Perlglanzpigmente 1 Licht und Farbe Licht ist ein Teil des elektromagnetischen Spektrums, welches angefangen vom Wechselstrom bis zu den Gammastrahlen reicht. Strahlt man Sonnenlicht auf ein Prisma, erscheint ein kontinuierliches Spektrum, das Licht wird in seine Spektralfarben zerlegt, den so genannten Regenbogenfarben. Das Licht dieser Spektralfarben lässt sich nicht weiter zerlegen. Physikalisch lässt sich die Farbe des Lichtes über die objektiv messbaren Größen Wellenlänge (λ) bzw. Frequenz (f) beschreiben. Jede Spektralfarbe hat demnach eine ganz bestimmte Wellenlänge, die auch vom Medium abhängt, in dem sich die Welle ausbreitetwobei sich Wellenlängenangaben in Tabellen demnach immer auf den leeren Raum beziehen- bzw. Frequenz. Da diese nur von den lichtaussendenden Atomen abhängt, ist die Frequenzangabe stoffunabhängig. Jeder Spektralfarbe lässt sich zudem einem Energiequant zuordnen. Weißes Licht enthält demzufolge alle Spektralfarben des sichtbaren Bereiches1, wobei es im physikalischen Sinne kein „weißes Licht“ gibt. Der Sinneseindruck „weiß“ wird erst im Bewusstsein gebildet. Um die Entstehung von Farbe erklären zu können, ist es notwendig, sich einerseits mit den Eigenschaften des Lichtes zu beschäftigen und andererseits mit der Wahrnehmung von Farbe durch das menschliche Auge bzw. das Gehirn. 1.1 Teilchen-Welle-Dualismus des Lichtes Schon die Zeitgenossen NEWTON2 und HUYGENS3 beschrieben das sichtbare Licht, sowohl als Teilchen (Newton), als auch als Welle (Huygens). Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelten YOUNG4 und FRESNEL5 eine Theorie zu Interferenzerscheinung und postulierten die ausschließliche Wellennatur des Lichtes. Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieb MAXWELL6 Licht als elektromagnetische Welle. 1 Der sichtbare Bereich erstreckt sich von ca. 400 nm bis 700 nm. 2 Isaac Newton (1642 – 1727) war englischer Physiker, Mathematiker, Astronom und Alchemist. 3 Christiaan Huygens (1629 – 1695) war niederländischer Mathematiker, Physiker und Astronom. 4 Thomas Young (1773 – 1829) war englischer Physiker und Augenarzt. 5 Augustin Jean Fresnel (1788 – 1827) war französischer Ingenieur und Physiker. 6 James Clerk Maxwell (1831 – 1879) war schottischer Physiker. Perlglanzpigmente Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert führten Forschungen von BOHR7, PAULI8, SOMMERFELD9 und letztendlich PLANCK10 zu der Annahme, dass die Absorption und Emission von elektromagnetischer Strahlung nur in einzelnen Quanten erfolgen konnte. PLANCK formulierte den Zusammenhang folgendermaßen, dass die Energie eines Lichtquants zu der Frequenz der elektromagnetischen Strahlung proportional ist, wobei der Proportionalitätsfaktor, das Plancksche Wirkungsquantum, eine universelle Naturkonstante darstellt. E=h·f E = Energie der absorbierten Strahlung, f = Frequenz der absorbierten Strahlung h = 6,626 · 10 -34 J · s Formel 1-1 Daraufhin postulierte EINSTEIN11 1905, dass elektromagnetische Strahlung als Welle und als Strom von Teilchen (Photonen oder Lichtquanten genannt) aufgefasst werden kann. Man spricht vom Welle – Teilchen – Dualismus elektromagnetischer Strahlung. Mit dieser Vorstellung lässt sich der so genannte „Photoeffekt“ (auch lichtelektrischer Effekt genannt) erklären. Bestrahlt man eine Metalloberfläche mit Licht, so lässt sich beobachten, dass ab einer bestimmten, materialabhängigen Grenzfrequenz des Lichtes aus der Metallplatte Elektronen austreten. Dabei führt eine Erhöhung der Lichtintensität zu einer Erhöhung der Elektronenanzahl pro Zeiteinheit. Bei Licht niedrigerer Frequenz als der Grenzfrequenz treten keine Elektronen aus; auch nicht bei einer Intensitätserhöhung des Lichtes. Die ausgelösten Elektronen besitzen eine kinetische Energie. Der Höchstwert dieser kinetischen Energie des einzelnen Elektrons hängt dabei nur von der Frequenz, nicht von der Intensität des Lichtes ab und kann nicht überschritten werden. Mit der Vorstellung, dass Licht einen Energiestrom darstellt und aus einzelnen Lichtquanten (oder Photonen) besteht, lässt sich der Versuch erklären. 7 Niels Bohr (1885 – 1962) war dänischer Physiker und Nobelpreisträger (1922). 8 Wolfgang Ernst Pauli (1900 – 1958) war Physiker und Nobelpreisträger. 9 Arnold Sommerfeld (1868 – 1951) war deutscher Mathematiker und theoretischer Physiker. 10 Max Planck (1858 – 1947) war deutscher Physiker. 11 Albert Einstein (1879 – 1955) war Physiker und Nobelpreisträger (1921). Perlglanzpigmente Danach absorbiert jedes Elektron die Energie eines Lichtquanten, das heißt die Energie h · f. Ist dieser Energiebetrag größer als die für das betreffende Metall spezifische Austrittsarbeit Wa, kann das Elektron aus der Metalloberfläche austreten. Die Differenz aus der absorbierten Energie h · f und der Austrittsarbeit Wa ist die kinetische Energie ½ m · v2 des Elektrons. Eine Erhöhung der Intensität führt daher zwar zur Auslösung von mehr Elektronen, nicht aber zur Auslösung energiereicherer Elektronen. Die Energie wird also nicht kontinuierlich, sondern in Quanten absorbiert. Die absorbierte Energie hat demnach folgenden Wert: E = Wa + ½ m · v2 Formel 1-2 Zusammenfassung: Licht lässt sich also sowohl als elektromagnetische Welle, als auch als ein Strom von Photonen auffassen. Wenn nun Wellenlänge (λ), Ausbreitungsgeschwindigkeit (c im Vakuum) und Frequenz (f) von Licht mit seiner Energie miteinander verknüpft werden, ergeben sich folgende Zusammenhänge: c = λ · f und E = h · f E = h · c/ λ Formel 1-3 1.2 Wahrnehmung von Farbe, Körperfarben 1.2.1 Wahrnehmung von Farbe durch das menschliche Auge Farbe ist ein subjektiver Eindruck, der durch unterschiedliche Erregung der Sehzellen des Auges im Gehirn entsteht. Die Sinneszellen des menschlichen Auges absorbieren in einem bestimmten Wellenlängenbereich des Lichtes, dem sichtbaren Spektrum. In diesem Wellenlängenbereich werden drei verschiedene Sehzelltypen mit unterschiedlichen Absorptionsbereichen (Blau, Grün, Rot) angesprochen. Bei gleichzeitiger und gleichmäßiger Perlglanzpigmente Erregung dieser Sehzellen entsteht der Farbeindruck Weiß, bei unterschiedlicher Erregung entstehen subjektive Farbeindrücke. Für das menschliche Auge erscheinen Spektralfarbenbereiche in bestimmten Farben. Es ist also nicht in der Lage monochromatisches Licht als solches zu erkennen, sondern nur Wellenlängenbereiche. 1.2.2 Körperfarben Die Farbigkeit von Stoffen (folglich auch Buntpigmenten) lässt sich durch die Absorption von Licht erklären. Sie kann mithilfe des Energiestufenmodells verdeutlicht werden. Den Elektronen eines Stoffes können hiernach nur bestimmte Energieniveaus zugeordnet werden. Bedeutsam sind hier nur das höchste, gerade noch besetzte (HOMO)12 und das darauf folgende niedrigste unbesetzte Energieniveau (LUMO)13. Durch Absorption eines Lichtquants, das der Energiedifferenz zwischen HOMO und LUMO entspricht, werden Elektronen angeregt und so vom HOMO ins LUMO angehoben. Die aufgenommene Energie wird innerhalb einer Zeitspanne von einer Picosekunde (10-12 s) vom Elektron in Form von Bewegungs- bzw. Schwingungsenergie an benachbarte Teilchen abgegeben und fällt in den Grundzustand zurück. Es wird demnach Lichtenergie in Wärmeenergie umgewandelt. Wird aus dem kontinuierlichen Spektrum eine Spektralfarbe ausgeblendet, so erscheint der Rest nicht mehr weiß, stattdessen ergibt sich eine Mischfarbe. Die ausgesonderte Spektralfarbe und die Mischfarbe verhalten sich komplementär14 zueinander, vereint ergibt sich wieder die Farbe Weiß. Trifft weißes Licht auf einen farbigen Gegenstand, dann wird ein Teil des Lichtes absorbiert, der restliche Teil reflektiert. Das menschliche Auge nimmt dieses reflektierte Licht in der Komplementärfarbe zur Farbe des absorbierten Lichtes wahr. Ein blauer Gegenstand absorbiert folglich im gelben Bereich. Werden alle Spektralfarben von einem Körper absorbiert (mindestens 94 % pro Spektralfarbe), entsteht der Sinneseindruck schwarz. Reflektiert er hingegen alle Spektralfarben, so erscheint er weiß. Absorbiert er nur 10% jeder Spektralfarbe, so erscheint der Körper grau. Weiß, Schwarz und ihre Mischfarben sind demnach keine Farben, sie werden auch als unbunte Farben bezeichnet. Die Mischungen aus bunten und unbunten 12 HOMO: highest occupied molecular orbital 13 LUMO: lowest unoccupied molecular orbital 14 Von „complementum“ (lat.): Ergänzung Perlglanzpigmente Farben bezeichnet man als verhüllte Farben. Hierdurch lassen sich breit gefächerte Farbpaletten erzeugen, die über den Farbbereich der Spektralfarben hinausgehen. 1.3 Brechung und Reflexion des Lichtes Brechung und Reflexion lassen sich mit dem Wellenmodell des Lichtes beschreiben, man greift hier auf den Wellencharakter des Lichtes zurück. Trifft ein Lichtstrahl schräg auf eine ebene Fläche, die zwei optisch verschiedene Medien trennt, so beobachtet man, dass ein Teil des Lichtes reflektiert wird, während der zweite Teil gebrochen wird. Nach dem Prinzip von HUYGENS lässt sich dieses folgendermaßen erklären: Trifft eine Welle auf eine Grenzfläche, die zwei optisch verschiedene Medien trennt, wird diese zum Ausgangspunkt zweier neuer Wellenfronten. In jedem Punkt der Grenzfläche entstehen Kreiswellen, die sich zu zwei neuen Wellenfronten überlagern. Eine Wellenfront wird reflektiert, wobei Einfallswinkel und Reflexionswinkel dabei gleich sind, da sich die neue Wellenfront mit der gleichen Geschwindigkeit fortbewegt, wie die des eintreffenden Lichtstrahls. Die andere Wellenfront bewegt sich im zweiten Medium mit anderer Geschwindigkeit weiter. Die Brechung einer Welle beruht demnach auf einer Änderung ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit. Für den Brechungswinkel β gilt das SNELLIUS-Brechungsgesetz: sin α / sin β = const = n21 = c1/c2 α = Einfallswinkel, β = Brechungswinkel, c = Ausbreitungsgeschwindigkeit Formel 1-4 Die Konstante n21 wird als Brechzahl des Mediums 2 in Bezug auf das Medium 1 bezeichnet. Sie beschreibt das Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeiten in den beiden Medien. Bezieht man die Brechzahlen auf den Eintritt des Lichtes aus dem Vakuum in ein Medium (absolute Brechzahl), so gilt für zwei Stoffe unterschiedlicher absoluter Brechzahlen: sin α / sin β = n2 / n1 Formel 1-5 Perlglanzpigmente Als optisch dichteres Medium wird dabei der Stoff mit der größeren Brechzahl definiert. Daraus folgt, dass das Licht, welches von einem optisch dünneren in ein optisch dichteres Medium fällt, zum Einfallslot hin gebrochen wird. Die Brechzahl ist abhängig von der Wellenlänge des eingestrahlten Lichtes. Das bedeutet, dass die Lichtgeschwindigkeit je nach Wellenlänge in dem betreffenden Medium einen anderen Wert besitzt. Lässt man weißes Licht auf ein Glasprisma fallen, erfährt das rote die kleinste, das violette Licht die größte Ablenkung. Wenn der in das zweite Medium eingedrungene Lichtanteil mit unveränderter Lichtintensität wieder aus dem Medium austritt, wird dieses Medium als durchlässig, im sichtbaren Bereich auch durchsichtig, bezeichnet. Nimmt die Intensität ab, so lassen sich zwei Ursachen ermitteln: 1. das Licht wird teilweise absorbiert und die Lichtenergie in eine andere Energieform umgewandelt und 2. das Licht wird teilweise gestreut, z.B. an unebenen Oberflächen, Staubteilchen in der Luft oder Schwebeteilchen im Wasser. Die Art der Reflexion des Lichtes an einer Grenzfläche ist sowohl vom Einfallswinkel, vom Brechzahlenverhältnis der Medien, als auch von der Oberflächenbeschaffenheit des Materials abhängig. Je größer der Einfallswinkel und je größer die Differenz der Brechzahlen zweier Medien ist, desto mehr Licht wird an der Grenzfläche reflektiert. Dies beschreibt die von Fresnel aufgestellte Beziehung über das Reflexionsvermögen für zwei durchsichtige Medien. Unter dem Reflexionsvermögen R versteht man das Verhältnis der eingestrahlten Energie des Lichtes zur abgestrahlten Energie. Da die Energie proportional dem Quadrat der Amplitude (E) der einfallenden Welle ist, ergibt sich für R für den Fall des senkrechten Lichteinfalls für zwei durchsichtige Medien: R = E2R / E2e = [ (n2 – n1)/(n2 – n1) ]2 Formel 1-6 Diese Gleichung kann näherungsweise auch für Einfallswinkel unter 30° verwendet werden. Ein aus der Luft kommender Lichtstrahl wird dabei, bei nahezu senkrechtem Auftreffen, von Wasser zu 2%, von basischem Bleicarbonat zu 11% oder von Rutil zu 21% reflektiert. Die Größe von R ist folglich nur von der Differenz der Brechzahlen abhängig. Für die reflektierte Lichtwelle an sich ist es aber von Bedeutung, ob das Licht am dichteren oder am dünneren Medium reflektiert wird. Bei Reflexionen am dichteren Medium tritt Perlglanzpigmente nämlich ein zusätzlicher Phasensprung der reflektierten Welle von π auf, was einer halben Wellenlänge Gangunterschied entspricht. Ist die Oberfläche glatt und / oder poliert, wird das Licht in eine Richtung reflektiert: Spiegeleffekt von Wasseroberflächen oder Glasscheiben. Bei einer rauen Oberfläche hingegen wird das Licht in alle Richtungen gestreut (diffuse Lichtstreuung an Projektionsflächen für Diaprojektoren und Beamer). Lässt sich eine teilweise Vorzugsrichtung der Reflexion erkennen, spricht man von Glanz. 2 Interferenz Interferenzerscheinungen entstehen immer dann, wenn zwei oder mehrere Wellensysteme zusammentreffen. Dabei kommt es zu einer ungestörten Überlagerung der Systeme, das heißt jede Welle breitet sich so aus, als ob die anderen Wellen nicht vorhanden wären. Die resultierende Welle lässt sich dabei aus der vektoriellen Addition der ursprünglichen Wellen erhalten. Unter bestimmten Bedingungen kommt es bei dieser Interferenz zur Auslöschung bzw. Verstärkung der Lichtintensitäten. 15 Es lässt sich folgende Gleichung herleiten: I = I1 + I2 + 2 ·√( I1 · I2) · cos2π [(∆r/ λ) + ∆φ] I, I1, I2 = Intensitäten der Lichtwellen, ∆r = Gangunterschied16, ∆φ = Phasendifferenz, 2 ·√(I1 · I2) · cos2π [(∆r/ λ) + ∆φ] = Interferenzglied Formel 2-1 Für ∆φ = 0 ergibt sich, dass die maximale Gesamtintensität dann auftritt, wenn der Gangunterschied ∆s ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge beträgt. Die Kosinusfunktion nimmt in diesem Fall den Wert eins an. Intensitätsminima liegen bei einem 15 Aufgrund der hohen Frequenzen lassen sich nur die Intensitäten des Lichtes ermitteln, nicht die Amplituden. 16 Unter einem Gangunterschied ist immer die Differenz der optischen Wege gemeint, d. h. das Produkt aus Brechzahl n und der geometrischen Wegdifferenz. Perlglanzpigmente Kosinusfunktionswert von (–1) vor, was bei einem ganzzahligen Vielfachen der halben Wellenlänge der Fall ist. Ist die Phasendifferenz nicht null, so wirkt dieser wie ein zusätzlicher Gangunterschied. Zusammenfassend lässt sich formulieren, dass ein Intensitätsmaxima entsteht, wenn das Argument der Kosinusfunktion ein ganzzahliges Vielfaches von 2π beträgt; man spricht von gleichphasiger Überlagerung. Bei einer gegenphasigen Überlagerung, dass heißt bei einem ungradzahligen Vielfachen von π, entsteht ein Minimum. Sind die Intensitäten der beiden Lichtwellen gleich, so erhält man für die Maximalintensität den Wert vier I, für die Minimalintensität den Wert null. Da der Energieerhaltungssatz allgemein gültig ist, folgt daraus, dass durch das Auftreten von Interferenz die Energie nur räumlich anders verteilt ist. Bei der Beleuchtung eines Raumes durch mehrere Leuchtquellen ist jedoch keine Interferenz beobachtbar. Grund dafür ist, dass Lichtquellen aus mehreren Atomen bestehen, die in unregelmäßigen Abständen Lichtwellen aussenden. Damit ist die Phasendifferenz der Lichtwellen nicht mehr konstant, sie kann beliebige positive und negative Werte annehmen. Aufgrund der Mittelwertsbildung über die Phasendifferenz fällt das Interferenzglied heraus und die Gesamtintensität ist gleich der Summe der Einzelintensitäten. Das bedeutet, dass Interferenz nur beobachtet werden kann, wenn die Phasendifferenz über einen längeren Zeitraum konstant ist. Die Lichtwellen sind kohärent17 zueinander. 2.1 Interferenz an dünnen Schichten An Seifenblasen und Ölfilmen ist häufig zu beobachten, dass sie je nach Einfallswinkel des Lichtes und der Schichtdicke unterschiedliche Farben aufweisen. Diese Farben entstehen ebenfalls als Folge der Interferenz. Trifft ein Lichtstrahl auf eine dünne, durchsichtige, planparallele Schicht mit der Brechzahl n, so wird ein Teil des Lichtes an der Oberfläche reflektiert. Der Rest des einfallenden Lichtes tritt unter Brechung in die dünne Schicht ein. An der unteren Grenzfläche wird ein Teil des gebrochenen Lichtes wiederum reflektiert, während der restliche Anteil aus der Schicht austritt. Der an der unteren Grenzfläche reflektierte Teil des Lichtes gelangt nun zur oberen Grenzschicht und wird dort erneut reflektiert, bzw. ein Teil tritt unter Brechung parallel zur ersten reflektierten Lichtwelle aus der Schicht aus. 17 kohärent: zusammenhängend; Zwischen kohärenten Lichtwellen besteht eine feste Phasenbeziehung. Perlglanzpigmente Durch diesen Vorgang entstehen eine unendliche Anzahl paralleler reflektierter Lichtwellen und eine unendliche Anzahl paralleler gebrochener Lichtwellen. Die Lichtintensität wird zunehmend geringer. Da sämtliche reflektierte und gebrochene Lichtwellen aus der ursprünglich eingestrahlten Lichtwelle entstanden sind, sind sie alle kohärent zueinander und somit interferenzfähig. Betrachtet man die beiden reflektierten Lichtwellen a und b, so erkennt man, dass sich die geometrische Wegdifferenz zwischen diesen beiden aus folgender Streckenbeziehung berechnen lässt: AB + BC – AE. Die Strecken AB und BC verlaufen im Inneren der Platte mit der Brechzahl n, daraus folgt für die optische Wegdifferenz: n · (AB + BC) – AE. Aus der Geometrie der Abbildung lassen sich folgende Streckenbeziehungen entnehmen: AB = BC = d/cosβ n· (AB + BC) = 2·d·n/ cos β AC = 2· d · tanβ AE = AC · sinα AE= 2· d · tanβ · sinα Formel 2-2 Mit: tanβ = sinβ/ cosβ Formel 2-3 und dem Brechungsgesetz: sinα /sinβ = n Formel 2-4 ergibt sich: n · (AB + BC) – AE = 2d √(n2 – sin2 α ) Formel 2-5 Perlglanzpigmente Da bei Reflexionen am dichteren Medium ein Phasensprung der reflektierten Welle von π auftritt18, was einer halben Wellenlänge Gangunterschied entspricht, muss zu der oben berechneten optischen Wegdifferenz noch λ/2 addiert (bzw. subtrahiert) werden. Damit ergibt sich eine Gangdifferenz zwischen den beiden betrachteten Lichtwellen von: ∆ = 2d √(n2 – sin2 α) + λ/2 Formel 2-6 Bei Interferenz der beiden Lichtwellen erfolgt eine Auslöschung, wenn die Gangdifferenz ein ungeradzahliges Vielfaches von λ/2 beträgt. 2d √(n2 – sin2 α) + λ/2 = (2z + 1) · λ/2 (z = 1,2,3…) Formel 2-7 Eine Verstärkung beobachtet man, wenn die Gangdifferenz ein geradzahliges Vielfaches von λ beträgt. 2d √(n2 – sin2 α) + λ/2 = z · λ (z = 1,2,3…) Formel 2-8 Da diese beiden Bedingungen nur für bestimmte Wellenlängen zutreffen und die Intensität der reflektierten Lichtwellen von der Brechzahldifferenz abhängig ist, wird durch die Interferenz ein Teil des sichtbaren Spektrums abgeschwächt oder gelöscht, ein anderer Teil dagegen verstärkt. Bei Beleuchtung einer dünnen Schicht mit weißem Licht erscheint unter dem Winkel α jeweils die Komplementärfarbe der ausgelöschten Wellenlänge. Im Folgenden wird die Abhängigkeit dieses Phänomens von der Schichtdicke des Materials am Beispiel eines nahezu senkrechten Lichteinfalls (α = 0) erläutert. Die Formel 2-6 vereinfacht sich für α = 0 zu: 18 (vgl.1.3) Perlglanzpigmente ∆ = 2dn + λ/2 Formel 2-9 Für diesen Fall kann die Intensität des reflektierten Lichtes mithilfe von Formel 1-6 berechnet werden. Betrachtet man die relative spektrale Intensitätsverteilung des an dünnen Schichten reflektierten Lichtes, so stellt man fest, dass sich, abhängig von der Schichtdicke des Materials, so genannte Reflexionsmaxima ergeben. Für Schichten der optischen Weglänge kleiner 85 nm liegt das Reflexionsmaximum im UV – Bereich. Erhöht man die Schichtdicke, verschiebt sich das Reflexionsmaximum hin zu längeren Wellenlängen. Da die Kurve für die optische Weglänge n·d = 132 nm relativ flach verläuft, werden nahezu alle Wellenlängen reflektiert, sodass der Betrachter eine fast weiße Oberfläche maximalen Glanzes wahrnimmt. Bläuliche oder gelbliche Farbnuancen können nur im direkten Vergleich mit einer weißen Oberfläche wahrgenommen werden. Mit zunehmender Schichtdicke entstehen mehrere Reflexionsmaxima und –minima. Bei Betrachtung der beiden Kurven ist zu erkennen, dass bei einer Schichtdicke von n·d = 538 nm zwei Reflexionsmaxima auftreten. Die Interferenzfarbe dieser Oberfläche ist im Gegensatz zur kleineren Schichtdicke ein rotstichiges Blau. Mit zunehmender optischer Weglänge rücken Minima und Maxima immer weiter zusammen und die Abfolge der Farben durchläuft mehrere Ordnungen. Die Gangdifferenz und somit die optische Weglänge darf höchstens die Länge eines Wellenzuges, also die Kohärenzlänge, betragen, damit Interferenzerscheinungen überhaupt auftreten können. Da die Kohärenzlänge für sichtbares Licht 10-6 m beträgt, dürfen die Schichtdicken nur in einem Bereich bis ca. 500 nm liegen. Aufgrund der beschriebenen Phänomene, würde man an der Unterseite der Schicht eine andere Farbe wahrnehmen. Da immer nur relativ kleine Wellenlängenbereiche durch Interferenz ausgelöscht werden, wird die Farbe an der Unterseite annähernd komplementär zur Farbe an der Oberseite sein. Letztendlich hängt die resultierende Farbe zusätzlich vom Blickwinkel ab, da die Interferenzfarbe nur in einem bestimmten Winkel, dem so genannten Glanzwinkel, deutlich zu erkennen ist. Perlglanzpigmente 3 Perlglanzpigmente Unter Perlglanzpigmenten werden Pigmente verstanden, die einen hohen Glanz, eine hohe Brillanz und einen irisierenden Farbeffekt aufweisen. Dieser Farbeindruck lässt sich nicht nur bei Perlen oder Muscheln beobachten, sondern auch bei den Flügeln von Vögeln und Schmetterlingen und bei Edelsteinen und Mineralien. 3.1 Der Glanz von Perlen und Perlglanzpigmenten Der Glanz einer Perle scheint mehrdimensional und aus der Tiefe kommend zu sein. Die Ursache dieses Farbeindruckes liegt im Aufbau der Perle begründet. Sie sind aus dünnen abwechselnden Schichten von Proteinen und Calciumcarbonat aufgebaut. Beim Auftreffen eines Lichtstrahles auf eine Perle wird ein Teil des Lichtes an den dünnen Calciumcarbonatschichten reflektiert, während der Rest durch eine durchsichtige Proteinschicht auf eine weitere Calciumcarbonatschicht trifft. Dort erfolgt eine erneute Reflexion eines Lichtanteiles, während wiederum ein Rest in tiefere Schichten gelangt und der Vorgang sich erneut wiederholt. Der charakteristische Glanz entsteht demnach durch mehrfache Reflexion an dünnen Calciumcarbonatschichten. Aus dem Vergleich der Struktur einer Perle und einem synthetischen Perlmuttersatz geht eindeutig hervor, dass sich die Perlglanzpigmentplättchen im Anwendungsmedium schichtweise anordnen müssen, wobei die Plättchen größtenteils planparallel zueinander und zur Oberfläche des entsprechenden Objektes liegen sollten. Ist dies der Fall, erfolgt die Lichtbrechung fast identisch wie bei einer Perle. Die Anordnung der Plättchen ist sowohl vom Trägermaterial als auch vom Durchmesser der Plättchen abhängig. Werden zu kleine Plättchen verwendet, ist der Anteil der Kanten, die als Streuzentren wirken, wesentlich höher als bei größeren Plättchen, dies führt zu einem schwachen Glanz. Des Weiteren ist die erforderliche Parallelstellung der Plättchen nicht mehr gewährleistet. Zu große Partikel lassen die pigmentierte Schicht körnig erscheinen und weisen eine zu geringe Stabilität auf. Nicht nur die Anordnung der Plättchen, sondern zusätzlich ihre Oberflächenbeschaffenheit bestimmten die Intensität des Glanzes. Je glatter die Oberfläche ist, desto größer ist der Glanzeffekt des Pigmentes. Ferner bestimmt die Schichtdicke der Plättchen die Reflexionseingenschaften. Die optimale Struktur der Plättchen wird also durch mehrere Bedingungen stark eingegrenzt. Perlglanzpigmente Die parallele Anordnung hängt außerdem von den Eigenschaften des Anwendungsmediums ab. In nahezu allen Anwendungen erfolgt die parallele Orientierung der Plättchen durch Fließvorgänge im jeweiligen Anwendungsmedium. 3.2 Natürliche Perlglanzpigmente Das natürliche Perlglanzpigment, das aus Fischschuppen von Heringen, Sardinen und Ukelein gewonnen wird, besteht aus den Purinen Guanin (75 – 97%) und Hypoxanthin (3 – 25%). Natürliches Fischsilber kristallisiert in kleinen Blättchen oder länglichen Nadeln, die ca. 2,5 bis 7,5 nm dick, 1000 bis 10.000 nm breit und 20.000 bis 50.000 nm lang sind und erfüllt damit die Bedingungen, die an ein Perlglanzpigment gestellt werden. Natürliches Fischsilber besitzt eine relativ geringe Dichte, es zeigt in viskosen Flüssigkeiten (wie z.B. Nagellack) kein Absetzverhalten und ist daher ideal als Zusatz für Nagellacke geeignet. Aufgrund der aufwendigen Gewinnung ist sein Preis jedoch relativ hoch, sodass es heutzutage nur noch in hochwertigen und damit teuren Kosmetika eingesetzt wird. Künstlich hergestellte Guanin- und Hypoxanthinplättchen sind bislang noch nicht auf dem Markt. 3.3 Synthetische Perlglanzpigmente Synthetisch hergestellte Perlglanzpigmente müssen bestimmte physikalische Eigenschaften vorweisen, um den natürlichen Glanz der Perlen zu imitieren. Die möglichen Substanzen müssen eine „gute Transparenz ohne Eigenfarbe“ und eine „Plättchenstruktur mit glatter Oberfläche“ aufweisen. Des Weiteren ist es notwendig, dass synthetisch hergestellte Perlglanzpigmente eine optimale Schichtdicke und eine relativ hohe Brechzahl besitzen, um deutliche Effekte zu erzielen. Die ersten synthetischen Perlglanzpigmente, die diesen Anforderungen gerecht wurden, waren monokristalline Verbindungen wie Quecksilberchlorid und Bleiarsenat. Aufgrund ihrer Toxizität hatten sie jedoch keinerlei industrielle Bedeutung. In den 30er Jahren entwickelte man basisches Bleicarbonat, in den 60er Jahren Bismutoxidchlorid. Beide werden auch heute noch industriell verwendet. 3.3.1 Basisches Bleicarbonat Basisches Bleicarbonat kristallisiert in hexagonalen Plättchen aus, die eine optische Dicke von 40 bis 70 nm und einen Durchmesser von 20.000 nm aufweisen. Wie im Vorangegangenen dargelegt, zeigen Bleicarbonatplättchen unterschiedliche Farben in Perlglanzpigmente Abhängigkeit der optischen Schichtdicke. Bei etwa 40 nm beobachtet man einen eher bläulichen, metallähnlichen Glanz, während sich der Farbeindruck bei größeren Schichtdicken zum wärmerwirkenden Gelb verschiebt. Aufgrund der sehr glatten Oberfläche ist der Glanz sehr hoch. Basisches Bleicarbonat weist eine relativ hohe Dichte auf, wodurch eine unerwünschte Sedimentation im Anwendungsmedium hervorgerufen wird. Ein weiterer Nachteil ist die Empfindlichkeit der Kristalle gegenüber Säuren, Sulfiden und hohen Temperaturen. Der größte Nachteil ist jedoch sicherlich der Bleigehalt, sodass der Einsatz dieses Pigments in der Knopf- und Kunstperlenherstellung, welcher heute den einzigen Anwendungsbereich ausmacht, umstritten ist. 3.3.2 Bismutoxidchlorid Bismutoxidchlorid kristallisiert je nach Reaktionsbedingungen in flachen plättchenförmigen Kristallen oder unregelmäßigen Flittern. Abweichungen von den Reaktionsbedingungen, wie Temperatur, pH-Wert und Konzentration können aber zu ungünstigeren Kristallstrukturen führen. Im Vergleich zum basischen Bleicarbonat besitzt Bismutoxidchlorid, aufgrund einer ungünstigeren Kristallform einen weniger intensiven Glanz. Die toxikologische Unbedenklichkeit von Bismutoxidchlorid ist ein Vorteil für die Verwendung des Pigmentes, sodass es auch in der Kosmetikindustrie eingesetzt werden kann. Ähnlich wie beim basischen Bleicarbonat ruft auch hier die relativ hohe Dichte ein unerwünschtes Absetzverhalten im Anwendungsmedium hervor. 3.3.3 Metalloxid-Glimmerpigmente Das erste Metalloxid-Glimmerpigment war das Titandioxid-Glimmerpigment. Zunächst wurde versucht, plättchenförmige Titandioxidkristalle zu synthetisieren. Da das Oxid hauptsächlich in quadratischen Doppelpyramiden kristallisiert, gelang dies allerdings nicht. Eine plättchenförmige Struktur lässt sich realisieren, indem man einen plättchenförmigen Hilfsträger mit dem Pigmentmaterial beschichtet. Dieser Träger soll transparent, thermisch und mechanisch stabil sein und das Pigmentmaterial muss sich darauf sowohl gut abscheiden lassen, als auch gut daran haften. Weiterhin muss sich das Trägermaterial zu Plättchen mit einer entsprechenden Dicke und einem geeigneten Durchmesser verarbeiten lassen. Ein geringer Preis und die leichte Verfügbarkeit eines solchen Trägers ist für eine industrielle Nutzung ebenfalls notwendig. Perlglanzpigmente Als Trägermaterial der heutigen Perlglanzpigmente wird der natürlich vorkommende Glimmer, der aus einem Alumosilikat mit Schichtaufbau besteht, verwendet. Glimmer ist je nach Verwendungszweck in verschiedenen Korngrößen19 erhältlich. An den Glimmerpartikeln wird in einer mehrstufigen Reaktion das Metalloxid abgeschieden. Der Aufbau der Metalloxid-Glimmerpigmente ist meist dreischichtig, wobei zwei Schichten unterschiedliche Brechzahlen (n2 ≠ n1) aufweisen. Da an allen vier Grenzflächen eine Reflexion stattfindet, ergeben sich die Farbeffekte durch Interferenzvorgänge der reflektierten Lichtwellen aller sechs Kombinationen von Phasengrenzen. Alle Kombinationen mit gleicher optischer Wegdifferenz erzeugen dabei gleiche Interferenzeffekte, z.B. P1P2 und P3P4 oder P1P3 und P2P4. Da die Dicke der Glimmerplättchen nahezu gleich bleibt, sind die verschiedenen Interferenzfarben nur auf die Dicke der Metalloxidschicht zurückzuführen. Interferenzeffekte an der Phasengrenze Metalloxid/Glimmer (P2P3) addieren sich und erzeugen eine weiße HintergrundReflexion. Folglich kann die Farbe des jeweiligen Pigmentes über die Schichtdicke der Metalloxidbeschichtung sehr genau eingestellt werden. Die Interferenzfarben der Titandioxid-Glimmerpigmente reichen von silbern bis hin zu grün. Die Beschichtung der Glimmerpartikel erfolgt nicht nur mit Titandioxid, sondern ebenso mit weiteren Metalloxiden wie Eisenoxid, Chromoxid, aber auch Mischoxiden, wodurch eine breite Farbpalette erhalten wird. Eisenoxid-Glimmerpigmente wurden erst nach 1975 entwickelt. 3.3.3.1 Der Flipflop-Effekt Der Flipflop-Effekt, der ebenso als Farbflop oder changierender Effekt bezeichnet wird, beschreibt die Änderung der Farbe mit dem Betrachtungswinkel. Nur im Glanzwinkel ist die Interferenzfarbe des Perlglanzpigmentes deutlich sichtbar, in allen anderen Winkeln hängt die Farbe vom Aufbau des Pigmentes ab. Farbbestimmend ist die Farbe des Untergrundes, auf dem die Pigmentschicht aufgebracht ist. Betrachtet man ein Interferenzblaupigment, das auf einem weißen Untergrund aufgebracht ist, erscheint das Pigment im Glanzwinkel blau. In allen anderen Betrachtungswinkeln erscheint es hingegen schwach gelb, also die Komplementärfarbe zu blau. Der Grund dafür ist, dass das durchgelassene Licht, in diesem Fall gelb, auf die weiße Unterlage trifft und dort diffus in alle Richtungen gestreut wird. 19 Korngrößen: M: 1 – 15 µm; F: 5 – 20 µm; N: 10 – 50 µm; S 10 – 130 µm; L: 40 – 200 µm. Perlglanzpigmente Auf einer schwarzen Unterlage wird das gelbe Licht praktisch vollständig absorbiert. Im Glanzwinkel erscheint das Pigment wieder blau, da die blaue Interferenzfarbe dominiert, in allen anderen Winkeln jedoch erscheint das Pigment grauschwarz. An den Kanten der Pigmentpartikel findet zum Teil Lichtstreuung statt, das Pigment kann demnach nicht rein schwarz erscheinen, wie bei einer praktisch vollständigen Absorption durch den schwarzen Untergrund zu erwarten wäre. Bei der Verwendung von bunten Untergründen scheint die Untergrundfarbe aufgrund der Transparenz des Perlglanzpigmentes durch. Im Glanzwinkel dominiert jedoch die Interferenzfarbe des Pigmentes, sodass die Untergrundfarbe überdeckt wird. Je nach Wahl des Untergrundes können demnach die verschiedensten Flipflop-Effekte erzielt werden. Hierbei wirken Reflexion/Interferenzeigenschaften des Perlglanzpigmentes mit den Absorptionseigenschaften des Untergrundes zusammen und erzeugen so ein bestimmtes Farbspiel. 3.3.3.2 Kombinationspigmente Auch bei so genannten Kombinationspigmenten werden Reflexions-, Interferenz- und Absorptionseffekte kombiniert. Wird eine Mischung aus Perlglanzpigmenten und transparenten Absorptionspigmenten20 in ein Anwendungsmedium gebracht, wird im Glanzwinkel die Interferenzfarbe der Perlglanzpigmente wahrgenommen, aus allen anderen Blickwinkeln jedoch die Farbe des Absorptionspigmentes. Probleme ergeben sich bei diesem Verfahren in der gleichmäßigen Verteilung der beiden Pigmentarten im Anwendungsmedium, da Absorptionspigmente eine geringere Partikelgröße besitzen. Wenn Titandioxid-Glimmerpigmente mit Absorptionspigmenten in Form von Nanopartikeln beschichtet werden, treten brillantere Farben und ein schärferer Flipflop-Effekt auf und die Probleme der gleichmäßigen Verteilung entfallen auf diese Weise. Die Schichtdicke der Titandioxidschicht bestimmt in diesem Fall die Brillanz und den Interferenzeffekt. Wenn bei einem Kombinationspigment die Farbe des Farbmittels mit der Interferenzfarbe übereinstimmt, z.B. ein mit Berliner Blau beschichtetes blaues Perlglanzpigment, wird von einem Glanzflop gesprochen. Im Glanzwinkel erscheint die Farbe glänzend, aus allen anderen Blickwinkeln eher matt. 20 Absorptionspigmente sind im Anwendungsmedium unlösliche anorganische oder organische kristalline Farbmittel. Perlglanzpigmente Ist die Farbe des Absorptionspigmentes annähernd komplementär zur Farbe des Interferenzpigmentes, erhält man einen deutlichen Zweifarbeneffekt. Ein Beispiel ist die Belegung eines Interferenzblaupigmentes mit Karminrot. Im Glanzwinkel erscheint die Farbe blau, während in allen anderen Winkeln die rote Farbe des Karmins dominiert. Eine breite Palette brillanter Goldtöne ergibt sich aus der Kombination von TitandioxidGlimmerpigmenten mit Eisenoxid in der Hämatitmodifikation, da diese transparent ist. Blassgoldene bis rotgoldene Farbtöne werden dadurch erreicht, dass Eisenoxid als dritte Schicht auf ein Titandioxid-Glimmerpigment aufgebracht wird. Eisenoxid besitzt ebenfalls eine hohe Brechzahl, sodass hier die Interferenzfarbe durch das Zusammenspiel der Eisenoxid- und Titandioxidschichten entsteht. Weitere Farbeffekte lassen sich durch die Variation der Schichtdicke der beiden Oxide erzeugen. Grüngoldene Farbtöne entstehen, wenn eine Titandioxid- und Eisenoxid-Mischung mithilfe eines Glühprozesses auf den Glimmer aufgebracht wird. Hier ergibt sich die Absorptionsfarbe aus hochbrechenden gelblichen Phasen des Mischoxides Fe2O3 · TiO5. 4 Herstellungsverfahren 4.1 Metalloxid-Glimmerpigmente Der Glimmer, hauptsächlich Muskovit21, muss für die Herstellung der MetalloxidGlimmerpigmente eine bestimme Beschaffenheit aufweisen. Er wird zunächst mechanisch zerkleinert, um eine bestimmte Größe und Dicke zu erhalten und anschließend gereinigt. Nach der Reinigung und Zerkleinerung wird der Glimmer in verschiedene Glimmerfraktionen eingeteilt, da die Dicke und Größe der Glimmerpartikel den Glanz und das Deckungsvermögen des am Ende resultierenden Pigmentes bestimmt. Die Belegung mit den entsprechenden Metalloxidhydraten bzw. –hydroxiden findet auf nasschemischem Wege durch eine Fällungsreaktion statt. Anschließend erfolgen Filtrations-, Trocknungs- und Kalzinationsvorgänge. 21 Muskovit, auch Hellglimmer oder Tonerdenglimmer genannt, ist ein Silikat mit Schichtaufbau. Perlglanzpigmente 4.1.1 Eisenoxid-Glimmerpigmente Zur Herstellung von Eisenoxid-Glimmerpigmenten wird eine wässrige Glimmersuspension langsam mit einer Eisen(III)- oder Eisen(II)-chloridlösung versetzt. Das dabei entstehende Eisenoxidhydrat wird auf den Glimmerpartikeln abgeschieden. Fe3+ + Glimmer + 5 H2O → FeO(OH)/Glimmer + 3 H3O+ Das Produkt wird anschließend bei 700 – 900°C kalziniert, sodass das abgeschiedene Eisenoxidhydrat dehydratisiert wird. 2 FeO(OH)/Glimmer → Fe2O3/Glimmer + H2O Eisenoxid kristallisiert in der transparenten Hämatitmodifikation, die einen hohen Brechungsindex aufweist. Die rotbraune Absorptionsfarbe des Hämatits wird von der Interferenzfarbe überlagert. Bei bestimmten Schichtdicken ist die Interferenzfarbe nahezu identisch mit der Absorptionsfarbe. Dadurch ergibt sich eine Verstärkung der Farbe, was besonders im Glanzwinkel zu brillanten Farben führt. Dies trifft zu bei bronze-, kupfer- und rotfarbigen Pigmenten. Bei sehr großen Schichtdicken ergeben sich rot-violette und rot-grüne Perlglanzpigmente, da hier, zusätzlich zur Farbe des Hämatits, im Glanzwinkel eine violette bzw. grüne Interferenzfarbe zu beobachten ist. Eisenoxid-Glimmerpigmente verlieren ihre Farbe auch bei intensiver Sonnenbestrahlung nicht, sie sind also nicht photoaktiv und somit besonders wetterstabil. Eisenoxid kann nicht nur in der Hämatitmodifikation auf dem Glimmer abgeschieden werden, sondern auch in der Magnetitmodifikation (Fe3O4). Diese Pigmente werden aufgrund ihrer magnetischen Eigenschaften nur in speziellen Anwendungsbereichen eingesetzt. 4.1.2 Titandioxid-Glimmerpigmente Wie bereits beschrieben, lassen sich plättchenförmige Titandioxidpigmente nur durch Beschichtung des plättchenförmigen Glimmers herstellen. Das Titandioxid kristallisiert bei Temperaturen deutlich unter 1000°C in der Rutilmidifikation. Beim Glühen knapp unter 1000°C bildet sich jedoch auf der Glimmeroberfläche fast vollständig die Perlglanzpigmente Anatasmodifikation. Das Substrat, auf dem das Titandioxid kristallisiert, beeinflusst also offensichtlich die Kristallmodifikation. Die Rutilmodifikation weist eine höhere Brechzahl und eine bessere Lichtstabilität gegenüber der Anatasmodifikation auf. Eine Beschichtung mit der Rutilmodifikation ist daher wünschenswert. Wenn der Glimmer zuerst mit einer dünnen Zinndioxidschicht beschichtet wird, die in der Rutilstruktur kristallisiert, ristallisiert das anschließend aufgebrachte Titandioxid ebenfalls in der Rutilstruktur. Die Beschichtung mit Titandioxid kann mithilfe von zwei verschiedenen Verfahren erfolgen; der homogenen Hydrolyse und dem Titrationsverfahren. Homogene Hydrolyse Zu einer wässrigen Glimmersuspension wird, wie bei den Eisenoxid-Glimmerpigmenten, langsam eine Titanoxidsulfatlösung hinzugetropft. Die Lösung wird anschließend allmählich aufgeheizt, wobei das Titanoxidsulfat zum unlöslichen Titanoxidhydroxid hydrolysiert. Die Glimmerpartikel werden von diesem umhüllt. Im Anschluss an die Hydrolysierung wird der beschichtete Glimmer abfiltriert, getrocknet und bei 700 – 900°C geglüht, wobei das Titanoxidhydroxid unter Wasserabspaltung zu Titandioxid reagiert. Ti(O)SO4 + Glimmer + 2 H2O → TiO(OH)2/Glimmer + H2SO4 TiO(OH)2/Glimmer → TiO2/Glimmer + H2O Titrationsverfahren Ausgangslösung ist, wie bei dem Hydrolyseverfahren die wässrige Glimmersuspension. Diese wird mit einer stark sauren Titanoxidchloridlösung tropfenweise versetzt. Bei einem bestimmten pH-Wert22, der durch stetiges Hinzufügen von Natronlauge konstant gehalten wird, fällt Titanoxidhydroxid aus, das sich auf den Glimmerpartikeln absetzt. Durch anschließende Kalzination bildet sich das Titandioxid. TiOCl2 + 2 NaOH + Glimmer → TiO(OH)2/Glimmer + 2 NaCl 22 Genaue Angaben zum pH-Wert sind in der Literatur nicht angegeben. Perlglanzpigmente TiO(OH)2/Glimmer → TiO2/Glimmer + H2O Diese Methode ist insgesamt besser zu kontrollieren, als das Hydrolyseverfahren. Je nach Zeitpunkt, an dem die Hydrolyse der Titansalzlösung unterbrochen wird, ergeben sich nach anschließender Aufarbeitung unterschiedlich farbige Titandioxid-Glimmerpigmente. Bei einer Titandioxidschichtdicke von ca. 40 – 60 nm ergeben sich silberweiß glänzende Pigmente. Diese stellen die wichtigste Gruppe der Perlglanzpigmente dar. Je nach Teilchengrößenverteilung haben sie einen Glanz von seidenmatt bis brillant-glitzernd. Mischungen mit weiteren transparenten Farbmitteln weisen einen silberweißen Glanz auf. Werden Mischungen mit Ruß verwendet, entsteht ein silbergrauer Effekt. Bei größeren Schichtdicken, das heißt längerer Hydrolyse, wechselt die Farbe von goldgelb über kupferrot zu lila, glänzendem blau, türkis und geht schließlich in grün über. Bei weiterer Hydrolyse ergibt sich die Farbabfolge von neuem.