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Denkanstösse zur Unternehmensführung
UBS outlook
Unternehmenskrisen
vermeidung oder erfolgreich überwinden
Herausgegeben von UBS AG
Marketing Business Banking, Marc Steffen, Postfach, 8098 Zürich
Redaktion:
Isabella Holdener, Daniel Kalt, Markus Suter
Bestelladresse:
UBS AG, Informationszentrum CA50, Postfach, 8098 Zürich
E-Mail [email protected]
Fax 044-234 61 90 oder
www.ubs.com/outlook
Die in dieser Publikation enthaltenen Fakten sind sorgfältig recherchiert.
Für ihre Richtigkeit kann aber keine Gewähr geboten werden. Die
präsentierten Beurteilungen und Meinungen können von der offiziellen
Auffassung der UBS AG abweichen. Im Interesse einer leichteren
Lesbarkeit erlauben wir uns, ausschliesslich die männliche Form zu
verwenden. Wir bitten dafür um Verständnis.
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
2
UBS outlook Unternehmenskrise
Inhalt
Unternehmenskrisen vermeiden
5
Eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung sicherstellen
6
Die Veränderungen im Umfeld wahrnehmen
8
Das Unternehmen professionell führen
9
Auf Zielabweichungen rasch reagieren
14
Auf unvorhersehbare Gefahren gut vorbereitet sein
15
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
17
Ein kompetentes Krisenmanagement einsetzen
19
Kommunikation in der Krise als Chefsache betrachten
21
Die Situation rasch erfassen und konsequent handeln
22
Die Überlebenschancen realistisch beurteilen
25
Die Liquidität sicherstellen
26
Die Bilanz sanieren
28
Mit den Banken zusammenarbeiten
31
Ein Nachlassstundungsverfahren beantragen
33
Ein Konkursverfahren korrekt abwickeln
38
Das Unternehmen wieder erfolgreich machen
42
Thesen zur Vermeidung und Überwindung
von Unternehmenskrisen
44
Informationsquellen
46
Publikationen UBS outlook
46
Literatur
47
Glossar
49
UBS outlook Unternehmenskrise
3
UBS outlook als Denkanstoss
Die vorliegende Publikation ist für verantwortungsbewusste Unternehmer, Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsmitglieder gedacht, welche durch eine risikobewusste Unternehmensführung Krisensituationen vermeiden oder aber rasch überwinden wollen.
Sie ist das Ergebnis eines Workshops und der Zusammenarbeit mit Unternehmern,
Experten aus der Unternehmens- und Rechtsberatung, der Treuhandbranche sowie
von in- und ausländischen Universitäten.
UBS outlook möchte zu dieser wichtigen und psychologisch sensitiven Thematik sachliche Informationen und Denkanstösse vermitteln. Ein vorrangiges Ziel ist, dass im
Aktionariat und im Management von Unternehmen, zwischen Geschäftspartnern und
in der Öffentlichkeit möglichst offen und konstruktiv über risikobewusste Unternehmensführung sowie die Erkennung und Überwindung von Unternehmenskrisen gesprochen wird. Das Inhaltsverzeichnis, eine Liste ausgewählter Publikationen sowie das
Glossar sollen eine weiterführende und vertiefte Auseinandersetzung mit den in dieser
Publikation aufgeworfenen Fragen erleichtern.
Die nachstehend aufgeführten Personen haben im Rahmen einer Vernehmlassung
wesentlich zum Entstehen dieser Publikation beigetragen. Der Inhalt kann jedoch in
einzelnen Punkten von ihren persönlichen Meinungen abweichen.
Harald Beck, Beck Management und Beteiligungs AG, Baar
Prof. Dr. Dres h. c. Rolf Dubs, Universität St. Gallen
Dr. Philippe Hertig, Egon Zehnder International, Zürich
Franz Koller, Benninger AG, Uzwil
Dr. Reto Müller, Helbling Holding AG, Zürich
Heinrich J. Nüssli, Nüssli Invest AG, Hüttwilen
Prof. Dr. Andrea Schenker-Wicki, Universität Zürich
Dr. Ralf C. Schlaepfer, PricewaterhouseCoopers, Zürich
Kurt Stöckli, Transliq AG, Bern
Felix Sulzberger, Calida AG, Sursee
Dieter Walser, Recovery Management, UBS AG, Zürich
Josef Wiederkehr, Jos. Wiederkehr Bauunternehmung, Dietikon
Hans Ziegler, Think & Act, Zug
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UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen vermeiden
Unternehmenskrisen vermeiden
Existenzbedrohende Unternehmenssituationen können mit einer risikobewussten
und professionellen Geschäftsführung weitgehend vermieden werden. Veränderungen im unternehmerischen Umfeld oder interne Schwächen und Fehler
sollten nicht zu einer Existenzgefährdung führen. Je früher Fehlentwicklungen
erkannt werden, desto leichter und rascher sind sie in der Regel korrigierbar.
Schwaches, den gestellten Herausforderungen nicht genügendes Management
ist der häufigste Grund von Unternehmenskrisen.
Die unternehmerischen Risiken sind in den letzten Jahren generell stark gestiegen. Globalisierung, Technologiesprünge, verschärfter Konkurrenzdruck, kritischere Kunden sowie
erhöhte Gewinnerwartungen sind Gründe dafür. Insgesamt zwingen diese Entwicklungen zu schnelleren, oft noch mit erheblichen Unsicherheiten behafteten Entscheidungen. Das erhöht auch die Gefahr von Fehlentscheiden, welche erst später als solche
erkennbar werden.
Ist die Erreichung der strategischen Unternehmensziele gefährdet oder haben Fehlentwicklungen sogar bereits zu einer ungenügenden Ertragslage geführt, müssen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung dringend handeln. Je früher Veränderungen im unternehmerischen Umfeld wahrgenommen und je schneller Schwachstellen im Unternehmen
behoben werden, desto geringer sind unerwünschte Auswirkungen.
Um risikobewusst führen zu können, benötigen Unternehmen auf allen Ebenen und für
alle Bereiche geeignete Organisationsstrukturen und Führungsinstrumente. Entscheidend
bleibt jedoch die Bereitschaft und Fähigkeit der Unternehmensleitung, schnell und umsichtig mit wirkungsvollen Massnahmen auf Probleme und Krisensignale zu reagieren.
Dadurch lässt sich am besten vermeiden, dass in der Vergangenheit geschaffene Werte
vernichtet werden.
Weiterführende Informationen zur risikobewussten Unternehmensführung finden sich in
der Publikation «UBS outlook Risiko-Management» (siehe Literaturverzeichnis).
Risikobewusste Unternehmensführung kann Unternehmenskrisen vermeiden
hoch
Ausmass der Fehlentwicklungen
Handlungsspielraum für eine risikobewusste Unternehmensführung
niedrig
niedrig
hoch
Krisenmanagement
mit ausserordentlichen
und dringenden
Massnahmen
Notwendig gewordene strategische
und operative Anpassungen mit
einschneidenden und nachhaltig
wirksamen Massnahmen
Risikobewusste
Unternehmensführung
mit ordentlichen, korrektiven
Massnahmen
Gefährdung des Unternehmens bzw. Dringlichkeit korrektiver Massnahmen
Erfolgschancen eines Turnarounds
hoch
niedrig
Quelle: UBS outlook
UBS outlook Unternehmenskrise
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Unternehmenskrisen vermeiden
Eine verantwortungsbewusste
Unternehmensführung sicherstellen
Verantwortungsbewusste Unternehmensführung ist in den letzten Jahren unter dem
Begriff «Corporate Governance» zu einem zentralen Thema geworden. Das gilt nicht
ausschliesslich für börsenkotierte Unternehmen, sondern ist in den Grundsätzen auch
für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) relevant. Corporate Governance bezieht
sich in erster Linie auf die Aufsicht und Überwachung des Unternehmens sowie die
Rechenschaftspflicht bezüglich strategischer Ausrichtung, Organisation und geschäftspolitischer Massnahmen. Die oberste Verantwortung dafür liegt beim Verwaltungsrat.
Er muss in Zusammenarbeit mit dem Management auf allen Stufen des Unternehmens
eine verantwortungsvolle Risikokultur sowie die unerlässlichen Führungs- und Kontrollinstrumente sicherstellen.
Die Pflichten des Verwaltungsrats ernst nehmen
Die Pflichten eines Verwaltungsrats ergeben sich primär aufgrund des Gesetzes, der
Statuten, des Organisationsreglements sowie individueller Vereinbarungen. Insbesondere die sieben unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben sind ernst zu nehmen
und können bei Verfehlungen oder Unterlassungen zu Haftungsklagen führen (siehe
untenstehende Abbildung).
Den Verwaltungsrat optimal besetzen und organisieren
Aufgrund der zunehmend anspruchsvolleren Aufgaben sind führungsstarke, fachlich
und persönlich kompetente sowie unabhängige Verwaltungsräte gefragt. Die steigende
Komplexität strategischer und operativer Fragestellungen verlangt im Verwaltungsrat
viel Erfahrung sowie umfassendes und sich ergänzendes Fachwissen. Unterschiedliche Persönlichkeiten und Sichtweisen sind wertvoll, um kritisch hinterfragte und ausgewogene
Entscheide zu erreichen.
Weitergehende Informationen zu diesem Thema können der Publikation «UBS outlook
Verwaltungsrat» entnommen werden (siehe Literaturverzeichnis).
Eine kompetente Geschäftsleitung sicherstellen
Es ist Aufgabe des Verwaltungsrats, eine kompetente Geschäftsführung einzusetzen und
diese zu überwachen. Um nachhaltig erfolgreich zu sein, sind im Topmanagement zunehmend herausragende Persönlichkeiten mit qualifiziertem Wissen, breiter Erfahrung und
ausgeprägten unternehmerischen Fähigkeiten notwendig. Hierzu gehören insbesondere
Führungs-, Sozial- und Fachkompetenzen (siehe Abbildung Seite 7). Neben der individuellen Leistung (Performance) ist auch eine kollegiale, aber kritische Zusammenarbeit
innerhalb der Geschäftsleitung äusserst wichtig. In letzter Konsequenz bleibt jedoch entscheidend, ob die Geschäftsleitung die mit dem Verwaltungsrat vereinbarten Ziele erreicht
oder verfehlt. Führungsprobleme dürfen nicht lange ungelöst bleiben. Wenn erforderlich,
sind die den Anforderungen nicht genügenden Personen zu ersetzen.
Die sieben unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des
Verwaltungsrates
1. Oberleitung der Gesellschaft und Erteilung der dafür nötigen Weisungen
2. Festlegung der Organisation
3. Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle und der Finanzplanung
4. Ernennung und Abberufung von Geschäftsleitung und Vertretungsberechtigten
5. Oberaufsicht über die Geschäftsleitung
6. Erstellung des Geschäftsberichts und Vorbereitung der Generalversammlung
7. Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung / Zahlungsunfähigkeit
Quelle: UBS outlook, nach Art. 716a Abs.1 OR
6
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen vermeiden
Eine konstruktive Unternehmenskultur pflegen
Ein wichtiger Faktor für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens ist eine in der Sache
kritische und im Vorgehen konstruktive Unternehmenskultur, welche auf die Erreichung
gemeinsamer Zielsetzungen ausgerichtet ist. Die unternehmerische Mitverantwortung
des Kaders und der Mitarbeiter ist konsequent zu fördern. Dazu gehört auch, dass Entscheide von Vorgesetzten und Kollegen konstruktiv hinterfragt werden dürfen. Fehlertoleranz ist ein weiteres zentrales Element einer offenen Unternehmenskultur.
Selbstverständlich muss alles unternommen werden, um Fehlerquellen zu beseitigen
und gravierende Patzer beziehungsweise Irrtümer zu vermeiden. Trotz allem sind Fehler
unvermeidlich. Sie sollten jedoch ohne ungerechtfertigte Folgen für den Verursacher
offen gelegt und schnell korrigiert werden. Dies ist als Teil eines permanenten Lernprozesses zu betrachten.
Ein systematisches Risiko-Management durchsetzen
Unternehmerische Tätigkeiten sind mit Risiken verbunden. Es gilt daher, Chancen und
Gefahren sowie deren Konsequenzen für das Unternehmen richtig zu beurteilen und
bei allen anstehenden Entscheiden angemessen zu berücksichtigen. Um unerwünschte
Auswirkungen und potenzielle Unternehmenskrisen zu vermeiden, sind geeignete
Führungsinstrumente zur Früherkennung von Zielabweichungen einzusetzen. Wo immer
möglich, sind erforderliche Massnahmen zur Abwendung von Schaden zu treffen. Dazu
gehören unter anderem das Erlassen von Sicherheitsvorschriften und das Abschliessen
von Versicherungen. Um auf möglicherweise existenzgefährdende Ereignisse vorbereitet
zu sein, sollten Notlösungen bereitstehen.
Sich und das Unternehmen nicht überschätzen
Um Unternehmenskrisen zu vermeiden, ist eine realistische Einschätzung der eigenen
Stärken und Schwächen unerlässlich. Es ist gefährlich, die eigenen Fähigkeiten oder die
tatsächlich vorhandenen Ressourcen des Unternehmens (Finanzen, Mitarbeiter, Knowhow) zu überschätzen. Besonders eine lang anhaltende Erfolgsperiode birgt die Gefahr
in sich, dass sie das Management «erfolgsarrogant» macht und den Blick für ein sich
veränderndes Umfeld ebenso wie für interne Schwächen trübt.
Kernkompetenzen von Führungspersonen
Sozialkompetenz
(Durchsetzungsvermögen
und Teamfähigkeit)
Fachkompetenz
(Breite und Tiefe)
Führungskompetenz
(Zielorientierung und
Mitarbeiterorientierung)
Veränderungskompetenz
(Innovationskraft,
Risikobereitschaft)
Erfolgreiches
Führungsverhalten
Interkulturelle Kompetenz
(Sensitivität, Internationalität)
Unternehmerkompetenz
(Strategie-, Wert- und
Ergebnisorientierung)
Quelle: Egon Zehnder International
UBS outlook Unternehmenskrise
7
Unternehmenskrisen vermeiden
Die Veränderungen im Umfeld wahrnehmen
Nachhaltig erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass
sie Veränderungen im unternehmerischen Umfeld früher wahrnehmen als andere. Sie
analysieren die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen laufend und überlegen sich, welche Auswirkungen sie auf ihre Beschaffungs-, Produktionsund Absatzmärkte haben könnten. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse
überprüfen sie die langfristigen Geschäftsziele und nehmen sofort die notwendigen
strategischen und operativen Anpassungen vor.
Die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen bewusst beobachten
Die Politik generell und die Wirtschaftspolitik im Besonderen haben oft einen grossen
und nachhaltigen Einfluss auf Unternehmen. Steuern, Abgaben, Handelsabkommen
sowie technische oder andere Vorschriften können sich direkt auf Absatzchancen,
Investitionen und die Beschaffung (inklusive Outsourcing) auswirken. Gesellschaftliche
Entwicklungen wie beispielsweise das wachsende ökologische Bewusstsein, die sich
wandelnde Altersstruktur oder kulturelle Einflüsse bewirken vielfach eine längerfristige
Veränderung der Nachfragestruktur von Produkten und Dienstleistungen.
Die konjunkturelle Entwicklung der Branche verfolgen
Konjunkturelle Schwankungen haben oft einen starken Einfluss auf Umsatz und Ertragslage
eines Unternehmens. Ein negatives Wirtschaftswachstum (BIP) kann existenzbedrohend
werden. Aus diesen Gründen sind sowohl die allgemeine Wirtschaftslage als auch die
Branchenkonjunktur aufmerksam zu verfolgen. Besonders relevant sind für die meisten
Firmen die Konsumentenstimmung bzw. das Investitionsklima.
Es ist wichtig zu wissen, welche Branchensegmente gegenüber dem allgemeinen Konjunkturzyklus vorlaufend, parallel oder nachlaufend sind. Dies erlaubt, vorausschauend konjunkturbedingt sinnvolle Massnahmen zu treffen. So können beispielsweise die Kapazitäten
rechtzeitig angepasst oder Investitionen ausgelöst respektive zurückgestellt werden. Wertvolle Informationen dazu enthalten Studien zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung
und zu einzelnen Branchen, die vom Economic Research der UBS vierteljährlich in «UBS
outlook Konjunkturanalyse» publiziert werden.
Den Markt richtig einschätzen
Es ist wichtig, Marktveränderungen rechtzeitig zu erkennen. Zukunftsträchtige Marktsegmente müssen rasch besetzt werden. Stagnierende und schrumpfende Märkte
sowie ein rascher Technologiewandel sollten insbesondere bei der Lagerhaltung und
bei Investitionsprojekten zu Vorsicht mahnen.
Konjunkturzyklen verlaufen nach Branchen unterschiedlich
Veränderung der realen Bruttowertschöpfung in % (gleitender Durchschnitt)
20
Wachstum
15
10
5
Rückgang
0
–5
–10
1981
1983
Chemie / Pharma
Quelle: BAK Basel Economics
8
UBS outlook Unternehmenskrise
1985
Bau
1987
1989
Maschinen
1991
Handel
1993
1995
1997
Gesamtwirtschaft
1999
2001
2003
Unternehmenskrisen vermeiden
Das Unternehmen professionell führen
Wettbewerbsvorteile erarbeiten sich Firmen meistens dadurch, dass sie sich in verschiedener Hinsicht deutlich positiv von ihren Mitbewerbern abheben. Sie besitzen zukunftsorientierte Unternehmensstrategien und verstehen es, diese auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten wie auch im eigenen Unternehmen konsequent umzusetzen.
Ihre Investitionen sind strategiekonform und wertschöpfungsorientiert. Nicht zuletzt
beschäftigen sie auch überdurchschnittlich gute Mitarbeiter. Der Unternehmenserfolg
wird bei ihnen durch eine starke Marktposition, eine solide Ertragslage sowie eine
gesunde Eigenmittelfinanzierung sichtbar.
Ein überzeugendes Unternehmensleitbild kommunizieren
Verwaltungsrat und Geschäftsleitung benötigen eine Vision und ein Leitbild. Sie können
damit aufzeigen, wohin sie das Unternehmen führen wollen und wie es sich gegenüber
seinen Stakeholdern (Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten etc.) verhalten will. Das
Leitbild legt die grundsätzlichen, langfristigen Ziele des Unternehmens fest. In eine solche
«Unternehmensverfassung» gehören unter anderem Aussagen zur Positionierung im
Markt, zur Mitarbeiterpolitik, zum Verhalten gegenüber der Konkurrenz und dem sozialen
und politischen Umfeld. Verwaltungsrat und Management müssen ihre Vision nach innen
und aussen glaubwürdig kommunizieren und dafür sorgen, dass das Leitbild auf allen
Stufen des Unternehmens sinngemäss umgesetzt wird.
Erfolgversprechende Strategien verfolgen
Erfolgversprechende Strategien beruhen auf einer realistischen Beurteilung der mittelund längerfristigen Entwicklung des unternehmerischen Umfeldes (Chancen und Gefahren). Sie bauen auf einer objektiven, breit abgestützten Einschätzung des Unternehmens (Stärken und Schwächen) sowie den ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen
(Mitarbeiter, Know-how, Kapital) auf. Es liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrates, gemeinsam mit der Geschäftsleitung die Unternehmensstrategie festzulegen,
diese regelmässig zu überprüfen und wenn notwendig den zukünftigen Erfordernissen
anzupassen. Dadurch können strategische Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt und
operative Probleme vermieden werden.
Mit einem realistischen Businessplan arbeiten
Die für die nächsten Jahre angestrebten Ziele sowie vorgesehene Massnahmen und
Projekte sollten mit einem Businessplan systematisch geplant und dokumentiert werden. Die Unternehmensplanung muss in jeder Beziehung auf realistische Annahmen
abstellen und sollte auch unterschiedliche Entwicklungsszenarien (Worst bis Best Case)
berücksichtigen. Die Projektionen sind in einer Planerfolgsrechnung, Planbilanz und
Mittelflussrechnung zusammenzufassen. Ein ähnliches Vorgehen empfiehlt sich auch für
grössere Projekte (z.B. Aufbau einer Tochterfirma). Eine regelmässige Überprüfung der
Ergebnisse mit Hilfe eines effizienten Controllings macht Abweichungen erkennbar und
erlaubt, korrigierende Massnahmen rasch zu ergreifen.
Die Kundenbedürfnisse optimal erfüllen
Eine konsequente Kundenorientierung bildet die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit.
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist, dass die Unternehmensführung sehr nahe am
Markt und an den Kunden agiert und entsprechend persönliche Kontakte pflegt. Das
erleichtert es unter anderem, echt vorhandene Kundenbedürfnisse zu erkennen und so
das eigene Angebot laufend der aktuellen Nachfrage anzupassen.
Die Konkurrenz richtig einschätzen
Eine systematische Konkurrenzbeobachtung ermöglicht einem gut geführten Unternehmen, sich im Markt stets optimal zu positionieren. Die Stärken und Schwächen der
Mitbewerber zu kennen, erleichtert es, das eigene Angebot laufend zu verbessern und
vorhandene Wettbewerbsvorteile den Kunden gezielt zu kommunizieren. Um eine
möglichst objektive Konkurrenzanalyse zu erhalten, kann es manchmal sinnvoll sein,
das eigene Unternehmen durch unabhängige Branchenberater oder spezialisierte Institute mit den wichtigsten Mitbewerbern vergleichen zu lassen (Benchmarking).
UBS outlook Unternehmenskrise
9
Unternehmenskrisen vermeiden
Die Lebenszyklen von Technologien und Produkten richtig interpretieren
Rasche technologische Entwicklungen führen zu dynamischen Absatz- und Beschaffungsmärkten und zunehmend verkürzten Produktlebenszyklen. Entsprechend schnell verlieren ältere Produkte an Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits ermöglichen neue, innovative Produkt- und Prozesstechnologien vielfach qualitativ bessere, attraktivere und
gleichzeitig kostengünstigere Produkte und Dienstleistungen.
Unternehmen müssen die Auswirkungen immer kürzer werdender Lebenszyklen von
Technologien und Produkten verstehen. In der Regel sind damit sowohl hohe Chancen
als auch erhebliche Gefahren verbunden. Wer mit nachfragegerechten Produkten zum
richtigen Zeitpunkt auf den Markt kommt, kann oftmals sehr viel Geld verdienen. Andererseits besteht die Gefahr, dass aufgrund attraktiverer Produkte eines Mitbewerbers
(Substitution) der Absatz plötzlich einbricht, die Warenbestände liegen bleiben und getätigte Investitionen nicht mehr die erwartete Rendite erbringen. Es gilt daher, die Investitionspolitik, die Forschung und Entwicklung, das Marketing sowie die Logistik eines
Unternehmens permanent dem technologischen Wandel und der Nachfrageentwicklung anzupassen.
Die Kreativität und Innovationsfähigkeit fördern
Kreativität und Innovationsfähigkeit gehören zu einer erfolgversprechenden Unternehmenskultur und müssen durch das Management systematisch gefördert werden.
Innovationskraft ist sowohl für die Schaffung neuer Produkte, die Erschliessung neu-
Quelle: UBS outlook
10
UBS outlook Unternehmenskrise
Exzellente Produkte und Dienstleistungen
• Einzigartig, unterscheiden sich von allen anderen
• Schwierig zu imitieren und kaum substituierbar
• Erfüllen echte Kundenbedürfnisse, sind neuartig, innovativ
• Gute und gleich bleibende Qualität
Hohe Verfügbarkeit
• Firmenvertreter für Kunden gut erreichbar
• Produkte und Dienstleistungen für Kunden leicht erhältlich
• Kurze Lieferzeiten
Gutes Image
• Ruf der Produkte und Dienstleistungen
• Ruf des Unternehmens
• Imageförderndes Marketing und Werbung
• Treuer Kundenstamm
Vorteilhafte Kostenstruktur
• Optimierte Leistungserstellungsprozesse und Logistik
• Hohe Produktivität
• Kostenbewusste und effiziente Beschaffung
• Schlanke Organisationsstruktur
• Zweckmässige Infrastruktur
Starke Vertriebsorganisation
• Bestmögliche Vertriebskanäle
• Konzentration auf Kunden mit hohem Ertragspotenzial
• Professionelle Verkäufer
Hervorragende Mitarbeiter
• Kompetente und innovative Mitarbeiter
• Permanente Weiterbildung
• Zielorientierte Motivation
• Hohe Identifikation mit Firma
• Leistungsorientierte Bezahlung
Ermöglichen ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis
Ermöglichen vorteilhafte Preise
Schaffen eine hohe Zahlungsbereitschaft
Wettbewerbsfaktoren erfolgreicher Unternehmen
Unternehmenskrisen vermeiden
er Märkte als auch die Weiterentwicklung der internen Prozesse, der Organisationsstruktur und der Unternehmensführung unerlässlich. Sonst besteht die Gefahr, dass
das Unternehmen mit der Zeit an Dynamik und Konkurrenzfähigkeit verliert.
Die Wettbewerbsfähigkeit stetig verbessern
Eine hohe Wettbewerbsfähigkeit wird vor allem durch exzellente und innovative Produkte und Dienstleistungen sowie vorteilhafte Kostenstrukturen und konkurrenzfähige
Preise erzielt. Am wettbewerbsfähigsten ist im Prinzip der Anbieter mit dem besten
Preis-Leistungs-Verhältnis. Daneben spielt meist auch das Image bzw. der Ruf des Unternehmens eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Schaffung von Mehrwert für den
Kunden bedingt grundsätzlich auch eine konstante Qualität sowie eine hohe Verfügbarkeit der Produkte und Dienstleistungen. Ein wettbewerbsfähiger und gewinnbringender
Preis ist auf die Dauer nur mit einer überdurchschnittlichen Produktivität sowie einem
preisbewussten Einkauf möglich. Einige wichtige Wettbewerbsfaktoren erfolgreicher
Unternehmen sind in der Abbildung auf Seite 10 enthalten.
Mit Klumpenrisiken bewusst umgehen
Sowohl bei der Beschaffung als auch im Vertrieb ist eine Konzentration auf wenige Geschäftspartner aufgrund der Marktsituation oder aus Effizienzgründen manchmal nicht
vermeidbar. Dies führt zwangsläufig zu Klumpenrisiken, die besonders gut abgesichert
werden müssen. Vor allem der Vertragsgestaltung und der Pflege der Geschäftsbeziehungen ist grösste Aufmerksamkeit zu schenken. In solchen Situationen sind immer
wieder mögliche Alternativen zu prüfen.
Die richtigen Mitarbeiter einstellen und pflegen
Erfolgreiche Unternehmen erreichen und sichern ihre starke Marktstellung sowie eine
überdurchschnittliche Ertragskraft nicht zuletzt dank sehr guter Mitarbeiter. Sie trachten
permanent danach, auf allen Ebenen fachlich wie auch persönlich überdurchschnittlich
qualifizierte Personen zu beschäftigen. Es ist Aufgabe des Managements, diese zu
suchen, für die Unternehmensziele zu motivieren, aus- und weiterzubilden, angemessen zu honorieren und im Unternehmen zu halten. Schwächere Mitarbeiter sind wenn
immer möglich so zu fördern und einzusetzen, dass sie den gestellten Anforderungen
genügen. Wenn dies nicht gelingt, ist in der Regel eine Trennung unvermeidbar.
Gezielt in die Zukunft investieren
Investitionsprojekte müssen grundsätzlich kompatibel mit der Unternehmensstrategie
sein, die Wettbewerbsfähigkeit fördern sowie finanziell erfolgversprechend und tragbar
erscheinen. Sie sollten mehr Chancen als Gefahren aufweisen. Mit beschränkten finanziellen Ressourcen sind vorrangig diejenigen Investitionsprojekte zu realisieren, welche
am meisten zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen. Sie sollten konsequent
darauf ausgerichtet sein, das Preis-Leistungs-Verhältnis nachhaltig zu verbessern und
dadurch das Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Grössere Projekte dürfen
immer nur dann in Angriff genommen werden, wenn auch genügend und dafür qualifizierte Managementkapazität vorhanden ist.
Fehlinvestitionen gehören zu den hauptsächlichen Ursachen von Unternehmenskrisen,
da sie oftmals beschränkte Ressourcen am falschen Ort binden. Realistische Rentabilitätsberechnungen sowie ein seriöser Vergleich alternativer Lösungen können meistens
bereits in der Planungsphase aufzeigen, ob ein Projekt erfolgversprechend ist. Es ist
eine wichtige Aufgabe des Verwaltungsrates, die einem Investitionsantrag zugrunde
liegenden Annahmen und Renditeberechnungen (Return on Investment, ROI; Return on
Equity, ROE) sehr genau und kritisch zu hinterfragen.
Die Finanzen professionell managen
Ein zentraler Bestandteil einer verantwortungsbewussten Unternehmensführung ist ein
professionelles Finanzmanagement. Im Rahmen eines periodischen Planungsprozesses
ist ein Budget zu erstellen und durch den Verwaltungsrat zu genehmigen. Er ist für die
UBS outlook Unternehmenskrise
11
Unternehmenskrisen vermeiden
strategiegerechte Allokation der verfügbaren finanziellen Mittel verantwortlich. Zusammen mit der Geschäftsleitung muss er die finanzielle Entwicklung laufend überwachen
und wenn notwendig Korrekturen vornehmen. Zu einem guten Finanzmanagement
gehören insbesondere auch ein striktes Kostenmanagement sowie das Warenbestands-,
Debitoren-, Kreditoren- und Cash-Management. Eine zuverlässige Liquiditätsplanung
sowie eine fristenkongruente Finanzierung müssen die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens jederzeit sicherstellen.
Ein verantwortungsbewusster und vorausschauender Finanzchef (CFO) sollte sich unbedingt dazu verpflichtet fühlen, von ihm erkannte finanzielle Fehlentwicklungen ohne
Verzögerung der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat offen zu legen. Er darf niemals unter Druck stehen, unerfreuliche Tatsachen zu verheimlichen oder vorsätzlich zu
verdecken.
Eine gesunde Finanzierung sicherstellen
Unternehmen benötigen genügende finanzielle Ressourcen, um jederzeit die für den
zukünftigen Erfolg erforderlichen Sach- und Personalinvestitionen tätigen zu können.
Eine Bilanzanalyse gibt Aufschluss über wichtige Finanzierungsgrundsätze wie beispielsweise die Fristenkongruenz. Diese weist aus, ob die langfristigen Aktiven mit langfristigen Passiven bzw. die kurzfristigen Aktiven mit kurzfristigen Passiven finanziert sind.
Eine starke Eigenmittelbasis erlaubt es, entsprechend höhere unternehmerische Risiken
einzugehen. Sie erleichtert auch die Fremdkapitalbeschaffung. Ein nachhaltig positiver,
frei verfügbarer Cashflow ermöglicht es am besten, die Eigenmittelbasis zu stärken,
Kredite zu erhalten und entsprechend unternehmerisch handeln zu können. Zudem
entsteht dadurch ein Sicherheitsnetz, um unvermeidbare Fehlentwicklungen und unerwartet schwierige Situationen leichter zu überstehen.
Das Rating der Banken als Gütesiegel betrachten
Das Rating einer Bank zeigt auf, wie das Kreditinstitut die mittel- und längerfristigen
Erfolgschancen eines Unternehmens beurteilt. Mit einer guten Ertragslage und einer
gesunden Bilanz sowie ehrlichen, umfassenden und transparenten Informationen können gut geführte Unternehmen oft ihr Rating verbessern und dadurch die Kreditkosten
senken. Diese richten sich nach der Wahrscheinlichkeit, dass gewährte Kredite mit den
erarbeiteten Mitteln zurückbezahlt werden können.
Finanzielle
Faktoren
Prognosen
Konjunkturelles Umfeld
Quelle: UBS outlook
12
UBS outlook Unternehmenskrise
Kundenrating
Branchenfaktoren
Finanzierungspotenzial
Produktivität und Profitabilität
Liquidität
Finanzierungsverhältnis
Individuelle
Faktoren
Einflussfaktoren auf das Rating
Ausserordentliche Einflüsse
Aussergewöhnliche Strukturen
Nichtfinanzielle
Faktoren
Firmenleitung
Nichtbetriebliche und
betriebliche Investitionen
Budgetplanung
Externe Faktoren
Unternehmenskrisen vermeiden
Wird das Rating von einer Bank herabgestuft, sollten die Gründe dafür eingehend diskutiert werden. Ein herabgesetztes Rating sollte den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung dazu veranlassen, die Situation des Unternehmens kritisch zu hinterfragen.
Den Erfolg des Unternehmens messen
Es gehört zu den unabdingbaren Aufgaben eines professionellen Managements, den
strategischen und operativen Erfolg des Unternehmens regelmässig zu überprüfen und
die aktuelle Situation kritisch zu hinterfragen. Die Balanced Scorecard bietet dafür ein
nützliches Instrumentarium. Es werden strategisch wichtige Fragen gestellt und für
deren Beantwortung objektiv messbare Erfolgsindikatoren geliefert. Geschäftsleitung
und Verwaltungsrat müssen sich periodisch mit der Entwicklung des Unternehmens auseinandersetzen und wenn erforderlich konkrete Verbesserungsmassnahmen veranlassen.
Balanced Scorecard: Strategische Grundsatzfragen und Erfolgsindikatoren
Finanzen
«Sind wir finanziell erfolgreich?»
z.B.
• Gewinn vor Zinsen und
Steuern (EBIT)
• % Eigenkapitalquote (EK)
• % Eigenkapitalrendite (ROCE)
Markt und Kunden
«Sind wir im Markt und bei
den Kunden erfolgreich?»
z.B.
• Umsatz-/DeckungsbeitragsWachstum
• % gewonnene Aufträge
• Anzahl der verlorenen Kunden
Interne Geschäftsprozesse
Sind wir
strategisch und
operativ
erfolgreich?
«Sind unsere Geschäftsprozesse
optimal?»
z.B.
• Auftragsdurchlaufzeit
• Prozesskosten pro
Transaktion
• Anzahl Reklamationen
Lernen und Entwicklung
«Sind wir lernfähig und
innovativ?»
z.B.
• Umsatzanteil neuer
Produkte/Angebote
• Quote der verwirklichten
Veränderungsprojekte
• Ausbildungsstunden pro
Mitarbeiter
Quelle: UBS outlook nach R. Kaplan / D. Norton
UBS outlook Unternehmenskrise
13
Unternehmenskrisen vermeiden
Auf Zielabweichungen rasch reagieren
Zielabweichungen, Fehleinschätzungen und operationelle Probleme sind in einem dynamischen Umfeld nicht in jedem Fall zu vermeiden. Sie sind in einem gewissen Ausmass
sogar normal. Gute Unternehmen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie schnell
und richtig auf Probleme reagieren. Sie treffen wirkungsvolle Massnahmen, sobald aktuelle
Entwicklungen wesentlich von ihren Planvorstellungen abweichen. Der Handlungsspielraum und die Erfolgschancen von Kurskorrekturen sind umso grösser, je früher auf unerwünschte Abweichungen reagiert wird. Werden hingegen notwendige Entscheide nicht
rechtzeitig getroffen, sind später meistens viel drastischere und schmerzhaftere Korrekturen erforderlich. Wenn Verwaltungsrat und Management nicht oder erst zu spät handeln,
liegt dies häufig an fehlenden oder falsch interpretierten Informationen, unterschätzten
Gefahren, ungerechtfertigten Hoffnungen oder aber an psychologischen Handlungsbarrieren. In der Regel ist es nicht leicht, eigene Fehler einzugestehen oder erforderliche
Entscheide gegen vorhandene Widerstände durchzusetzen.
Management-Informationen kritisch hinterfragen
Ein zweckdienliches Management-Informationssystem (MIS) sollte aussagekräftige
Indikatoren und Messgrössen liefern, um die aktuelle Situation und die laufende Entwicklung des Unternehmens möglichst objektiv beurteilen zu können. Negativen Tendenzen muss rasch mit wirkungsvollen Massnahmen begegnet werden. Zu den für
die Unternehmensführung wichtigen Kennzahlen gehören beispielsweise Finanzkennzahlen, Markt- und Konkurrenzindikatoren sowie Unterlagen aus dem Forschungs- und
Entwicklungs- (F&E), Produktions-, Vertriebs- und Personalbereich. Neben messbaren
Daten sind auch führungsrelevante weiche Faktoren wie Image, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit zu erfassen und regelmässig im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung zu diskutieren.
Wichtige Frühwarnindikatoren
• Vermehrte Kundenreklamationen und
Qualitätsprobleme
• Verlust attraktiver Kunden bzw. Aufträge
• Fehlende erfolgreiche neue Produkte
• Real steigende Prozess- und Produktkosten
• Real stagnierender oder sinkender Umsatz
• Zunehmend überhöhte Warenbestände und
längere Durchlaufzeiten
• Unklare oder zu personenbezogene
Organisationsstruktur
• Unmotiviertes und rasch wechselndes Personal
• Veraltete Infrastruktur (Gebäude, Anlagen, Maschinen,
Informatik)
• Wiederkehrendes Nichterreichen gesetzter
Unternehmensziele
• Abnehmende Ertragslage (Deckungsbeitrag,
Free Cashflow, Gewinn)
• Ansteigende Verschuldung (Bilanzstruktur,
Verschuldungsgrad)
Quelle: UBS outlook
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UBS outlook Unternehmenskrise
Wettbewerbsschwächen als strategische Frühwarnindikatoren betrachten
Nur konkurrenzfähige Unternehmen können nachhaltig erfolgreich sein. Ist dies gefährdet, muss rasch reagiert werden. Die beste quantitative Messgrösse für die Wettbewerbsfähigkeit ist in der Regel die Entwicklung des Marktanteils in einzelnen Kunden- oder
Produktsegmenten. Dieser ist allerdings mit einem vernünftigen Aufwand oftmals
nicht zu ermitteln oder nur ungefähr abschätzbar. Gute Indikatoren über die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens sind aber auch die längerfristige Entwicklung der Anzahl abgegebener Offerten und der daraus resultierenden Anzahl Aufträge (Hit Ratio).
Mutationen im Kundenstamm (Neukunden, verlorene Kunden), Anzahl Kundenanfragen oder Kundenfrequenzen (insbesondere im Einzelhandel) können ebenfalls
wichtige Informationen zur Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit sein.
Finanzielle Frühwarnindikatoren beachten
Finanzielle Kennzahlen dienen dazu, einerseits die Struktur und Entwicklung der
Ertragslage (Erlöse und Kosten) und andererseits die Bilanz (Aktiven und Passiven) vertieft zu analysieren. Besonders wertvoll ist es, wenn die eigenen Zahlen denjenigen vergleichbarer Firmen gegenübergestellt werden können. Signifikante Veränderungen und
negative Trends verlangen immer eine genaue Analyse. Diese kann oft frühzeitig wichtige Hinweise zur Vermeidung potenzieller Krisensituationen vermitteln.
Wertvolle Indikatoren zur Entwicklung der Ertragslage sind die Umsätze und Deckungsbeiträge (DB) nach Produkten, Marktsegmenten oder Kunden sowie der Gewinn vor
Zinsen und Steuern (Earnings Before Interest and Taxes, EBIT). Ausgabenseitig kann
unter anderem die Entwicklung von Personal-, Informatik- oder Mietaufwand auf mögliche Probleme hinweisen. Bilanzindikatoren sollten unter anderem die Kapitalstruktur
(Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital) und die Vermögensallokation (Umlauf-, Anlagevermögen) aufzeigen. Zu den wichtigen Finanzkennzahlen gehören auch Verhältniszahlen wie Eigenkapitalrendite (Return on Equity, ROE) oder Cashflowmarge.
Unternehmenskrisen vermeiden
Personelle Frühwarnindikatoren ernst nehmen
Veränderungen innerhalb eines Unternehmens sind oftmals deutlich am Verhalten der
Mitarbeiter wahrnehmbar. Fluktuation, Absenzen und Mitarbeiterzufriedenheit (gemessen mittels Umfrage) sind dafür gute Indikatoren. Durch vertiefte Mitarbeitergespräche
sowie aufgrund spontaner Bemerkungen können Motivation oder Verunsicherungen,
Unzufriedenheit und «innere Kündigungen» festgestellt werden. Alarmierende Signale
sind ebenfalls eine sinkende Produktivität oder die Schwierigkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu halten und neue für das Unternehmen zu gewinnen. Ernsthaft zu hinterfragen
sind auch die Gründe für unerwartete Kündigungen im Topmanagement oder Demissionen von Verwaltungsräten.
Auf unvorhersehbare Gefahren gut vorbereitet sein
Nicht alle unerwünschten oder existenzgefährdenden Situationen sind voraussehbar.
Viele solcher Gefahren lassen sich zwar benennen, so z.B. eine Betriebsstilllegung durch
eine Katastrophe, das plötzliche Ausscheiden von Schlüsselpersonen oder der unerwartete Verlust einer wichtigen Geschäftsbeziehung. Naturgemäss lassen sich aber weder
der Zeitpunkt eines ausserordentlichen Ereignisses noch dessen Auswirkungen auf das
Unternehmen genau voraussagen. Umso wichtiger ist es, durch vorsorgliche Massnahmen möglichen Schaden auf ein Minimum zu beschränken.
Versicherbare Risiken abdecken
Nicht vermeidbare und selber nur mit kostspieligen Konsequenzen zu tragende Risiken
sind grundsätzlich auf andere zu übertragen oder zu versichern. Voraussetzung für eine
Versicherung ist, dass die vorhandenen Risiken klar identifiziert und bezüglich Eintretenswahrscheinlichkeit und Auswirkungen (Schadensumme) statistisch vernünftig bewertet
werden können. Die Unterstützung durch Direktversicherer, Broker oder unabhängige
Versicherungsberater hilft oftmals, die in einem Unternehmen vorhandenen Risiken gesamtheitlich zu erfassen und zu beurteilen. Diese Experten wissen, welche Risiken sinnvollerweise abgedeckt werden sollten oder aus gesetzlichen Gründen versichert werden
müssen. Doppelspurigkeiten sowie Über- oder Unterversicherungen sind zu vermeiden.
Präventive und schadensbegrenzende Massnahmen technischer und organisatorischer
Art (Information, Ausbildung) bewirken oftmals, dass die Versicherungskosten gesenkt
werden können.
Untragbare Risiken versichern
hoch
Eintretenswahrscheinlichkeit
Vorsorgliche Massnahmen treffen
Es ist eine vordringliche Aufgabe eines risikobewussten Managements, existenzgefährdende Ereignisse nach Möglichkeit zu verhindern oder deren Folgen zu vermindern.
Wichtig sind unter anderem organisatorische Vorkehrungen wie Pläne für Ausnahmesituationen, Stellvertretungen und die geschützte Verwahrung wichtiger Firmenakten
(Datenträger und Verträge). Sicherheitstechnische und bauliche Massnahmen (z.B.
Brandmelder oder Sicherheitstüren) sowie optimale Versicherungslösungen sollten eine
Selbstverständlichkeit sein.
Die Geschäftsführung kann sich meistens nur beschränkt auf ausserordentliche, kaum
vorhersehbare Ereignisse im unternehmerischen Umfeld vorbereiten. Möglich sind jedoch
beispielsweise Überlegungen, was beim Ausfall eines Hauptlieferanten für Alternativen
vorhanden wären oder wo und wie im Falle einer temporären Betriebsunterbrechung
die Produktion vorübergehend weitergeführt werden könnte. Eine vorher planmässig
erfolgte Diskussion denkbarer ausserordentlicher Ereignisse kann es beim Eintreten eines
Krisenszenarios enorm erleichtern, unverzüglich richtig zu reagieren. Mögliche Vorgehensweisen sollten in einem Notmassnahmenkatalog festgehalten und periodisch
auf Aktualität und Umsetzbarkeit überprüft werden.
Reserven bilden
(Rückstellungen bzw.
eigener Fonds)
Unbedingt versichern
(hohe Prämie)
Selber tragen
(von Fall zu Fall)
Normalerweise
versichern
(niedrige Prämie)
gering
gross
Tragweite / Auswirkungen / Schaden
Quelle: UBS outlook
UBS outlook Unternehmenskrise
15
Unternehmenskrisen vermeiden
Finanzielle Risiken absichern
Finanzielle Risiken wie Währungs- oder Wechselkursrisiken, Zinsrisiken, Länderrisiken sowie
Debitorenrisiken können mit dafür verfügbaren Bankprodukten und -dienstleistungen
zu einem grossen Teil abgesichert werden. Devisentermingeschäfte oder Devisenoptionen
sind geeignet, Währungsrisiken zu minimieren. Festzinsvereinbarungen (Swaps) eliminieren
Zinsrisiken. Der Verkauf von Kundenforderungen (Factoring), die Einforderung von
Sicherheiten sowie Anzahlungen oder Vorinkasso ermöglichen es, das Ausfallrisiko
von Debitoren auszuschalten oder gering zu halten.
Stellvertretungs- und Nachfolgelösungen festlegen
Der längerfristige oder permanente Ausfall einer Schlüsselperson kann für ein Unternehmen existenzbedrohend sein. Deshalb ist es notwendig, für alle wichtigen Aufgaben
qualifizierte Stellvertreter beziehungsweise geeignete potenzielle Nachfolger zu bestimmen und diese gezielt für einen möglichen Einsatz vorzubereiten. Dadurch ist am besten zu verhindern, dass dem Unternehmen plötzlich existenziell wichtige Erfahrungen,
Know-how und persönliche Geschäftsbeziehungen fehlen. Weiterführende Informationen
zu Nachfolgeregelungen finden sich in der Publikation «UBS outlook Nachfolge im
Unternehmen» (siehe Literaturverzeichnis).
16
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Unternehmenskrisen erfolgreich
überwinden
Krisensituationen entstehen oft schleichend und werden vielfach lange Zeit
nicht als solche wahrgenommen. Eine akute Unternehmenskrise liegt dann vor,
wenn eine existenzielle Bedrohung nur noch mit ausserordentlichen
Massnahmen abgewendet werden kann. Im besten Fall kann die
Unternehmenskrise rasch und gut überwunden werden. Fast immer stellt sie
aber eine äusserst komplexe und langwierige Herausforderung für den
Verwaltungsrat und das Management dar.
Unternehmenskrisen haben meistens mehrere Ursachen und verlaufen selten gleich.
Gefahrenpotenziale verschiedenster Art können sich mit der Zeit von einer latenten zu
einer akuten Unternehmenskrise entwickeln. Der Handlungsspielraum nimmt dabei
immer mehr ab. Parallel dazu verstärken sich psychologische Abwehr- und
Verdrängungsreaktionen. Dadurch wird es zunehmend schwieriger, die wachsenden
Probleme zu lösen.
Von einer Strategiekrise wird gesprochen, wenn die Erreichung längerfristiger Zielsetzungen eines Unternehmens ernsthaft gefährdet ist. Eine Erfolgskrise besteht, wenn
das Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist und die finanziellen Ziele verfehlt
werden. Eine Ertragskrise ist spätestens dann eingetreten, wenn ein negativer Cashflow
und Verluste entstehen. Können die laufenden Verpflichtungen nicht mehr ordnungsgemäss erfüllt werden und droht Zahlungsunfähigkeit, ist eine existenzgefährdende
Liquiditätskrise eingetreten.
Oft entsteht eine Unternehmenskrise erst durch eine Akkumulation ungelöster Probleme, durch einen Dominoeffekt, eine Verkettung vermeintlich unglücklicher Umstände
oder einen Teufelskreis negativer Entwicklungen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn
ein Unternehmen aufgrund mangelnder Marktnähe, veralteter Produkte und fehlender
Innovationskraft laufend an Umsatz und Marktanteilen verliert. Als Folge davon sinken
die Erträge, die Eigenmittelbasis wird schwach und die Liquidität knapp. Dadurch wird
Ursachen von Unternehmenskrisen
Strategische Ursachen
Finanzielle Ursachen
• Fehlbeurteilung zukünftiger Absatz- und
Beschaffungsmärkte
• Falsche oder unzureichend umgesetzte Unternehmensstrategie
• Fehlinvestitionen (Produktentwicklungen, Betriebsmittel, Immobilien, Akquisitionen, Auslandsniederlassungen)
• Ungenügende Unternehmensführung (Verwaltungsrat, Management)
• Undurchsichtige Firmen- und unklare Organisationsstrukturen
•
•
•
•
•
•
•
•
Operative Ursachen
Ausserordentliche oder unvorhersehbare Ereignisse
• Unternehmenskultur, Führungsstil, Zweckoptimismus
• Fehlende Führungsinstrumente (Intransparenz)
• Suboptimale innerbetriebliche Abläufe
(unklar, risikobehaftet, ineffizient)
• Ungenügendes Risiko-Management
• Ungenügend qualifizierte Mitarbeiter (Auswahl,
Ausbildung, Fluktuation)
• Qualitätsprobleme
• Lieferverzögerungen
• Verlust wichtiger Geschäftsbeziehungen
• Drastische Preiserhöhung für Rohstoffe,
Energie, Kapital
• Grosse Wechselkursveränderungen
• Handelshemmnisse oder -boykotte
• Verlust von Schlüsselpersonen (Know-how-Träger)
• Betriebsunterbruch (Feuer, Wasser, Streik)
• Skandale (Produktemängel, Betrugsfall)
Umsatz- und Ertragseinbruch
Ungenügender Cashflow
Debitorenausfälle, ungenügende Rückstellungen
Überhöhte, untragbare Investitionen
Überhöhte, untragbare Kostenstrukturen
Überhöhte und überbewertete Warenbestände
Ungenügende, nicht risikokonforme Eigenkapitalbasis
Irreführende oder falsche Rechnungslegung
Quelle: UBS outlook
UBS outlook Unternehmenskrise
17
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
es zunehmend schwieriger, ausreichende Investitionen in Forschung und Entwicklung,
in Betriebsmittel und Personal zu tätigen. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Ertragslage
verschlechtern sich zunehmend und die Krisensituation wird augenfällig.
Die strategischen Krisenursachen verstehen
Viele sich über längere Zeit entwickelnde Unternehmenskrisen haben ihren Ursprung in
der falschen Beurteilung des Firmenumfeldes oder der im Unternehmen vorhandenen
Möglichkeiten. Genauso oft werden aber an sich richtige Strategieziele aus verschiedensten Gründen nicht erreicht. Ein Ignorieren von Fehlentwicklungen über längere Zeit
macht ein unerlässliches, korrigierendes Eingreifen zunehmend schwieriger und hat
meist auch schmerzhaftere Konsequenzen.
Die operativen Krisenursachen verstehen
Schwerwiegende innerbetriebliche Probleme entstehen meistens aufgrund operativer
Schwachstellen und ungenügender Kontrollmechanismen. Sie haben ihre Ursache vielfach in Unterlassungen und Führungsfehlern oder werden durch diese zumindest
begünstigt. Hinweise auf akute operative Schwächen und daraus resultierende Fehlentwicklungen sind u.a. unkontrollierbar ansteigende Kosten, Qualitätsprobleme oder ein
merklich verschlechtertes Betriebsklima. Fehlende Führungsinstrumente und unberechtigter Optimismus führen dazu, dass entstehende Gefahren nicht rechtzeitig erkannt
und korrigiert werden.
Die finanziellen Krisenursachen verstehen
Verschiedene Ursachen für finanzielle Probleme sind offensichtlich, beispielsweise ein
Umsatzeinbruch oder grössere Debitorenausfälle. Fehlinvestitionen, verschwenderische
geschäftliche und private Ausgaben, ausserordentliche Kostensteigerungen oder die
überhöhte Bewertung von Aktiven (Warenlager, Immobilien) sind jedoch in der Regel
weitaus schwieriger erkennbar. Oft werden sie in ihren längerfristigen Auswirkungen
unterschätzt. Manchmal werden sie aber auch bewusst oder unbewusst verdrängt. Bei
einer ungenügenden Eigenkapitalbasis können selbst vorübergehende Ertragsprobleme
oft nicht mehr verkraftet werden.
Mit unvorhersehbaren und ausserordentlichen Ereignissen richtig umgehen
Ausserordentliche, vielfach ohne Vorwarnung eintretende Ereignisse wie beispielsweise
Katastrophen (Feuer, Wasser, Anschläge) oder Todesfälle sind glücklicherweise eher
selten. Sie stellen zwar eine grosse Herausforderung für das ganze Unternehmen dar,
sollten jedoch normalerweise nicht zu existenziellen Krisensituationen führen. Schwerwiegender sind meistens der plötzliche Verlust wichtiger Geschäftsbeziehungen (Absatzmärkte, Kunden, Lieferanten) oder drastische Veränderungen im Umfeld des Unternehmens (drastische Preiseinbrüche, neue, übermächtige Konkurrenten). Umso vordringlicher ist es, in solchen Situationen rasch und überlegt zu handeln.
Entstehung, Erkennung und Beeinflussung von Krisensituationen
Entwicklungsphasen von Unternehmenskrisen
Handlungsspielraum
zuerst
Strategische Fehler
oft zu spät
später
Erfolgskrise
oft spät
zuletzt
Liquiditätskrise
meistens rasch
Erkennung von Fehlentwicklungen und Einleitung von Massnahmen
Quelle: UBS outlook nach A. Meyer
18
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Eine eingetretene Krisensituation akzeptieren
Es ist nicht leicht, sich eine Krisensituation im eigenen Unternehmen einzugestehen.
Oftmals unterschätzen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat das Ausmass von Problemen oder hegen zu lange unberechtigte Hoffnungen, dass sich die Situation ohne einschneidende Massnahmen überwinden lässt. Es liegt vor allem an psychologischen
Handlungsbarrieren, dass eine sich anbahnende Krisensituation oft zwar erkannt oder
mindestens erahnt wird, wirkungsvolle Gegenmassnahmen jedoch unterbleiben. Ängste
vor unangenehmen Konsequenzen, vor Schuldvorwürfen oder eine lähmende Hilflosigkeit sind Gründe für ein solches Verhalten.
Ein längeres Verdrängen einer deutlich erkennbaren Krisensituation führt bei Management und Mitarbeitern letztlich zu Überforderung, Verzweiflung, Orientierungslosigkeit
und für das Unternehmen zu einem gefährlichen Lähmungszustand. Zunehmend grosse
psychologische Belastungen machen es oftmals dem betroffenen Management praktisch
unmöglich, eine in der Regel mitzuverantwortende Krise selber rasch erfolgreich zu
überwinden. Es braucht daher in solchen Situationen vielfach Hilfe von aussen.
Durch rasches Handeln einen Turnaround erleichtern
Je rascher wirksame Massnahmen eingeleitet werden, desto weniger hart fallen in der
Regel die Folgen für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und andere direkt oder indirekt Betroffene (Familien, Geschäftspartner, Öffentlichkeit) aus. Es geht nicht zuletzt
darum, eine unnötige weitere Wertvernichtung zu vermeiden. Wird zu spät gehandelt,
sind oft bereits zu viele Ressourcen verloren gegangen. Das kann bedeuten, dass ein
Neustart (Turnaround) aus eigenen Kräften nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen
sind finanzielle Sanierungsmassnahmen, eine (Teil-)Liquidation oder ein Konkurs oft
kaum mehr zu vermeiden. Einer Krisensituation zu entrinnen, ist selten einfach. In der
Regel sind dazu ausserordentliche und dringende Massnahmen durch ein erfahrenes und
unabhängiges Krisenmanagement erforderlich.
Ein kompetentes Krisenmanagement einsetzen
Wird im Verwaltungsrat das Vorhandensein einer Unternehmenskrise erkannt und die
Notwendigkeit ausserordentlicher und dringender Massnahmen bejaht, muss er umgehend
ein kompetentes Krisenmanagement einsetzen. In der Regel wird der Präsident des Verwaltungsrates die Verantwortung für das Krisenmanagement übernehmen. Allenfalls ist
auch ein Krisenausschuss zu bilden.
Um erste Massnahmen einleiten zu können, muss rasch ein objektiver Überblick über die
Ursachen, den Umfang und die möglichen Auswirkungen der Unternehmenskrise gewonnen werden. Zugleich ist abzuklären, inwieweit dem Unternehmen die für eine rasche
Überwindung der anstehenden Probleme unerlässlichen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Eine der wichtigsten Fragestellungen ist in dieser Situation, ob für einen erfolgreichen Turnaround ein externer Krisenmanager benötigt wird.
Den Krisenmanager bestimmen
Der Erfolg einer Krisenbewältigung steht und fällt mit dem damit beauftragten Krisenmanager. Er muss unvoreingenommen sein und braucht spezifische Fähigkeiten. Erfahrungen im Krisenmanagement sind zunächst meist nützlicher als die für einen nachfolgenden Turnaround unerlässlichen Firmen- oder Branchenkenntnisse. Ein geeigneter
Krisenmanager kann in vielen Fällen nur ausserhalb des Unternehmens gefunden werden. Weil die Zeit drängt, sollte er immer möglichst sofort verfügbar sein.
Der Krisenmanager muss eine meist verfahrene und komplexe Situation schnell erfassen
und die grössten und dringendsten Probleme ohne Verzug pragmatisch angehen. Von
ihm werden vor allem die rasche Formulierung von kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen, das Kommunizieren von klaren Prioritäten sowie ein konsequentes Handeln erwartet.
Eine gute Mischung von Autorität, Kooperationsbereitschaft, Überzeugungskraft und
Begeisterungsfähigkeit hilft ihm, auch unangenehme und tief greifende Massnahmen
auf den verschiedensten Ebenen des Unternehmens durchzusetzen.
UBS outlook Unternehmenskrise
19
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Das Krisenteam zusammenstellen
Eine der ersten und wichtigsten Aufgaben des Krisenmanagers ist es, ein kompetentes,
gut harmonierendes und durchsetzungsstarkes Krisenteam zu bilden. Meist sind dies
einige wenige Schlüsselpersonen, oftmals ergänzt mit einem Krisenbeauftragten des
Verwaltungsrates. Das Team muss das Unternehmen gut kennen und die zu lösenden
Probleme verstehen. Aufgrund fachlicher und persönlicher Kompetenzen sollte es überall
sofort akzeptiert sein. Die als Krisenteam Verbündeten müssen miteinander harmonieren
und sich untereinander und gegenüber dem Unternehmen offen und loyal verhalten.
Qualifizierte Unterstützung beiziehen
Das Krisenteam sollte in der Lage sein, auch sehr komplexe Situationen rasch und mindestens im Grundsatz korrekt zu beurteilen. Kann dies aufgrund fehlender Erfahrung,
von Zeitmangel oder wegen Befangenheit nicht gewährleistet werden, ist es in der Regel unumgänglich, externe Spezialisten beizuziehen. Erfahrene Fachleute können unter
anderem helfen, rasch eine zuverlässige Beurteilung der finanziellen Situation vorzunehmen (Bewertung der Aktiven und Passiven). Andere Experten können bei Rechtsfragen beraten (Obligationenrecht, Verträge), Absatz- und Beschaffungsmärkte richtig
beurteilen oder fundierte Aussagen zu den vorhandenen Produkten, Informations- und
Produktionstechnologien machen.
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Eigenschaften eines guten Krisenmanagers
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Krisenmanager
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UBS outlook Unternehmenskrise
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Quelle: UBS outlook
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Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Kommunikation in der Krise als Chefsache
betrachten
Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des Verwaltungsratspräsidenten, den Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit eine schwierige Unternehmenslage offen und ehrlich zu
kommunizieren. Sein überzeugendes Auftreten kann sehr viel dazu beitragen, eine Krisensituation bestmöglich zu überstehen. Es geht darum, durch das Erklären der Probleme
und das Begründen der notwendigen Massnahmen das Vertrauen der Mitarbeiter, der
Geschäftspartner und der Öffentlichkeit in das Unternehmen, den Verwaltungsrat und
das Management zu erhalten.
Die Krisensituation ehrlich und transparent kommunizieren
Kommunikation ist in einer Unternehmenskrise besonders wichtig. Vorhandene Probleme
sind zuzugeben und die Ursachen und Hintergründe dafür selbstkritisch zu erläutern.
Vor allem aber müssen der Wille und die Fähigkeit demonstriert werden, eine schwierige
Situation wenn erforderlich auch mit einschneidenden Massnahmen rasch in den Griff
zu bekommen und zu überwinden. Ebenso kann mit einer offenen und ehrlichen Kommunikation den in einer Krisensituation leicht entstehenden Gerüchten und Spekulationen am besten Einhalt geboten werden. Im Verlaufe eines Turnarounds müssen aber
neben Erfolgsmeldungen manchmal auch unerwartete Rückschläge kommuniziert werden.
Die Kommunikation sorgfältig planen
Bei der Kommunikation einer Krisensituation sind die zu vermittelnden Informationen
und Botschaften sowie das taktische Vorgehen äusserst sorgfältig zu planen. Es muss
genau bestimmt werden, wer wann wen wie informiert. Ein Kommunikationsplan sollte
den zeitlichen Ablauf für die einzelnen Kommunikationsmassnahmen, die Adressaten
und die Form der Kommunikation festlegen.
Normalerweise sollten zuerst das Kader, anschliessend Mitarbeitervertreter und dann alle
anderen Mitarbeiter informiert werden. Parallel oder direkt im Anschluss an die interne
Kommunikation müssen kreditgebende Banken, andere Finanzgeber, Aktionäre und
wichtige Geschäftspartner (Kunden, Lieferanten) in angemessener Weise ins Bild gesetzt
werden. Manchmal muss jedoch aus praktischen oder taktischen Gründen auch ganz
anders vorgegangen werden. Für börsenkotierte Unternehmen bestehen Informationspflichten, die in jedem Fall genau einzuhalten sind.
Die Öffentlichkeit zum richtigen Zeitpunkt informieren
Bei Krisensituationen ist das Interesse der Medien besonders gross. Die Presse und damit
die Öffentlichkeit sollten in der Regel aber erst zuletzt informiert werden. Aufgrund einer
sorgfältigen Beurteilung der Situation ist zu entscheiden, ob überhaupt die Medien
zu orientieren sind. Bei öffentlichkeitsrelevanten Aspekten (z.B. Massenentlassungen) ist
eine professionell gestaltete Medienkommunikation von zentraler Bedeutung.
Um Missverständnisse und unerwünschte Reaktionen zu vermeiden, ist bereits vor dem
ersten Medienkontakt die für die Kommunikation zuständige Person (Sprecher) zu
bestimmen. In erster Linie sind klare Signale, vertrauensfördernde Botschaften und für
alle Involvierten verbindliche Verhaltensregeln festzulegen. Es gilt zu verhindern, dass
Gläubiger nicht noch kurz vor der Gewährung des Nachlassverfahrens unerwünschte
Massnahmen ergreifen.
UBS outlook Unternehmenskrise
21
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Die Situation rasch erfassen und konsequent
handeln
Ein Unternehmen ist durch eine akute Krise oft unmittelbar in seiner Existenz bedroht.
In einer solchen Situation ist vor allem rasches, aber auch überlegtes Handeln gefragt.
Vielfach muss dies geschehen, ohne alle Fakten genau zu kennen und analysiert zu
haben. Es gilt die Regel «Dringlichkeit vor Genauigkeit» und «Notwendigkeit vor Rücksichtnahme». Schnelle erste Erfolge stärken das Vertrauen in das Krisenmanagement.
Mit klar demonstrierter Führungsstärke und persönlicher Kompetenz lassen sich selbst
unpopuläre Massnahmen leichter durchsetzen. Es muss anfänglich auch akzeptiert werden, dass sich bei einer energisch anzugehenden Krisenbewältigung gewisse Fehler
kaum vermeiden lassen. Wichtig ist jedoch, dass erkannte Fehlentscheide umgehend
und in geeigneter Form richtig gestellt werden.
Prioritäten setzen und erste Aufträge erteilen
Zur Überwindung einer akuten Unternehmenskrise ist es unvermeidlich, schnell Prioritäten
zu setzen und einen erfolgversprechenden Lösungsweg einzuschlagen. Eine der ersten
Aktivitäten des Krisenmanagements ist es deshalb, innert weniger Tage einen möglichst
umfassenden Überblick über den Zustand des Unternehmens sowie die vorhandenen
Stärken und Schwächen zu erhalten. Die dafür benötigten Informationen sind jedoch vielfach noch nicht oder nicht in der gewünschten Form vorhanden. Sie müssen daher vom
Krisenteam so schnell wie möglich beschafft werden. Aufgrund einer durchgeführten
Grobanalyse können erste Aufträge erteilt werden. Diese sind auch darauf auszurichten,
schnell sichtbare Erfolge zu realisieren. Umfassendere Analysen und bessere Grundlagen
für fundiertere Entscheidungen sollten in der Regel innerhalb von vier bis acht Wochen
vorliegen.
Prioritäten und erste Massnahmen eines Krisenmanagers
Analysieren
•
•
•
•
•
•
Fakten (Zahlen) beschaffen und prüfen
Entscheidungs-, Führungs-, Informations- und Kontrollstrukturen verstehen und beherrschen
Überlegungen zu früheren (Fehl-)Entscheiden ermitteln und nachvollziehen
Viele Gespräche mit verschiedenen Leuten (Schlüsselpersonen) führen
Situationsdiagnose erstellen
Vertrauenswürdige und kompetente Verbündete für die Krisenbewältigung finden
Entscheiden
• Wege aus der Krise suchen und skizzieren
• Prioritäten setzen (wichtig? dringend?)
• Zusammen mit dem Verwaltungsrat Ziele festlegen und Grundsatzentscheide treffen
Kommunizieren
• Situation und Entscheide den Mitarbeitern und Geschäftspartnern kommunizieren und nachvollziehbar begründen
• Kommunikationsform, Personen und Zeitpunkt bestimmen (top down, intern vor extern)
• Die richtigen Signale und Botschaften senden
Handeln
•
•
•
•
Finanzielle Situation permanent überwachen, mit Fokus auf Liquidität (Cash Management)
Konzentration auf kurzfristig wirksame Massnahmen und rasch sichtbare Erfolge
Rigides Kostenmanagement (Limitierung der Ausgaben auf das absolut Notwendige)
Mitarbeiter zur Lösung der dringendsten und wichtigsten Probleme motivieren
Quelle: UBS outlook nach H. Ziegler
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UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Die Situation laufend neu beurteilen
Da meist eine Vielzahl dringender Probleme angegangen werden muss und die Faktenlage zu Beginn in vielen Fällen noch nicht gesichert ist, muss oft sehr viel improvisiert
werden. Kurskorrekturen müssen vorgenommen werden, sobald sich die Situation und
die Prioritäten verändern. Alternative Ansätze zur Krisenüberwindung sind laufend zu
evaluieren. Dabei kann es auch zu einer Neubeurteilung der Möglichkeiten für einen
Turnaround kommen. Ein Nachlass oder gar ein Konkurs sollten wenn immer möglich
verhindert werden.
Signale setzen
Von Anfang an die richtigen Signale setzen kann viel zum Erfolg einer Krisenintervention
beitragen. Das heisst vor allem, dass mit nicht länger tolerierbaren Gewohnheiten der Vergangenheit schnell gebrochen werden muss. Symbolische Akte (z.B. Verzicht auf luxuriöse
Geschäftswagen und andere Privilegien, Generalversammlung im bescheideneren Rahmen)
demonstrieren, dass die Verantwortlichen im Unternehmen bereit sind, auch mit sie selbst
betreffenden Massnahmen zur Überwindung der Krise beizutragen. Positive und überall
gut wahrnehmbare Signale stärken intern und extern das Vertrauen in die Zukunft des
Unternehmens. Sie legen oftmals neue, dynamische und zukunftsorientierte Kräfte frei,
welche einen Turnaround sehr erleichtern können.
Einen Bilanzstatus erstellen
Zu den Sofortmassnahmen gehört die Erstellung eines Bilanzstatus. Dies erfolgt in der
Regel in Zusammenarbeit mit der Revisionsstelle. Durch eine objektive, kritische Bilanzanalyse kann festgestellt werden, ob möglicherweise eine Unterbilanz oder eine Überschuldung vorliegt. Eine Unterbilanz resp. ein (teilweiser) Verlust des Eigenkapitals
besteht, wenn die Aktiven zwar das Fremdkapital, aber weniger als 50% des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven decken. Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn
die Aktiven das Fremdkapital nicht mehr decken (siehe auch untenstehende Abbildung).
Besteht begründete Besorgnis für das Vorhandensein einer Unterbilanz oder Überschuldung, ist eine vollständige und mit den gesetzlichen Vorschriften übereinstimmende
Zwischenbilanz zu erstellen. Dabei besteht meist die Schwierigkeit, Aktiven wie Immobilien, Warenbestände oder Goodwill auf akquirierten Gesellschaften korrekt zu bewerten.
Ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit ernsthaft gefährdet, dürfen Aktiven nicht
mehr zu Fortführungswerten, sondern nur noch zu Liquidationswerten in die Bilanz aufgenommen werden. Dies betrifft nicht nur das gesamte Anlagevermögen (Immobilien,
Maschinen, Einrichtungen), sondern vor allem auch die Warenlager und Debitorenausstände. Die meist erforderlichen negativen Wertberichtigungen führen in der Regel
zu einer massiven Verschlechterung der Eigenkapitalquote in der Bilanz. Diese Konsequenz kann gegebenenfalls durch die Auflösung vorhandener stiller Reserven (z.B. auf
Immobilien) kompensiert oder wenigstens gemildert werden.
Unterbilanz und Überschuldung
Unterbilanz (Art. 725 Abs. 1 OR)
Vermögen
Fremdkapital
Überschuldung (Art. 725 Abs. 2 OR)
Vermögen
Fremdkapital
Verlust
Nennkapital
Nennkapital
Gesetzl. Reserven
Gesetzl. Reserven
Freie Reserven
Freie Reserven
Verlust
Quelle: UBS outlook
UBS outlook Unternehmenskrise
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Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Das Management und andere Schlüsselpersonen beurteilen
Mitarbeitergespräche ermöglichen es dem Krisenmanager zu erkennen, welche Personen
einen substanziellen Beitrag zum Turnaround leisten können. Er muss sich oftmals
schnell darüber klar werden, ob er mit den vorhandenen Führungskräften und Schlüsselpersonen einen erfolgreichen Turnaround schaffen kann. Personen, die er für diese
Herausforderung als ungeeignet beurteilt, sind schnell aus der Verantwortung zu nehmen
und zu ersetzen. Andererseits muss er vermeiden, dass für einen Turnaround wichtige
Mitarbeiter aufgrund einer kaum vermeidbaren Verunsicherung das Unternehmen verlassen.
Notwendige personelle Konsequenzen ziehen
Die Überwindung von Unternehmenskrisen erfordert oftmals harte und schmerzhafte
personelle Entscheidungen. Eine Reorganisation bedeutet vielfach die Versetzung, Rückstufung oder sogar die Entlassung überflüssiger oder für die Unternehmenssituation
ungeeigneter Mitarbeiter. Andererseits müssen auch in einer Krisensituation vakante
Schlüsselfunktionen mit geeigneten Personen neu besetzt werden.
Bei Mitarbeitern, welche die für das Unternehmen existenziell wichtigen Veränderungen
nicht mittragen wollen oder können und dadurch den Turnaround gefährden, ist eine
schnelle Trennung in der Regel unumgänglich. Entlassungen sollten jedoch stets auf eine
sozial vertretbare Art abgewickelt werden. Verdiente Mitarbeiter sind auf der Suche nach
einer neuen Tätigkeit zu unterstützen und die Abgangsregelungen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens angemessen auszugestalten.
Den Wertschöpfungsprozess analysieren
Eine vordringliche Aufgabe des Krisenmanagers ist es, die Wertschöpfungskette und
das ihr zugrunde liegende Geschäftsmodell zu analysieren und zu hinterfragen. Die
Kernprozesse (unter anderem Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Produktion,
Vertrieb) sind sowohl auf Schwachstellen als auch auf ungenutzte Potenziale zu überprüfen. Alle Massnahmen und die dafür verfügbaren Ressourcen sind in einer ersten
Phase dort zu konzentrieren, wo die grössten Wirkungen beziehungsweise Effizienzgewinne realisierbar sind. Zuerst sollten Schwachstellen angegangen werden, die entweder sehr leicht, schnell oder mit einem sichtbaren positiven Effekt behoben werden
können. Parallel dazu sind ohne Verzögerung Massnahmen zur Nutzung von brachliegenden Potenzialen und Chancen zu ergreifen, die rasch cashflow- und ertragswirksam
werden. Notwendige Anpassungen können teilweise einschneidend und für die Betroffenen sehr schmerzhaft sein. Bei allen geplanten Veränderungen ist immer zu beachten, dass nicht zugunsten kurzfristiger Effizienzgewinne langfristige Erfolgspotenziale
des Unternehmens gefährdet oder vernichtet werden.
Wertschöpfungsprozess
Finanzierung
Lieferanten
Forschung &
Entwicklung
Beschaffung
Kunden
Produktion
Marketing
Verkauf
Logistik
Quelle: UBS outlook
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UBS outlook Unternehmenskrise
Versand
Service
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Die Überlebenschancen realistisch beurteilen
Eine fundierte Unternehmensanalyse erlaubt es in der Regel, die Überlebensfähigkeit
eines Unternehmens realistisch einzuschätzen. Für die Erfolgschancen eines Turnarounds
sind in erster Linie die Fähigkeiten des vorhandenen Managements und die verfügbaren
finanziellen Ressourcen entscheidend. Je nach finanzieller Situation sind gewisse Schritte
gesetzlich vorgegeben. Bei einer Unterbilanz muss der Verwaltungsrat eine ausserordentliche Generalversammlung einberufen und dieser Sanierungsmassnahmen vorschlagen
(Art. 725 Abs. 1 OR). Bei Überschuldung hat der Verwaltungsrat den Richter unverzüglich zu benachrichtigen (Art. 725 Abs. 2 OR).
Die Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit abklären
Das Krisenmanagement sollte möglichst schnell beurteilen, ob das Unternehmen als
Ganzes oder in reduzierter Form überlebensfähig ist und als sanierungsfähig und sanierungswürdig betrachtet werden kann. Ein Unternehmen ist sanierungsfähig, wenn es
noch intakte Überlebenschancen hat. Viel dazu beitragen können u.a. wettbewerbsfähige Produkte oder Dienstleistungen, ein treuer Kundenstamm, kompetente Mitarbeiter
sowie eine effiziente Infrastruktur. Sanierungswürdig ist eine Firma, wenn der finanzielle
Aufwand für einen Turnaround in einem vernünftigen Verhältnis zu den Erfolgschancen
sowie zum geschätzten zukünftigen Unternehmenswert steht. Um die Sanierungswürdigkeit richtig beurteilen zu können, sollten die vorgesehenen Sanierungsmassnahmen und
der daraus resultierende Kapitalbedarf möglichst genau bekannt sein. Erscheint die
Weiterführung des Unternehmens mit dem bestehenden Aktionariat nicht mehr möglich,
ist ein schneller Verkauf der Firma oder einzelner Geschäftsbereiche zu prüfen. Erweist
sich dies als nicht realisierbar, verbleibt meistens eine Liquidation als letzte Lösung.
Ein operatives Sanierungskonzept ausarbeiten
Wird das Unternehmen grundsätzlich vom Krisenmanagement sowie von den involvierten
Kreditgebern und Gläubigern als sanierungsfähig und sanierungswürdig beurteilt, muss
rasch ein glaubwürdiges und realisierbares Sanierungskonzept ausgearbeitet werden.
Aufgrund einer vorliegenden Grobanalyse ist u.a. zu entscheiden, welche Geschäftsfelder
(Produktgruppen, Marktsegmente) und Standorte weitergeführt, liquidiert oder verkauft
werden sollen. Aufgrund der geplanten zukünftigen Geschäftstätigkeit, von vorzuneh-
Fragen zur Beurteilung der Überlebenschancen eines Unternehmens
Beurteilungskriterien
Fragen
Management
• Ist das Management fähig, das Unternehmen erfolgreich
aus der Krise zu führen?
• Geniesst das Management unser Vertrauen?
Produkte und
Dienstleistungen
Märkte
Finanzen
gut
• Sind die vorhandenen Produkte und Dienstleistungen
nachhaltig wettbewerbsfähig?
• Ist das Unternehmen in der Lage, neue Produkte zu
entwickeln und gewinnbringend abzusetzen?
• Sind die vorhandenen Absatzmärkte des Unternehmens
zukunftsträchtig?
• Besteht das Potenzial, rasch neue und gewinnbringende
Marktsegmente zu erobern?
• Erlauben Liquidität, Cashflow, Ertragslage und Bilanzstruktur einen Turnaround aus eigener Kraft?
• Bestehen für eine Bilanzsanierung (aussergerichtlich/
Nachlassverfahren) gute Voraussetzungen?
• Stehen die Erfolgschancen des Unternehmens nach
einer Bilanzsanierung in einem guten Verhältnis zu
den verbleibenden finanziellen Risiken?
Beurteilung
neutral schlecht
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Quelle: UBS outlook und UBS Recovery Management
UBS outlook Unternehmenskrise
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Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
menden Investitionen und Desinvestitionen ist das voraussichtlich erforderliche Umlaufund Anlagevermögen zu beziffern. Daraus lässt sich das notwendige Eigen- und Fremdkapital ableiten.
Eine geplante Liquidation in Erwägung ziehen
Falls die Aktionäre keine Chancen für das Weiterbestehen des Unternehmens mehr sehen
und ein rechtzeitiger Verkauf der Firma unwahrscheinlich erscheint, kann ein geordneter
Rückzug im Vergleich zu einem Nachlassstundungsverfahren oder zur sofortigen Betriebsstilllegung Vorteile bringen. Eine stille, geordnete Liquidation ist dann am erfolgreichsten,
wenn sie rechtzeitig eingeleitet und sorgfältig abgewickelt wird. In der Regel ist sie
allerdings recht kostspielig.
Je mehr Zeit aber für eine Betriebsstilllegung vorhanden ist, desto weniger Werte werden
vernichtet und desto höher wird der Liquidationserlös ausfallen. Die Belegschaft kann
gestaffelt abgebaut werden und die Mitarbeiter erhalten mehr Zeit, um eine neue
Arbeitsstelle zu finden. Wenn vorhandene Lagerbestände an Fertigprodukten und Rohmaterial noch mit normalen Kundenaufträgen verwertet werden können, ist meistens
ein bedeutend höherer Erlös erzielbar als bei einem Liquidationsverkauf. Auch der Verkauf des gesamten Anlagevermögens, insbesondere der Immobilien, Maschinen und
Produktionsanlagen, zu bestmöglichen Konditionen braucht in der Regel genügend Zeit.
Den Verkauf des Unternehmens an neue Aktionäre prüfen
Wenn ein Turnaround mit den verfügbaren Ressourcen unmöglich erscheint und von
bestehenden Aktionären nicht genügend neues Eigenkapital beschafft werden kann, ist
auch der ganze oder teilweise Verkauf des Unternehmens an neue Aktionäre zu prüfen.
Das ist in der Regel dann erfolgversprechend, wenn die Überlebensfähigkeit des Unternehmens oder eines Teilbereiches grundsätzlich bejaht wird und ein neuer Aktionär
strategische oder operative Interessen daran hat.
In der Praxis sind es oft Konkurrenten oder Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette, welche Geschäftspotenziale und Einsparungsmöglichkeiten erkennen. Das versetzt diese in die Lage, bessere Angebote als reine Finanzinvestoren unterbreiten zu
können. In bestimmten Situationen kann auch der Verkauf des Unternehmens resp. einzelner Geschäftsbereiche an das vorhandene oder ein neues Management erwogen
werden (Management-Buy-out, MBO, bzw. Management-Buy-in, MBI).
Oft ist der Verkauf der Firma nur möglich bei einem weitgehenden oder vollständigen
Verzicht der bestehenden Aktionäre (Aktienkapital, Darlehen) sowie einem Forderungsverzicht von Gläubigern. Ein Grund für den meist geringen Verkaufserlös liegt unter
anderem darin, dass der Käufer noch anfallende Verluste und Investitionen finanzieren
muss, bis der Turnaround geschafft und eine genügende Ertragslage erreicht ist. Erfolgversprechende Lösungen können in der Regel am besten in Zusammenarbeit mit unabhängigen, im Verkauf von Unternehmen erfahrenen Beratern gefunden werden. Ein
Spezialist in der Abwicklung von «Mergers and Acquisitions» (M&A) kann mithelfen,
die Vor- und Nachteile verschiedener Lösungsmöglichkeiten zu beurteilen und in Frage
kommende Interessenten anzusprechen.
Die Liquidität sicherstellen
Die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit hat im Krisenmanagement in jedem Fall oberste
Priorität. Flüssige Mittel sowie offene Kreditlimiten sind der unerlässliche «Sauerstoff»,
um zu überleben. Im Verlauf einer Unternehmenskrise besteht die Gefahr, dass die
liquiden Mittel knapper werden und dadurch der unternehmerische und finanzielle
Handlungsspielraum immer geringer wird. Diese gefährliche Situation wird zusätzlich
verschärft, wenn nach dem Bekanntwerden von Schwierigkeiten viele Gläubiger auf die
sofortige Erfüllung ihrer Forderungen pochen oder Vorauszahlungen verlangen.
Die Liquidität laufend überwachen
In einer akuten finanziellen Krise ist die Liquidität permanent zu überwachen. Zahlungen müssen vorausschauend geplant und überlegt vorgenommen werden. Um ein
26
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
striktes Cash Management zu ermöglichen, sind in der Regel täglich die verfügbaren
Mittel abzufragen (Bargeld, Post- und Bankkonten). Aufgrund dieser Informationen
kann der Krisenmanager die Prioritäten für die Bezahlung der dringendsten Verpflichtungen festlegen.
Ein striktes Ausgabenmanagement einführen
Bei voraussehbaren oder bereits akuten finanziellen Engpässen sind die Ausgaben sofort
auf ein unerlässliches Minimum zu reduzieren. Klare Regeln und Anweisungen müssen
dafür sorgen, dass nur das bestellt wird, was kurzfristig unbedingt benötigt wird. Oft
muss der Krisenmanager sogar einen Personalstopp sowie einen zeitlich begrenzten
Ausgabenstopp verfügen. Die Mitarbeiter sind zu motivieren, äusserst kostenbewusst
zu handeln und alle schnell wirksamen Einsparungspotenziale zu nutzen. Der Verwaltungsrat seinerseits muss dafür sorgen, dass weder Dividenden ausgeschüttet noch
vertraglich nicht zwingende Bonuszahlungen vorgenommen werden.
Investitionen zurückstellen
Um den Mittelabfluss zu bremsen, müssen laufende und geplante Investitionsprojekte
grundsätzlich überprüft und priorisiert werden. Neben dem Finanzbedarf ist auch zu
berücksichtigen, dass Projekte meistens knappe und in einer Krisensituation anderweitig
viel dringender benötigte Managementkapazität binden. Daher sind Investitionsprojekte
entweder zurückzustellen, zu verlangsamen oder abzubrechen, wenn dies mit akzeptablen operativen, finanziellen oder rechtlichen Folgen möglich ist.
Das Debitorenmanagement optimieren
Um die Verfügbarkeit flüssiger Mittel zu verbessern, muss das Debitorenmanagement
sicherstellen, dass Rechnungen rascher ausgestellt, kürzere Zahlungsfristen verlangt,
Debitoren besser überwacht und Fälligkeiten sofort angemahnt werden. Das Abtreten
von Forderungen (Factoring) kann die Liquidität sofort verbessern.
Um das Überleben des Unternehmens zu sichern, sieht sich ein Krisenmanager oft zu
persönlichen Interventionen und zur Ergreifung ausserordentlicher Massnahmen gezwungen. Obwohl Schwierigkeiten zu erwarten sind, muss er versuchen, Voraus- oder Teilzahlungen auszuhandeln, Sonderkonditionen für sofortige Zahlungen anzubieten (Preisnachlässe) und rascher als üblich den Rechtsweg zu beschreiten (Betreibung, Pfändung)
Wirkungen von Liquiditätsschöpfungsmassnahmen
Massnahme
Auswirkung auf
Erfolgsrechnung
Beitrag zur
Bilanzsanierung
Liquidität laufend überwachen (Cash Management)
reduziert Zinskosten
–
Striktes Ausgabenmanagement
reduziert Aufwand
–
Investitionsprojekte zurückstellen, verlangsamen
oder abbrechen
reduziert Zinsen,
Abschreibungsbedarf
senkt Kapitalbedarf
Debitorenmanagement optimieren (Vorauszahlungen,
Rechnungsstellung, Zahlungsfristen, Forderungen sofort
anmahnen und eintreiben, Factoring prüfen)
senkt Zinskosten und
Ausfallrisiko
senkt Kapitalbedarf
Kreditorenmanagement optimieren (längere
Zahlungsfristen aushandeln und ausnutzen)
senkt Zinskosten
senkt Kapitalbedarf
Warenbestände reduzieren (Durchlaufzeiten reduzieren,
Verkäufe forcieren und Einkauf bremsen)
senkt Lagerhaltungskosten,
kann Stückkosten erhöhen
kann zu Wertkorrekturen
führen, senkt Kapitalbedarf
Aktiven veräussern (auch Leasing und Outsourcing
prüfen)
kann situativ entweder
Kosten senken oder erhöhen
kann zu Wertkorrekturen
führen, senkt Kapitalbedarf
Zusätzliche Finanzquellen erschliessen (bestehende
und neue Kapitalgeber)
kann Kapitalkosten
senken oder erhöhen
kann Bilanzstruktur
verbessern oder
verschlechtern
Quelle: UBS outlook
UBS outlook Unternehmenskrise
27
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Das Kreditorenmanagement optimieren
Trotz den damit verbundenen Problemen sind in einer Krisensituation längere Zahlungsfristen anzustreben und systematisch auszunutzen. In der Praxis bedeutet dies vielfach,
dass auf Skonti oder andere Sonderkonditionen verzichtet werden muss. Ein Krisenmanager wird in einer schwierigen Lage versuchen, mindestens mit den grössten Kreditoren (einschliesslich der Banken) ein Stillhalteabkommen und später – auf der Basis eines
professionell erstellten Restrukturierungskonzeptes – sogar einen Forderungsverzicht
auszuhandeln.
Manchmal ist es infolge einer Liquiditätskrise nicht mehr möglich, allen Zahlungsverpflichtungen vereinbarungsgemäss nachzukommen. In solchen Fällen ist zu versuchen,
mit den grössten Gläubigern Abzahlungsvereinbarungen auszuhandeln. Bei rechtlich
kritischen Entscheiden ist dringend zu empfehlen, das geplante Vorgehen mit einem
dafür kompetenten juristischen Berater abzusprechen.
Die Warenbestände abbauen
In einer Krisensituation müssen alle überhöhten, überalterten oder nicht mehr betriebsnotwendigen Warenbestände möglichst rasch verwertet werden. Diesbezügliche Verkaufsanstrengungen sind wenn erforderlich durch Sonderaktionen und massive Preisnachlässe zu beschleunigen. Vielfach können auch die sich in Arbeit befindenden
Warenbestände reduziert, die Durchlaufzeiten verkürzt und die Fakturierung beschleunigt werden. Auf der andern Seite ist der Einkauf auf ein absolut unerlässliches Minimum zu beschränken, auch wenn damit höhere Stückkosten verbunden sind.
Kurzfristig realisierbare Aktiven verkaufen
Der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiven ist in einer Krisensituation zu forcieren.
Das gilt vor allem für Liegenschaften, Betriebsanlagen, Maschinen und Fahrzeuge, die
zu wenig genutzt beziehungsweise nicht mehr unbedingt benötigt werden. Besteht ein
grosser Zeitdruck, können Aktiven (insbesondere Immobilien) oftmals nur mit erheblichen
Preisnachlässen verkauft werden. Für betrieblich unverzichtbare Objekte ist gegebenenfalls ein Leasing oder ein Mietverhältnis zu prüfen (Sale and Lease / Rent back). Vielfach
wird eine Verwertung von Aktiven überhaupt erst durch das Auslagern bestimmter
Tätigkeiten wie z.B. Produktion, Informatik, Transport möglich (Outsourcing).
Zusätzliche Finanzquellen erschliessen
Es ist nicht leicht, in einer Krisensituation neue finanzielle Mittel zu beschaffen. Trotzdem müssen Verwaltungsrat und Krisenmanagement alles versuchen, um zusätzliches
Eigenkapital oder Darlehen zu erhalten. In erster Linie sind bestehende Kapitalgeber
davon zu überzeugen, in ihrem eigenen Interesse das Unternehmen mit zusätzlichen
Mitteln zu stützen und dessen Fortbestand zu ermöglichen. Manchmal müssen auch
andere nahe stehende Kreise (Familie, Bekannte, Management) sowie Geschäftspartner
(Lieferanten, Kunden) angesprochen werden. An Krisensituationen interessierte Geldgeber sind vielfach in der Lage, neben dem dringend benötigten Geld (Venture Capital)
auch Erfahrungen und Beziehungen für einen Turnaround einzubringen. Wie im Kapitel
«Zusammenarbeit mit den Banken» erklärt wird, sind Kreditinstitute nur unter bestimmten Voraussetzungen bereit, zusätzliche Finanzen zur Verfügung zu stellen.
Die Bilanz sanieren
Ein Unternehmen kann auf Dauer nur mit einer gesunden Bilanzstruktur erfolgreich
sein. Um eine Krisensituation zu überwinden und wieder stabile finanzielle Verhältnisse
zu schaffen, ist nebst der operativen Restrukturierung oftmals auch eine finanzielle
Sanierung notwendig. Dazu ist ein vollständiges und realistisches Sanierungskonzept zu
erstellen. Dieses muss aufzeigen, wie das Unternehmen künftig ausgerichtet und die
Bilanz risikokonform strukturiert sein soll.
Ziel der finanziellen Sanierung ist es, wieder eine den vorhandenen Chancen und Risiken
angemessene Finanzierungsstruktur herzustellen. Um eine allfällige Unterbilanz oder
Überschuldung zu beseitigen, ist dem Unternehmen ausreichend neues Eigenkapital
28
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
zuzuführen. Mit mehr Eigenkapital wird auch die Fremdkapitalbeschaffung erleichtert.
Dadurch können Schulden abgebaut, die Fälligkeiten besser gesteuert, die Fristenkongruenz wiederhergestellt und die Liquidität gesichert werden.
Ein Sanierungskonzept vorlegen
In einer Krisensituation kann die Bilanz vielfach nicht mehr mit eigenen Ressourcen
saniert werden. Ein Sanierungskonzept sollte auf der zukünftigen Unternehmensstrategie
und einem operativen Restrukturierungskonzept basieren. Da in der Regel verschiedenen
Interessengruppen Sanierungsbeiträge und Opfer abverlangt werden, muss ihnen die
Notwendigkeit dafür im Detail aufgezeigt und begründet werden. Dazu ist eine umfassende Unternehmensanalyse erforderlich. Die für notwendige Investitionen und
andere zukünftige Bedürfnisse benötigten finanziellen Mittel sind sorgfältig zu ermitteln.
Die erwarteten Ergebnisse sind in Form von Planerfolgsrechnungen und Planbilanzen
(Bilanzstruktur) festzuhalten. Auf dieser Basis muss aufgezeigt werden, wie der Finanzierungsbedarf durch die verschiedenen Interessengruppen gedeckt werden soll (Finanzbedarfsrechnungen).
Drittgläubiger lassen sich in der Regel nur dann in eine Sanierung einbinden, wenn das
Unternehmen und die Aktionäre sämtliche eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.
Die Reihenfolge bzw. Zusammensetzung der zur Sanierung beizuziehenden Personen
und Firmen hat sich nach deren Interesse an einem Weiterbestand des Unternehmens
zu richten. Dabei sind selbstverständlich auch deren rechtliche Stellung und finanzielle
Möglichkeiten zu berücksichtigen. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass innerhalb
einer bestimmten Interessengruppe eine Opfersymmetrie erzielt wird.
Schulden durch Desinvestitionen abbauen
Unternehmenskrisen finden ihren Niederschlag in der Regel in einem wachsenden
Missverhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital. Dadurch wird die Fremdkapitalbeschaffung zunehmend schwieriger. In dieser Situation kann sich das Unternehmen
vielfach nur durch die Verflüssigung von Aktiven selber finanzieren. Gegebenenfalls
müssen auch der Verkauf von Tochtergesellschaften oder die Abtrennung bestimmter
Wirkungen von Bilanzsanierungsmassnahmen
Massnahme
Beitrag zur
Beseitigung der
Unterbilanz
Beitrag zur
Beseitigung der
Überschuldung
Beitrag zur
Liquidität
Auswirkungen auf
Erfolgsrechnung
Auflösung stiller
Reserven
positiv
positiv
–
positiv
Desinvestitionen
vornehmen
nur wenn Verkaufserlös über Buchwert
nur wenn Verkaufserlös über Buchwert
positiv
positiv, wenn
Verkaufserlös über
Buchwert
Veräusserungen von
Aktiven an Gläubiger
gegen Verrechnung
nur wenn Verkaufserlös über Buchwert
nur wenn Verkaufserlös über Buchwert
positiv
positiv, wenn
Verkaufserlös über
Buchwert
Kapitalerhöhung
positiv
positiv
positiv
bei Barliberierung
–
Kapitalherabsetzung
positiv
–
–
–
Neue Darlehen
nur mit Rangrücktritt
nur mit Rangrücktritt
positiv
kann Kosten erhöhen
Rangrücktritt auf
Forderungen
–
positiv, kann
Deponierungspflicht
verhindern
–
–
Forderungsverzicht
positiv
positiv
positiv
positiv
Umwandlung von
Forderungen
in Eigenkapital
positiv
positiv
positiv
positiv
Verkauf von
Unternehmensteilen
nur wenn Verkaufserlös über Buchwert
nur wenn Verkaufserlös über Buchwert
positiv
positiv, wenn
Verkaufserlös über
Buchwert
Quelle: UBS outlook
UBS outlook Unternehmenskrise
29
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Geschäftsbereiche in Betracht gezogen werden. Die Erlöse daraus dürfen nicht nur der
Liquiditätsbeschaffung und der Verlustfinanzierung dienen, sondern müssen auch zu
einem Abbau der Fremdverschuldung führen. Ein bilanzwirksamer Ertrag ergibt sich
jedoch nur dann, wenn der Verkaufserlös über dem Buchwert liegt. Andernfalls kann
auch ein Bilanzverlust entstehen.
Wenn möglich Aktiven an Gläubiger abtreten
Die Übertragung von Aktiven an einen Gläubiger (Debt/Asset-Swap) bezweckt die Tilgung seiner Forderungen. Der Vorteil für das Unternehmen besteht darin, dass einerseits
Fremdkapital abgebaut wird und andererseits nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte
abgetreten werden können. Das Risiko der Abtretung von Aktiven in einer Krisensituation
besteht darin, dass solche Transaktionen von anderen Gläubigern in einem späteren
Nachlass- oder Konkursverfahren nachträglich wegen Gläubigerbevorzugung angefochten werden können. Deshalb werden solche Transaktionen relativ selten realisiert.
Kapitaltransaktionen durchführen
Zu den finanziellen Sanierungsmassnahmen gehören in erster Linie die Kapitalerhöhung,
die Kapitalherabsetzung oder eine Kombination der beiden Massnahmen. Mit einer reinen Kapitalherabsetzung kann eine Unterbilanz beseitigt, jedoch weder eine Überschuldung behoben noch neue Liquidität beschafft und dadurch die Zahlungsunfähigkeit
verhindert werden. Eine Kapitalerhöhung sollte nicht nur die Überschuldung kompensieren, sondern für die geplante Geschäftstätigkeit genügend neue Eigenmittel generieren. Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung werden häufig Zug um Zug umgesetzt.
Für solche Transaktionen ist es unerlässlich, erfahrene Finanzexperten beizuziehen.
Aktionäre und andere Geldgeber können der Gesellschaft auch unverzinsliche oder verzinsliche Darlehen gewähren. Solche Sanierungsbeiträge erhöhen zwar die Liquidität,
beseitigen jedoch eine bestehende Unterbilanz oder eine Überschuldung nur dann, wenn
sie mit einem Rangrücktritt versehen sind.
Mit Gläubigern über einen Rangrücktritt verhandeln
Bei einem Rangrücktritt erklären sich Gläubiger bereit, auf die Bezahlung ihrer Forderungen zu verzichten, bis alle anderen Gläubiger vollständig befriedigt sind. Das subordinierte
(rangrückgestellte) Fremdkapital wird bei der Berechnung der Schuldendeckung durch
die Aktiven nicht mehr mitgerechnet. Dieses Instrument kann dazu beitragen, dass eine
Konkursanmeldung wegen Überschuldung bis zur Genehmigung der eigentlichen Bilanzsanierung oder der Beseitigung der Überschuldung aus eigener Kraft vermieden werden
kann. Es hat jedoch keinen Liquiditätseffekt.
Rangrücktritte können sowohl auf bestehenden wie auch auf neuen, zur Bilanzsanierung geleisteten Darlehen gewährt werden. Gläubiger werden ein solches Entgegenkommen stets unter dem Aspekt einer Verschlechterung ihrer Gläubigerstellung, der
Erfolgsaussichten des Restrukturierungskonzeptes und der möglichen Alternativen
(Konkurs) prüfen. Sind dafür die Voraussetzungen gegeben, können auch Banken zu
einem Rangrücktritt Hand bieten.
Mit Gläubigern über einen Forderungsverzicht verhandeln
Ein Forderungsverzicht bedeutet, dass ein Gläubiger ganz oder teilweise auf seine Forderungen gegenüber einem Unternehmen verzichtet. Dabei ist zu beachten, dass für
alle Gläubiger der gleiche Prozentsatz des Verzichts zur Anwendung gelangt (Opfersymmetrie). Sofern es sich um verzinsliche Schulden handelt, reduziert ein Forderungsverzicht die Verschuldung und entlastet die Erfolgsrechnung. Im Unterschied zum
Rangrücktritt muss die Gesellschaft die betreffende Forderung nicht mehr in der Bilanz
führen, womit sich ein besseres Bilanzbild ergibt.
Die Summe der für eine Bilanzsanierung erforderlichen Forderungsverzichte richtet sich
nach der vorhandenen Überschuldung. Aktionäre können durch den Verzicht auf Aktionärsdarlehen oftmals einen wichtigen Sanierungsbeitrag leisten. Andere Gläubiger sind
am ehesten zu einem Forderungsverzicht bereit, wenn die verbleibende Restforderung
beglichen wird und sich dadurch ihre eigene finanzielle Situation (Liquidität) sofort verbessert. Die Bereitschaft für einen Forderungsverzicht wird auch mit einem Besserungs-
30
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
schein oder mit Optionen für den späteren Erwerb von Aktien erhöht. Damit erhalten
die betroffenen Gläubiger die Möglichkeit, später von einer positiven Entwicklung des
Unternehmens nach der Sanierung zu profitieren.
Eventuell Forderungen in Eigenkapital umwandeln
Mit einem Debt/Equity-Swap wird das Eigenkapital des Unternehmens gestärkt. Dabei
wird Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt, indem neue Aktien durch Verrechnung
mit bestehenden Forderungen ausgegeben werden. Ehemalige Schuldner können
dadurch als neue Aktionäre am zukünftigen Erfolg des Unternehmens teilhaben. Für
bisherige Aktionäre führt diese Umwandlung jedoch zu einer Verwässerung ihrer
Eigentümerposition und vermindert ihren Einfluss. Dieses Sanierungsinstrument wird
bei bestehender Überschuldung oft in Kombination mit einem Forderungsverzicht angewendet. Sind die Eigenmittel bereits aufgebraucht, werden die Fremdkapitalgeber ihre
Zustimmung zur Umwandlung ihrer Forderungen in Eigenkapital von einer vorgängigen
Kapitalherabsetzung abhängig machen.
Mit den Banken zusammenarbeiten
Banken spielen in kritischen Situationen fast immer eine äusserst wichtige Rolle. Als
Kreditgeber beeinflussen sie nicht nur die Liquidität, sondern sie können durch ihr
Verhalten und ihre Dienstleistungen mithelfen, eine Unternehmenskrise zu überwinden.
Um mit den Banken zielführend und konstruktiv zusammenzuarbeiten, braucht es ein
gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Dies erfordert vom Unternehmen eine möglichst
frühzeitige, umfassende und korrekte Darstellung der vorliegenden Situation sowie der
Ursachen, die zu den vorhandenen Problemen führten. Vollständige Unterlagen und
eine transparente Kommunikation erleichtern den Dialog mit den Banken sehr. Strikte
zu beachten ist, dass alle involvierten Kreditinstitute möglichst gleichzeitig und mit den
identischen Informationen versorgt werden.
Unternehmen sollten nicht zuwarten, bis Banken eine sich zuspitzende Krisensituation
aufgrund von Indizien vermuten oder sogar bereits ein akuter Liquiditätsengpass eingetreten ist. Proaktive Information schafft das unerlässliche Vertrauen, um mit Banken
über zusätzlich benötigte Kredite sprechen zu können. Sie kann zudem verhindern, dass
Banken aus Sorge um ihr Engagement und wegen fehlender Beurteilungsgrundlagen
von sich aus einschneidende Massnahmen treffen. Kreditkürzungen oder -kündigungen
könnten in einer solchen Situation die Überwindung der anstehenden Probleme erschweren oder sogar verunmöglichen. Banken sollten auch möglichst früh in die Ausarbeitung von Restrukturierungs- und Sanierungskonzepten einbezogen werden.
Die Geschäftsleitung muss dabei aufzeigen, wie sie die vorhandenen Probleme lösen
will. Die Banken müssen überzeugt werden, dass die vorhandenen Schwierigkeiten
mit den vorgesehenen Massnahmen rasch und wirksam überwunden werden können.
Das Verhalten der Banken in Krisensituationen verstehen
Beurteilen Banken die geordnete Verzinsung und Rückzahlung ihrer Kredite als gefährdet,
müssen sie Massnahmen zu deren Sicherung einleiten. Bei UBS geht dann die Betreuungsverantwortung in der Regel an das Recovery Management über. Dieses Spezialistenteam wird in Krisensituationen zu einem wichtigen Gesprächspartner für die Unternehmensverantwortlichen. Mit ihm kann nicht nur die Überwindung von Liquiditätsengpässen
besprochen werden. Dieses Beraterteam steht auch für die Diskussion von Restrukturierungskonzepten und Massnahmenplänen zur Verfügung. Banken übernehmen jedoch
grundsätzlich auch in dieser Situation keine strategische oder operative Verantwortung.
Diese bleibt ausschliesslich bei den dafür zuständigen Firmenorganen.
Zur Unterstützung des Turnarounds steht ein vielseitiges Instrumentarium von Bankprodukten (Kreditinstrumente, Factoring, Leasing) und Dienstleistungen (Verkauf von Unternehmen, Finanzierungsberatung) zur Verfügung, welches situations- und bedarfsgerecht eingesetzt wird. UBS kann auch Kontakte zu externen Beratern, TurnaroundManagern und bankfremden Investoren vermitteln.
UBS outlook Unternehmenskrise
31
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Mit einem Stillhalteabkommen Zeit für Restrukturierungsmassnahmen gewinnen
Ein Stillhalteabkommen liegt im Interesse des Unternehmens und der Banken. Dem
Unternehmen dient es primär zur Aufrechterhaltung der Liquidität. Gleichzeitig erhält
das Management dadurch die erforderliche Zeit, um die geplanten Restrukturierungsmassnahmen umzusetzen. Mit einem Stillhalteabkommen verpflichten sich die Banken,
ihre Kredite während einer bestimmten Dauer und bei Einhaltung von genau definierten
Bedingungen nicht zu kündigen. Das stellt für sie sicher, dass kein Kreditinstitut bevorzugt behandelt wird. Üblicherweise übernimmt bei einem Stillhalteabkommen die Bank
mit dem grössten Kreditengagement die Koordination zwischen dem Unternehmen und
den Banken. Dadurch werden auch die erhöhten Informationsbedürfnisse kanalisiert.
Bei grösseren und komplexeren Fällen kann diese Aufgabe auch einem unabhängigen
Spezialisten (Berater, Jurist) anvertraut werden.
Instrumente von UBS zur
Krisenbewältigung
Weiterführung der Kredite
(evtl. mit Stillhalteabkommen)
Voraussetzungen: • Überzeugendes Konzept?
• Glaubwürdiges Management
• Bereitschaft zur Kooperation
Neue Kredite (z.B. in Form von Krediterhöhungen, Garantien, Massakredit)
Voraussetzungen: • Vorliegen Liquiditätsplan
• Nachgewiesener Bedarf
• Sicherheiten
• Rückzahlbarkeit
Rangrücktritt auf bestehenden Krediten
Voraussetzungen: • Konsens über weiteres
Vorgehen
• Kein Kapitaleinschuss durch
Aktionäre möglich
• Beseitigung Überschuldungssituation
• Ungesicherte Forderungen
Umwandlung von Krediten in Eigenkapital
(Debt/Equity-Swap)
Voraussetzungen: • Sanierungswürdigkeit und
-fähigkeit gegeben
• Opfersymmetrie
• Späterer Ausstieg der Bank
(Exit) möglich
• Bank nur als Minderheitsaktionär
Forderungsverzicht
Voraussetzungen: • Sanierungswürdigkeit und
-fähigkeit gegeben
• Opfersymmetrie
• Besserungsschein
Kombination dieser Instrumente
Quelle: UBS outlook
32
UBS outlook Unternehmenskrise
Mit Überbrückungskrediten Zahlungsbereitschaft aufrechterhalten
Kurzfristige Überbrückungskredite schaffen die zur Aufrechterhaltung der Zahlungsbereitschaft benötigte Liquidität. Bei mehreren involvierten Banken geschieht dies meist
in der Form eines Konsortialkredits. Wegen der Dringlichkeit müssen Überbrückungskredite oft gesprochen werden, bevor die abschliessende Beurteilung der Probleme
möglich ist und definitive Lösungskonzepte vorliegen. Überbrückungskredite sind in der
Regel an Bedingungen geknüpft, wie beispielsweise die Besicherung durch Debitorenabtretung oder Grundpfand. Zur Realisierung von Restrukturierungskonzepten bzw. des
Turnarounds können später auch mittelfristige Kredite gewährt werden.
Einen Rangrücktritt oder Forderungsverzicht aushandeln
Einen Rangrücktritt oder Forderungsverzicht knüpfen die Banken an klare Bedingungen.
In der Regel verlangen sie eine Opfersymmetrie zwischen allen beteiligten Banken, anderen Gläubigern sowie den Aktionären. Die Bereitschaft zu Sanierungsleistungen hängt
weitgehend ab vom Wert der vorhandenen Sicherheiten sowie der Beurteilung der Erfolgschancen zur Wiedererlangung einer genügenden Ertragskraft und einer angemessenen Kapitalstruktur. Manchmal knüpfen die Banken ihre Bereitschaft zu Sanierungsleistungen auch an die Bedingung, dass das Unternehmen in neue Hände übergeht und
eine Rekapitalisierung durch neue Investoren erfolgt. Wenn eine Bank nicht (mehr) an
eine erfolgreiche und nachhaltige Krisenbewältigung glaubt, wird sie einen von ihr verlangten Forderungsverzicht nur dann leisten, wenn sie sich danach vollständig zurückziehen kann. Die nach dem geleisteten Sanierungsbeitrag noch ausstehende Forderung
muss ihr sofort durch andere Finanzgeber zurückbezahlt werden.
Die Umwandlung von Krediten in Eigenkapital prüfen
Dem Wunsch eines Unternehmens, Kredite in Eigenkapital (Debt/Equity-Swap) umzuwandeln, wird von den Banken in aller Regel mit grösster Zurückhaltung begegnet. Der
Hauptgrund dafür besteht darin, dass Banken grundsätzlich nicht Miteigentümer ihrer
Kunden werden wollen.
Die Abtretung von Aktiven prüfen
Noch kritischer als der Umwandlung von Krediten in Eigenkapital stehen die Banken der
Übertragung von Aktiven zur Schuldentilgung (Debt/Asset-Swap) gegenüber. Das liegt
vor allem daran, dass eine objektive marktkonforme Preisbestimmung der zu übernehmenden Aktiven schwierig ist und sich andere Gläubiger benachteiligt fühlen könnten
(Risiko der Gläubigerbegünstigung). Anders ist die Situation, wenn bestimmte Aktiven
bereits als Sicherheiten für gewährte Kredite an eine Bank verpfändet sind. In diesem
Fall wird sie die Aktiven übernehmen, sofern kein Dritter bereit ist, dafür einen für sie
akzeptablen Preis zu bezahlen.
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Ein Nachlassstundungsverfahren beantragen
Mit einer Nachlassstundung soll die Fortführung des Unternehmens während der Stundungsfrist oder im schlimmsten Fall eine Schaden minimierende, geordnete Liquidation
(Liquidationsvergleich) ermöglicht werden. Ein Nachlassverfahren wird in der Regel
beantragt, wenn ein Unternehmen eine Überschuldung aufweist oder die kurzfristig
benötigten Mittel für eine geordnete Geschäftstätigkeit fehlen. Um einen Konkurs zu
vermeiden und die Überlebenschancen möglichst hoch zu halten, ist ein Nachlassgesuch
rechtzeitig einzureichen. Die damit verknüpften gesetzlichen Bestimmungen sind dabei
minuziös zu erfüllen.
Die Stundung wird vom Nachlassrichter in der Regel für eine Frist von sechs Monaten
gewährt und kann, wenn dafür die Voraussetzungen gegeben sind, bis zu maximal
zwei Jahren verlängert werden. Sie soll dem Unternehmen Zeit geben, mit seinen Gläubigern einen Nachlassvertrag auszuhandeln. Es kann ausser von Arbeitnehmern und
Grundpfandgläubigern in dieser Zeit nicht betrieben werden. Ebenfalls ist eine Konkurseröffnung nicht möglich. Mit der Stundung erhält das Unternehmen die Chance für
eine strategische und operative Neuausrichtung, eine Bilanzsanierung oder die Gründung
einer Auffanggesellschaft.
Dennoch ist ein späterer Konkurs noch nicht ausgeschlossen. Dieser kann oft darum
nicht vermieden werden, weil Kunden das Vertrauen verlieren und ihre Geschäfte mit
finanziell gesunden Partnern abwickeln.
Die notwendige Unterstützung suchen
Ein Nachlassverfahren ist meist komplex und für die Betroffenen rechtlich anspruchsvoll.
Die Verantwortlichen eines Unternehmens haben diesbezüglich in aller Regel wenig
Erfahrung. Sobald sich die Frage eines Nachlasses stellt, sollten sie daher umgehend mit
einem Rechtsanwalt oder Treuhänder Verbindung aufnehmen, welcher mit allen rechtlichen, finanziellen und operativen Aspekten eines Nachlassverfahrens vertraut ist.
Mit ihm sind das Vorgehen sowie alle notwendigen Massnahmen eingehend zu diskutieren und abzusprechen. Dabei geht es vor allem darum, für das Unternehmen und
die Verantwortlichen unter Umständen schwerwiegende Fehler zu vermeiden.
Eine Nachlassstundung zum richtigen Zeitpunkt kommunizieren
Eine Stundung sollte grundsätzlich erst dann kommuniziert bzw. bekannt werden, wenn
der Richter das Verfahren definitiv oder provisorisch genehmigt hat. Das vorzeitige
Bekanntwerden eines angestrebten Nachlasses kann negative Folgen haben, wie beispielsweise, dass Lieferanten nur noch gegen Vorauszahlung liefern. Im schlimmsten Fall
kann es sogar dazu führen, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung der Stundung nicht mehr vorhanden sind. Deshalb ist es ausserordentlich wichtig, dass die Vorbereitung des Nachlassgesuches sehr vertraulich, in einem möglichst kleinen Kreis und
rasch erfolgt.
Die amtliche Publikation der Stundungsverhandlung liegt im Ermessen des Richters. Vor
allem bei kleinen Firmen und in dringenden Fällen wird meistens darauf verzichtet.
Amtlich publiziert werden müssen hingegen die Gewährung der Nachlassstundung, die
Einladung zur Gläubigerversammlung sowie der Termin der Bestätigungsverhandlung.
Im Vorfeld eines Nachlassverfahrens vorsichtig handeln
Im Vorfeld eines Nachlassverfahrens oder eines möglichen Konkurses sind Vermögenstransaktionen, wie beispielsweise der Verkauf oder die Schenkung von Aktiven (z.B. Immobilien, Fahrzeuge), äusserst heikel. Sie können bei einem Nachlass mit Vermögensabtretung zu einem späteren Zeitpunkt angefochten werden, wenn ein Verdacht auf
Gläubigerbegünstigung besteht (paulianische Anfechtung). Das Gleiche ist der Fall,
wenn Gläubiger noch kurz vor der Stundung versuchen, nicht fällige Forderungen einzutreiben. Unbedachtes Vorgehen kann in dieser Situation auch strafrechtlich problematisch sein.
Für jede Konzerngesellschaft einen separaten Nachlass beantragen
In der Schweiz ist kein Konzernnachlassrecht vorhanden, sodass für jede einzelne Tochterfirma das Nachlassverfahren separat durchgeführt werden muss. Aufgrund von strategi-
UBS outlook Unternehmenskrise
33
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
schen, operativen oder opportunistischen Entscheiden einer Konzernleitung können
durch (Geld-)Transaktionen einzelne Konzerngesellschaften gegenüber anderen besser
oder schlechter gestellt werden. Dies kann bei einem Nachlassverfahren zu Ungerechtigkeiten zwischen den Gläubigern der einzelnen Firmen führen, da die Situation jeder
Firma separat beurteilt wird.
Das Nachlassgesuch einreichen
Ein Nachlassgesuch wird üblicherweise im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit
der Gesellschaft durch einen Rechtsanwalt oder Treuhänder beim dafür zuständigen
Gericht eingereicht. Für den Nachlassrichter sollte das Gesuch möglichst transparent
und verständlich abgefasst sein. Es muss die Vermögens-, Ertrags- und Einkommenslage
(Mittelfluss bzw. Cashflow) des Unternehmens, die Finanzierung der Nachlassstundung
und die Aussichten auf das Zustandekommen eines Nachlassvertrags mit den Gläubigern nachvollziehbar und glaubhaft darstellen. Dem Nachlassgesuch sind alle gesetzlich
vorgeschriebenen Unterlagen beizulegen (Art. 293 SchKG ), insbesondere die aktuell
nachgeführten Bilanzen und Erfolgsrechnungen, ein Verzeichnis der Geschäftsbücher
sowie der Entwurf eines möglichen Nachlassvertrags.
Ablauf eines Nachlassstundungsverfahrens
Antrag auf
Nachlassstundung
durch Firma bzw. deren Vertreter einzureichen
Entscheid Nachlassrichter
betr. Bewilligung
Nachlassstundung
Einsetzung Sachwalter
vertritt die Gläubigerinteressen und
überwacht Unternehmensführung
Betriebsweiterführung
unter Aufsicht des Sachwalters
Vermögensstatus
Forderungseingabeverzeichnis
Kollokationsplan
durch Sachwalter zu erstellen
Ausarbeitung
Nachlassvertrag
zu Handen der Gläubigerversammlung
Gläubigerversammlung
vom Sachwalter einzuberufen und zu publizieren
Zustimmungsverfahren
Zustimmung erfordert gesetzlich festgelegte Quoren
Sachwalterbericht
an Nachlassrichter
Entscheid Nachlassrichter
Bestätigung
Nachlassvertrag durch
den Nachlassrichter
Nachlassvertrag mit
Dividendenvergleich
Nachlassvertrag mit
Vermögensabtretung
Auszahlung
Dividende
Nachlassliquidationsverfahren
Quelle: UBS outlook nach Transliq AG
34
UBS outlook Unternehmenskrise
Nichtbestätigung
Nachlassvertrag durch
den Nachlassrichter
Konkurs
(auf Antrag eines
Gläubigers oder des
Schuldners)
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Der Nachlassrichter entscheidet
Der Nachlassrichter prüft, ob die Bedingungen für eine Nachlassstundung erfüllt sind.
Primäre Voraussetzung für die Gewährung ist, dass für die Gläubiger ein besseres
Ergebnis als im Konkursfall erreicht werden kann. Verfügt der Nachlassrichter noch über
ungenügende Unterlagen, kann er eine provisorische Stundung für maximal zwei
Monate gewähren. Während dieser Zeit prüft der provisorisch eingesetzte Sachwalter
die Vermögens-, Ertrags- und Einkommenslage des Unternehmens und beurteilt die
Chancen auf das Zustandekommen eines Nachlassvertrages.
Sind die Voraussetzungen gegeben, verfügt der Richter eine Nachlassstundung und bestimmt den Sachwalter. Mit der definitiven oder provisorischen Genehmigung setzt der
Schuldnerschutz ein. Für die Wahl des Sachwalters hat das in der Krise steckende Unternehmen ein Vorschlagsrecht. Dies ist wichtig, weil ein Vertrauensverhältnis zwischen
Unternehmensverantwortlichen und Sachwalter für den Erfolg einer Nachlassstundung
entscheidend sein kann. Der Richter prüft die Kompetenzen, fachlichen Voraussetzungen
und die Unabhängigkeit der vorgeschlagenen Person und folgt bei positivem Befund in
der Regel dem Antrag des Unternehmens.
Der Sachwalter leitet das Nachlassverfahren
Mit seiner Einsetzung durch den Nachlassrichter wird der Sachwalter zum Leiter des
Nachlassverfahrens. Er erhält damit unter anderem das Mandat, die Geschäftsführung
bis zum Abschluss des Nachlassverfahrens zu überwachen. In Ausnahmefällen, beispielsweise wenn das Vertrauen in das bestehende Management verloren gegangen ist,
kann der Sachwalter auf Antrag an den Richter selbst die Geschäftsleitung übernehmen. Der Sachwalter hat die Interessen des Schuldners und diejenigen der Gläubiger
gleichermassen zu wahren und muss deshalb in allen seinen Entscheiden neutral und
unabhängig sein.
Als eine der ersten Tätigkeiten lässt der Sachwalter eine Übersicht über das im Unternehmen vorhandene Vermögen erstellen (Vermögensstatus). Parallel dazu werden die
Gläubiger aufgefordert, die Art und Höhe ihrer Forderungen anzumelden. Diese Informationen fliessen in den Entwurf des Nachlassvertrags ein, den der Sachwalter in Zusammenarbeit mit den Unternehmensverantwortlichen erstellt. Der Sachwalter ist für
die Vorbereitung, Publikation und Durchführung der Gläubigerversammlung zuständig.
An dieser wird die Ausgestaltung des Nachlassvertrages diskutiert und allenfalls angepasst. Nach der Gläubigerversammlung informiert der Sachwalter den Nachlassrichter
über deren Verlauf.
Der Sachwalter überwacht die Weiterführung des Betriebs
Für die Dauer eines Nachlassverfahrens bestimmt der Sachwalter die für die Weiterführung des Geschäftes gültigen Regeln. Seine Weisungen schränken in aller Regel die
Handlungsfreiheiten der Unternehmensverantwortlichen beträchtlich ein, vor allem was
die Bezahlung von Forderungen betrifft. Deshalb ist es wichtig, dass die Betroffenen alle
gemachten Auflagen genauestens kennen, verstehen und strikte einhalten.
Per Datum der Nachlassstundung müssen ein detailliertes Inventar und ein Status sämtlicher Aktiv- und Passivpositionen erstellt werden. Das Unternehmen ist gleichzeitig
verpflichtet, seine Geschäftsbücher und Buchhaltung (auch einzelne Konten) offen zu
legen. Das Ausführen von Zahlungen benötigt grundsätzlich die Zustimmung des Sachwalters. Sofern er es erlaubt, kann das Unternehmen während der Nachlassstundung
neue Verbindlichkeiten eingehen. Es ist auch möglich, vorhandene Schulden abzubauen,
wenn dadurch nicht einseitig Parteien bevorzugt werden.
Während der ganzen Dauer des Nachlassverfahrens muss dem Sachwalter regelmässig
über den Geschäftsgang sowie über wichtige, ausserordentliche Vorkommnisse und
Massnahmen Bericht erstattet werden. Ein Sachwalter wird seinerseits die Bemühungen
der Geschäftsleitung zur Restrukturierung und Sanierung des Unternehmens aktiv
unterstützen. Dies gilt insbesondere auch im Zusammenhang mit der Bilanzsanierung
sowie bei der Suche nach neuen Investoren.
Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer kennen
Grundsätzlich bleibt ein Arbeitsvertrag auch während der Nachlassstundung bestehen.
Wird ein Mitarbeiter entlassen, so hat er im Sinne der Schadenminderungspflicht wäh-
UBS outlook Unternehmenskrise
35
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
rend der Zeit der Freistellung oder der Kündigungsfrist eine neue Arbeit zu suchen. Er
hat diese Aktivitäten zu belegen und muss eine Neueinstellung bei einer anderen Firma
dem Sachwalter melden. Im Falle einer Freistellung muss er sich noch vorhandene
Ferienguthaben anrechnen lassen. Das Anmelden bei der zuständigen Arbeitslosenkasse
hat durch ihn zu erfolgen. Um seine Lohnforderungen geltend zu machen, muss der
Arbeitnehmer diese mit Hilfe bereitgestellter Formulare beim Sachwalter einreichen.
Offene Lohnforderungen, die nicht älter als sechs Monate sind, werden als privilegierte
Forderungen (1. Klasse) anerkannt. Wie alle anderen Gläubiger erhält ein entlassener
Mitarbeiter die Einladung zur Gläubigerversammlung. An dieser kann er allerdings nur
Stellung zum Nachlassvertrag beziehen, wenn er auch nichtprivilegierte Forderungen
(wie ausstehende Lohnzahlungen älter als sechs Monate) angemeldet hat.
Die Auswirkungen auf Lieferanten kennen
Lieferanten werden sich beim Bekanntwerden eines Nachlasses vor allem zwei Fragen
stellen: Einerseits interessiert es sie, ob, wann und in welchem Umfang ihre ausstehenden
Forderungen beglichen werden können. Andererseits wollen sie wissen, ob und zu
welchen Bedingungen sie weiterhin liefern können. Wenn sie Bestellungen ausführen
wollen, können sie sich die daraus neu entstehenden Forderungen durch den Sachwalter
im Voraus schriftlich bestätigen lassen. Dadurch werden diese zu Massaforderungen,
welche auch während der Nachlassstundung beglichen werden können. Mit Beginn der
Stundung erlischt die Möglichkeit, dass ein Lieferant seine bestehenden Forderungen
mit neuen Gegenforderungen an den Schuldner verrechnen kann. Lieferanten können
ihre bestehenden Forderungen mit den im einzelnen Verfahren festgelegten Formularen
und Unterlagen innerhalb einer publizierten Eingabefrist dem Sachwalter melden. Dadurch erhalten sie auch das Stimmrecht zum Nachlassvertrag.
Die Kunden auch während der Nachlassstundung pflegen
Um intakte Zukunftsaussichten aufrechtzuerhalten, ist ein Unternehmen im Nachlass
ganz besonders stark auf treue Kunden angewiesen. Auch wenn der Betrieb weitgehend normal fortgeführt werden kann, sind die Kundenbeziehungen stark gefährdet.
Die Konkurrenz wird versuchen, die Krisensituation auszunützen und Kunden abzuwerben. Deshalb ist es umso wichtiger, in einer solch kritischen Phase die Kontakte mit
den Schlüsselkunden zu intensivieren. Durch laufende offene Information kann am
besten Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens gebildet werden.
Die Rolle der Bank im Nachlassverfahren kennen
Ein Nachlassverfahren liegt vielfach im gemeinsamen Interesse der Banken und des
Schuldners. Wenn sie die Chancen als intakt betrachten, dass sich die Firma mit einem
Nachlassverfahren retten lässt oder sich ihr Verlustrisiko damit reduziert, werden Banken
in der Regel das Unternehmen mit einem Massakredit unterstützen. Dieses Vorgehen
wird ihnen insbesondere erleichtert, wenn genügend angefangene Arbeiten und Aufträge vorhanden sind oder gute Aussichten für die Einbringung von neuem Eigenkapital
durch Investoren bestehen.
Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
als Grundlage für die Nachlassstundung
Vorschriften
Artikel SchKG
• Bewilligungsverfahren
293-301
• Zustimmungsverfahren
301, 302, 305
• Bestätigungsverfahren
306-312
• Ordentlicher Nachlassvertrag
314-316
• Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung
317-331
• Nachlassvertrag im Konkurs
332
Quelle: UBS outlook nach SchKG
36
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Den Nachlassvertrag für die Gläubiger akzeptierbar machen
Der Entwurf für einen Nachlassvertrag wird gemeinsam vom Sachwalter und von den
Verantwortlichen des Unternehmens erarbeitet. Generell ist wichtig, dass er keine nichterfüllbaren Versprechungen enthält. Eine versprochene Nachlassdividende muss gesichert
sein (z.B. auf einem Sperrkonto). Sachwalter und Unternehmensführung müssen klar
aufzeigen können, dass das mit dem Nachlassvertrag gemachte Angebot für die Gläubiger besser ist als die vorhandenen Alternativen, insbesondere ein Konkurs. Bei einem
Nachlassvertrag mit Dividendenvergleich kann auch auf die Vorteile einer Weiterführung
der Geschäftstätigkeit hingewiesen werden, ohne jedoch irgendwelche konkreten Zusagen zu machen. Überzeugende Argumente sichern am besten die Akzeptanz des Nachlassvertrages durch die Gläubigerversammlung.
Die Gläubigerversammlung bestmöglich vorbereiten
Die Gläubigerversammlung ist eine Orientierungsveranstaltung, an welcher der Sachwalter über den Gang der Nachlassstundung, den Status von Aktiven und Passiven
sowie über den Entwurf des Nachlassvertrags informiert. Die Gläubiger erhalten die
Möglichkeit, Einwendungen und Änderungsvorschläge zum Nachlassvertrag vorzubringen. Eine umfassende Vorbereitung durch Sachwalter und Unternehmen dient der effizienten und erfolgreichen Durchführung der Gläubigerversammlung. Unerlässlich ist
das vollständige Zusammentragen aller relevanten Unterlagen sowie das Vorbereiten
umfassender Informationen zu möglichen kritischen Fragen.
Das Zustimmungsverfahren abwarten
Die Gläubiger entscheiden erst im Anschluss an die Gläubigerversammlung im Rahmen
eines gesetzlich festgelegten Zustimmungsverfahrens schriftlich über die Annahme oder
Ablehnung des definitiv formulierten Nachlassvertrags. Zustimmungserklärungen sind
gültig, falls sie bis spätestens an der Bestätigungsverhandlung abgegeben werden.
Somit besteht die Möglichkeit, negativ eingestellte oder zögernde Gläubiger auch im
Anschluss an die Gläubigerversammlung noch umzustimmen.
Der Sachwalterbericht beeinflusst den Entscheid des Nachlassrichters
Mit dem Sachwalterbericht orientiert der Sachwalter den Nachlassrichter über den Verlauf der Nachlassstundung, den Status von Aktiven und Passiven, den geplanten Nachlassvertrag und die von den Gläubigern dazu erhaltene Zustimmung (erreichte Quoren).
Er dient als Grundlage für die Bestätigung oder Ablehnung des Nachlassvertrags durch
den Nachlassrichter.
Der Nachlassrichter muss den Nachlassvertrag bestätigen
Der Nachlassvertrag wird erst durch die Bestätigung des Nachlassrichters rechtsgültig.
Zwingende Voraussetzungen für eine Bestätigung sind der Nachweis der Deckung aller
Massaschulden und der privilegierten Forderungen (u.a. Löhne und während der Nachlassfrist entstandene Lieferantenforderungen). Unerlässlich ist auch die Zustimmung der
Gläubiger mit dem gesetzlich festgelegten Quorum. Dieses kann auf zwei Arten erreicht
werden: Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger, die gleichzeitig zwei Drittel der Forderungssumme vertreten, oder Zustimmung eines Viertels der Gläubiger, die mindestens
drei Viertel der Forderungssumme vertreten. Der Entscheid des Nachlassrichters muss in
jedem Fall amtlich publiziert werden. Wird der Nachlassvertrag durch den Richter nicht
bestätigt, kann jeder Gläubiger innerhalb von 20 Tagen nach der Publikation die sofortige
Konkurseröffnung verlangen.
Den Nachlassvertrag erfüllen
Bei einem Nachlassvertrag mit Dividendenvergleich (ordentlicher Nachlassvertrag) verzichten die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen und erhalten dafür lediglich die
versprochene Nachlassdividende. Verlustscheine werden keine ausgestellt. Nach Beendigung der Nachlassstundung kann das Unternehmen seine Geschäfte ohne weitere
Beaufsichtigung wieder normal weiterführen.
Bei einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (entspricht dem Nachlassvertrag
mit Liquidationsvergleich) werden nach der Bestätigung durch den Nachlassrichter der
Liquidator und der Gläubigerausschuss für das weitere Liquidationsverfahren zuständig.
UBS outlook Unternehmenskrise
37
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Die noch vorhandenen Aktiven werden verwertet und der Erlös am Ende des Verfahrens
den im Kollokationsplan anerkannten Gläubigern anteilmässig ausbezahlt. Die Abwicklung ist ähnlich wie im Konkursverfahren.
Die Vorteile eines Nachlassverfahrens kennen
Ein Nachlassstundungsverfahren kann sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger einige wichtige Vorteile bieten, insbesondere im Vergleich zum Konkurs. Der
wichtigste ist, dass ein Unternehmen in einem vor dem Zugriff der Gläubiger geschützten Umfeld grundsätzlich normal weitergeführt werden kann. Dadurch bleiben die im
Unternehmen vorhandenen Werte bestmöglich erhalten. Das Unternehmen erhält die
für eine finanzielle Sanierung erforderliche Zeit. Mitarbeiter können grundsätzlich weiterbeschäftigt, angefangene Arbeiten bzw. vorhandene Aufträge zu Ende geführt sowie
neue Aufträge angenommen werden. Geschäftsbeziehungen bleiben erhalten und das
Unternehmen muss nicht mit weiteren Schadenersatzforderungen rechnen.
Ein Konkursverfahren korrekt abwickeln
Ein Konkurs wird vom Konkursrichter auf Begehren eines Gläubigers oder infolge der
Deponierung der Bilanz durch Firmenverantwortliche wegen Überschuldung eröffnet.
Das wird in der Regel dann unvermeidbar, wenn ein Nachlassbegehren aussichtslos
erscheint, ein Nachlassvertrag von den Gläubigern abgelehnt wurde oder vom Richter
nicht bestätigt werden konnte. Nach einer Konkurseröffnung verliert das Unternehmen
das Verfügungsrecht über seine Aktiven und muss in der Regel alle seine betrieblichen
Aktivitäten sofort einstellen. Das Konkursverfahren wird normalerweise durch das zuständige Konkursamt durchgeführt. Anlässlich der 1. Gläubigerversammlung kann auch
eine ausseramtliche Konkursverwaltung eingesetzt werden. Ein Konkursverfahren endet
mit der Auszahlung einer Konkursdividende (wenn möglich) sowie der Ausstellung von
Verlustscheinen.
Die Konkurseröffnung löst Inventaraufnahme und Schuldenruf aus
Unmittelbar nach der Publikation der Konkurseröffnung nimmt die Konkursverwaltung
ein Inventar sämtlicher Aktiven und Passiven auf und trifft die notwendigen Sicherungsmassnahmen (z.B. das Versiegeln des Warenlagers). Zugleich wird der Schuldenruf
publiziert, mit welchem die Gläubiger aufgefordert werden, ihre Forderungen bei der
zuständigen Konkursverwaltung anzumelden. Aufgrund der Abklärungen des Konkursverwalters kommt es je nach vorliegender Vermögenssituation zu unterschiedlichen Verfahren. Wenn noch Vermögenswerte vorhanden sind, aber die voraussichtlichen Kosten
eines ordentlichen Verfahrens nicht gedeckt werden können, wird das Verfahren eingestellt, sofern kein Gläubiger bereit ist, innert zehn Tagen die Verfahrenskosten zu bevorschussen. Sonst wird entweder ein ordentliches oder bei einfachen Verhältnissen ein
summarisches Konkursverfahren durchgeführt.
Die 1. Gläubigerversammlung bestimmt die Verantwortlichen
An der 1. Gläubigerversammlung orientiert der Konkursverwalter über den Bestand der
Aktiven und Passiven sowie über das geplante weitere Vorgehen. Die Gläubiger können
anstelle des Konkursamtes eine ausseramtliche Konkursverwaltung wählen sowie einen
Gläubigerausschuss bestimmen. Dazu muss die Versammlung beschlussfähig sein. Das
erfordert die Anwesenheit von mindestens einem Viertel der bekannten Gläubiger. Um
das Verfahren zu beschleunigen und weitere Wertverminderungen zu verhindern, wird
die Konkursverwaltung oftmals bevollmächtigt, die Aktiven bereits vor der 2. Gläubigerversammlung zu verwerten.
Die Vorteile einer ausseramtlichen Konkursverwaltung nutzen
Eine ausseramtliche Konkursverwaltung hat die Interessen der Gläubiger zu vertreten
und ist an dieselben gesetzlichen Vorschriften gebunden wie ein amtlicher Konkursverwalter. Besonders in komplexen Fällen kann die ausseramtliche Konkursverwaltung
trotz höheren Verfahrenskosten ein besseres Ergebnis für die Gläubiger erzielen. Sie
38
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
kann in der Regel die Aktiven schneller und besser freihändig verkaufen oder versteigern, entweder gesamthaft oder einzeln. Vor allem das Know-how erfahrener und
rasch verfügbarer Spezialisten (z.B. für Immobilien) ermöglicht eine speditive und
erfolgreiche Abwicklung eines Konkursverfahrens.
Einen Gläubigerausschuss als Kontrollinstanz einsetzen
Die Einsetzung eines Gläubigerausschusses kann von der 1. Gläubigerversammlung
beschlossen werden. Diese Gläubigervertreter beaufsichtigen die Geschäftsführung der
Konkursverwaltung. Sie müssen ihnen vorgelegte Fragen begutachten und beantworten
und können auch Einspruch erheben gegen Entscheide der Konkursverwaltung, welche
den Gläubigerinteressen zuwiderlaufen. Neben seiner Aufsichtsfunktion kann der Gläubigerausschuss der Konkursverwaltung vielfach auch wertvolle Unterstützung beim
Verkauf der Aktiven bieten und so zu einem guten Verwertungsresultat beitragen.
Der Gläubigerausschuss hat daneben weitere Aufgaben zu erfüllen. Er kann unter anderem die Ermächtigung erteilen zur Fortsetzung des Betriebes, zur Führung von Prozessen
oder zum Abschluss von Vergleichen. Des Weiteren kann er Rechnungen prüfen, den
Kollokationsplan genehmigen sowie allenfalls Abschlagszahlungen (Teildividendenauszahlungen) anordnen.
Die Konkursverwaltung verwertet die Aktiven
Als Liquidator verwertet die Konkursverwaltung alle vorhandenen Aktiven. Sie sucht
Käufer unter anderem für die Liegenschaften, Maschinen, Einrichtungsgegenstände
und das Warenlager. Können keine Käufer gefunden werden, wird eine Versteigerung
in die Wege geleitet. Bei Vermögensgegenständen von hohem Wert sowie bei Immobilien erhalten die Gläubiger die Möglichkeit, ein vorhandenes Angebot zu überbieten.
Eine weitere wichtige und oft zeitraubende Aufgabe des Konkursverwalters ist das
Inkasso offener Debitorenausstände.
Der Konkursverwalter prüft Forderungseingaben und erstellt den
Kollokationsplan
Nach Eingang der Gläubigerforderungen überprüft der Konkursverwalter diese auf ihre
Richtigkeit. Er entscheidet, welche Forderungen im Verfahren zugelassen (kolloziert)
Ablauf eines Konkursverfahrens
Konkurseröffnung
(ordentliches Verfahren)
durch Konkursrichter auf Verlangen
Gläubiger oder Firma
Inventaraufnahme / Schuldenruf
1. Gläubigerversammlung
Prüfung / Geltendmachung
der Verantwortlichkeitsansprüche und Anfechtungstatbestände
Verwertung der Aktiven
bestimmt Konkursverwaltung
und evtl. Gläubigerausschuss
Prüfung der
Forderungseingaben /
Erstellen des Kollokationsplanes,
Lastenverzeichnisse
2. Gläubigerversammlung
Kollokationsplan
Auszahlung Dividende /
Verlustscheine ausstellen
Abschluss Konkursverfahren
gerichtlich anfechtbar
durch Konkursverwalter
durch Konkursrichter
Quelle: UBS outlook nach Transliq AG
UBS outlook Unternehmenskrise
39
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
werden können, in welche Kategorien sie aufgenommen werden (pfandgesichert, privilegiert, 3. Klasse) und welche abgewiesen werden müssen. Dies wird in einem Kollokationsplan festgehalten. Gläubiger, deren Forderung nicht wie angemeldet zugelassen
wurden, erhalten von der Konkursverwaltung eine Verfügung mit Begründung. Ein
Gläubiger, der mit der nicht genehmigten Zulassung (Kollokation) seiner Forderung
nicht einverstanden ist, kann innert 20 Tagen seit der öffentlichen Auflage des Kollokationsplans eine Kollokationsklage beim zuständigen Gericht einreichen.
Der Konkursverwalter prüft Verantwortlichkeitsansprüche und
Anfechtungstatbestände
Die Konkursverwaltung muss prüfen, ob Verantwortlichkeitsansprüche gegen die
Organe der konkursiten Unternehmung geltend gemacht werden können. Das ist zum
Beispiel möglich, wenn durch eine zu späte Deponierung der Bilanz der Schaden für die
Gläubiger nachweisbar grösser geworden ist (fahrlässige Geschäftsführung) oder der
Firma unmittelbar vor der Konkurseröffnung Aktiven entzogen wurden (ungetreue
Geschäftsführung). Sind in der Konkursmasse nicht genügend Mittel vorhanden, um
die Kosten für einen allfälligen Verantwortlichkeitsprozess zu übernehmen, offeriert der
Konkursverwalter den Gläubigern die diesbezüglichen Ansprüche zur Abtretung. Dadurch erhält jeder Gläubiger die Möglichkeit, selber gegen die Organe rechtliche Schritte
in die Wege zu leiten.
Das gleiche Vorgehen erfolgt bei der Prüfung der Anfechtungstatbestände. Ein solcher
ist beispielsweise der Verkauf von Aktiven deutlich unter ihrem realen Marktwert. Ebenfalls anfechtbar sind Schenkungen kurz vor der Konkurseröffnung, z.B. von Fahrzeugen
oder Liegenschaften.
Die 2. Gläubigerversammlung bestimmt abschliessend den Verfahrensverlauf
Anlässlich der 2. Gläubigerversammlung werden die Gläubiger über den Verlauf des
Verfahrens, die Verwertung der Aktiven, den Vermögensstand, den Kollokationsplan
und die voraussichtliche Konkursdividende informiert. Zu bestätigen sind die Konkursverwaltung sowie gegebenenfalls der Gläubigerausschuss. In der Regel entscheidet sie
auch über die endgültige Verwertung der Aktiven.
Der 2. Gläubigerversammlung kann in bestimmten Situationen auch ein Nachlassvertrag
vorgelegt werden, sodass es nachträglich noch zu einem Nachlassverfahren kommt. In der
Praxis ist dieses Vorgehen jedoch selten, da durch den Konkurs die Unternehmensaktivitäten bereits eingestellt oder unterbrochen worden sind.
Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
als Grundlage für das Konkursverfahren
Vorschriften
Artikel SchKG
• Ordentliche Konkursbetreibung
159-176
• Wechselbetreibung
177-189
• Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung
190-194
• Widerruf des Konkurses
195-196
• Wirkungen des Konkurses auf das Vermögen des
Schuldners
197-207
• Wirkungen des Konkurses auf die Rechte der Gläubiger
208-220
• Feststellung der Konkursmasse
221-229
• Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven
230
• Summarisches Konkursverfahren
231
• Überprüfung der Konkursforderungen
244-246
• Kollokationsplan
247-251
• Verwertung
252-260
• Verteilung
261-267
• Abschluss des Konkursverfahrens
268-270
Quelle: UBS outlook nach SchKG
40
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Der Konkursverwalter erstellt den Verteilungsplan
Der durch die Verwertung der Aktiven erzielte Erlös steht primär zur Deckung der
Massakosten und anschliessend zur Befriedigung aller anderen Gläubigerforderungen
zur Verfügung. Nachdem feststeht, welche Forderungen dem Erlös gegenüberstehen,
wird durch den Konkursverwalter ein Verteilungsplan erstellt. Aus diesem wird ersichtlich,
wie hoch die Konkursdividende ausfällt und welcher Anteil jedem Gläubiger zusteht.
Die Verteilungsliste liegt zusammen mit der Schlussabrechnung während zehn Tagen
beim Konkursverwalter zur Einsichtnahme auf. Die Gläubiger haben die Möglichkeit,
innerhalb dieser Frist eine Beschwerde gegen die Verteilungsliste bei der zuständigen
Aufsichtsbehörde einzureichen. Gehen keine Beschwerden ein, erstellt der Konkursverwalter den Verteilungsplan für die Konkursdividende und stellt die Verlustscheine aus.
Der Konkursrichter verfügt Schliessung des Konkursverfahrens
Nach Genehmigung der Verfahrenskosten durch die zuständige Behörde und der Verteilung der Konkursdividende wird zuhanden des Konkursrichters ein Schlussbericht
erstellt. In diesem wird der Verlauf des Konkursverfahrens zusammengefasst. Auf dieser
Grundlage verfügt der Konkursrichter die Schliessung des Konkursverfahrens.
Die Auswirkungen auf den Betrieb kennen
Mit der Konkurseröffnung wird der Betrieb in der Regel sofort eingestellt. Betriebsliegenschaften bzw. Büroräumlichkeiten und Warenlager werden durch das Konkursamt
versiegelt. Anschliessend wird die Gesamtliquidation in Angriff genommen und mit der
Verwertung der Aktiven begonnen. Nach Abschluss des Konkursverfahrens wird die
Geschäftstätigkeit endgültig beendet und die Firma im Handelsregister amtlich gelöscht.
Die Auswirkungen auf Mitarbeiter kennen
Mit der Betriebsstilllegung werden alle Mitarbeiter üblicherweise freigestellt. Sie erhalten die Kündigung gemäss den bestehenden vertraglichen Abmachungen. Ihre Lohnansprüche laufen jedoch bis zum Ende der Kündigungsfrist. Werden diese durch das
Unternehmen nicht mehr bezahlt, sind die Mitarbeiter berechtigt, die ausstehenden
Forderungen beim Konkursverwalter anzumelden, und erhalten gegebenenfalls eine
Konkursdividende.
Die Auswirkungen auf Kunden kennen
Mit der Konkurseröffnung und der gleichzeitigen Betriebsstilllegung werden alle Geschäftsbeziehungen abrupt abgebrochen. Offene Aufträge können in aller Regel nicht
mehr ausgeliefert bzw. erfüllt werden. Kunden können unter Umständen Schadenersatzforderungen anmelden. Wenn diese anerkannt werden, erhalten sie eine Konkursdividende.
Die Auswirkungen auf Lieferanten kennen
Alle Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten werden mit der Konkurseröffnung sofort
beendet und bestehende Verträge aufgehoben. Lieferanten können ihre ausstehenden
Forderungen (einschliesslich Schadenersatzforderungen) über den Schuldenruf anmelden
und einklagen, wenn sie im Kollokationsplan nicht wie verlangt berücksichtigt werden.
Wie alle anderen Gläubiger können sie auf eine Konkursdividende hoffen.
Die Spätfolgen eines Konkurses kennen
Nach einem Konkurs muss der Schuldner den geschädigten Gläubigern einen Verlustschein abgelten, sobald er wieder zu neuem Vermögen kommt. Dieser Umstand spielt
für Privatpersonen vielfach eine sehr belastende Rolle. Sie hat aber keine Bedeutung bei
juristischen Personen, welche nach Abschluss des Konkursverfahrens im Handelsregister
amtlich gelöscht werden. Im Falle von Kapitalgesellschaften haben die Organe mit Verantwortlichkeitsklagen zu rechnen. Der Anspruch verjährt nach fünf Jahren seit Kenntnis des Schadens, spätestens aber nach zehn Jahren seit der schädigenden Handlung.
Diese Frist kann durch Betreibung oder durch Verjährungsverzicht des Schuldners unterbrochen werden. Meistens wird durch den Konkurs auch der Ruf der dafür als verantwortlich betrachteten Personen auf längere Zeit beeinträchtigt.
UBS outlook Unternehmenskrise
41
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Das Unternehmen wieder erfolgreich machen
Nach einer Sanierung sollten die für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens
notwendigen finanziellen Ressourcen wieder zur Verfügung stehen. Um einen erfolgversprechenden Neuanfang zu ermöglichen, ist oft eine Veränderung des Managementteams erforderlich. Dieses muss sich zunächst vor allem auf die vorhandenen Stärken
konzentrieren und versuchen, noch bestehende Schwächen möglichst rasch abzubauen. Dazu unerlässliche Massnahmen und Veränderungen sind in allen Bereichen des
Unternehmens zügig und konsequent umzusetzen (Change Management).
Nachdem die akutesten Probleme durch das Krisenmanagement überwunden sind,
muss das Management den Wiederaufbau des Unternehmens planen und zügig umsetzen. Das ist vielfach nur noch mit einem redimensionierten Unternehmen möglich.
Durch die Aufgabe einzelner Geschäftsbereiche und Fokussierung auf zukunftsträchtige
strategische Geschäftsfelder wird die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit oft
sehr erleichtert. Der Kapitalbedarf wird kleiner, und das Management kann sich ganz
auf das zukünftige Kerngeschäft konzentrieren. Es ist die Aufgabe des Verwaltungsrats,
gemeinsam mit der Geschäftsführung die zukünftige Unternehmensstrategie festzulegen.
Konkrete Ziele und erforderliche Massnahmen sind durch die Geschäftsleitung mit
einem Businessplan aufzuzeigen und durch den Verwaltungsrat zu genehmigen.
Besonders wichtig ist es, die während eines Turnarounds erzielten Resultate laufend eng
zu überwachen und, wenn erforderlich, Korrekturen umgehend vorzunehmen.
Eine neue Unternehmensstrategie entwickeln und den Businessplan überarbeiten
Bei der Entwicklung einer nachhaltig erfolgversprechenden Unternehmensstrategie
muss grundsätzlich von den im Unternehmen noch vorhandenen Stärken und Schwächen ausgegangen werden. Genauso wichtig sind die im unternehmerischen Umfeld
nach einem Turnaround bestehenden Chancen und Gefahren. Zukunftsorientierte Strategien nutzen die Kernkompetenzen, um auf attraktiven Märkten mit wettbewerbsfähigen Produkten und Dienstleistungen erfolgreich zu sein. Ein zum Zeitpunkt der
finanziellen Sanierung erstellter Businessplan muss vielfach später aufgrund einer neu
festgelegten Unternehmensstrategie nochmals überarbeitet werden.
Die Finanzen eng überwachen
Während eines Turnarounds ist die weitere Entwicklung des Unternehmens oft noch
nicht genau absehbar. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind meist knapp bemessen.
Rückschläge mit schwerwiegenden Folgen können nicht ausgeschlossen werden. Daher
ist es äusserst wichtig, genügend finanzielle Reserven zu besitzen. Die mittelfristige
Finanzplanung sollte eng überwacht und rollend nachgeführt werden. Gleichzeitig muss
das Management stets für genügend Liquidität besorgt sein.
Konzeptionelle Basis für einen Turnaround
Cash-Bedarf
und
Finanzierung
Analyse
• Unternehmensumfeld
• Marktposition, Wettbewerbsfähigkeit
• Markt-, Wettbewerbs-, Umsatzchancen
• Wertvernichter und Werterzeuger
• Kernprozesse und Kernfunktionen
• Kostenstrukturen und Einsparungspotenziale
• Management- und Mitarbeiterpotenziale
Ergebnisplanung
(Erfolgsrechnung/
Bilanz)
Massnahmen
zur Umsatz- und
Erlössteigerung
Strategische
Neuausrichtung
am Markt
Reorganisation
der Prozesse
und Funktionen
TurnaroundKonzept
Veränderung von
Führung und
Management
Kostensenkungsmassnahmen
Quelle: UBS outlook nach P. Faulhaber / N. Landwehr
42
UBS outlook Unternehmenskrise
Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden
Die personellen Voraussetzungen schaffen
Im Vorfeld oder im Verlaufe eines Turnarounds wird es oft unumgänglich, personelle
Veränderungen vorzunehmen. Dies kann den Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung
oder andere Schlüsselpositionen betreffen. Meistens wirkt ein Krisenmanager bei erforderlichen Neu- und Umbesetzungen noch entscheidend mit, tritt aber selbst oft nach
Überwindung einer akuten Unternehmenskrise zurück.
Der Neustart und Wiederaufbau eines Unternehmens stellt für alle Beschäftigten im
Unternehmen in der Regel eine grosse Herausforderung mit einer starken zeitlichen
und psychischen Belastung dar. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung können mit ihrem
persönlichen Engagement, einem motivierenden Verhalten und einer überzeugenden
Kommunikation die Mitarbeitenden am besten für das gemeinsame Ziel gewinnen: ein
wieder erfolgreiches Unternehmen.
Den Turnaround erfolgreich abschliessen
Eine Unternehmenskrise ist dann überwunden, wenn die Zukunft des Unternehmens
nachhaltig gesichert ist. Der Verwaltungsrat muss die Fortschritte auf dem Weg zur
Erreichung der von ihm gesetzten strategischen und operativen Ziele laufend kritisch
verfolgen. Bei Fehlentwicklungen hat er rasch und konsequent korrigierende Massnahmen zu veranlassen. Gleichermassen wichtig ist es, sowohl die erzielten Ergebnisse als
auch die noch zu lösenden Probleme nach innen und aussen zu kommunizieren. Mit
einer wiedergewonnenen Wettbewerbsfähigkeit, einer guten Ertragskraft und einer
gesunden Eigenmittelbasis ist das Unternehmen auf dem besten Weg in eine erfolgreiche Zukunft.
UBS outlook Unternehmenskrise
43
Thesen
Thesen zur Vermeidung und Überwindung von
Unternehmenskrisen
These 1
Unternehmenskrisen zu vermeiden, ist einfacher, als sie zu überwinden.
Eine qualifizierte und verantwortungsbewusste Unternehmensführung bildet die beste Grundlage, um Unternehmenskrisen
zu vermeiden. Es ist Aufgabe des Verwaltungsrates, die für ein gutes Risiko-Management unerlässlichen geschäftspolitischen,
finanziellen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen zu schaffen.
These 2
Die im unternehmerischen Umfeld vorhandenen Chancen und Gefahren sind realistisch einzuschätzen.
Die Unternehmensstrategie muss grundlegenden Veränderungen im Umfeld angepasst werden. Auswirkungen politischer, wirtschaftlicher, technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen auf die Absatz- und Beschaffungsmärkte des Unternehmens
sind fortwährend und sorgfältig zu überprüfen.
These 3
Unternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit im Markt permanent unter Beweis stellen.
Die im Unternehmen vorhandenen Stärken müssen gezielt zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen genutzt werden und erkannte organisatorische und personelle Schwachstellen sind rasch zu beheben. Exzellente Produkte und Dienstleistungen sowie
eine vorteilhafte Kostenstruktur sind die besten Voraussetzungen für ein wettbewerbsfähiges Preis-Leistungs-Verhältnis.
These 4
Unternehmen brauchen eine gesunde finanzielle Basis.
Ein Unternehmen muss jederzeit in der Lage sein, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen, und die für den Erhalt
seiner Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen Investitionen tätigen können. Dafür ist eine gesunde Ertragslage sowie eine genügende
und risikokonforme Finanzierung notwendig.
These 5
Krisen entwickeln sich meist über längere Zeit.
Existenzbedrohende Situationen entstehen vielfach langsam und auf Grund verschiedener, oft miteinander vernetzter und zu
lange vernachlässigter Probleme. Strategische, operative, personelle und finanzielle Fehlentwicklungen werden vielfach ignoriert
oder deren Folgen für das Unternehmen unterschätzt.
These 6
Ein schwaches Management ist die häufigste Krisenursache.
Unternehmenskrisen sind meist die Folge von Unterlassungen und Fehlentscheidungen der Unternehmensführung. Ein kompetentes Management erkennt Veränderungen und Fehlentwicklungen im unternehmerischen Umfeld rechtzeitig und kann
erforderliche strategische und operative Massnahmen konsequent umsetzen, bevor das Unternehmen ernsthaft bedroht ist.
These 7
Je früher Probleme erkannt werden, desto leichter sind sie zu lösen.
Probleme sind meist noch einfach zu lösen, wenn sie früh erkannt und rasch mit geeigneten und wirkungsvollen Massnahmen
angegangen werden. Solange noch kein zu grosser Schaden entstanden ist und noch genügend finanzielle Mittel zur Verfügung
stehen, können die Folgen einer Fehlentwicklung meistens auf ein tragbares Mass beschränkt werden.
44
UBS outlook Unternehmenskrise
Thesen
These 8
Ein Krisenmanager muss erfahren, führungsstark und unabhängig sein.
Ein Krisenmanager hat meist eine Vielzahl von dringenden und komplexen betriebswirtschaftlichen, personellen und finanziellen
Problemen gleichzeitig anzugehen und muss diese möglichst schnell lösen. Dafür braucht er spezifische Erfahrungen und aussergewöhnliche persönliche Fähigkeiten, insbesondere Führungsstärke, Unbefangenheit, Durchsetzungsvermögen sowie eine hohe
zeitliche und psychische Belastbarkeit.
These 9
In Krisensituationen ist Kommunikation Chefsache.
Die Kommunikation ist in schwierigen Situationen besonders gut zu planen und muss vor allem ehrlich und glaubwürdig sein.
Ein überzeugendes Auftreten des Verwaltungsratspräsidenten kann viel dazu beitragen, verunsicherte Mitarbeiter zu motivieren
und das für einen Turnaround unerlässliche Vertrauen der Geschäftspartner zu erhalten.
These 10
Ohne genügend Liquidität kann ein Unternehmen nicht überleben.
Ein Unternehmen kann nur überleben, sofern die dafür unerlässlichen finanziellen Mittel noch vorhanden sind oder aber rasch
genug beschafft werden können. Daher kommt in einer Krisensituation dem Cash Management zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen, der Ausgabenminimierung und der Verflüssigung von Aktiven höchste Priorität zu.
These 11
Eine Nachlassstundung erlaubt die Weiterführung und Sanierung des Unternehmens.
Die Nachlassfrist kann dazu genutzt werden, einen Finanzstatus zu erstellen, die Überlebensfähigkeit des Unternehmens nachzuweisen, ein Sanierungskonzept auszuarbeiten und mit den Gläubigern einen Nachlassvertrag auszuhandeln. Diese werden
einen Forderungsverzicht am ehesten akzeptieren, wenn für sie der Fortbestand des Unternehmens vorteilhafter ist als ein
Konkurs.
These 12
Ein Turnaround braucht die Unterstützung von Kapitalgebern und Geschäftspartnern.
Eine Unternehmenskrise kann nur dann erfolgreich überwunden werden, wenn die Kunden, Lieferanten, Banken, andere
Kapitalgeber und Geschäftspartner weiterhin zum Unternehmen stehen. Das dafür unerlässliche Vertrauen ist am besten durch
eine offene, ehrliche und glaubwürdige Kommunikation zu gewinnen.
These 13
Ein Konkurs ist der schlechteste Ausgang einer Unternehmenskrise.
Ein unabwendbar gewordener Konkurs bedeutet nicht nur die Liquidation der Firma, sondern führt in der Regel auch zu einer
grossen Wertvernichtung. Die Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz und die Aktionäre, Gläubiger und andere Geschäftspartner
erleiden vielfach einen hohen finanziellen Schaden.
These 14
Das Ziel eines Turnarounds ist erst mit einer nachhaltig genügenden Ertragslage erreicht.
Der Turnaround ist geschafft, wenn das Unternehmen wieder wettbewerbsfähig ist und eine nachhaltig positive Ertragslage
aufweist. Mit einem gestärkten Management und einer Konzentration seiner Ressourcen auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder
ist es den zukünftigen Herausforderungen vielfach besser gewachsen als zuvor.
UBS outlook Unternehmenskrise
45
Informationsquellen
Informationsquellen
UBS outlook hat zur Vorbereitung der Workshops sowie im Rahmen dieser Publikation
auf zahlreiche Quellen zurückgegriffen. Die nachstehend aufgeführten Titel erwiesen
sich dabei als besonders wertvoll. Sie bieten einen Überblick über die verschiedenen
Aspekte der Vermeidung und Überwindung von Unternehmenskrisen. Die praxisrelevanten Informationen sind für Unternehmer, Verwaltungsräte, Geschäftsführer und
interessierte Führungskräfte geeignet.
Publikationen UBS outlook
Risiko-Management: 14 Thesen zur risikobewussten Unternehmensführung
Vermittelt Denkanstösse, wie Chancen und Gefahren in einem dynamischen Umfeld
rechtzeitig erkannt, ganzheitlich analysiert und wirkungsvoll gemanagt werden können.
Herausgegeben 2002 (Neuauflage), Bestellnummer 80231 D
Verwaltungsrat: Wertorientierte Unternehmensführung
Denkanstösse zu Verantwortung, Organisation und unternehmerischen Aufgaben des
Verwaltungsrates im Kontext der Wertorientierung und eines veränderten wirtschaftlichen Umfeldes. Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung.
Personelle Führung und Nachfolgeplanung. Der Gang an die Börse. Voraussetzungen
für einen IPO. Kauf und Verkauf von Unternehmen und Beteiligungen.
Herausgegeben 2002, Bestellnummer 81783 D
Nachfolge im Unternehmen: Eine Herausforderung für Unternehmer,
Verwaltungsräte und Familienaktionäre
Nachfolgeplanung als strategische Führungsaufgabe. Die Nachfolge in der Geschäftsleitung. Die finanzielle Nachfolge. Risikofallen. Strategische Optionen für individuelle
Nachfolgelösungen.
Herausgegeben 2002, Bestellnummer 81976 D
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Literatur
Aus der Krise zum Erfolg
Erfolgsfaktoren für kleine und mittlere Unternehmen.
Die Autoren vermitteln anhand zahlreicher Checklisten ganz konkrete Erfolgsfaktoren,
die für den Weg aus der Krise wichtig sind. Das Buch ist als Arbeits- und Nachschlagewerk für Unternehmer in Klein- und Mittelbetrieben bis 200 Mitarbeiter gedacht.
Grütter, André / Kähr, Peter; Midas Management Verlag AG, Zürich, 1999, 260 Seiten.
ISBN 3-907100-09-3
Die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von ertragsschwachen oder insolventen
Unternehmen
Sanierungen von Unternehmen sind dann erfolgreich und nachhaltig, wenn die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens gegeben ist. Das Buch möchte eine Hilfestellung zur
Erkennbarkeit und Prüfung einer Sanierungsfähigkeit leisten.
Meyer, Alain; Peter Lang AG, Bern, 2003, 316 Seiten. ISBN 3-03910-215-X
Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen
Der Autor zeigt Mängel des menschlichen Denkens und Handelns angesichts komplexer
Probleme auf und geht den Ursachen dafür nach: Langsamkeit, Vereinfachung, Beschützen des Eigenbildes, kleiner Zufluss ins Gedächtnis und Aktualitätsvorrang. Daraus
leitet er ab, was getan werden kann, um bessere Ergebnisse bei der Behandlung komplexer Probleme zu erreichen. Er ist der Ansicht, dass besseres Denken und Handeln
lernbar sind.
Dörner, Dietrich; Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek, 2004, 346 Seiten. ISBN 3-499-61578-9
Leadership in Krisen. Ein Handbuch für die Praxis
Das Buch setzt sich eingehend mit Wesensmerkmalen von Krisen und den Vorteilen
eines guten Krisenverständnisses auseinander. Erprobte Führungsgrundsätze und Kernfragen als Gedächtnisstütze dienen als Handlungsrichtlinien für die Führung in krisenhaften Situationen.
Carrel, Laurent F.; Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2004, 487 Seiten.
ISBN 3-03823-092-8
Plötzliche Unternehmenskrisen. Gefahr oder Chance?
Mittels Praxisbeispielen werden Krisenfälle verschiedener Unternehmen analysiert und
daraus generelle Erkenntnisse zur Krisenbewältigung in Form eines empfohlenen Vorgehens (Best Practices) abgeleitet. Das Buch zeigt auf, dass alle Bereiche eines Unternehmens einen aktiven Beitrag zur Krisenbewältigung zu leisten haben.
Töpfer, Armin; Hermann Luchterhand Verlag GmbH, Neuwied und Kriftel, 1999,
364 Seiten. ISBN 3-472-03800-4
Sanierung der AG
Das Buch basiert auf einem Weiterbildungsseminar HSG der Universität St. Gallen und
behandelt ausgewählte Rechtsfragen für die Unternehmenspraxis, insbesondere die
Pflichten des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung in finanziellen Krisensituationen, die rechtlichen Aspekte hinsichtlich der Stellung der Banken in der Krisensituation, die Sanierung aus Sicht der Aktionäre und Obligationäre, arbeitsrechtliche Fragen
sowie steuerliche Aspekte von Sanierungen.
Roberto, Vito (Hrsg.); Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich, 2. Auflage 2003,
220 Seiten. ISBN 3-7255-4673-8
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Turnaround
Restrukturierung und Sanierung von Firmen.
Der Autor gibt mit diesem Buch die gesammelte Erfahrung aus einer Vielzahl von
Turnarounds mit einem praxisorientierten Fokus wieder.
Müller-Ganz, Jürg; Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2004, 272 Seiten.
ISBN 3-03823-115-0
Turnaround von Unternehmen
Von der Krisenbewältigung zur Erfolgssteigerung, eine praktische Führungshilfe für
Unternehmen, Banken und Berater. Anhand des Vorgehensprinzips «Finden» (der Krisenherde), «Fixieren» (der Krisenlage), «Filtrieren» (der erhaltenen Erfolgspotenziale),
«Forcieren» (der Erfolgssteigerung) wird der Prozess der Krisenbewältigung aufgezeigt.
Dabei kann der Autor auf seiner breiten Praxiserfahrung im Bereich Recovery Management der UBS AG aufbauen.
Leupin, Urs; Verlag Haupt, Bern, Stuttgart, Wien, 1998, 402 Seiten. ISBN 3-258-05650-1
Turnaround-Management in der Praxis
Gilt als ein Standardwerk für die Bewältigung von Unternehmenskrisen. Die beiden
Autoren sind Inhaber einer auf Unternehmenssanierungen spezialisierten Beratungsfirma und vermitteln viel Praxiswissen, wie ein Turnaround rasch und erfolgreich durchgeführt werden kann. Wirtschaftspraktiker erfahren an vielen Beispielen, wie sie die
Liquidität sichern, die Restrukturierung einleiten und die Bewältigung einer Krise zur
langfristigen Stärkung des Unternehmens nutzen.
Faulhaber, Peter / Landwehr, Norbert; Campus Verlag GmbH, Frankfurt, 2001, 2.,
erweiterte und aktualisierte Auflage, 354 Seiten. ISBN 3-593-36674-6
Verwaltungsrat und Unternehmenskrise
Die stärkere Einbindung der Kontrollgremien in die unternehmerische Verantwortung
zwingt Verwaltungsräte zur Entwicklung eines wirksamen Instrumentariums, damit sie
Probleme frühzeitig erkennen und Krisen vermeiden. Das Buch zeigt anschaulich, wie
sich ein Verwaltungsrat optimal organisiert, wie er entsprechende Instrumente entwickelt und in Krisensituationen angemessene Sanierungsschritte in die Wege leitet:
Von der Früherkennung über angemessenes Krisenmanagement bis hin zur Auswahl
der richtigen Berater werden alle Fragen des Unternehmensalltags in der Krise behandelt.
Oesch, Klaus; Orell Füssli Verlag, Zürich, 2002, 159 Seiten. ISBN 3-280-05021-9
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Glossar
In dieser Publikation verwendete Abkürzungen sowie gebräuchliche betriebs- und
volkswirtschaftliche Fachbegriffe, vielfach in englischer Sprache, werden nachstehend
kurz erklärt.
Auffanggesellschaft
Die Gründung einer Auffanggesellschaft bezweckt, erfolgversprechende Aktivitäten
eines sanierungsbedürftigen Unternehmens zu übernehmen und weiterzuführen. Dabei
ist sicherzustellen, dass die Auffanggesellschaft nicht alle Aktiven und Passiven und
dadurch die Haftung für die Schulden der überschuldeten Gesellschaft übernimmt. Problematisch ist, dass eine Auffanggesellschaft gemäss Art. 333 OR zwingend sämtliche
Arbeitnehmer des betreffenden Betriebes übernehmen muss und für deren Forderungen solidarisch haftet. Gemäss neuestem Bundesgerichtsurteil ist diese Bestimmung bei
einer Betriebsübernahme aus der Konkursmasse nicht mehr anwendbar.
Besserungsschein
Ein Besserungsschein enthält eine bedingte Schuldanerkennung. Er sieht vor, dass die
Forderung, auf die der Gläubiger verzichtet, ganz oder teilweise wieder gestellt werden
kann, wenn die Gesellschaft nicht mehr überschuldet ist und genügend Mittel vorhanden sind, um den offenen Betrag zu bezahlen.
Businessplan
Geschäftsplan, in dem die mittelfristigen Zielsetzungen und Massnahmen dargestellt
und die erwarteten Ergebnisse quantifiziert sind. Dazu gehören detaillierte Finanzpläne,
welche die erwarteten Entwicklungen der Ertragslage und der Bilanz (Finanzierungsbedarf) glaubwürdig aufzeigen.
Change Management
Veränderungsmanagement. Es hat zum Ziel, unerlässliche Veränderungen im Unternehmen geplant, systematisch und rasch umzusetzen.
Debt/Asset-Swap
Übertragung von Aktiven an einen Gläubiger, um damit dessen Forderungen zu tilgen.
Dadurch können gleichzeitig Fremdkapital und nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte reduziert werden.
Debt/Equity-Swap
Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital, indem neue Aktien durch Verrechnung
mit bestehenden Forderungen ausgegeben werden.
Forderungseingabenverzeichnis
Dieses Verzeichnis ist eine Aufstellung über sämtliche in einem Konkurs- oder Nachlassverfahren angemeldeten Forderungen, unterteilt in die Kategorien «pfandgesichert»,
«privilegiert», «3. Klasse».
Forderungsverzicht
Bei Sanierungen sind Gläubiger oft zu Forderungsverzichten bereit. Dies ist am ehesten
dann der Fall, wenn dadurch die Chancen, dass ihre Restforderungen bezahlt werden,
markant steigen oder die Gläubiger mit Besserungsscheinen oder Optionen für den
Verzicht kompensiert werden.
Gläubigerbegünstigung/-bevorzugung
Liegt vor, wenn ein Schuldner in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger
eine Sicherheit gewährt oder dessen Forderung bezahlt und ihm dadurch gegenüber
den übrigen Gläubigern bewusst einen Vorteil verschafft.
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Kapitalerhöhung
Bei einer Kapitalerhöhung werden der Gesellschaft neue Mittel zugeführt. Dadurch
kann eine Überschuldung bereinigt werden, da zusätzliche Aktiven zur Verfügung
stehen, um das Fremdkapital zu decken. Eine Kapitalerhöhung kann mittels Bar- oder
Sacheinlage erfolgen.
Kapitalherabsetzung
Bei einer Kapitalherabsetzung wird das buchhalterisch ausgewiesene Aktienkapital
reduziert und der Nennwert der einzelnen Aktien entsprechend herabgesetzt. Eine
Kapitalherabsetzung ist allerdings nur insoweit möglich, als das Kapital einer Aktiengesellschaft nicht unter den gesetzlichen Minimalbetrag von CHF 100 000 sinken darf.
Kollokationsplan, kollozieren
Verzeichnis, in dem festgehalten wird, in welchem Umfang und Rang (pfandgesichert,
privilegiert, 3. Klasse) die angemeldeten Forderungen zugelassen werden (Forderungseingabeverzeichnis). Kollozieren bedeutet, eine Forderung anzuerkennen und in den
Kollokationsplan aufzunehmen.
Konkurs-/Nachlassforderungen
Forderungen, die vor dem Datum der Konkurseröffnung bzw. der Nachlassstundungsbewilligung entstanden sind. Sie sind mittels Forderungseingabe beim zuständigen Sachwalter bzw. bei der Konkursverwaltung geltend zu machen und werden anschliessend
im Kollokationsplan aufgeführt.
Massaforderung / Massakosten
Gesetzlich privilegierte oder durch den Sachwalter genehmigte Forderungen, die auch
während des Nachlassstundungsverfahrens bezahlt werden können und vor allen anderen Forderungen beglichen werden müssen.
Massaguthaben
Guthaben, die zur Begleichung der Massakosten verwendet werden. Das Restguthaben,
das nach Begleichung sämtlicher Massakosten übrig bleibt, wird zur Deckung der
Gläubigerforderungen verwendet.
Massakredit
Bankenkredit, der einem Unternehmen während eines Nachlassstundungsverfahrens
zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit gewährt wird (z.B. für Löhne und Sozialversicherungen).
Paulianische Anfechtungsklage
Mit der Anfechtung durch benachteiligte Gläubiger können Vermögenswerte der
Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die der Nachlass- oder Konkursmasse durch
Schenkungen oder Gläubigerbevorzugung unrechtmässig entzogen wurden.
Performance
Leistung bzw. erzielte Ergebnisse (von Mitarbeitern, Maschinen, Unternehmen, Aktien).
Rangrücktritt
Freiwillige Rangrückstufung der Forderung eines Gläubigers. Bei einem Rangrücktritt
kann dieser im Falle eines Konkurses oder einer Liquidation erst dann Befriedigung verlangen, wenn sämtliche andere gesicherten und ungesicherten Forderungen bezahlt
sind. Bei Sanierungen ist der Rangrücktritt normalerweise mit einer Stundung der Kapitalforderung (und oft auch der Zinsforderung) verbunden.
Recovery
Bedeutet wörtlich Gesundung. Diejenigen Stellen der Banken, die sich aufgrund von
Not leidenden Kreditengagements mit der Sanierung von Unternehmen befassen, werden als Recovery-Abteilungen bezeichnet. Deren Ziel ist, einen drohenden Kreditausfall
zu vermeiden oder zu verringern.
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Sanierungsfähigkeit
Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit hat das Ziel zu beurteilen, ob mit geeigneten
Massnahmen ein Unternehmen längerfristig wieder überlebensfähig gestaltet werden
kann. Dabei werden insbesondere die Chancen zur Aufrechterhaltung der Zahlungsbereitschaft, zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalstruktur und zur Sicherung einer nachhaltigen Ertragskraft betrachtet. Grundsätzlich ist bei der Prüfung der
Sanierungsfähigkeit nicht nur die Finanzlage zu analysieren, sondern auch die zukünftigen Erfolgs- und Nutzenpotenziale.
Sanierungswürdigkeit
Die Sanierungswürdigkeit wird parallel zur Sanierungsfähigkeit geprüft. Entscheidende
Faktoren sind hier die uneingeschränkte Unterstützung des Konzeptes durch die Gesellschaftsorgane, die Firmenleitung und die Mitarbeiter. Entsprechende Managementfähigkeiten zur Überbrückung der Krise sind eine unabdingbare Voraussetzung. Die
Sanierungswürdigkeit setzt zudem voraus, dass sich das Unternehmen gegenüber der
Konkurrenz nach der Sanierung im Markt behaupten kann.
Stillhalteabkommen
Mit einem Stillhalteabkommen verpflichtet sich ein Gläubiger zur Weiterführung des
Kreditengagements und unterstützt damit das Zustandekommen einer Sanierung. Ein
Stillhalteabkommen kann normalerweise nur unter Einbezug sämtlicher Gläubiger abgeschlossen werden.
Summarisches Konkursverfahren
Das summarische Konkursverfahren wird durchgeführt, wenn die Kosten eines ordentlichen Verfahrens voraussichtlich nicht aus dem Erlös der inventarisierten Vermögensgegenstände gedeckt werden können und die Situation klar und einfach ist. Im summarischen Konkursverfahren wird in der Regel keine Gläubigerversammlung einberufen,
und die Verteilungsliste muss nicht aufgelegt werden.
Turnaround
Überwindung einer existenzbedrohenden Unternehmenskrise und Neuaufbau eines
nachhaltig erfolgreichen Unternehmens.
Überschuldung
Liegt vor, wenn die Aktiven das Fremdkapital nicht mehr decken.
Unterbilanz
Besteht, wenn die Aktiven zwar das Fremdkapital, aber weniger als 50% des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven decken.
Verantwortlichkeitsansprüche
Einklagbare Forderungen für Schaden, welcher der Gesellschaft, einzelnen Aktionären
und den Gläubigern (Lieferanten, Darlehensgeber etc.) durch absichtliche oder fahrlässige
Verletzung von Pflichten verursacht wurde. Verantwortlichkeitsansprüche können gemäss
Art. 754 und 755 OR gegenüber den Mitgliedern des Verwaltungsrats sowie allen mit der
Geschäftsführung, der Liquidation oder der Prüfung der Jahresrechnung befassten Personen geltend gemacht werden.
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14 Thesen zur Vermeidung und Überwindung von
Unternehmenskrisen
These 1
Unternehmenskrisen zu vermeiden, ist einfacher, als sie zu überwinden.
These 2
Die im unternehmerischen Umfeld vorhandenen Chancen und Gefahren
sind realistisch einzuschätzen.
These 3
Unternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit im Markt permanent unter Beweis stellen.
These 4
Unternehmen brauchen eine gesunde finanzielle Basis.
These 5
Krisen entwickeln sich meist über längere Zeit.
These 7
Je früher Probleme erkannt werden, desto leichter sind sie zu lösen.
These 8
Ein Krisenmanager muss erfahren, führungsstark und unabhängig sein.
These 9
In Krisensituationen ist Kommunikation Chefsache.
These 10
Ohne genügend Liquidität kann ein Unternehmen nicht überleben.
These 11
Eine Nachlassstundung erlaubt die Weiterführung und Sanierung des Unternehmens.
These 12
Ein Turnaround braucht die Unterstützung von Kapitalgebern und Geschäftspartnern.
These 13
Ein Konkurs ist der schlechteste Ausgang einer Unternehmenskrise.
These 14
Das Ziel eines Turnarounds ist erst mit einer nachhaltig genügenden Ertragslage erreicht.
Dieses umweltschonende Papier wurde aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt. Gedruckt in der Schweiz, Oktober 2005. 82265D
These 6
Ein schwaches Management ist die häufigste Krisenursache.
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