (S 89 – 96) Kap. 7: Auf immer dein!? (S. 97 - 105) 2. Aus Alfermann D. & Stoll O. (2005). Sportpsychologie: Lektion 10: Trainer–Athlet-Interaktion (S. 201 -222) Lektion 11: Gruppe und Mannschaft. (S.223 – 242) Lektion 12: Zuschauer. (S. 244 – 267) 3. Alfermann D. & Strauß B. (2001). Soziale Prozesse im Sport. In Einführung in die Sportpsychologie, Teil 2: Anwendungsfelder. Schorndorf. S 73 – 108. 4. Avermaet E. (2002). Sozialer Einfluss in Kleingruppen. In Stroebe W. et al. Sozialpsychologie, Berlin, S 452 – 495. 5. Wilke H & Wit A. (2002) Gruppenleistungen. In Stroebe W. et al. Sozialpsychologie, Berlin, S 498 – 535. Soziale Prozesse im Sport Alle sportlichen und Bewegungshandlungen sind sozialer Natur. Sport findet im Gruppenkontext statt. Wahrnehmungsprozesse Informationsverarbeitung Einstellungen zu Sport und Leistung Selbstbild Selbstdarstellung soziale Phänomene Drei Bereiche sozialer Prozesse 1. Soziale Kognitionen Wahrnehmung Attribution Bewertung 2. Kommunikation und Beziehung Hilfeverhalten Aggression Sympathie 3. Soziale Gruppen Konformität Führung Gruppenleistung Intergruppenverhalten Soziale Konstruktion der Welt 1. Motivationale Ansätze 2. Kognitive Ansätze Schemata Skripts Heuristiken Attribution Attribution = Ursachen- + Verantwortungszuschreibung Dienen der Erklärung, Begründung und Rechtfertigung von Ereignissen und Handlungen. Rückschlüsse auf Person und/oder Situation Attribution und Motivation nach Weiner stabil variabel internal Fähigkeit Anstrengung external Schwierigkeit Zufall Fundamentaler Attributionsfehler = die Tendenz, das Verhalten eines Menschen vor allem anhand von Personfaktoren zu erklären und den Einfluss situativer Faktoren zu unterschätzen; d.h. externe Ursachen werden bei der Erklärung des Verhaltens anderer Menschen unterschätzt. Erklärungen Warum unterläuft dem Menschen der fundamentale Attributionsfehler? Erklärungen: 1. Wenig Information über das Verhalten in verschiedenen Situationen 2. Anker- und Anpassungsheuristik 3. Perzeptuelle Salienz Anker- und Anpassungsheuristik Bei der Attribution wird das, was gerade im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht, als Urteilsanker verwendet. Es werden zwar situative Informationen berücksichtigt, die Anpassung des Urteils an die Informationen über die Situationseinflüsse ist jedoch unzureichend. Perzeptuelle Salienz Unsere Aufmerksamkeit ist vor allem auf die Person und nicht auf die sie umgebende Situation gerichtet. Wir geben in unserer Wahrnehmung der Figur mehr Gewicht als dem Grund. In einer Wahrnehmungssituation gilt unsere Aufmerksamkeit vornehmlich den Menschen. Das, was wir wahrnehmen, halten wir auch für eine plausible Ursache für ein Verhalten. Akteur-Beobachter-Differenz Tendenz, das Verhalten anderer Menschen auf dispositionale Faktoren zurück zu führen und das eigene Verhalten auf situative Faktoren. Erklärungen: 1. Unterschiedliche Informationen 2. Perzeptuelle Salienz Selbstwertschützende Attribution Erklärungen für den eigenen Erfolg basieren auf internalen, dispositionalen Faktoren, während bei Erklärungen des eigenen Fehlverhaltens externale Faktoren verantwortlich gemacht werden. Gründe für selbstwertschützende Attributionen 1. Aufrechterhaltung des Selbstwertes 2. Strategie der Selbstpräsentation Die Theorie des Selbstwertschutzes und der Selbstwerterhöhung Zentrale Annahme: Der Mensch ist grundsätzlich motiviert, sein Selbstwertgefühl zu schützen oder zu erhöhen. Selbstwertdienliche Attribution Attributionen werden selbstwertdienlich durchgeführt. Attributionsasymmetrie: Misserfolge werden external attribuiert Erfolge werden internal attribuiert = positiv für Selbstwertgefühl Aus der Annahme der Attributionsasymmetrie ergab sich die Forschung zu Self-serving-bias-Effekten. Self-serving-bias-Effekte treten auf • bei der Erklärung eigenen Verhaltens • bei der Erklärung des Erfolgs bzw. Misserfolgs von anderen • in partnerschaftlichen Beziehungen Self-serving-bias-Effekte bei der Erklärung eigenen Verhaltens Beispiel: Studenten nach Prüfungen • Gute Noten wurden vor allem auf eigene Fähigkeiten zurückgeführt. • Schlechte Noten dagegen auf die Schwierigkeit der Fragen oder auf unglückliche Umstände. Self-serving-bias-Effekte bei der Erklärung des Erfolgs bzw. Misserfolgs von anderen Besonders Personen, die selbst einen Misserfolg erlitten haben, attribuieren Erfolge von anderen selbstwertdienlich: Erfolge anderer werden auf Glück oder unlautere Mittel zurückgeführt. Diese Effekte treten aber nur bei Personen auf, die sich im Wettbewerb befinden, sie sind nicht zu beobachten bei nicht bei befreundeten und kooperierenden Personen. In Gruppen: Verantwortungsübernahme von Gruppenmitgliedern für eine Gruppenleistung. Personen, denen man einen Erfolg zurückgemeldet hat: eigener Beitrag wurde für wichtiger gehalten und Beiträge der anderen Gruppenmitglieder werden besser eingeschätzt als bei Misserfolgsrückmeldung Personen haben die Tendenz, die Partner stärker für Gruppenmisserfolge als für Gruppenerfolge verantwortlich zu machen, während sie sich selbst Gruppenerfolge zuschrieben. Self-Handicapping Durch Self-Handicapping werden selbstwertdienliche Attributionen vorbereitet. Aufgrund der Angst zu versagen, legen sich Menschen Handicaps zu, die in defensiven Attributionen verwendet werden können. Differentielle Unterschiede: 1. Geschlecht 2. Selbstwertgefühl: a. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl: Self-handicapping-Strategien, wenn Defizite sichtbar werden könnten. b. Menschen mit hohem Selbstwertgefühl: Wenn es für andere möglich ist, persönliche und intellektuelle Stärken zu identifizieren. Sandbagging = Herunterspielen der eigenen Leistungsmöglichkeiten = mit weniger Nachteilen verbunden als Self-handicapping-Strategien Kontrafaktisches Denken Kontrafaktische Gedanken sind Kognitionen, die sich mit nicht eingetretenen Ereignissen befassen. Sie können aufwärtsgerichtet oder abwärtsgerichtet sein. = mentale Simulationen Warum sind Bronzemedaillengewinner oft zufriedener als Silbermedaillengewinner? Gruppen und Mannschaften Was sind Gruppen? Bestehen aus mindestens 3 Personen Wechselseitige Kommunikation + Einflussnahme Gruppe ist mehr als die Summer ihrer Teile Gruppenkontext beeinflusst das Handeln der Mitglieder Was sind Mannschaften? = spezielle Art von Gruppen Sportmannschaften - entwickeln in der Regel eine gemeinsame Identität - teilen ein gemeinsames Schicksal - verfolgen gemeinsame Ziele - sind voneinander abhängig - sind determiniert durch die jeweiligen Regeln der Sportart Heuristisches Modell von Carron Gruppenzusammensetzung und Leistung Drei Gesichtspunkte: 1. Quantität der Gruppenressourcen 2. Variabilität 3. Komplementarität Quantitative Aspekte Welchen Einfluss hat die Ausprägung der Leistungsfähigkeit? Positive Beziehung zwischen Summe der individuellen Fähigkeiten und der Mannschaftsleistung. Einschränkung: Einzelkämpfer erschwert die Koordination Persönliche Antipathien Welchen Einfluss hat die Ausprägung der Motivation? Höhere durchschnittliche Leistungsmotivation geht nicht mit höherer Gruppenleistung einher. Einschränkung: In Kombination mit hoher Kohäsion Verbesserung der Leistung. Wirkung der Variabilität Sind heterogene Gruppen besser als homogene Gruppen? Heterogenität erhöht Produktivität Gilt für Geschlecht Persönlichkeitsmerkmale Fähigkeiten Leistungsmotivation Einschränkung: Gilt nur innerhalb einer gewissen Bandbreite. Ist abhängig von der Art des Sports. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen in Sportmannschaften sollten sich die Spieler in ihren Fähigkeiten ergänzen (=heterogen), aber homogen im Hinblick auf ihr Fähigkeitsniveau sein. Auswirkung der Gruppengröße Mit der Gruppengröße sinken die Gruppenkohäsion Zufriedenheit Bindung Gründe: geringe Interaktionsdichte weniger Möglichkeiten zur aktiven Beteiligung sinkende Verantwortlichkeit Motivationsverluste: soziales Faulenzen, Trittbrettfahren, Trotteleffekt Ideale Gruppengröße? • Hängt stark von der Sportart ab. • • • Aufgabeorientierte Kohäsion ist in kleinen Mannschaften mit 3 Personen am besten. Soziale Kohäsion bei 6 Personen Dropoutrate in Fitness-Gruppen stehen in einem kurvilinearen Zusammenhang: (5-17 und 32 – 46) Vorschläge zur Reduktion von Motivationsverlusten Gruppenkohäsion = ein dynamischer Prozess, der sich im Bestreben einer Gruppe widerspiegelt, zusammen zu halten und zum Zweck der Erreichung ihrer Ziele vereint zu bleiben. Kohäsionsprinzip der Leistungsförderung: Bei interdependenter Aufgabenstruktur findet man einen positiven Zusammenhang zwischen Leistung und Kohäsion. Rivalitätsprinzip der Leistungsförderung: Bei independenten Aufgabenstrukturen (z.B. additiven) keine oder negative Zusammenhänge. Modell der Gruppenkohäsion nach Carron Gruppenkohäsion Mannschaftsattraktivität Aufgabenbezogen (ATG-T) Sozial (ATG-S) Gruppenintegration Aufgabenbezogen (GI-T) Sozial (GI-S) Kohäsion und Leistung Wilhelm (2001) Gruppenintegration Mannschaftsattraktivität Aufgabe (GI-T) Aufgabe (ATG-T) Gruppenintegration Mannschaftsattraktivität Sozial (GI-S) Sozial (ATG-S) Leistung Tabellenplatz Gilt für interagierende und unabhängige Mannschaften. Wirkrichtung Befunde sind nicht eindeutig. Die Forschungsergebnisse sprechen aber eher dafür, dass sportlicher Erfolg auf die Kohäsion wirkt und nicht umgekehrt. Weitere Befunde Kohäsion korreliert positiv mit Leistungsmotivation Zufriedenheit negativ mit Dropoutrate Führungsforschung Führungsforschung 1. Ansatz: Smith & Smoll Es wird mittels „Coaching Behavior Assessment System“ Trainerverhalten beobachtet. 1.Schritt Beobachtung des Trainerveraltens Beurteilung durch die Spieler (Kinder + Jugendliche) Selbstbeurteilung durch die Trainer Ansatz: Smith & Smoll 2. Schritt Korrelation zwischen Trainerverhalten und Output-Variablen Ergebnis: Wenn Trainer - häufig positiv bekräftigen - häufig technische Unterweisungen und Erklärungen geben - ermutigen und unterstützen Dann werden sie bevorzugt und als sympathischer eingeschätzt Sportler sind zufriedener und motivierter Aber! Dieses Trainerverhalten hat keinen Einfluss auf die Leistung. Ansatz: Smith & Smoll 3. Schritt Verhaltenstrainingsprogramm Hat insgesamt positive Auswirkungen: positive Einstellung zum Trainer positive Einstellung zum Sport mehr Spaß und Freude höheres Selbstwertgefühl der Kinder Führungsforschung 2. Ansatz: Treutlein / Janalik / Hanke Erfassung kognitiver und emotionaler Prozesse Menschenbild Führungsforschung 3. Ansatz: Chelladurai Trainerverhalten wird mittels der „Leadership Scale for Sports“ erfasst. 5 Dimensionen: Demokratisches Verhalten Lob / Ermutigung Situationsberücksichtigung Unterweisung Soziale Unterstützung Faktorenstruktur ist fraglich. Ansatz: Chelladurai Das Trainerverhalten korreliert am höchsten mit der Zufriedenheit der Athleten, am zweithöchsten mit der Zufriedenheit mit der Mannschaftsleistung, am niedrigsten mit der tatsächlichen Leistung. Gruppenkohäsion und Führung Emotionale Führung Diese Trainer appellieren an die Motivation und den Willen und sie betonen vor allem das Ziel. Bei diesen ist Kongruenz zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation wichtig. Aufgabenbezogene Führung Ruhiger und rationaler Umgang mit den Spielern, befasst sich vor allem mit dem Weg zum Ziel. Welcher Führungsstil besser? = ist nicht einfach zu beantworten Wichtig ist, dass der Führungsstil auf das zu lösende Problem abgestimmt ist. Die Anwendung nur eines bestimmten Führungsstils bzw. einer bestimmten Führungsweise ist nicht ratsam. Emotional Beschreibung Ziel Demokratisch Autokratisch Aufgabenbezogen Demokratisch Autokratisch Soll die Spieler auf Soll die Spieler den Teamgeist ein- aufrütteln. schwören bzw. auf das gemeinsame Ziel ausrichten. Soll Ideen und Lösungsvorschläge von Trainer und Spieler zusammenführen und somit ein globales Teamverständnis aufbauen. Soll konkrete Handlungsanweisungen an die Spieler übermitteln sowie sie dazu bringen, das Konzept des Trainers umzusetzen. Moderates verbales und nonverbales Verhalten. Verhalten und Information stimmen überein. Ruhiges, besonnenes Verhalten. Trainer redet häufig mit Spielern. Heftiges verbales und nonverbales Verhalten. Trainer „befiehlt“ ein bestimmtes Verhalten. Heftiges verbales und nonverbales Verhalten. Information und Verhalten müssen nicht zwangsläufig miteinander übereinstimmen. Aufgabe = komplex und unstrukturiert > autokratische Führung Aufgabe = übersichtlich und gut strukturiert > demokratische Führung Gute Fähigkeitsausprägung der Sportler > emotionale Führung Niedrige Fähigkeitsausprägung der Sportler > aufgabenbezogene Führung