Herzlich willkommen ! Seelische Erkrankungen Rainer Stötter [email protected] Gliederung des Vortrags Definition einer psychischen Erkrankung ●Der Diagnosenschlüssel nach ICD-10 ●Stress als Wirkursache ●Das Diathese-Stress-Modell ●Seelische Erkrankungen und Stressoren in unserem Alltag ●Ausgewählte Krankheitsbilder ●Prävention ● Psychische Erkrankung Unter psychischer Krankheit oder psychischer Störung versteht man eine Abweichung vom sichtbaren Verhalten oder vom Denken und Fühlen eines Menschen. Aber auch das persönliche Leiden spielt bei der Diagnose eine Rolle. In Deutschland leiden etwa fünf Millionen Menschen, unter ihnen auch schon Kinder, an psychischen Störungen. Die meisten davon sind jedoch mit Psychotherapie oder auch mit Psychopharmaka gut behandelbar. Diese Behandlungen werden in der Regel auch von den Krankenkassen bezahlt. Einordnung psychischer Erkrankungen Über einen langen Zeitraum wurde die Diagnose einer psychischen Erkrankung in Abhängigkeit verschiedener psychologischer Schulen gestellt. Heute hat man sich weltweit auf zwei Klassifikationsschemata geeinigt. Die auch in Deutschland gültige ICD 10 der Weltgesundheitsorganisation und das DSM IV. ICD 10 steht dabei für die zehnte Revision der Internationalen Klassifikation von Krankheiten und DSM IV steht für die vierte Ausgabe Handbuchs für Diagnose und Statistik bei psychischen Störungen der amerikanischen ICD 10 und DSM als diagnostische Grundlagen in der Psychiatrie Das fünfte Kapitel der ICD-10 beschäftigt sich mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen. Dabei geht es um Störungen der psychischen Entwicklung und nicht um Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts im Kapitel V nicht klassifiziert sind. Die elf Gruppen des fünften Kapitels der ICD-10 F00-F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen Die Demenz ( F00-F03 ) F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F20-F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F40-F48 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen F50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren F60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F70-F79 Intelligenzminderung F80-F89 Entwicklungsstörungen F90-F98 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell Zwar wurden psychische Krankheiten zunächst rein biologisch im Sinne des medizinischen Krankheitsmodells erklärt, doch kam die Wissenschaft an einem bestimmten Punkt nicht mehr weiter. So kam es zur Entwicklung des Vulnerabilitäts-Stress-Modells (Diathese-StressModell), welches sich zum Leitsatz der klinischen Psychologie entwickelte. Es liegt keiner speziellen psychologischen Schule zugrunde und verbindet Umweltfaktoren, biologische und psychologische Faktoren. Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell Diathese ist streng genommen die Anfälligkeit (Disposition) eines Menschen für eine bestimmte Krankheit. In diesem Falle steht Diathese jedoch für die Tendenz eines Menschen, auf eine bestimmte Weise auf Belastungen zu reagieren. Stress wiederum rührt von belastenden Umweltereignissen oder Lebenssituationen. Die Reaktion des Einzelnen auf Belastungen wird beeinflusst durch die Wirkung von Risikofaktoren und Schutzfaktoren. Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell Es geht darum, welche Wechselwirkungen zwischen Diathese und Stress bestehen. Im Mittelpunkt steht dabei die Annahme, dass zur Entwicklung einer Störung sowohl Diathese als auch Stress nötig sind. Stress ist im Modell als schädlicher Stress (Distress) zu verstehen : Der Arbeitsbereich des Stress-Anpassungssystems wird dabei überschritten. Das Vulnerabilitäts-Stress-Modell Heutzutage gehen wir bei psychischen Störungen davon aus, dass verschiedene angeborene (genetische) Veranlagungen und Umweltfaktoren bzw. Bewätigungsmöglichkeiten zusammen wirken (multifaktorielle Genese). Jeder Mensch hat seine individuelle genetische Empfindlichkeit (Vulnerabilität). Diese tritt beispielsweise durch die Familiengeschichte als Veranlagung auf. Insbesondere depressive Störungen, welche immer wiederkehren, zeigen eine erhöhte familiäre Häufung und weisen demnach auf eine hohe ererbte Empfänglichkeit für bestimmte Krankheiten (Prädispositon) hin. Stress als Wirkfaktor Schilddrüse und Psyche Es gibt eine enge Beziehung zwischen der psychischen Befindlichkeit des Menschen und seiner Schilddrüsenfunktion. Sowohl die Unterfunktion (Hypothyreose) wie auch die Überfunktion (Hyperthyreose) sind mit psychischen Symptomen gekoppelt. Die Skala der Symptomenvielfalt reicht dabei von Antriebsarmut bis zur Agonie und von leichter innerer Unruhe bis zu Panikattacken und Psychosen mit wahnhaftem Erleben (Heinrich, Grahm). Sogar milde latente (so genannte subklinische Funktionsstörungen) der Schilddrüse können mit vermehrtem Angstempfinden einhergehen (Pies). Schilddrüse und Psyche Neben den Funktionsstörungen der Schilddrüse selbst bestehen Zusammenhänge zwischen der Funktion der Schilddrüse und verschiedenen psychischen Erkrankungen. So wurden veränderte Schilddrüsenhormonkonzentrationen bei Patienten mit Erkrankungen aus dem depressiven Formenkreis aber auch bei Patienten mit bipolaren Störungen (manischdepressive Erkrankungen) gefunden. Jahreszeitliche Stimmungsschwankungen sind vermutlich wesentlich durch Schilddrüsenhormone mit beeinflusst. Stressbewältigung Methoden zum Abbau von psychisch belastendem Stress nennen wir Stressbewältigung (Stressmanagement, Coping ). Es gibt derer vielerlei Methoden, welche hilfreich sind, wenn die Selbstheilungskräfte und Widerstandsfähigkeit (Resilienz) eines Menschen nicht mehr genügen, um trotz innerer und äußerer Belastungen die Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu erhalten. Stressbewältigung Insbesondere in der arbeitenden Bevölkerung nahm die Stressbelastung in den letzten Jahren enorm zu. Stressbewältigung wird zusehends in der Psychotherapie eingesetzt und manche Betriebe reagieren inzwischen darauf, indem sie ihre Angestellten zu Coping-Kursen schicken. Ziel solcher Fortbildungen ist es, zwar innerlich im Fluss zu sein und im Beruf aufzugehen, ohne jedoch Stress zu erleiden durch Unter- oder Überforderung. Um einer posttraumatischen Belastungsstörung zu begegnen werden Methoden entwickelt, um Stress nach belastenden Ereignissen zu bearbeiten. Stressmanagement setzt auf ●Aufklärung und Enttabuisierung in Bezug auf psychische Stressbelastung, ●Förderung der individuellen Ressourcen ●die Kompetenz zur Stressbewältigung. Im Rahmen der Selbsthilfe werden sportliche Betätigung, gesunde Ernährung und Achtsamkeitsübungen angeraten. Seelische Erkrankungen im Alltag Bewertung der Moderne Psychische Störungen und Erkrankungen waren schon immer vom Zeitgeist abhängig. Die moderne, hektische Zeit zeitigt stressinduzierte Krankheiten mit egozentrisch narzisstischer Prägung. Gründe dafür sind die moderne Arbeitswelt, das Freizeitverhalten, soziokulturelle Faktoren und mangelnde Reflexion echter sinnstiftender Lebensziele Narzissmus : man bringt sich und seinem Bild von sich sehr viel Liebe entgegen und ist übertrieben eitel Bild von Michelangelo Caravaggio Psychische Störungen sind inzwischen zu Volkskrankheiten geworden. Die Krankenkassen ächzen unter den stetig steigenden Kosten. Die direkten Krankheitskosten belaufen sich auf 30 Milliarden Euro und machen elf Prozent der gesamten Krankheitskosten aus. Die Deutschen gehen achtzehnmal im Jahr zum Arzt. Am meisten wird diagnostiziert: Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparats ●Erkrankungen des Atmungssystems ●Allergien ●Chronische Zivilisationskrankheiten (psychosomatische Störungen, Depressionen und Angstkrankheiten) ● Diagnosentendenzen Sich immer mehr häufende Diagnosen: ●ADHS bei Erwachsenen-Aufmerksamkeitsdefizit ●CFS (Chronic Fatigue Syndrom) ●Burn-Out-Syndrom ●Internet- und Computerabhängigkeit ●Traumatisierungen durch Mobbing ●Umweltassoziierte Krankheiten wie SBS ●Narzisstische Krisen ●Persönlichkeitsstörungen ADHS - Aufmerksamkeitsdefizit Die Hyperaktivitätsstörung ist eine bereits im Kindesalter beginnende psychische Störung, die sich durch Probleme mit der Aufmerksamkeit sowie Impulsivität und häufig auch Hyperaktivität auszeichnet. Etwa drei bis zehn Prozent aller Kinder zeigen Symptome im Sinne einer ADHS. Jungen sind deutlich häufiger betroffen als Mädchen. Die Symptome können mit unterschiedlicher Ausprägung bis in das Erwachsenenalter hinein fortbestehen. CFS – Chronic fatigue syndrome Das Chronische Erschöpfungssyndrom, ist eine chronische Krankheit, die bis zur Behinderung führen kann. Sie ist charakterisiert durch eine lähmende geistige und körperliche Erschöpfung sowie durch eine spezifische Kombination weiterer Symptome. Dazu gehören unter anderem auch Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Gelenk- und Muskelschmerzen, Konzentrationsund Gedächtnisstörungen, nicht erholsamer Schlaf, Empfindlichkeiten der Lymphknoten sowie eine anhaltende Verschlechterung des Zustands nach Anstrengungen. SBS – Sick building syndrome Die im ICD-10 aufgeführte gebäudebezogene Krankheit, soll sich in Allergien, Infektionen und Verschlechterung eines bestehenden Asthma bronchiale bei Betroffenen äußern, die in Gebäuden wohnen oder arbeiten, die nicht gesundheitlichen Standards entsprechen. Gesundheitsprobleme von Angestellten in Büros mit schlecht gewarteten bzw. defekten Klimaanlagen, die durch den fehlenden Abtransport gesundheitsschädlicher Ausdünstungen von Baumaterialien hervorgerufen wurden. Kopfschmerz, Schleimhautreizungen und Müdigkeit Mobbing Mobbing steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln. Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen, beispielsweise in der Schule (Mobbing in der Schule), am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim, im Gefängnis und im Internet (Cyber-Mobbing). Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit Burn Out-Syndrom Das im ICD-10 aufgeführte Ausgebranntsein ist ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit. Es kann als Endzustand einer Entwicklungslinie bezeichnet werden, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und über frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung und Apathie, psychosomatischen Erkrankungen und Depression oder Aggressivität und einer erhöhten Suchtgefährdung führt. Burnout ist keine Krankheit, sondern ein Problem der Lebensbewältigung. Es handelt sich um eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher Überlastung. Diese wird meist durch Stress ausgelöst, der aufgrund verminderter Belastbarkeit nicht bewältigt werden kann Soziokulturelle Stressoren Psychische Erkrankungen sind multifaktoriell, haben also viele verschiedene biopsychosoziale Faktoren, die zum Leiden führen. Von allen anderen beteiligten Faktoren sind jedoch die soziokulturellen Faktoren entscheidend für die Entstehung und Entwicklung einer psychischen Erkrankung (Ätiopathogenese). Soziokulturelle Stressoren Das social brain ●Der momentan erlebte Übergang von der westlichen Industriegesellschaft in die postmoderne Überflussgesellschaft Dies betrifft die Felder ● Arbeit ● Lebensführung ● Lebensinhalte ● Sozialberhalten ● Das social brain Das social brain ist eine Arbeitstheorie, dass bestimmte Gene durch soziale Interaktionen aktiviert werden. Medienkonsum verändert das Verhalten und das Gehirn Der wöchentliche Medienkonsum von Kindern in den USA beträgt 45 Stunden. Demgegenüber dauert der Schulbesuch 30 Stunden und der Kontakt zu den Eltern 17 Stunden. In Deutschland liegt Mediennutzung bei deutschen Kindern und Jugendlichen in etwa gleichauf mit den Schulwochenstunden. Hierbei stagniert der Fernsehkonsum seit 1994 zugunsten des Surfens im Internet. Der gesellschaftliche Wandel Der Übergang in die Postmoderne hat zu tun mit Der Arbeitswelt ●Der Lebensführung ●Den Lebensinhalten ●Dem Sozialverhalten ● Berufliche Situation - allgemein Arbeitsverdichtung ●Diskontinuierliche Beschäftigung (Arbeitsplatz und Rollenverständnis sind instabil) ●Pluralisierung der Arbeitsformen (Zeitarbeit und „freie“ Mitarbeiter) ●Globalisierung und weltweite Konkurrenz ●Digitalisierung der Kommunikation → Der gesellschaftliche Druck, dem jeder ausgesetzt ist, hat stark zugenommen ● Berufliche Situation - Speziell Verlust der Autonomie (weniger Handlungsspielraum) ●Der Arbeitnehmer ist eine anonyme Nummer mit geringer Wertschätzung ●Die Arbeitswelt ist ein emotionsloses Funktionieren (Bürokratie, Controlling, Regulierung, Zeitvorgaben) ●IT-Jargon und Telegramm-Denglisch → viele Stellenanzeigen sind für weite Teile der Bevölkerung unverständlich geworden (facilitymanager, key account manager ..) ●→ Unternehmen benötigen eine identitätsstiftende Unternehmenskultur, um ihre Mitarbeiter zu erhalten ● Berufliche Situation - Auswirkung Als Distress empfundener Leistungsdruck A, Arbeitsplatz macht krank. Herz-KreislaufErkrankungen und psychosomatische Störungen werden begünstigt. Nicht nur Arbeit kann krank machen sondern auch die Freizeit Neben dem Burnout-Syndrom besteht auch die Möglichkeit eines Bore-Out. Man wird krank durch Unterforderung und Resignation nach der geistigen Kündigung. Man verliert Lebensfreude und verspürt Müdigkeit und Unzufriedenheit. Wenn Freizeit krank macht, sprechen wir auch von leisure-sickness. Die Rolle des Privatlebens Das Privatleben zeichnet sich heute aus durch vielfältige Lebensformen und Lebensstile (Singles, Patchwork-Familien). Arbeit ist nicht mehr der Lebensinhalt. Wir leben eher in einer Erlebnisgesellschaft, deren Mitglieder unter einem hohen psychischen Druck stehen – dem Druck, ein schönes und glückliches Leben zu führen. Der Verlust der Orientierung droht bei den bestehenden zahlreichen Wahlmöglichkeiten und Alternativen, um dieses Ziel zu erreichen. Das zersetzte Privatleben Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit ist heutzutage unausgewogen. ●Mails am Abend ●Total Black Berry Time Viele pendeln zur Arbeit (Pendler-Syndrom) ●Auslandsjobs (modernes Nomadentum) ●Job-Sharing ●Heimarbeitsplätze ● Lebensführung Wechselnde Partnerschaften ●Moderne Erziehung ● Kinder als narzisstische Objekte der Eltern ● Partnerschaftsmentalität der Eltern ● Flucht in die virtuellen Welten ● Lebensführung und Psyche Wechselnde Partnerschaften ziehen ein erhöhtes Risiko nach sich, psychisch zu erkranken. Lebensführung: Erziehung Besonders Einzelkinder sind das narzisstische Objekt ihrer Eltern. Auf den Kindern lastet also ein hoher Erwartungsdruck ●Andererseits befinden sich viele Kinder in einem Versorgungsparadies ● Verständnisvolle Eltern als Partner ● Wohlstandsverwöhnung ● Gesicherte finanzielle Existenz ● Lebensführung: Erziehung Die Kehrseite der Medaille: ● Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und von der Partnermentalität überfordert, bedürfen auch der Autorität, die sie akzeptieren lernen müssen ● Selbstunsichere Jugendliche fliehen in die Scheinwelt des Computers. Die Spiele vermitteln das narzisstische Gefühl der eigenen Grandiosität. Dies kann zu Autismus führen ● Kinder sind die überbehüteten, überforderten und vernachlässigten Hoffnungsträger zwischen Markt, Medien, Milieu und Eltern Spaltung der Gesellschaft Die soziale Schere klafft immer weiter auseinander. Besonders die Alleinerziehenden verarmen immer mehr. Auch die Zugehörigkeit zu dem sich neu formierenden Prekariat („ungeschützte Arbeitende und Arbeitslose“) begünstigt psychische Erkrankungen. Der „Überfluss ohne Freude“ (Fromm) Massenmedien und Informationstechnologie dominieren unseren Alltag. Sie reizen zum Konsum und geben uns Verhaltensmuster vor. Massenwohlstand und anonyme Jobwelt nährten einen Individualismus mit dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Gleichzeitig verstirbt jedoch das soziale Miteinander. Der neue Narzissmus In den USA spricht man inzwischen von einer Narzissmusepidemie. Die narzisstischen Persönlichkeitsstörungen laufen langsam dem Übergewicht den Rang ab. Die Medien verführen die Menschen dazu mit dem Schönheitswahn und der Jugendlichkeitsideologie. Das Fernsehen präsentiert eine Kunstwelt mit einer Spaßgesellschaft ohne Tiefgang. Die Medien bestimmen immer mehr unser Verhalten. Folgen des Massenwohlstandes Der nie dagewesene Massenwohlstand verführt zur Verschuldung und zu Konsumzwängen. Der Wertekonsens verlor eindeutig gegen eine materialistische Kommerzorientierung, in der nur Geld und Reichtum und bezahlte Arbeit zählen. Traditionen und normative Vorbilder verkümmern bei der angepriesenen Individualistischen Beliebigkeit . Das Über-Ich kann sich nicht mehr entwickeln. Vielen Patienten fehlt ein klarer Lebensplan und der Sinn der eigenen Existenz reduziert sich auf den Konsum von Erlebnissen. Reizüberflutung und Vereinsamung Die Dauerberieselung mit MP3-Playern und Handy-Manie und auch intensive Internetnutzung führen zu Konzentrationsschwäche, Aggressionen und emotionaler Verarmung. Die neuen Medien wachsen schneller als wir es verarbeiten können. Alte Menschen ohne Internetanbindung verkümmern sozial und werden in wenigen Jahren für die Psychiatrie zur Herausforderung werden. Erstes Fazit Die Zahl der psychosomatischen Beschwerden und Persönlichkeitsstörungen nimmt kontinuierlich zu. Ursachen sind Stress, falsche Erziehungsstile der Eltern und Medienvorbilder, die für die Entwicklung der Persönlichkeit und des Verhaltens von Bedeutung sind. Bei den Persönlichkeitsstörungen finden sich oft frühe Traumatisierungen, die durch den Verlust einer nahestehenden Person, eine Operation, Rollenwechsel und Rollenverluste ausgelöst und reaktiviert werden. Moderne Störungsbilder - umweltassoziert - persönlichkeitsassoziiert / soziokulturell - arbeitsassoziiert Umweltassozierte Störungen Amalgam-Allergie ●Holzschutzmittelsyndrom ●Sick-Building-Syndrom ●Elektrosensitivität ●Multiple Chemikalien-Sensitivität ● PersönlichkeitsassoziierteStörung Akzentuierung der Persönlichkeit durch Narzissmus, Egomanie oder Sadomasochismus ●Autistisches Verhalten ●Impulskontrollstörung ●Somatisierungsstörung ●Spielsucht ●Kaufsucht ●Geltungssucht ●Esoterik ● Arbeitsassoziierte Störung Arbeitssucht ●Burnout ●Mobbing ●Verbitterungssyndrom (nach dem Verlust des Arbeitsplatzes) ●Schichtarbeitersyndrom ●Computer- und Internetsucht ●Hirndoping (Neuro-Enhancement) ● Elektrosensitivität Als Elektrosensible werden Menschen bezeichnet, die angeben, körperliche oder geistige Beschwerden aufgrund von elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Feldern (EMF) zu haben, welche von elektrotechnischen Anlagen ausgehen und sich als Elektrosmog ausbreiten. Elektromagnetische Felder im Allgemeinen, zu denen beispielsweise auch Wärmestrahlung oder das sichtbare Licht zählen, sind darin nicht enthalten. Hervorgerufen durch Mobilfunk, Rundfunksender, DECT-Telefone, WLAN, Mikrowellenherde oder Bluetooth verursacht. Autismus durch Gefühlsblindheit Leo Kanner nahm an, dass Kinder mit Autismus Defizite im affektiven Kontakt aufweisen, dass also ihre Fähigkeit, anhand der Körpersprache anderer Menschen deren Gefühle zu erkennen, eingeschränkt ist. Dies wird auf kognitive Defizite (Gefühlsblindheit, engl. mindblindness) zurückgeführt. Menschen mit Autismus haben Schwierigkeiten zu verstehen, dass Menschen unterschiedliche Empfindungen haben. Außerdem wurde festgestellt, dass Autisten (im Gegensatz zu neurologisch typischen Menschen ) Objekte und Menschen in der gleichen Gehirnregion wahrnehmen. Impulskontrollstörungen Als Störung der Impulskontrolle oder Impulskontrollstörung wird in der Psychiatrie und der Klinischen Psychologie ein Verhaltensablauf bezeichnet, bei dem ein als unangenehm erlebter Anspannungszustand durch ein bestimmtes impulsiv ausgeübtes Verhalten aufgelöst wird. Nach der Beschreibung in der ICD-10 ist es "durch wiederholte Handlungen ohne vernünftige Motivation gekennzeichnet, die nicht kontrolliert werden können und die meist die Interessen des betroffenen Patienten oder anderer Menschen schädigen". Das impulsive Verhalten wird dranghaft, oft automatisch ausgeführt. Es wird zwar bewusst erlebt, kann aber willentlich nicht oder nur schwer verhindert werden. Somatisierungsstörung Als Somatoforme Störungen werden körperliche Beschwerden bezeichnet, die sich nicht ( hinreichend ) auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Dabei stehen neben Allgemeinsymptomen wie Müdigkeit und Erschöpfung Schmerzsymptome an vorderster Stelle, gefolgt von Herz-Kreislauf-Beschwerden, Magen-DarmBeschwerden, sexuellen und pseudoneurologischen Symptomen. Somatoforme Störungen treten bei ca. 80 % der Bevölkerung zumindest zeitweise auf, gehen in der Regel „von selbst“ vorüber und werden kaum beachtet. Bei einigen Personen können sich diese Beschwerden aber chronifizieren und eine zentrale Rolle im Leben einnehmen. Die Kosten für die Behandlung dieser Personengruppe sind immens und liegen bis zu 14 mal höher als die durchschnittlichen Pro-Kopf-Behandlungsausgaben. Schichtarbeitersyndrom Das durch Schichtarbeit bedingte Syndrom ist eine Schlafrhythmusstörung, die durch die Arbeit zu wechselnden Tageszeiten (Früh-, Spät- und Nachtschicht) oder zu konstant ungewöhnlicher Zeit (Dauernachtschicht) hervorgerufen wird. Entsprechend der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin ist es als eine schichtarbeitbedingte „Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus“ (ICD-10 Ziffer G47.2) definiert. Charakteristisch für das Schichtarbeiter-Syndrom sind das Unvermögen, zur gewünschten Zeit schlafen zu können sowie eine exzessive Schläfrigkeit während der Arbeitszeit. Hirndoping Unter pharmakologischem Neuro-Enhancement versteht man die Einnahme von psychoaktiven Substanzen aller Art mit dem Ziel der geistigen Leistungssteigerung. Hirndoping, ein oft synonym verwendeter, jedoch nicht ganz passender Begriff, meint die missbräuchliche Einnahme solcher Substanzen, die verschreibungspflichtig oder illegal sind. - Hallo Wach, Modafinil - Antidementiva - Antidepressiva - Koffein - Ginko-Extrakte Persönlichkeitsakzentuierung Im Vordergrund steht die narzisstische Selbstdarstellung zum Teil mit Auffallen um jeden Preis. Modische Exzesse, Piercing, Bodypainting und gehäuft selbstschädigendes Verhalten durch Schneiden und Brennen. Die exzessive Beschäftigung mit Umweltthemen kann in hysterische Verhaltensmuster münden. Dazu gehören auch der übertriebene Umgang mit Esoterik oder Furcht vor Umweltgiften wie Amalgam, Holzschutzmitteln oder Elektrosmog (da die Beschwerden nicht nachweisbar sind). Amok und Stalking Beides sind Sondererscheinungen der Postmoderne. Amok Die Amokläufe von Männern haben trotz der massiven Medienerstattung in den letzten 30 Jahren nicht zugenommen. Angestiegen sind jedoch die Amoktaten Jugendlicher in den Schulen. Die Täter haben oft eine schizophrene Psychose, Alkohol- und Drogenkonsum und affektive Störungen ( Der Affekt kann in Richtung Depression gedrückt oder in Richtung Manie [Antrieb und die Stimmung sind in einer Manie weit über dem Normalniveau] gesteigert sein. ) Stalking Unter Stalking wird das willentliche und wiederholte (beharrliche) Verfolgen oder Belästigen einer Person verstanden, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann. Stalking ist in vielen Staaten ein Straftatbestand und Thema kriminologischer und psychologischer Untersuchungen. Bei den meisten Stalkern liegt keine psychische Grunderkrankung vor. Diagnosentendenzen Sich immer mehr häufende Diagnosen: ●ADHS bei Erwachsenen-Aufmerksamkeitsdefizit ●CFS (Chronic Fatigue Syndrom) ●Burn-Out-Syndrom ●Internet- und Computerabhängigkeit ●Traumatisierungen durch Mobbing ●Umweltassoziierte Krankheiten wie SBS ●Narzisstische Krisen ●Persönlichkeitsstörungen Prävention Die Kunst, in einer stressreichen Umgebung zu leben bedarf der Aneignung von Kompetenzen, zu denen vor allem die Fähigkeit zur emotionalen Selbstwahrnehmung gehört. Es geht dabei um die sogenannte seelische Klugheit. Der Umgang mit Stressoren beinhaltet, sich den vielfältigen Möglichkeiten, dem breiten Spektrum der menschlichen Lebensfelder zuzuwenden. Alltagsrituale und Gewohnheiten können dazu beitragen, Stress abzubauen. Routine jedoch kann die eigene Flexibilität einschränken. Prävention Um, nicht auszubrennen kann ein Sabbatjahr hilfreich sein. Im Urlaub und in der Freizeit sollte man sich anstatt sich dem Freizeitstress auszusetzen, die Zeit genommen werden, um herauszufinden, wer oder was im Leben wirklich wichtig ist. Wichtig ist auch die Kunst der Gelassenheit, das Leben im richtigen Maße genießen zu lernen. Auch ist es wichtig, zu begreifen, dass unsere Endlichkeit die wichtigste Anmahnung ist für ein erfülltes Leben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!