WILDES AUSTRALIEN

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WILDES AUSTRALIEN
Reisebericht eines Heimkehrers
Der Monat November ist der Übergang von Herbst in den Winter. Längst sind die
bunten, kräftigen Farben verblasst und es wird früher dunkel. Aber noch ist es zu früh
für Schnee, Raureif und besinnliche Abende. Was kann man also tun, wenn einem
der November hier zu trist ist?
Ganz einfach: Ab an das andere Ende der Welt! Auf nach Australien! Denn wenn uns
der Winter noch zögert, beginnt dort … der Frühling! Wer’s nicht glaubt, sollte in
Erdkunde nachsitzen, oder aber es mir gleich tun: Ab ins Flugzeug und los nach
Sydney. In der Millionenmetropole gibt es schon einiges zu entdecken – zum Beispiel
die Flying Foxes – Flughunde – die tagsüber träge in den Bäumen hängen um
abends zu Tausenden die Stadt nach Früchten zu durchforsten. Dabei machen sie
einen enormen Lärm und man kann schon erschrecken, wenn so ein Tier mit einer
Spannweite von bis zu 1,70 m vorbeifliegen.
Wir sind mit einem zum Campingwagen umgebauten Bus von Sydney aus gen
Norden gefahren – also von eher gemäßigtem Klima rauf in den tropischen Norden.
Zu dieser Jahreszeit heisst das aber auch, dass es abends immer früher dunkel
wurde, je weiter wir gefahren sind. Verrückt? Absolut nicht! Im Winter werden nun
mal im Süden die Tage länger und je weiter man nach Süden fährt, um so näher
kommt man dem Südpol.
Dennoch gilt: An der Küste ist es meist grün und fruchtbar – je weiter aber man ins
Landesinnere fährt, um so mehr wird Australien so, wie wir es zu kennen glauben:
Trocken, heiss und sandig.
Und in einem Land, das größer ist als Europa oder Nordamerika, in dem aber nur so
viele Menschen leben wie in Bayern und Baden-Württemberg zusammen, ist für
eines Platz genug: Für Tiere aller Art! Und denen läuft man an jedem Punkt über den
Weg.
Zuerst sind da die Reptilien und Ihre
Verwandtschaft. Zum Beispiel die Water
Dragons, bei uns als Wasseragamen bekannt.
Sie sind überall dort anzutreffen, wo Wasser
nahe ist und wo es aber auch Bäume gibt, die
einen Platz zum Sonnen und Verstecken bieten.
Abends und nachts sind dann alle Arten
von Kröten und Fröschen unterwegs.
Auf der Suche nach Futter und
Wasserquellen legen sie ganz schöne
Strecken zurück – und manche kommen
dabei auf ziemlich dumme Ideen:
Toiletten sind halt nur kurzfristig ein
geeigneter „Teich“ …
Ebenfalls nachtaktiv sind die Geckos. Bei
uns ebenfalls nur aus Zoos oder Terrarien
bekannt gehören sie auch in Australien
zum Nachtleben hinzu. Das leise Bellen
mit dem sie ihr Revier verkünden ist bis
spät in die Nacht hinein zu hören – und
jede Lichtquelle die Insekten anlockt ist
da willkommen.
Kragenechsen sind beeindruckende
Tiere. Sie beherrschen die Tarnung
und können förmlich mit Baumstämmen verschmelzen. Im Notfall
werden sie zum Zweibeiner und
rennen in beeindruckendem Tempo
auf den Hinterbeinen auf und davon.
Andererseits sind sie ausgesprochen
dämlich: Sie vertrauen Ihrer Tarnung
auch auf Strassen und Feldwegen –
was diesem Kerl hier zum Glück nicht
geschadet hat: Wir haben ihn so
besser fotografieren können.
Dann sind da noch die Warane - allen voran der Lace Monitor, den man in allen
Klimazonen antrifft und der sich offenbar seiner Größe bewusst ist. Der alte Kämpfer
hier war ca. 1,8 m lang und besuchte uns beim Frühstück und tankte neben uns
etwas Sonne. Gut, die Füsse haben wir trotzdem hoch genommen, aber in das
Beute-Schema passen wir schon allein von der Größe her nicht.
Die Baumeister des Kontinents sind
übrigens die Termiten. Ihre riesigen
Bauten sieht man oft schon von weiten
– dabei ist der Hauptteil der Kolonie
unter der Erde. Man mag es kaum
glauben: Die kleinen Insekten bauen
sogar Lüftungsschächte und manche
bauen Pilze an. Die Termitenbauten
mit der stets gleichen Temperatur
werden übrigens von Waranen auch
als Nest genutzt – in dem harten Lehm
sind die Eier sicher.
Doch trotz all der Wälder, Steppen und
Berge – so richtig ab geht’s erst unter
Wasser: Das Great Barrier Reef ist
weltweit einzigartig! Über Wasser sieht es
schon großartig aus – so viel Blau habe ich
noch nie gesehen – aber unter Wasser ist
die Korallenwelt einzigartig! Leider habe ich
keine Unterwasserkamera und kann so
nicht ganz meine Begeisterung untermalen.
Aber von einer Begegnung muss ich dann doch
erzählen: George. Wir gönnten uns etwas
besonderes: Den Reefsleep. Hier kann man auf
einer schwimmenden Plattform draussen auf dem
Great Barrier Reef übernachten. Wer glaubt, er
kennen den Nachthimmel, der wird bei einer Nacht
auf dem offenen Meer ohne Lichtverschmutzung
eines Besseren belehrt.
Und unter genau dieser Plattform lebte George –
ein sehr neugieriger Queensland Groper. Eigentlich
sind diese Fische Einzelgänger, aber dieser
mächtige, 3 m lange und 300 kg schwere Fisch lebt
hier mit 3 Weibchen und einem fast noch
stattlicheren Rivalen.
Sobald aber auf der Plattform sich etwas regte, kam
er bis knapp unter die Wasseroberfläche und
beobachtete aufmerksam das Geschehen. Unzählige Narben erzählten von Kämpfen
und unangenehmen Begegnungen mit Fischern. Wenn Fische erzählen könnten …
Doch wenn man nicht gerade Taucher ist,
sieht man doch mehr Vögel als Fische. Und
davon gibt es auch sehr viele in Australien.
Allen voran Kakadus – die in großen Städten
wie Sydney leben, aber auch in Wäldern und
Steppen. Eben überall da, wo es etwas
Leckeres zu finden gibt.
Aber ein anderer typischer Vogel ist der Kookaburra,
dessen Lachen ihn in Deutschland den Namen
„lachender Hans“ eingebracht hat. Er ist mit unserem
Eisvogel verwandt und sitzt fast genau so geduldig
auf Leitungen, Zäunen, Ästen, Lampen und anderen
Aussichtspunkten. Hat er etwas Leckeres erspäht –
zum Beispiel eine Küchenschabe – stürzt er hinab
und packt sich sein Opfer zielsicher.
Deutlich seltener ist da der Cassowary. Verwandt
mit dem Emu und anderen Großvögeln wie dem
Vogel Strauss ist dies hier ein eher buntes
Kerlchen. Aber leider auch sehr selten. Obwohl er
sich in abgelegene Gebiete zurück gezogen hat,
kommt ihm der Mensch doch immer wieder in die
Quere und gerade Autos sind eine tödliche Gefahr
für die seltenen Riesenvögel.
Bedeutend kleiner aber NOCH bunter sind die
Loris, blütenektarversessene Papageien, die
ebenfalls in Städten aber auch in der Wildnis
leben.
Die echten Herrscher Australiens sind aber die
Beuteltiere. Sie gibt es in allen Größen – winzig
klein, aber auch richtig groß.
Dirk Lässig – das wäre der perfekte Name für
diese riesigen roten Känguruhs. Tagsüber legen
sie sich gemütlich an ein schattiges Plätzchen und
dösen vor sich hin. Erst abends, wenn es
angenehmer wird, geht es los zum Grasen.
Und auch so sieht man immer wieder
Känguruhs und Wallabys am
Strassenrand sitzen und neugierig die
Passanten mustern.
Eher kleinere Vertreter sind die
Bergwallabys – eher hasengroß aber
extrem neugierig und in diesem Fall
eher verfressen. Durch Wallabyfutter
bestochen wagte sich diese Mutter mit
ihrem Kleinen sehr nah an uns heran.
Dann wären da noch die Bergkänguruhs (links) und das Waldwallaby (rechts).
Das Vorzeigebeuteltier Australien
sind aber die Koalabären, die
eigentlich keine Bären sind und
nur wegen ihres Aussehens
diesen Namen tragen. In freier
Wildnis bekommt man sie kaum
zu Gesicht, weil sie in den
Eukalyptusbäumen ideal getarnt
sind.
Andere Vertreter der Beuteltiere
sind die Opossums (oder Possums) die in den verschiedensten Arten von
Mäusegröße bis zu Katzengröße meistens nachts in
und unter Bäumen und Büschen tummeln.
By the way: Wenn jemand weiss, woher man
Opossum-Nachzuchten in Deutschland beziehen
kann: [email protected] würde sich extrem über diese
Information freuen! In Australien und in Neuseeland
gelten diese possierlichen Tierchen eher als
ungeliebte Schädlinge, aber aus europäischer
Entfernung betrachtet sind es einfach wunderbar
liebenswerte Nachtgeschöpfe.
Und wir hatten das Vergnügen, eines
der seltensten Tiere Australiens zu
sehen: Das Echidna, oder den
Schnabeligel. Er ist verwandt mit dem
Schnabeltier und gibt den Forschern
nach wie vor Rätsel auf: Er ist ein
Säugetier, legt aber wie das
Schnabeltier Eier. In Australien wird es
auch als Kloakentier bezeichnet – da es
wie Vögel oder Reptilien eine Kloake
besitzt.
Das war’s mit meinem Bericht. Ich hoffe, sie konnten
einen kleinen Eindruck von diesem wunderbaren,
großen Land gewinnen. Ich glaube, allein schon als
Tierfreund hat mich dieser Kontinent fasziniert, aber
das ist nur eine Facette von vielen, die das
Australien zu bieten hat.
Wenn Sie möchten, nehme ich sie bald wieder mit
auf eine kleine Fotoreise. Ich freu mich drauf – auf
den nächsten Urlaub aber auch aufs davon erzählen.
Herman Güldenhaupt – [email protected]
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