70 Jahre ADGB_Björn Wortmann

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Ansprache: 70 Jahre Gründung des ADGB am 31. Mai 2015 in Aschaffenburg
Redner: Björn Wortmann, DGB-Regionssekretär Unterfranken, Büro Aschaffenburg
Heute an diesem Sonntag, den 31. Mai 2015 jährt sich die Gründung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Aschaffenburg als erste hiesiger Gewerkschaft in Bayern nach Ende des zweiten Weltkrieges zum 70. Mal.
Der 31. Mai 1945 ist der Tag des Neubeginns der gewerkschaftlichen Aktivitäten nach Ende des zweiten Weltkrieges
hier in Aschaffenburg und somit auch in Bayern. Die alliierten Streitkräfte beendeten Terrorherrschaft der Nationalsozialisten nach über sechs Jahren Krieg.
Als Deutscher Gewerkschaftsbund setzen wir uns daher mit Nachdruck für Frieden und Demokratie und gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit ein, weil uns die Geschichte dazu verpflichtet.
Wir halten die Erinnerung wach an die Opfer und an diejenigen, die Widerstand gegen die Nazis geleistet haben, darunter auch viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter.
Die Geschichte lehrt uns auch, dass wir nur als Einheit erfolgreich und zukunftsfähig sind. Wir haben eine gemeinsame
Überzeugung und leben Solidarität. Die Einigkeit macht uns Gewerkschafter stark, sodass wir im DGB das Modell der
Einheitsgewerkschaft leben.
Am 3. April 1945 hisste die Festung Aschaffenburg die weiße Fahne. Hugo Häusner übergab als amtlicher Vertreter des
NS-Oberbürgermeisters Wilhelm Wohlgemut die Stadt den siegreich vorrückenden Amerikanern. Nationalsozialisten
wurden aus dem Verwaltungsapparat entfernt, alle Nazigesetze und –Bestimmungen für ungültig erklärt. Ein Neubeginn war möglich.
Jean Stock (SPD) wurde neuer OB von AB. Jean Stock war ehem. Stadtrat und Abgeordnete des bay. Landtags, Häftling
im KZ Dachau und Arbeitersekretär der freien Gewerkschaften bis 1922. Die Militärregierung ließ Stock wissen, dass
dem Zusammenschluss der Arbeiterschaft in Gewerkschaften nichts im Wege stünde. Im Gegenteil:
Gewerkschaften als einzige politische Gruppierung seien zu erlauben und sogar ausdrücklich zu fördern.
So kam es, dass Bernhard Junker, Hugo Karpf und Eugen Ostheimer den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund
(ADGB) am 31. Mai 1945 als erste hiesige Gewerkschaft in Bayern nach Ende des zweiten Weltkrieges gründeten.
Junker wurde zum ersten Vorsitzenden, Karpf zum Kassier und Ostheimer zum Geschäftsführer. Die drei Persönlichkeiten prägten das politische Leben in Aschaffenburg und auch auf überregionaler Ebene nachhaltig.
Drei Wochen nach offiziellem Kriegsende haben sich hier dem Haus hinter mir in der Elisenstraße 7 in AB engagierte
Gewerkschafter getroffen, um im Sinne der Einheitsgewerkschaft den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund zu
gründen.
– frei zugänglich für jeden Betriebsangehörigen, Arbeiter oder Angestellter, ohne Rücksicht auf Religionszugehörigkeit
und Abstammung oder Parteizugehörigkeit.
Sie haben sich deshalb hier getroffen, weil das frühere Gewerkschaftshaus in Elisenstr. 23 in den letzten Kriegstagen bis
auf die Grundmauern zerstört wurde. Zuvor wurde es enteignet und von der DAF verkauft.
Hier in der Elisentstraße 7 war das ehem. Amtsgebäude der DAF. Es wäre zu erwarten, dass 31. Mai 1945 die Stunde
Null sei.
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Mitnichten. Gewerkschaften in der Nachkriegszeit waren keine neuen Gebilde, sondern sie hatten ihre Wurzeln schon in
der Weimarer Republik. Vor 1933 gab es eine rührige und erfolgreiche Arbeiterbewegung. Nach 12 Jahren Agonie und
Zerschlagung fanden sich die Gewerkschafter wieder zusammen, die zuvor schon ihre Kraft und ihren Idealismus in die
Gewerkschaftsarbeit eingebracht hatten. Sie ihrem früheren Engagement treu geblieben, sie hatten dafür bezahlen
müssen und waren es, die sofort die Chance ergriffen, den Gewerkschaftsgedanken wieder zu beleben.
Aus ihren Erfahrungen heraus mit dem Faschismus wurde hier in AB der Grundstein für eine neue Gewerkschaftsbewegung gesetzt. Ziel war es die Einheitsgewerkschaft zu realisieren, der wir heute noch verpflichtet sind!
Zitat aus dem Statut des ADGB:
„Der ADGB erstrebt die Bereinigung aller Betriebe und Körperschaften von nazistischen und militaristischen Einflüssen
und tritt gemäß den Überlieferungen der alten deutschen Gewerkschaften für Völkerfrieden und Völkerfreiheit ein. Der
ADGB vertritt die Interessen seiner Mitglieder in wirtschaftlichen, sozialen und arbeitsrechtlichen Fragen, steht ihnen mit
Rat und Tat zur Seite und erstrebt die Gleichberechtigung und Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft auf sämtlichen
Gebieten der Wirtschaft“
In Würdigung dieser Tatsache und dieser ersten Gründung enthüllen wir heute hier die Schaukästen. Daher haben wir
hier in Aschaffenburg eine besondere Verantwortung und Tradition.
Gut zwei Jahre später wurde im März 1947 Lorenz Hagen zum Präsidenten des bayerischen Gewerkschaftsbundes gewählt. Damals waren schon 400.000 Menschen in Gewerkschaften organisiert. Heute sind es über 800.000.
Wieder zwei Jahre später wurde am 13. Oktober 1949 die Gründungsurkunde des Deutsche Gewerkschaftsbunds in
München unterzeichnet. Auf der Versammlung wurde Hans Böckler zum Vorsitzenden gewählt.
Am 4. Juni 1950 fand die erste Generalversammlung des DGB AB statt, auf der Heinrich Altehage von den 49 Delegierten einstimmig zum geschäftsführenden Vorsitzenden gewählt wurde. Zehn Gewerkschaften mit rund 22.000 Mitgliedern sollten schließlich dem DGB Kreisverband AB angehören.
Der DGB sollte die wirtschafts- und sozialpolitischen Forderungen nach Mitbestimmung, Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien und Wirtschaftsplanung in einem wirtschaftsdemokratischen Deutschland verwirklichen!
Ich erinnere an dieser Stelle nur daran, dass der gesellschaftliche Wohlstand auch dem Engagement der Gewerkschaften zu verdanken ist. Ich erinnere daran, dass wir heute von unzähligen Regelungen profitieren, die in langen Arbeitskämpfen erstritten werden mussten. Ich erinnere exemplarisch an den 16 wöchigen Streik der Metallarbeiter in Schleswig Holstein 1956/57. Dort wurde die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erstritten!
Heute 65 Jahre nach der Gründung hat sich viel verändert, die Herausforderungen und die Forderungen nach guter Arbeit für die Menschen sind dieselben. Unsere gewerkschaftlichen Grundwerte wie Solidarität, Einsatz für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und Mitbestimmung sind heute aktuell wie nie!
In Zeiten von prekärer Beschäftigung und rechten Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft und einer weiter sich öffnenden Schere zwischen arm und reich gilt es Geschlossenheit zu demonstrieren und gemeinsam eine solidarisches Miteinander inner- und außerhalb des Betriebes zu fordern und die Arbeit der Zukunft zu gestalten!
Der erste Schritt zu mehr Gerechtigkeit ist dieses Jahr mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50€ getan, weitere Schritte müssen folgen: wie bspw. die Regulierung von Werkverträgen und Verhinderung von Altersarmut.
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