Fortbildungscurriculum für Medizinische Fachangestellte „Fachassistentin in der Suchtmedizin“ Inhaltsverzeichnis Einführung .............................................................................................................. 3 Ziel und Aufbau des Curriculums ........................................................................... 4 Hinweise zur Durchführung .................................................................................... 4 Dauer und Gliederung ............................................................................................ 5 Teilnahmevoraussetzungen ................................................................................... 5 Handlungskompetenzen ......................................................................................... 5 Abschluss ............................................................................................................... 6 Überblick über Inhalte und Stundenverteilung ........................................................ 6 Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten .............................................................. 6 1. Kommunikation und Gesprächsführung ............................................................. 6 2. Wahrnehmung und Motivation............................................................................ 7 3. Grundlagen der Suchtmedizin ............................................................................ 7 4. Organisation und Koordination ........................................................................... 7 Abschluss/Zertifikat ................................................................................................ 8 © Bildungswerk für Gesundheitsberufe e.V. & H. Frömmel Vorbemerkung Einführung Abhängigkeitserkrankungen und deren Folgen haben einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesundheitsausgaben und werden prognostisch eher zunehmen. Dabei ist die Verteilung über alle Versorgungsgebiete und –regionen annähernd gleich. Als zweitgrößte Gruppe unter den Fachberufen im Gesundheitswesen unterstützen Medizinische Fachangestellte /Arzthelferinnen den Arzt in der Versorgung. Die Ausbildungsverordnung für Medizinische Fachangestellte (in Kraft getreten im August 2006) hat dem Rechnung getragen mit anspruchsvollen Handlungskompetenzen wie z. B.: Kommunikation mit Patienten und im Team, insbesondere der Umgang mit Konflikten, Beschwerden und Störungen, Patientenbetreuung, -koordinierung und -beratung, Praxismanagement, Verwaltung und Abrechnung, Dokumentation, Datenschutz und Datensicherheit sowie Informations- und Kommunikationstechnologien. Im Bereich der Assistenz Suchtmedizin bedarf es einer vertiefenden Spezialisierung. Das vorliegende Curriculum wurde von einer Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Blaukreuzzentrum Kassel, des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. sowie dem Bildungswerk für Gesundheitsberufe e.V. erarbeitet. Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. wurde beratend hinzugezogen. Kasuistik: Ein Fünftel der Frauen und ein Drittel der Männer trinken zu viel Alkohol. Bei den unter 30-jährigen konsumieren 30 Prozent der Frauen und 45 Prozent der Männer alkoholische Getränke in Mengen, die gesundheitsschädigend sein können. In moderaten Mengen trinkt gut die Hälfte der befragten Frauen und Männer Alkohol. Ein Viertel der Frauen und ein Zehntel der Männer trinken nie Alkohol. 9 Prozent der Frauen und 25 Prozent der Männer trinken mindestens einmal im Monat mehr als sechs Glaser alkoholischer Getränke bei einer Gelegenheit (BingeDrinking) und riskieren damit ihre Gesundheit. Bei den unter 30-jährigen sind dies 19 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer. In Deutschland leben schätzungsweise 1,6 Mill. alkoholabhängigkeitserkrankte Menschen [GEDEA 2009]. Im Jahr 2010 waren die Suchterkrankungen bei Allgemeinmedizinern unter den 30 häufigsten Diagnosen lediglich mit der Diagnose „F17 – Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak“ auf dem 28. Rang. Unter den Fachärzten für Nervenheilkunde nahm Platz 24 die Diagnose „F10 Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“ ein. Hingegen wurden im Jahr 2009 431.163 Menschen in Krankenhäusern und Kliniken behandelt, die eine Diagnose im Bereich „F10-F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ aufwiesen. Die AOK weist in ihrer offiziellen Statistik von 2008 113.421 Arbeitsunfähigkeitsmeldungen mit einer verschlüsselten Diagnose zwischen F10 und F19 aus. Das durchschnittliche Zugangsalter bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in der Gesetzlichen Rentenversicherung lag im Jahr 2010 für die Diagnosegruppe F10 – F19 bei 49,8 Jahren (nur Männer) [alle Angaben GBE Bund, Stand Juli 2011]. Suchterkrankungen haben eine hohe Dunkelziffer, die sehr vielfältige und differente Gründe hat. Der Ausbildungsberuf der Medizinischen Fachangestellten, der 2006 novelliert wurde, ist aufgrund der Bestrebungen der Sozialpartner weiterhin Monoberuf ohne Spezialisierung. Vor diesem Hintergrund wird die ambulante und rehabilitative Versorgung weiterhin einen entsprechend hohen Stellenwert haben. Für Medizinische Fachangestellte und für spezialisierte Einrichtungen ist dies ein interessantes Betätigungsfeld. Sie unterstützt den Arzt bei Diagnostik und Therapie. Sie steht beratend und motivierend dem Behandlungsteam und dem Patienten zur Seite und ist in der Lage so ökonomisch Behandlungsprozesse zu begleiten. Ziel und Aufbau des Curriculums Das vorliegende Curriculum zielt auf Vertiefung und Erweiterung von Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten im zunehmend bedeutsam werdenden Bereich der Suchtmedizin über die in der Ausbildung vorgesehenen Ziele und Inhalte hinaus. Medizinische Fachangestellte /Arzthelferinnen sollen den Arzt bei der strukturierten Behandlung insbesondere abhängigkeitserkrankter Patienten und der Koordination von Therapie- und Sozialmaßnahmen qualifiziert unterstützen. Der Umfang des Curriculums beträgt 60 Stunden in Form eines berufsbegleitenden Lehrgangs einschließlich der Module Kommunikation und Gesprächsführung/Motivation und Wahrnehmung. Die Ziele der Fortbildung sind in Form von komplexen Handlungskompetenzen formuliert und - wo möglich - auf Arbeits- und Geschäftsprozesse hin ausgerichtet. Sie sind von curricularen Inhalten unterlegt, mit denen spezifische Wissens-, Fähigkeits- und Fertigkeitsziele erreicht werden sollen. Kompetenzen und Lerninhalte zu den Bereichen Kommunikation und Gesprächsführung/Wahrnehmung und Motivation (16 Stunden) sind als „eigenständige“ bzw. transferierbare Module gestaltet, die - einmal abgeleistet - in diesem Curriculum innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren anerkannt werden. Damit sollen Wiederholungen dieses Themenkomplexes bei der Ableistung mehrerer Curricula vermieden werden. Die Vermittlung im Rahmen dieses Curriculums erfolgt themenbezogen; eine Übertragung auf andere Praxisfelder durch die fortgebildete Medizinische Fachangestellte /Arzthelferin darf unterstellt werden. Sowohl die Modularisierung als auch die Ergebnisorientierung dienen der Flexibilität und Ökonomie im Fortbildungsbereich. Das Curriculum bereitet MFA auf diese Anforderungen vor und vermittelt Kompetenzen, die deutlich über das Niveau der Ausbildung hinausgehen. Nach erfolgreicher, bescheinigter Teilnahme an der Gesamtfortbildung erhält die Teilnehmerin ein Zertifikat des Veranstalters. Aufgrund des Modulprinzips sind dabei anderweitig abgeleistete Teilkomponenten anzuerkennen, sofern sie diesem Curriculum gleichwertig sind. Hinweise zur Durchführung Im vorliegenden Curriculum sind die Zielvorgaben in Form von Handlungskompetenzen und Lernzielen umgesetzt. Sie sind durch eine Gliederung der Inhalte nach fachsystematischen Gesichtspunkten unterlegt. Das Curriculum ist ein unter didaktisch-methodischen Kriterien konzipiertes Lehrgangskonzept, das Theorie und Praxis verbindet. Die Fortbildung ist modular aufgebaut, sodass bereits vorhandene Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten von bereits absolvierten Fortbildungen nicht wiederholt werden müssen. Das Lernniveau und die Akzentuierung der Inhalte sind auf den Erfahrungshintergrund der Teilnehmer/innen abgestimmt worden. Die Teilnehmer/innen erhalten ein Zertifikat des Veranstalters, das die Endqualifikation durch den Kurs attestiert. Fortbildung Fachassistentin in der Suchtmedizin Dauer und Gliederung 60 Stunden als berufsbegleitender, fachtheoretischer und fachpraktischer Unterricht einschließlich einer Hausarbeit (6 Stunden) mit Präsentation und Fachgespräch. Teilnahmevoraussetzungen Ausbildung als Medizinische Fachangestellte oder Arzthelferin mit bestandener Prüfung oder Ausbildung in einem anderen medizinischen Fachberuf und anschließende angemessene einschlägige Berufserfahrung oder Personen, die eine mind. 7jährige Berufserfahrung in diesem Aufgabengebiet nachweisen können Handlungskompetenzen Folgende Handlungskompetenzen werden vermittelt: Die Medizinische Fachangestellte begleitet den Patienten und seine Angehörigen kontinuierlich während der gesamten Dauer der Behandlung und Versorgung. Zudem organisiert sie alle notwendigen Maßnahmen. Die Medizinische Fachangestellte motiviert den Patienten durch aktivierende und strukturierte Kommunikation und Interaktion zur Mitwirkung an den Therapiemaßnahmen. Sie unterstützt den Arzt mit Hilfe standardisierter Methoden und Techniken bei der strukturierten Behandlung. Sie fördert die individuellen Ressourcen des Patienten unter Berücksichtigung der festgelegten Ziele und Bedürfnisse. Sie organisiert den internen und externen Informationsfluss und übernimmt Koordinationsaufgaben, insbesondere an Versorgungs-Schnittstellen zu anderen beteiligten Professionen. Sie führt begleitende Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben durch. Abschluss Die Fortbildung schließt mit einer Hausarbeit und mit einer Präsentation sowie einem Fachgespräch ab. Die Präsentation und das Fachgespräch sollen nicht mehr als 30 Minuten Umfang pro Teilnehmer haben. Bei mindestens ausreichenden Leistungen, erhält die Teilnehmerin/der Teilnehmer ein Zertifikat. Überblick über Inhalte und Stundenverteilung 1. Kommunikation und Gesprächsführung 2. Wahrnehmung und Motivation 3. Grundlagen der Suchtmedizin 4. Organisation und Koordination 5. Praktikum in einer suchtmedizinischen Einrichtung 6. Hausarbeit mit Präsentation und Fachgespräch 8 Stunden 8 Stunden 16 Stunden 8 Stunden 20 Stunden Gesamt 60 Stunden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten 1. Kommunikation und Gesprächsführung 1.1 Techniken der Kommunikation anwenden 1.2 Gesprächsführung insbesondere mit spezifischen Patientengruppen und betreuenden Personen beherrschen 1.3 Telefonkommunikation durchführen 1.4 Konfliktlösungsstrategien einsetzen 1.5 Sich mit der Berufsrolle auseinandersetzen 1.5.1 Nähe-Distanz-Regulierung 1.5.2 Notwendigkeit kollegialer Reflexion 8 Stunden 2. Wahrnehmung und Motivation 2.1 Modelle der Selbst- und Fremdwahrnehmung verstehen 2.2 Motivation und Bedürfnisse einschätzen 2.3 Patienten und betreuende Personen zur Mitwirkung motivieren 2.4 Besonderheiten spezifischer Patientengruppen berücksichtigen 2.5 Soziales Umfeld einschätzen und berücksichtigen 8 Stunden 3. Grundlagen der Suchtmedizin 3.1 Rechtliche Grundlagen 3.2 Modelle der Sucht kennen 3.2 Set und Setting kennen und berücksichtigen 3.3 legale, illegale Drogen und Gewohnheitsbildung kennen; 3.4 Gewöhnung; Sucht; Alkohol: Krankheitsbild, Krankheitsphasen, Trinkertypen, Psychosoziale Problematik kennen und erläutern 3.5 Medikamente: Medikamente mit Missbrauchpotential, Ursachen, Symptomatik kennen 3.6 Illegale Drogen: Arten, Wirkung, Symptome kennen 3.7 Gesetzliche Grundlagen der Substitutionstherapie kennen 3.8 Komorbidität und Folgeerkrankungen kennen und berücksichtigen 3.9. Besondere Patientengruppen kennen 3.10 Vereinbarungen, Verbindlichkeiten, Absprachen treffen, berücksichtigen und kontrollieren 3.11. spezifische motivierende Gesprächsführung einsetzen, Beziehungsmanagement umsetzen 3.12. spezifische pharmakotherapeutische Behandlungen kennen, Notfälle erkennen und adäquat handeln 16 Stunden 4. Organisation und Koordination 4.1 Kooperationen und soziale Hilfesysteme kennen und berücksichtigen 4.2 Soziale Netzwerke kennen und berücksichtigen 4.3 Selbsthilfegruppen kennen und berücksichtigen 4.4 Einsatz spezifischer technischer Diagnostikverfahren kennen und beherrschen 4.5 Informationsmanagement/Dokumentation/Abrechnung durchführen 4.6 Koordinations- und Kooperationsmaßnahmen durchführen 4.7 Kontaktaufnahme mit mit- und weiterbehandelnden Ärzten und Therapeuten organisieren 4.8 Aufnahme- und Entlassmanagement durchführen 8 Stunden 5. Praktikum in einer suchtmedizinischen Einrichtung 20 Stunden 6. Hausarbeit mit Präsentation und Fachgespräch Abschluss/Zertifikat Nach erfolgreich erbrachten Leistungen der Inhalte der Gesamtfortbildung sowie der Leistung unter 6., erhält die Teilnehmerin ein Zertifikat des Veranstalters.