Vortrag

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Seelische Erkrankungen
Rainer Stötter
[email protected]
Gliederung des Vortrags
Definition einer psychischen Erkrankung
●Der Diagnosenschlüssel nach ICD-10
●Stress als Wirkursache
●Das Diathese-Stress-Modell
●Seelische Erkrankungen und Stressoren in
unserem Alltag
●Ausgewählte Krankheitsbilder
●Prävention
●
Psychische Erkrankung
Unter psychischer Krankheit oder psychischer
Störung versteht man eine Abweichung vom
sichtbaren Verhalten oder vom Denken und
Fühlen eines Menschen. Aber auch das
persönliche Leiden spielt bei der Diagnose eine
Rolle. In Deutschland leiden etwa fünf Millionen
Menschen, unter ihnen auch schon Kinder, an
psychischen Störungen. Die meisten davon sind
jedoch mit Psychotherapie oder auch mit
Psychopharmaka gut behandelbar. Diese
Behandlungen werden in der Regel auch von
den Krankenkassen bezahlt.
Einordnung psychischer
Erkrankungen
Über einen langen Zeitraum wurde die Diagnose
einer psychischen Erkrankung in Abhängigkeit
verschiedener psychologischer Schulen gestellt.
Heute hat man sich weltweit auf zwei
Klassifikationsschemata geeinigt. Die auch in
Deutschland gültige ICD 10 der
Weltgesundheitsorganisation und das DSM IV.
ICD 10 steht dabei für die zehnte Revision der
Internationalen Klassifikation von Krankheiten
und DSM IV steht für die vierte Ausgabe
Handbuchs für Diagnose und Statistik bei
psychischen Störungen der amerikanischen
ICD 10 und DSM als diagnostische
Grundlagen in der Psychiatrie
Das fünfte Kapitel der ICD-10 beschäftigt sich
mit psychischen Störungen und
Verhaltensstörungen. Dabei geht es um
Störungen der psychischen Entwicklung und
nicht um Symptome und abnorme klinische und
Laborbefunde, die anderenorts im Kapitel V nicht
klassifiziert sind.
Die elf Gruppen des fünften
Kapitels der ICD-10
F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer
psychischer Störungen
Die Demenz ( F00-F03 )
F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch
psychotrope Substanzen
F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen
und Faktoren
F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
F70-F79 Intelligenzminderung
F80-F89 Entwicklungsstörungen
F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in
der Kindheit und Jugend
F99
Nicht näher bezeichnete psychische Störungen
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Zwar wurden psychische Krankheiten zunächst
rein biologisch im Sinne des medizinischen
Krankheitsmodells erklärt, doch kam die
Wissenschaft an einem bestimmten Punkt nicht
mehr weiter. So kam es zur Entwicklung des
Vulnerabilitäts-Stress-Modells (Diathese-StressModell), welches sich zum Leitsatz der
klinischen Psychologie entwickelte. Es liegt
keiner speziellen psychologischen Schule
zugrunde und verbindet Umweltfaktoren,
biologische und psychologische Faktoren.
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Diathese ist streng genommen die Anfälligkeit
(Disposition) eines Menschen für eine bestimmte
Krankheit. In diesem Falle steht Diathese jedoch
für die Tendenz eines Menschen, auf eine
bestimmte Weise auf Belastungen zu reagieren.
Stress wiederum rührt von belastenden
Umweltereignissen oder Lebenssituationen. Die
Reaktion des Einzelnen auf Belastungen wird
beeinflusst durch die Wirkung von Risikofaktoren
und Schutzfaktoren.
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Es geht darum, welche Wechselwirkungen
zwischen Diathese und Stress bestehen. Im
Mittelpunkt steht dabei die Annahme, dass zur
Entwicklung einer Störung sowohl Diathese als
auch Stress nötig sind. Stress ist im Modell als
schädlicher Stress (Distress) zu verstehen : Der
Arbeitsbereich des Stress-Anpassungssystems
wird dabei überschritten.
Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Heutzutage gehen wir bei psychischen Störungen
davon aus, dass verschiedene angeborene
(genetische) Veranlagungen und Umweltfaktoren bzw.
Bewätigungsmöglichkeiten zusammen wirken
(multifaktorielle Genese).
Jeder Mensch hat seine individuelle genetische
Empfindlichkeit (Vulnerabilität). Diese tritt
beispielsweise durch die Familiengeschichte als
Veranlagung auf. Insbesondere depressive Störungen,
welche immer wiederkehren, zeigen eine erhöhte
familiäre Häufung und weisen demnach auf eine hohe
ererbte Empfänglichkeit für bestimmte Krankheiten
(Prädispositon) hin.
Stress als Wirkfaktor
Schilddrüse und Psyche
Es gibt eine enge Beziehung zwischen der psychischen
Befindlichkeit des Menschen
und seiner Schilddrüsenfunktion. Sowohl die
Unterfunktion (Hypothyreose) wie auch
die Überfunktion (Hyperthyreose) sind mit psychischen
Symptomen gekoppelt. Die
Skala der Symptomenvielfalt reicht dabei von
Antriebsarmut bis zur Agonie und von
leichter innerer Unruhe bis zu Panikattacken und
Psychosen mit wahnhaftem Erleben
(Heinrich, Grahm).
Sogar milde latente (so genannte subklinische
Funktionsstörungen) der Schilddrüse
können mit vermehrtem Angstempfinden einhergehen
(Pies).
Schilddrüse und Psyche
Neben den Funktionsstörungen der Schilddrüse
selbst bestehen Zusammenhänge
zwischen der Funktion der Schilddrüse und
verschiedenen psychischen Erkrankungen. So wurden veränderte
Schilddrüsenhormonkonzentrationen bei
Patienten mit Erkrankungen aus dem
depressiven Formenkreis aber auch bei
Patienten mit bipolaren Störungen (manischdepressive Erkrankungen) gefunden.
Jahreszeitliche Stimmungsschwankungen sind
vermutlich wesentlich durch Schilddrüsenhormone mit beeinflusst.
Stressbewältigung
Methoden zum Abbau von psychisch
belastendem Stress nennen wir
Stressbewältigung (Stressmanagement, Coping
). Es gibt derer vielerlei Methoden, welche
hilfreich sind, wenn die Selbstheilungskräfte und
Widerstandsfähigkeit (Resilienz) eines
Menschen nicht mehr genügen, um trotz innerer
und äußerer Belastungen die Gesundheit und
Leistungsfähigkeit zu erhalten.
Stressbewältigung
Insbesondere in der arbeitenden Bevölkerung nahm die
Stressbelastung in den letzten Jahren enorm zu.
Stressbewältigung wird zusehends in der Psychotherapie
eingesetzt und manche Betriebe reagieren inzwischen
darauf, indem sie ihre Angestellten zu Coping-Kursen
schicken. Ziel solcher Fortbildungen ist es, zwar innerlich im
Fluss zu sein und im Beruf aufzugehen, ohne jedoch Stress
zu erleiden durch Unter- oder Überforderung. Um einer
posttraumatischen Belastungsstörung zu begegnen werden
Methoden entwickelt, um Stress nach belastenden
Ereignissen zu bearbeiten.
Stressmanagement setzt auf
●Aufklärung und Enttabuisierung in Bezug
auf psychische Stressbelastung,
●Förderung der individuellen Ressourcen
●die Kompetenz zur Stressbewältigung.
Im Rahmen der Selbsthilfe werden
sportliche Betätigung, gesunde Ernährung
und Achtsamkeitsübungen angeraten.
Seelische Erkrankungen im Alltag
Bewertung der Moderne
Psychische Störungen und Erkrankungen waren
schon immer vom Zeitgeist abhängig. Die
moderne, hektische Zeit zeitigt stressinduzierte
Krankheiten mit egozentrisch narzisstischer
Prägung.
Gründe dafür sind die moderne Arbeitswelt, das
Freizeitverhalten, soziokulturelle Faktoren und
mangelnde Reflexion echter sinnstiftender
Lebensziele
Narzissmus :
man bringt sich und
seinem Bild von
sich sehr viel Liebe
entgegen und ist
übertrieben eitel
Bild von Michelangelo Caravaggio
Psychische Störungen sind inzwischen zu
Volkskrankheiten geworden. Die Krankenkassen
ächzen unter den stetig steigenden Kosten.
Die direkten Krankheitskosten belaufen sich auf
30 Milliarden Euro und machen elf Prozent der
gesamten Krankheitskosten aus.
Die Deutschen gehen achtzehnmal im Jahr zum
Arzt.
Am meisten wird diagnostiziert:
Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparats
●Erkrankungen des Atmungssystems
●Allergien
●Chronische Zivilisationskrankheiten
(psychosomatische Störungen, Depressionen
und Angstkrankheiten)
●
Diagnosentendenzen
Sich immer mehr häufende Diagnosen:
●ADHS bei Erwachsenen-Aufmerksamkeitsdefizit
●CFS (Chronic Fatigue Syndrom)
●Burn-Out-Syndrom
●Internet- und Computerabhängigkeit
●Traumatisierungen durch Mobbing
●Umweltassoziierte Krankheiten wie SBS
●Narzisstische Krisen
●Persönlichkeitsstörungen
ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit
Die Hyperaktivitätsstörung ist eine bereits im
Kindesalter beginnende psychische Störung, die
sich durch Probleme mit der Aufmerksamkeit
sowie Impulsivität und häufig auch Hyperaktivität
auszeichnet. Etwa drei bis zehn Prozent aller
Kinder zeigen Symptome im Sinne einer ADHS.
Jungen sind deutlich häufiger betroffen als
Mädchen. Die Symptome können mit
unterschiedlicher Ausprägung bis in das
Erwachsenenalter hinein fortbestehen.
CFS – Chronic fatigue syndrome
Das Chronische Erschöpfungssyndrom, ist eine
chronische Krankheit, die bis zur Behinderung
führen kann. Sie ist charakterisiert durch eine
lähmende geistige und körperliche Erschöpfung
sowie durch eine spezifische Kombination
weiterer Symptome. Dazu gehören unter
anderem auch Kopfschmerzen, Halsschmerzen,
Gelenk- und Muskelschmerzen, Konzentrationsund Gedächtnisstörungen, nicht erholsamer
Schlaf, Empfindlichkeiten der Lymphknoten
sowie eine anhaltende Verschlechterung des
Zustands nach Anstrengungen.
SBS – Sick building syndrome
Die im ICD-10 aufgeführte gebäudebezogene
Krankheit, soll sich in Allergien, Infektionen und
Verschlechterung eines bestehenden Asthma
bronchiale bei Betroffenen äußern, die in
Gebäuden wohnen oder arbeiten, die nicht
gesundheitlichen Standards entsprechen.
Gesundheitsprobleme von Angestellten in Büros
mit schlecht gewarteten bzw. defekten
Klimaanlagen, die durch den fehlenden
Abtransport gesundheitsschädlicher
Ausdünstungen von Baumaterialien
hervorgerufen wurden. Kopfschmerz,
Schleimhautreizungen und Müdigkeit
Mobbing
Mobbing steht im engeren Sinn für „Psychoterror
am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem
Betrieb hinauszuekeln. Im weiteren Sinn bedeutet
Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt
und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und
seelisch zu verletzen, beispielsweise in der Schule
(Mobbing in der Schule), am Arbeitsplatz, im
Sportverein, im Altersheim, im Gefängnis und im
Internet (Cyber-Mobbing). Typische
Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher
Tatsachen, die Zuweisung sinnloser
Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale
Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit
Burn Out-Syndrom
Das im ICD-10 aufgeführte Ausgebranntsein ist ein
Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit
reduzierter Leistungsfähigkeit. Es kann als Endzustand
einer Entwicklungslinie bezeichnet werden, die mit
idealistischer Begeisterung beginnt und über
frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung und
Apathie, psychosomatischen Erkrankungen und
Depression oder Aggressivität und einer erhöhten
Suchtgefährdung führt. Burnout ist keine Krankheit,
sondern ein Problem der Lebensbewältigung. Es
handelt sich um eine körperliche, emotionale und
geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung.
Diese wird meist durch Stress ausgelöst, der aufgrund
verminderter Belastbarkeit nicht bewältigt werden kann
Soziokulturelle Stressoren
Psychische Erkrankungen sind multifaktoriell,
haben also viele verschiedene biopsychosoziale
Faktoren, die zum Leiden führen.
Von allen anderen beteiligten Faktoren sind
jedoch die soziokulturellen Faktoren
entscheidend für die Entstehung und
Entwicklung einer psychischen Erkrankung
(Ätiopathogenese).
Soziokulturelle Stressoren
Das social brain
●Der momentan erlebte Übergang von der
westlichen Industriegesellschaft in die
postmoderne Überflussgesellschaft
Dies betrifft die Felder
● Arbeit
● Lebensführung
● Lebensinhalte
● Sozialberhalten
●
Das social brain
Das social brain ist eine Arbeitstheorie, dass bestimmte
Gene durch soziale Interaktionen aktiviert werden.
Medienkonsum verändert das Verhalten und das Gehirn
Der wöchentliche Medienkonsum von Kindern in den
USA beträgt 45 Stunden. Demgegenüber dauert der
Schulbesuch 30 Stunden und der Kontakt zu den Eltern
17 Stunden.
In Deutschland liegt Mediennutzung bei deutschen
Kindern und Jugendlichen in etwa gleichauf mit den
Schulwochenstunden. Hierbei stagniert der
Fernsehkonsum seit 1994 zugunsten des Surfens im
Internet.
Der gesellschaftliche Wandel
Der Übergang in die Postmoderne hat zu tun mit
Der Arbeitswelt
●Der Lebensführung
●Den Lebensinhalten
●Dem Sozialverhalten
●
Berufliche Situation - allgemein
Arbeitsverdichtung
●Diskontinuierliche Beschäftigung (Arbeitsplatz
und Rollenverständnis sind instabil)
●Pluralisierung der Arbeitsformen (Zeitarbeit und
„freie“ Mitarbeiter)
●Globalisierung und weltweite Konkurrenz
●Digitalisierung der Kommunikation
→
Der gesellschaftliche Druck, dem jeder
ausgesetzt ist, hat stark zugenommen
●
Berufliche Situation - Speziell
Verlust der Autonomie (weniger
Handlungsspielraum)
●Der Arbeitnehmer ist eine anonyme Nummer mit
geringer Wertschätzung
●Die Arbeitswelt ist ein emotionsloses Funktionieren
(Bürokratie, Controlling, Regulierung, Zeitvorgaben)
●IT-Jargon und Telegramm-Denglisch → viele
Stellenanzeigen sind für weite Teile der
Bevölkerung unverständlich geworden (facilitymanager, key account manager ..)
●→ Unternehmen benötigen eine identitätsstiftende
Unternehmenskultur, um ihre Mitarbeiter zu erhalten
●
Berufliche Situation - Auswirkung
Als Distress empfundener Leistungsdruck A,
Arbeitsplatz macht krank. Herz-KreislaufErkrankungen und psychosomatische Störungen
werden begünstigt.
Nicht nur Arbeit kann krank
machen sondern auch die Freizeit
Neben dem Burnout-Syndrom besteht auch die
Möglichkeit eines Bore-Out. Man wird krank
durch Unterforderung und Resignation nach der
geistigen Kündigung. Man verliert Lebensfreude
und verspürt Müdigkeit und Unzufriedenheit.
Wenn Freizeit krank macht, sprechen wir auch
von leisure-sickness.
Die Rolle des Privatlebens
Das Privatleben zeichnet sich heute aus durch
vielfältige Lebensformen und Lebensstile
(Singles, Patchwork-Familien).
Arbeit ist nicht mehr der Lebensinhalt. Wir leben
eher in einer Erlebnisgesellschaft, deren
Mitglieder unter einem hohen psychischen Druck
stehen – dem Druck, ein schönes und
glückliches Leben zu führen.
Der Verlust der Orientierung droht bei den
bestehenden zahlreichen Wahlmöglichkeiten
und Alternativen, um dieses Ziel zu erreichen.
Das zersetzte Privatleben
Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit ist
heutzutage unausgewogen.
●Mails am Abend
●Total Black Berry Time
Viele pendeln zur Arbeit (Pendler-Syndrom)
●Auslandsjobs (modernes Nomadentum)
●Job-Sharing
●Heimarbeitsplätze
●
Lebensführung
Wechselnde Partnerschaften
●Moderne Erziehung
● Kinder als narzisstische Objekte der Eltern
● Partnerschaftsmentalität der Eltern
● Flucht in die virtuellen Welten
●
Lebensführung und Psyche
Wechselnde Partnerschaften ziehen ein
erhöhtes Risiko nach sich, psychisch zu
erkranken.
Lebensführung: Erziehung
Besonders Einzelkinder sind das narzisstische
Objekt ihrer Eltern. Auf den Kindern lastet also
ein hoher Erwartungsdruck
●Andererseits befinden sich viele Kinder in einem
Versorgungsparadies
● Verständnisvolle Eltern als Partner
● Wohlstandsverwöhnung
● Gesicherte finanzielle Existenz
●
Lebensführung: Erziehung
Die Kehrseite der Medaille:
● Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und
von der Partnermentalität überfordert,
bedürfen auch der Autorität, die sie
akzeptieren lernen müssen
● Selbstunsichere Jugendliche fliehen in die
Scheinwelt des Computers. Die Spiele
vermitteln das narzisstische Gefühl der
eigenen Grandiosität. Dies kann zu Autismus
führen
● Kinder sind die überbehüteten, überforderten
und vernachlässigten Hoffnungsträger
zwischen Markt, Medien, Milieu und Eltern
Spaltung der Gesellschaft
Die soziale Schere klafft immer weiter
auseinander. Besonders die Alleinerziehenden
verarmen immer mehr. Auch die Zugehörigkeit
zu dem sich neu formierenden Prekariat
(„ungeschützte Arbeitende und Arbeitslose“)
begünstigt psychische Erkrankungen.
Der „Überfluss ohne Freude“
(Fromm)
Massenmedien und Informationstechnologie
dominieren unseren Alltag. Sie reizen zum
Konsum und geben uns Verhaltensmuster vor.
Massenwohlstand und anonyme Jobwelt nährten
einen Individualismus mit dem Bedürfnis nach
Selbstverwirklichung. Gleichzeitig verstirbt
jedoch das soziale Miteinander.
Der neue Narzissmus
In den USA spricht man inzwischen von einer
Narzissmusepidemie. Die narzisstischen
Persönlichkeitsstörungen laufen langsam dem
Übergewicht den Rang ab. Die Medien verführen
die Menschen dazu mit dem Schönheitswahn
und der Jugendlichkeitsideologie. Das
Fernsehen präsentiert eine Kunstwelt mit einer
Spaßgesellschaft ohne Tiefgang. Die Medien
bestimmen immer mehr unser Verhalten.
Folgen des Massenwohlstandes
Der nie dagewesene Massenwohlstand verführt
zur Verschuldung und zu Konsumzwängen. Der
Wertekonsens verlor eindeutig gegen eine
materialistische Kommerzorientierung, in der nur
Geld und Reichtum und bezahlte Arbeit zählen.
Traditionen und normative Vorbilder
verkümmern bei der angepriesenen
Individualistischen Beliebigkeit .
Das Über-Ich kann sich nicht mehr entwickeln.
Vielen Patienten fehlt ein klarer Lebensplan und
der Sinn der eigenen Existenz reduziert sich auf
den Konsum von Erlebnissen.
Reizüberflutung und
Vereinsamung
Die Dauerberieselung mit MP3-Playern und
Handy-Manie und auch intensive
Internetnutzung führen zu
Konzentrationsschwäche, Aggressionen und
emotionaler Verarmung.
Die neuen Medien wachsen schneller als wir es
verarbeiten können. Alte Menschen ohne
Internetanbindung verkümmern sozial und
werden in wenigen Jahren für die Psychiatrie zur
Herausforderung werden.
Erstes Fazit
Die Zahl der psychosomatischen Beschwerden
und Persönlichkeitsstörungen nimmt
kontinuierlich zu.
Ursachen sind Stress, falsche Erziehungsstile
der Eltern und Medienvorbilder, die für die
Entwicklung der Persönlichkeit und des
Verhaltens von Bedeutung sind.
Bei den Persönlichkeitsstörungen finden sich oft
frühe Traumatisierungen, die durch den Verlust
einer nahestehenden Person, eine Operation,
Rollenwechsel und Rollenverluste ausgelöst und
reaktiviert werden.
Moderne Störungsbilder
- umweltassoziert
- persönlichkeitsassoziiert / soziokulturell
- arbeitsassoziiert
Umweltassozierte Störungen
Amalgam-Allergie
●Holzschutzmittelsyndrom
●Sick-Building-Syndrom
●Elektrosensitivität
●Multiple Chemikalien-Sensitivität
●
PersönlichkeitsassoziierteStörung
Akzentuierung der Persönlichkeit durch
Narzissmus, Egomanie oder Sadomasochismus
●Autistisches Verhalten
●Impulskontrollstörung
●Somatisierungsstörung
●Spielsucht
●Kaufsucht
●Geltungssucht
●Esoterik
●
Arbeitsassoziierte Störung
Arbeitssucht
●Burnout
●Mobbing
●Verbitterungssyndrom (nach dem Verlust des
Arbeitsplatzes)
●Schichtarbeitersyndrom
●Computer- und Internetsucht
●Hirndoping (Neuro-Enhancement)
●
Elektrosensitivität
Als Elektrosensible werden Menschen
bezeichnet, die angeben, körperliche oder
geistige Beschwerden aufgrund von
elektrischen, magnetischen oder
elektromagnetischen Feldern (EMF) zu haben,
welche von elektrotechnischen Anlagen
ausgehen und sich als Elektrosmog ausbreiten.
Elektromagnetische Felder im Allgemeinen, zu
denen beispielsweise auch Wärmestrahlung
oder das sichtbare Licht zählen, sind darin nicht
enthalten. Hervorgerufen durch Mobilfunk,
Rundfunksender, DECT-Telefone, WLAN,
Mikrowellenherde oder Bluetooth verursacht.
Autismus durch Gefühlsblindheit
Leo Kanner nahm an, dass Kinder mit Autismus
Defizite im affektiven Kontakt aufweisen, dass
also ihre Fähigkeit, anhand der Körpersprache
anderer Menschen deren Gefühle zu erkennen,
eingeschränkt ist. Dies wird auf kognitive Defizite
(Gefühlsblindheit, engl. mindblindness)
zurückgeführt. Menschen mit Autismus haben
Schwierigkeiten zu verstehen, dass Menschen
unterschiedliche Empfindungen haben.
Außerdem wurde festgestellt, dass Autisten (im
Gegensatz zu neurologisch typischen Menschen
) Objekte und Menschen in der gleichen
Gehirnregion wahrnehmen.
Impulskontrollstörungen
Als Störung der Impulskontrolle oder
Impulskontrollstörung wird in der Psychiatrie und der
Klinischen Psychologie ein Verhaltensablauf
bezeichnet, bei dem ein als unangenehm erlebter
Anspannungszustand durch ein bestimmtes impulsiv
ausgeübtes Verhalten aufgelöst wird. Nach der
Beschreibung in der ICD-10 ist es "durch wiederholte
Handlungen ohne vernünftige Motivation
gekennzeichnet, die nicht kontrolliert werden können
und die meist die Interessen des betroffenen Patienten
oder anderer Menschen schädigen".
Das impulsive Verhalten wird dranghaft, oft automatisch
ausgeführt. Es wird zwar bewusst erlebt, kann aber
willentlich nicht oder nur schwer verhindert werden.
Somatisierungsstörung
Als Somatoforme Störungen werden körperliche
Beschwerden bezeichnet, die sich nicht ( hinreichend ) auf
eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Dabei
stehen neben Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit und
Erschöpfung Schmerzsymptome an vorderster Stelle,
gefolgt von Herz-Kreislauf-Beschwerden, Magen-DarmBeschwerden, sexuellen und pseudoneurologischen
Symptomen.
Somatoforme Störungen treten bei ca. 80 % der
Bevölkerung zumindest zeitweise auf, gehen in der Regel
„von selbst“ vorüber und werden kaum beachtet. Bei einigen
Personen können sich diese Beschwerden aber
chronifizieren und eine zentrale Rolle im Leben einnehmen.
Die Kosten für die Behandlung dieser Personengruppe sind
immens und liegen bis zu 14 mal höher als die
durchschnittlichen Pro-Kopf-Behandlungsausgaben.
Schichtarbeitersyndrom
Das durch Schichtarbeit bedingte Syndrom ist eine
Schlafrhythmusstörung, die durch die Arbeit zu
wechselnden Tageszeiten (Früh-, Spät- und
Nachtschicht) oder zu konstant ungewöhnlicher Zeit
(Dauernachtschicht) hervorgerufen wird. Entsprechend
der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für
Schlafmedizin ist es als eine schichtarbeitbedingte
„Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus“ (ICD-10 Ziffer
G47.2) definiert. Charakteristisch für das
Schichtarbeiter-Syndrom sind das Unvermögen, zur
gewünschten Zeit schlafen zu können sowie eine
exzessive Schläfrigkeit während der Arbeitszeit.
Hirndoping
Unter pharmakologischem Neuro-Enhancement
versteht man die Einnahme von psychoaktiven
Substanzen aller Art mit dem Ziel der geistigen
Leistungssteigerung. Hirndoping, ein oft
synonym verwendeter, jedoch nicht ganz
passender Begriff, meint die missbräuchliche
Einnahme solcher Substanzen, die
verschreibungspflichtig oder illegal sind.
- Hallo Wach, Modafinil
- Antidementiva
- Antidepressiva
- Koffein
- Ginko-Extrakte
Persönlichkeitsakzentuierung
Im Vordergrund steht die narzisstische
Selbstdarstellung zum Teil mit Auffallen um
jeden Preis. Modische Exzesse, Piercing,
Bodypainting und gehäuft selbstschädigendes
Verhalten durch Schneiden und Brennen.
Die exzessive Beschäftigung mit Umweltthemen
kann in hysterische Verhaltensmuster münden.
Dazu gehören auch der übertriebene Umgang
mit Esoterik oder Furcht vor Umweltgiften wie
Amalgam, Holzschutzmitteln oder Elektrosmog
(da die Beschwerden nicht nachweisbar sind).
Amok und Stalking
Beides sind Sondererscheinungen der
Postmoderne.
Amok
Die Amokläufe von Männern haben trotz der
massiven Medienerstattung in den letzten 30
Jahren nicht zugenommen. Angestiegen sind
jedoch die Amoktaten Jugendlicher in den
Schulen. Die Täter haben oft eine schizophrene
Psychose, Alkohol- und Drogenkonsum und
affektive Störungen ( Der Affekt kann in Richtung
Depression gedrückt oder in Richtung Manie
[Antrieb und die Stimmung sind in einer Manie
weit über dem Normalniveau] gesteigert sein. )
Stalking
Unter Stalking wird das willentliche und
wiederholte (beharrliche) Verfolgen oder
Belästigen einer Person verstanden, deren
physische oder psychische Unversehrtheit
dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig
bedroht und geschädigt werden kann. Stalking
ist in vielen Staaten ein Straftatbestand und
Thema kriminologischer und psychologischer
Untersuchungen.
Bei den meisten Stalkern liegt keine psychische
Grunderkrankung vor.
Diagnosentendenzen
Sich immer mehr häufende Diagnosen:
●ADHS bei Erwachsenen-Aufmerksamkeitsdefizit
●CFS (Chronic Fatigue Syndrom)
●Burn-Out-Syndrom
●Internet- und Computerabhängigkeit
●Traumatisierungen durch Mobbing
●Umweltassoziierte Krankheiten wie SBS
●Narzisstische Krisen
●Persönlichkeitsstörungen
Prävention
Die Kunst, in einer stressreichen Umgebung zu
leben bedarf der Aneignung von Kompetenzen,
zu denen vor allem die Fähigkeit zur
emotionalen Selbstwahrnehmung gehört. Es
geht dabei um die sogenannte seelische
Klugheit.
Der Umgang mit Stressoren beinhaltet, sich den
vielfältigen Möglichkeiten, dem breiten Spektrum
der menschlichen Lebensfelder zuzuwenden.
Alltagsrituale und Gewohnheiten können dazu
beitragen, Stress abzubauen. Routine jedoch
kann die eigene Flexibilität einschränken.
Prävention
Um, nicht auszubrennen kann ein Sabbatjahr
hilfreich sein. Im Urlaub und in der Freizeit sollte
man sich anstatt sich dem Freizeitstress
auszusetzen, die Zeit genommen werden, um
herauszufinden, wer oder was im Leben wirklich
wichtig ist.
Wichtig ist auch die Kunst der Gelassenheit, das
Leben im richtigen Maße genießen zu lernen.
Auch ist es wichtig, zu begreifen, dass unsere
Endlichkeit die wichtigste Anmahnung ist für ein
erfülltes Leben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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