Physik für Studierende der Biologie und Chemie Universität Zürich, HS 2009, U. Straumann Version 6. Dezember 2009 Inhaltsverzeichnis 4.5 4.6 4.7 4.5 Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik: Erhaltung der Energie . 4.5.1 Arbeit, innere Energie und Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Zustandsgrössen, Potentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Spezielle Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Zyklische Prozesse und thermische Maschinen . . . . . . . . . . . . 4.5.5 Der Carnot’schen Kreisprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.6 Wirkungsgrad des Carnot’schen Kreisprozesses . . . . . . . . . . . Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik und der Entropie-Begriff 4.6.1 Der Begriff der Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6.2 Zunahme der Entropie in irreversiblen Prozessen . . . . . . . . . . 4.6.3 Beispiel für einen irreversiblen Prozess: Temperaturausgleich . . . 4.6.4 Mikroskopische Betrachtung: Entropie und Wahrscheinlichkeit . . Ergänzende Anwendungen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.1 Spezifische Wärmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.2 Umwandlungswärmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.3 Erzeugung tiefer Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.7.4 Reale Wärmekraftmaschinen, Wärmepumpen, Kühlmaschinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 4.1 4.3 4.4 4.7 4.9 4.10 4.11 4.12 4.14 4.15 4.16 4.18 4.18 4.20 4.23 4.25 Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik: Erhaltung der Energie Der erste Hauptsatz stellt die thermodynamische Form des Energieerhaltungssatzes dar. Er verknüpft die verschiedenen Formen der Energie, bzw. ihre Änderung. Wärme ist eine Form von Energie. Energie kann nicht erzeugt oder vernichtet werden, sondern nur von einer Form in eine andere umgewandelt werden kann. 4.5.1 Arbeit, innere Energie und Wärme Unter der inneren Energie U verstehen wir die totale Energie der Teilchen eines Makrosystems. Wir bezeichnen die totale (innere) Energie mit U , ihre Änderung mit ∆U . Sie kann verschiedene Anteile enthalten, z. B. die potentielle Energie von Oszillatoren, elektrische oder magnetische Feldenergie, sowie kinetische Energie. Bei dieser sind zwei Anteile zu unterscheiden, nämlich erstens die kinetische Energie der geordneten, kollektiven Bewegung, wenn sich das System als Ganzes bewegt (= makroskopische Bewegung), und zweitens die kinetische Energie der ungeordneten thermischen Molekularbewegung, welcher die Temperatur T zugeordnet wird. 4.1 Unter Wärme Q verstehen wir Energieübertragung, die nicht mit Arbeitsleistung auf makroskopischer Skala verbunden ist. Q wir positiv angenommen, wenn dem betrachten System Energie zugeführt wird. Das System kann ebenfalls Energie aufnehmen oder abgeben, indem mechanische Arbeit geleistet wird. Zum Beispiel kann ein Gas komprimiert werden. Die geleistete Arbeit bezeichnen wir wie in der Mechanik mit W , wobei W als positiv definiert ist, falls die dem betrachteten System Energie zugeführt wird. Dabei schliessen wir auch chemische oder elektrische Arbeit ein. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik postuliert die Energieerhaltung auch in thermodynamischen Systemen, und lautet deshalb: ∆U = W + Q Die Zunahme der inneren Energie eines Systems bei einem bestimmten Prozess ist gleich der Summe der während dem Prozess geleisteten Arbeit plus die zugeführte Wärme. Beispiel: Ein isobarer Prozess, bei dem durch Aufheizen das Volumen eines Mols eines idealen (einatomigen) Gases unter einem beweglichen Kolben vergrössert wird, soll als erstes Beispiel dienen. Der Kontakt mit einem Körper auf höherer Temperatur kann für die Wärmezufuhr sorgen. p A p x2 A x1 V2, T2 V1, T1 Da sich das Volumen ändert, und sich der Kolben verschiebt, wird mechanische Arbeit geleistet (|F~ | =const.= pA, −F~ k d~r): Z 2 W = W1→2 = F~ · d~r = −pA(x2 − x1 ) W = −p(V2 − V1 ) = −p∆V < 0 1 Wir bezeichnen mit W die Arbeit die dem System zugeführt wird. W ist also negativ, wenn das System gegen eine äussere Kraft expandiert so wie hier. W ist positiv, wenn das System durch eine externe Kraft komprimiert wird. Da sich die Temperatur erhöht, ändert sich auch die innere Energie. Für ein ideales einatomiges Gas war die mittlere Energie eines Atoms Ē = 23 kT , die totale innere Energie eines Mols deshalb N0 mal Ē, also 3 U = RT 1 Mol ideales Gas 2 Diese Gleichung heisst manchmal kalorische Zustandsgleichung. Damit wird die Aenderung der inneren Energie in unserem Beispiel: 3 3 ∆U = U2 − U1 = R(T2 − T1 ) = R∆T > 0 2 2 4.2 Aus dem ersten Hauptsatz erhalten können wir daraus die dem System zugeführten Wärme berechnen: 3 Q = ∆U − W = R∆T + p∆V 2 Man kann den ersten Hauptsatz in verschiedener Form in Worte kleiden: i) Energie kann nicht erzeugt und nicht vernichtet werden, sie ist erhalten. ii) Wärme ist eine Form von Energie. iii) Wenn ein System Arbeit leisten soll, muss sich die innere Energie ändern, oder es muss Wärme zugeführt werden. Aus dem ersten Hauptsatz folgt, dass ein Perpetuum Mobile erster Art nicht existiert. Man versteht darunter eine unbeschränkt laufende (und daher zyklisch arbeitende) Maschine, welche pro Zyklus, d. h. zwischen zwei gleichen Zuständen (U2 = U1 , ⇒ ∆U = 0) mehr Arbeit leistet, als ihr Wärme zugeführt wird, oder Arbeit leistet, ohne dass ihr Wärme zugeführt wird. 4.5.2 Zustandsgrössen, Potentiale Die im ersten Hauptsatz auftretenden drei Energieformen, Q, ∆U und W , unterscheiden sich formal untereinander. Die innere Energie U ist eine Zustandsgrösse. Sie ist für jeden Punkt im Zustandsdiagramm eindeutig definiert. Ist zum Beispiel die Temperatur eines idealen, einatomigen Gases festgelegt, dann ist auch die innere Energie bestimmt: U = 23 νRT . Stellt man sich in einem Zustandsdiagramm (z.B. pV Diagramm) einen Prozess vor, der vom Punkt A nach Punkt B verläuft, dann ändert sich die innere Energie um ∆U . ∆U hängt dabei nicht von der Form der Kurve ab, nur von den Endpunkten. Handelt es sich um einen Kreisprozess (A=B), dann gilt ∆U = 0. R ~ wegunabhängig war, Diese Argumentation erinnert uns an die Mechanik: Kräfte deren F~ · dr nannten wir konservativ. Für konservative Kräfte konnten wir mit diesem Integral die potentielle Energie definieren, das in jedem Raumpunkt eindeutig definiert war. Entsprechend dieser Analogie nennt man thermodynamische Zustandsgrössen, die im Zustandsdiagramm in jedem Punkt eindeutig bestimmt sind, thermodynamische Potentiale. Die innere Energie ist ein thermodynamisches Potential. Man schreibt deshalb infinitesimale Aenderungen mit einem d, also zum Beispiel dU . Für grössere Aenderungen gilt also ∆U = UB − UA = Z B dU A 4.3 und der Wert dieses Ausdruckes ist vom Weg unabhängig. Falls A=B, also der Weg an seinen Ausgangspunkt zurückgeht, wird das Integral null. Man verwendet folgende Schreibweise: Z A I dU = 0 dU := A Für die beiden anderen Energieformen im ersten Hauptsatz gilt diese Aussage im allgemeinen nicht. Die zugeführte Wärme hängt von den Details des Prozesses und damit vom Weg im Zustandsdiagramm ab. Wird zum Beispiel ein Gas mit einem Kolben isotherm komprimiert, so muss laufend Wärme abgeführt werden. Ist der Kolben zusätzlich schlecht gelagert, wird durch die Gleitreibung Wärme erzeugt, die ebenfalls abgeführt werden muss. Wegen der Reibung wird Q vergrössert, ohne dass sich die Endzustände des Prozesses im Zustandsdiagramm änderten. Q ist deshalb kein thermodynamisches Potential. Dasselbe gilt für die vom System geleistete Arbeit, wie das Beispiel eines isotherm oder isochor - isobar expandierten idealen Gases illustriert. Die vom Gas durchRdie Expansion (aufgrund von einem Wärmebad zugeführter Wärme) geleistete Arbeit ist gleich AB p · dV . Im pV Zustandsdiagramm bedeutet das grafisch also gerade die unter der Kurve liegende Fläche. Nimmt man einen anderen Weg, zum Beispiel zuerst isochore Abkühlung und dann isobare Expansion, wird die Fläche unter der Kurve und damit die vom Gas geleistete Arbeit kleiner. (Natürlich muss dann auch weniger Wärme zugeführt werden.) Die Arbeit ist also kein thermodynamisches Potential. Um diese Unterschiede klar zu machen, schreiben wir deshalb für kleine zugeführte Wärmen δQ und für geleistete Arbeiten δW . Die infinitesimale Form des ersten Hauptsatzes lautet damit: dU = δQ + δW Wird mechanische Arbeit ausschliesslich durch Volumenänderung des Systems geleistet, so ist δW = −pdV und es gilt δQ = dU + pdV Q1→2 = U2 − U1 + Z 2 p(V, T )dV 1 Mindestens ein Teil der am System geleisteten Arbeit wird aber auch direkt in Wärme übergeführt werden (z.B. Reibung beweglicher Kolben). Solche Teile sind nicht natürlich nicht in pdV enthalten. 4.5.3 Anwendung des ersten Hauptsatzes auf spezielle Prozesse: Allgemeine Aussagen und Resultate für das ideale Gas Für spezielle Prozesse und damit verbundene Zustandsänderungen, z. B. solche, bei denen eine der Zustandsvariablen konstant bleibt, lässt sich der erste Hauptsatz einfacher schreiben. Wir werden im folgenden immer die allgemeine Aussage direkt mit dem Resultat für das ideale Gas verknüpfen und uns auf mechanische Arbeit beschränken, die durch Volumenänderung des Gases hervorgerufen wird (δW = −pdV ): 4.4 Ideales Gas (1 Mol): Allgemein: δQ = dU + pdV U= f RT 2 pV = RT Die im folgenden diskutierten Prozesse sind alle in Abbildung 4.1 in einem (p, V )−Diagramm für ein ideales Gas als Arbeitssubstanz illustriert. Abbildung 4.1: Die vier Abbildungen zeigen jeweils Isothermen in einem (p, V )−Diagramm für ein ideales Gas. Vertikale Achse: p [p0 ]; horizontale Achse: V [V0 ]; untere Isotherme: T1 ; obere Isotherme (falls vorhanden): T2 = 1.5 T1 ; die vertikalen und horizontalen Linien markieren Anfangs- und Endzustand: (p1 , V1 , T1 ) und (p2 , V2 , T2 ); die Adiabatenkurve ist ebenfalls eingezeichnet. Isochore Prozesse: Hier bleibt das Volumen unverändert (V = const). Der Prozess läuft in einem geschlossenen, starren Behälter ab. Da dabei keine mechanische Arbeit geleistet wird, geht die zugeführte Wärme vollständig in innere Energie über. Bei chemischen Reaktionen ist zugeführte Wärme die in einem Bombenkalorimeter gemessene Reaktionswärme. 4.5 Ideales Gas: Allgemein: δQ = dU pdV = 0 Q1→2 = U2 − U1 dU = f RdT 2 U2 − U1 = f R(T2 − T1 ) 2 dU = f V dp 2 U2 − U1 = f V (p2 − p1 ) 2 Isobare Prozesse: Hier bleibt der Druck unverändert (p = const). Eine neue Zustandsgrösse H, die Enthalpie wird definiert: H =U +p·V Ideales Gas: dU = Allgemein: f RdT 2 δW = pdV = RdT f + 1)RdT = dH 2 f Q1→2 = H2 − H1 = ( + 1)R(T2 − T1 ) 2 f H2 − H1 = ( + 1)p(V2 − V1 ) 2 δQ = dU + pdV = ( δQ = dU + pdV = d(U + pV ) ≡ dH Q1→2 = U2 − U1 + p(V2 − V1 ) ≡ H2 − H1 Bei einem isobaren Prozess ist die dem System zugeführte Wärme gleich der Änderung der Enthalpie. Solche Prozesse sind in der Chemie häufig, da alle Reaktionen, die bei Luftdruck ablaufen, isobar sind. Chemiker betrachten daher gerne Enthalpiebilanzen, Physikern ist diese Zustandsgrösse weniger geläufig. Für Reaktionen in der flüssigen oder festen Phase ist der Unterschied zwischen isochor und isobar zugeführter Wärme Q nicht sehr gross, da bei konstantem Druck die Volumenänderungen klein sind. Dagegen muss bei Gasen zwischen isobaren und isochoren Prozessen streng unterschieden werden. Adiabatische Prozesse: Wird einem System keine Wärme zugeführt (δQ = 0), so wird seine Zustandsänderung adiabatisch genannt (nach dem griechischen Wort αδιαβατ oς = unpassierbar). Das System muss gegenüber der Umgebung gut wärmeisoliert sein oder der Prozess muss so rasch ablaufen, dass für den Wärmeaustausch mit der Umgebung keine Zeit bleibt. Leistet das System Arbeit, so geht diese auf Kosten der inneren Energie. Ideales Gas: Allgemein: dU = δQ = 0 = dU + pdV f dT dV =− 2 T V dU = −pdV f RdT = −pdV 2 wenn dT > 0 ⇒ dV < 0 Die Erwärmung der Luft beim Föhn ist eine Folge der adiabatischen Kompression beim Herunterströmen von den Alpen. Abkühlung durch adiabatische Expansion wird in Kühlmaschinen benützt. Molekularkinetisch kommt die Abkühlung dadurch zustande, dass die Moleküle, welche 4.6 am bewegten Kolben (Wand, Geschwindigkeit vW ) reflektiert werden, dabei im Mittel kinetische Energie verlieren, da die Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Wand nach dem Stoss (v 0 ) kleiner ist als vor dem Stoss (v): |v 0 | = |v − 2vW |. Für das ideale Gas kann man die Gleichung für eine adiabatische Kurve im (p,V) Diagramm herleiten. Hier sei nur das Resultat gegeben: Adiabate des idealen Gases : pV κ = const. wobei κ = 1+ f2 , Die durch die Adiabatengleichung im pV -Raum gegebene Kurve verläuft immer steiler als die Isothermen, weil gilt: κ > 1 (z. B. κ = 5/3 für ein einatomiges ideales Gas). Dies zeigt auch Abbildung 4.1. Isotherme Prozesse: Wenn die Temperatur T konstant gehalten wird, geht die zugeführte Wärme teilweise in innere Energie, teilweise in Arbeit über. Aus dem ersten Hauptsatz können wir nur dann auf die beiden Anteile schliessen, wenn wir sowohl die sogenannte thermische Zustandsgleichung p = p(V, T ) wie auch die sogenannte kalorische Zustandsgleichung U = U (V, T ) kennen, d. h. wenn das System genau spezifiziert ist. Dies ist beim idealen Gas möglich. Ideales Gas : dT = 0 Allgemein: Q1→2 = U2 − U1 + ⇒ dU = 0 RT dV V Z 2 dV Q1→2 = W1→2 = RT 1 V V2 p1 Q1→2 = RT ln = RT ln V1 p2 δQ = −δW = pdV = Z 2 p(V, T )dV 1 δQ = dU + pdV Die von einem Reservoir der Temperatur T bezogene Wärme wird vollständig in Arbeit verwandelt. W1→2 ist gleich der Fläche unterhalb der Isothermen im pV -Diagramm. 4.5.4 Zyklische Prozesse und thermische Maschinen Bei thermischen Maschinen wird durch einen bestimmten Vorgang Wärme von einem heissen (Temperatur T1 ) zu einem kalten (Temperatur T2 ) Körper übertragen. Der Vorgang wiederholt sich periodisch. Falls das System immer wieder indenselben Anfangszustand zurückkehrt, heisst die Maschine zyklisch. Im (p, V )−Diagramm wird ein solcher Prozess, falls er reversibel ist, durch eine geschlossene Kurve dargestellt, man spricht von einem Kreisprozess. 4.7 Q1 T1 M W Q2 T2 Der Anfangszustand wird periodisch wieder hergestellt, vermindert wird nur der Brennstoffvorrat. Ohne Zwischenschalten einer Maschine kann die Energie nur durch Wärmeleitung (inklusive Strahlung) transportiert werden, also durch irreversible Prozesse. Indem man eine Maschine benutzt, kann ein Teil der Wärme in Arbeit (W ) umgewandelt werden, der Rest der Wärme (Q1 − W = Q2 ) muss an den kälteren Körper abgegeben werden. Q1 ist die der Maschine zugeführte Wärmeenergie, Q2 die Abwärme, die dem kalten Körper abgegeben wird. Gäbe es keine Abwärme (Q2 = 0), so könnte Q1 vollständig in Arbeit (W ) verwandelt werden, und wir hätten ein perpetuum mobile zweiter Art. Man definiert als Wirkungsgrad η einer thermischen Maschine das Verhältnis der geleisteten Arbeit zur hineingesteckten Wärme W η= Q1 Die Bestimmung des Wirkungsgrades, von dem wir erwarten, dass er kleiner als η = 1 ist, ist die Hauptaufgabe bei der Diskussion thermischer Maschinen oder Wärmekraftmaschinen, wie Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren unserer Fahrzeuge, oder die Gas- und Dampfturbinen in den Kraftwerken. Für die Darstellung der Vorgänge in einem thermischen Energiewandler, – das sogenannte Arbeitsdiagramm für einen Zyklus, das die Abhängigkeit von zwei Zustandsgrössen der Arbeitssubstanz zeigt, – wirdRdas (p, V )−Diagramm gewählt. Die geleistete Arbeit eines Teilprozesses wird darin als Fläche p dV unter der Kurve dargestellt. In einer realen Maschine wird ein abgerundeter Zyklus im (p, V )−Diagramm durchlaufen, den man aber meist mehr oder weniger aus vier Abschnitten der typischen Linien Isochore, Isobare, Adiabate und Isotherme zusammensetzen kann. Abbildung 4.2 zeigt als Beispiel die idealisierten Arbeitszyklen der Stirling-Maschine, des Otto-Motors, des Diesel-Motors und des Carnot-Zyklus (Sadi Carnot (1796 - 1832)), den wir im folgenden speziell untersuchen. Beim Otto-Motor erhitzt die Verbrennung des Benzin-Luftgemisches dieses von einer Temperatur T1 auf eine Temperatur T2 . Das heisse Gas schiebt den Kolben adiabatisch vor sich her und kühlt sich dabei auf die Temperatur T3 ab. Nach dem Auspufftakt und dem Ansaugen frischen Gemisches bei der Temperatur T4 wird dieses durch den sich hebenden Kolben verdichtet, wobei ein Teil der vorher gewonnenen Energie wieder verbraucht wird. Diese adiabatische Verdichtung erhitzt das Gemisch wieder auf T1 und der Zyklus beginnt erneut. Beim Diesel-Motor ist die obere Ecke des Zyklus nahezu isobar abgeschnitten. Die klassische, von Carnot idealisierte Dampfmaschine hat zwei isotherme und zwei adiabatische Arbeitstakte. 4.8 70 T/K 50 600 0 40 0 2 30 0 10 00 0 0 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 V/1 mol-1 Abbildung 4.2: Die schematisierten Arbeitszyklen thermischer Maschinen im Vergleich zum Carnot-Zyklus (unten rechts) im dreidimensionalen p(V, T )−Diagramm. Das normale (p, V )−Diagramm zeigt nur die zweidimensionale Projektion der Fäche p(V ). Oben links: Stirling-Maschine, oben rechts: Otto-Motor, unten links: Diesel-Motor. p/bar 70 T/K 50 600 0 40 0 2 30 0 10 00 0 0 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 V/1 mol-1 p/bar p/bar 70 T/K 50 600 0 40 0 2 30 0 10 00 0 0 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 V/1 mol-1 p/bar 70 T/K 50 600 0 40 0 2 30 0 10 00 0 0 6 5 4 3 2 1 0 0 10 20 30 40 50 60 V/1 mol-1 Bei der Stirlingmaschine handelt es sich um einen Heissluftmotor, in dem die Luft abwechselnd in Kontakt mit einer Wärmequelle (z. B. solar aufgeheizt) und mit einer Wasserkühlung gebracht wird. Grob genähert führt dies zu einer isochoren Drucksteigerung bzw. -senkung mit anschliessender isothermer Ausdehnung bzw. Verdichtung. 4.5.5 Der Carnot’schen Kreisprozess Der Carnot’sche Kreisprozess durchläuft eine isotherme Expansion und dann eine adiabatische Expansion, gefolgt von isothermen und adiabatischen Kompression. (p3,V3,T2) (p2,V2) p1,V1 p2,V2,T1 T1 p3,V3 (p4,V4) T2 p4,V4,T2 p1,V1,T1 Die Carnot-Maschine besteht aus einem, durch einen beweglichen Kolben abgeschlossenem Volumen gefüllt mit einem Arbeitsgas. Das Gas kann in Kontakt gebracht werden mit zwei Wärmereservoirs, die die Temperatur T1 bzw. T2 haben sollen. Um die Arbeit nutzen zu können, muss der Kolben über ein Gestänge mit einem Schwungrad verbunden sein. Für die Verbindung zu den Wärmereservoiren braucht es im Minimum zwei Hähne. Diese Vorrichtungen sind imn ebenstehenden, idealisierten Bild nicht gezeigt. Diese Maschine ist nicht nur in der Zeichnung sehr idealisiert, denn – sie soll mit einem idealen Gas (gerade ein Mol) arbeiten, – die Reservoire sollen sehr gross sein, ihre Temperatur daher unveränderlich, – die Steuerung der Wärmekontakte muss reibungslos vor sich gehen, denn das Unterbrechen des Wärmekontakts und die Isolation vom Reservoir soll ohne Arbeitsleistung möglich sein, – das Gasgefäss muss gut isoliert sein, Wärmeverluste an andere Empfänger als 4.9 die beiden Reservoire sollen nicht auftreten, – Druckänderungen müssen sehr langsam geschehen, damit sich immer wieder ein Gleichgewichtszustand einstellen kann, – der Kolben gewinnt auch keine wesentliche kinetische Energie, die dann wieder gebremst werden muss. Die Carnot’sche Maschine ist also weit von einem schnell laufenden Motor entfernt. Ein aus kleinen Schritten bestehender Mini-Carnot Prozess ist im untenstehenden (p, V )−Diagramm dargestellt. Mit einer vernünftigen Temperaturdifferenz von etwa 300 K hätte er eher die im zweiten Diagramm gezeigte, schlauchartige Form. Im Anfangszustand ist das Gas der Maschine im thermischen Gleichgewicht mit dem Reservoir der Temperatur T1 . Im ersten Schritt wird das Gas isotherm vom Volumen V1 auf das Volumen V2 expandiert. Es muss dabei Wärme aus dem Reservoir R1 (T1 ) bezogen werden. Im zweiten Schritt erfolgt eine weitere Expansion vom Volumen V2 auf das Volumen V3 , aber nun adiabatisch. Das Gas ist dabei von der Umwelt isoliert. Die Temperatur sinkt. Das Volumen V3 wird so gewählt, dass die Gastemperatur nach dem zweiten Schritt mit der Temperatur T2 des Reservoirs R2 übereinstimmt. p1,V 1 T1 p p2,V 2 p4,V 4 T2 V p Nun wird Wärmekontakt mit R2 hergestellt. Im dritten Schritt erfolgt eine isotherme Kompression von V3 und V4 , wobei Wärme an R2 abgegeben wird. V4 wird so gewählt, dass der Punkt (V4 , T2 ) auf der Adiabate liegt, die durch den Punkt (V1 , T1 ) läuft. Im vierten Schritt erfolgt eine adiabatische Kompression, die im Anfangszustand endet. Der Kreisprozess ist damit abgeschlossen. Dies ist ein Zyklus der Maschine. 4.5.6 p3,V 3 T1 T2 V Wirkungsgrad des Carnot’schen Kreisprozesses Wir beschränken uns im folgenden auf ein ideales Gas als Arbeitssytem. Es soll sich gerade um ein Mol handeln. Wir verwenden die Indizes h für heiss und k für kalt. Für die einzelnen Schritte gelten die folgenden Beziehungen: V2 = Q = Q W1→2 = RTh ln V 1→2 > 0 h 1 isotherm W2→3 = CV (Th − Tk ) > 0, Q2→3 = 0 adiabatisch 4 W3→4 = RTk ln V Abwärme, isotherm V3 = Qk = Q3→4 < 0 W4→1 = CV (Tk − Th ) < 0, Q4→1 = 0 adiabatisch 4.10 Die von der Maschine total geleistete Arbeit während eines Zyklus ist V2 V4 = R Th ln + Tk ln V1 V3 W = W1→2 + W2→3 + W3→4 + W4→1 Die der Maschine aus dem Reservoir R1 zugeführte und an das Reservoir R2 abgegebene Wärme betragen V4 V2 Qh = RTh ln > 0 Qk = Q3→4 = RTk ln <0 V1 V3 Benutzen wir nun noch die Adiabatengleichung pV κ = const. einerseits und die Zustandsgleichung pV = RT andererseits, so ergibt sich p2 V2κ = p3 V3κ , p1 V1κ = p4 V4κ , ⇒ Th V2κ−1 = Tk V3κ−1 , W = R(Th − Tk ) ln V2 , V1 p2 V2 p3 V3 = , Th Tk Th V1κ−1 = Tk V4κ−1 Qh = RTh ln ⇒ V2 >0, V1 p1 V1 p4 V4 = Th Tk V1 V2 V3 V2 = , = V3 V4 V1 V4 Qk = −RTk ln V2 <0 V1 In Uebereinstimmung mit dem ersten Hauptsatz gilt Qh + Qk = W . Die erzeugte mechanische Energie W entspricht im pV Diagramm der vom Prozess umrandeten Fläche. Es folgt aber auch: Qh Qk + =0 Th Tk Den Ausdruck Q/T heisst reduzierte Wärme. Offenbar ist die Summe der reduzierten Wärmeflüsse null. Dies ist bei allen reversiblen Prozessen so, und gibt Anlass zur Definition der Entropie (siehe unten). Für den Carnot-Wirkungsgrad ergibt sich ηC = W Th − Tk = Qh Th Wir erhalten das bemerkenswerte Resultat, dass ηC nur von den Temperaturen der beiden Wärmereservoire abhängt. Er ist umso höher, je grösser die Temperaturdifferenz Th − Tk ist. Für Tk → 0 erreicht der Wirkungsgrad den Grenzwert ηC → 1. 4.6 Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik und der Entropie-Begriff Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik macht folgende Aussagen, die als Erfahrungstatsachen gelten. 1. Ein heisser Körper mit Temperatut Th und ein kalter Körper mit Tk seien im Wärmekontakt. Dann fliesst von selbst Wärmeenergie vom heissen zum kalten Körper, aber niemals umgekehrt. 4.11 2. Eine zyklisch arbeitende Maschine kann diesen Wärmefluss ausnützen, und einen Teil der Wärme in mechanische Arbeit verwandeln. Der maximal mögliche Anteil der mechanischen Energie von der bezogenen Wärme (Wirkungsgrad) beträgt (Th − Tk )/Th . (Wärme-KraftMaschine, thermische Maschine). 3. Man kann nicht Wärme von einem einzigen Wärmereservoir mit Temperatur T in Arbeit verwandeln. Eine Maschine die das könnte, hiesse perpetuum mobile zweiter Art. Eine solche existiert nicht. 4. Um Wärme vom kalten zum heissen Körper zu transferieren, muss von aussen Energie zugeführt werden (Wärmepumpe). 5. Alle natürlichen Prozesse sind irreversibel Der zweite Hautpsatz verletzt scheinbar die Zeitumkehrsymmetrie. Im Gegensatz dazu ist die Newton’sche Mechanik symmetrisch unter Zeitumkehr. Der zweite Hauptsatz wurde ursprünglich als Erfahrungsgesetz formuliert. Heute werden die erwähnten Aussagen auf statistische Wahrscheinlichkeiten von Zuständen mit sehr vielen Teilchen zurückgeführt. Die zentrale Aussage lautet dann: Ein System aus sehr vielen Teilchen nimmt mit der Zeit seinen wahrscheinlichsten Zustand ein. Der zweite Hauptsatz definiert dadurch eine Richtung im Zeitablauf. 4.6.1 Der Begriff der Entropie Der Begriff Entropie wurde von Rudolf Clausius, am 24. 4. 1865, in einem Vortrag an der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft eingeführt. Der Begriff ist vermutlich dem griechischen Wort τ ρoπη (Wandlung) entlehnt. Clausius, Rudolf, geboren den 2.1.1822 in Köslin (Pommern, heute Koszalin, Polen), gestorben den 24.8.1888 in Bonn, Sohn des Carl Ernst Gottlieb, Schulrats, und der Charlotte Wilhelmine Schultze. verheiratet mit 1. Adelheid Rimpau, 2. Sophie Sack. 1840-44 Stud. in Berlin (Physik, Mathematik, Geschichte), 1848 Dr. phil. in Halle. 1855 Prof. für techn. und mathemat. Physik am Polytechnikum, ab 1857 auch an der Univ. Zürich, 1867 Wechsel nach Würzburg, 1869 nach Bonn. C. publizierte 1850 in den “Annalen der Physik” eine erste Arbeit zur Thermodynamik, die er noch “mechan. Wärmetheorie” nannte. Im Anschluss an das Modell von Sadi Carnot (1824) betrachtete er zunächst Kreisprozesse. Danach verallgemeinerte er die Theorie schrittweise, bis sie 1865 ihre endgültige Form erhielt. Aufgrund seiner Erkenntnisse führte er die neben der Energie wichtige thermodynam. Zustandsgrösse Entropie ein. Die zweite grosse Leistung C.s bestand in seiner 1857 erschienenen Arbeit über die kinet. Gastheorie, in der die idealen Gasgesetze und der Avogadrosche Satz auf atomist. Basis begründet wurden. 1858 verwendete C. zum ersten Mal die mittlere freie Weglänge zwischen zwei Stössen der Gasmoleküle, ausserdem vertrat er die Ansicht, dass Moleküle aus mehr als einem Atom bestehen könnten. So erklärte er die Natur des 1839 von Christian Friedrich Schönbein in Basel entdeckten Ozons (O3). Gemeinsam mit William Thomson gilt C. als Begründer der Thermodynamik. (Quelle: historisches Lexikon der Schweiz). 4.12 Die Entropie wird eingeführt als ein Mass für den Anteil an Energie, der nicht länger in Arbeit umgewandelt werden kann. Die Entropieänderung ist wie folgt definiert: dS := δQrev T S2 − S1 = Z 2 δQrev T 1 Diese Definition entspricht gerade der “reduzierten Wärme” (Q/T ), die im (reversiblen) CarnotKreisprozess null war. Die Entropiedifferenz zwischen Anfangs- und Endzustand S2 −S1 lässt sich nur richtig berechnen, wenn die Zustandsänderung auf umkehrbare Schritte, aus reversiblem Weg über Quasigleichgewichtszustände verläuft (Qrev ). Insbesondere ändert bei einem isolierten, adiabatischen und reversiblen Prozess (δQ = 0) die Entropie nicht. Alle reversiblen Kreisprozesse können in kleine Teilstücke aus isothermen und adiabatischen Prozessen zerlegt werden. Wie beim einfachen Carnotprozess wird dann Q/T immer noch null sein, für den ganzen Kreislauf, wenn auch δQ und T für jeden Teilprozess verschieden ist. Es wird also I I X δQ δQ ∆S = = = dS = 0 T T Eine Grösse deren Integral um einen Kreisprozess (geschlossenes Integral) verschwindet, ist nach Definition ein Potential. Also ist die Entropie ein Potential! Aus dem ersten Hauptsatz lässt sich ein allgemeiner Ausdruck für die Entropieänderung herleiten für den Fall, dass nur Volumenarbeit geleistet wird (δW = pdV ), nämlich δQ dU pdV dS ≡ = + T T T S2 − S1 = Z 2 dU 1 pdV + T T Für ein ideales Gas lässt sich dies leicht umformen, mit U = CV T und p/T = R/V nämlich zu dT dV dS = CV +R T V S2 − S1 = Z 2 1 dT dV CV +R T V = CV ln T2 V2 + R ln T1 V1 Sowohl eine Volumenvergrösserung wie eine Temperaturerhöhung lassen die Entropie anwachsen. Für die vier speziellen Prozesse, die wir im Anschluss an den ersten Hauptsatz diskutierten, ergibt sich: 4.13 Prozess Isochor V = const. Isobar p = const. Adiabatisch Isotherm T = const. Zustandsänderungen Allgemein Ideales Gas U = U (V, T ) U = (f /2)RT = CV T pV = RT dS = δQ/T = (dU + δW )/T dS = δQ/T = CV dT /T + RdV /V dS = dU/T dS = CV dT /T S2 − S1 = CV ln(T2 /T1 ) dS = dU/T + pdV /T dS = Cp dT /T S2 − S1 = Cp ln(T2 /T1 ) dS = 0 dS = 0 dS = dU/T + pdV /T dS = R(dV /V ) S2 − S1 = R ln(V2 /V1 ) Für den Carnot-Prozess ergeben nur die Isothermen Beiträge, Adiabaten sind Kurven konstanter Entropie (dS = 0). Wie wir schon gesehen haben sind die reduzierten Wärmen bei den beiden isothermen Teilen umgekeht gleich. Beim Carnotprozess ist die Entropie konstant, ∆S = 0. 4.6.2 Zunahme der Entropie in irreversiblen Prozessen Wenn der Kreisprozess nicht reversibel ist, also irreversible Anteile enthält (z.B. Wärmeverluste durch Reibung der mechanischen Teile oder durch schlechte Isolation), dann wird der Wirkungsgrad kleiner: Denn die Wärmeverluste landen schliesslich im kalten Reservoir. Im schematischen Bild des Carnotprozesses entspricht dies einem zusätzlichen “bypass”, wo Wärme vom heissen Zufluss oder einem Zwischenzustand abgezweigt und direkt dem kalten Reservoir zugeführt wird. Damit werden Qh und Qk grösser, ohne dass man davon etwas hätte, und deshalb wird η = W/Qh kleiner. Dieser zusätzliche durch Reibung erzeugte Wärmefluss im gedachten bypass entspricht einer gesamten Zunahme der Entropie: Wir betrachten die Maschine in der Skizze immer noch als den idealen Teil des Prozesses, darin ist die Entropieänderung also immer noch null. Hingegen wird dem heissen Reservoir zusätzliche Verlust-Wärme entzogen (−QV /Th ), und die gleiche (!) Wärme dem kalten Reservoir zugeführt (+QV /Tk ). Nun gilt aber Th > Tk −QV QV + >0 Th Tk ⇒ Die Summe der reduzierten Verlustwärmen ist grösser als null, die Entropie des Gesamtsystems (Wärmebäder + ideale Maschine + Reibungsmechanismus) nimmt also zu. (Beachte, dass die genaue Zunahme nicht direkt so berechnet werden kann, da die Definition der Entropie reversible Teilprozesse benötigt, aber die Vorzeichen ändern sich dadurch nicht). Es gilt also allgemein Entropieänderung : ∆S = SE − SA ≥ Z E δQ A T Das Gleichheitszeichen gilt dann, wenn der Prozess nur reversible Schritte enthält, und zwar unabhängig vom Weg, der vom Anfangszustand A zum Endzustand E genommen wird. 4.14 Da alle natürlichen Prozesse irreversibel sind, nimmt die Entropie eines abgeschlossenen Systemes stets zu, wie in der Einleitung schon erwähnt. In einem solchen abgeschlossenen System (zum Beispiel im Universum) ist zwar die totale Energie konstant, aber die Entropie nimmt kontinuierlich zu. Dies bedeutet, dass die nützliche, in Arbeit umwandelbare Energie kontinuierlich abnimmt. Dies führt in letzter Konsequenz zum sogenannten Wärmetod. 4.6.3 Beispiel für einen irreversiblen Prozess: Temperaturausgleich Zwei Körper unterschiedlicher Temperatur werden in Wärmekontakt gebracht. Es fliesst Wärme δQ vom Körper mit der höheren Temperatur T1 zur niedrigeren Temperatur T2 . T1 δQ T2 Im Gleichgewichtszustand herrscht überall die gleiche Temperatur, die Mischtemperatur. Die selbe Betrachtung gilt auch für das Mischen von zwei Flüssigkeiten mit ursprünglich unterschiedlicher Temperatur (kalte Milch im heissen Kaffee). Die Entropieänderungen berechnen sich wie folgt: dS1 = −δQ , T1 dS2 = δQ T2 dS1 + dS2 = δQ − 1 1 + T1 T2 >0 Wenn der Temperaturausgleich zwischen zwei festen Körpern mit konstanten spezifischen Wärmen C1 und C2 stattfindet, und im Anfangszustand A die ν1 Mole des Körpers 1 und die ν2 Mole des Körpers 2 voneinander getrennt sind, lässt sich die Misch-Temperatur TE nach dem Wärmekontakt im Endzustand E aus der Energieerhaltung berechnen (I. H.S.): dU1 = −δQ ⇒ dU2 = δQ −ν1 C1 (TE − T1 ) = ν2 C2 (TE − T2 ) T1 + rT2 ν2 C2 TE = r := 1+r ν1 C1 Wollen wir die Entropieänderung berechnen, so müssen wir einen reversiblen Ersatzprozess erfinden. Wir wollen die beiden Körper von ihrer Anfangs- auf die Endtemperatur bringen, indem wir sie mit Reservoirs aller Zwischentemperaturen reversibel Wärme austauschen lassen. Dann gilt für Körper 1 (und analog für 2): −δQrev (1) −dT = ν1 C1 ⇒ S1E −S1A = T T Z E −δQrev (1) T A = ν1 C1 ln T1 TE S2E − S2A = ν2 C2 ln Die totale Entropieänderung ist die Summe der beiden ∆S = ν1 C1 ln T1 TE + ν2 C2 ln TE T2 Im Spezialfall in dem die beiden Körper gleich sind (r = 1) wird ∆S = ν1 C1 ln T1 T2 Die Entropie nimmt also zu, wie das bei einem irreversiblen Prozess sein muss. 4.15 TE T2 4.6.4 Mikroskopische Betrachtung: Entropie und Wahrscheinlichkeit Beim sogenannten Gay-Lussac’schen Überströmversuch lässt man in einem Gedankenexperiment Gas in einem isolierten System von selbst vom einem Anfangsvolumen V1 ins Endvolumen V1 +V2 . strömen. Während des Überströmens befindet sich das System nicht im Gleichgewichtszustand, die Zustandsgleichungen gelten nicht. Bei idealen Gasen ist die innere Energie unabhängig von den Gefässdimensionen. Da weder Arbeit geleistet, noch Wärme zugeführt wird, ändert sich die totale Energie und damit die Temperatur nicht. Da die Entropie nur für reversible Prozesse definiert ist, muss zur Berechnung ihrer Änderung immer ein reversibler Weg von 1 nach 2 gewählt werden. Liegt ein irreversibler Übergang vor, so muss man sich dazu einen reversiblen Ersatzprozess ausdenken, welcher die gleichen Zustände verknüpft. Um die Entropieänderung beim irreversiblen Gay-Lussac’schen Versuch auszurechnen, bietet sich als reversibler Ersatz-Prozess eine isotherme Expansion unter Arbeitsleistung von V1 auf V1 + V2 an. Sperrhahn V1 V2 Vakuum Isolierung Die Entropieänderung wird dann ∆S = S2 − S1 = R ln V1 + V2 >0 V1 Wir beobachten bei diesem Prozess also eine Entropiezunahme. Was bedeutet dies mikroskopisch? Wir können die Wahrscheinlichkeit W dafür ausrechnen, dass alle Gasatome sich wieder im dem ursprünglichen Volumen einfinden. Die Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Atom im Volumen V1 zu finden , ist proportional zum Anteil dieses Volumens am Gesamtvoluman, also proportional zu V1 /(V1 + V2 ). Die Wahrscheinlichkeit, dass N Atome im Volumen V1 sich befinden, ergibt sich aus dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten: W = V1 V1 + V2 N Dieser sehr unwahrscheinliche Prozess würde makroskopisch zur umgekehrten Entropieänderung wie oben führen, die Entropie nähme ab: ∆S = R · ln V1 V1 = k · ln( )N V1 + V2 V1 + V2 wobei die Definition für die Boltzmannkonstante R = k · N verwendet wurde. Die Ausdrücke auf der rechten Seite der beiden Gleichungen sind identisch! Dies hat Boltzmann schon gemerkt, und gefolgert, dass ∆S = k · ln W 4.16 Die Entropie ist proportional zum Logarithmus der mikroskopischen Wahrscheinlichkeit. Diese Erkenntnis ist so wichtig, dass sie auf den Grabstein von Boltzmann in Wien eingraviert wurde. Wenn wir gerade ein Mol betrachten und für V1 = V2 ergibt sich N = 6 × 1023 W = 1 −23 = 10−1.8×10 N 2 eine wahnsinnig kleine Zahl. Wir haben also die Aussage des zweiten Hauptsatzes, dass die Entropie bei irreversiblen Prozessen immer zunimmt, darauf zurückgeführt, dass der Prozess immer in die Richtung zum wahrscheinlicheren Zustandes verläuft. In den drei Beispielen Temperaturausgleich durch Wärmeleitung, Abbremsen des Pendels wegen Luftreibung und Gay-Lussac Ueberströmversuch strebt ein System mikroskopisch gesehen von einem höchst unwahrscheinlichen zum wahrscheinlichsten Zustand. Den ursprünglichen Zustand kann man nur wieder erreichen, wenn man Arbeit in das System hineinsteckt, nämlich durch Anheben des Pendels, Zusammendrücken des Gases, oder indem man Wärme zuführt, nämlich durch gleichzeitiges Erhitzen des einen und Abkühlen des anderen Körpers. Mikroskopisch betrachtet könnte man auch die Moleküle auch einzeln sortieren, aber das würde ziemlich lange dauern (“Maxwell’scher Dämon”). 4.17 4.7 Ergänzende Anwendungen: 4.7.1 Spezifische Wärmen Die für eine spezifische Temperaturerhöhung eines Stoffes notwendige Wärmemenge bezeichnet man als spezifische Wärme. Wir unterscheiden zwei Situationen: Fester Kolben und konstantes Volumen Beweglicher Kolben und konstanter Druck p,T ⇑ ,V ⇑ p ⇑ ,V,T ⇑ δQ δQ Diejenige Wärmemenge, die man braucht um die Temperatur eines Mols gerade um 1 K zu erhöhen, nennt man Molwärme. Man unterscheidet je nachdem, welche der beiden Situationen auftritt, CV , die spezifische Wärme bei konstantem Volumen, und Cp , die spezifische Wärme bei konstantem Druck und definiert diese Grössen wie folgt: CV = δQ dT ≡ V =const. δQV dT Cp = δQ dT ≡ p=const. δQp dT Aus dem ersten Hauptsatz folgt δQ = dU ⇒ CV = ∂U ∂T δQp = dH ⇒ Cp = V ∂H ∂T = p ∂U ∂T ∂V +p ∂T p p Cp und CV sind voneinander abhängig. Ihre Differenz lässt sich aus den thermischen und kalorischen Zustandsgleichungen bestimmen. Für ein ideales Gas ist die innere Energie U unabhängig vom Druck und vom Volumen f f U = E = N0 kT = RT 2 2 Benützt dazu noch die Zustandsgleichung Molwärmen CV = ∂U ∂T V dU f = = R dT 2 Cp = ∂U ∂T V = RT /p , so findet man für die spezifischen ∂V +p ∂T p = p dU dV f +p = R + R = CV + R dT dT 2 Für die innere Energie können wir somit auch schreiben U = CV T . Für einatomige Gase (f = 3) folgt CV = (3/2)R = 12.47 J/(mol K), Cp = (5/2)R = 20.78 J/(mol K). Das Verhältnis der spezifischen Wärmen ist somit κ = (Cp /CV ) = (5/3). Für zweiatomige Gase (f = 5) erhalten 4.18 Stoff He Ne A Kr Xe Cp 20.8 20.8 20.7 20.7 20.8 κ 1.660 1.64 1.668 1.68 1.66 Stoff H2 N2 O2 Cl2 Br2 Cp 28.9 29.2 29.3 33.85 37.78 κ 1.410 1.404 1.401 1.355 1.32 Tabelle 4.1: Spezifische Wärmen verschiedener Gase bei T = 298 K (Cp in [Joule/(mol K)]) wir CV = (5/2)R, Cp = (7/2)R und κ = (7/5). Diese Werte werden durch das Experiment bestätigt, wie die Tabelle 4.1 zeigt. Die zu hohen Werte von Cp für Cl2 und Br2 deuten darauf hin, dass auch interne Schwingungen angeregt sind und die Moleküle somit nicht als starr angesehen werden können. Bemerkenswert ist ferner, dass bei allen zweiatomigen Gasen Cp von 29 J/(mol K) bei hohen Temperaturen auf 21 J/(mol K) bei tiefen Temperaturen absinkt. Dies ist ein quantenmechanischer Effekt, die Freiheitsgrade der Rotationsbewegung werden eingefroren. In festen Körpern sind die Atome oder Ionen an Ruhelagen gebunden, um die sie Schwingungen ausführen können. Sie verhalten sich näherungsweise wie dreidimensionale Oszillatoren. Die Anzahl thermodynamischer Freiheitsgrade fanden wir daher mit f = 6. Die innere Energie beträgt U = 3RT und wegen der kleinen Kompressibilität fester Kärper ist Cp ≈ CV = 3R = 25 J/(mol K). Dies ist die Regel von Dulong-Petit. Das Experiment zeigt, dass der DulongPetit’sche Wert nur bei genügend hohen Temperaturen erreicht wird. Mit fallender Temperatur sinkt Cp und zwar umso früher, je härter das Material ist (siehe Tabelle 4.2 und Abbildung 4.3). Diese Effekte wurden von Einstein auf Grund quantenmechanischer Überlegungen erklärt. Das Verhalten der spezifischen Wärmen bei tiefen Temperaturen ist eine direkte, makroskopische Demonstration für atomare, mikroskopische quantenmechanische Effekte. Material Diamant Cu Pb Cp 6.1 24.5 26.8 Material Al Ag Pt Cp 24.4 25.5 25.9 Tabelle 4.2: Spezifische Wärmen fester Körper bei T = 298 K (Cp in [ J/(mol K)]). C/J mol-1K-1 30 Pb 20 Cu Abbildung 4.3: Spezifische Wärme von Blei, Kupfer und Kohlenstoff (Diamant) bei tiefen Temperaturen. 10 C 0 0 4.19 100 200 T/K 4.7.2 Umwandlungswärmen Eine Zufuhr von Wärme muss nicht immer eine Temperaturerhöhung bewirken. Sie kann als latente Wärme gespeichert werden und dabei z. B. Verdampfen oder Schmelzen oder eine Strukturänderung, d. h. einen Phasenübergang bewirken. Dieser kann zu einer Energieänderung des Systems führen, ohne dass die Temperatur steigt. Dieses Phänomen ist uns schon bei den Phasenübergängen (z. B. beim erhitzten Stahldraht) begegnet. Hier sollen ein paar quantitative Überlegungen zu Wärmebilanzen bei Phasenübergängen angestellt werden. Beispiel – Wasser: Die spezifischen Wärmen von füssigem Wasser und Eis unterscheiden sich, wie Tabelle 4.3 zeigt. Um 1 kg Eis von −10◦ C in eine entsprechende Menge Füssigkeit bei 15◦ C zu verwandeln, braucht man insgesamt eine Wärmemenge von 418 kJoule, nämlich 22.2 kJ für das Erwärmen des Eises von −10◦ auf 0◦ C, 62.9 kJ für das Erwärmen des Wassers von 0◦ auf 15◦ C, und 333 kJ für das Schmelzen. Mischt man Eis und Wasser, so wird beim Abkühlen des Wassers um 15◦ eine Wärmemenge von 62.9 kJ frei, von der 22.2 kJ für das Anheben der Eistemperatur benötigt wird. Die restlichen 40.6 kJ können für das Schmelzen verwendet werden. Es reicht gerade für 40.6/333 kg = 122 g. Die Wärme, die zum Verdampfen von 1 kg benötigt wird, ist fünfmal grösser als diejenige, welche es braucht um das Wasser um 100◦ zu erhitzen. Beim Kondensieren wird daher auch fünfmal mehr Wärme frei als beim Abkühlen um 100◦ . Dies ist die Ursache für die Verbrennungen, die man im Kontakt mit Wasserdampf erleidet. C V H2 O Wasser Eis (−10◦ C) Umwandlungswärme Schmelzen Verdampfen [cal/(gK)] 1.00 0.53 T [K] 273 373 [Joule/(kg K)] 4186 (75.4) 2220 (40.0) [kJoule/kg] 333 (60.3) 2256 (40.6) Tabelle 4.3: Spezifische Wärme und Umwandlungswärme von flüssigem Wasser und Eis (in Klammern in [ Joule/(mol·kg)] bzw. in [kJoule/mol]). Bei den betrachteten zweiphasigen Systemen (z.B. Dampf und Flüssigkeit gemischt, oder flüssig und fest) stellt man fest, dass der Druck p nur von der Temperatur und nicht vom Volumen abhängt. Phasenübergänge lassen sich deshalb besser im (p,T) - Diagramm diskutieren, als im (p,V) Diagramm. Wir haben: Schmelzen: Koexistenz fest und flüssig beim Schmelzdruck pSch (T ) Sieden: Koexistenz flüssig und dampfförmig beim Dampfdruck pD (T ) Sublimation: Koexistenz fest und dampfförmig bei Sublimationsdruck pSub (T ). Mit pSch , pD , pSub sind immer die Drucke im Gleichgewicht, die sogenannten Sättigungsdrucke, gemeint. 4.20 Das nebenstehende Diagramm zeigt das Phasendiagramm von Wasser. pk bezeichnet den kritischen Druck. Die Punkte A und B sind die Schmelz- und Siedepunkte bei Normaldruck von 1 bar. Drei Phasen können nur bei einer ganz bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck nebeneinander existieren. Es ist dies der Tripelpunkt mit p = pT und T = TT . Für Wasser liegt er bei pT = 6.1 mbar und der Temperatur TT = +0.01◦ C. Im Gleichgewicht muss der Partialdruck des Dampfes über der Flüssigkeit gleich dem Dampfdruck pD (T ) sein, und zwar unabhängig von einem möglichen Partialdruck p0 anderer Gase. In einem abgeschlossenen System ist der Totaldruck somit p = p0 + pD (T ), wo p0 der Druck anderer Gase (z. B. Luft) ist. Über einem offenen Gefäss diffundieren die Dampfmoleküle weg und müssen dauernd aus der Flüssigkeit ersetzt werden: die Flüssigkeit verdunstet. Beim Verdunsten kühlt sich die Flüssigkeit ab (Abkühlung durch Schwitzen), weil es die schnellsten Moleküle sind, welche dabei weggehen. Die Abkühlung kann verstärkt werden durch das Abpumpen oder Wegblasen des Dampfes (z. B. durch Luftzug). Wird der Dampfdruck pD einer Flüssigkeit durch Erhöhen der Temperatur vergrössert oder der Luftdruck p0 z. B. durch Abpumpen verkleinert, bis p0 = pD (T ) = p0 (Tsiede ) so können sich gegen den auf der Flüssigkeit lastenden Druck im Innern Dampfblasen bilden, die Flüssigkeit siedet. Die Siedetemperatur hängt vom äussern Luftdruck ab. Blasen, die beim Erwärmen von Wasser schon unterhalb der Siedetemperatur entstehen, stammen von gelösten Gasen. In einem trockenen Raum in Abwesenheit von flüssigem Wasser ist der Partialdruck p(T ) des Wasserdampfes kleiner als der Dampfdruck pD (T ). Der Quotient p/pD heisst relative Luftfeuchtigkeit und wird meistens in Prozent angegeben. Da pD mit der Temperatur stark zunimmt (siehe Tabelle 4.4), hängt die relative Luftfeuchtigkeit für eine bestimmte Dampfmenge pro Volumeneinheit von der Temperatur ab oder umgekehrt: kalte Luft enthält bei gegebener Luftfeuchtigkeit weniger Wasserdampf als warme. Kondensation des Wasserdampfs setzt ein, wenn die Luftfeuchtigkeit 100 % überschreitet, bzw. p > pD gilt wie z. B. an kalten Oberflächen. Die Wärmemenge, die nötig ist, um ein Mol einer Substanz zu schmelzen, zu lösen oder zu verdampfen etc., nennt man molare Schmelz-, Lösungs- oder Verdampfungswärme L. Wie haben oben in unserem Wasserbeispiel schon Zahlenwerte benützt, allerdings für 1 kg und nicht für ein Mol. Für Wasser gilt LD = 40.7 kJ/mol (T = 100◦ C) und LSch = 60.3 kJ/mol (T = 0◦ C). Man beobachtet im allgemeinen eine leichte Temperaturabhängigkeit. 4.21 Substanz H2 O Ethylalkohol Methylalkohol Benzol Ethylether Hg CO2 Ammoniak Propan Butan pD [mbar] 23.3 58.8 125 100 586 0.0016 56560 8350 8270 2070 T [◦ C] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Wasser pD [mbar] T [◦ C] 6.1 100 12.3 110 23.3 120 42.4 130 73.7 150 123 170 199 190 311 300 473 350 701 pD [mbar] 1013 1432 1985 2700 4760 7919 12549 82894 165330 Tabelle 4.4: Sättigungsdampfdrucke einiger Flüssigkeiten bei T = 20◦ C und für Wasser bei verschiedenen Temperaturen. Die Dampfdruckkurve pD (t) entspricht dem Koexistenzgebiet flüssig - gas, wie dies von der van der Waalsgleichung beschrieben wird (siehe Kapitel über Zustandsgleichungen). Die Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks ist durch die sogenannte Clausius-ClapeyronGleichung gegeben, die hier ohne Herleitung zitiert wird. dpD LD = dT T (VD − VF l ) Der Dampfdruck nimmt mit der Temperatur zu, da mit VD > VF l auch dpD /dT > 0 gilt. Mit dieser Differentialgleichung ist der Dampfdruck in Funktion der Temperatur im Prinzip bestimmt. Die Gleichung gilt zwischen dem Tripelpunkt (TT ) und dem kritischen Punkt (TK ). Die Gleichung kann nicht einfach integriert werden, da die Verdampfungswärme LD mit höherer Temperatur abnimmt. Bei TK verschwindet LD schliesslich vollständig. Für den Schmelzdruck gilt dpSch LSch = dT T (V2 − V1 ) wobei V2 das Molvolumen von Wasser, V1 dasjenige von Eis ist. Mit wachsendem Druck sinkt deshalb die Schmelztemperatur von Wasser, denn mit V1 > V2 ist dpSch /dT < 0. Das Phasendiagramm haben wir oben schon gesehen. Für die meisten Stoffe ist es aber umgekehrt. Es gilt V1 < V2 , und damit steigt die Schmelzdruckkurve vom Tripelpunkt aus an. Experimentelle Beispiele: Ein Träger aus Eis hält einen an einem dünnen Draht aufgehängten Gewichtsstein in der Höhe. An der Druckstelle des Drahts schmilzt das Eis schneller (unter Druck erniedrigt sich die Schmelztemperatur) und der Draht frisst sich in kurzer Zeit durch den Block. Flüssiger Stickstoff siedet, wenn man ihn in Kontakt mit einer warmen Glasschale bringt. Der an der Grenzfläche zum wärmeren Medium enstehende Dampf erniedrigt den Wärmekontakt und verzögert das Sieden. Es kommt zu der typischen Tropfenbildung, die vom heissen Wasser auf der Herdplatte her bekannt ist. Legt man festes Trockeneis auf eine Oberfläche, dann findet direkt ein Übergang vom festen in den gasförmigen Zustand statt. Es entsteht wieder eine den Wärmekontakt erniedrigende Dampfsperre, die dann den Verdampfungsvorgang abbremst, was 4.22 wieder neuen Wärmekontakt erlaubt. Die resultierende, sehr schnelle Auf- und Abbewegung produziert ein starkes akustisches Signal. (siehe auch Halliday-Resnick-Walker, Essay 6, p. 575, Boiling and the Leidenfrost Effect). 4.7.3 Erzeugung tiefer Temperaturen Wir wollen kurz Prozesse diskutieren mit denen in der Praxis tiefe Temperaturen erzeugt werden und gleichzeitig an ein paar Beispielen typische Tieftemperatureffekte illustrieren. Das erste Verfahren nutzt den Joule-Thomson-Effekt. Dabei wird ein Gas, wie skizziert, durch eine poröse Wand gepresst, wobei auf beiden Seiten ein konstanter Druck herrscht. p1 ist grösser als p2 . Im übrigen verläuft der Prozess adiabatisch. Bei konstantem Druck lässt sich die totale, geleistete Arbeit berechnen: W1→2 = − Z 2 Z 0 p1 dV + 1 p1 2 p2 p2 dV == −p1 V1 + p2 V2 0 1 W1→2 = U1 − U2 (Q = 0 !) ⇒ U2 + p2 V2 = U1 + p1 V1 ⇒ H2 = H1 Der Joule-Thomson Prozess verläuft also isenthalpisch. Für ideale Gase gilt U= f f f RT, pV = RT, H1 = (1 + )RT1 = H2 = (1 + )RT2 , 2 2 2 ⇒ T1 = T2 Beim idealen Gas ändert sich die Temperatur nicht. Beim Van der Waals Gas hängt im Gegensatz zum idealen Gas die innere Energie vom Volumen ab, und es gilt die Van der Waals-Gleichung U = CV T − a , V p=− a RT + 2 V V −b ⇒ H = CV T − a RT V 2a + pV = CV T + − V V −b V Für nicht allzu hohe Dichten ist b << V1 , V2 . Dies ergibt H = (CV + R)T + RT V b− 2a RT ≈ Cp T + p b − 2a RT Aus H1 = H2 folgt dann 1 2a ∆T = T2 − T1 = b− Cp RT (p1 − p2 ) = −C(T )∆p Da die Konstante C(T ) je nach Temperatur verschiedene Vorzeichen haben kann, ist sowohl eine Temperaturerhöhung wie -erniedrigung möglich, nämlich für 2a/RT > b Abkühlung, für 2a/RT < b Erwärmung. Es existiert somit eine Inversionstemperatur Ti bei der die 4.23 Vorzeichenumkehr von ∆T eintritt, Ti = 2a 27 = TK Rb 4 TK ist die kritische Temperatur des realen Gases, oberhalb der überhaupt keine Verflüssigung mehr möglich ist. Das unterschiedliche Verhalten erklärt sich aus der Konkurrenz zweier Prozesse, die zu zwei Termen mit verschiedenem Vorzeichen in der Enthalpie führen. Bei grossen Distanzen der Gasmoleküle ist die gegenseitige Anziehung wichtig, es muss Arbeit gegen den Kohäsionsdruck geleistet werden, dies erhöht die potentielle Energie und führt zu Abkühlung. Bei kleinen Distanzen stossen sich die Moleküle ab, dies erhöht die kinetische Energie und führt zu Erwärmung. Je nach Temperatur gewinnt der eine oder der andere Prozess, bei der Übergangstemperatur sind beide gleich. Für Sauerstoff ergeben sich die folgenden Zahlenwerte: a = 1.36 × 106 cm6 /(mol2 ), b = 31.8 cm3 /mol, TK = 154 K, Ti = 1043 K, Schmelzpunkt und Siedepunkt bei normalen Bedingungen 55 K bzw. 90 K. Bei technischen Anwendung des Joule-Thomson-Prozesses bei der Verflüssigung von Gasen, wird das Gas unter die Inversionstemperatur vorgekühlt und anschliessend beim Durchgang durch eine feine Düse expandiert, was Abkühlung bewirkt. Im Gegenstromverfahren (siehe Bild) kann das komprimierte Gas soweit abgekühlt werden, bis schliesslich Verflüssigung eintritt. Im Hörsaal wird dies für Sauerstoff demonstriert. D Mit den beiden anderen Methoden, die wir schon kennenlernten, hat stehen also folgende Verfahren zur Verflüssigung von Gasen zur Verfügung: • Kompression des Gases unterhalb der kritischen Temperatur (T < TK ), • Joule-Thomson-Effekt unterhalb der Inversionstemperatur (T < Ti ), • Adiabatische Expansion mit Arbeitsleistung. Flüssigkeiten werden durch Verdampfen abgekühlt. Um die Verdampfung in Gang zu halten wird über der Flüssigkeit Dampf weggepumpt. Mit Aether kann man dies leicht demonstrieren. Helium wird bei 4.2 K flüssig. Durch Abpumpen des Dampfes erreicht man Temperaturen von 1 K. Die tiefsten Temperaturen, die man erreichen kann liegen im Bereich milli Kelvin. Man erreicht sie durch die adiabatische Demagnetisierung von Materialien. In einer magnetischen Sustanz sind bei hohen Temperaturen die elementaren magnetischen Dipole beliebig im Raum orientiert (U ∝ kT ). Dies kann sogar bei Temperaturen um 1 K noch der Fall sein. Durch Anlegen eines äusseren Magnetfelds kann man die Dipole ausrichten. Die potentielle Energie ändert sich: 4.24 U → U 0 = U − Emag . Nach dem Abschalten des äusseren Feldes (δQ = 0) werden die Dipole durch die Wechselwirkung mit dem Gitter wieder eine thermisch bedingte, zufällige Ordnung einnehmen, und zwar entsprechend der Temperatur kT 0 ∝ U 0 (< U ), d. h. T 0 < T . Dem Gitter wird aber kinetische Energie entzogen, und es kühlt sich ab. Tiefe Temperaturen: Da die mittlere Energie des dreidimensionalen, atomaren Oszillators im Festkörper proportional zur Temperatur ist E = 3kT = 3 X m i=1 2 (vi2 + ω02 x2i ) nehmen sowohl die mittleren Geschwindigkeiten wie die mittleren Abweichungen von der Ruhelagen mit sinkender Temperatur ab. Daher nimmt auch die Elastizität des Materials ab. Auf eindrückliche Weise lässt sich dies mit weichen Materialien wie Blei, Blumenknospen und Gummibällen zeigen, die hart, spröde und zerbrechlich wie Glas werden schon bei Temperaturen des flüssigen Stickstoffs (T = −196◦ C= 77K). Man kann die eingeschränkte Beweglichkeit der Atome aber auch noch auf andere Weise zeigen. Ein mit Licht beschienenes Hühnerei leuchtet im Dunkeln nach, es fluoresziert, und zwar umso länger, je kälter es ist. Hier absorbieren die Atome Energie aus der elektromagnetischen Strahlung des einfallenden Lichts. Für eine Anzahl geeigneter Wellenlängen im Licht, kann das Atom von seinem quantenmechanischen Grundzustand in einen angeregten Zustand springen (entsprechend einer neuen Konfiguration der Elektronen in der Atomhülle). Aus dem angeregten Zustand kehrt das Atom dann später wieder in den Grundzustand zurück, indem es wieder Strahlung emittiert. Der angeregte Zustand ist umso langlebiger, je weniger thermisch verursachte Stösse das Atom macht. Wird das Atom in einer sehr kalten Umgebung bestrahlt, so wird es im angeregten Zustand eingefroren, es macht nur sehr wenig Stösse, leuchtet daher kaum. Erst beim Erwärmen beginnt es wieder zu leuchten. 4.7.4 Reale Wärmekraftmaschinen, Wärmepumpen, Kühlmaschinen Bei realen Wärmekraftmaschinen treten zusätzliche Wärmeverluste auf, da es auch irreversible Anteile an den Prozessen gibt. Da Wärme von selbst immer vom heissen zum kalten Reservoir fliesst, wird dem heissen Reservoir zusätzlich Wärme entnommen. Das heisst Qh wird grösser als bei der idealen Carnotmaschine, und deswegen der Wirkungsgrad kleiner als ηC : η < ηC Der Wirkungsgrad kann niemals grösser als ηC werden. Denn man müsste dafür weniger Wärme Qh vom heissen Reservoir beziehen, und dafür von einem anderen Ort (es gibt nur kältere Temperaturen in der Umgebung) Wärme in den Kreisprozess einbringen. Das würde aber bedeuten, dass irgendwie zusätzliche Wärme aus einem kälteren Ort in den heissen Eingang der Kreisprozesses fliessen müsste, und das passiert niemals von selber (das heisst niemals ohne zusätzlichen Energieaufwand). Im weiteren kann man zeigen, dass alle reversiblen Kreisprozesse, die nur zwischen zwei Wärmereservoiren laufen, den gleichen Wirkungsgrad ηC haben. Jeder andere Kreisprozess, bei dem mehrere Temperaturen vorkommen, besitzt einen kleineren Wirkungsgrad η < ηC . 4.25 Typ Kolbendampfmaschine Dampfturbine Benzinmotor Dieselmotor T1 [K] 479 673 990 1900 T2 [K] 316 303 670 870 ηC 0.33 0.55 0.32 0.54 ηAM 0.26 0.35 0.22 0.40 Tabelle 4.5: Wirkungsgrade typischer praktisch realisierter Maschinen. Bisher haben wir “rechtslaufende Prozesse” studiert, bei denen der Prozess im pV Diagramm im Uhrzeigersinn abläuft. Bei Maschinen, welche mechanische Energie in Wärme umgewandeln, wie z. B. Kühlschränken, Air Conditionern oder Wärmepumpen, laufen die Zyklen rückwärts ab, man nennt sie “linkslaufend”. Mit der zugeführten Arbeit kann dann Wärme aus dem Reservoir der tieferen Temperatur T2 = Tk zu dem auf höherer Temperatur T1 = Th befördert werden. Ist das Ziel das Reservoir T1 zu heizen, spricht man von einer Wärmepumpe. Will man in erster Linie T2 kühlen, nennt man das eine Kältemaschine. Q1 T1 M Q2 T2 W Der Wirkungsgrad von Maschinen wird aus dem Verhältnis Nutzen / Aufwand berechnet. Für eine Kältemaschine besteht der Nutzen im aus dem kalten Reservoir Tk abgepumpten Wärme Qk , also ist ηK = Qk /W . Bei Wärmepumpen besteht der Nutzen darin, dem heissen Reservoir Th zusätzliche Wärme Qh zuzuführen, also ist ηW P = Qh /W . Aus analogen Ueberlegungen wie oben bekommt man: Tk ηK ≤ Th − Tk ηW P ≤ Th Th − Tk Für ideale Maschinen gilt das Gleichheitszeichen, für praktisch realisierbare Maschinen mit Verlusten das <. 4.26