ISSN 1868-291X JOURNAL TUMORZENTRUM ERFURT Aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapie des Nierenzellkarzinoms 02/2010 INHALT Seite 3 ■ PET/CT am HELIOS Klinkum Erfurt Nierentumor rechts mit Cavathrombus Cavathrombus in der Rekonstruktion Bei keiner anderen urologischen Tumorentität haben sich in den vergangenen 5 Jahren so grundlegende Veränderungen im Therapiemanagement sowohl des lokal begrenzten als auch des metastasierten Tumorleidens ergeben. Beim lokal begrenzten Nierentumor steht der Organerhalt im Fo- Op-Präparat rechte Niere mit Cavathrombus kus, bei kompletter Entfernung des Organs bildet die laparoskopische Tumornephrektomie einen Therapiestandard. Die Einführung der sogenannten Targettherapie hat das Nierenzellkarzinom in der metastasierten Situation vom therapeutischen Nihilismus zu einem Modelltumor gewandelt. Seite 4 ■ Neue Diagnose- und Therapieverfahren bei neuroendokrinen Tumoren Seite 13 ■ Mammographie-Screening Thüringen Nord/West – eine erste Zwischenbilanz Seite 16 ■ Erfolgreiche Zertifizierung des HELIOS Prostatakarzinomzentrum Erfurt Seite 18 ■ Rezidivtherapie metastasierender Hodentumoren Seite 21 ■ Aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapie des Nierenzellkarzinoms Seite 27 ■ Aktuelle Diagnostik-, Therapieund Nachsorgeleitlinien Seite 31 ■ Die Schädelbasis – eine interdisziplinäre Herausforderung Seite 32 ■ Gemeinsames Veranstaltungsverzeichnis Intraoperativer Situs bei laparoskopischer Tumornephrektomie (im Vordergrund die Nierenvene, rechts im Hintergrund die Nierenarterie) Lesen Sie hierzu den Übersichtsartikel auf Seite 21 Seite 34 ■ Angebote des Tumorzentrum Erfurt e.V. Wir wünschen allen Mitgliedern, Partnern, Freunden und Förderern des Tumorzentrum Erfurt e.V. ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr. Wir danken Ihnen herzlich für Ihr Engagement und hoffen auf eine weitere gute Zusammenarbeit. Prof. Dr. Hartwig Kosmehl Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates Dr. Hubert Göbel Geschäftsführer Prof. Dr. Albrecht Stier Vorsitzender des Vorstandes ■ PET/CT am HELIOS Klinikum Erfurt Elke Conrad Klinik für Nuklearmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt Im Dezember 2010 wurde am HELIOS Klinikum Erfurt ein PET/CT-Scanner der neuesten Generation in der Klinik für Nuklearmedizin in Betrieb genommen. Damit stehen verbesserte Möglichkeiten zur onkologischen Diagnostik und Therapieplanung zur Verfügung. Die Untersuchungen erfolgen in enger Kooperation mit dem Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie und in Zusammenarbeit mit den Kollegen der klinischen Fächer. Die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) ist ein nuklearmedizinisches bildgebendes Diagnoseverfahren, das international seit über fünfzehn Jahren erfolgreich eingesetzt wird. Die molekulare Bildgebung mittels PET bedient sich spezifischer, mit Positronenstrahlern markierter Moleküle zur Erzielung des Bildkontrastes. Sie ermöglicht die Darstellung und Quantifizierung des Stoffwechsels von Zellen und unterscheidet sich damit von anderen diagnostischen Verfahren, die im Wesentlichen auf Gewebseigenschaften wie Reflexion, Streuung, Absorption, Relaxationszeiten oder Durchblutung basieren. Ihr derzeitiges Haupteinsatzgebiet ist die Tumordiagnostik. Durch die Verabreichung eines mit radioaktivem Fluor markierten Zuckermoleküls (F18-Fluordesoxyglucose) kann der erhöhte Glucoseverbrauch von Tumorzellen bildlich dargestellt werden. Die verstärkte Aufnahme des Radiopharmakons im stoffwechselaktiven Tumor ermöglicht die Abgrenzung von gesundem Gewebe. Durch die Kombination des PET-Scanners mit einem 16Zeilen-Computertomograph lassen sich die Bereiche mit J OU R NAL erhöhtem Glukosemetabolismus anatomischen Strukturen genau zuordnen. Die moderne Gerätegeneration bietet die Vorteile einer kürzeren Untersuchungszeit für das PET und die sofort nach der Untersuchung verfügbare Fusion der PET- und CT-Bilder. PET/CT-Untersuchungen mit 18F-FDG sind z.B. zur Dignitätsbeurteilung von Raumforderungen, zur Stadiendiagnostik, Therapiekontrolle, Verlaufsbeurteilung und Nachsorge verschiedener Tumorentitäten geeignet. Beispielhaft seien hier die Tumorsuche bei unbekanntem Primum im Kopf-Hals-Bereich, die Beurteilung der Dignität unklarer Lungenrundherde, die Stadiendiagnostik bei Lungentumoren und malignen Lymphomen, die metabolische Therapiekontrolle bei Lymphomen und die Nachsorge und Rezidivdiagnostik bei Melanomen und kolorektalen Karzinomen genannt. Die Festlegung des Zielvolumens zur Planung einer Strahlentherapie kann durch Einbeziehung des PET/CT nach metabolischen Gesichtspunkten erfolgen. Auch bei benignen Erkrankungen, wie zur Entzündungsdiagnostik, Focussuche bei Fieber unbekannter Ursache sowie zur kardialen Vitalitätsdiagnostik und Beantwortung neurologischer Fragestellungen kann die PET/CT eingesetzt Korrespondenzadresse: Dr. med. Elke Conrad Klinik für Nuklearmedizin HELIOS Klinikum Erfurt GmbH Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-781 2440 e-Mail: [email protected] 0 2 /2 01 0 ■ Se i te 3 ■ ■ Neue Diagnose- und Therapieverfahren bei neuroendokrinen Tumoren Patricia Grabowski Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Endokrinologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH Merten Hommann Klinik für Allgemeine Chirurgie/Viszeralchirurgie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH Alexander Petrovitch Institut für interventionelle Radiologie/Neuroradiologie, Zentrum für diagnostische und interventionelle Radiologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH Richard P. Baum Klinik für Nuklearmedizin/PET-Zentrum, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH Dieter Hörsch Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Endokrinologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka, Zentralklinik Bad Berka GmbH Einleitung: Epidemiologie, Einteilung, molekulare Grundlagen und Prognose Neuroendokrine Tumore entstammen den endokrinen Zellen des diffusen neuroendokrinen Systems und gelten als selten, da ihre Inzidenz bei 2-3 Neuerkrankungen/100.000 Einwohner liegt. Damit ist die Inzidenz von neuroendokrinen Tumoren allerdings häufiger als z. B. die der chronisch myeloischen Leukämie oder der Keimzelltumoren. Durch die oft langjährige Überlebenszeit der Patienten mit neuroendokrinen Tumoren summiert sich die geringe Inzidenz zu einer beträchtlichen Prävalenz der Erkrankung, die bei ungefähr 35/100.000 Einwohner liegt. Dabei gilt, dass 40 % aller Patienten durch chirurgische oder endoskopische Resektionsverfahren geheilt werden können. Am häufigsten sind die neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms, gefolgt von den neuroendokrinen Tumoren der Lunge. Beachtlich ist, dass die Inzidenz der neuroendokrinen Tumoren in den letzten Jahren stark angestiegen ist, was letztlich auf verbesserte Diagnoseverfahren zurückzuführen ist [Modlin et al. 2008]. Seit der Erstbeschreibung durch Oberhofer 1907 als „Karzinom-ähnliche Tumore“, sogenannte „Karzinoide“, haben mehrere Klassifikationen versucht, der Heterogenität dieser Tumore mit ihrem sehr unterschiedlichen biologischen Verhalten gerecht zu werden. Letztlich hat sich die WHO-Klassifikation von 2000/2004 durchgesetzt, die eine grundsätzliche Grobeinteilung der Tumore und Karzinome in drei Gruppen vornimmt [Solcia et al. 2000] (siehe Tabelle 1). ■ S eite 4 ■ JOU R NAL Tabelle 1 WHO-Klassifikation der neuroendokrinen Tumoren des Verdauungstraktes 1 2 Hoch differenzierter neuroendokriner Tumor Hoch differenziertes neuroendokrines Karzinom 3 Niedrig differenziertes neuroendokrines Karzinom Entsprechend dieser Klassifikation werden neuroendokrine Tumore in gut differenzierte endokrine Tumore (früher als „Karzinoide“ bezeichnet), gut differenzierte endokrine Karzinome („maligne Karzinoide“) und schlecht differenzierte endokrine Karzinome („undifferenzierte, kleinoder großzellige Karzinome“) eingeteilt. Die zur Einordnung entscheidenden Kriterien sind laut WHO-Klassifikation neben Tumorgröße, Morphologie der Tumorzellen, Angioinvasion, Anzahl der Mitosen und Erfassung des Proliferationsindexes (ki-67-Expression) auch die Lokalisation der Primärtumors, wie sie bereits 1963 von Williams und Sandler [Williams & Sandler 1963] vorgeschlagen wurde: „foregut“ Tumore finden sich im Bereich der embryonalen Vorderdarmanlage (Thymus, Lunge, Bronchien, Speiseröhre, Magen, Bauchspeicheldrüse, Zwölffingerdarm, oberes Jejunum); „midgut“ Tumore (Mitteldarm) betreffen den restlichen Dünndarm und Dickdarm bis zum mittleren Kolon transversum und „hindgut“ Tumore (Hinterdarm) sind im restlichen Kolon und Rektum lokalisiert. Diese Einteilung nur nach embryogenetischen Gesichtspunkten wird der biologischen Vielfalt der Tumoren aber nicht gerecht. 2006 wurde von der European Neuroendocrine Tumor Society (ENETS) ein Vorschlag für eine „tumor-node-metastasis“-(TNM)-Klassifikation und ein Gradeinteilung („grading“) zunächst für die Vorderdarm-Tumore entwickelt [Rindi et al. 2006]. Diese Einteilung orientiert sich zum einen an dem TNM-System solider Tumore der Organe des Vorderdarms und zum anderen an der WHO-Klassifikation, bzgl. des „grading“. Ein TNM-System für Tumore des Mitteldarms und Hinterdarms wurde 2007 entsprechend veröffentlicht [Rindi et al. 2007]. Mit dieser Klassifikation wird eine Stadieneinteilung der neuroendokrinen Tumore möglich [Rindi et al 2007]. In retrospektiven Analysen konnte diese Klassifikation bereits für einzelne Tumorsubgruppen validiert werden [Pape et al. 2008], es fehlen zur Zeit aber noch prospektive Studien. Seit dem 1.1.2010 ist diese TNM-Klassifikation in der 7. Auflage bindend [Sobin et al. 2009]. Erstmals wird nun auch ein einheitliches „grading“ vorgeschlagen, so dass der ki-67-Bestimmung als Maß des Proliferationsindexes weiterhin eine entscheidende Bedeutung zukommt (Tabelle 2). Eine Synopse des TNM-System kann über http://www.ipsen-pharma.de/pages/Fachkreise/Acromegalie/Arzt/php (mit doccheck-Passwort) angesehen werden. Zwischen der nun gültigen TNM-Klassifikation, wie sie im Rahmen der AJCC/UICC-TNM-Klassifikation von 2009 erschien, und derjenigen, die ursprünglich von der ENETSGesellschaft vorgeschlagen wurde, gibt es einige kleine Unterschiede, die sich zum Beispiel in der T-Kategorie des pankreatischen neuroendokrinen Tumors niederschlagen. Legt man die AJCC/UICC-Klassifikation zugrunde, so erfordert eine T3-Klassifikation die peripankreatische Weichteilgewebeinvasion, bei der ENET-TNM-Klassifikation wird 02 1 /2 01 00 5 für die selbe T-Kategorie eine Tumorgröße von 4 cm gefordert oder eine Invasion des Duodenums oder der Gallenwege (siehe Tabelle 3). Tabelle 2 Grading für neuroendokrine Tumoren des Verdauungstraktes Grad Mitrosen (10 HPF)a Ki-67 Index (%)b G1 <2 ≤2 G2 2 – 20 3 – 20 G3 > 20 >20 2 a 10 HPF: high power field = 2cm , mind. 40 Felder (40 x Vergrößerung, Gebiete mit höchster mitotischer Dichte) b MIB1 Antikörper; in % von 2000 Tumorzellen in Gegenden mit höchster nukleärer Färbung Tabelle 3 Klassifikation von Pankreas-NETs: Unterschiede in der ENETS- zur AJCC/UICC-Klassifikation ENETS TNM AJCC/UICC TNM T1 auf das Pankreas beschränkt; < 2 cm auf das Pankreas beschränkt; < 2 cm T2 auf das Pankreas beschränkt; 2 – 4 cm auf das Pankreas beschränkt; > 2 cm T3 auf das Pankreas beschränkt; > 4 cm oder Invasion des Duodenums oder des Gallenganges peripankreatische Aussaat, ohne größere Gefäßinvasion (Truncus coeliacus; A. mes. sup.) T4 Invasion der anliegenden Größere Gefäßinvasion Organe oder größerer Gefäße In einer bisher noch unveröffentlichten Studie, die anlässlich des letzten „ENETS Advisory Council“ im November 2009 präsentiert worden ist, unterscheiden sich die NET des Pankreas aber in ihrer Prognose genau dann, wenn die ENETS-TNM-Klassifikation zugrunde gelegt wird, nicht die AJCC/UICC-TNM-Klassfikation [Klöppel et al. 2010]. Ein weiterer Streitpunkt stellt die T-Klassifikation des NET des Appendix dar (siehe Tabelle 4). Tabelle 4 Klassifikation von Appendix-NETs: Unterschiede in der ENETS- zur AJCC/UICC-Klassifikatioin ENETS TNM AJCC/UICC TNM T1 ≤ 1 cm; Invasion der M. Propria T1a: ≤ 1 cm T1b: > 1 – 2 cm T2 ≤ 2 cm und < 3 mm Invasion der Subserosa/Mesoappendix > 2 – 4 cm oder Invasion des Coecums T3 > 2 cm oder > 3 mm Invasion der Subserosa/Mesoappendix > 4 cm oder Invasion des Ileum T4 Invasion des Peritoneums/ anderer Organe Invasion des Peritoneums/ anderer Organe Welche dieser Klassifikationen sich letztlich durchsetzen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. J OU R NAL Die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen dieser besonderen Tumorentität sind Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung, da diese sich offensichtlich von den pathogenetischen Mechanismen anderer Tumore unterscheiden. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass eine Reihe von Genen an der Molekularpathogenese von GEP-NETs beteiligt sind. Die Deletion des Menin-Gens bei vererbbaren Formen der multiplen endokrinen Neoplasie wird noch zu erwähnen sein, ist aber auch bei den viel häufigeren sporadischen neuroendokrinen Tumoren von Bedeutung, z. B. durch Verlust der Heterozygotie oder durch eine somatische Deletion [D’Adda et al. 2002]. Der Verlust des 11qAllels ist z. T. auch bei Tumoren gefunden worden, die nicht dem Vorderdarm entstammen [Leotlela et al. 2003]. Bei neuroendokrinen Tumoren der Lunge treten andere Allelverluste (insbesondere 3p, 5q, 9p, 10q und 13q) auf [Koutsami et al. 2002, Lantuejoul et al. 2009] als bei den restlichen GEP-NETs (Verlust insbesondere von 18q, 16q und 4p) [Kytola et al. 2001]. Dieser Befund unterstreicht die vermutete unterschiedliche Molekularpathogenese dieser beiden Subgruppen von neuroendokrinen Tumoren. Zusätzlich lässt sich innerhalb der Gruppe der neuroendokrinen Tumoren der Lunge aus den gefundenen molekularen Veränderungen bei „typischen“ Karzinoiden, „atypischen Karzinoiden“, großzelligen Karzinomen mit neuroendokriner Differenzierung und kleinzelligen Lungenkarzinomen recht gut ableiten, dass hier ebenfalls unterschiedliche pathogenetische Veränderungen vorliegen [Koutsami et al. 2002]. Welche Gene von den beobachteten Allelverlusten betroffen sind, ist bei weitem nicht geklärt. In einer Studie von Löllgen [Löllgen et al. 2001] zeigte sich zum Beispiel, dass das Smad4/DPC4-Gen auf Chromosom 18q21, das eine Rolle bei anderen Tumorentitäten spielt, bei neuroendokrinen Tumoren des „midgut“ nicht mutiert war. Andere, bei anderen Tumorarten bekannt veränderte Gene wie z. B. der k-ras-Signalweg, der bei über 90 % der pankreatischen, nicht-endokrinen Karzinome eine Rolle spielt, ist bei GEP-NETs nur von untergeordneter Bedeutung: k-ras-Mutationen werden nur sporadisch gefunden [Ebert et al. 1998], auch bei undifferenzierten neuroendokrinen Karzinomen [Dacic et al. 2002], während sie bei den kolorektalen Adenokarzinomen in bis zu 60 % nachweisbar sind. Dies gilt auch für andere Onkogene, wie z.B. c-myc, n-myc, n-ras, fos, c-jun, src, c-erbB2 oder HER2/NEU, die im Gegensatz zu ihrer Bedeutung bei der Karzinogenese nicht-neuroendokriner Tumore für die Molekularpathogenese von GEP-NETs vermutlich von geringerer Bedeutung sind (Übersicht bei Calender [Calender 2000]). Auch das p53-Gen, das in den meisten menschlichen Tumoren mutiert ist, spielt für die Karzinogenese von pulmonalen NETs wie von GEP-NETs keine Rolle [Lohmann et al. 1993; Vortmeyer et al. 1997, Grabowski et al. 2008]. Eine Zusammenschau der bekannten molekularen Veränderungen während der Karzinogenese von GEP-NET bietet Abb.1. Eine ähnliche Karzinogenese-Sequenz lässt sich auch für die Pathogenese von bronchialen neuroendokrinen Tumoren und Karzinomen herleiten, allerdings mit anderen Allelverlusten und Allelgewinnen [Lantuejoul et al. 2009]. Grundsätzlich geht man davon aus, dass Tumorwachstum eine Dysbalance aus unkontrollierter Zellproliferation und 0 2 /2 01 0 ■ Se i te 5 ■ einem defekten Zelltod-Programm ist [Evan & Vousden 2001]. Offensichtlich spielen -wie bei anderen Tumorentitäten auch- für das weitere Tumorwachstum neuroendokriner Tumoren Proliferationsfaktoren eine Rolle, wie am Beispiel des IGF-1-Rezeptors nachgewiesen [Wichert et al. 2000], die von den neuroendokrinen Tumorzellen autokrin und parakrin sezerniert werden. Abb. 1 Molekulare Veränderungen während der Karzinogenese von GEP-NETs Zusätzlich zu den Wachstumsfaktoren exprimieren neuroendokrine Tumore eine Vielzahl von Peptidhormonen. Diese Fähigkeit unterscheidet sie maßgeblich von anderen Tumorentitäten und trägt zu den teilweise bizarren Syndromen bei, die die sogenannten „funktionellen Tumore“ auszeichnen. Zu den ca. 30 verschiedenen Peptiden und Aminen, die von neuroendokrinen Tumorzellen sezerniert werden, gehören Kinine, Substanz P, Somatostatin, Glukagon, Sekretin, Gastrin, Bombesin, Cholecystokinin (CCK) und vasoaktives intestinales Peptid (VIP) [Übersicht bei Reubi 2003]. Man nimmt an, dass sie autokrin und parakrin das Sekretions- und Wachstumsverhalten von GEPNETs modulieren. Regulatorische Peptide entfalten ihre Wirkung über spezifische membrangebundene Rezeptoren, die fast ausnahmslos zur Gruppe der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren gehören. Diese können, zumeist nach Aktivierung durch Heterodimerisierung intrazelluläre Effektorsysteme beeinflussen. In diesem Zusammenhang scheint der MAP-Kinase-pathway, der bei der Zellproliferation und Apoptose eine Rolle spielt, wichtig zu sein. Die Tatsache, dass viele neuroendokrine Tumoren sowohl das jeweilige regulatorische Peptid als auch dessen Rezeptor in großen Mengen exprimieren, eröffnet neue Ansätze sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie. Es wird angenommen, dass Neuropeptide das GEPNET Tumorwachstum über einen autokrinen feedbackMechanismus steuern [Moody et al. 2003]. Eingehend beschrieben wurden derartige Regulationsschleifen bereits bei kleinzelligen Bronchialkarzinomen (GRP/GRP-Rezeptor) [Cuttitta et al. 1985], Phäochromozytomen (Somatostatin/Somatostatinrezeptor) [Reubi et al. 2000], Ewing-Sarkomen (Neurotensin/-Neurotensin-Rezeptor) [Reubi et al. 1999] und Neuroblastomen (VIP/VIP-Rezeptor) [O’Dorisio et al. 1992]. Somatostatin wurde im Jahre 1973 erstmals beschrieben [Brazeau 1973]. Seitdem hat das Wissen um seine Bedeu- ■ S eite 6 ■ JOU R NAL tung für die Neurotransmission, als ein Inhibitor von endo- und exokrinen Sekretionsprozessen, und seine vasokonstriktorischen und immunmodulatorischen Eigenschaften deutlich zugenommen. Die verschiedenen biologischen Effekte von Somatostatin werden durch eine Familie von G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, die Somatostatin-Rezeptoren (SSTR), vermittelt. Gegenwärtig sind fünf verschiedene SSTR-Subtypen des Menschen kloniert und charakterisiert (SSTR1–SSTR5). Obwohl die verschiedenen SSTR-Subtypen zu 40-60 % strukturell homolog sind, vermittelt jeder von ihnen verschiedene biologische Effekte von Somatostatin. Beispielsweise regulieren SSTR2 und SSTR5 die Freisetzung von Wachstumshormonen, und SSTR5 scheint wichtig zu sein für die Steuerung der Insulin- und möglicherweise auch der Glukagonfreisetzung. Weiterhin sind SSTR-aktivierte Signalwege auch an der Hemmung von Proliferation und der Induktion von Apoptose beteiligt: SSTR3 und auch SSTR2 können Apoptose induzieren und SSTR1, SSTR4 und SSTR5 inhibieren den Zellzyklus. Je nach Zelltyp sind die fünf SSTR an eine Vielzahl von Signaltransduktionswegen gekoppelt, wie z.B. Adenylat- und Guanylatzyklase, Phospholipase A2 und C, K+- und Ca2+-Kanäle, Na+-H+-Austauscher, Src, ERK1/2, p38-MAPKinase und Tyrosinphosphatasen [Patel 1999]. Eine Übersicht über die verschiedenen Wirkmechanismen von Somatostatin bietet Abb. 2. Abb. 2 Übersicht über die Wirkungsweise von Somatostatin Die Abgrenzung zwischen schlecht differenzierten, hochmalignen neuroendokrinen Karzinomen (definiert als WHO Klasse III), schlecht differenzierten kolorektalen Adenokarzinomen (ohne neuroendokrine Differenzierung) und „normalen“ kolorektalen Adenokarzinomen, die in 20-40 % der Fälle eine neuroendokrine Differenzierung aufweisen können, ist schwierig und bisher die Domäne der immunhistochemischen Pathologie. Etablierte neuroendokrine Marker sind Synaptophysin und Chromogranin. Diese scheinen im Zuge der malignen Transformation unterschiedlich lange erhalten zu bleiben. Chromogranin A scheint hierbei der am wenigsten verlässliche Marker zu 02 1 /2 01 00 5 sein [Grabowski et al. 2002]. Dies mag unter anderem damit zu erklären sein, dass während des Fortschreitens des Tumors die Dichte der neurosekretorischen Vesikel abnimmt, die Chromogranin sezernieren [Frazier et al. 2007]. In der Arbeit von Grabowski et al. konnte – an kleinen Fallzahlen – ein Trend zur schlechteren Prognose von Patienten mit schlecht differenzierten kolorektalen neuroendokrinen Karzinomen im Vergleich zu den schlecht differenzierten Adenokarzinomen des Kolorektums ohne neuroendokrine Marker-Expression gezeigt werden. In einer weiteren Arbeit an einer größeren Patientengruppe von 38 neuroendokrinen Tumoren/Karzinomen, 34 schlecht differenzierten kolorektalen neuroendokrinen Karzinomen und 150 sporadischen kolorektalen Karzinomen [Arnold et al. 2008] konnte Arnold zeigen, dass diese Tumorentitäten trotz einiger moleklarer Ähnlichkeiten wie dem CpG island Methylator- Phänotyp (CIMP), der regelhaft bei sporadischen kolorektalen Karzinomen, aber auch bei einer Reihe neuroendokriner Tumore zu finden ist, auch deutliche molekulare Unterschiede aufweisen, wie z.B. die p16-Promoter-Methylierung. Diese war in der genannten Studie sogar mit einer schlechteren Prognose korreliert. Derzeit ist aber unklar, welche Rolle diese Onkogene in der Karzinogenese bzw. Tumorprogression spielen. Der insbesondere bei kolorektalen Karzinomen gut untersuchte Wnt/β-catenin-Signalweg ist möglicherweise bei GEP-NETs von Bedeutung. Fujimori [Fujimori et al. 2001] konnte an einem Kollektiv von 72 GEP-NETs eine Akkumulation des β-catenin-Proteins in 79 %, Mutationen im β-catenin-Gen in 37,5 % sowie eine Mutation im APCGen (1,4 %) nachweisen. Weiterhin wird der Hochregulation von Apoptose-Genen wie bcl-2 oder der Deregulation von Adhäsionsmolekülen wie CD44 eine Bedeutung als prognostischer Marker bei pankreatischen und bronchialen neuroendokrinen Tumoren zugeschrieben [Granberg et al. 2000]. Möglicherweise sind diese Adhäsionsmoleküle, wie auch NCAM (neural cell adhesion molecules) [Möller et al. 1992) oder E-cadherin [Dahl et al. 1996], eher in einem späteren Stadium der Metastasierung von Bedeutung. Für die initiale Transformation und Proliferation neuroendokriner Tumorzellen scheinen andere Faktoren eine Rolle zu spielen. In diesem Zusammenhang sind die Zykline und zyklinabhängigen Kinasen, die verschiedene Phasen des Zellzyklus regulieren, und die Rolle ihrer Inhibitoren, wie zum Beispiel p15, p16, p27 und p21 als Tumorsuppressorgene kürzlich auch in GEP-NETs untersucht worden. So beobachtete Canavese [Canavese et al. 2001] eine hohe Expression von p27 und eine niedrige p21-Expression bei gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren. p27 ist möglicherweise ein wichtiger Inhibitor der Zellproliferation von GEP-NETs; dementsprechend fand sich bei undifferenzierten neuroendokrinen Karzinomen nur eine sehr niedrige p27-Expression [Grabowski et al. 2008]. In der zuletzt genannten Studie konnte p27 bei WHO Klasse II-Tumoren sicher zwischen Patienten mit guter Prognose (p27 positiv) und schlechter Prognose (p27 negativ) unterscheiden. Da es sich aber um retrospektiv gewonnene Daten handelt, sind noch weitere prospektive Studien zur Evaluation notwendig. Ein weiteres für die Anti-Apoptose und Zellproliferation wichtiges Protein ist das Survivin-Protein, ein Mitglied der Inhibitor-of-apoptosis-Familie, das 1997 von Ambrosini erstbeschrieben wurde. Dieses wird in fetalem und rege- J OU R NAL nerierenden Geweben hochreguliert, ist allerdings in ausgereiften Geweben und Organen supprimiert. Während der Karzinogenese scheint es zu einer Re-Expression zu kommen, die auch in GEP-NETs nachvollzogen werden konnte. In einer Studie von 89 Patienten mit neuroendokrinen Tumoren aller drei WHO-Gruppen konnte ein Überlegenheit des Survivin-Proteins in seiner prognostischen Aussagefähigkeit bei WHO Klasse II-Tumoren gegenüber dem etablierten Marker ki67 dargestellt werden [Grabowski et al. 2005]. Auch hier sind weitere Studien notwendig, um die Wertigkeit dieses potentiellen neuen Biomarkers einzuordnen. Aufgrund von multiplen Untersuchungen zu diesem Thema kann man inzwischen allerdings zusammenfassend mit einiger Sicherheit sagen, dass die gut differenzierten neuroendokrinen Tumore und Karzinome (WHO Klasse I und II) völlig – auch molekulargenetisch – abzugrenzen sind von den Karzinomen der WHO Klasse III, wie es auch schon Vortmeyer [Vortmeyer et al. 1997] postuliert hatte. GEP-NETs treten in der Mehrzahl der Fälle (>90 %) sporadisch auf. Bei Vorderdarmtumoren, v.a. des Zwölffingerdarms und der Bauchspeicheldrüse, kommt allerdings in 4 bis 25 % der Fälle eine familiäre Häufung im Rahmen der multiplen endokrinen Neoplasie Typ I (MEN1) vor. Neben den gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumoren treten bei der familiären autosomal dominanten MEN1 Tumore/Adenome der Adenohypophyse, der Nebenschilddrüsen und der Nebennierenrinde auf. Molekulargenetische Grundlage dieser autosomal dominanten Erbkrankheit ist eine Keimbahnmutation des Menin-Gens auf dem Chromosom 11q13 [Scherübl et al. 2004a und 2004b]. Bei Patienten mit multiplen endokrinen Neoplasie-Syndromen konnte für die neuroendokrinen Tumore eine Adenom-Karzinom-Sequenz dargestellt werden. Diese Erkenntnisse haben vor allem für die Überwachung von Patienten mit genetischen Syndromen Bedeutung [Anlauf et al. 2007]. Die Mehrzahl der neuroendokrine Tumore entsteht jedoch sporadisch und wird dann meist in einem vorgerückten Tumorstadium erkannt. Obwohl die neuroendokrinen Tumore aus endokrinen Zellen entstehen, sind die meisten der neuroendokrine Tumore nicht endokrin aktiv, so besteht das typische Karzinoidsyndrom bei den neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms nur bei 18 % der Patienten. Der immunhistochemische Nachweis von Peptidhormonen oder Botenstoffen in den neuroendokrinen Tumoren ist nicht gleichbedeutend mit einer endokrinen Aktivität der neuroendokrinen Tumore. Die so genannten funktionellen Tumoren sind durch den Nachweis von erhöhten Hormonen und Botenstoffen im Blut gekennzeichnet und führen zu typischen klinischen Syndromen, dabei sind das Karzinoidsyndrom und das Zollinger-Ellison-Syndrom am häufigsten. Hier spielt auch wieder die Primärlokalisation eine Rolle: Während Hinter- und Vorderdarmtumore nur sehr selten ein Karzinoidsyndrom aufweisen, ist das Karzinoidsyndrom mit Flush, anfallsartigen Diarrhöen und Gewichtsverlust für Mitteldarmtumore pathognomonisch. Dieses ist praktisch immer mit dem Vorhandensein von Lebermetastasen vergesellschaftet (Umgehung der hepatischen Metabolisierung der Sekretionsprodukte). Hinterdarmtumore sind fast durchweg hormoninaktiv/nicht-funktionell. 0 2 /2 01 0 ■ Se i te 7 ■ Eine neu entdeckte Entität ist die Insulinomatose und die Glukagonomatose, die durch diffuse Hyperplasie endokriner Zellen des Pankreas gekennzeichnet ist, ohne das eindeutige Tumoren abgegrenzt werden können [Anlauf et al. 2009, Henopp et al. 2009]. Die Prognose der Patienten mit neuroendokrinen Tumoren ist in erster Linie vom Tumorstadium und dem biologischen Verhalten der Karzinome gekennzeichnet. Die beste Prognose weisen Patienten mit einer regionalen Erkrankung auf, die eine komplette chirurgische oder endoskopische Resektion erlaubt. Dies betrifft vor allem die neuroendokrinen Tumoren der Appendix, des Magens oder des Rektums. Die Mehrzahl der neuroendokrinen Tumoren wird jedoch in einem ausgebreiteten Stadium diagnostiziert [Modlin et al. 2008]. Bei diesen Patienten sind Tumorlast und Wachstumsgeschwindigkeit entscheidend für die Prognose. Diagnose Die Kombination eines Übersichtsverfahrens mit einer genauen Schnittbildgebung ist sinnvoll und wird von allen Leitlinien empfohlen. Die nuklearmedizinischen Übersichtsverfahren basieren auf der Bindung oder Aufnahme von Radiopharmaka durch die neuroendokrinen Tumorzellen. Das älteste Verfahren ist die 123Jod-Methajodbenzylguanidin-Szintigraphie, die jedoch weniger sensitiv ist als der nuklearmedizinische Nachweis von Somatostatinrezeptoren auf den neuroendokrinen Tumoren durch markierte Peptide. Hierzu werden Somatostatinanaloga wie Octreotidacetat oder andere Somatostatinrezeptorantagonisten verwendet, die mit 111Indium (Octreoscan) oder 99m Technetium markiert werden. Der Octreoscan gilt als Goldstandard in der nuklearmedizinischen Diagnostik der NETs. Eine wesentliche Neuerung ist das auf 68Gallium-basierende Somatostatinrezeptor-Positronen-Emissionsverfahren (PET), das eine wesentlich höhere Sensitivität und Spezifität als der Octreoscan aufweist [Modlin et al. 2008; Baum et al. 2009]. Zum Einsatz kommen verschiedene Tracer wie 68Gallium-DOTA-TOC, 68Gallium-DOTA-TATE und 68 Gallium-DOTA-NOC. Mit dem auf 68Gallium basierenden Rezeptor-PETs können die meisten der gut differenzierten neuroendokrinen Tumore (WHO Klasse I-II; G1-G2) sensitiv und spezifisch dargestellt werden [Baum et al. 2008]. Das 18F-DOPA-PET ist eine weitere Entwicklung, die an spezialisierten Zentren angewandt wird, aber nicht so sensitiv ist wie das auf 68Gallium basierende Somatostatinrezeptor-PET. Die schlecht differenzierten NETs (WHO Klasse III), die sich durch eine hohe Proliferationsrate und Glukoseumsatz auszeichnen, können durch das 18F-2-Deoxy2-Fluor-D-Glukose-(FDG)-PET nachgewiesen werden, das bei den gut differenzierten neuroendokrinen Tumoren in der Regel negativ ist. Die Kombination eines PET-Verfahrens mit einer Computertomographie erlaubt die gleichzeitige anatomische Lokalisation von neuroendokrinen Tumoren. Sofern kein PET/CT zur Verfügung steht, sollten nach dem Übersichtsverfahren die befallenen Regionen morphologisch am besten durch Bildfusion dargestellt werden [Baum et al. 2008]. Die Sensitivität der 68Gallium basierenden Somatostatinrezeptor-PET zeigt sich in der hohen Detektionsrate durch dieses Verfahren von bisher unbekannten Primärtumoren [Prasad et al. 2009]. Aktuell wiederentdeckt wird das Verfahren der „Radioguided Surgery“ (RGS, siehe Abb. 3). Hierbei erfolgt die in- ■ S eite 8 ■ JOU R NAL traoperative Tumordetektion anhand der radioaktiv-markierten Gewebe. Hauptsächlich wird dieses Verfahren erfolgreich und standardisiert in der Sentinel-Lymphknoten- Abb. 3 Primärtumorsuche mittels „Radioguided Surgery“ lokalisierung verwendet. In vereinzelten Fallstudien wurden über hohe intraoperative Tumordetektionsraten berichtet [Van Haren & Fitzgerald 2008]. Zum Einsatz kamen hierbei am häufigsten 111In-Pentetreoide und 99mTc-Octreotide [Hodolic et al. 2009, Hodolic et al. 2010]. 68Gallium stellt ein weiteres interessantes Nuklid dar, welches innerhalb der RGS Verwendung finden könnte, bindet es doch hoch tumorspezifisch. Lediglich die Halbwertszeit von 68 Minuten stellt für die prä- und perioperative Logistik eine Herausforderung dar. Die RGS sollte ergänzend zu einem SMS-R-PET/CT dann zum Einsatz kommen, wenn der Primärtumor bildgebend nicht detektiert werden konnte. Beide Verfahren (SMS-Rezeptor-PET/CT) und die Radioguided Surgery stellen additiv aktuell das beste diagnostische Verfahren dar, um die wirkliche Anzahl an R0-Resektionen bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren zu erhöhen. Die Sensitivität und Spezifität der radiologischen Schnittbilddiagnostik hängt weitgehend von technischen Faktoren wir Gerätetypus und Einsatz von Kontrastmitteln ab. Generell wird die Computertomographie als das grundlegende Verfahren empfohlen und die Kernspintomographie für Problemfälle. In den Leitlinien werden beide Verfahren als gleichwertig betrachtet. Für den radiologischen Nachweis von NETs gelten die gleichen Grundsätze wie für andere Tumoren, so dass die Wahl der Methode von Sensitivität, Spezifität, Verfügbarkeit, Erfahrung und Strahlenbelastung abhängig gemacht werden sollte. Unverzichtbar beim Staging von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren sind die kontrastmittelverstärkte Sonographie und die Endosonographie geworden. Die kontrastmittelverstärkte Sonographie besitzt ein sehr gutes Auflösungsvermögen und ist bei erfahrenen Untersuchern die sensitivste Untersuchungsmethode zur Darstellung von fokalen Leberläsionen. Die Endosonographie kann Organe des Gastrointestinaltraktes exzellent darstellen und ein genaues Staging bei neuroendokrinen Tumoren liefern. Auch ist sie äußerst hilfreich bei der Suche nach einem Primärtumor, z.B. im Pankreas. Die Detekti- 02 1 /2 01 00 5 onsgrenze liegt bei 1-2 mm großen Tumoren, die der Computertomographie, der Kernspintomographie und auch der SMS-Szintigraphie entgehen. Vor allem hat die Endosonographie einen großen Stellenwert für die Verlaufskontrolle bei Patienten mit multipler endokriner Neoplasie (MEN-1-Syndrom). Ein Charakteristikum dieser Tumore ist das multiple Auftreten, insbesondere im Pankreas, und das langsame jährliche Wachstum. Da die aktuellen Empfehlungen zumeist auf nicht-prospektiven Studien beruhen, hat die Gruppe um Herrn Prof. Kann aus Marburg prospektiv 42 Patienten mit genetisch gesicherten MEN-1-Syndrom mit einem umfangreichen Screening-Programm in den Jahren von 1981 bis 2004 untersucht [Bartsch et al. 2005]. Hier zeigte sich, dass die meisten der Läsionen endosonographisch bereits beim initialen Screening zu detektieren waren. 26 von 36 MEN-1Patienten mit nachgewiesenen pankreatischen neuroendokrinen Tumoren wurden operiert, die verbleibenden 10 Patienten mit kleinen, asymptomatischen Tumoren engmaschig kontrolliert. Hier erwiesen sich endosonographische Screening-Intervalle in jährlichem Abstand in der Regel als ausreichend, wobei einzelne Tumore ein aggressiveres Verhalten zeigten [Waldmann et al. 2008], so dass die aktuelle Empfehlung dahin geht, initial viertel- bis halbjährlich zu kontrollieren, und bei Größenkonstanz der Tumore auf jährliche Abstände auszudehnen [Kann, persönliche Kommunikation]. Eine Tumorgröße von <15 mm kann beobachtet werden und erst eine Änderung im Tumordiameter von 20 % gilt als relevant [Kann et al. 2006]. Für das biochemische Screening von MEN-1-Patienten ist der Nachweis von Calcium, Gastrin und Prolactin ausreichend. Nicht zu vergessen sind die anderen möglichen Manifestationen bei MEN-1-Patienten, insbesondere die Tumoren der Nebenniere, die sich in den bildgebenden Verfahren ebenfalls gerne der Detektion entziehen. Auch hier ist die Endosonographie in den geübten Händen der Goldstandard und die Nebennieren sollten regelmäßig mit untersucht werden. Therapie Vor Therapieentscheidungen müssen die Ausbreitung der neuroendokrinen Tumore und ihr biologisches Verhalten bestimmt werden. Lokalisierte neuroendokrine Tumore können durch chirurgische oder endoskopische Resektionen komplett entfernt werden. Für die Risikoeinschätzung der Invasivität und Metastasierungshäufigkeit liegen für die neuroendokrinen Tumore der Appendix, des Magens und des Rektums Daten vor. Auch bei lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien sollte geprüft werden, ob der Primärtumor und ggf. auch Metastasen reseziert werden können. Hinsichtlich der Lebermetastasenchirurgie sind primär nur 20 % der Patienten initial operabel. Jedoch kann man heute mit den Techniken der interventionellen Radiologie (Pfortaderembolisierung, Radiofrequenzthermoablation) diesen Prozentsatz entschieden erhöhen, um mehr Patienten einer kurativen Resektion zuzuführen. Die Entfernung des Primärtumors verbessert die Prognose der Patienten mit neuroendokrinen Tumoren im Vergleich zu den Patienten, die für eine Operation vorgeschlagen wurden, diese aber nicht durchgeführt wurde [Hill et al. 2009]. Bei den metastasierten neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms J OU R NAL dient die Resektion des oft kleinen Primärtumors der Prophylaxe einer desmoplastischen Reaktion, von Resorptionsstörungen und des Subileus, da gerade diese sekundären Komplikationen zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen können. Die chirurgischen Resektionsmöglichkeiten einschließlich lokal ablativer Verfahren wie z.B. der RFTA sollten immer wieder im Verlauf der Erkrankung geprüft werden. Dies gilt allerdings nur für die gut differenzierten neuroendokrinen Tumore oder neuroendokrinen Karzinome. Bei den schnell wachsenden schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinomen ist eine frühzeitige systemische (Chemo-)Therapie vorrangig. Ein Teil der neuroendokrinen Tumore weist funktionelle Syndrome auf, die durch ungeregelte Sekretion von Botenstoffen und Hormonen hervorgerufen werden. Am häufigsten ist das Karzinoidsyndrom, das durch Flush, Diarrhoe und eine rechtsventrikuläre Herzerkrankung (Hedinger Syndrom) gekennzeichnet ist. Funktionelle Syndrome sprechen gut auf eine Therapie mit Somatostatinanaloga an, die antisekretorische Eigenschaften besitzen. Die derzeit zugelassenen Somatostatinanaloga Octreotid (Sandostatin®) und Lanreotid (Somatuline®) binden vor allem an den Somatostatinrezeptor 2. Eine Weiterentwicklung ist das SOM230 (Pasireotide®), das auf 4 der 5 Somatostatinrezeptoren (außer Typ 4) bindet und möglicherweise verbesserte antisekretorische Eigenschaften besitzt. Eine Kombination mit Interferon alpha kann in Einzelfällen zu einer zusätzlichen Wirkung der Somatostatinanaloga führen. Eine Neuentwicklung ist ein Wirkstoff mit dem Namen BIM23A760 der Firma Ipsen Pharma. Diese Substanz bindet sowohl an den Somatostatinrezeptor 2, als auch an den Dopaminrezeptor 2, die beide von den gastroenteropankreatischen neuroendokrinen Tumoren exprimiert werden, zum Teil sogar in hohem Ausmaß. In experimentellen Untersuchungen an bronchialen und gastrointestinalen NET-Zellinien konnte gezeigt werden, dass die Blokkade des D2-Rezeptors nicht nur die funktionelle Aktivität dieser Tumore hemmt, sondern auch deren Wachstum. Derzeit läuft ein Genehmigungsverfahren für eine Phase II-Studie, an der Patienten mit funktionellen NET-Tumoren (mit „Karzinoid-Syndrom“) teilnehmen können. Endpunkte werden die Wirksamkeit der Symptomkontrolle, die Sicherheit sowie das pharmakokinetische und pharmakodynamische Profil der Substanz sein. Schwere funktionelle Syndrome, die durch eine hohe Tumorlast in der Leber hervorgerufen werden, sprechen gut auf eine Transkatheter-arterielle Chemoembolisation (TACE) an und können auch mit einer Radioligandentherapie kombiniert werden. Diese Kombinationstherapie ist sicher und kann bei dieser schwer erkrankten Patientengruppe zu langdauernden Remissionen führen, wenn auch die Prognose der meisten Patienten schlecht bleibt. Für die nicht-funktionellen Mitteldarmtumore, die typischerweise nicht auf eine „klassische“ Chemotherapie ansprechen, war die Datenlage bisher widersprüchlich, weil die antiproliferative Wirkung von Somatostatin-Analoga nur durch nicht-kontrollierte Studien vermutet wurde. Erst in diesem Jahr konnte mit einer Verdoppelung des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zum Plazebo- 0 2 /2 01 0 ■ Se i te 9 ■ Arm aufgrund der Ergebnisse der prospektiven, randomisierten plazebo-kontrollierten Multizenterstudie „PROMID“ eine antiproliferative Wirkung von SomatostatinAnaloga belegt werden [Rinke et al. 2009]. Hier wurde 30 mg Octreotid-LAR (Sandostatin-LAR®) bei neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms eingesetzt und eine Überlegenheit des progressionsfreien Überlebens von 14,3 Monaten im Octreotid-LAR-Arm gegenüber 6 Monaten im Placebo-Arm gezeigt (Abb. 4). Dieser Effekt war besonders bei einer niedrigen Tumorlast der Leber ausgeprägt. Die Therapie war gut verträglich. Octreotid-LAR (Sandostatin-LAR®) wird daher als primäre Therapieoption bei den metastasierten neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms empfohlen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie war die mediane Progression von 6 Monaten im Placeboarm in einer Patientenpopulation ohne vorher dokumentierten Progress. Letztlich waren alle Patienten progredient [Rinke et al. 2009]. Dies sollte bei einer abwartenden Haltung berücksichtigt werden. Allerdings gibt es auch kritische Anmerkungen zur PROMID-Studie, insbesondere aus chirurgischer Sicht. Evaluiert wurden Patienten mit einer hepatischen Tumorlast von ca. 10 %. Hier ergibt sich die Frage, ob diese Patienten wirklich alle nicht-resektabel waren. Dennoch bleibt als wichtigstes Ergebnis der Studie festzuhalten, dass dabei zum ersten Mal die anti-proliferative Wirkung von Somatostatin-Analoga nachweisbar wurde. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Somatostatinanaloga bei neuroendokrinen Tumoren anderen Ursprungs das Tumorwachstum verlangsamen können. Erfreulicherweise rekrutiert zur Zeit eine weitere prospektive Placebo-kontrollierte Studie international Patienten mit neuroendokrinen Tumoren verschiedenen Ursprungs, bei denen zur Erstlinientherapie das Somatostatinanalogon Lanreotid (Somatuline®) eingesetzt wird. Mit dem Abschluss der Studie wird 2011-12 gerechnet. Abb. 4 Octreotid-LAR verlängert signifikant die Zeit bis zum Progress bei Midgut-NET Die neuroendokrinen Tumore des Dünndarms metastasieren vorzugsweise in die Leber, die nach der Operation des Primärtumors oft die einzige Tumorlokalisation darstellt. Auch hier sollten in erster Linie operative Möglichkeiten geprüft werden, synchron mit der Operation des Primärtumors oder metachron. Auch die Radiofrequenzthermoablation (RFTA) kann bei niedriger Tumorlast eine Remission bewirken [Vogl et al. 2009]. Grundsätzlich ist diese perkutan, laparoskopisch oder offen-chirurgisch möglich. Für den Patienten am wenigsten belastend ist die perku- ■ S eite 1 0 ■ JOU R NAL tane RFTA, wobei anzumerken gilt, dass die perkutane RFTA, verglichen zur offen-chirurgischen RFTA, mit einer höheren Rezidivrate einhergeht. Das rezidivfreie Überleben war innerhalb der offen-chirurgisch behandelten Gruppe in einer Studie signifikant verlängert [Eisele et al. 2009]. Interventionell-radiologische Maßnahmen können ebenfalls die Tumorkontrolle entscheidend verbessern. Durch die Transkatheter-arterielle Chemoembolisation (TACE) mit wirkstoffbeladenen “Beads“ kann eine hohe Rate an Remissionen erreicht werden, allerdings sind diese oft nicht lange anhaltend. Die TACE oder alleinige Embolisation (TAE) wird vor allem bei funktionell aktiven Tumoren und einer hohen Tumorlast empfohlen. Die selektive interne Radiotherapie (SIRT) mit Yttrium-90 beladenen Mikrosphären ist eine Weiterentwicklung und konnte in retrospektiven Studien bei der Mehrzahl der Patienten mit neuroendokrinen Tumoren eine Remission oder eine Stabilisierung bewirken (Kennedy et al. 2008). Auch in einer kleineren prospektiven Studie konnte eine progressionsfreie Zeit von 11,1 Monaten erreicht werden [Kalinowski et al. 2009]. Ob sich diese vielversprechenden Ergebnisse in kontrollierten prospektiven Studien bestätigen, muss abgewartet werden. Zur Zeit wird eine Observationsstudie in Bad Berka durchgeführt (BESTE-THERAPIE-NET; NCT00815620; http://clinicaltrials.gov/), die dreiarmig angelegt ist und chirurgische Tumorresektion/Radiofrequenzablation, TACE/SIRT und peptidrezeptor-vermittelte Radiotherapie vergleicht und ab 2010 für weitere Zentren geöffnet sein wird. Von den gut differenzierten neuroendokrinen Karzinomen gelten nur die neuroendokrinen Tumore des Vorderdarms (Pankreas, Lunge, und abgestuft Magen und Duodenum) als sensitiv für eine Chemotherapie. Für die neuroendokrinen Tumore des Pankreas gilt die Chemotherapie mit Streptozotozin (Zanosar®) mit 5-FU oder Doxorubicin als Standard [Kouvaraki et al. 2004, Eriksson et al. 2009], obwohl Streptozotozin in Deutschland nicht zugelassen ist und über internationale Apotheken besorgt werden muss. Das Ansprechen auf eine Chemotherapie bei diesen Tumoren liegt bei max. 50 Prozent. Die Kombination von Temozolomid (Temodal®) und Capecitabin (Xeloda®) wurde in einer retrospektiven Studie bei 17 Patienten untersucht und zeigte bei guter Verträglichkeit eine Tumorkontrolle bei allen Patienten über 12 Monate [Strosberg et al. 2008]. Leider ist keine anschließende Studie geplant, um die berichteten Ansprechraten zu überprüfen. In einigen Ländern ist diese Kombination durch die Verfügbarkeit von Generika preiswert und hat sich als neuer Standard etabliert. In Deutschland ist in der Regel ein Antrag beim MDK zu stellen. Wünschenswert wäre zumindest eine Registererfassung der mit Temozolomid (Temodal®) und Capecitabin (Xeloda®) behandelten Patienten mit pankreatischen neuroendokrinen Tumoren. Rektumkarzinome sind ebenfalls eingeschränkt empfindlich für eine Chemotherapie, während die häufigen Dünndarm-NETs nur ein Ansprechen von weniger als 20 Prozent zeigen, weshalb eine Chemotherapie für diese Tumorentität nicht empfohlen wird. Neue vielversprechende Wirkstoffe, die als sogenannte „molekulare Therapien“ verschiedene Signal-Übertragungsstoffe zum Ziel haben und bei anderen Tumorarten erfolgreich eingesetzt werden, haben auch Eingang in die 02 1 /2 01 00 5 Therapie gut differenzierter neuroendokriner Tumore gefunden. Der molekulare Wirkstoff Sunitinib (Sutent®) ein MultiRezeptortyrosinkinase-Inhibitor u.a. für VEGF, PDGF und c-kit, wurde bei 171 von 340 geplanten Patienten mit progredienten pankreatischen neuroendokrinen Tumoren in einer Dosierung von 37,5 mg täglich als kontinuierliche Gabe placebo-kontrolliert eingesetzt. Die Mehrheit der Patienten war einfach oder multipel systemisch vortherapiert. Die Studie wurde vorzeitig beendet bei höherer Rate schwerwiegender unerwünschter Ereignisse/Todesfälle im Placeboarm und Überlegenheit der Studiensubstanz im Vergleich zum Placebo. Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben, hier verlängerte Sunitinib die progressionsfreie Zeit mit 11,4 Monaten im Vergleich zu Placebo mit 5,5 Monaten (HR 0,418, p=0,0001) [Niccoli et al. 2010], vgl. Abb. 5. Die objektive Remissionsrate lag bei 9,3 % (versus 0 % im Placeboarm, p=0,0066). Bei dieser Studie war die Progression innerhalb der letzten 12 Monate als Einschlusskriterium gefordert. Interessanterweise war die progressionsfreie Zeit in der Placebogruppe bei pankreatischen neuroendokrinen Tumoren mit 5,5 Monaten ähnlich wie in der PROMID-Studie, bei der kein Progress zum Studieneinschluss gefordert wurde. Die Therapie mit Sunitinib (Sutent®) ist gut verträglich. Es traten nur wenige Grad 3-4 Nebenwirkungen auf: Neutropenie (12 % versus 0 % im Placeboarm), Hypertension (10 % versus 1 %), Hand-Fuß-Syndrom und Leukopenie (je 6 % versus 0 %) [Raymond et al. 2009]. Sunitinib (Sutent®) kann als ein neuer Standard bei der Therapie von pankreatischen neuroendokrinen Tumoren betrachtet werden. Abb. 5 Sunitinib verlängert die Zeit bis zur Progression signifikant Auch RAD001 (Everolimus, Afinitor®) wurde in einer Phase II-Studie bei progredienten, mit einer Chemotherapie vorbehandelten pankreatischen neuroendokrinen Tumoren untersucht. Die zweiarmige Studie verglich Monotherapie mit RAD001 (Everolimus, Afinitor®) mit einer Kombination von RAD001 (Everolimus, Afinitor®) und Octreotid (Sandostatin LAR ®). Dabei war die Kombination der Monotherapie überlegen mit einem progressionsfreien Überleben von 9,7 Monaten gegenüber 16,7 Monaten [Yao et al. 2010]. Inzwischen liegen auch präliminäre Ergebnisse aus der sog. RADIANT-3 Studie vor, in der J OU R NAL RAD001 gegenüber „best supportive care“ (placebo-kontrolliert) bei progredienten pankreatischen NETs (n=410) geprüft wurde. Diese Daten wurden von J. Yao erstmals beim World Congress of GI Cancer im Juli 2010 präsentiert: Das primäre Studienziel wurde erreicht, das progressionsfreie Überleben mehr als verdoppelt (11 Monate im Everolimus-Arm versus 4,6 Monate im Placebo-Arm, p<0,001, HR 0,35 im Verum-Arm). Interessant ist hier eine Gruppe von ca. 40 % der Patienten, in denen RAD001 ohne eine in der Studie erlaubte Vortherapie eingesetzt wurde. Dieses bedeutet unter Umständen einen Stellenwert der Substanz auch in der Erstlinientherapie bei progredienten pankreatischen NET, allerdings müssen hier die vollständigen Studienergebnisse noch abgewartet werden. Ein Überlebensvorteil konnte in dieser Studie aufgrund des Cross-over-Designs der Studie nicht festgestellt werden (75 % der Patienten des Placebo-Arms wurden nach Feststellung eines Krankheitsprogresses auf RAD001 umgestellt). Everolimus wurde in dieser Studie gut toleriert, das Sicherheitsprofil entsprach dem anderer Studien (z.B. beim Nierenzellkarzinom). Bei Patienten mit funktionellen Midgut-Tumoren wird der antiproliferative Effekt von RAD001 placebo-kontrolliert in der sog. RADIANT-2-Studie untersucht. Die Studie ist bereits abgeschlossen, die Ergebnisse werden im Oktober 2010 erwartet. Die RAMSETE-Studie untersucht bei nicht-funktionellen neuroendokrinen Karzinomen aller Lokalisationen (außer Pankreas) den antiproliferativen Stellenwert von Everolimus. Das Rekrutierungsziel mit 60 Patienten wurde im Mai 2010 erreicht [Wiedenmann ASCO 2010]. Eine interessante Kombination ist der Einsatz des mTORInhibitors mit weiteren anti-angiogenetisch wirkenden Substanzen wie z.B. Bevacizumab, einem VEGF-Inhibitor. In einer Studie mit 39 Patienten wurde der Einfluss dieser Kombination gegen die Substanzen allein untersucht. Blutfluss, Blutvolumen und mittlere Transitzeit wurden mit funktionellem CT untersucht. Dabei erwiesen sich diese Parameter richtungsweisend für ein therapeutisches Ansprechen. Partielle Remissionen als Maß für die Tumorwirksamkeit wurde in 26 % der Fälle bei der Kombinationsbehandlung gefunden, es bedarf aber weiterer Untersuchungen. Die Nebenwirkungsrate entsprach dem bekannten Muster und lag (Grad 3/4) mit Neutropenie (15 %), Proteinurie (10 %), Hyperglykämie (10 %), Anämie (8 %), Pneumonitis (5 %) und Infektionen (5 %) im erwarteten Bereich [Yao et al. ASCO 2010]. Eine neue experimentelle Substanz ist LX 1032, ein Inhibitor der Tryptophan-Hydroxylase, der die Serotinin-Synthese unterbricht. Erhöhte Serumspiegel von Serotonin sind für das Karzinoidsyndrom verantwortlich, das mit Durchfällen, Flush und Rechtsherzinsuffizienz (Hedinger Syndrom) einhergeht. Die Substanz wird zur Zeit in einer Phase II-Studie an 3 Studienzentren in den USA untersucht. Ein weiterer interessanter Angriffspunkt bei neuroendokrinen Tumoren ist die Inhibition des IGF-1 Rezeptors. Ca. 30 % aller neuroendokriner Tumore exprimieren diesen Wachstumsfaktor auf ihrer Oberfläche. In einer Dosierung von 10 mg/kg i.v. einmal wöchentlich ist der experimentelle MK-0646-Inhibitor bereits als Monotherapie bei 25 Patienten mit progredienten neuroendokrinen Karzino- 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 11 ■ men unterschiedlicher Lokalisation (pankreatische NET n=10, midgut-NET n=15) eingesetzt worden [Reidy et al. ASCO 2010]. Hier wurde bisher keine Effektivität gemessen bei der Hauptnebenwirkung „Hyperglykämie“. Möglicherweise ist das mangelnde Ansprechen auf eine fehlende Stratifizierung nach positivem Rezeptorbesatz auf den Tumorzellen zu erklären. Weitere Studien wären hier wünschenswert. Die Expression von Somatostatinrezeptoren durch NETs ist auch Grundlage der Peptidrezeptor-vermittelten Radionuklidtherapie (PRRT). Bei diesem Verfahren wird über einen Chelator (=DOTA) ein Betastrahlen emittierendes Therapienuklid an ein Somatostatin-Analogon gebunden (Octreotate=DOTA-TATE oder Tyrosin-Octreotid =DOTATOC). Je nach Tumor/Metastasengröße werden 90Yttrium (Betastrahler mit einer Reichweite von ca. 12 mm im Gewebe, präferentiell für größere Tumore) oder 177Lutetium (Betastrahler mit niedriger Reichweite von ca. 2 mm, häufig für kleinere Tumore) als Therapienuklide eingesetzt. Die klinische Wirksamkeit der Radio-Rezeptortherapie konnte in großen retrospektiven Studien belegt werden [Kwekkeboom et al. 2008]. Die Ansprechrate als Kombination aus CR, PR, MR und SD liegt für 90Yttrium-DOTATOC bei 71 % und für 177Lutetium-DOTA-TATE bei 80 % von insgesamt 310 behandelten Patienten [Kwekkeboom et al. 2009]. Am besten sprechen Gastrinome und nicht funktionelle pankreatische neuroendokrine Tumore an gefolgt von neuroendokrinen Tumoren des Dünndarms, während neuroendokrine Tumore mit unbekanntem Primum schlechter abschneiden. Die Prognose von Patienten, die auf die PRRT ansprechen, ist sehr gut, die mediane Zeit bis zur Progression liegt für 90Yttrium-DOTA-TOC bei 36 Monaten und für 177Lutetium-DOTA-TATE bei 46 Monaten. Wenn allerdings ein primärer Progress unter PRRT auftritt (nur bei weniger als 15 % der Patienten), dann ist dieser mit einer sehr schlechten Prognose verbunden. Hier beträgt das mediane Überleben von Patienten nur 11 Monate [Kwekkeboom et al. 2010]. Eine sequentielle Kombination der 90Yttrium-DOTA-TATE und 177Lutetium-DOTA-TATE Therapie kann das Ansprechen mit einer Ansprechrate von 91 % sogar noch steigern und das mediane Überleben nach Diagnosestellung auf 189 Monate erhöhen [Baum et al. W. J. Nucl. Medicine Abstract October 2009]. Dadurch gewinnt die PRRT im Vergleich mit anderen Therapien und historischen Kollektiven, auch wenn keine vergleichenden Studien vorliegen. Eine Zulassungsstudie für 90Yttrium-DOTA-TOC im Vergleich zu Octreotid (Sandostatin-LAR®) ist jedoch geplant. Vor allem für die neuroendokrinen Tumoren des Dünndarmes scheint sich die PRRT als allgemeiner Therapiestandard zu etablieren, da für diese Tumorentität nur wenige Therapiealternativen zur Verfügung stehen. Interessanterweise steht mit der wirksamen PRRT nun auch ein neoadjuvanter Therapieansatz für ausgewählte Patienten mit neuroendokrinen Tumoren zur Verfügung [Kämmerer et al. 2009]. Limitierend ist die Verfügbarkeit der Therapie an wenigen Zentren in Deutschland. Generell ist die Auswahl der Patienten wichtig für die Wirksamkeit der PRRT. Die Bindung von Somatostatinanaloga kann am besten im PET/CT durch mit 68Gallium markierte Somatostatinanaloga überprüft werden [Baum et ■ S eite 1 2 ■ JOU R NAL al. 2008; Kwekkeboom et al. 2010]. Für die PRRT sind wegen der potentiellen Nephro- und Hämatotoxizität eine ausreichende Nierenfunktion und Knochenmarksreserve notwendig. Durch spezielle Protokolle kann die Nephrotoxizität herabgesetzt werden, und die Behandlung mit 177 Lutetium weist eine niedrige Nebenwirkungsrate auf. Die Behandlung in Zentren mit einer ausreichenden Erfahrung ist für die Beherrschung der Nebenwirkungen entscheidend. Die Standardisierung der PRRT im Rahmen einer Leitlinie wird zur Zeit von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vorangebracht, mit einer Publikation ist im Herbst 2010 zu rechnen. Die Herstellung der für die PRRT notwendigen Radiopharmaka ist zur Zeit durch die Novelle des Arzneimittelgesetzes nicht geregelt. Nach den derzeitigen Interpretationen gilt für die diagnostischen und therapeutischen Substanzen eine Übergangsfrist von 2 Jahren, danach muss die Herstellung der experimentellen Radiopharmakas im Rahmen von Good Medical Practice Richtlinien hergestellt und durch die Landesbehörden genehmigt werden, was in praxi wahrscheinlich zu deutlich unterschiedlichen Anforderungen in den einzelnen Bundesländern führen wird. Die schlecht differenzierten und schnell wachsenden neuroendokrine Karzinome, die nach der jetzt verbindlichen TNM-Klassifikation wie die entsprechenden Adenokarzinome eingeteilt werden und sich biologisch am ehesten wie die kleinzelligen Lungenkarzinome verhalten, sollten mittels einer systemischen Chemotherapie behandelt werden. Als Standard hat sich eine Kombination aus einem Platinpräparat (Cisplatin oder neuerdings vermehrt Carboplatin) mit Etoposid bewährt [Mitry und Rougier 2001, Eriksson et al. 2009]. Diese Tumoren sprechen in der Regel gut auf die initiale Chemotherapie an, rezidivieren aber schnell und häufig. Die Zweitlinientherapie ist nicht standardisiert, hier ist Capecitabine/5-FU, Irinotecan oder, in Anlehnung an die kleinzelligen Lungenkarzinome, eine Kombination aus Antrazyklin, Vincristin und Cyclophosphamid möglich. Allerdings ist die Grenze der G3-Tumoren mit einer Proliferationsrate von mehr als 20 % relativ niedrig angelegt, hier kann alternativ eine PRRT bei guter Speicherung bis zu einer Proliferationsrate von circa 30 % durchgeführt werden, ggf. in Kombination mit einer systemischen Therapie. Insgesamt gibt es für die Therapie der neuroendokrine Tumore erfreuliche Neuentwicklungen, die derzeit vor allem durch von der Pharmaindustrie gesponserte Studien vorangebracht wird. Unter anderem wissen wir durch die placebo-kontrollierten Studien endlich über den natürlichen Verlauf der Erkrankung Bescheid, der ein abwartendes Verhalten nur in ausgewählten Fällen rechtfertigt. Demgegenüber ist ein eklatanter Mangel an investigator initiated Studien zu beklagen, was bedeutet, dass fast alle nicht pharmakologischen Verfahren wie Tumormassenreduktion oder lokal-ablative Therapieverfahren nicht in vergleichenden Studien überprüft werden und dadurch die Einordnung in Therapiealgorithmen erschwert wird. Trotzdem sollte noch einmal betont werden, dass zumindest im Fall der gut differenzierten neuroendokrinen Karzinome, im Gegensatz zu den üblichen „standardisierten“ Vorgehensweisen wie etwa in der onkologischen Therapie häufiger solider Tumore, ein anderes Procedere 02 1 /2 01 00 5 erforderlich ist, da der Krankheitsverlauf sich über Jahre oft mit wenig Einschränkungen in der Belastbarkeit hinziehen kann und häufig multiple verschiedene Therapiemodalitäten abgestuft erforderlich sind, um die Tumorlast zu begrenzen. Dieses Vorgehen erfordert eine hohe Individualisierung der Therapie einerseits und umfangreiche Erfahrung von Seiten der behandelnden Ärzte andererseits (Abstimmung des Procedere im interdisziplinären Tumorkonsil). Andererseits ist der Zeitpunkt, zu dem der Tumor anfängt, schneller zu wachsen oder sich „aggressiver“ zu verhalten, mit den heutigen Methoden nicht vorhersehbar und die molekularen Grundlagen noch unverstanden. Hier wären prognostische und/oder prädiktive Marker von großem Interesse. Literatur beim Verfasser ■ Mammographie-Screening Thüringen Nord/West – eine erste Zwischenbilanz Jörg Buse Mammographie-Screening-Region Thüringen Nord/West Bei Brustkrebs handelt es sich mit einer Erkrankungsrate von über 10 % aller Frauen insgesamt und ca. 57.000 Neuerkrankungsfällen jährlich um eine Krebserkrankung von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Brustkrebs ist bei Frauen die Krebserkrankung mit den meisten Todesfällen, jährlich sterben ca. 18.000 Frauen allein in Deutschland an den Folgen. Die Neuerkrankungsrate des Mammakarzinoms weist zudem eine deutliche Alterssteigerung auf (Abb.1). Korrespondenzadresse: Dr. med. Patricia Grabowski Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Endokrinologie, Zentrum für Neuroendokrine Tumoren Bad Berka Zentralklinik Bad Berka GmbH Robert-Koch-Allee 9 99437 Bad Berka Telefon: 036458-52601 e-mail: [email protected] Abb. 1 Inzidenz des Mammakarzinoms in Deutschland All diese epidemiologischen Faktoren und die Erfahrungen aus bereits seit den 90-iger Jahren in Skandinavien und Holland existierenden Mammographie-ScreeningProgrammen führten zur Einführung des gesetzlichen Deutschen Mammographie-Screening-Programms. Es ist in insgesamt 94 Screening-Einheiten bundesweit organisiert und erreichte im Jahr 2010 Flächendeckung. Als einziges Krebs-Screening-Programm in Deutschland wurde es mit einem geordneten Einladungswesen flankiert. Teilnahmeberechtigt am Programm sind alle GKV- und PKVversicherten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Die finanziellen Mittel speisen sich extrabudgetär zusätzlich zum Hausarzt- oder Facharztbudget. Während anfangs noch einige Screening-Einheiten analoge Mammographie-Technik einsetzten, verdrängt mittlerweile sogar die volldigitale Technik die SpeicherfolienTechnik. Jede dieser Screening-Einheiten besteht aus mehreren festen und oft mobilen Mammographie-Einheiten und mindestens einer Abklärungseinheit (Abb. 2). Neben der Mammographie als Massen-Such-Verfahren werden im Verdachtsfall innerhalb des MammographieScreening-Programms neben der Palpation weitere Techniken wie die Sonographie, Gewebsprobeentnahmen und seltener auch die MR-Mammographie eingesetzt. J OU R NAL 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 13 ■ Abb. 2 Struktur und Organisation des Mammographie-Screenings Abb. 4 Ablauf des Mammographie-Screenings Eine der Grundvoraussetzungen bei der Einführung des Programms war die Notwendigkeit einer Implementierung von Evaluationsmethoden, um den Erfolg des Programms hinsichtlich erwarteter Mortalitätsreduktion und Therapieschonung beweisen zu können. Dies setzt eine strenge software-gestützte Dokumentationspflicht voraus, aus denen mehr als 40 Qualitätsparameter gewonnen werden. Hierdurch lässt sich die diagnostische und organisatorische Leistung jeder einzelnen Screening-Einheit bewerten und ständig verbessern, was bei anderen vorbestehenden „grauen Mammographie-Screenings“ kaum möglich war. Zudem unterliegt das Programm einer Qualitätssicherung streng nach europäischen Leitlinien [1], was unter anderem ein obligatorisches, umfangreiches Fortbildungs-Curriculum für alle am Programm beteiligten Fachgruppen (MTRA und Ärzte) impliziert. Die Qualitätssicherung umfasst die Einladung der anspruchsberechtigten Frau, die Mammographie-Erstellung (Einstellungstechnik der MTRA), die Befundmitteilungen, die Abklärungsdiagnostik und die Evaluation (insb. Erfassung der Tumorstadien) [2]. Wenngleich die Mortalitätsreduktion in retrospektiven Studien grundsätzlich erwartet wird, ist aus epidemiologischer Sicht erst nach Auswertung der Ergebnisse innerhalb eines zehnjährigen Programmablaufs mit validen Daten zu rechnen. Im Gegensatz hierzu konnte aber bereits frühzeitig durch das Mammographie-Screening eine deutliche Verschiebung zu kleineren Tumorstadien und axillärer Lymphknoten-Negativität zum Zeitpunkt der Diagnosestellung dokumentiert werden [3]. Abb. 3 Fortbildungscurriculum im Mammographie-Screening-Programm Abb. 5 Prognoseverbesserung durch Früherkennung In der innerhalb des Mammographie-Screening-Programms vorgeschriebenen fachlichen Vernetzung wird auch von den Beteiligten dieses Teamkonzepts als großer Vorteil wahrgenommen. Die Programmverantwortlichen Ärzte arbeiten mit den die Mammographien befundenden gynäkologischen oder radiologischen Kollegen, mit Pathologen, mit stanzbiopsierenden Krankenhaus-Kollegen und nicht zuletzt in den prä- und postoperativen Fallkonferenzen des Mammographie-Screening-Programms mit den Kollegen der zertifizierten Brustzentren eng zusammen. ■ S eite 1 4 ■ JOU R NAL Dies ermöglicht signifikant häufiger die Durchführung brusterhaltender Eingriffe und den Verzicht auf adjuvante Chemotherapien. In Thüringen existieren innerhalb des Thüringer Mammographie-Screening-Programms (TMS) zwei Screening-Einheiten, die geographisch in die Regionen „Süd-Ost“ (Drs. Wurdinger/Heiner) und „Nord-West“ (Drs. Buse/Reinosch) unterteilt wurden [4] (Abb. 6). 02 1 /2 01 00 5 Abb. 6 Sreening-Regionen in Thüringen Abb. 8 Anspruchsberechtigte in der Screening-Region Thüringen Nord/West Die „Screening-Region Thüringen Nord/West“ umfasst die in Abb. 7 aufgeführten Kreise und zeigt die bereits etablierten festen Mammographie-Einheiten in Erfurt, Bad Langensalza und Eisenach sowie eine mobile Mammographie-Einheit (Mammobil) in der Fläche. Abklärungseinheiten wurden in den Einheiten Erfurt und Bad Langensalza (geographisch zentrale Lage der Region) implementiert (5). Dabei war die Randlage der Landeshauptstadt Erfurt in dieser Screening-Region zu berücksichtigen und erforderte dieses multifokale Konzept: Insbesondere der letzte Parameter der Nodalnegativität weist darauf hin, dass das Mammographie-Screening-Programm die gestellten Ziele einer deutlichen Mortalitätsreduktion und nicht zuletzt der Therapieschonung erreichen wird. Die fixierten Altersgrenzen sind in der Diskussion, durch verbesserte Techniken (DR-volldigitale Mammographie, CAD-Analyse-Systeme und 3D-Tomosynthese) ist durch zunehmende mammographische Detektierbarkeit des Mammakarzinoms auch in dichteren jüngeren Mammae (ACR>II) mit einer Absenkung der unteren Altersgrenze von derzeit 50 Jahren für das Mammographie-ScreeningProgramm zu rechnen. Zudem könnte bei weiterem Anstieg der Lebenserwartung der weiblichen Bevölkerung in Deutschland durchaus auch die obere Altersgrenze von 69 Jahren zur Disposition stehen, auch wenn hier eine bereits prinzipiell geringere Wachstumsgeschwindigkeit des Mammakarzinoms zu beachten ist. Abb. 7 Screening-Region Thüringen Nord/West Mammographie-Einheiten (ME) in Erfurt, Bad Langensalza, Eisenach und Mobile Abklärungseinheiten (AE) in Erfurt und Bad Langensalza Es galt, für die fast 140.000 teilnahmeberechtigten Frauen (sog. Klientinnen) der gesamten Region zweijährliche Mammographien (2 Aufnahmen beidseits CC/MLO) zu erstellen (Abb. 8). Für ca. 5 % hiervon ist zudem eine wöchentliche ärztliche Abklärungsdiagnostik zu organisieren. Die für den ersten Jahreszeitraum 2009 erreichten medizinischen Leistungsparameter der „Screening-Region Thüringen Nord/West“ liegen inzwischen vor. In Abb. 9 sind sie den Referenzbereichen der EU-Leitlinien gegenüber gestellt [6]. J OU R NAL Abb. 9 Ergebnisse der Screening-Region Thüringen Nord/West im Vergleich zur EU-Leitlinie Die Vorgabe eines entscheidenden Evaluationsparameters, eine Teilnahmequote >70 %, konnte in Thüringen mit momentan ca. 55 % noch nicht erreicht werden und liegt lediglich im Bundesdurchschnitt. Zum Erreichen dieses Ziels ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Pro- 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 15 ■ grammverantwortlichen Ärzten mit den Hausärzten und insbesondere Frauenärzten als Partner der teilnahmeberechtigten Frauen von entscheidender Bedeutung. Dies umfasst die gegenseitige Berichtspflicht ebenso wie die Erkenntnis der Ergänzung der verschiedenen Säulen einer suffizienten möglichst frühen Brustkrebsdiagnostik: Das Mammographie-Screening kann den insbesondere Gynäkologen das Mammakarzinom bereits vor der Tastbarkeit in der besonders häufigen Altersgruppe > 50 Jahre aufzeigen, andererseits ist die jährliche gynäkologische Krebsvorsorge-Untersuchung weiterhin unerlässlich. ■ Erfolgreiche Zertifizierung des HELIOS Prostatakarzinomzentrum Erfurt Thomas Steiner Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt Michael Glatzel Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt Besonders wichtig ist eine transparente Information der an diesem Programm teilnahmeberechtigten Frauen. Die im Juni 2010 überarbeitete Informationsbroschüre des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wird diesem Anspruch gerecht und liegt jedem persönlichen Einladungsschreiben bei [6, 7]. Literatur 1. European guidelines for quality assurance in breast cancer screening and diagnosis, 4th Edition, 2006, http://screening.iarc.fr/doc/ND7306954ENC_002.pdf 2. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs-Richtlinie / KFE-RL) in der Fassung vom 18. Juni 2009 , veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009, Nr. 148a, in Kraft getreten am 3. Oktober 2009, http://www. g-ba.de/downloads/39-261-841/2009-06-18-KFU-Neufassung_BAnz.pdf 3. Evaluationsbericht – Ergebnisse des Mammographie-Screening-Programms Deutschland (S. 69), http://www.g-ba.de/downloads/17-982731/2009-09-21-Evaluationsbericht.pdf 4. Mammographie-Screening-Programm Thüringen, www.Mammo-Programm.de 5. Mammographie-Screening Thüringen Nord/West, www.Screening-Thueringen-NordWest.de 6. Informationen zum Mammographie-Screening: http://www.mammo-programm.de/cms_upload/fck-userfies/file/Broschuere_MammoScreening_2009.pdf 7. Kooperationsgemeinschaft Mammographie, www.Kooperationsgemeinschaft-Mammographie.de Korrespondenzadresse: Dr. med. Jörg Buse Programmverantwortlicher Arzt Mammographie-Screening Thüringen Nord/West Zentrale Verwaltung: Rudolph-Weiss-Str. 1a 99947 Bad Langensalza Telefon: 03603-89577-0 e-Mail: [email protected] ■ S eite 1 6 ■ JOU R NAL Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Steiner (im Bild rechts), Chefarzt der Klinik für Urologie, und Dr. med. Michael Glatzel, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, leiten das HELIOS Prostatakarzinomzentrum Erfurt Nach einem aufwändigen Prüfverfahren wurde am 26. Mai 2010 das Prostatakarzinomzentrum am HELIOS Klinikum Erfurt von der Deutschen Krebsgesellschaft (Onkozert) als zertifiziertes Zentrum anerkannt. Gleichzeitig wurde bestätigt, dass am Prostatakarzinomzentrum die Anforderungen der DIN ISO 9001 gewährleistet sind. An einem Prostatakarzinom erkranken jährlich in Deutschland ca. 65.000 Patienten; es bildet damit den häufigsten malignen Tumor des Mannes. Mit ca. 10 % aller Krebstodesfälle liegt die Sterblichkeit am Prostatakarzinom nach Lungen- und Darmkrebs unter den drei häufigsten tumorbedingten Todesursachen. Hervorragende Heilungschancen mit tumorspezifischen 10-Jahres-Überlebensraten von >90 % können im lokal begrenzten Stadium erreicht werden. Das metastasierte Prostatakarzinom weist hingegen auch heute noch eine deutlich schlechtere Prognose auf. Nach aktuellen Daten des Robert-Koch-Institutes versterben in den ersten fünf Jahren nach Diagnosestellung über alle Krankheitsstadien etwa 13 % der Patienten am Prostatakarzinom. 02 1 /2 01 00 5 Entscheidenden Anteil an der positiven Entwicklung der Überlebensraten in den vergangenen Jahren hat die Früherkennung des Prostatakarzinoms. Die Einführung der PSA-Wert-Bestimmung in die klinische Praxis vor nunmehr über 25 Jahren hat die Möglichkeiten einer frühzeitigen Diagnosestellung entscheidend verbessert. Doch ist die vom Urologen propagierte Vorsorgeuntersuchung mit Bestimmung des PSA-Wertes ab dem 45. Lebensjahr nicht unumstritten. Ursächlich hierfür sind zwei Aspekte: Nur bei ca. 25 % aller Patienten mit auffälligen PSA-Werten bestätigt sich die Verdachtsdiagnose eines Prostatakarzinoms. Somit wird etwa 75 % der Männer mit auffälligem PSA-Wert eine invasive Diagnostik mittels Prostatabiopsie ohne Vorliegen eines Karzinoms zugemutet. Nicht jedes Prostatakarzinom bedarf einer Therapie. Insbesondere kleine Tumoren (Volumen <0,5 ccm) mit hohem Differenzierungsgrad zeigen in der Regel eine sehr niedrige Progressionstendenz und werden nur im Ausnahmefall Lebenserwartung und Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen. Hinsichtlich der genannten Aspekte aber auch der differenzialtherapeutischen Entscheidung sowohl im lokal begrenzten als auch fortgeschrittenen Stadium stellt die Entwicklung der 2009 fertiggestellten S3-Leitlinie Prostatakarzinom einen Meilenstein dar. Erstmals wurden wissenschaftlich basiert klare Therapieempfehlungen an Hand des diagnostizierten Tumorstadiums des einzelnen Patienten definiert. Dies setzt jedoch klar strukturierte Handlungsabläufe und hohe Qualitätsstandards voraus, um dem Patienten wirklich die individuell optimale Therapie anbieten zu können. Unabhängig von der persönlichen Qualifikation des Behandlers ist dies heute nur noch interdisziplinär zu gewährleisten. So setzt die Gleichwertigkeit operativer und strahlentherapeutischer Optionen für Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom sowohl eine interdisziplinäre Therapieempfehlung als auch eine fachübergreifende Beratung des Patienten voraus. Eine wirklich optimale Versorgung der Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom ist somit nur in einem Zentrum möglich, welches alle therapeutischen Möglichkeiten anbietet und zugleich gewährleistet, dass diese dem Patienten nach ausführlicher Aufklärung auch zugänglich sind. Im Gegensatz zu Patienten mit lokalisiertem Tumor werden diejenigen mit einem lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten Prostatakarzinom heute grundsätzlich multimodal behandelt. Ein optimal koordiniertes Konzept mit medikamentöser antitumoraler und supportiver Therapie flankiert von symptomorientierten Maßnahmen sowie psychoonkologischer Betreuung garantiert dem Patienten bestmögliche Lebensqualität und Lebenserwartung trotz unheilbarer Tumorerkrankung. Regelmäßige interdisziplinäre Abstimmung unter Einbeziehung urologischer, internistisch-onkologischer sowie strahlentherapeutischer Expertise unterstützt durch das gesamte Spektrum moderner diagnostischer Möglichkeiten bietet hierfür die entscheidende Grundlage. Warum bietet das HELIOS Prostatakarzinomzentrum Erfurt optimale Bedingungen zur Betreuung von Patienten mit Prostatakarzinom? J OU R NAL Alle im Zentrum zur Therapie eines lokal begrenzten oder lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms vorgestellten Patienten werden an Hand vorliegender und ggf. zu komplettierender Diagnostik interdisziplinär urologisch und strahlentherapeutisch besprochen. Basierend auf den abgeleiteten Therapieempfehlungen sind den Patienten alle modernen Verfahren der Lokaltherapie frei verfügbar. Ein modernes Qualitätsmanagement mit regelmäßiger interner und externer Evaluierung der Ergebnisqualität (sowohl onkologische als auch funktionelle Resultate) garantiert dem Patienten eine optimale Behandlung entsprechend der Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft. In einer interdisziplinären Tumorkonferenz (Tumorboard) werden wöchentlich alle Patienten mit lokal fortgeschrittenem, metastasiertem oder progredientem Prostatakarzinom besprochen. Hierbei sind alle Spezialisten für Diagnostik und Therapie anwesend: Urologen, Strahlentherapeuten, internistische Onkologen, Palliativmediziner, Radiologen, Pathologen und Nuklearmediziner. Je nach spezifischer Befundkonstellation des einzelnen Patienten werden zusätzlich Kollegen anderer Fachgebiete (Orthopäden, Chirurgen …) in die gemeinsame Entwicklung des Therapiekonzeptes einbezogen. Die Klinik kooperiert dabei auch mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten zur Gewährleistung der optimalen ambulanten und heimatnahen Betreuung des Patienten. Für jeden Patienten wird im Anschluss an das Tumorboard ein Therapieplan erstellt, der allen Behandlern zugänglich ist. Somit werden sowohl im stationären wie auch im ambulanten Bereich Doppeluntersuchungen und Informationsverluste vermieden. Patienten mit Prostatakrebs werden am HELIOS Prostatakarzinomzentrum nicht nur interdisziplinär medizinisch betreut. Sie können jederzeit psychoonkologische oder seelsorgerische Betreuung wahrnehmen sowie sich durch den Sozialdienst des Klinikums zu sozialrechtlichen Fragen beraten lassen. Über das Zentrum kann daneben Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufgenommen werden. Korrespondenzadressen: PD Dr. med. Thomas Steiner Klinik für Urologie HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-7812201 e-Mail: [email protected] Dr. med. Michael Glatzel Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-7812400 e-Mail: [email protected] 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 17 ■ ■ Rezidivtherapie metastasierter Hodentumoren Anja Lorch Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg Zusammenfassung Patienten, die nach Surveillance, primärer Chirurgie oder alleiniger Strahlentherapie rezidivieren, erhalten eine Therapie mit drei bis vier Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (PEB) analog den Behandlungsalgorithmen von Patienten mit primär metastasierter Erkrankung. Die Therapie von Patienten, die nach vorangegangener Chemotherapie rezidivieren ist deutlich komplexer und erfordert erhebliche Erfahrung im Umgang mit Rezidiven. Zwei prinzipielle Strategien kommen in Betracht: Erstens eine konventionell dosierte Behandlung mit vier Zyklen Cisplatin, Ifosfamid und entweder Etoposid, Paclitaxel oder Vinblastin. Zweitens der frühzeitige Einsatz einer sequentiellen Hochdosischemotherapie. ZNS-Metastasen müssen simultan zur Rezidivchemotherapie bestrahlt werden, radiologische Residuen nach abgeschlossener Rezidivchemotherapie müssen komplett reseziert werden. Bei Spätrezidiven mehr als zwei Jahre nach Primärtherapie wird eine sofortige radikale Resektion aller Manifestationen angestrebt. Der Kontakt mit einem Zweitmeinungszentrum vor Beginn der Rezidivtherapie ist hier zwingend erforderlich. Einleitung Maligne Keimzelltumoren stellen bei Männern im Alter von 15 bis 45 Jahren die häufigste Tumorentität dar. Jedoch nur etwa 5-10 % aller Patienten mit Keimzelltumoren und nur etwa 20-30 % der Patienten mit initial metastasierter Erkrankung bedürfen im Verlauf ihrer Erkrankung zu irgendeinem Zeitpunkt einer Rezidiv- oder Salvagetherapie. Die Behandlung von Patienten mit Rezidiv nach alleiniger Surveillance, nach primärer Chirurgie oder nach Strahlentherapie erfolgt analog den Therapiealgorithmen für Patienten mit primär metastasierter Erkrankung. In der Regel werden je nach Tumorstadium drei bis vier Zyklen Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (PEB) eingesetzt. Die Mehrzahl dieser Patienten wird hierdurch dauerhaft krankheitsfrei. Die deutlich intensivere Rezidivchemotherapie ("Salvagechemotherapie") kann daher auf metastasierte Patienten beschränkt bleiben, die auf eine primäre Chemotherapie schlecht ansprechen und keine komplette Remission ihrer Erkrankung erreichen oder die nach Erreichen einer kompletten Remission rezidivieren [1, 2]. Die Salvagechemotherapie ist im Vergleich zu der Primärtherapie metastasierter Patienten komplexer und durch Studiendaten in Art und Umfang schlechter abgesichert. Erstens ist die klinische Situation deutlich seltener. Zweitens ist Vorbehandlung der Patienten uneinheitlich. Drittens besteht eine grosse Variabilität im Verhalten der Tumoren unter Primärtherapie. Daher liegen für rezidiverte Patienten meist nur Daten aus heterogenen Patientenkollektiven, retrospektiven Analysen oder relativ kleinen Phase II-Studien vor. ■ S eite 1 8 ■ JOU R NAL In den vergangenen Jahren wurde zudem die Bedeutung von Prognosefaktoren für den Erfolg einer Salvagetherapie deutlich [1]. Da das Patientenkollektiv rezidivierter Patienten sehr uneinheitlich ist, spielen Prognosefaktoren für den Erfolg einer Salvagetherapie eine noch größere Rolle als für die Primärtherapie metastasierter Patienten. Konventionell dosierte Chemotherapie Bereits Mitte der 80er Jahre wurde gezeigt, dass sowohl Etoposid als auch Ifosfamid Remissionen bei Patienten bewirken können, die auf eine herkömmliche cisplatinhaltige Therapie nicht oder nur ungenügend ansprechen. Paclitaxel, Gemcitabin und Oxaliplatin sind als weitere Medikamente seither hinzugekommen[1]. Es lag nahe, diese Substanzen in der Rezidivsituation zusammen mit Cisplatin einzusetzen. Die erfolgreichsten Schemata kombinieren Cisplatin und Ifosfamid entweder mit Etoposid (PEI), Vinblastin (VeIP) oder in jüngster Zeit auch mit Paclitaxel (TIP) ohne klare Überlegenheit einer bestimmten Therapiekombination (Tabelle 1). Der Prozentsatz von Patienten mit günstigem Therapieansprechen auf Rezidivchemotherapie ist mit etwa 50-70 % deutlich geringer als nach Primärtherapie. Lang anhaltende Remissionen werden nur noch bei etwa 30-60 % der Patienten beobachtet. Die großen Unterschiede zwischen den Studien in Bezug auf Remissionsraten und Überlebenszeiten legen nahe, dass Prognosefaktoren und Patientenselektion einen erheblichen Einfluss auf die Studienergebnisse haben. Tabelle 1 Konventionell dosierte Salvagechemotherapie-Schemata Therapieschema Anwendung Frequenz Zyklenzahl (Tage) (n) Cisplatin PEI Etoposid Ifosfamid 20 mg/m2 (Tag 1-5) 75-100 mg/m2 (Tag 1-5) 1,2 g/m2 (Tag 1-5) 21 4 Cisplatin VEIP Vinblastin Ifofamid 20 mg/m2 (Tag 1-5) 0,11 mg/kg (Tag 1+2) 1,2 g/m2 (Tag 1-5) 21 4 Paclitaxel TIP Ifosfamid Cisplatin 175-250 mg/m2 (Tag 1) 1,2 g/m2 (Tag 2-6) 20 mg/m2 (Tag 2-6) 21 4 Hochdosischemotherapie (HDCT) Die schlechten Ergebnisse der konventionell dosierten Salvagechemotherapie besonders bei Patienten mit ungünstigem Risikoprofil im Rezidiv und/oder multiplen Rezidiven führte Ende der 80-iger Jahre zur Einführung der HDCT. Bis heute bleibt die Kombination von Carboplatin und Etoposid das Grundgerüst jeder Hochdosiskombination [1]. Vielfach wurden jedoch die Dosierungen der initial von Nichols et al. publizierten Therapie weiter gesteigert und als drittes Medikament Ifosfamid, Cyclophosphamid oder auch Thiotepa hinzugefügt. Zumeist waren diese Therapiemodifikationen mit Ifosfamid, Cyclophosphamid oder auch Thiotepa mit deutlich mehr Nebenwirkungen verbunden. Zwischen 1999 und 2004 führte die 02 1 /2 01 00 5 Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Hodentumoren in Deutschland eine große prospektive, randomisierte multizentrische Studie durch, welche die Frage nach dem optimalen Schema einer HDCT untersuchte [1]. Insgesamt wurden 216 Patienten mit rezidivierten und/oder refraktären Hodentumoren randomisiert und erhielten entweder einen konventionell dosierten Zyklus Cisplatin, Etoposid und Ifosfamid (PEI) gefolgt von drei Zyklen hoch dosiertem Carboplatin und Etoposid im Arm A oder drei Zyklen konventionell dosiertes PEI gefolgt von einem Zyklus hoch dosiertem Carboplatin, Etoposid und Cyclophosphamid (CEC) im Arm B. Die Effektivität beider Schemata war annähernd gleich gut. In den Studienarmen konnte ein progressionfreies Überleben nach drei Jahren von 45 % bzw. 47 % erzielt werden, welches nahezu identisch war mit dem Gesamtüberleben nach drei Jahren (48 % bzw. 46 %). Die Studie musste jedoch aufgrund einer therapiebedingten Exzessmortalität im Arm B mit einem Zyklus hoch dosiertem CEC vorzeitig abgebrochen werden. In jüngster Zeit wird auf Grund dieser Studie an nahezu allen Zentren weltweit die HDCT in Form einer sequentiellen Therapie mit den Medikamenten Carboplatin und Etoposid durchgeführt [1]. Durch verbesserte supportive Therapie und insbesondere durch den Einsatz von peripheren Blutstammzellen konnten in allen modernen Schemata die hämatopoetischen Rekonstitutionszeiten signifikant verkürzt und die initial hohe behandlungsbedingte Letalität nach HDCT von mehr als 10 % auf maximal 3 % der behandelten Patienten gesenkt werden (Tabelle 2). Tabelle 2 Hochdosierte Salvagechemotherapie-Schemata Therapiestrategie Hochdosischemotherapie Dosierung Gabe 2-mal Paclitaxel/Ifosfamida Paclitaxel 200 mg/m2 über 24 h Ifosfamid 2 g/m2 über 24 h Tag 1 Carboplatin AUC 21c Etoposid 400 mg/m2 Tag 1-3c Tag 1-3 Cisplatin 20 mg/m2 Tag 1-5 Ifosfamid gefolgt von Etoposid 75 mg/m2 Ifosfamid 1,2 g/m2 Tag 1-5 Tag 1-5 3-mal Carboplatin/Etoposida Carboplatin 500 mg/m2 Etoposid 500 mg/m2 Tag 1-3 Tag 1-3 1-mal Cisplatin, Vinblastin, Cisplatin 20 mg/m2 Tag 1-5 Ifosfamid gefolgt von Vinblastin 0,11 mg/kg Ifosfamid 1,2 g/m2 Tag 1+2 Tag 1-5 2-mal Carboplatin/Etoposida Carboplatin 700 mg/m2 Etoposid 750 mg/m2 Tag 1-3 Tag 1-3 gefolgt von 3-mal Carboplatin/Etoposida 1-mal Cisplatin, Etoposid, b a Tag 2-4 Prognosefaktoren für das Therapieansprechen In den vergangenen Jahren ist die Bedeutung von Prognosefaktoren im Rezidiv zunehmend in den Vordergrund gerückt. Da das Patientenkollektiv rezidivierter Patienten sehr uneinheitlich ist, scheinen Prognosefaktoren für den Erfolg einer Salvagetherapie eine noch größere Rolle zu spielen als für die Primärtherapie metastasierter Patienten. Erst die detaillierte Kenntnis von Prognosefaktoren erlaubt es auch, Ergebnisse unterschiedlicher Therapiestudien zu vergleichen und zudem die Intensität einer Rezidivchemotherapie individuell an das Risikoprofil eines Patienten anzupassen. Durch eine Art „maßgeschneiderte Therapie“ kann Patienten mit günstigen Prognosemerkmalen beispielsweise die Toxizität einer Hochdosischemotherapie (HDCT) erspart werden, während diese bei Patienten mit ungünstigem Risikoprofil frühzeitig eingesetzt werden kann [1]. In einer großen, retrospektiven Auswertung von insgesamt 1584 Daten von Patienten im ersten Rezidiv, die an insgesamt 38 Zentren weltweit gesammelt wurden, konnten aktuell sieben voneinander unabhängige Variablen, die einen signifikantem Einfluss sowohl auf das progressionsfreie Überleben als auch auf das Gesamtüberleben haben, identifiziert und ein neuer Prognosescore etabliert werden [9]. In der Tabelle 3 sind nochmals die wichtigsten bekannten Prognosefaktoren zusammengefasst. Tabelle 3 Bekannte Prognosefaktoren im Rezidiv Prognosefaktoren Günstig Ungünstig Histologie Seminome Nichtseminome Lokalisation des Primärtumors Alle außer primär mediastinale Nichtseminome primär mediastinale Nichtseminome Ansprechen auf Primärtherapie CR oder PR mit negativen Tumormarkern Markerpositive PR oder noch schlechteres Ansprechen Progressionsfreies Intervall >6 Monate nach Ende der Primärtherapie <6 Monate nach Ende der Primärtherapie Metastasen im Rezidiv Ausschließlich lymphatische oder pulmonale Metastasen Extrapulmonale Organmetastasen (v. a. ZNS) Tumormarker im Rezidiv AFP niedrig (<=1.000 ng/ml) HCG niedrig AFP stark erhöht (<1.000 ng/ml) HCG stark erhöht (≤1.000 U/l) (>1.000 U/l) a Hoch dosierte Chemotherapie mit obligater Reinfusion peripherer hämatopoetischer Progenitorzellen. b Konventionell dosierte Therapie zur Mobilisation peripherer hämatopoetischer Progenitorzellen. c AUC area under the curve (Gesamtdosis verteilt über 3 Tage als Infusionen zu je 1 h). J OU R NAL Vergleiche konventionell dosierter mit hoch dosierter Rezidivchemotherapie Der Stellenwert einer HDCT als erste Salvagetherapie bei Patienten mit günstigen Prognosemerkmalen ist Gegenstand vielfacher Diskussionen. In einer sorgfältig durchge- 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 19 ■ führten „matched-pair“ Analyse, welche alle damals klinisch bekannten Prognosefaktoren berücksichtigte, konnten Beyer et al. einen signifikanten Vorteil von ca. 10 % hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens durch den frühzeitigen Einsatz einer HDCT im Rahmen der Salvagetherapie zeigen [10]. In der von Pico et al. veröffentlichten multizentrischen, prospektiven, randomisierten „IT 94“-Studie erhielten 263 Patienten mit Progress oder Rezidiv nach cisplatinhaltiger Primärtherapie und günstigen Prognosemerkmalen entweder vier Zyklen einer konventionell-dosierte Rezidivchemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Vinblastin oder Ifosfamid oder drei Zyklen dieser Therapie plus einem Zyklus einer HDCT [11]. Die IT94-Studie konnte hingegen keinen eindeutigen Nutzen einer frühzeitigen HDCT als erste Rezidivtherapie für die Gesamtgruppe der Patienten mit günstigen Prognosemerkmalen nachweisen. Ebenso konnte Motzer et al. in einer Phase II-Studie zeigen, dass eine konventionell-dosierte Therapie bei Patienten mit günstigen Prognosefaktoren im Rahmen der ersten Rezidivtherapie sicher und mit exzellenten Ergebnissen durchgeführt werden kann [11]. Um eine Übertherapie der Gesamtgruppe rezidiverter Patienten zu vermeiden, war daher bislang eine HDCT den Patienten mit ungünstigen Prognosemerkmalen vorbehalten, die mit konventionell dosierter Salvagetherapie keine oder nur eine sehr geringe Heilungsaussichten haben, sowie für Patienten mit zweitem oder nachfolgendem Rezidiv (Abb.). Abb. Bislang empfohlene Behandlungsstrategie rezidivierter Keimzelltumoren Ob diese bislang durchgeführte Behandlungsstrategie in Zukunft weiter Bestand hat, wird die Auswertung einer Subgruppenanalyse im Rahmen der Prognosefaktorstudie zeigen, die die Effektivität einer HDCT gegenüber der CDCT in den einzelnen Prognosekategorien untersucht. Stellenwert der Strahlentherapie Sofern nicht bereits in der Primärtherapie erfolgt, sollte bei allen Patienten mit progredienten oder neu aufgetretenen Hirnmetastasen spätestens im Rahmen der Rezidivtherapie eine Radiatio des ZNS durchgeführt werden [11]. Diese sollte möglichst rasch nach Diagnosestellung des Rezidives und in kurativer Intention mit einer Gesamtherddosis von 40 Gy als Ganzhirnbestrahlung begleitend zur Chemotherapie eingesetzt werden. Der Nutzen einer ■ S eite 2 0 ■ JOU R NAL Operation isolierter Hirnmetastasen im Rahmen der Rezidivtherapie ist nicht belegt. Ebenso ist der Nutzen einer zusätzlichen Bestrahlung isolierter Skelettmetastasen nicht belegt, wenngleich dies bei einzelnen Patienten sinnvoll sein kann und ein derzeit häufig praktiziertes Vorgehen darstellt. Stellenwert der Chirurgie Nach dem derzeitigen Kenntnisstand trägt eine konsequente Resektion aller verbliebener radiologischer Tumorresiduen entscheidend zum Erfolg einer Rezidivbehandlung bei. Der Anteil von Patienten mit vitalen, undifferenzierten Histologien im Resektat ist nach Rezidivchemotherapie höher, und die weiteren therapeutischen Optionen beim erneuten Progress in jedem Fall geringer als bei vergleichbaren Patienten nach Primärtherapie. Daher sollten nach dem derzeitigen Kenntnisstand alle technisch resektablen Residuen außerhalb des ZNS nach Abschluß der Salvagetherapie im Rahmen einer so genannten Residualtumorresektion komplett reseziert werden [1]. Bei einzelnen Patienten ohne Markernormalisierung oder mit multiplen, therapierefraktären Rezidiven kann in Ausnahmefällen eine chirurgische Resektion im Sinne einer so genannten „desperation surgery“ noch zu einer Heilung führen, sofern die Konstellation von singulären und gut resektablen Tumormanifestationen und alleiniger AFP Erhöhung vorliegt [1]. "Debulking"-Operationen oder Eingriffe bei progredienter Erkrankung mit rasch ansteigenden Tumormarkern sind dagegen nicht indiziert, weshalb vor jedem dieser meist ausgedehnten Eingriffe zuerst ein sorgfältiges Staging inclusive einer Bestimmung der Tumormarker HCG und AFP durchgeführt werden muss. Residualtumorresektionen sind technisch schwierige Eingriffe, die mehr als andere Verfahren eine große Expertise seitens des Operateurs voraussetzt. In Deutschland existieren nur wenige Zentren mit ausgewiesenen Kennntnissen für die erfolgreiche Durchführung von Residualtumorresektionen. Diese Eingriffe sollten daher möglichst nur an einem dieser Zentren durchgeführt werden. Therapie von Patienten mit Spätrezidiven Patienten mit Spätrezidiven mehr als zwei Jahre nach letzter cisplatinhaltiger Therapie stellen eine gesonderte Gruppe von Patienten dar, die im lokalisierten Stadium einer frühzeitigen chirurgischen Intervention bedürfen [1]. Ob bei Patienten mit Spätrezidiven und hohen Tumormarkern und/oder schwieriger Resektabilität eine Chemotherapie vor der erforderlichen Resektion sinnvoll ist, bleibt umstritten und muss unter Berücksichtigung von Vorbehandlung und Krankheitsdynamik im Rezidiv individuell entschieden werden. In der Regel wird eine Chemotherapie vor allem bei Patienten mit multiplen, schwer resektablen Manifestationen oder rasch ansteigenden Tumormarkern eingesetzt, und kann dann in Einzelfällen sogar kurativ durchgeführt werden. Häufiger als bei anderen Patientengruppen finden sich bei Patienten mit Spätrezidiven auch ungünstige Tumorhistologien wie Sarkome, Adenokarzinome und andere histologische Entitäten, die nicht dieselbe günstige Prognose aufweisen wie Rezidive reiner Keimzelltumoren. Patienten mit Spätrezidiven sollten in jedem Fall an einem Zentrum mit entsprechender Expertise vorgestellt werden. 02 1 /2 01 00 5 Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Beck SDW, Foster RS, Bihrle R, Einhorn LH, Donohue JP. Outcome analysis for patients with elevated serum tumor markers at postchemotherapy retroperitoneal lymph node dissection. J Clin Oncol 2005;23:6149-6156. Beyer J, Stenning S, Gerl A, Fossa S, Siegert W. 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Anja Lorch Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Standort Marburg Baldingerstrasse 35033 Marburg Telefon: 06421 – 5862866 e-Mail: [email protected] J OU R NAL ■ Aktuelle Aspekte in Diagnostik und Therapie des Nierenzellkarzinoms Thomas Steiner Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt Das Nierenzellkarzinom bildet nach aktuellen Daten des Robert-Koch-Institutes mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 66 % aller neu diagnostizierten Fälle den urologischen Tumor mit der über alle Tumorstadien gesehen ungünstigsten Prognose. Über viele Jahre galten die radikale Tumornephrektomie sowie metastasenchirurgische Ansätze als alleinig erfolgversprechende Therapieoptionen. Die Behandlung von Patienten mit Nierentumoren hat sich jedoch radikal geändert. Ursächlich hierfür sind einerseits neue klinische Daten zum Stellenwert des organerhaltenden operativen Vorgehens bei der Primärtumoroperation und andererseits die Charakterisierung molekularbiologischer Mechanismen, welche wichtig erscheinen für Progression und Metastasierung dieser Tumorentität. Resultierend aus den genannten Aspekten stehen aktuell insbesondere die folgenden Themenschwerpunkte im Mittelpunkt des Interesses: 1) Indikation zum nierenerhaltenden Vorgehen im Rahmen der Primärtumoroperation, 2) Stellenwert neoadjuvanter und adjuvanter Therapiekonzepte im Umfeld tumorchirurgischer Eingriffe, 3) Tumornachsorge nach kurativer Primärtumoroperation, 4) Medikamentöse Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms, 5) Stellenwert und Timing der zytoreduktiven Nephrektomie im multimodalen Therapiekonzept des primär metastasierten Nierenzellkarzinoms. Indikation zum nierenerhaltenden Vorgehen im Rahmen der Primärtumoroperation Die Nierenteilresektion gilt seit Jahren als etabliertes Konzept bei Operation von kleinen Nierentumoren bis maximal 4 cm Größe bzw. unabhängig von der Tumorgröße für Patienten mit imperativer Indikation zum Nierengewebserhalt (Einzelniere bzw. funktionelle Einzelniere mit drohender Dialysepflichtigkeit). Für kleine renale Raumforderungen bis 4 cm Größe wurden daneben ablative Techniken (Radiofrequenzablation, Kryoablation) oder auch ein alleinig beobachtendes Vorgehen diskutiert. Problematisch an diesen therapeutischen Optionen ist zunächst, dass sie in sich keine histologische Sicherung des Befundes inkludieren. Retrospektive Analysen haben ergeben, dass bei renalen Tumoren bis 4 cm Größe in ca. 20 % der Fälle mit benignen Läsionen gerechnet werden muss. Diese führen zu einer falsch positiven Beurteilung der therapeutischen Effektivität ablativer Verfahren. Andererseits konnte gezeigt werden, dass die heterogene Gruppe kleiner Nierenparenchymtumoren durchaus auch hochaggressiv wachsende und konsekutiv metastasierende Nierenzellkarzinome beinhaltet, für die ein ablatives oder auch alleinig beobachtendes Vorgehen absolut ungeeignet erscheint. Die aktuellen Leitlinien der Europäischen Urologischen Gesellschaft (EAU) empfehlen daher vor ablativer Therapie von Nierentumoren die bioptische histologische Sicherung. Eine Ac- 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 21 ■ tive Surveillance als primär beobachtende Strategie sollte nur bei Patienten hohen Lebensalters bzw. bei gravierenden Begleiterkrankungen erwogen werden. Die onkologische Sicherheit (Rezidivrate) der ablativen Techniken ist dem Outcome nach Nierenteilresektion eindeutig unterlegen. Daher sollten auch diese Behandlungsoptionen nur selektionierten Patienten angeboten werden. 2009 publizierten Huang und Mitarbeiter eine retrospektive Analyse, die aufzeigt, dass Patienten nach partieller Nephrektomie im Vergleich zu radikal tumornephrektomierten Patienten ein besseres Gesamtüberleben aufweisen. Ursächlich ist die Verminderung kardiovaskulärer Ereignisse durch die erhaltene Nierenfunktion. Die Ergebnisse dieser Arbeit konnten in mehreren analogen Analysen bestätigt werden. Insgesamt demonstrieren die Arbeiten für die Nierenteilresektion bei lokal begrenzten Nierenzellkarzinomen der Stadien pT1a (bis 4 cm) und pT1b (4-7 cm) identische onkologische Sicherheit bei verbessertem Nierenfunktionserhalt und Gesamtüberleben gegenüber der Tumornephrektomie. Ein minimaler Sicherheitsabstand bis zu unter 1 mm erscheint dabei als ausreichend. Lokal fortgeschrittenere Tumoren der Stadien pT2 (>7 cm) sowie pT3a (Infiltration des perirenalen bzw. parapelvinen Fettgewebes) bzw. eine histologisch formale R1-Resektion erhöhen das Lokalrezidivrisiko bei analogem Metastasierungsrisiko und Gesamtüberleben. Diese Patienten benötigen eine intensivierte postoperative Tumornachsorge, profitieren aber ebenfalls hinsichtlich Lebensqualität und kardiovaskulärer Morbidität vom Nierengewebserhalt. Eine R1-Resektion rechtfertigt dementsprechend nach aktuellem Kenntnisstand keine sekundäre Nephrektomie zur „Verbesserung“ der onkologischen Sicherheit. Stellenwert neoadjuvanter und adjuvanter Therapiekonzepte im Umfeld tumorchirurgischer Eingriffe Erfolge in der medikamentösen Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms in den vergangenen Jahren haben Ideen reifen lassen, Tyrosinkinaseinhibitoren auch im adjuvanten und neoadjuvanten Setting einzusetzen. Eine adjuvante Therapie nach Tumornephrektomie auf Grund eines lokal fortgeschrittenen klarzelligen Nierenzellkarzinoms wird aktuell in mehreren internationalen prospektiv randomisierten Phase III-Studien überprüft. Bisher konnte durch Jocham et al. publiziert alleinig für eine Vakzine-basierte adjuvante Immuntherapie eine Verlängerung des rezidivfreien und Gesamtüberlebens nach Tumornephrektomie gezeigt werden. Diese aktiv-spezifische Immunisierung erhielt aber keine arzneimittelrechtliche Zulassung und ist dementsprechend nicht verfügbar. In Deutschland aktiv ist die S-TRAC-Studie, welche nach Tumornephrektomie bei Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom der Stadien pT3a/b / 4 pN0/1 eine adjuvante Therapie mit Sunitinib über 1 Jahr gegen 1 Jahr Plazebo evaluiert. Außerhalb dieser Studie ist Sunitinib, wie auch alle anderen Tyrosinkinaseinhibitoren, nicht für die adjuvante Behandlung zugelassen. Eine derartige Behandlung entspricht demnach klar einem Off-label-Einsatz. Zu unterscheiden von der momentan geprüften adjuvanten Indikation ist der neoadjuvante Einsatz von Substanzen. Hierbei wird per Definition eine antineoplastische Therapie zur zeitlich festgelegten Vorbereitung eines ope- ■ S eite 2 2 ■ JOU R NAL rativen Eingriffs verabreicht. Idealer Weise mittels Downstaging, jedoch auch über ein Downsizing soll die Operabilität eines lokal fortgeschrittenen Tumors verbessert werden. Primär stellt sich die Frage nach dem sogenannten „medical need“ für eine neoadjuvante Therapie beim Nierenzellkarzinom. Lokal fortgeschrittene Primärtumoren bei fehlender Metastasierung stellen im Einzelfall eine operationstechnische Herausforderung dar, sie sind aber nur in ganz seltenen Ausnahmefällen technisch im eigentlichen Sinne inoperabel. Eine Sondersituation bildet hierbei ggf. die Resektion eines Primärtumors mit ausgedehntem Tumorthrombus in der Vena cava. Bei supradiaphragmaler Ausdehnung des Tumorthrombus ist die Belastung des Patienten durch Mehrhöhleneingriff, Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und zum Teil erhebliche Blutverluste gravierend. Ein Downsizing des Tumorthrombus unter das Zwerchfellniveau würde hier erhebliche Vorteile bieten. Schon bei lymphknoten-positiven Befunden stellt sich die Situation kritischer dar. Eine lymphogene Metastasierung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit vergesellschaftet mit hämatogener Fernmetastasierung und bildet hierbei zusätzlich einen gesicherten negativen Prognosefaktor für das Gesamtüberleben. Somit ist bei ausgedehnter retroperitonealer Lymphknotenmetastasierung (welche ein operationstechnisches Problem darstellen kann) der potenziell kurative Charakter des Gesamtkonzeptes prinzipiell fraglich. Im Falle einer fraglich kurativ resektablen uni- oder oligolokulären Metastasierung bzw. bei Lokalrezidiven erscheint eine neoadjuvante Therapie hingegen sinnvoll. Eine Sondersituation stellt eine mögliche Indikation zur neoadjuvanten Therapie für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion bzw. Einzelniere dar, bei der über ein Downsizing des Tumors ein nierenerhaltendes operatives Vorgehen ermöglicht werden soll. Die ideale Substanz für eine neoadjuvante Therapie wirkt zytotoxisch und induziert in hoher Frequenz hochgradige Remissionen. Eine derartige Idealsubstanz steht für Nierenzellkarzinome nicht zur Verfügung. Die neoadjuvante Therapie kann andererseits bei Nichtansprechen die operative Therapie verzögern und im Extremfall nach weiterer Progession eines zuvor mit hohem Aufwand potenziell kurativ operablen Tumors zur Inoperabilität führen. Publizierte Einzelfallberichte über erfolgreiche neoadjuvante Konzepte bringen ein derartiges Vorgehen jedoch immer wieder in die Diskussion. So berichteten Karakiewicz et al. über das erfolgreiche Downsizing eines supradiaphragmalen Tumorthrombus mit nachfolgend unkomplizierter abdomineller Tumornephrektomie. Auch die Jenaer Arbeitsgruppe konnte im vergangenen Jahr einen analogen Fall publizieren. In Einzelfällen wurden histologische Komplettremissionen - insbesondere bei Lokalrezidiven - beschrieben. Einzelfallberichte finden sich in einer aktuellen Arbeit von Thomas et al. auch zu nierenerhaltenden Operationen von zuvor als technisch nicht teilresezierbar eingeschätzten Tumoren. Prinzipiell zeigen diese Fallberichte die Umsetzbarkeit neoadjuvanter Konzepte unter Einsatz von Tyrosinkinaseinhibitoren bei nicht relevant erhöhtem Operationsrisiko. Zwingend zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang aber auch eine Arbeit von Bex et al., welche über eine si- 02 1 /2 01 00 5 gnifikante Größenzunahme des Cavathrombus unter neoadjuvanter Therapie in zwei Fällen berichten. Insbesondere derartige Fallberichte verlangen unsere Aufmerksamkeit, da naturgemäß eine Positivselektion gelungener Konzepte zur Veröffentlichung gelangt. Prospektive Serien einer neoadjuvanten Therapie im engeren Sinne finden sich bisher in der Literatur nicht. Aktuell kann der unkritische Einsatz neoadjuvanter Konzepte bei Patienten mit Nierenzellkarzinom im klinischen Alltag nicht empfohlen werden. Unser Bestreben sollte es sein, ein nunmehr erstmals in Deutschland verfügbares Studienprogramm in dieser Fragestellung zu unterstützen. Leider kann dieses nur ein ganz spezifisch definiertes Krankengut evaluieren. In anderen komplexen Einzelfällen erscheint es jedoch an Hand der publizierten Fallberichte auch zu verantworten, sich nach ausführlicher Diskussion der genannten Aspekte gemeinsam mit dem Patienten für ein neoadjuvantes Konzept zu entscheiden. Tumornachsorge nach kurativer Primärtumoroperation Hinsichtlich der Nachsorge nach Tumornephrektomie werden in den EAU-Leitlinien leider aktuell keine klaren Vorgaben gemacht. Die Nachsorgeintensität soll an Hand des individuellen Progressionsrisikos des Patienten individuell festgelegt werden. Dabei gilt die Nierenteilresektion bei Tumoren der Stadien pT1a/b N0 als absolut gleichwer- tig mit der radikalen Tumornephrektomie und erfordert keine intensivierte Nachsorge. Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren bzw. nach ablativen Therapieverfahren wird eine intensivierte Nachsorge unabhängig von der Operationstechnik empfohlen. Folgt man der theoretischen Überlegung, dass alleinig die chirurgische Resektion von Metastasen eine potenzielle Chance auf Heilung erreicht und jegliche medikamentöse Tumortherapie auch im Zeitalter der Targettherapie rein palliativen Charakter trägt, so wäre vielleicht eine extrem engmaschige Nachsorge empfehlenswert. Leider weisen nur etwa 5 % aller Patienten mit Metastasierung eines Nierenzellkarzinoms solitäre bzw. oligolokuläre Befunde auf, die einer Metastasenchirurgie zugänglich wären. Prognostisch relevant ist dabei ein Zeitintervall von mindestens 1 Jahr zwischen Primärtherapie und Metastasierung. Patienten mit früher Metastasierung profitieren äußerst selten vom metastasenchirurgischen Vorgehen. Verschiedene Autoren propagierten daher bisher, Nachsorgeuntersuchungen mittels Schnittbilddiagnostik erst nach einem Zeitintervall von 2 Jahren nach Tumornephrektomie bzw. Teilresektion zu beginnen. Einen guten Überblick zu in der Literatur diskutierten Nachsorgekonzepten bietet die in Tabelle 1 enthaltene, 2007 veröffentlichte Übersicht. Tabelle 1 Nachsorgekonzepte nach pT-Kategorien [Skolarikos et al., Eur Urol 51 (2007): 1490-1501] J OU R NAL 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 23 ■ Tabelle 2 Nachsorgeempfehlung der UCLA [aus Lam et al. J Urol 174 (2005): 466-472] Bereits 2005 veröffentlichte aber eine Arbeitsgruppe der University of California Los Angeles (UCLA) basierend auf dem dort entwickelten Risikoscore (UISS) eine detaillierte Nachsorgeempfehlung (siehe Abb.1 und Tabelle 2), welche im Folgenden kurz skizziert wird. Tabelle 3 Einteilung der Risikogruppen nach histologischem Befund Risikogruppe Charakteristika Low Risk (geringes Risiko) pT1a/b pN0 M0 G1-2 Intermediate Risk (mittleres Risiko) pT1a/b pN0 M0 G3 pT2 pN0 M0 G1-2 High Risk (hohes Risiko) pT2 pN0 M0 G3 pT3-4 u./o. pN+ Für die differenzierte Nachsorge der Patienten wäre das in Tabelle 4 dargestellte Schema denkbar. Abb.1 Definition der Risikogruppen nach UISS Dieses Schema könnte, ergänzt entsprechend der Bedingungen in Deutschland um eine Abdomensonografie aller 6 Monate bei nicht planmäßiger CT Abdomen, eine gute Basis für einen Nachsorgeplan darstellen. Fraglich erscheint, ob die Einbeziehung des ECOG-Performancestatus klinisch sauber umsetzbar ist und die Risikostratifizierung wirklich verbessert. Aus Sicht des Autors würde sich eine Einteilung der Risikogruppen nach histologischem Befund anbieten (Tabelle 3). ■ S eite 2 4 ■ JOU R NAL Medikamentöse Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms Zwei Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre haben dazu beigetragen, den teilweise bestehenden therapeutischen Nihilismus in der Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms beginnend zu überwinden. Einerseits haben molekularbiologische Untersuchungen geholfen, die Biologie des Nierenzellkarzinoms besser zu verstehen. Aktuell wird histologisch eine zunehmende Anzahl von Subtypen des Nierenzellkarzinoms unterschieden. Die wichtigsten Entitäten stellen dabei die klarzelligen sowie die papillären Nierenzellkarzinome dar, welche ca. 95 % aller malignen renoparenchymatösen Tumoren ausmachen. Die Subtypen sind durch spezifische genetische Veränderungen charakterisiert. Dies lässt erwarten, dass sie unter systemischer Therapie kein einheitliches Verhalten demonstrieren. Die in ca. 80 % der Fälle auftretende und somit häufigste Tumorform, das klarzellige Nierenzellkarzinom, ist typischer Weise durch Veränderungen am Chromosomenarm 3p charakterisiert. Aus dem Funktionsverlust des VHL-Gens resultiert letztlich eine hypoxieunabhängige massive Überexpression von Wachstums- 02 1 /2 01 00 5 Tabelle 4 Nachsorgeschema für Risikogruppen nach histologischem Befund Niedriges Risiko Zeitpunkt Untersuchung Klinische Untersuchung Laborwertkontrolle Sonographie Abdomen CT Thorax CT Abdomen Mittleres Risiko Zeitpunkt Untersuchung Klinische Untersuchung Laborwertkontrolle Sonographie Abdomen CT Thorax CT Abdomen Hohes Risiko Zeitpunkt Untersuchung Klinische Untersuchung Laborwertkontrolle Sonographie Abdomen CT Thorax CT Abdomen 3 Mon. x x x 3 Mon. x x x 3 Mon. x x x 6 Mon. x x x 12 Mon. x x x x 6 Mon. x x x x 12 Mon. x x 6 Mon. x x x x 24 Mon. x x 12 Mon. x x 18 Mon. x x 24 Mon. x x x x x x x x x x Die Indikation zur Einleitung der medikamentösen Therapie bildet das progrediente und einer potenziell kurativen chirurgischen Intervention (Metastasenchirurgie) nicht zugängliche Tumorleiden. Diskutiert wird aktuell insbesondere die ideale therapeutische Sequenz für betroffene Patienten. Für Sunitinib wurde mit 26,4 Monaten medianem Gesamtüberleben in der Zulassungsstudie summarisch das beste Patientenüberleben ermittelt. 56 % der unter Sunitinib progredienten Patienten hatten im Anschluss an die Studienteilnahme eine Folgetherapie erhalten. Spekulativ hinsichtlich der Möglichkeit einer gezielten Patientenselektion bleiben Subgruppenanalysen einer anderen Phase III-Studie, die für den sequenziellen Einsatz des VEGF-Antikörpers Bevacizumab in Kombination mit Interferon alpha gefolgt von einem Tyrosinkinaseinhibitor noch bessere Überlebenszeiten beschrieben. An Hand einer Folgetherapiestudie nach Versagen der VEGF-gerichteten Therapie wurde Everolimus als Stan- 24 Mon. x x x x 18 Mon. x x x x faktoren, welche als therapeutisches Target genutzt werden können. Andererseits hat die seit Beginn der 80-er Jahre zunehmende Identifikation von Wachstumsfaktoren, ihrer biologischen Bedeutung, Rezeptorwechselwirkungen und intrazellulärer Signalkaskaden im Allgemeinen die Möglichkeit geschaffen, gezielt hier angreifende Substanzen zu entwickeln. Erstmals rückte die systemische Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinom 2005 auf der Jahrestagung der American Society of Oncology (ASCO) in den Mittelpunkt des Interesses. Seit dieser Zeit wurden in Deutschland insgesamt 6 neue Substanzen für die Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms zugelassen. Eine Übersicht zum Zulassungsstatus gibt Tabelle 5. J OU R NAL 18 Mon. x x x x x 36 Mon. x x x x 48 Mon. x x x x 60 Mon. x x x x 36 Mon. x x x x x 48 Mon. x x x x 60 Mon. x x 84 Mon. x x 108 Mon. x x x x x x x x 36 Mon. x x x x 48 Mon. x x 60 Mon. x x 84 Mon. x x 108 Mon. x x x x x x x x x x dard in dieser Second line Situation definiert und in Deutschland zugelassen. In diesem Jahr wurde das Portfolio der Therapeutika zur Behandlung des metastasierten Nierenzellkarzinoms ergänzt durch Pazopanib, einen Tyrosinkinaseinhibitor mit differentem Hemmprofil im Vergleich zu Sunitinib und Sorafenib. Für diese Substanz wird ein verbessertes Nebenwirkungsprofil erhofft. Entsprechend der EAU-Leitlinien ergeben sich aktuell die in Abb. 2 dargestellten Therapieempfehlungen. Hinsichtlich der medikamentösen Therapie beim Nierenzellkarzinom ist insgesamt anzumerken, dass diese sich derzeit extrem im Fluss befindet. International werden vielfältige prospektiv randomisierte Studien durchgeführt, welche helfen sollen, die optimale Behandlungssequenz zu definieren. Verschiedene dieser Studien sind auch in Deutschland für die Aufnahme von Patienten geöffnet. Einen Überblick über die Gesamtstudiensituation kann man auf der Internetseite www.clinical-trials.com erhalten, bezüglich der in Deutschland verfügbaren Studienprotokolle über die Homepage der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie (AUO) der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG). Stellenwert und Timing der zytoreduktiven Nephrektomie im multimodalen Therapiekonzept des metastasierten Nierenzellkarzinoms Basierend auf den Daten der durch Mickisch et al. und Flanigan et al. publizierten Studien zum Einfluss der Nephrektomie auf das Patientenüberleben in Kombination mit einer Interferontherapie im Vergleich zur alleinigen Zytokintherapie wird die Tumornephrektomie als primärer Behandlungsschritt für Patienten mit bereits zum Diagnosezeitpunkt fassbarer Metastasierung empfohlen. Unklar 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 25 ■ ist, inwieweit diese Empfehlung im Zeitalter der Targettherapie Gültigkeit behält. Aus den nunmehr vorliegenden Studiendaten inklusive Subgruppenanalysen lassen sich aber einige Hinweise ableiten. So profitieren Patienten des hohen Risikoprofils und Behandlung mit dem mTOR-Inhibitor Temsirolimus offenbar nicht von einer primären Nephrektomie. Diese Patienten weisen ohnehin eine derart hohe Dynamik der Tumorerkrankung auf, dass sie regelmäßig, bedingt durch das Operationstrauma sowie die resultierende zeitliche Verzögerung, die medikamentöse Therapie gar nicht mehr erhalten können. Anders wird dies erwartet bei Patienten des mittleren Risikoprofils nach Motzer bzw. geringer Metastasenlast bei monströsem Primärtumor mit geplanter Sunitinibbehandlung. Hier lassen insbesondere Daten aus den weltweiten extended access Studien der Jahre 2006 bis 2008 Hinweise auf ein verbessertes Therapieansprechen der nephrektomierten Patienten erwarten. Auch diese Fragestellung soll durch derzeit laufende bzw. geplante Studien beantwortet werden. So vergleicht eine europäische Studie aktuell den Einfluss der primären zytoreduktiven Nephrektomie gefolgt von einer Sunitinibtherapie mit der alleinigen Sunitibgabe. Eine weitere Studie soll die Sinnhaftigkeit einer Sunitinibgabe vor Nephrektomie zur Identifizierung von Respondern bzw Nonrespondern evaluieren, um ggf. bei Nichtansprechen den Patienten die Nephrektomie ersparen zu können. Tabelle 5 Zulassungsstatus neuer Substanzen für die Therapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms Substanz Wirkstoff / Präparatename Behandlung des fortgeschrittenen und/oder metastasierten Nierenzellkarzinoms: Therapielinie Sunitinib / Sutent Keine Einschränkung auf Therapielinie Sorafenib / Nexavar Zweitlinie nach Versagen einer zytokinbasierten Therapie bzw. bei Patienten, die für eine Zytokintherapie nicht geeignet erscheinen Pazopanib / Votrient Erstlinientherapie Zweitlinientherapie nach Versagen einer zytokinbasierten Therapie Bevacizumab / Avastin + Interferon Alpha / Roferon Erstlinientherapie Temsirolimus / Torisel Erstlinientherapie bei Patienten mit hohem Progressionsrisiko nach Hudes (mind. 3/6 Risikofaktoren) Everolimus / Afinitor Zweitlinientherapie nach Versagen einer VEGF-gerichteten Therapie Interferon Alpha / Roferon Erstlinientherapie, heute klinisch keine Bedeutung mehr Interleukin 2 / Proleukin Erstlinientherapie, heute klinisch keine Bedeutung mehr ■ S eite 2 6 ■ JOU R NAL Abb. 2 Aktuelle Therapieempfehlungen nach EAU-Leitlinien Zusammenfassung In den vergangenen Jahren hat sich ein dramatischer Wandel in der Diagnostik und Therapie von Nierenparenchymtumoren ergeben. Schlaglichtartig lassen sich folgende Kernaussagen ableiten: 1) Ein nierenerhaltendes Vorgehen sollte im Rahmen der Primärtumoroperation stets angestrebt werden. Kriterium ist hierfür alleinig die technische Umsetzbarkeit, nicht das Tumorstadium bzw. die Tumorgröße. 2) Ablative Verfahren, wie Radiofrequenz- oder Kryoablation, sind mit deutlich schlechterem onkologischen Outcome verbunden und sollten daher nur in Einzelfällen eingesetzt werden. 3) Es sind Konzepte zur individualisierten Nachsorge der Patienten nach Tumornephrektomie zu entwickeln. Ausschlaggebend für die Risikoklassifikation ist hierbei Staging und Grading der Tumoren. Eine Nierenteilresektion gilt im Vergleich zur radikalen Tumornephrektomie als onkologisch ebenso sicher. Für die Zukunft ist zu erwarten, dass neben den histologischen Parametern auch tumorbiologische Prognosefaktoren definiert werden können. 4) Adjuvante und neoadjuvante Konzepte stellen heute keine Alternative in der klinischen Routine dar. Während eine adjuvante Therapie alleinig innerhalb klinischer Studien möglich ist, erscheint im Einzelfall eine neoadjuvante Behandlung nach intensiver Risiko-Nutzen-Abwägung mit dem Patienten zu rechtfertigen. 5) Die Targettherapie unter Einsatz von Tyrosinkinase- und mTOR-Inhibitoren sowie Anti-VEGF-Antikörpern erfolgt risikostratifiziert an Hand geltender Leitlinien. Die optimale Therapiesequenz ist bisher ungeklärt. Die Behandlungsoptionen sind an Hand klinischer Studien derzeit stark im Fluss. Literatur beim Verfasser Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Thomas Steiner Klinik für Urologie HELIOS Klinikum Erfurt GmbH Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-781 2201 e-Mail: [email protected] 02 1 /2 01 00 5 ■ Aktuelle Diagnose-, Therapie- und Nachsorgeleitlinien Die Verbreitung aktueller Leitlinien im Versorgungsgebiet ist eine Hauptaufgabe der Tumorzentren. Wir werden an dieser Stelle regelmäßig auf die geltenden Leitlinien hinweisen. In dieser Ausgabe finden Sie die Empfehlungen zur Nachsorge ausgewählter Tumorentitäten. Nachsorge des Lungenkarzinoms Bei kurativ behandelten Patienten zielt die Nachsorge auf die möglichst frühzeitige Diagnose von Lokalrezidiven oder Zweittumoren, um so durch die Option eines weiteren kurativen chirurgischen Eingriffes die Heilungschance zu erhalten. Bei Patienten mit Fernmetastasen oder nicht kurativer Behandlung stehen Symptomfreiheit und der Erhalt der bestmöglichen Lebensqualität im Vordergrund. Tabakrauchen Das inhalative Tabakrauchen hat einen deutlichen prognostischen Einfluss für die Patienten. Dabei ist bei aktiven Raucher sowohl die postoperative Komplikationsrate als auch nach Chemo- oder Strahlentherapie das mediane Überleben verkürzt. Die Rate der Zweitkarzinome ist bei aktiven Rauchern erhöht und die pulmonale Funktion verschlechtert sich signifikant. Daher sollten Patienten mit Lungenkarzinomen nachhaltig motiviert werden, mit dem Tabakrauchen aufzuhören. Zur Unterstützung sollten die Patienten wirksame Hilfen zur Raucherentwöhnung erhalten. Die Häufigkeit von Rezidiven (Lokalrezidive oder Fernmetastasen) ist abhängig vom Stadium der Erstdiagnose und beträgt im Stadium I 20-30 %, im Stadium II 50 % und im Stadium III sogar 70-80 % im Verlauf von 5 Jahren. Dabei treten Rezidive als Lokalrezidive in 10-20 %, als Fernmetastasen in 20-30 % der Fälle auf. Während die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivtumors in den ersten beiden Jahren nach Resektion am höchsten ist, hält sich der Anteil an Zweittumoren weitgehend konstant über die ersten 5 Jahre. Dabei beträgt die Rate von Zweittumoren in 5 Jahren zwischen 2-15 %. Mit dem Auftreten von Rezidiven ist die Prognose deutlich eingeschränkt. Als mögliche kurative therapeutische Maßnahmen kommen die chirurgische Resektion oder aber die Strahlentherapie in Betracht. In einer solchen Situation beträgt das 2-Jahres-Überleben 27 % im Stadium I, 20 % im Stadium II und 14 % im Stadium III. Die mediane Überlebenszeit liegt nach chirurgischem Eingriff bei 12 Monaten, nach Bestrahlung bei 12-14 Monaten. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass es nur wenige Serien mit geringen Patientenzahlen gibt. Die Frequenz, der Umfang und die Dauer der Nachsorgeuntersuchungen sollten sich an der Histologie und dem Stadium des Primärtumors, der Art der Primärbehandlung und dem zu erwartenden Muster an Folgekomplikationen (Progress der Erkrankung, Therapiefolgen) orientieren. Allgemein verbindliche, studienvalidierte Empfehlungen J OU R NAL dazu gibt es nicht. Bei kurativ operierten Patienten mit Bronchialkarzinomen wird in retrospektiven Analysen, die den Einfluss der Nachsorgeintensität auf den Zeitpunkt der Rezidivdiagnose und das Überleben der Patienten untersuchen, kein Überlebensvorteil der Patienten in den intensiveren Nachsorgekonzepten offensichtlich. Erfassung posttherapeutischer Komplikationen Zunächst sind posttherapeutische Komplikationen zu erfassen. Nach chirurgischer Resektion stehen Schmerzzustände, Infektionen oder aber der Verlust an Lungenfunktion im Vordergrund, nach Strahlentherapie die Ösophagitis und die Pneumonitis, aber auch Affektionen der Haut, des Herzens oder des Rückenmarks. Wesentlich für weitergehende Untersuchungen und von zentraler Bedeutung bei jedem Nachsorgetermin sind Anamnese (Allgemeinbefinden, Gewichtsverlauf, Schluckbeschwerden, Hustencharakteristik und Intensität, Auswurf Hämoptysen Atemnot, Schmerzen) und klinische Untersuchung (Herz, Lunge, das Erfassen einer oberen Einflussstauung bzw. von Lymphknotenvergrößerungen, Leber und Skelett als mögliche Orte einer Metastasierung). Darüber hinaus wird jeweils ein Röntgen-Thorax in zwei Ebenen empfohlen. Zu den empfohlenen Labor-Parametern gehören die Transaminasen, alkalische Phosphatase, Calcium und LDH. Die Durchführung einer Oberbauchsonographie wird für jeden zweiten Nachsorgetermin als Routine-Diagnostik empfohlen. Ist die Strahlentherapie als eine Komponente in das Therapiekonzept einbezogen, werden nach Abschluss der Behandlung lungenfunktionelle Kontrollen (Bodyplethysmographie, Transferfaktor, Blutgase in Ruhe und nach Belastung) empfohlen. Immer dann, wenn die chirurgische Resektionen nicht radikal waren (R1/2-Resektionen) oder wenn Manschettenresektionen bzw. Pneumonektomien durchgeführt wurden, empfiehlt sich ein Spiral-CT des Thorax sowie eine Bronchoskopie nach Operation oder Abschluss der Strahlentherapie. Jede weitere diagnostische Maßnahme sollte sich nach den Symptomen bzw. der spezifischen Anamnese richten. Als kurativ können Behandlungskonzepte angesehen werden, die in den Stadien I-III des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms mit einer kompletten Tumorresektion abgeschlossen wurden und bei denen in Abhängigkeit vom Stadium (Stadium II und inzidentell IIIA) eine adjuvante Chemotherapie erfolgte. Ebenfalls als kurativ behandelt gelten Patienten, bei denen nach Chemo-Strahlentherapie eine Vollremission erreicht wurde. Nach Abschluss eines kurativen Therapiekonzeptes zielt die Nachsorge auf a) die möglichst frühzeitige Diagnose eines Lokalrezidivs oder von Zweittumoren sowie b) das möglichst frühzeitige Erfassen von Nebenwirkungen und Komplikationen der Therapie. Es existiert eine große Heterogenität in den verschiedenen Strategien zur Nachsorge nach kurativer Behandlung eines NSCLC. In den verfügbaren Leitlinien variieren die Nachsorgeintervalle von 3 bis 6 Monaten für die ersten 2-3 Jahre. In der Bildgebung wird einheitlich ein Röntgenthorax gefordert, zum Teil zusätzlich ein halbjährli- 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 27 ■ ches/jährliches CT und eine Bronchoskopie. Alle gemeinsam verlängern die Nachsorgeintervalle nach 2 Jahren auf mindestens 6 Monate. Ob die weitere Nachsorge nach 5 Jahren sinnvoll ist, bleibt strittig. Die optimale Nachsorgestrategie ist noch nicht identifiziert worden. Empfehlungen gemäß der aktuellen S3-Leitlinie Nachsorge nach kurativer Therapie Bei Patienten nach kurativer Therapie sollten die posttherapeutischen Komplikationen, die nach Operation oder Strahlentherapie auftreten können, erfasst und behandelt werden. Die erste klinische Vorstellung wird 4–6 Wochen nach Abschluss der Therapie unter Einschluss einer Lungenfunktionsprüfung und der CO-Diffusionskapazität (DLCO) empfohlen. Nach kurativer Therapie sollten die Patienten in den ersten 2 Jahren vierteljährlich, ab dem 3. Jahr halbjährlich und nach 5 Jahren einmal jährlich untersucht werden. Diese Intervalle beginnen mit der Erstvorstellung 4–6 Wochen nach Abschluss der Therapie. Bei diesen Nachsorgeterminen sind eine dezidierte Anamnese, eine körperliche Untersuchung und geeignete bildgebende Verfahren durchzuführen. Ein generelles Screening auf Hirnmetastasen kann nicht empfohlen werden, bei Hochrisikopatienten nach Maßgabe des Therapeuten jedoch sinnvoll sein. Nachsorge nach palliativer Therapie Im Gegensatz zur Nachsorge nach kurativer Terapie ist das Nachsorgekonzept bei Patienten mit Fernmetastasen oder einer nicht zu kontrollierenden lokalen Progression palliativ. Hier zielt die Nachsorge auf eine möglichst gute Symptomkontrolle und gute Lebensqualität sowie das Erfassen von Nebenwirkungen oder Komplikationen der Therapie. Nach einer palliativen Therapie sollten Ansprechen, Nebenwirkungen und Beschwerdebild einen Monat nach Abschluss der Behandlung durch das den Patienten betreuende Team evaluiert werden. Als Basis sind dabei Anamnese, körperliche Untersuchung, eine konventionelle Röntgenaufnahme des Thorax und je nach Beschwerdebild geeignete bildgebende Verfahren durchzuführen. Danach sollten festgelegte Wiedervorstellungen mindestens alle 3 Monate erfolgen. Bei Patienten mit der Option auf weitere Therapien ist eine Verkürzung der Nachsorgeintervalle auf 6 bis 8 Wochen sinnvoll. Hier sollten dann geeignete Untersuchungsverfahren zur rechtzeitigen Erfassung eines Progresses der Erkrankung durchgeführt werden. Tabelle Nachsorge-Schema Lungenkarzinome Untersuchungen Nachsorge-Termine 0-2 Jahre 3-5 Jahre Anamnese 1/4-jährlich 1/2-jährlich Körperliche Untersuchung 1/4-jährlich 1/2-jährlich Röntgen-Thorax 1/4-jährlich 1/2-jährlich Labor 1/4-jährlich 1/2-jährlich Oberbauchsonographie 1/2-jährlich jährlich CT-Thorax ** ** Bronchoskopie ** ** **nach klinischen Hinweisen ■ S eite 2 8 ■ JOU R NAL Literatur beim Verfasser erhältlich Korrespondenzadresse: Dr. med. Karl-Matthias Deppermann 1. Medizinische Klinik Klinik für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-781 25 80 e-mail: [email protected] Nachsorge Malignes Melanom Im Folgenden sind die derzeit gültigen Nachsorgeempfehlungen nach der aktuellen Leitlinie/Kurzleitlinie der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft bzw. der Deutschen Krebsgesellschaft wiedergegeben. Da zum einen die AJCC- und TNM-Klassifizierungen im Jahr 2010 modifiziert wurden und zum anderen neuere Erkenntnisse zur Pathogenese (Genetik), Diagnostik (Bedeutung der Schildwächterlymphknotenexstirpation, Positronenemissionstomographie) und daraus resultierend auch zur Therapie vorliegen oder in sehr naher Zukunft erwartet werden, ist eine grundlegende Überarbeitung der deutschen Melanomleitlinie auf S3-Niveau derzeit in Arbeit. Die Veröffentlichung ist für das Jahr 2012 geplant und wird sehr wahrscheinlich auch neue Nachsorgeleitlinien beinhalten. Nachsorgeuntersuchungen werden beim malignen Melanom durchgeführt, um die Tumorrezidive frühzeitig zu erkennen und die Entwicklung von Zweitmelanomen zu erfassen. In der strukturierten Nachsorge werden primär über 80 % der Tumorrezidive diagnostiziert. Die Früherkennung der Rezidive ist für die Patienten prognoserelevant. Die meisten Rezidive beim malignen Melanom werden bei der körperlichen Untersuchung gefunden. Die Rate der Entdeckungen von Metastasen durch bildgebende Verfahren ist relativ gering. Der Umfang und die Frequenz der Nachsorgeuntersuchungen orientieren sich ähnlich wie das therapeutische Vorgehen an den initialen Tumorparametern bzw. dem Tumorstadium. Die Nachsorge ist in den ersten 5 postoperativen Jahren intensiv zu gestalten, da hier 90 % der Metastasen auftreten. Spätmetastasen sind jedoch nicht ungewöhnlich, so dass generell eine Nachsorge über 10 Jahre empfohlen wird. Folgende Ziele werden mit Nach- sorgeuntersuchungen verbunden: 1. Feststellung der Tumorfreiheit bzw. Früherkennung einer Progression 2. Überwachung des Pigmentsystems zur Früherkennung von Melanomvorläufern und Zweitmelanomen oder Hautkarzinomen 3. Psychosoziale Betreuung 4. Dokumentation der Krankheitsverläufe 5. Durchführung und Überwachung einer adjuvanten Therapie 02 1 /2 01 00 5 Im Vergleich zu den bisherigen Empfehlungen kann der Umfang der Untersuchungen in den Stadien des Primärtumors und besonders bei malignen Melanomen mit weniger als 1 mm Tumordicke reduziert werden. Bei besonderen prognostischen Risikofaktoren kann von diesen Empfehlungen abgewichen werden. Die neuen Empfehlungen zur strukturierten Nachsorge bei kutanen malignen Melanomen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. 6. Eine Aufklärung des Patienten über die Möglichkeit selbst frühzeitig Rezidive zu erkennen, sollte Bestandteil der Nachsorge sein. Literatur Garbe C et al.: Kurzleitlinie Malignes Melanom. J Dtsch Dermatol Ges. 6 Suppl 1:S9-S14, 2008 Korrespondenzadresse: Tabelle Empfehlungen für die Nachsorge kutaner maligner Melanome (Intervalle in Monaten) [Garbe und Schadendorf 2003] Stadium & Tumordicke Körperliche Körperliche LymphknotenUnterUnterSonographie suchung suchung 1.-5. Jahr I, ≤ 1 mm 6 I+II,>1 mm 3 III* 3 IV * ** *** **** 6.-10. Jahr 12 6-12 6 1.-5. Jahr keine 6 3-6 Blutuntersuchung** Protein S 100 1.-5. Jahr keine 3-6 3-6 Bildgeb. Untersuchung*** 1.-5. Jahr keine keine**** 6 Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst Dr. med. Ivonne Kellner Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-781 43 01 e-mail: [email protected] Individuell Das Stadium III umfasst alle Formen der lokoregionären Metastasierung. Das neue AJCC-Stadium IIC (> 4 mm Tumordicke + Ulceration) sollte wie Stadium III behandelt werden, da die Prognose vergleichbar ist. Für die Rezidiverkennung ist allein Protein S100 geeignet. Abdomen-Sonographie und Röntgen-Thorax-Untersuchung oder CT bzw. MRT oder PET. Im Rahmen adjuvanter Therapien werden bildgebende Untersuchungen in 6- bis 12-monatigen Abständen empfohlen. In Deutschland praktizieren die Sozialversicherungsträger Anschlussheilbehandlungen (AHB), Anschlussrehabilitationsverfahren (AR) und Anschlussgesundheitsmaßnahmen (AGM) im Anschluss an die Akutbehandlung von bösartigen Geschwulsterkrankungen der Haut. Im Rahmen der psychosozialen Nachsorge kann bei Patienten auch eine Rehabilitationsmaßnahme in entsprechenden Fachkliniken durchgeführt werden. Die „Rehabilitationsnachsorge“ hat das Ziel, den richtigen Umgang mit der Tumorerkrankung selbst und den damit verbundenen körperlichen und psychischen Störungen zu vermitteln, um einer Desintegration im sozialen und beruflichen Umfeld vorzubeugen. Darüber hinaus sollen funktionelle Störungen durch entsprechende Maßnahmen in der Rehabilitation verbessert oder beseitigt werden. Zusammenfassung 1. In der Nachsorge werden primär über 80 % der Tumorrezidive gefunden. 2. Die Früherkennung der Rezidive ist für den Patienten prognoserelevant. 3. Anamnese und klinische Untersuchung haben den wichtigsten Stellenwert für die Erkennung von Tumorrezidiven. 4. Eine sensitive Nachsorgeuntersuchung ist die Lymphknotensonographie. 5. Der Einsatz von bildgebenden Verfahren und Blutuntersuchungen soll risikoadaptiert vorgenommen werden. J OU R NAL Nachsorge HNO-Tumoren Die Heilungschance aller Tumoren im HNO-Bereich hängt vom Stadium bei der Diagnosestellung ab. Die kurative Therapie ist in der Regel die Chirurgie. In Grenzfällen kann eine multimodale Therapie mit Operation, Strahlen- und Chemotherapie zu Langzeitremissionen bzw. zur Heilung führen. In den vergangenen Jahren haben auch Patienten mit inoperablen Tumoren von einer primär angewendeten Radio-Chemo-Therapie profitiert. Die Antikörpertherapie lässt weitere gute Therapieerfolge in der Tumortherapie erwarten. Bei Patienten nach kurativer Erstbehandlung steht neben der Behandlung therapiebedingter Folgeschäden die Entdeckung des Lokalrezidivs im Vordergrund der Nachsorgeuntersuchung, da Fernmetastasen seltener sind. Sowohl beim Rezidiv als auch bei der Metastasierung bestehen deutlich schlechtere Heilungschancen. Die meisten Patienten mit HNO-Tumoren haben auch ein erhöhtes Risiko an einem Bronchialkarzinom, Ösophaguskarzinom oder einem zweiten Tumor im HNO-Bereich zu erkranken. Insbesondere bei potentiell kurativ behandelten Patienten ist bei der Nachsorge an diese Zweitkarzinome zu denken. Notwendige Untersuchungen - Ärztliche Untersuchung, Ganzkörperuntersuchung alle 6 Monate durch Hausarzt - HNO-Spiegelstatus durch niedergelassenen HNO-Arzt monatlich Tumornachsorge: alle 3 Monate für 2 Jahre, dann halbjährlich, später jährlich - Sonografie des Halses und der Speicheldrüsen bei jeder Tumornachsorgeuntersuchung - Kopf-Hals-CT oder -MRT (tumorabhängig) nach Abschluss der Primärtherapie - Röntgen-Thorax alle 12 Monate für 5 Jahre 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 29 ■ Ergänzende Untersuchungen bei Beschwerden oder Metastasenverdacht: - Sonografie des Abdomens - Kopf-Hals CT oder -MRT - Röntgen-Thorax oder CT - PET-CT - Laboruntersuchungen (Entzündungsparameter, Blutbild, Leberenzyme, harnpflichtige Substanzen) Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Dirk Eßer Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-781 21 01 e-mail: [email protected] sind für verschiedene Tumorentitäten (z.B. für niedriggradige Gliome, Kraniopharyngeome) auch deutschlandweit agierende Studienzentren eingebunden. Bei Tumoren mit hoher Wachstums- oder Rezidivrate muss die Nachsorge zur Bestimmung des biologischen Verhaltens des Tumors engmaschiger erfolgen. Nach der ersten Kontrolle 3 Monate nach der Intervention erfolgen weitere Untersuchungen in der Regel alle 3 Monate, wenn kein Hinweis auf einen Rest- oder Rezidivtumor besteht. Unabhängig davon wird der Verlauf bei Patienten mit neurologischen Ausfällen oder Epilepsie kontinuierlich überwacht, um die symptomatische Therapie zu optimieren und rechtzeitig rekonstruktive Interventionen bei persistierenden Defiziten oder anderen Folgezuständen einleiten zu können. Patienten mit Tumoren im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels (z.B. Akustikusneurinome) und der Schädelbasis (Tumoren im Bereich der Sella) nehmen zusätzlich an Umfragen zur Lebensqualität und Symptomausprägung mittels Fragebogen teil, um die Behandlung auf diesem Gebiet zu optimieren. Tumoren des zentralen und peripheren Nervensystems Aufgrund der Vielzahl der Tumorarten des ZNS ist die Nachsorge und die Verlaufskontrolle unterschiedlich. Bei allen Patienten erfolgte die rehabilitative Therapie zunächst unabhängig von der Dignität des Tumors und ist danach ausgerichtet, welche neurologischen Defizite durch den Tumor oder durch dessen Behandlung (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie) entstanden sind. Die Therapie beginnt unmittelbar nach Auftreten des Defizits noch in der Klinik: z.B. durch Logopädie bei Sprachstörungen oder Physiotherapie bei motorischen Ausfällen. In jedem Fall sind die Ziele die Reintegration des Patienten in sein soziales Umfeld, die Wiedererlangung oder Verbesserung seiner psychischen und physischen Fähigkeiten und die Wiedereingliederung in seinen Arbeitsbereich. Häufig schließt sich deshalb an die Operation bzw. die Radio- und/oder Chemotherapie eine Anschlussheilbehandlung an. Art und Umfang der Nachsorge orientieren sich unter anderem an der Dignität des Tumors, an den eingesetzten therapeutischen Maßnahmen und an den neurologischen Defiziten des Patienten. Die Klinik für Neurochirurgie, die Klinik für Neurologie und die Klinik für Strahlentherapie haben hierzu eigene Tumorsprechstunden eingerichtet, interdisziplinäre Fälle werden regelmäßig in speziellen Foren (z.B. Neurozentrumskonferenz, Schädelbasiskonferenz) besprochen. Generell orientiert sich die Nachsorge an interdisziplinär erstellten Leitlinien (siehe z.B. http://www.dgn.org/inhalte-kapitel.html). Bei gutartigen Tumoren wird eine klinische und kernspintomographische (MRT) Befundkontrolle nach Ablauf von 3 Monaten angestrebt, unabhängig davon, ob bereits innerhalb der ersten drei Tage eine bildgebende Kontrolluntersuchung erfolgt ist. Bei unauffälligem Verlauf wird die nächste Nachuntersuchung meist erst nach weiteren 12 Monaten fällig. Die weiteren Kontrollintervalle (Standard 6-12 Monate) variieren in Abhängigkeit von den erhobenen Befunden und der Dignität des Tumors. Dabei ■ S eite 3 0 ■ JOU R NAL Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Steffen Rosahl Klinik für Neurochirurgie HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-781 22 61 e-mail: [email protected] Sie können die Arbeit des Tumorzentrum Erfurt e.V. durch Ihre Spende unterstützen! Sparkasse Mittelthüringen BLZ 820 510 00 · Konto-Nr. 130 123 609 (Spenden sind steuerlich begünstigt! 02 1 /2 01 00 5 ■ Die Schädelbasis – eine interdisziplinäre Herausforderung Von der 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schädelbasischirurgie in Erfurt Qualitätssicherung, Zentrenbildung, Interdisziplinarität und neue Therapieverfahren waren die Schwerpunkte der 18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schädelbasischirurgie, zu der vom 1.-4. Oktober ca. 200 Teilnehmer und Gäste aus USA, England, Frankreich, Italien, Spanien, Ukraine, Irak, Norwegen und Saudi-Arabien im Pullman Hotel der Thüringer Landeshauptstadt durch Oberbürgermeister Andreas Bausewein begrüßt wurden. Die Organisation des wissenschaftlichen Programms der Tagung mit anschließendem Hands-on-Workshop lag in diesem Jahr in den Händen der Erfurter Neurochirurgen. Nach über 30 Jahren Entwicklung ist die Behandlung der Erkrankungen auf diesem Spezialgebiet den Kinderschuhen entwachsen. Die Schädelbasischirurgie stellt inzwischen ein Rollenmodell für interdisziplinäre Zusammenarbeit dar – die komplexe, Fachgrenzen überschreitende Anatomie und Pathophysiologie der betroffenen Region ist anders nicht zu beherrschen. Darüber hinaus ist das Gebiet ein Entwicklungsfeld für neue Instrumente und Techniken und damit Ausgangspunkt für beispielhafte Kooperationen mit der Medizintechnik. Auf der Tagung wurde dieser Tatsache mit der Vergabe des eigens für besondere Verdienste um diese Zusammenarbeit gestifteten Scheunemann-Preises an den Vorstandsvorsitzenden der Aesculap AG, Hanns-Peter Knaebel, auf dem Gesellschaftsabend im neu eröffneten Palmenhaus in der Erfurter Innenstadt Rechnung getragen. Wachsendes medizinisches Interesse gilt in der Schädelbasischirurgie endoskopischen und endoskopisch-assistierten Behandlungsverfahren. Dabei ist die transnasal gut erreichbare Keilbeinhöhle Dreh- und Angelpunkt der verschiedensten Zugangswege zur Schädelbasis. Ein in 3D illustrierter Vortrag von Juan Fernandez aus Pittsburgh und ein aus Verona live via Skype übertragener Vortrag von J OU R NAL Paolo Cappabianca zur endoskopischen Chirurgie der vorderen Schädelbasis waren Publikumsmagneten. Auch der im Anschluss an die Tagung (3./4.10.) durchgeführte Hands-on-Workshop an 11 technisch voll ausgerüsteten Arbeitsplätzen stand ganz im Zeichen der endoskopischen Verfahren. Neu für diese traditionell sehr rasch ausgebuchten Workshops war die Demonstration neuroprothetischer Verfahren, wie die Anlage von elektronischen Implantaten in der Cochlea und am Hirnstamm. Michael Gleeson (HNO) aus London, einer der Gründungsväter der europäischen Gesellschaft für Schädelbasischirurgie Gastgeber des nächsten Weltkongresses auf diesem Gebiet im Jahr 2012 im englischen Brighton und Chef-Herausgeber der Zeitschrift „Skull Base“ hatte mit einem vergünstigten Subskriptionspreis für die deutschen Kollegen ein besonderes Geschenk im Gepäck. Mit Rudolf Fahlbusch (Hannover) zeigte ein weiterer „Altmeister“ und Routinier Wege auf, wie Tradition und Moderne bei der Bildung von Schädelbasis-Zentren zusammenkommen können. Andreas Unterberg (Heidelberg), gerade erholt von der Organisation der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie auf der Neurowoche in Mannheim, nahm das umkämpfte Thema „Mindestmengen“ bei der Behandlung seltener Erkrankungen in seinen Vortrag zur Qualitätssicherung auf und erhielt Zustimmung sowie lebhafte Diskussion. Die Vorstellung der neuen „Leitlinie Akustikusneurinom“ durch den Vorsitzenden der DGSB, Thomas Lenarz, Fachvorträge, eine Podiumsdiskussion über Behandlungsoptionen und die sehr wissenschaftliche Darstellung von ergebnisorientierter Patientenberatung von Morten LundJohansen aus Bergen (Norwegen) zeichneten den Weg für eine Standardisierung der Behandlung von Patienten mit diesem Tumor in Zukunft vor. Marcos Tatagiba (Neurochirurgie Tübingen) zeigte anschaulich anhand exakter chirurgischer Ergebnisse, wie es durch exzellentes Mentoring gelingen kann, den neurochirurgischen Nachwuchs rasch und unter Vermeidung einer flachen Lernkurve an das Arbeiten auf höchstem Qualitätsniveau heranzuführen. 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 31 ■ Jürgen Debus aus Heidelberg referierte eindrucksvoll zu Ergebnissen der Protonenbestrahlung von chordoiden Tumoren der Schädelbasis. Hier zeigte sich ganz besonders stark die Notwendigkeit der Einbeziehung nicht-chirurgischer Fächer in die onkologischen Behandlungsstrategien von Schädelbasistumoren. Vor diesem Hintergrund gibt es Überlegungen in der Gesellschaft, die Bezeichnung „Chirurgie“ aus deren Namen herauszulösen, um anderen Fachvertretern den Zugang zur DGSB zu erleichtern und das erweitert-interdisziplinäre Umfeld zu verdeutlichen. Mit der Kurt-Schürmann-Medaille für außergewöhnliche Verdienste auf dem Gebiet der Schädelbasischirurgie wurde in diesem Jahr Rainer Schmelzle, Direktor der MundKiefer-Gesichtschirurgie aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf geehrt. Den Denecke-Preis für hervorragende wissenschaftliche Nachwuchsarbeiten erhielt Florian Ebner (Neurochirurgie Tübingen). Gastgeber der nächsten Jahrestagung der DGSB wird Jörg Schipper (HNO-Klinik der Universität Düsseldorf) sein. Bis dahin soll vor allem an der Definition und Zertifizierung der bestehenden Zentren gearbeitet werden. Korrespondenzadresse: von Medizinisch-wissenschaftlicher Gesellschaft Erfurt e.V. HELIOS Klinikum Erfurt GmbH und Tumorzentrum Erfurt e.V. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten Ihre gezielten und konzentrierten Fortbildungsaktivitäten mit einem gemeinsamen Veranstaltungsverzeichnis unterstützen und Ihnen ein breites Spektrum zertifizierter und hoffentlich für Sie interessanter Fort- und Weiterbildungen anbieten. Die nachstehende Kurzfassung kann weder vollständig sein, noch umfassend informieren. Sie soll als Orientierungshilfe dienen und Sie animieren, alle weiteren Informationen und die laufenden Aktualisie-rungen auf der Internetseite www.mwg-erfurt.de nachzulesen und / oder direkt bei den Organisatoren zu erfragen. Über eine zahlreiche Teilnahme an den Veranstaltungen, rege Diskussionen sowie die Vertiefung und Ausweitung persönlicher Kontakte freuen wir uns besonders. Prof. Dr. med. R. Erkwoh Vorsitzender MWG e.V. Prof. Dr. med. A. Stier Vorsitzender Tumorzentrum Erfurt e.V. Prof. Dr. med. D. Eßer Ärztlicher Direktor HELIOS Klinikum Erfurt Januar 2011 Prof. Dr. med. Steffen Rosahl Prof. Dr. med. Rüdiger Gerlach Klinik für Neurochirurgie HELIOS Klinikum Erfurt Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon: 0361-7812261 e-Mail: [email protected] e-Mail: [email protected] 13.01.2011, 15.00 bis 17.45 Uhr HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium Miteinander Reden – Psychoonkologische Konzepte in der Krebsbewältigung Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem Onkologischen Zentrum, HELIOS Klinikum Erfurt 14. – 16.01.2011 Leonardo Hotel Weimar (ehem. Hilton), Belvederer Allee 25, Weimar 21. Gemeinsame Arbeitstagung „Angiologie Interdisziplinär“ Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Gefäßzentrum, HELIOS Klinikum Erfurt 19.01.2011, 17.00 bis 20.00 Uhr Augustinerkloster Erfurt, Neubau der Bibliothek Bewährte und neue endoskopische Untersuchungverfahren am HELIOS Klinikum Erfurt Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem HELIOS Darmzentrum Erfurt und dem Onkologischen Zentrum, HELIOS Klinikum Erfurt, LÄK Thüringen: 3 Punkte, Kategorie A IMPRESSUM ISSN 1868-291X (Print-Ausgabe) ISSN 1868-2928 (Internet) ■ Herausgeber: Tumorzentrum Erfurt e.V. Februar 2011 ■ Redaktion: Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl · Dr. rer. nat. Hubert Göbel ■ Redaktionsbüro und Versand: Tumorzentrum Erfurt e.V. Nordhäuser Straße 74 · 99089 Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-48 02 · Telefax: 03 61 / 7 81-48 03 E-Mail: [email protected] ■ Layout, Satz und Druck: Handmann Werbung GmbH Erfurt ■ Hinweis: Das Tumorzentrum Erfurt erstellt die Artikel nach bestem Wissen und Gewissen. Die Verantwortung für den Inhalt der medizinischen und wissenschaftlichen Beiträge obliegt den Autoren. Sie stellen keine Handlungsempfehlungen für den individuellen Fall dar. ■ S eite 3 2 ■ ■ Gemeinsames Veranstaltungsverzeichnis JOU R NAL 16. – 20.02.2011 Hotel „Weißer Schwan“ Erfurt-Kerspleben 13. Erfurter Seminar „Endokrinologie aktiv“ 2. Medizinische Klinik, Bereich Endokrinologie, HELIOS Klinikum Erfurt 26.02.2011, 9.00 bis 14.00 Uhr 3. Gothaer Gynäkologentag Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, HELIOS Brustzentrum Gotha, HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha-Ohrdruf März 2011 19.03.2011, 10.00 bis 13.00 Uhr HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium 43. Erfurter Ophthalmologengespräch Klinik für Augenheilkunde, HELIOS Klinikum Erfurt 02 1 /2 01 00 5 April 2011 13.04.2011, 16.00 bis 20.00 Uhr HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium 3. Erfurter Dermatologische Frühjahrstagung „Systemwechsel in der Hauttumortheapie“ Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt, HELIOS Klinikum Erfurt, in Zusammenarbeit mit dem Tumorzentrum Erfurt e.V. 30.11.2011 HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium Aktuelles in der HNO-Onkologie HELIOS Klinikum Erfurt, HELIOS Kopf-Hals-Tumorzentrum in Zusammenarbeit mit dem Tumorzentrum Erfurt e.V. KONTAKTADRESSEN: Mai 2011 26.05.2011, 19.00 bis 20.30 Uhr HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium 37. Erfurter Fortbildung Hämatologie und Onkologie für Krankenschwestern und -pfleger Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem Onkologischen Zentrum, HELIOS Klinikum Erfurt Medizinisch-wissenschaftliche Gesellschaft Erfurt e.V. Sekretär Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Hamm Nordhäuser Straße 74 · 99089 Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-67 18 Telefax: 03 61 / 7 81-67 19 e-Mail: [email protected] www.mwg-erfurt.de Juni 2011 18.06.2011 HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium Symposium Neuromedizin 2011 „Was tun, wenn…?“ – Neuromedizin für die Praxis Klinik für Neurochirurgie, Klinik für Neurologie und Institut für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, HELIOS Klinikum Erfurt 22.06.2011, 17.00 bis 20.00 Uhr Augustinerkloster Erfurt, Neubau der Bibliothek 21. Erfurter Fortbildung Hämatologie und Onkologie Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit dem Onkologischen Zentrum und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt 25.06.2011, 10.00 bis 13.00 Uhr HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium 44. Erfurter Ophthalmologengespräch HELIOS Klinikum Erfurt, Klinik für Augenheilkunde September 2011 28.09.2011, 17.00 bis 20.00 Uhr Augustinerkloster Erfurt Symposium „Gynäkologische Onkologie“ Tumorzentrum Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt Oktober 2011 08.10.2011, 9.00 bis 18.00 Uhr HELIOS Klinkum Erfurt, Auditorium 3. Erfurter Dermatologische Herbsttagung Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Hauttumorzentrum Erfurt, HELIOS Klinikum Erfurt, in Zusammenarbeit mit dem Tumorzentrum Erfurt e.V. November 2011 04. – 05.11.2011 Haus Hainstein Eisenach 24. Onkologische Konferenz Tumorzentrum Erfurt e.V. in Kooperation mit dem Onkologischen Zentrum, HELIOS Klinikum Erfurt, und der Medizinisch-Wissenschaftlichen Gesellschaft Erfurt e.V. 12.11.2011, 10.00 bis 13.00 Uhr HELIOS Klinikum Erfurt, Auditorium 45. Erfurter Ophthalmologengespräch HELIOS Klinikum Erfurt, Klinik für Augenheilkunde J OU R NAL HELIOS Klinikum Erfurt Pressesprecherin Brigitte Kohlberg Nordhäuser Straße 74 · 99089 Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-10 31 Telefax: 03 61 / 7 81-10 32 e-Mail: [email protected] www.helios-kliniken/erfurt Tumorzentrum Erfurt e.V. Geschäftsführer Dr. Hubert Göbel Nordhäuser Straße 74 · 99089 Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-48 06 Telefax: 03 61 / 7 81-48 03 e-Mail: [email protected] www.tumorzentrum-erfurt.de ■ ANGEBOTE DES TUMORZENTRUM ERFURT e.V. KONSILARDIENSTE • Interdisziplinäres onkologisches Konsil Jeden Mittwoch, 7.30 Uhr, Demo-Raum C 1.400 des Instituts für bildgebende Diagnostik, Hauptgebäude 1. OG, HELIOS Klinikum Erfurt, Nordhäuser Straße 74 Anmeldungen über Telefon 03 61 / 7 81-48 02 Leitung: Prof. Dr. Herold / Prof. Dr. Scharf Jeder Arzt kann seine onkologischen Fälle persönlich einem Gremium von Experten aller Fachdisziplinen vorstellen. Am Ende der (kostenfreien) Beratung erhält er eine konkrete Therapieempfehlung. Zu jeder Fallbesprechung wird ein Protokoll angefertigt, das dem vorstellenden Arzt und eventuellen mitbehandelnden Ärzten zugeht. • Telefonischer Konsilardienst Unkompliziertes Vermitteln von Kontakten zu den speziellen onkologischen Ansprechpartnern aller Fachgebiete f www.tumorzentrum.de 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 33 ■ ONKOLOGISCHE LEITLINIEN Hilfestellung bei der Umsetzung der aktuellen Diagnose-, Therapie- und Nachsorgeleitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft und der medizinischen Fachgesellschaften. In Ergänzung und zur praktischen Durchführung werden diese bei Bedarf für die speziellen regionalen Bedingungen adaptiert. KONTAKTE ZU SELBSTHILFEGRUPPEN UND HOSPIZDIENSTEN IN DER REGION PSYCHOLOGISCHE BETREUUNG Betreuungsangebote für stationäre Patienten des HELIOS Klinikum Erfurt sowie für Ärzte und Pflegepersonal. HELIOS Klinikum Erfurt GmbH Haus 8, Nordhäuser Straße 74, 99089 Erfurt Telefon: Telefax: E-Mail: Homepage: Geschäftsführer: 03 61 / 7 81-48 02 03 61 / 7 81-48 03 [email protected] http://www.tumorzentrum-erfurt.de Dr. rer. nat. Hubert Göbel ■ WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl (Vorsitzender) Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-27 50 FORT- UND WEITERBILDUNG • Ärzte • Krankenschwestern und -pfleger • Sozialdienste DOKUMENTATION • Klinische Tumordokumentation In Erfüllung des Qualitätssicherungsauftrages des Sozialgesetzbuches (SGB V) wird für jeden Patienten der gesamte Krankheitsverlauf nach anerkannten Regeln (Tumorbasisdokumentation) dokumentiert. Die Unterlagen stehen dem Patienten und ihren behandelnden Ärzten zur Verfügung. Im Einzelfall (bei Umzug, Arztwechsel, Verlust von Originalunterlagen) sind sie für den Arzt eine unschätzbare Hilfe. • Gemeinsames Krebsregister der neuen Bundesländer Epidemiologisch relevante Daten werden entsprechend geltender Gesetze an das Gemeinsame Krebsregister der neuen Bundesländer weitergegeben. Mehr als 95 % der Meldungen des Einzugsgebietes kommen vom Tumorzentrum. Diese Daten werden regelmäßig mit den amtlichen Sterbedaten abgeglichen und stehen dem meldenden Einrichtungen zur Verfügung. SERVICE • Unterstützung der Nachbetreuung, Erinnerungsfunktion Auf persönlichen Wunsch werden Patienten (und ihre betreuenden Ärzte) an vereinbarte bzw. vergessene Nachsorgetermine erinnert. • Statistiken für Krankenhäuser und Praxen Erstellung von Übersichten, Leistungsstatistiken und Überlebenszeitanalysen für die von der jeweiligen Einrichtung betreuten Patienten. • Informationen Kostenlose Bereitstellung von Tumor-Nachsorgepässen und Informationsmaterialien für Patienten, Ärzte, Pflegepersonal und Sozialdienste ■ S eite 3 4 ■ ■ HIER ERREICHEN SIE UNS JOU R NAL Adjunct Professor Dr. med. Rainer Bonnet M.D. Dpt. of Medicine, Loma Linda Univ., California Chefarzt, Klinik für Pneumologie, Zentralklinik Bad Berka Telefon: 03 64 58 / 5 15 00 Dr. med. Karl-Matthias Deppermann Chefarzt, 1. Medizinische Klinik, Thoraxzentrum, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 03 61 / 7 81-25 80 Michael Domrös Leiter der Landesvertretung Thüringen Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek) Lucas-Cranach-Platz 2, 99099 Erfurt Telefon: 03 61 / 4 42 52 11 Dr. med. Alexander Fichte Urologe, Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 Erfurt Telefon: 03 61 / 6 43 73 03 Dr. med. Michael Glatzel Designierter Chefarzt, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 03 61 / 7 81-24 00 Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Hamm Leiter der Abteilung Stereotaktische Neurochirurgie und Radiochirurgie, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-67 18 Prof. Dr. med. Udo B. Hoyme Direktor, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-40 00 Markus Klaus Leiter des Fachbereichs Verhandlungsstrategie KH/Reha, AOK PLUS – Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen, Samuel-Beck-Weg 4, 99097 Erfurt, Telefon: 03 61 / 65 32 38 12 41 02 1 /2 01 00 5 Dipl.-Med. Susanne Köhler Oberärztin, 1. Medizinische Klinik, Hämatologie und internistische Onkologie, HELIOS Kreiskrankenhaus Gotha-Ohrdruf, Telefon: 0 36 21 / 2 20-1 30 Dr. med. André Nemat Chefarzt, Klinik für Thoraxchirurgie und Thorakale Endoskopie, Thoraxzentrum, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-25 90 Prof. Dr. med. Steffen Rosahl Chefarzt, Klinik für Neurochirurgie, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-22 60 Prof. Dr. med. Axel Sauerbrey Chefarzt, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-45 00 Priv.-Doz. Dr. med. Lutz-Dieter Schreiber Chefarzt, Chriurgische Abteilung, Hufeland Klinikum, Standort Bad Langensalza Telefon: 0 36 03 / 8 55-0 Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Steiner Chefarzt, Klinik für Urologie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 03 61 / 7 81-22 00 ■ VORSTAND Prof. Dr. med. Albrecht Stier (Vorsitzender) Chefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 03 61 / 7 81-23 30 Prof. Dr. med. Michel Herold (Stellvertr. Vorsitzender) Chefarzt, 4. Medizinische Klinik, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-25 66 Prof. Dr. med. Dirk Eßer Chefarzt, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, HELIOS Klinikum Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-21 00 Prof. Dr. med. Rudolf A. Herbst Chefarzt, Klinik für Hautkrankheiten und Allergologie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 03 61 / 7 81-43 00 Prof. Dr. med. Hartwig Kosmehl Chefarzt, Institut für Pathologie, HELIOS Klinikum Erfurt, Telefon: 03 61 / 7 81-27 50 Dr. med. Jörg Pertschy Chefarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Katholisches Krankenhaus St. Nepomuk Erfurt, Telefon: 03 61 / 6 54-12 00 Dr. med. Jörg Weniger Hämatologe und internistischer Onkologe, Geschwister-Scholl-Straße 6, 99085 Erfurt Telefon: 03 61 / 5 66 78 19 Im nächsten Journal Tumorzentrum Erfurt lesen Sie… ■ Aus der Praxis – für die Praxis Diana Schaffer, Silke Brescius, Anke Siebahn, Regine Dahse, H. Kosmehl Gemeinschaftspraxis für Pathologie Erfurt Die LCD-Array-Technik (Chip-Technologie) ermöglicht eine schnelle und kostengünstige HPV-Analyse mit Erfassung von 32 verschiedenen HPV-Typen (vgl. Thüringer Ärzteblatt 294, 2010). Nur ca. 70 % der Infektionen werden von den klassischen HPV-Hochrisikotypen 16, 18, 31 und 33 verursacht. Ca. 30 % der HPV-Hochrisikoinfektionen werden von den üblichen Nachweisverfahren, die auf HPV 16, 18, 31 und 33 ausgerichtet sind, nicht erfasst. Die neuen technischen Möglichkeiten der HPV-Typisierung sowie die Analyse von Risikofaktoren und HPV-assoziierten genetischen Veränderungen ermöglichen eine Präzisierung der zytologischen Diagnosen. J OU R NAL Spektrum der HPV-Hochrisikotypen in 310 zytologischen Abstrichpräparaten der Cervix uteri im Raum Erfurt, Arnstadt, Stadtilm vom 01.04. bis 30.09.2010 Korrespondenzadresse: Diana Schaffer, Silke Brescius, Anke Siebahn, Regine Dahse, H. Kosmehl Gemeinschaftspraxis für Pathologie Nordhäuser Str. 74 99089 Erfurt Telefon 0361-7812755 · Telefax 0361-7812760 0 2 /2 01 0 ■ Sei t e 35 ■ Tumorzentrum Erfurt e.V. Nordhäuser Straße 74 99089 Erfurt Telefon: 03 61 / 7 81-48 02 Telefax: 03 61 / 7 81-48 03 E-Mail: [email protected] www.tumorzentrum-erfurt.de