Denkanstösse zur Unternehmensführung UBS outlook Unternehmenskrisen vermeidung oder erfolgreich überwinden Herausgegeben von UBS AG Marketing Business Banking, Marc Steffen, Postfach, 8098 Zürich Redaktion: Isabella Holdener, Daniel Kalt, Markus Suter Bestelladresse: UBS AG, Informationszentrum CA50, Postfach, 8098 Zürich E-Mail [email protected] Fax 044-234 61 90 oder www.ubs.com/outlook Die in dieser Publikation enthaltenen Fakten sind sorgfältig recherchiert. Für ihre Richtigkeit kann aber keine Gewähr geboten werden. Die präsentierten Beurteilungen und Meinungen können von der offiziellen Auffassung der UBS AG abweichen. Im Interesse einer leichteren Lesbarkeit erlauben wir uns, ausschliesslich die männliche Form zu verwenden. Wir bitten dafür um Verständnis. Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. 2 UBS outlook Unternehmenskrise Inhalt Unternehmenskrisen vermeiden 5 Eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung sicherstellen 6 Die Veränderungen im Umfeld wahrnehmen 8 Das Unternehmen professionell führen 9 Auf Zielabweichungen rasch reagieren 14 Auf unvorhersehbare Gefahren gut vorbereitet sein 15 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden 17 Ein kompetentes Krisenmanagement einsetzen 19 Kommunikation in der Krise als Chefsache betrachten 21 Die Situation rasch erfassen und konsequent handeln 22 Die Überlebenschancen realistisch beurteilen 25 Die Liquidität sicherstellen 26 Die Bilanz sanieren 28 Mit den Banken zusammenarbeiten 31 Ein Nachlassstundungsverfahren beantragen 33 Ein Konkursverfahren korrekt abwickeln 38 Das Unternehmen wieder erfolgreich machen 42 Thesen zur Vermeidung und Überwindung von Unternehmenskrisen 44 Informationsquellen 46 Publikationen UBS outlook 46 Literatur 47 Glossar 49 UBS outlook Unternehmenskrise 3 UBS outlook als Denkanstoss Die vorliegende Publikation ist für verantwortungsbewusste Unternehmer, Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsmitglieder gedacht, welche durch eine risikobewusste Unternehmensführung Krisensituationen vermeiden oder aber rasch überwinden wollen. Sie ist das Ergebnis eines Workshops und der Zusammenarbeit mit Unternehmern, Experten aus der Unternehmens- und Rechtsberatung, der Treuhandbranche sowie von in- und ausländischen Universitäten. UBS outlook möchte zu dieser wichtigen und psychologisch sensitiven Thematik sachliche Informationen und Denkanstösse vermitteln. Ein vorrangiges Ziel ist, dass im Aktionariat und im Management von Unternehmen, zwischen Geschäftspartnern und in der Öffentlichkeit möglichst offen und konstruktiv über risikobewusste Unternehmensführung sowie die Erkennung und Überwindung von Unternehmenskrisen gesprochen wird. Das Inhaltsverzeichnis, eine Liste ausgewählter Publikationen sowie das Glossar sollen eine weiterführende und vertiefte Auseinandersetzung mit den in dieser Publikation aufgeworfenen Fragen erleichtern. Die nachstehend aufgeführten Personen haben im Rahmen einer Vernehmlassung wesentlich zum Entstehen dieser Publikation beigetragen. Der Inhalt kann jedoch in einzelnen Punkten von ihren persönlichen Meinungen abweichen. Harald Beck, Beck Management und Beteiligungs AG, Baar Prof. Dr. Dres h. c. Rolf Dubs, Universität St. Gallen Dr. Philippe Hertig, Egon Zehnder International, Zürich Franz Koller, Benninger AG, Uzwil Dr. Reto Müller, Helbling Holding AG, Zürich Heinrich J. Nüssli, Nüssli Invest AG, Hüttwilen Prof. Dr. Andrea Schenker-Wicki, Universität Zürich Dr. Ralf C. Schlaepfer, PricewaterhouseCoopers, Zürich Kurt Stöckli, Transliq AG, Bern Felix Sulzberger, Calida AG, Sursee Dieter Walser, Recovery Management, UBS AG, Zürich Josef Wiederkehr, Jos. Wiederkehr Bauunternehmung, Dietikon Hans Ziegler, Think & Act, Zug 4 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen vermeiden Unternehmenskrisen vermeiden Existenzbedrohende Unternehmenssituationen können mit einer risikobewussten und professionellen Geschäftsführung weitgehend vermieden werden. Veränderungen im unternehmerischen Umfeld oder interne Schwächen und Fehler sollten nicht zu einer Existenzgefährdung führen. Je früher Fehlentwicklungen erkannt werden, desto leichter und rascher sind sie in der Regel korrigierbar. Schwaches, den gestellten Herausforderungen nicht genügendes Management ist der häufigste Grund von Unternehmenskrisen. Die unternehmerischen Risiken sind in den letzten Jahren generell stark gestiegen. Globalisierung, Technologiesprünge, verschärfter Konkurrenzdruck, kritischere Kunden sowie erhöhte Gewinnerwartungen sind Gründe dafür. Insgesamt zwingen diese Entwicklungen zu schnelleren, oft noch mit erheblichen Unsicherheiten behafteten Entscheidungen. Das erhöht auch die Gefahr von Fehlentscheiden, welche erst später als solche erkennbar werden. Ist die Erreichung der strategischen Unternehmensziele gefährdet oder haben Fehlentwicklungen sogar bereits zu einer ungenügenden Ertragslage geführt, müssen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung dringend handeln. Je früher Veränderungen im unternehmerischen Umfeld wahrgenommen und je schneller Schwachstellen im Unternehmen behoben werden, desto geringer sind unerwünschte Auswirkungen. Um risikobewusst führen zu können, benötigen Unternehmen auf allen Ebenen und für alle Bereiche geeignete Organisationsstrukturen und Führungsinstrumente. Entscheidend bleibt jedoch die Bereitschaft und Fähigkeit der Unternehmensleitung, schnell und umsichtig mit wirkungsvollen Massnahmen auf Probleme und Krisensignale zu reagieren. Dadurch lässt sich am besten vermeiden, dass in der Vergangenheit geschaffene Werte vernichtet werden. Weiterführende Informationen zur risikobewussten Unternehmensführung finden sich in der Publikation «UBS outlook Risiko-Management» (siehe Literaturverzeichnis). Risikobewusste Unternehmensführung kann Unternehmenskrisen vermeiden hoch Ausmass der Fehlentwicklungen Handlungsspielraum für eine risikobewusste Unternehmensführung niedrig niedrig hoch Krisenmanagement mit ausserordentlichen und dringenden Massnahmen Notwendig gewordene strategische und operative Anpassungen mit einschneidenden und nachhaltig wirksamen Massnahmen Risikobewusste Unternehmensführung mit ordentlichen, korrektiven Massnahmen Gefährdung des Unternehmens bzw. Dringlichkeit korrektiver Massnahmen Erfolgschancen eines Turnarounds hoch niedrig Quelle: UBS outlook UBS outlook Unternehmenskrise 5 Unternehmenskrisen vermeiden Eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung sicherstellen Verantwortungsbewusste Unternehmensführung ist in den letzten Jahren unter dem Begriff «Corporate Governance» zu einem zentralen Thema geworden. Das gilt nicht ausschliesslich für börsenkotierte Unternehmen, sondern ist in den Grundsätzen auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) relevant. Corporate Governance bezieht sich in erster Linie auf die Aufsicht und Überwachung des Unternehmens sowie die Rechenschaftspflicht bezüglich strategischer Ausrichtung, Organisation und geschäftspolitischer Massnahmen. Die oberste Verantwortung dafür liegt beim Verwaltungsrat. Er muss in Zusammenarbeit mit dem Management auf allen Stufen des Unternehmens eine verantwortungsvolle Risikokultur sowie die unerlässlichen Führungs- und Kontrollinstrumente sicherstellen. Die Pflichten des Verwaltungsrats ernst nehmen Die Pflichten eines Verwaltungsrats ergeben sich primär aufgrund des Gesetzes, der Statuten, des Organisationsreglements sowie individueller Vereinbarungen. Insbesondere die sieben unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben sind ernst zu nehmen und können bei Verfehlungen oder Unterlassungen zu Haftungsklagen führen (siehe untenstehende Abbildung). Den Verwaltungsrat optimal besetzen und organisieren Aufgrund der zunehmend anspruchsvolleren Aufgaben sind führungsstarke, fachlich und persönlich kompetente sowie unabhängige Verwaltungsräte gefragt. Die steigende Komplexität strategischer und operativer Fragestellungen verlangt im Verwaltungsrat viel Erfahrung sowie umfassendes und sich ergänzendes Fachwissen. Unterschiedliche Persönlichkeiten und Sichtweisen sind wertvoll, um kritisch hinterfragte und ausgewogene Entscheide zu erreichen. Weitergehende Informationen zu diesem Thema können der Publikation «UBS outlook Verwaltungsrat» entnommen werden (siehe Literaturverzeichnis). Eine kompetente Geschäftsleitung sicherstellen Es ist Aufgabe des Verwaltungsrats, eine kompetente Geschäftsführung einzusetzen und diese zu überwachen. Um nachhaltig erfolgreich zu sein, sind im Topmanagement zunehmend herausragende Persönlichkeiten mit qualifiziertem Wissen, breiter Erfahrung und ausgeprägten unternehmerischen Fähigkeiten notwendig. Hierzu gehören insbesondere Führungs-, Sozial- und Fachkompetenzen (siehe Abbildung Seite 7). Neben der individuellen Leistung (Performance) ist auch eine kollegiale, aber kritische Zusammenarbeit innerhalb der Geschäftsleitung äusserst wichtig. In letzter Konsequenz bleibt jedoch entscheidend, ob die Geschäftsleitung die mit dem Verwaltungsrat vereinbarten Ziele erreicht oder verfehlt. Führungsprobleme dürfen nicht lange ungelöst bleiben. Wenn erforderlich, sind die den Anforderungen nicht genügenden Personen zu ersetzen. Die sieben unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates 1. Oberleitung der Gesellschaft und Erteilung der dafür nötigen Weisungen 2. Festlegung der Organisation 3. Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle und der Finanzplanung 4. Ernennung und Abberufung von Geschäftsleitung und Vertretungsberechtigten 5. Oberaufsicht über die Geschäftsleitung 6. Erstellung des Geschäftsberichts und Vorbereitung der Generalversammlung 7. Benachrichtigung des Richters im Falle der Überschuldung / Zahlungsunfähigkeit Quelle: UBS outlook, nach Art. 716a Abs.1 OR 6 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen vermeiden Eine konstruktive Unternehmenskultur pflegen Ein wichtiger Faktor für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens ist eine in der Sache kritische und im Vorgehen konstruktive Unternehmenskultur, welche auf die Erreichung gemeinsamer Zielsetzungen ausgerichtet ist. Die unternehmerische Mitverantwortung des Kaders und der Mitarbeiter ist konsequent zu fördern. Dazu gehört auch, dass Entscheide von Vorgesetzten und Kollegen konstruktiv hinterfragt werden dürfen. Fehlertoleranz ist ein weiteres zentrales Element einer offenen Unternehmenskultur. Selbstverständlich muss alles unternommen werden, um Fehlerquellen zu beseitigen und gravierende Patzer beziehungsweise Irrtümer zu vermeiden. Trotz allem sind Fehler unvermeidlich. Sie sollten jedoch ohne ungerechtfertigte Folgen für den Verursacher offen gelegt und schnell korrigiert werden. Dies ist als Teil eines permanenten Lernprozesses zu betrachten. Ein systematisches Risiko-Management durchsetzen Unternehmerische Tätigkeiten sind mit Risiken verbunden. Es gilt daher, Chancen und Gefahren sowie deren Konsequenzen für das Unternehmen richtig zu beurteilen und bei allen anstehenden Entscheiden angemessen zu berücksichtigen. Um unerwünschte Auswirkungen und potenzielle Unternehmenskrisen zu vermeiden, sind geeignete Führungsinstrumente zur Früherkennung von Zielabweichungen einzusetzen. Wo immer möglich, sind erforderliche Massnahmen zur Abwendung von Schaden zu treffen. Dazu gehören unter anderem das Erlassen von Sicherheitsvorschriften und das Abschliessen von Versicherungen. Um auf möglicherweise existenzgefährdende Ereignisse vorbereitet zu sein, sollten Notlösungen bereitstehen. Sich und das Unternehmen nicht überschätzen Um Unternehmenskrisen zu vermeiden, ist eine realistische Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen unerlässlich. Es ist gefährlich, die eigenen Fähigkeiten oder die tatsächlich vorhandenen Ressourcen des Unternehmens (Finanzen, Mitarbeiter, Knowhow) zu überschätzen. Besonders eine lang anhaltende Erfolgsperiode birgt die Gefahr in sich, dass sie das Management «erfolgsarrogant» macht und den Blick für ein sich veränderndes Umfeld ebenso wie für interne Schwächen trübt. Kernkompetenzen von Führungspersonen Sozialkompetenz (Durchsetzungsvermögen und Teamfähigkeit) Fachkompetenz (Breite und Tiefe) Führungskompetenz (Zielorientierung und Mitarbeiterorientierung) Veränderungskompetenz (Innovationskraft, Risikobereitschaft) Erfolgreiches Führungsverhalten Interkulturelle Kompetenz (Sensitivität, Internationalität) Unternehmerkompetenz (Strategie-, Wert- und Ergebnisorientierung) Quelle: Egon Zehnder International UBS outlook Unternehmenskrise 7 Unternehmenskrisen vermeiden Die Veränderungen im Umfeld wahrnehmen Nachhaltig erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie Veränderungen im unternehmerischen Umfeld früher wahrnehmen als andere. Sie analysieren die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen laufend und überlegen sich, welche Auswirkungen sie auf ihre Beschaffungs-, Produktionsund Absatzmärkte haben könnten. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse überprüfen sie die langfristigen Geschäftsziele und nehmen sofort die notwendigen strategischen und operativen Anpassungen vor. Die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen bewusst beobachten Die Politik generell und die Wirtschaftspolitik im Besonderen haben oft einen grossen und nachhaltigen Einfluss auf Unternehmen. Steuern, Abgaben, Handelsabkommen sowie technische oder andere Vorschriften können sich direkt auf Absatzchancen, Investitionen und die Beschaffung (inklusive Outsourcing) auswirken. Gesellschaftliche Entwicklungen wie beispielsweise das wachsende ökologische Bewusstsein, die sich wandelnde Altersstruktur oder kulturelle Einflüsse bewirken vielfach eine längerfristige Veränderung der Nachfragestruktur von Produkten und Dienstleistungen. Die konjunkturelle Entwicklung der Branche verfolgen Konjunkturelle Schwankungen haben oft einen starken Einfluss auf Umsatz und Ertragslage eines Unternehmens. Ein negatives Wirtschaftswachstum (BIP) kann existenzbedrohend werden. Aus diesen Gründen sind sowohl die allgemeine Wirtschaftslage als auch die Branchenkonjunktur aufmerksam zu verfolgen. Besonders relevant sind für die meisten Firmen die Konsumentenstimmung bzw. das Investitionsklima. Es ist wichtig zu wissen, welche Branchensegmente gegenüber dem allgemeinen Konjunkturzyklus vorlaufend, parallel oder nachlaufend sind. Dies erlaubt, vorausschauend konjunkturbedingt sinnvolle Massnahmen zu treffen. So können beispielsweise die Kapazitäten rechtzeitig angepasst oder Investitionen ausgelöst respektive zurückgestellt werden. Wertvolle Informationen dazu enthalten Studien zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung und zu einzelnen Branchen, die vom Economic Research der UBS vierteljährlich in «UBS outlook Konjunkturanalyse» publiziert werden. Den Markt richtig einschätzen Es ist wichtig, Marktveränderungen rechtzeitig zu erkennen. Zukunftsträchtige Marktsegmente müssen rasch besetzt werden. Stagnierende und schrumpfende Märkte sowie ein rascher Technologiewandel sollten insbesondere bei der Lagerhaltung und bei Investitionsprojekten zu Vorsicht mahnen. Konjunkturzyklen verlaufen nach Branchen unterschiedlich Veränderung der realen Bruttowertschöpfung in % (gleitender Durchschnitt) 20 Wachstum 15 10 5 Rückgang 0 –5 –10 1981 1983 Chemie / Pharma Quelle: BAK Basel Economics 8 UBS outlook Unternehmenskrise 1985 Bau 1987 1989 Maschinen 1991 Handel 1993 1995 1997 Gesamtwirtschaft 1999 2001 2003 Unternehmenskrisen vermeiden Das Unternehmen professionell führen Wettbewerbsvorteile erarbeiten sich Firmen meistens dadurch, dass sie sich in verschiedener Hinsicht deutlich positiv von ihren Mitbewerbern abheben. Sie besitzen zukunftsorientierte Unternehmensstrategien und verstehen es, diese auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten wie auch im eigenen Unternehmen konsequent umzusetzen. Ihre Investitionen sind strategiekonform und wertschöpfungsorientiert. Nicht zuletzt beschäftigen sie auch überdurchschnittlich gute Mitarbeiter. Der Unternehmenserfolg wird bei ihnen durch eine starke Marktposition, eine solide Ertragslage sowie eine gesunde Eigenmittelfinanzierung sichtbar. Ein überzeugendes Unternehmensleitbild kommunizieren Verwaltungsrat und Geschäftsleitung benötigen eine Vision und ein Leitbild. Sie können damit aufzeigen, wohin sie das Unternehmen führen wollen und wie es sich gegenüber seinen Stakeholdern (Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten etc.) verhalten will. Das Leitbild legt die grundsätzlichen, langfristigen Ziele des Unternehmens fest. In eine solche «Unternehmensverfassung» gehören unter anderem Aussagen zur Positionierung im Markt, zur Mitarbeiterpolitik, zum Verhalten gegenüber der Konkurrenz und dem sozialen und politischen Umfeld. Verwaltungsrat und Management müssen ihre Vision nach innen und aussen glaubwürdig kommunizieren und dafür sorgen, dass das Leitbild auf allen Stufen des Unternehmens sinngemäss umgesetzt wird. Erfolgversprechende Strategien verfolgen Erfolgversprechende Strategien beruhen auf einer realistischen Beurteilung der mittelund längerfristigen Entwicklung des unternehmerischen Umfeldes (Chancen und Gefahren). Sie bauen auf einer objektiven, breit abgestützten Einschätzung des Unternehmens (Stärken und Schwächen) sowie den ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen (Mitarbeiter, Know-how, Kapital) auf. Es liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrates, gemeinsam mit der Geschäftsleitung die Unternehmensstrategie festzulegen, diese regelmässig zu überprüfen und wenn notwendig den zukünftigen Erfordernissen anzupassen. Dadurch können strategische Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt und operative Probleme vermieden werden. Mit einem realistischen Businessplan arbeiten Die für die nächsten Jahre angestrebten Ziele sowie vorgesehene Massnahmen und Projekte sollten mit einem Businessplan systematisch geplant und dokumentiert werden. Die Unternehmensplanung muss in jeder Beziehung auf realistische Annahmen abstellen und sollte auch unterschiedliche Entwicklungsszenarien (Worst bis Best Case) berücksichtigen. Die Projektionen sind in einer Planerfolgsrechnung, Planbilanz und Mittelflussrechnung zusammenzufassen. Ein ähnliches Vorgehen empfiehlt sich auch für grössere Projekte (z.B. Aufbau einer Tochterfirma). Eine regelmässige Überprüfung der Ergebnisse mit Hilfe eines effizienten Controllings macht Abweichungen erkennbar und erlaubt, korrigierende Massnahmen rasch zu ergreifen. Die Kundenbedürfnisse optimal erfüllen Eine konsequente Kundenorientierung bildet die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit. Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist, dass die Unternehmensführung sehr nahe am Markt und an den Kunden agiert und entsprechend persönliche Kontakte pflegt. Das erleichtert es unter anderem, echt vorhandene Kundenbedürfnisse zu erkennen und so das eigene Angebot laufend der aktuellen Nachfrage anzupassen. Die Konkurrenz richtig einschätzen Eine systematische Konkurrenzbeobachtung ermöglicht einem gut geführten Unternehmen, sich im Markt stets optimal zu positionieren. Die Stärken und Schwächen der Mitbewerber zu kennen, erleichtert es, das eigene Angebot laufend zu verbessern und vorhandene Wettbewerbsvorteile den Kunden gezielt zu kommunizieren. Um eine möglichst objektive Konkurrenzanalyse zu erhalten, kann es manchmal sinnvoll sein, das eigene Unternehmen durch unabhängige Branchenberater oder spezialisierte Institute mit den wichtigsten Mitbewerbern vergleichen zu lassen (Benchmarking). UBS outlook Unternehmenskrise 9 Unternehmenskrisen vermeiden Die Lebenszyklen von Technologien und Produkten richtig interpretieren Rasche technologische Entwicklungen führen zu dynamischen Absatz- und Beschaffungsmärkten und zunehmend verkürzten Produktlebenszyklen. Entsprechend schnell verlieren ältere Produkte an Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits ermöglichen neue, innovative Produkt- und Prozesstechnologien vielfach qualitativ bessere, attraktivere und gleichzeitig kostengünstigere Produkte und Dienstleistungen. Unternehmen müssen die Auswirkungen immer kürzer werdender Lebenszyklen von Technologien und Produkten verstehen. In der Regel sind damit sowohl hohe Chancen als auch erhebliche Gefahren verbunden. Wer mit nachfragegerechten Produkten zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt kommt, kann oftmals sehr viel Geld verdienen. Andererseits besteht die Gefahr, dass aufgrund attraktiverer Produkte eines Mitbewerbers (Substitution) der Absatz plötzlich einbricht, die Warenbestände liegen bleiben und getätigte Investitionen nicht mehr die erwartete Rendite erbringen. Es gilt daher, die Investitionspolitik, die Forschung und Entwicklung, das Marketing sowie die Logistik eines Unternehmens permanent dem technologischen Wandel und der Nachfrageentwicklung anzupassen. Die Kreativität und Innovationsfähigkeit fördern Kreativität und Innovationsfähigkeit gehören zu einer erfolgversprechenden Unternehmenskultur und müssen durch das Management systematisch gefördert werden. Innovationskraft ist sowohl für die Schaffung neuer Produkte, die Erschliessung neu- Quelle: UBS outlook 10 UBS outlook Unternehmenskrise Exzellente Produkte und Dienstleistungen • Einzigartig, unterscheiden sich von allen anderen • Schwierig zu imitieren und kaum substituierbar • Erfüllen echte Kundenbedürfnisse, sind neuartig, innovativ • Gute und gleich bleibende Qualität Hohe Verfügbarkeit • Firmenvertreter für Kunden gut erreichbar • Produkte und Dienstleistungen für Kunden leicht erhältlich • Kurze Lieferzeiten Gutes Image • Ruf der Produkte und Dienstleistungen • Ruf des Unternehmens • Imageförderndes Marketing und Werbung • Treuer Kundenstamm Vorteilhafte Kostenstruktur • Optimierte Leistungserstellungsprozesse und Logistik • Hohe Produktivität • Kostenbewusste und effiziente Beschaffung • Schlanke Organisationsstruktur • Zweckmässige Infrastruktur Starke Vertriebsorganisation • Bestmögliche Vertriebskanäle • Konzentration auf Kunden mit hohem Ertragspotenzial • Professionelle Verkäufer Hervorragende Mitarbeiter • Kompetente und innovative Mitarbeiter • Permanente Weiterbildung • Zielorientierte Motivation • Hohe Identifikation mit Firma • Leistungsorientierte Bezahlung Ermöglichen ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis Ermöglichen vorteilhafte Preise Schaffen eine hohe Zahlungsbereitschaft Wettbewerbsfaktoren erfolgreicher Unternehmen Unternehmenskrisen vermeiden er Märkte als auch die Weiterentwicklung der internen Prozesse, der Organisationsstruktur und der Unternehmensführung unerlässlich. Sonst besteht die Gefahr, dass das Unternehmen mit der Zeit an Dynamik und Konkurrenzfähigkeit verliert. Die Wettbewerbsfähigkeit stetig verbessern Eine hohe Wettbewerbsfähigkeit wird vor allem durch exzellente und innovative Produkte und Dienstleistungen sowie vorteilhafte Kostenstrukturen und konkurrenzfähige Preise erzielt. Am wettbewerbsfähigsten ist im Prinzip der Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Daneben spielt meist auch das Image bzw. der Ruf des Unternehmens eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Schaffung von Mehrwert für den Kunden bedingt grundsätzlich auch eine konstante Qualität sowie eine hohe Verfügbarkeit der Produkte und Dienstleistungen. Ein wettbewerbsfähiger und gewinnbringender Preis ist auf die Dauer nur mit einer überdurchschnittlichen Produktivität sowie einem preisbewussten Einkauf möglich. Einige wichtige Wettbewerbsfaktoren erfolgreicher Unternehmen sind in der Abbildung auf Seite 10 enthalten. Mit Klumpenrisiken bewusst umgehen Sowohl bei der Beschaffung als auch im Vertrieb ist eine Konzentration auf wenige Geschäftspartner aufgrund der Marktsituation oder aus Effizienzgründen manchmal nicht vermeidbar. Dies führt zwangsläufig zu Klumpenrisiken, die besonders gut abgesichert werden müssen. Vor allem der Vertragsgestaltung und der Pflege der Geschäftsbeziehungen ist grösste Aufmerksamkeit zu schenken. In solchen Situationen sind immer wieder mögliche Alternativen zu prüfen. Die richtigen Mitarbeiter einstellen und pflegen Erfolgreiche Unternehmen erreichen und sichern ihre starke Marktstellung sowie eine überdurchschnittliche Ertragskraft nicht zuletzt dank sehr guter Mitarbeiter. Sie trachten permanent danach, auf allen Ebenen fachlich wie auch persönlich überdurchschnittlich qualifizierte Personen zu beschäftigen. Es ist Aufgabe des Managements, diese zu suchen, für die Unternehmensziele zu motivieren, aus- und weiterzubilden, angemessen zu honorieren und im Unternehmen zu halten. Schwächere Mitarbeiter sind wenn immer möglich so zu fördern und einzusetzen, dass sie den gestellten Anforderungen genügen. Wenn dies nicht gelingt, ist in der Regel eine Trennung unvermeidbar. Gezielt in die Zukunft investieren Investitionsprojekte müssen grundsätzlich kompatibel mit der Unternehmensstrategie sein, die Wettbewerbsfähigkeit fördern sowie finanziell erfolgversprechend und tragbar erscheinen. Sie sollten mehr Chancen als Gefahren aufweisen. Mit beschränkten finanziellen Ressourcen sind vorrangig diejenigen Investitionsprojekte zu realisieren, welche am meisten zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen. Sie sollten konsequent darauf ausgerichtet sein, das Preis-Leistungs-Verhältnis nachhaltig zu verbessern und dadurch das Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Grössere Projekte dürfen immer nur dann in Angriff genommen werden, wenn auch genügend und dafür qualifizierte Managementkapazität vorhanden ist. Fehlinvestitionen gehören zu den hauptsächlichen Ursachen von Unternehmenskrisen, da sie oftmals beschränkte Ressourcen am falschen Ort binden. Realistische Rentabilitätsberechnungen sowie ein seriöser Vergleich alternativer Lösungen können meistens bereits in der Planungsphase aufzeigen, ob ein Projekt erfolgversprechend ist. Es ist eine wichtige Aufgabe des Verwaltungsrates, die einem Investitionsantrag zugrunde liegenden Annahmen und Renditeberechnungen (Return on Investment, ROI; Return on Equity, ROE) sehr genau und kritisch zu hinterfragen. Die Finanzen professionell managen Ein zentraler Bestandteil einer verantwortungsbewussten Unternehmensführung ist ein professionelles Finanzmanagement. Im Rahmen eines periodischen Planungsprozesses ist ein Budget zu erstellen und durch den Verwaltungsrat zu genehmigen. Er ist für die UBS outlook Unternehmenskrise 11 Unternehmenskrisen vermeiden strategiegerechte Allokation der verfügbaren finanziellen Mittel verantwortlich. Zusammen mit der Geschäftsleitung muss er die finanzielle Entwicklung laufend überwachen und wenn notwendig Korrekturen vornehmen. Zu einem guten Finanzmanagement gehören insbesondere auch ein striktes Kostenmanagement sowie das Warenbestands-, Debitoren-, Kreditoren- und Cash-Management. Eine zuverlässige Liquiditätsplanung sowie eine fristenkongruente Finanzierung müssen die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens jederzeit sicherstellen. Ein verantwortungsbewusster und vorausschauender Finanzchef (CFO) sollte sich unbedingt dazu verpflichtet fühlen, von ihm erkannte finanzielle Fehlentwicklungen ohne Verzögerung der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat offen zu legen. Er darf niemals unter Druck stehen, unerfreuliche Tatsachen zu verheimlichen oder vorsätzlich zu verdecken. Eine gesunde Finanzierung sicherstellen Unternehmen benötigen genügende finanzielle Ressourcen, um jederzeit die für den zukünftigen Erfolg erforderlichen Sach- und Personalinvestitionen tätigen zu können. Eine Bilanzanalyse gibt Aufschluss über wichtige Finanzierungsgrundsätze wie beispielsweise die Fristenkongruenz. Diese weist aus, ob die langfristigen Aktiven mit langfristigen Passiven bzw. die kurzfristigen Aktiven mit kurzfristigen Passiven finanziert sind. Eine starke Eigenmittelbasis erlaubt es, entsprechend höhere unternehmerische Risiken einzugehen. Sie erleichtert auch die Fremdkapitalbeschaffung. Ein nachhaltig positiver, frei verfügbarer Cashflow ermöglicht es am besten, die Eigenmittelbasis zu stärken, Kredite zu erhalten und entsprechend unternehmerisch handeln zu können. Zudem entsteht dadurch ein Sicherheitsnetz, um unvermeidbare Fehlentwicklungen und unerwartet schwierige Situationen leichter zu überstehen. Das Rating der Banken als Gütesiegel betrachten Das Rating einer Bank zeigt auf, wie das Kreditinstitut die mittel- und längerfristigen Erfolgschancen eines Unternehmens beurteilt. Mit einer guten Ertragslage und einer gesunden Bilanz sowie ehrlichen, umfassenden und transparenten Informationen können gut geführte Unternehmen oft ihr Rating verbessern und dadurch die Kreditkosten senken. Diese richten sich nach der Wahrscheinlichkeit, dass gewährte Kredite mit den erarbeiteten Mitteln zurückbezahlt werden können. Finanzielle Faktoren Prognosen Konjunkturelles Umfeld Quelle: UBS outlook 12 UBS outlook Unternehmenskrise Kundenrating Branchenfaktoren Finanzierungspotenzial Produktivität und Profitabilität Liquidität Finanzierungsverhältnis Individuelle Faktoren Einflussfaktoren auf das Rating Ausserordentliche Einflüsse Aussergewöhnliche Strukturen Nichtfinanzielle Faktoren Firmenleitung Nichtbetriebliche und betriebliche Investitionen Budgetplanung Externe Faktoren Unternehmenskrisen vermeiden Wird das Rating von einer Bank herabgestuft, sollten die Gründe dafür eingehend diskutiert werden. Ein herabgesetztes Rating sollte den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung dazu veranlassen, die Situation des Unternehmens kritisch zu hinterfragen. Den Erfolg des Unternehmens messen Es gehört zu den unabdingbaren Aufgaben eines professionellen Managements, den strategischen und operativen Erfolg des Unternehmens regelmässig zu überprüfen und die aktuelle Situation kritisch zu hinterfragen. Die Balanced Scorecard bietet dafür ein nützliches Instrumentarium. Es werden strategisch wichtige Fragen gestellt und für deren Beantwortung objektiv messbare Erfolgsindikatoren geliefert. Geschäftsleitung und Verwaltungsrat müssen sich periodisch mit der Entwicklung des Unternehmens auseinandersetzen und wenn erforderlich konkrete Verbesserungsmassnahmen veranlassen. Balanced Scorecard: Strategische Grundsatzfragen und Erfolgsindikatoren Finanzen «Sind wir finanziell erfolgreich?» z.B. • Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) • % Eigenkapitalquote (EK) • % Eigenkapitalrendite (ROCE) Markt und Kunden «Sind wir im Markt und bei den Kunden erfolgreich?» z.B. • Umsatz-/DeckungsbeitragsWachstum • % gewonnene Aufträge • Anzahl der verlorenen Kunden Interne Geschäftsprozesse Sind wir strategisch und operativ erfolgreich? «Sind unsere Geschäftsprozesse optimal?» z.B. • Auftragsdurchlaufzeit • Prozesskosten pro Transaktion • Anzahl Reklamationen Lernen und Entwicklung «Sind wir lernfähig und innovativ?» z.B. • Umsatzanteil neuer Produkte/Angebote • Quote der verwirklichten Veränderungsprojekte • Ausbildungsstunden pro Mitarbeiter Quelle: UBS outlook nach R. Kaplan / D. Norton UBS outlook Unternehmenskrise 13 Unternehmenskrisen vermeiden Auf Zielabweichungen rasch reagieren Zielabweichungen, Fehleinschätzungen und operationelle Probleme sind in einem dynamischen Umfeld nicht in jedem Fall zu vermeiden. Sie sind in einem gewissen Ausmass sogar normal. Gute Unternehmen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie schnell und richtig auf Probleme reagieren. Sie treffen wirkungsvolle Massnahmen, sobald aktuelle Entwicklungen wesentlich von ihren Planvorstellungen abweichen. Der Handlungsspielraum und die Erfolgschancen von Kurskorrekturen sind umso grösser, je früher auf unerwünschte Abweichungen reagiert wird. Werden hingegen notwendige Entscheide nicht rechtzeitig getroffen, sind später meistens viel drastischere und schmerzhaftere Korrekturen erforderlich. Wenn Verwaltungsrat und Management nicht oder erst zu spät handeln, liegt dies häufig an fehlenden oder falsch interpretierten Informationen, unterschätzten Gefahren, ungerechtfertigten Hoffnungen oder aber an psychologischen Handlungsbarrieren. In der Regel ist es nicht leicht, eigene Fehler einzugestehen oder erforderliche Entscheide gegen vorhandene Widerstände durchzusetzen. Management-Informationen kritisch hinterfragen Ein zweckdienliches Management-Informationssystem (MIS) sollte aussagekräftige Indikatoren und Messgrössen liefern, um die aktuelle Situation und die laufende Entwicklung des Unternehmens möglichst objektiv beurteilen zu können. Negativen Tendenzen muss rasch mit wirkungsvollen Massnahmen begegnet werden. Zu den für die Unternehmensführung wichtigen Kennzahlen gehören beispielsweise Finanzkennzahlen, Markt- und Konkurrenzindikatoren sowie Unterlagen aus dem Forschungs- und Entwicklungs- (F&E), Produktions-, Vertriebs- und Personalbereich. Neben messbaren Daten sind auch führungsrelevante weiche Faktoren wie Image, Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit zu erfassen und regelmässig im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung zu diskutieren. Wichtige Frühwarnindikatoren • Vermehrte Kundenreklamationen und Qualitätsprobleme • Verlust attraktiver Kunden bzw. Aufträge • Fehlende erfolgreiche neue Produkte • Real steigende Prozess- und Produktkosten • Real stagnierender oder sinkender Umsatz • Zunehmend überhöhte Warenbestände und längere Durchlaufzeiten • Unklare oder zu personenbezogene Organisationsstruktur • Unmotiviertes und rasch wechselndes Personal • Veraltete Infrastruktur (Gebäude, Anlagen, Maschinen, Informatik) • Wiederkehrendes Nichterreichen gesetzter Unternehmensziele • Abnehmende Ertragslage (Deckungsbeitrag, Free Cashflow, Gewinn) • Ansteigende Verschuldung (Bilanzstruktur, Verschuldungsgrad) Quelle: UBS outlook 14 UBS outlook Unternehmenskrise Wettbewerbsschwächen als strategische Frühwarnindikatoren betrachten Nur konkurrenzfähige Unternehmen können nachhaltig erfolgreich sein. Ist dies gefährdet, muss rasch reagiert werden. Die beste quantitative Messgrösse für die Wettbewerbsfähigkeit ist in der Regel die Entwicklung des Marktanteils in einzelnen Kunden- oder Produktsegmenten. Dieser ist allerdings mit einem vernünftigen Aufwand oftmals nicht zu ermitteln oder nur ungefähr abschätzbar. Gute Indikatoren über die Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens sind aber auch die längerfristige Entwicklung der Anzahl abgegebener Offerten und der daraus resultierenden Anzahl Aufträge (Hit Ratio). Mutationen im Kundenstamm (Neukunden, verlorene Kunden), Anzahl Kundenanfragen oder Kundenfrequenzen (insbesondere im Einzelhandel) können ebenfalls wichtige Informationen zur Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit sein. Finanzielle Frühwarnindikatoren beachten Finanzielle Kennzahlen dienen dazu, einerseits die Struktur und Entwicklung der Ertragslage (Erlöse und Kosten) und andererseits die Bilanz (Aktiven und Passiven) vertieft zu analysieren. Besonders wertvoll ist es, wenn die eigenen Zahlen denjenigen vergleichbarer Firmen gegenübergestellt werden können. Signifikante Veränderungen und negative Trends verlangen immer eine genaue Analyse. Diese kann oft frühzeitig wichtige Hinweise zur Vermeidung potenzieller Krisensituationen vermitteln. Wertvolle Indikatoren zur Entwicklung der Ertragslage sind die Umsätze und Deckungsbeiträge (DB) nach Produkten, Marktsegmenten oder Kunden sowie der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Earnings Before Interest and Taxes, EBIT). Ausgabenseitig kann unter anderem die Entwicklung von Personal-, Informatik- oder Mietaufwand auf mögliche Probleme hinweisen. Bilanzindikatoren sollten unter anderem die Kapitalstruktur (Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital) und die Vermögensallokation (Umlauf-, Anlagevermögen) aufzeigen. Zu den wichtigen Finanzkennzahlen gehören auch Verhältniszahlen wie Eigenkapitalrendite (Return on Equity, ROE) oder Cashflowmarge. Unternehmenskrisen vermeiden Personelle Frühwarnindikatoren ernst nehmen Veränderungen innerhalb eines Unternehmens sind oftmals deutlich am Verhalten der Mitarbeiter wahrnehmbar. Fluktuation, Absenzen und Mitarbeiterzufriedenheit (gemessen mittels Umfrage) sind dafür gute Indikatoren. Durch vertiefte Mitarbeitergespräche sowie aufgrund spontaner Bemerkungen können Motivation oder Verunsicherungen, Unzufriedenheit und «innere Kündigungen» festgestellt werden. Alarmierende Signale sind ebenfalls eine sinkende Produktivität oder die Schwierigkeit, qualifizierte Mitarbeiter zu halten und neue für das Unternehmen zu gewinnen. Ernsthaft zu hinterfragen sind auch die Gründe für unerwartete Kündigungen im Topmanagement oder Demissionen von Verwaltungsräten. Auf unvorhersehbare Gefahren gut vorbereitet sein Nicht alle unerwünschten oder existenzgefährdenden Situationen sind voraussehbar. Viele solcher Gefahren lassen sich zwar benennen, so z.B. eine Betriebsstilllegung durch eine Katastrophe, das plötzliche Ausscheiden von Schlüsselpersonen oder der unerwartete Verlust einer wichtigen Geschäftsbeziehung. Naturgemäss lassen sich aber weder der Zeitpunkt eines ausserordentlichen Ereignisses noch dessen Auswirkungen auf das Unternehmen genau voraussagen. Umso wichtiger ist es, durch vorsorgliche Massnahmen möglichen Schaden auf ein Minimum zu beschränken. Versicherbare Risiken abdecken Nicht vermeidbare und selber nur mit kostspieligen Konsequenzen zu tragende Risiken sind grundsätzlich auf andere zu übertragen oder zu versichern. Voraussetzung für eine Versicherung ist, dass die vorhandenen Risiken klar identifiziert und bezüglich Eintretenswahrscheinlichkeit und Auswirkungen (Schadensumme) statistisch vernünftig bewertet werden können. Die Unterstützung durch Direktversicherer, Broker oder unabhängige Versicherungsberater hilft oftmals, die in einem Unternehmen vorhandenen Risiken gesamtheitlich zu erfassen und zu beurteilen. Diese Experten wissen, welche Risiken sinnvollerweise abgedeckt werden sollten oder aus gesetzlichen Gründen versichert werden müssen. Doppelspurigkeiten sowie Über- oder Unterversicherungen sind zu vermeiden. Präventive und schadensbegrenzende Massnahmen technischer und organisatorischer Art (Information, Ausbildung) bewirken oftmals, dass die Versicherungskosten gesenkt werden können. Untragbare Risiken versichern hoch Eintretenswahrscheinlichkeit Vorsorgliche Massnahmen treffen Es ist eine vordringliche Aufgabe eines risikobewussten Managements, existenzgefährdende Ereignisse nach Möglichkeit zu verhindern oder deren Folgen zu vermindern. Wichtig sind unter anderem organisatorische Vorkehrungen wie Pläne für Ausnahmesituationen, Stellvertretungen und die geschützte Verwahrung wichtiger Firmenakten (Datenträger und Verträge). Sicherheitstechnische und bauliche Massnahmen (z.B. Brandmelder oder Sicherheitstüren) sowie optimale Versicherungslösungen sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Die Geschäftsführung kann sich meistens nur beschränkt auf ausserordentliche, kaum vorhersehbare Ereignisse im unternehmerischen Umfeld vorbereiten. Möglich sind jedoch beispielsweise Überlegungen, was beim Ausfall eines Hauptlieferanten für Alternativen vorhanden wären oder wo und wie im Falle einer temporären Betriebsunterbrechung die Produktion vorübergehend weitergeführt werden könnte. Eine vorher planmässig erfolgte Diskussion denkbarer ausserordentlicher Ereignisse kann es beim Eintreten eines Krisenszenarios enorm erleichtern, unverzüglich richtig zu reagieren. Mögliche Vorgehensweisen sollten in einem Notmassnahmenkatalog festgehalten und periodisch auf Aktualität und Umsetzbarkeit überprüft werden. Reserven bilden (Rückstellungen bzw. eigener Fonds) Unbedingt versichern (hohe Prämie) Selber tragen (von Fall zu Fall) Normalerweise versichern (niedrige Prämie) gering gross Tragweite / Auswirkungen / Schaden Quelle: UBS outlook UBS outlook Unternehmenskrise 15 Unternehmenskrisen vermeiden Finanzielle Risiken absichern Finanzielle Risiken wie Währungs- oder Wechselkursrisiken, Zinsrisiken, Länderrisiken sowie Debitorenrisiken können mit dafür verfügbaren Bankprodukten und -dienstleistungen zu einem grossen Teil abgesichert werden. Devisentermingeschäfte oder Devisenoptionen sind geeignet, Währungsrisiken zu minimieren. Festzinsvereinbarungen (Swaps) eliminieren Zinsrisiken. Der Verkauf von Kundenforderungen (Factoring), die Einforderung von Sicherheiten sowie Anzahlungen oder Vorinkasso ermöglichen es, das Ausfallrisiko von Debitoren auszuschalten oder gering zu halten. Stellvertretungs- und Nachfolgelösungen festlegen Der längerfristige oder permanente Ausfall einer Schlüsselperson kann für ein Unternehmen existenzbedrohend sein. Deshalb ist es notwendig, für alle wichtigen Aufgaben qualifizierte Stellvertreter beziehungsweise geeignete potenzielle Nachfolger zu bestimmen und diese gezielt für einen möglichen Einsatz vorzubereiten. Dadurch ist am besten zu verhindern, dass dem Unternehmen plötzlich existenziell wichtige Erfahrungen, Know-how und persönliche Geschäftsbeziehungen fehlen. Weiterführende Informationen zu Nachfolgeregelungen finden sich in der Publikation «UBS outlook Nachfolge im Unternehmen» (siehe Literaturverzeichnis). 16 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Krisensituationen entstehen oft schleichend und werden vielfach lange Zeit nicht als solche wahrgenommen. Eine akute Unternehmenskrise liegt dann vor, wenn eine existenzielle Bedrohung nur noch mit ausserordentlichen Massnahmen abgewendet werden kann. Im besten Fall kann die Unternehmenskrise rasch und gut überwunden werden. Fast immer stellt sie aber eine äusserst komplexe und langwierige Herausforderung für den Verwaltungsrat und das Management dar. Unternehmenskrisen haben meistens mehrere Ursachen und verlaufen selten gleich. Gefahrenpotenziale verschiedenster Art können sich mit der Zeit von einer latenten zu einer akuten Unternehmenskrise entwickeln. Der Handlungsspielraum nimmt dabei immer mehr ab. Parallel dazu verstärken sich psychologische Abwehr- und Verdrängungsreaktionen. Dadurch wird es zunehmend schwieriger, die wachsenden Probleme zu lösen. Von einer Strategiekrise wird gesprochen, wenn die Erreichung längerfristiger Zielsetzungen eines Unternehmens ernsthaft gefährdet ist. Eine Erfolgskrise besteht, wenn das Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist und die finanziellen Ziele verfehlt werden. Eine Ertragskrise ist spätestens dann eingetreten, wenn ein negativer Cashflow und Verluste entstehen. Können die laufenden Verpflichtungen nicht mehr ordnungsgemäss erfüllt werden und droht Zahlungsunfähigkeit, ist eine existenzgefährdende Liquiditätskrise eingetreten. Oft entsteht eine Unternehmenskrise erst durch eine Akkumulation ungelöster Probleme, durch einen Dominoeffekt, eine Verkettung vermeintlich unglücklicher Umstände oder einen Teufelskreis negativer Entwicklungen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Unternehmen aufgrund mangelnder Marktnähe, veralteter Produkte und fehlender Innovationskraft laufend an Umsatz und Marktanteilen verliert. Als Folge davon sinken die Erträge, die Eigenmittelbasis wird schwach und die Liquidität knapp. Dadurch wird Ursachen von Unternehmenskrisen Strategische Ursachen Finanzielle Ursachen • Fehlbeurteilung zukünftiger Absatz- und Beschaffungsmärkte • Falsche oder unzureichend umgesetzte Unternehmensstrategie • Fehlinvestitionen (Produktentwicklungen, Betriebsmittel, Immobilien, Akquisitionen, Auslandsniederlassungen) • Ungenügende Unternehmensführung (Verwaltungsrat, Management) • Undurchsichtige Firmen- und unklare Organisationsstrukturen • • • • • • • • Operative Ursachen Ausserordentliche oder unvorhersehbare Ereignisse • Unternehmenskultur, Führungsstil, Zweckoptimismus • Fehlende Führungsinstrumente (Intransparenz) • Suboptimale innerbetriebliche Abläufe (unklar, risikobehaftet, ineffizient) • Ungenügendes Risiko-Management • Ungenügend qualifizierte Mitarbeiter (Auswahl, Ausbildung, Fluktuation) • Qualitätsprobleme • Lieferverzögerungen • Verlust wichtiger Geschäftsbeziehungen • Drastische Preiserhöhung für Rohstoffe, Energie, Kapital • Grosse Wechselkursveränderungen • Handelshemmnisse oder -boykotte • Verlust von Schlüsselpersonen (Know-how-Träger) • Betriebsunterbruch (Feuer, Wasser, Streik) • Skandale (Produktemängel, Betrugsfall) Umsatz- und Ertragseinbruch Ungenügender Cashflow Debitorenausfälle, ungenügende Rückstellungen Überhöhte, untragbare Investitionen Überhöhte, untragbare Kostenstrukturen Überhöhte und überbewertete Warenbestände Ungenügende, nicht risikokonforme Eigenkapitalbasis Irreführende oder falsche Rechnungslegung Quelle: UBS outlook UBS outlook Unternehmenskrise 17 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden es zunehmend schwieriger, ausreichende Investitionen in Forschung und Entwicklung, in Betriebsmittel und Personal zu tätigen. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Ertragslage verschlechtern sich zunehmend und die Krisensituation wird augenfällig. Die strategischen Krisenursachen verstehen Viele sich über längere Zeit entwickelnde Unternehmenskrisen haben ihren Ursprung in der falschen Beurteilung des Firmenumfeldes oder der im Unternehmen vorhandenen Möglichkeiten. Genauso oft werden aber an sich richtige Strategieziele aus verschiedensten Gründen nicht erreicht. Ein Ignorieren von Fehlentwicklungen über längere Zeit macht ein unerlässliches, korrigierendes Eingreifen zunehmend schwieriger und hat meist auch schmerzhaftere Konsequenzen. Die operativen Krisenursachen verstehen Schwerwiegende innerbetriebliche Probleme entstehen meistens aufgrund operativer Schwachstellen und ungenügender Kontrollmechanismen. Sie haben ihre Ursache vielfach in Unterlassungen und Führungsfehlern oder werden durch diese zumindest begünstigt. Hinweise auf akute operative Schwächen und daraus resultierende Fehlentwicklungen sind u.a. unkontrollierbar ansteigende Kosten, Qualitätsprobleme oder ein merklich verschlechtertes Betriebsklima. Fehlende Führungsinstrumente und unberechtigter Optimismus führen dazu, dass entstehende Gefahren nicht rechtzeitig erkannt und korrigiert werden. Die finanziellen Krisenursachen verstehen Verschiedene Ursachen für finanzielle Probleme sind offensichtlich, beispielsweise ein Umsatzeinbruch oder grössere Debitorenausfälle. Fehlinvestitionen, verschwenderische geschäftliche und private Ausgaben, ausserordentliche Kostensteigerungen oder die überhöhte Bewertung von Aktiven (Warenlager, Immobilien) sind jedoch in der Regel weitaus schwieriger erkennbar. Oft werden sie in ihren längerfristigen Auswirkungen unterschätzt. Manchmal werden sie aber auch bewusst oder unbewusst verdrängt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalbasis können selbst vorübergehende Ertragsprobleme oft nicht mehr verkraftet werden. Mit unvorhersehbaren und ausserordentlichen Ereignissen richtig umgehen Ausserordentliche, vielfach ohne Vorwarnung eintretende Ereignisse wie beispielsweise Katastrophen (Feuer, Wasser, Anschläge) oder Todesfälle sind glücklicherweise eher selten. Sie stellen zwar eine grosse Herausforderung für das ganze Unternehmen dar, sollten jedoch normalerweise nicht zu existenziellen Krisensituationen führen. Schwerwiegender sind meistens der plötzliche Verlust wichtiger Geschäftsbeziehungen (Absatzmärkte, Kunden, Lieferanten) oder drastische Veränderungen im Umfeld des Unternehmens (drastische Preiseinbrüche, neue, übermächtige Konkurrenten). Umso vordringlicher ist es, in solchen Situationen rasch und überlegt zu handeln. Entstehung, Erkennung und Beeinflussung von Krisensituationen Entwicklungsphasen von Unternehmenskrisen Handlungsspielraum zuerst Strategische Fehler oft zu spät später Erfolgskrise oft spät zuletzt Liquiditätskrise meistens rasch Erkennung von Fehlentwicklungen und Einleitung von Massnahmen Quelle: UBS outlook nach A. Meyer 18 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Eine eingetretene Krisensituation akzeptieren Es ist nicht leicht, sich eine Krisensituation im eigenen Unternehmen einzugestehen. Oftmals unterschätzen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat das Ausmass von Problemen oder hegen zu lange unberechtigte Hoffnungen, dass sich die Situation ohne einschneidende Massnahmen überwinden lässt. Es liegt vor allem an psychologischen Handlungsbarrieren, dass eine sich anbahnende Krisensituation oft zwar erkannt oder mindestens erahnt wird, wirkungsvolle Gegenmassnahmen jedoch unterbleiben. Ängste vor unangenehmen Konsequenzen, vor Schuldvorwürfen oder eine lähmende Hilflosigkeit sind Gründe für ein solches Verhalten. Ein längeres Verdrängen einer deutlich erkennbaren Krisensituation führt bei Management und Mitarbeitern letztlich zu Überforderung, Verzweiflung, Orientierungslosigkeit und für das Unternehmen zu einem gefährlichen Lähmungszustand. Zunehmend grosse psychologische Belastungen machen es oftmals dem betroffenen Management praktisch unmöglich, eine in der Regel mitzuverantwortende Krise selber rasch erfolgreich zu überwinden. Es braucht daher in solchen Situationen vielfach Hilfe von aussen. Durch rasches Handeln einen Turnaround erleichtern Je rascher wirksame Massnahmen eingeleitet werden, desto weniger hart fallen in der Regel die Folgen für das Unternehmen, seine Mitarbeiter und andere direkt oder indirekt Betroffene (Familien, Geschäftspartner, Öffentlichkeit) aus. Es geht nicht zuletzt darum, eine unnötige weitere Wertvernichtung zu vermeiden. Wird zu spät gehandelt, sind oft bereits zu viele Ressourcen verloren gegangen. Das kann bedeuten, dass ein Neustart (Turnaround) aus eigenen Kräften nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen sind finanzielle Sanierungsmassnahmen, eine (Teil-)Liquidation oder ein Konkurs oft kaum mehr zu vermeiden. Einer Krisensituation zu entrinnen, ist selten einfach. In der Regel sind dazu ausserordentliche und dringende Massnahmen durch ein erfahrenes und unabhängiges Krisenmanagement erforderlich. Ein kompetentes Krisenmanagement einsetzen Wird im Verwaltungsrat das Vorhandensein einer Unternehmenskrise erkannt und die Notwendigkeit ausserordentlicher und dringender Massnahmen bejaht, muss er umgehend ein kompetentes Krisenmanagement einsetzen. In der Regel wird der Präsident des Verwaltungsrates die Verantwortung für das Krisenmanagement übernehmen. Allenfalls ist auch ein Krisenausschuss zu bilden. Um erste Massnahmen einleiten zu können, muss rasch ein objektiver Überblick über die Ursachen, den Umfang und die möglichen Auswirkungen der Unternehmenskrise gewonnen werden. Zugleich ist abzuklären, inwieweit dem Unternehmen die für eine rasche Überwindung der anstehenden Probleme unerlässlichen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Eine der wichtigsten Fragestellungen ist in dieser Situation, ob für einen erfolgreichen Turnaround ein externer Krisenmanager benötigt wird. Den Krisenmanager bestimmen Der Erfolg einer Krisenbewältigung steht und fällt mit dem damit beauftragten Krisenmanager. Er muss unvoreingenommen sein und braucht spezifische Fähigkeiten. Erfahrungen im Krisenmanagement sind zunächst meist nützlicher als die für einen nachfolgenden Turnaround unerlässlichen Firmen- oder Branchenkenntnisse. Ein geeigneter Krisenmanager kann in vielen Fällen nur ausserhalb des Unternehmens gefunden werden. Weil die Zeit drängt, sollte er immer möglichst sofort verfügbar sein. Der Krisenmanager muss eine meist verfahrene und komplexe Situation schnell erfassen und die grössten und dringendsten Probleme ohne Verzug pragmatisch angehen. Von ihm werden vor allem die rasche Formulierung von kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen, das Kommunizieren von klaren Prioritäten sowie ein konsequentes Handeln erwartet. Eine gute Mischung von Autorität, Kooperationsbereitschaft, Überzeugungskraft und Begeisterungsfähigkeit hilft ihm, auch unangenehme und tief greifende Massnahmen auf den verschiedensten Ebenen des Unternehmens durchzusetzen. UBS outlook Unternehmenskrise 19 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Das Krisenteam zusammenstellen Eine der ersten und wichtigsten Aufgaben des Krisenmanagers ist es, ein kompetentes, gut harmonierendes und durchsetzungsstarkes Krisenteam zu bilden. Meist sind dies einige wenige Schlüsselpersonen, oftmals ergänzt mit einem Krisenbeauftragten des Verwaltungsrates. Das Team muss das Unternehmen gut kennen und die zu lösenden Probleme verstehen. Aufgrund fachlicher und persönlicher Kompetenzen sollte es überall sofort akzeptiert sein. Die als Krisenteam Verbündeten müssen miteinander harmonieren und sich untereinander und gegenüber dem Unternehmen offen und loyal verhalten. Qualifizierte Unterstützung beiziehen Das Krisenteam sollte in der Lage sein, auch sehr komplexe Situationen rasch und mindestens im Grundsatz korrekt zu beurteilen. Kann dies aufgrund fehlender Erfahrung, von Zeitmangel oder wegen Befangenheit nicht gewährleistet werden, ist es in der Regel unumgänglich, externe Spezialisten beizuziehen. Erfahrene Fachleute können unter anderem helfen, rasch eine zuverlässige Beurteilung der finanziellen Situation vorzunehmen (Bewertung der Aktiven und Passiven). Andere Experten können bei Rechtsfragen beraten (Obligationenrecht, Verträge), Absatz- und Beschaffungsmärkte richtig beurteilen oder fundierte Aussagen zu den vorhandenen Produkten, Informations- und Produktionstechnologien machen. ig ar rrb bei un kend and eln k ati übe rzeu r sta ns ille d nik häng ll den hh mu unab schne c ras ko m krisenerfahren Eigenschaften eines guten Krisenmanagers w v ch lytis ana gen d konsequent realistisch Profil Krisenmanager fokussiert hart star k en elastb ast ar bar isch b psych bel sisc h t tier rien iso phy lor ebn UBS outlook Unternehmenskrise nd haue 20 zie erg Quelle: UBS outlook ärtssc vorw ig nd stä an entscheidungsstark fair ien gag tie rt iert Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Kommunikation in der Krise als Chefsache betrachten Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des Verwaltungsratspräsidenten, den Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit eine schwierige Unternehmenslage offen und ehrlich zu kommunizieren. Sein überzeugendes Auftreten kann sehr viel dazu beitragen, eine Krisensituation bestmöglich zu überstehen. Es geht darum, durch das Erklären der Probleme und das Begründen der notwendigen Massnahmen das Vertrauen der Mitarbeiter, der Geschäftspartner und der Öffentlichkeit in das Unternehmen, den Verwaltungsrat und das Management zu erhalten. Die Krisensituation ehrlich und transparent kommunizieren Kommunikation ist in einer Unternehmenskrise besonders wichtig. Vorhandene Probleme sind zuzugeben und die Ursachen und Hintergründe dafür selbstkritisch zu erläutern. Vor allem aber müssen der Wille und die Fähigkeit demonstriert werden, eine schwierige Situation wenn erforderlich auch mit einschneidenden Massnahmen rasch in den Griff zu bekommen und zu überwinden. Ebenso kann mit einer offenen und ehrlichen Kommunikation den in einer Krisensituation leicht entstehenden Gerüchten und Spekulationen am besten Einhalt geboten werden. Im Verlaufe eines Turnarounds müssen aber neben Erfolgsmeldungen manchmal auch unerwartete Rückschläge kommuniziert werden. Die Kommunikation sorgfältig planen Bei der Kommunikation einer Krisensituation sind die zu vermittelnden Informationen und Botschaften sowie das taktische Vorgehen äusserst sorgfältig zu planen. Es muss genau bestimmt werden, wer wann wen wie informiert. Ein Kommunikationsplan sollte den zeitlichen Ablauf für die einzelnen Kommunikationsmassnahmen, die Adressaten und die Form der Kommunikation festlegen. Normalerweise sollten zuerst das Kader, anschliessend Mitarbeitervertreter und dann alle anderen Mitarbeiter informiert werden. Parallel oder direkt im Anschluss an die interne Kommunikation müssen kreditgebende Banken, andere Finanzgeber, Aktionäre und wichtige Geschäftspartner (Kunden, Lieferanten) in angemessener Weise ins Bild gesetzt werden. Manchmal muss jedoch aus praktischen oder taktischen Gründen auch ganz anders vorgegangen werden. Für börsenkotierte Unternehmen bestehen Informationspflichten, die in jedem Fall genau einzuhalten sind. Die Öffentlichkeit zum richtigen Zeitpunkt informieren Bei Krisensituationen ist das Interesse der Medien besonders gross. Die Presse und damit die Öffentlichkeit sollten in der Regel aber erst zuletzt informiert werden. Aufgrund einer sorgfältigen Beurteilung der Situation ist zu entscheiden, ob überhaupt die Medien zu orientieren sind. Bei öffentlichkeitsrelevanten Aspekten (z.B. Massenentlassungen) ist eine professionell gestaltete Medienkommunikation von zentraler Bedeutung. Um Missverständnisse und unerwünschte Reaktionen zu vermeiden, ist bereits vor dem ersten Medienkontakt die für die Kommunikation zuständige Person (Sprecher) zu bestimmen. In erster Linie sind klare Signale, vertrauensfördernde Botschaften und für alle Involvierten verbindliche Verhaltensregeln festzulegen. Es gilt zu verhindern, dass Gläubiger nicht noch kurz vor der Gewährung des Nachlassverfahrens unerwünschte Massnahmen ergreifen. UBS outlook Unternehmenskrise 21 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Die Situation rasch erfassen und konsequent handeln Ein Unternehmen ist durch eine akute Krise oft unmittelbar in seiner Existenz bedroht. In einer solchen Situation ist vor allem rasches, aber auch überlegtes Handeln gefragt. Vielfach muss dies geschehen, ohne alle Fakten genau zu kennen und analysiert zu haben. Es gilt die Regel «Dringlichkeit vor Genauigkeit» und «Notwendigkeit vor Rücksichtnahme». Schnelle erste Erfolge stärken das Vertrauen in das Krisenmanagement. Mit klar demonstrierter Führungsstärke und persönlicher Kompetenz lassen sich selbst unpopuläre Massnahmen leichter durchsetzen. Es muss anfänglich auch akzeptiert werden, dass sich bei einer energisch anzugehenden Krisenbewältigung gewisse Fehler kaum vermeiden lassen. Wichtig ist jedoch, dass erkannte Fehlentscheide umgehend und in geeigneter Form richtig gestellt werden. Prioritäten setzen und erste Aufträge erteilen Zur Überwindung einer akuten Unternehmenskrise ist es unvermeidlich, schnell Prioritäten zu setzen und einen erfolgversprechenden Lösungsweg einzuschlagen. Eine der ersten Aktivitäten des Krisenmanagements ist es deshalb, innert weniger Tage einen möglichst umfassenden Überblick über den Zustand des Unternehmens sowie die vorhandenen Stärken und Schwächen zu erhalten. Die dafür benötigten Informationen sind jedoch vielfach noch nicht oder nicht in der gewünschten Form vorhanden. Sie müssen daher vom Krisenteam so schnell wie möglich beschafft werden. Aufgrund einer durchgeführten Grobanalyse können erste Aufträge erteilt werden. Diese sind auch darauf auszurichten, schnell sichtbare Erfolge zu realisieren. Umfassendere Analysen und bessere Grundlagen für fundiertere Entscheidungen sollten in der Regel innerhalb von vier bis acht Wochen vorliegen. Prioritäten und erste Massnahmen eines Krisenmanagers Analysieren • • • • • • Fakten (Zahlen) beschaffen und prüfen Entscheidungs-, Führungs-, Informations- und Kontrollstrukturen verstehen und beherrschen Überlegungen zu früheren (Fehl-)Entscheiden ermitteln und nachvollziehen Viele Gespräche mit verschiedenen Leuten (Schlüsselpersonen) führen Situationsdiagnose erstellen Vertrauenswürdige und kompetente Verbündete für die Krisenbewältigung finden Entscheiden • Wege aus der Krise suchen und skizzieren • Prioritäten setzen (wichtig? dringend?) • Zusammen mit dem Verwaltungsrat Ziele festlegen und Grundsatzentscheide treffen Kommunizieren • Situation und Entscheide den Mitarbeitern und Geschäftspartnern kommunizieren und nachvollziehbar begründen • Kommunikationsform, Personen und Zeitpunkt bestimmen (top down, intern vor extern) • Die richtigen Signale und Botschaften senden Handeln • • • • Finanzielle Situation permanent überwachen, mit Fokus auf Liquidität (Cash Management) Konzentration auf kurzfristig wirksame Massnahmen und rasch sichtbare Erfolge Rigides Kostenmanagement (Limitierung der Ausgaben auf das absolut Notwendige) Mitarbeiter zur Lösung der dringendsten und wichtigsten Probleme motivieren Quelle: UBS outlook nach H. Ziegler 22 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Die Situation laufend neu beurteilen Da meist eine Vielzahl dringender Probleme angegangen werden muss und die Faktenlage zu Beginn in vielen Fällen noch nicht gesichert ist, muss oft sehr viel improvisiert werden. Kurskorrekturen müssen vorgenommen werden, sobald sich die Situation und die Prioritäten verändern. Alternative Ansätze zur Krisenüberwindung sind laufend zu evaluieren. Dabei kann es auch zu einer Neubeurteilung der Möglichkeiten für einen Turnaround kommen. Ein Nachlass oder gar ein Konkurs sollten wenn immer möglich verhindert werden. Signale setzen Von Anfang an die richtigen Signale setzen kann viel zum Erfolg einer Krisenintervention beitragen. Das heisst vor allem, dass mit nicht länger tolerierbaren Gewohnheiten der Vergangenheit schnell gebrochen werden muss. Symbolische Akte (z.B. Verzicht auf luxuriöse Geschäftswagen und andere Privilegien, Generalversammlung im bescheideneren Rahmen) demonstrieren, dass die Verantwortlichen im Unternehmen bereit sind, auch mit sie selbst betreffenden Massnahmen zur Überwindung der Krise beizutragen. Positive und überall gut wahrnehmbare Signale stärken intern und extern das Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens. Sie legen oftmals neue, dynamische und zukunftsorientierte Kräfte frei, welche einen Turnaround sehr erleichtern können. Einen Bilanzstatus erstellen Zu den Sofortmassnahmen gehört die Erstellung eines Bilanzstatus. Dies erfolgt in der Regel in Zusammenarbeit mit der Revisionsstelle. Durch eine objektive, kritische Bilanzanalyse kann festgestellt werden, ob möglicherweise eine Unterbilanz oder eine Überschuldung vorliegt. Eine Unterbilanz resp. ein (teilweiser) Verlust des Eigenkapitals besteht, wenn die Aktiven zwar das Fremdkapital, aber weniger als 50% des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven decken. Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn die Aktiven das Fremdkapital nicht mehr decken (siehe auch untenstehende Abbildung). Besteht begründete Besorgnis für das Vorhandensein einer Unterbilanz oder Überschuldung, ist eine vollständige und mit den gesetzlichen Vorschriften übereinstimmende Zwischenbilanz zu erstellen. Dabei besteht meist die Schwierigkeit, Aktiven wie Immobilien, Warenbestände oder Goodwill auf akquirierten Gesellschaften korrekt zu bewerten. Ist die Weiterführung der Geschäftstätigkeit ernsthaft gefährdet, dürfen Aktiven nicht mehr zu Fortführungswerten, sondern nur noch zu Liquidationswerten in die Bilanz aufgenommen werden. Dies betrifft nicht nur das gesamte Anlagevermögen (Immobilien, Maschinen, Einrichtungen), sondern vor allem auch die Warenlager und Debitorenausstände. Die meist erforderlichen negativen Wertberichtigungen führen in der Regel zu einer massiven Verschlechterung der Eigenkapitalquote in der Bilanz. Diese Konsequenz kann gegebenenfalls durch die Auflösung vorhandener stiller Reserven (z.B. auf Immobilien) kompensiert oder wenigstens gemildert werden. Unterbilanz und Überschuldung Unterbilanz (Art. 725 Abs. 1 OR) Vermögen Fremdkapital Überschuldung (Art. 725 Abs. 2 OR) Vermögen Fremdkapital Verlust Nennkapital Nennkapital Gesetzl. Reserven Gesetzl. Reserven Freie Reserven Freie Reserven Verlust Quelle: UBS outlook UBS outlook Unternehmenskrise 23 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Das Management und andere Schlüsselpersonen beurteilen Mitarbeitergespräche ermöglichen es dem Krisenmanager zu erkennen, welche Personen einen substanziellen Beitrag zum Turnaround leisten können. Er muss sich oftmals schnell darüber klar werden, ob er mit den vorhandenen Führungskräften und Schlüsselpersonen einen erfolgreichen Turnaround schaffen kann. Personen, die er für diese Herausforderung als ungeeignet beurteilt, sind schnell aus der Verantwortung zu nehmen und zu ersetzen. Andererseits muss er vermeiden, dass für einen Turnaround wichtige Mitarbeiter aufgrund einer kaum vermeidbaren Verunsicherung das Unternehmen verlassen. Notwendige personelle Konsequenzen ziehen Die Überwindung von Unternehmenskrisen erfordert oftmals harte und schmerzhafte personelle Entscheidungen. Eine Reorganisation bedeutet vielfach die Versetzung, Rückstufung oder sogar die Entlassung überflüssiger oder für die Unternehmenssituation ungeeigneter Mitarbeiter. Andererseits müssen auch in einer Krisensituation vakante Schlüsselfunktionen mit geeigneten Personen neu besetzt werden. Bei Mitarbeitern, welche die für das Unternehmen existenziell wichtigen Veränderungen nicht mittragen wollen oder können und dadurch den Turnaround gefährden, ist eine schnelle Trennung in der Regel unumgänglich. Entlassungen sollten jedoch stets auf eine sozial vertretbare Art abgewickelt werden. Verdiente Mitarbeiter sind auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit zu unterstützen und die Abgangsregelungen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens angemessen auszugestalten. Den Wertschöpfungsprozess analysieren Eine vordringliche Aufgabe des Krisenmanagers ist es, die Wertschöpfungskette und das ihr zugrunde liegende Geschäftsmodell zu analysieren und zu hinterfragen. Die Kernprozesse (unter anderem Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Produktion, Vertrieb) sind sowohl auf Schwachstellen als auch auf ungenutzte Potenziale zu überprüfen. Alle Massnahmen und die dafür verfügbaren Ressourcen sind in einer ersten Phase dort zu konzentrieren, wo die grössten Wirkungen beziehungsweise Effizienzgewinne realisierbar sind. Zuerst sollten Schwachstellen angegangen werden, die entweder sehr leicht, schnell oder mit einem sichtbaren positiven Effekt behoben werden können. Parallel dazu sind ohne Verzögerung Massnahmen zur Nutzung von brachliegenden Potenzialen und Chancen zu ergreifen, die rasch cashflow- und ertragswirksam werden. Notwendige Anpassungen können teilweise einschneidend und für die Betroffenen sehr schmerzhaft sein. Bei allen geplanten Veränderungen ist immer zu beachten, dass nicht zugunsten kurzfristiger Effizienzgewinne langfristige Erfolgspotenziale des Unternehmens gefährdet oder vernichtet werden. Wertschöpfungsprozess Finanzierung Lieferanten Forschung & Entwicklung Beschaffung Kunden Produktion Marketing Verkauf Logistik Quelle: UBS outlook 24 UBS outlook Unternehmenskrise Versand Service Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Die Überlebenschancen realistisch beurteilen Eine fundierte Unternehmensanalyse erlaubt es in der Regel, die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens realistisch einzuschätzen. Für die Erfolgschancen eines Turnarounds sind in erster Linie die Fähigkeiten des vorhandenen Managements und die verfügbaren finanziellen Ressourcen entscheidend. Je nach finanzieller Situation sind gewisse Schritte gesetzlich vorgegeben. Bei einer Unterbilanz muss der Verwaltungsrat eine ausserordentliche Generalversammlung einberufen und dieser Sanierungsmassnahmen vorschlagen (Art. 725 Abs. 1 OR). Bei Überschuldung hat der Verwaltungsrat den Richter unverzüglich zu benachrichtigen (Art. 725 Abs. 2 OR). Die Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit abklären Das Krisenmanagement sollte möglichst schnell beurteilen, ob das Unternehmen als Ganzes oder in reduzierter Form überlebensfähig ist und als sanierungsfähig und sanierungswürdig betrachtet werden kann. Ein Unternehmen ist sanierungsfähig, wenn es noch intakte Überlebenschancen hat. Viel dazu beitragen können u.a. wettbewerbsfähige Produkte oder Dienstleistungen, ein treuer Kundenstamm, kompetente Mitarbeiter sowie eine effiziente Infrastruktur. Sanierungswürdig ist eine Firma, wenn der finanzielle Aufwand für einen Turnaround in einem vernünftigen Verhältnis zu den Erfolgschancen sowie zum geschätzten zukünftigen Unternehmenswert steht. Um die Sanierungswürdigkeit richtig beurteilen zu können, sollten die vorgesehenen Sanierungsmassnahmen und der daraus resultierende Kapitalbedarf möglichst genau bekannt sein. Erscheint die Weiterführung des Unternehmens mit dem bestehenden Aktionariat nicht mehr möglich, ist ein schneller Verkauf der Firma oder einzelner Geschäftsbereiche zu prüfen. Erweist sich dies als nicht realisierbar, verbleibt meistens eine Liquidation als letzte Lösung. Ein operatives Sanierungskonzept ausarbeiten Wird das Unternehmen grundsätzlich vom Krisenmanagement sowie von den involvierten Kreditgebern und Gläubigern als sanierungsfähig und sanierungswürdig beurteilt, muss rasch ein glaubwürdiges und realisierbares Sanierungskonzept ausgearbeitet werden. Aufgrund einer vorliegenden Grobanalyse ist u.a. zu entscheiden, welche Geschäftsfelder (Produktgruppen, Marktsegmente) und Standorte weitergeführt, liquidiert oder verkauft werden sollen. Aufgrund der geplanten zukünftigen Geschäftstätigkeit, von vorzuneh- Fragen zur Beurteilung der Überlebenschancen eines Unternehmens Beurteilungskriterien Fragen Management • Ist das Management fähig, das Unternehmen erfolgreich aus der Krise zu führen? • Geniesst das Management unser Vertrauen? Produkte und Dienstleistungen Märkte Finanzen gut • Sind die vorhandenen Produkte und Dienstleistungen nachhaltig wettbewerbsfähig? • Ist das Unternehmen in der Lage, neue Produkte zu entwickeln und gewinnbringend abzusetzen? • Sind die vorhandenen Absatzmärkte des Unternehmens zukunftsträchtig? • Besteht das Potenzial, rasch neue und gewinnbringende Marktsegmente zu erobern? • Erlauben Liquidität, Cashflow, Ertragslage und Bilanzstruktur einen Turnaround aus eigener Kraft? • Bestehen für eine Bilanzsanierung (aussergerichtlich/ Nachlassverfahren) gute Voraussetzungen? • Stehen die Erfolgschancen des Unternehmens nach einer Bilanzsanierung in einem guten Verhältnis zu den verbleibenden finanziellen Risiken? Beurteilung neutral schlecht ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Quelle: UBS outlook und UBS Recovery Management UBS outlook Unternehmenskrise 25 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden menden Investitionen und Desinvestitionen ist das voraussichtlich erforderliche Umlaufund Anlagevermögen zu beziffern. Daraus lässt sich das notwendige Eigen- und Fremdkapital ableiten. Eine geplante Liquidation in Erwägung ziehen Falls die Aktionäre keine Chancen für das Weiterbestehen des Unternehmens mehr sehen und ein rechtzeitiger Verkauf der Firma unwahrscheinlich erscheint, kann ein geordneter Rückzug im Vergleich zu einem Nachlassstundungsverfahren oder zur sofortigen Betriebsstilllegung Vorteile bringen. Eine stille, geordnete Liquidation ist dann am erfolgreichsten, wenn sie rechtzeitig eingeleitet und sorgfältig abgewickelt wird. In der Regel ist sie allerdings recht kostspielig. Je mehr Zeit aber für eine Betriebsstilllegung vorhanden ist, desto weniger Werte werden vernichtet und desto höher wird der Liquidationserlös ausfallen. Die Belegschaft kann gestaffelt abgebaut werden und die Mitarbeiter erhalten mehr Zeit, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Wenn vorhandene Lagerbestände an Fertigprodukten und Rohmaterial noch mit normalen Kundenaufträgen verwertet werden können, ist meistens ein bedeutend höherer Erlös erzielbar als bei einem Liquidationsverkauf. Auch der Verkauf des gesamten Anlagevermögens, insbesondere der Immobilien, Maschinen und Produktionsanlagen, zu bestmöglichen Konditionen braucht in der Regel genügend Zeit. Den Verkauf des Unternehmens an neue Aktionäre prüfen Wenn ein Turnaround mit den verfügbaren Ressourcen unmöglich erscheint und von bestehenden Aktionären nicht genügend neues Eigenkapital beschafft werden kann, ist auch der ganze oder teilweise Verkauf des Unternehmens an neue Aktionäre zu prüfen. Das ist in der Regel dann erfolgversprechend, wenn die Überlebensfähigkeit des Unternehmens oder eines Teilbereiches grundsätzlich bejaht wird und ein neuer Aktionär strategische oder operative Interessen daran hat. In der Praxis sind es oft Konkurrenten oder Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette, welche Geschäftspotenziale und Einsparungsmöglichkeiten erkennen. Das versetzt diese in die Lage, bessere Angebote als reine Finanzinvestoren unterbreiten zu können. In bestimmten Situationen kann auch der Verkauf des Unternehmens resp. einzelner Geschäftsbereiche an das vorhandene oder ein neues Management erwogen werden (Management-Buy-out, MBO, bzw. Management-Buy-in, MBI). Oft ist der Verkauf der Firma nur möglich bei einem weitgehenden oder vollständigen Verzicht der bestehenden Aktionäre (Aktienkapital, Darlehen) sowie einem Forderungsverzicht von Gläubigern. Ein Grund für den meist geringen Verkaufserlös liegt unter anderem darin, dass der Käufer noch anfallende Verluste und Investitionen finanzieren muss, bis der Turnaround geschafft und eine genügende Ertragslage erreicht ist. Erfolgversprechende Lösungen können in der Regel am besten in Zusammenarbeit mit unabhängigen, im Verkauf von Unternehmen erfahrenen Beratern gefunden werden. Ein Spezialist in der Abwicklung von «Mergers and Acquisitions» (M&A) kann mithelfen, die Vor- und Nachteile verschiedener Lösungsmöglichkeiten zu beurteilen und in Frage kommende Interessenten anzusprechen. Die Liquidität sicherstellen Die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit hat im Krisenmanagement in jedem Fall oberste Priorität. Flüssige Mittel sowie offene Kreditlimiten sind der unerlässliche «Sauerstoff», um zu überleben. Im Verlauf einer Unternehmenskrise besteht die Gefahr, dass die liquiden Mittel knapper werden und dadurch der unternehmerische und finanzielle Handlungsspielraum immer geringer wird. Diese gefährliche Situation wird zusätzlich verschärft, wenn nach dem Bekanntwerden von Schwierigkeiten viele Gläubiger auf die sofortige Erfüllung ihrer Forderungen pochen oder Vorauszahlungen verlangen. Die Liquidität laufend überwachen In einer akuten finanziellen Krise ist die Liquidität permanent zu überwachen. Zahlungen müssen vorausschauend geplant und überlegt vorgenommen werden. Um ein 26 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden striktes Cash Management zu ermöglichen, sind in der Regel täglich die verfügbaren Mittel abzufragen (Bargeld, Post- und Bankkonten). Aufgrund dieser Informationen kann der Krisenmanager die Prioritäten für die Bezahlung der dringendsten Verpflichtungen festlegen. Ein striktes Ausgabenmanagement einführen Bei voraussehbaren oder bereits akuten finanziellen Engpässen sind die Ausgaben sofort auf ein unerlässliches Minimum zu reduzieren. Klare Regeln und Anweisungen müssen dafür sorgen, dass nur das bestellt wird, was kurzfristig unbedingt benötigt wird. Oft muss der Krisenmanager sogar einen Personalstopp sowie einen zeitlich begrenzten Ausgabenstopp verfügen. Die Mitarbeiter sind zu motivieren, äusserst kostenbewusst zu handeln und alle schnell wirksamen Einsparungspotenziale zu nutzen. Der Verwaltungsrat seinerseits muss dafür sorgen, dass weder Dividenden ausgeschüttet noch vertraglich nicht zwingende Bonuszahlungen vorgenommen werden. Investitionen zurückstellen Um den Mittelabfluss zu bremsen, müssen laufende und geplante Investitionsprojekte grundsätzlich überprüft und priorisiert werden. Neben dem Finanzbedarf ist auch zu berücksichtigen, dass Projekte meistens knappe und in einer Krisensituation anderweitig viel dringender benötigte Managementkapazität binden. Daher sind Investitionsprojekte entweder zurückzustellen, zu verlangsamen oder abzubrechen, wenn dies mit akzeptablen operativen, finanziellen oder rechtlichen Folgen möglich ist. Das Debitorenmanagement optimieren Um die Verfügbarkeit flüssiger Mittel zu verbessern, muss das Debitorenmanagement sicherstellen, dass Rechnungen rascher ausgestellt, kürzere Zahlungsfristen verlangt, Debitoren besser überwacht und Fälligkeiten sofort angemahnt werden. Das Abtreten von Forderungen (Factoring) kann die Liquidität sofort verbessern. Um das Überleben des Unternehmens zu sichern, sieht sich ein Krisenmanager oft zu persönlichen Interventionen und zur Ergreifung ausserordentlicher Massnahmen gezwungen. Obwohl Schwierigkeiten zu erwarten sind, muss er versuchen, Voraus- oder Teilzahlungen auszuhandeln, Sonderkonditionen für sofortige Zahlungen anzubieten (Preisnachlässe) und rascher als üblich den Rechtsweg zu beschreiten (Betreibung, Pfändung) Wirkungen von Liquiditätsschöpfungsmassnahmen Massnahme Auswirkung auf Erfolgsrechnung Beitrag zur Bilanzsanierung Liquidität laufend überwachen (Cash Management) reduziert Zinskosten – Striktes Ausgabenmanagement reduziert Aufwand – Investitionsprojekte zurückstellen, verlangsamen oder abbrechen reduziert Zinsen, Abschreibungsbedarf senkt Kapitalbedarf Debitorenmanagement optimieren (Vorauszahlungen, Rechnungsstellung, Zahlungsfristen, Forderungen sofort anmahnen und eintreiben, Factoring prüfen) senkt Zinskosten und Ausfallrisiko senkt Kapitalbedarf Kreditorenmanagement optimieren (längere Zahlungsfristen aushandeln und ausnutzen) senkt Zinskosten senkt Kapitalbedarf Warenbestände reduzieren (Durchlaufzeiten reduzieren, Verkäufe forcieren und Einkauf bremsen) senkt Lagerhaltungskosten, kann Stückkosten erhöhen kann zu Wertkorrekturen führen, senkt Kapitalbedarf Aktiven veräussern (auch Leasing und Outsourcing prüfen) kann situativ entweder Kosten senken oder erhöhen kann zu Wertkorrekturen führen, senkt Kapitalbedarf Zusätzliche Finanzquellen erschliessen (bestehende und neue Kapitalgeber) kann Kapitalkosten senken oder erhöhen kann Bilanzstruktur verbessern oder verschlechtern Quelle: UBS outlook UBS outlook Unternehmenskrise 27 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Das Kreditorenmanagement optimieren Trotz den damit verbundenen Problemen sind in einer Krisensituation längere Zahlungsfristen anzustreben und systematisch auszunutzen. In der Praxis bedeutet dies vielfach, dass auf Skonti oder andere Sonderkonditionen verzichtet werden muss. Ein Krisenmanager wird in einer schwierigen Lage versuchen, mindestens mit den grössten Kreditoren (einschliesslich der Banken) ein Stillhalteabkommen und später – auf der Basis eines professionell erstellten Restrukturierungskonzeptes – sogar einen Forderungsverzicht auszuhandeln. Manchmal ist es infolge einer Liquiditätskrise nicht mehr möglich, allen Zahlungsverpflichtungen vereinbarungsgemäss nachzukommen. In solchen Fällen ist zu versuchen, mit den grössten Gläubigern Abzahlungsvereinbarungen auszuhandeln. Bei rechtlich kritischen Entscheiden ist dringend zu empfehlen, das geplante Vorgehen mit einem dafür kompetenten juristischen Berater abzusprechen. Die Warenbestände abbauen In einer Krisensituation müssen alle überhöhten, überalterten oder nicht mehr betriebsnotwendigen Warenbestände möglichst rasch verwertet werden. Diesbezügliche Verkaufsanstrengungen sind wenn erforderlich durch Sonderaktionen und massive Preisnachlässe zu beschleunigen. Vielfach können auch die sich in Arbeit befindenden Warenbestände reduziert, die Durchlaufzeiten verkürzt und die Fakturierung beschleunigt werden. Auf der andern Seite ist der Einkauf auf ein absolut unerlässliches Minimum zu beschränken, auch wenn damit höhere Stückkosten verbunden sind. Kurzfristig realisierbare Aktiven verkaufen Der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Aktiven ist in einer Krisensituation zu forcieren. Das gilt vor allem für Liegenschaften, Betriebsanlagen, Maschinen und Fahrzeuge, die zu wenig genutzt beziehungsweise nicht mehr unbedingt benötigt werden. Besteht ein grosser Zeitdruck, können Aktiven (insbesondere Immobilien) oftmals nur mit erheblichen Preisnachlässen verkauft werden. Für betrieblich unverzichtbare Objekte ist gegebenenfalls ein Leasing oder ein Mietverhältnis zu prüfen (Sale and Lease / Rent back). Vielfach wird eine Verwertung von Aktiven überhaupt erst durch das Auslagern bestimmter Tätigkeiten wie z.B. Produktion, Informatik, Transport möglich (Outsourcing). Zusätzliche Finanzquellen erschliessen Es ist nicht leicht, in einer Krisensituation neue finanzielle Mittel zu beschaffen. Trotzdem müssen Verwaltungsrat und Krisenmanagement alles versuchen, um zusätzliches Eigenkapital oder Darlehen zu erhalten. In erster Linie sind bestehende Kapitalgeber davon zu überzeugen, in ihrem eigenen Interesse das Unternehmen mit zusätzlichen Mitteln zu stützen und dessen Fortbestand zu ermöglichen. Manchmal müssen auch andere nahe stehende Kreise (Familie, Bekannte, Management) sowie Geschäftspartner (Lieferanten, Kunden) angesprochen werden. An Krisensituationen interessierte Geldgeber sind vielfach in der Lage, neben dem dringend benötigten Geld (Venture Capital) auch Erfahrungen und Beziehungen für einen Turnaround einzubringen. Wie im Kapitel «Zusammenarbeit mit den Banken» erklärt wird, sind Kreditinstitute nur unter bestimmten Voraussetzungen bereit, zusätzliche Finanzen zur Verfügung zu stellen. Die Bilanz sanieren Ein Unternehmen kann auf Dauer nur mit einer gesunden Bilanzstruktur erfolgreich sein. Um eine Krisensituation zu überwinden und wieder stabile finanzielle Verhältnisse zu schaffen, ist nebst der operativen Restrukturierung oftmals auch eine finanzielle Sanierung notwendig. Dazu ist ein vollständiges und realistisches Sanierungskonzept zu erstellen. Dieses muss aufzeigen, wie das Unternehmen künftig ausgerichtet und die Bilanz risikokonform strukturiert sein soll. Ziel der finanziellen Sanierung ist es, wieder eine den vorhandenen Chancen und Risiken angemessene Finanzierungsstruktur herzustellen. Um eine allfällige Unterbilanz oder Überschuldung zu beseitigen, ist dem Unternehmen ausreichend neues Eigenkapital 28 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden zuzuführen. Mit mehr Eigenkapital wird auch die Fremdkapitalbeschaffung erleichtert. Dadurch können Schulden abgebaut, die Fälligkeiten besser gesteuert, die Fristenkongruenz wiederhergestellt und die Liquidität gesichert werden. Ein Sanierungskonzept vorlegen In einer Krisensituation kann die Bilanz vielfach nicht mehr mit eigenen Ressourcen saniert werden. Ein Sanierungskonzept sollte auf der zukünftigen Unternehmensstrategie und einem operativen Restrukturierungskonzept basieren. Da in der Regel verschiedenen Interessengruppen Sanierungsbeiträge und Opfer abverlangt werden, muss ihnen die Notwendigkeit dafür im Detail aufgezeigt und begründet werden. Dazu ist eine umfassende Unternehmensanalyse erforderlich. Die für notwendige Investitionen und andere zukünftige Bedürfnisse benötigten finanziellen Mittel sind sorgfältig zu ermitteln. Die erwarteten Ergebnisse sind in Form von Planerfolgsrechnungen und Planbilanzen (Bilanzstruktur) festzuhalten. Auf dieser Basis muss aufgezeigt werden, wie der Finanzierungsbedarf durch die verschiedenen Interessengruppen gedeckt werden soll (Finanzbedarfsrechnungen). Drittgläubiger lassen sich in der Regel nur dann in eine Sanierung einbinden, wenn das Unternehmen und die Aktionäre sämtliche eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Die Reihenfolge bzw. Zusammensetzung der zur Sanierung beizuziehenden Personen und Firmen hat sich nach deren Interesse an einem Weiterbestand des Unternehmens zu richten. Dabei sind selbstverständlich auch deren rechtliche Stellung und finanzielle Möglichkeiten zu berücksichtigen. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass innerhalb einer bestimmten Interessengruppe eine Opfersymmetrie erzielt wird. Schulden durch Desinvestitionen abbauen Unternehmenskrisen finden ihren Niederschlag in der Regel in einem wachsenden Missverhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital. Dadurch wird die Fremdkapitalbeschaffung zunehmend schwieriger. In dieser Situation kann sich das Unternehmen vielfach nur durch die Verflüssigung von Aktiven selber finanzieren. Gegebenenfalls müssen auch der Verkauf von Tochtergesellschaften oder die Abtrennung bestimmter Wirkungen von Bilanzsanierungsmassnahmen Massnahme Beitrag zur Beseitigung der Unterbilanz Beitrag zur Beseitigung der Überschuldung Beitrag zur Liquidität Auswirkungen auf Erfolgsrechnung Auflösung stiller Reserven positiv positiv – positiv Desinvestitionen vornehmen nur wenn Verkaufserlös über Buchwert nur wenn Verkaufserlös über Buchwert positiv positiv, wenn Verkaufserlös über Buchwert Veräusserungen von Aktiven an Gläubiger gegen Verrechnung nur wenn Verkaufserlös über Buchwert nur wenn Verkaufserlös über Buchwert positiv positiv, wenn Verkaufserlös über Buchwert Kapitalerhöhung positiv positiv positiv bei Barliberierung – Kapitalherabsetzung positiv – – – Neue Darlehen nur mit Rangrücktritt nur mit Rangrücktritt positiv kann Kosten erhöhen Rangrücktritt auf Forderungen – positiv, kann Deponierungspflicht verhindern – – Forderungsverzicht positiv positiv positiv positiv Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital positiv positiv positiv positiv Verkauf von Unternehmensteilen nur wenn Verkaufserlös über Buchwert nur wenn Verkaufserlös über Buchwert positiv positiv, wenn Verkaufserlös über Buchwert Quelle: UBS outlook UBS outlook Unternehmenskrise 29 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Geschäftsbereiche in Betracht gezogen werden. Die Erlöse daraus dürfen nicht nur der Liquiditätsbeschaffung und der Verlustfinanzierung dienen, sondern müssen auch zu einem Abbau der Fremdverschuldung führen. Ein bilanzwirksamer Ertrag ergibt sich jedoch nur dann, wenn der Verkaufserlös über dem Buchwert liegt. Andernfalls kann auch ein Bilanzverlust entstehen. Wenn möglich Aktiven an Gläubiger abtreten Die Übertragung von Aktiven an einen Gläubiger (Debt/Asset-Swap) bezweckt die Tilgung seiner Forderungen. Der Vorteil für das Unternehmen besteht darin, dass einerseits Fremdkapital abgebaut wird und andererseits nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte abgetreten werden können. Das Risiko der Abtretung von Aktiven in einer Krisensituation besteht darin, dass solche Transaktionen von anderen Gläubigern in einem späteren Nachlass- oder Konkursverfahren nachträglich wegen Gläubigerbevorzugung angefochten werden können. Deshalb werden solche Transaktionen relativ selten realisiert. Kapitaltransaktionen durchführen Zu den finanziellen Sanierungsmassnahmen gehören in erster Linie die Kapitalerhöhung, die Kapitalherabsetzung oder eine Kombination der beiden Massnahmen. Mit einer reinen Kapitalherabsetzung kann eine Unterbilanz beseitigt, jedoch weder eine Überschuldung behoben noch neue Liquidität beschafft und dadurch die Zahlungsunfähigkeit verhindert werden. Eine Kapitalerhöhung sollte nicht nur die Überschuldung kompensieren, sondern für die geplante Geschäftstätigkeit genügend neue Eigenmittel generieren. Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung werden häufig Zug um Zug umgesetzt. Für solche Transaktionen ist es unerlässlich, erfahrene Finanzexperten beizuziehen. Aktionäre und andere Geldgeber können der Gesellschaft auch unverzinsliche oder verzinsliche Darlehen gewähren. Solche Sanierungsbeiträge erhöhen zwar die Liquidität, beseitigen jedoch eine bestehende Unterbilanz oder eine Überschuldung nur dann, wenn sie mit einem Rangrücktritt versehen sind. Mit Gläubigern über einen Rangrücktritt verhandeln Bei einem Rangrücktritt erklären sich Gläubiger bereit, auf die Bezahlung ihrer Forderungen zu verzichten, bis alle anderen Gläubiger vollständig befriedigt sind. Das subordinierte (rangrückgestellte) Fremdkapital wird bei der Berechnung der Schuldendeckung durch die Aktiven nicht mehr mitgerechnet. Dieses Instrument kann dazu beitragen, dass eine Konkursanmeldung wegen Überschuldung bis zur Genehmigung der eigentlichen Bilanzsanierung oder der Beseitigung der Überschuldung aus eigener Kraft vermieden werden kann. Es hat jedoch keinen Liquiditätseffekt. Rangrücktritte können sowohl auf bestehenden wie auch auf neuen, zur Bilanzsanierung geleisteten Darlehen gewährt werden. Gläubiger werden ein solches Entgegenkommen stets unter dem Aspekt einer Verschlechterung ihrer Gläubigerstellung, der Erfolgsaussichten des Restrukturierungskonzeptes und der möglichen Alternativen (Konkurs) prüfen. Sind dafür die Voraussetzungen gegeben, können auch Banken zu einem Rangrücktritt Hand bieten. Mit Gläubigern über einen Forderungsverzicht verhandeln Ein Forderungsverzicht bedeutet, dass ein Gläubiger ganz oder teilweise auf seine Forderungen gegenüber einem Unternehmen verzichtet. Dabei ist zu beachten, dass für alle Gläubiger der gleiche Prozentsatz des Verzichts zur Anwendung gelangt (Opfersymmetrie). Sofern es sich um verzinsliche Schulden handelt, reduziert ein Forderungsverzicht die Verschuldung und entlastet die Erfolgsrechnung. Im Unterschied zum Rangrücktritt muss die Gesellschaft die betreffende Forderung nicht mehr in der Bilanz führen, womit sich ein besseres Bilanzbild ergibt. Die Summe der für eine Bilanzsanierung erforderlichen Forderungsverzichte richtet sich nach der vorhandenen Überschuldung. Aktionäre können durch den Verzicht auf Aktionärsdarlehen oftmals einen wichtigen Sanierungsbeitrag leisten. Andere Gläubiger sind am ehesten zu einem Forderungsverzicht bereit, wenn die verbleibende Restforderung beglichen wird und sich dadurch ihre eigene finanzielle Situation (Liquidität) sofort verbessert. Die Bereitschaft für einen Forderungsverzicht wird auch mit einem Besserungs- 30 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden schein oder mit Optionen für den späteren Erwerb von Aktien erhöht. Damit erhalten die betroffenen Gläubiger die Möglichkeit, später von einer positiven Entwicklung des Unternehmens nach der Sanierung zu profitieren. Eventuell Forderungen in Eigenkapital umwandeln Mit einem Debt/Equity-Swap wird das Eigenkapital des Unternehmens gestärkt. Dabei wird Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt, indem neue Aktien durch Verrechnung mit bestehenden Forderungen ausgegeben werden. Ehemalige Schuldner können dadurch als neue Aktionäre am zukünftigen Erfolg des Unternehmens teilhaben. Für bisherige Aktionäre führt diese Umwandlung jedoch zu einer Verwässerung ihrer Eigentümerposition und vermindert ihren Einfluss. Dieses Sanierungsinstrument wird bei bestehender Überschuldung oft in Kombination mit einem Forderungsverzicht angewendet. Sind die Eigenmittel bereits aufgebraucht, werden die Fremdkapitalgeber ihre Zustimmung zur Umwandlung ihrer Forderungen in Eigenkapital von einer vorgängigen Kapitalherabsetzung abhängig machen. Mit den Banken zusammenarbeiten Banken spielen in kritischen Situationen fast immer eine äusserst wichtige Rolle. Als Kreditgeber beeinflussen sie nicht nur die Liquidität, sondern sie können durch ihr Verhalten und ihre Dienstleistungen mithelfen, eine Unternehmenskrise zu überwinden. Um mit den Banken zielführend und konstruktiv zusammenzuarbeiten, braucht es ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Dies erfordert vom Unternehmen eine möglichst frühzeitige, umfassende und korrekte Darstellung der vorliegenden Situation sowie der Ursachen, die zu den vorhandenen Problemen führten. Vollständige Unterlagen und eine transparente Kommunikation erleichtern den Dialog mit den Banken sehr. Strikte zu beachten ist, dass alle involvierten Kreditinstitute möglichst gleichzeitig und mit den identischen Informationen versorgt werden. Unternehmen sollten nicht zuwarten, bis Banken eine sich zuspitzende Krisensituation aufgrund von Indizien vermuten oder sogar bereits ein akuter Liquiditätsengpass eingetreten ist. Proaktive Information schafft das unerlässliche Vertrauen, um mit Banken über zusätzlich benötigte Kredite sprechen zu können. Sie kann zudem verhindern, dass Banken aus Sorge um ihr Engagement und wegen fehlender Beurteilungsgrundlagen von sich aus einschneidende Massnahmen treffen. Kreditkürzungen oder -kündigungen könnten in einer solchen Situation die Überwindung der anstehenden Probleme erschweren oder sogar verunmöglichen. Banken sollten auch möglichst früh in die Ausarbeitung von Restrukturierungs- und Sanierungskonzepten einbezogen werden. Die Geschäftsleitung muss dabei aufzeigen, wie sie die vorhandenen Probleme lösen will. Die Banken müssen überzeugt werden, dass die vorhandenen Schwierigkeiten mit den vorgesehenen Massnahmen rasch und wirksam überwunden werden können. Das Verhalten der Banken in Krisensituationen verstehen Beurteilen Banken die geordnete Verzinsung und Rückzahlung ihrer Kredite als gefährdet, müssen sie Massnahmen zu deren Sicherung einleiten. Bei UBS geht dann die Betreuungsverantwortung in der Regel an das Recovery Management über. Dieses Spezialistenteam wird in Krisensituationen zu einem wichtigen Gesprächspartner für die Unternehmensverantwortlichen. Mit ihm kann nicht nur die Überwindung von Liquiditätsengpässen besprochen werden. Dieses Beraterteam steht auch für die Diskussion von Restrukturierungskonzepten und Massnahmenplänen zur Verfügung. Banken übernehmen jedoch grundsätzlich auch in dieser Situation keine strategische oder operative Verantwortung. Diese bleibt ausschliesslich bei den dafür zuständigen Firmenorganen. Zur Unterstützung des Turnarounds steht ein vielseitiges Instrumentarium von Bankprodukten (Kreditinstrumente, Factoring, Leasing) und Dienstleistungen (Verkauf von Unternehmen, Finanzierungsberatung) zur Verfügung, welches situations- und bedarfsgerecht eingesetzt wird. UBS kann auch Kontakte zu externen Beratern, TurnaroundManagern und bankfremden Investoren vermitteln. UBS outlook Unternehmenskrise 31 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Mit einem Stillhalteabkommen Zeit für Restrukturierungsmassnahmen gewinnen Ein Stillhalteabkommen liegt im Interesse des Unternehmens und der Banken. Dem Unternehmen dient es primär zur Aufrechterhaltung der Liquidität. Gleichzeitig erhält das Management dadurch die erforderliche Zeit, um die geplanten Restrukturierungsmassnahmen umzusetzen. Mit einem Stillhalteabkommen verpflichten sich die Banken, ihre Kredite während einer bestimmten Dauer und bei Einhaltung von genau definierten Bedingungen nicht zu kündigen. Das stellt für sie sicher, dass kein Kreditinstitut bevorzugt behandelt wird. Üblicherweise übernimmt bei einem Stillhalteabkommen die Bank mit dem grössten Kreditengagement die Koordination zwischen dem Unternehmen und den Banken. Dadurch werden auch die erhöhten Informationsbedürfnisse kanalisiert. Bei grösseren und komplexeren Fällen kann diese Aufgabe auch einem unabhängigen Spezialisten (Berater, Jurist) anvertraut werden. Instrumente von UBS zur Krisenbewältigung Weiterführung der Kredite (evtl. mit Stillhalteabkommen) Voraussetzungen: • Überzeugendes Konzept? • Glaubwürdiges Management • Bereitschaft zur Kooperation Neue Kredite (z.B. in Form von Krediterhöhungen, Garantien, Massakredit) Voraussetzungen: • Vorliegen Liquiditätsplan • Nachgewiesener Bedarf • Sicherheiten • Rückzahlbarkeit Rangrücktritt auf bestehenden Krediten Voraussetzungen: • Konsens über weiteres Vorgehen • Kein Kapitaleinschuss durch Aktionäre möglich • Beseitigung Überschuldungssituation • Ungesicherte Forderungen Umwandlung von Krediten in Eigenkapital (Debt/Equity-Swap) Voraussetzungen: • Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit gegeben • Opfersymmetrie • Späterer Ausstieg der Bank (Exit) möglich • Bank nur als Minderheitsaktionär Forderungsverzicht Voraussetzungen: • Sanierungswürdigkeit und -fähigkeit gegeben • Opfersymmetrie • Besserungsschein Kombination dieser Instrumente Quelle: UBS outlook 32 UBS outlook Unternehmenskrise Mit Überbrückungskrediten Zahlungsbereitschaft aufrechterhalten Kurzfristige Überbrückungskredite schaffen die zur Aufrechterhaltung der Zahlungsbereitschaft benötigte Liquidität. Bei mehreren involvierten Banken geschieht dies meist in der Form eines Konsortialkredits. Wegen der Dringlichkeit müssen Überbrückungskredite oft gesprochen werden, bevor die abschliessende Beurteilung der Probleme möglich ist und definitive Lösungskonzepte vorliegen. Überbrückungskredite sind in der Regel an Bedingungen geknüpft, wie beispielsweise die Besicherung durch Debitorenabtretung oder Grundpfand. Zur Realisierung von Restrukturierungskonzepten bzw. des Turnarounds können später auch mittelfristige Kredite gewährt werden. Einen Rangrücktritt oder Forderungsverzicht aushandeln Einen Rangrücktritt oder Forderungsverzicht knüpfen die Banken an klare Bedingungen. In der Regel verlangen sie eine Opfersymmetrie zwischen allen beteiligten Banken, anderen Gläubigern sowie den Aktionären. Die Bereitschaft zu Sanierungsleistungen hängt weitgehend ab vom Wert der vorhandenen Sicherheiten sowie der Beurteilung der Erfolgschancen zur Wiedererlangung einer genügenden Ertragskraft und einer angemessenen Kapitalstruktur. Manchmal knüpfen die Banken ihre Bereitschaft zu Sanierungsleistungen auch an die Bedingung, dass das Unternehmen in neue Hände übergeht und eine Rekapitalisierung durch neue Investoren erfolgt. Wenn eine Bank nicht (mehr) an eine erfolgreiche und nachhaltige Krisenbewältigung glaubt, wird sie einen von ihr verlangten Forderungsverzicht nur dann leisten, wenn sie sich danach vollständig zurückziehen kann. Die nach dem geleisteten Sanierungsbeitrag noch ausstehende Forderung muss ihr sofort durch andere Finanzgeber zurückbezahlt werden. Die Umwandlung von Krediten in Eigenkapital prüfen Dem Wunsch eines Unternehmens, Kredite in Eigenkapital (Debt/Equity-Swap) umzuwandeln, wird von den Banken in aller Regel mit grösster Zurückhaltung begegnet. Der Hauptgrund dafür besteht darin, dass Banken grundsätzlich nicht Miteigentümer ihrer Kunden werden wollen. Die Abtretung von Aktiven prüfen Noch kritischer als der Umwandlung von Krediten in Eigenkapital stehen die Banken der Übertragung von Aktiven zur Schuldentilgung (Debt/Asset-Swap) gegenüber. Das liegt vor allem daran, dass eine objektive marktkonforme Preisbestimmung der zu übernehmenden Aktiven schwierig ist und sich andere Gläubiger benachteiligt fühlen könnten (Risiko der Gläubigerbegünstigung). Anders ist die Situation, wenn bestimmte Aktiven bereits als Sicherheiten für gewährte Kredite an eine Bank verpfändet sind. In diesem Fall wird sie die Aktiven übernehmen, sofern kein Dritter bereit ist, dafür einen für sie akzeptablen Preis zu bezahlen. Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Ein Nachlassstundungsverfahren beantragen Mit einer Nachlassstundung soll die Fortführung des Unternehmens während der Stundungsfrist oder im schlimmsten Fall eine Schaden minimierende, geordnete Liquidation (Liquidationsvergleich) ermöglicht werden. Ein Nachlassverfahren wird in der Regel beantragt, wenn ein Unternehmen eine Überschuldung aufweist oder die kurzfristig benötigten Mittel für eine geordnete Geschäftstätigkeit fehlen. Um einen Konkurs zu vermeiden und die Überlebenschancen möglichst hoch zu halten, ist ein Nachlassgesuch rechtzeitig einzureichen. Die damit verknüpften gesetzlichen Bestimmungen sind dabei minuziös zu erfüllen. Die Stundung wird vom Nachlassrichter in der Regel für eine Frist von sechs Monaten gewährt und kann, wenn dafür die Voraussetzungen gegeben sind, bis zu maximal zwei Jahren verlängert werden. Sie soll dem Unternehmen Zeit geben, mit seinen Gläubigern einen Nachlassvertrag auszuhandeln. Es kann ausser von Arbeitnehmern und Grundpfandgläubigern in dieser Zeit nicht betrieben werden. Ebenfalls ist eine Konkurseröffnung nicht möglich. Mit der Stundung erhält das Unternehmen die Chance für eine strategische und operative Neuausrichtung, eine Bilanzsanierung oder die Gründung einer Auffanggesellschaft. Dennoch ist ein späterer Konkurs noch nicht ausgeschlossen. Dieser kann oft darum nicht vermieden werden, weil Kunden das Vertrauen verlieren und ihre Geschäfte mit finanziell gesunden Partnern abwickeln. Die notwendige Unterstützung suchen Ein Nachlassverfahren ist meist komplex und für die Betroffenen rechtlich anspruchsvoll. Die Verantwortlichen eines Unternehmens haben diesbezüglich in aller Regel wenig Erfahrung. Sobald sich die Frage eines Nachlasses stellt, sollten sie daher umgehend mit einem Rechtsanwalt oder Treuhänder Verbindung aufnehmen, welcher mit allen rechtlichen, finanziellen und operativen Aspekten eines Nachlassverfahrens vertraut ist. Mit ihm sind das Vorgehen sowie alle notwendigen Massnahmen eingehend zu diskutieren und abzusprechen. Dabei geht es vor allem darum, für das Unternehmen und die Verantwortlichen unter Umständen schwerwiegende Fehler zu vermeiden. Eine Nachlassstundung zum richtigen Zeitpunkt kommunizieren Eine Stundung sollte grundsätzlich erst dann kommuniziert bzw. bekannt werden, wenn der Richter das Verfahren definitiv oder provisorisch genehmigt hat. Das vorzeitige Bekanntwerden eines angestrebten Nachlasses kann negative Folgen haben, wie beispielsweise, dass Lieferanten nur noch gegen Vorauszahlung liefern. Im schlimmsten Fall kann es sogar dazu führen, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung der Stundung nicht mehr vorhanden sind. Deshalb ist es ausserordentlich wichtig, dass die Vorbereitung des Nachlassgesuches sehr vertraulich, in einem möglichst kleinen Kreis und rasch erfolgt. Die amtliche Publikation der Stundungsverhandlung liegt im Ermessen des Richters. Vor allem bei kleinen Firmen und in dringenden Fällen wird meistens darauf verzichtet. Amtlich publiziert werden müssen hingegen die Gewährung der Nachlassstundung, die Einladung zur Gläubigerversammlung sowie der Termin der Bestätigungsverhandlung. Im Vorfeld eines Nachlassverfahrens vorsichtig handeln Im Vorfeld eines Nachlassverfahrens oder eines möglichen Konkurses sind Vermögenstransaktionen, wie beispielsweise der Verkauf oder die Schenkung von Aktiven (z.B. Immobilien, Fahrzeuge), äusserst heikel. Sie können bei einem Nachlass mit Vermögensabtretung zu einem späteren Zeitpunkt angefochten werden, wenn ein Verdacht auf Gläubigerbegünstigung besteht (paulianische Anfechtung). Das Gleiche ist der Fall, wenn Gläubiger noch kurz vor der Stundung versuchen, nicht fällige Forderungen einzutreiben. Unbedachtes Vorgehen kann in dieser Situation auch strafrechtlich problematisch sein. Für jede Konzerngesellschaft einen separaten Nachlass beantragen In der Schweiz ist kein Konzernnachlassrecht vorhanden, sodass für jede einzelne Tochterfirma das Nachlassverfahren separat durchgeführt werden muss. Aufgrund von strategi- UBS outlook Unternehmenskrise 33 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden schen, operativen oder opportunistischen Entscheiden einer Konzernleitung können durch (Geld-)Transaktionen einzelne Konzerngesellschaften gegenüber anderen besser oder schlechter gestellt werden. Dies kann bei einem Nachlassverfahren zu Ungerechtigkeiten zwischen den Gläubigern der einzelnen Firmen führen, da die Situation jeder Firma separat beurteilt wird. Das Nachlassgesuch einreichen Ein Nachlassgesuch wird üblicherweise im Auftrag und in enger Zusammenarbeit mit der Gesellschaft durch einen Rechtsanwalt oder Treuhänder beim dafür zuständigen Gericht eingereicht. Für den Nachlassrichter sollte das Gesuch möglichst transparent und verständlich abgefasst sein. Es muss die Vermögens-, Ertrags- und Einkommenslage (Mittelfluss bzw. Cashflow) des Unternehmens, die Finanzierung der Nachlassstundung und die Aussichten auf das Zustandekommen eines Nachlassvertrags mit den Gläubigern nachvollziehbar und glaubhaft darstellen. Dem Nachlassgesuch sind alle gesetzlich vorgeschriebenen Unterlagen beizulegen (Art. 293 SchKG ), insbesondere die aktuell nachgeführten Bilanzen und Erfolgsrechnungen, ein Verzeichnis der Geschäftsbücher sowie der Entwurf eines möglichen Nachlassvertrags. Ablauf eines Nachlassstundungsverfahrens Antrag auf Nachlassstundung durch Firma bzw. deren Vertreter einzureichen Entscheid Nachlassrichter betr. Bewilligung Nachlassstundung Einsetzung Sachwalter vertritt die Gläubigerinteressen und überwacht Unternehmensführung Betriebsweiterführung unter Aufsicht des Sachwalters Vermögensstatus Forderungseingabeverzeichnis Kollokationsplan durch Sachwalter zu erstellen Ausarbeitung Nachlassvertrag zu Handen der Gläubigerversammlung Gläubigerversammlung vom Sachwalter einzuberufen und zu publizieren Zustimmungsverfahren Zustimmung erfordert gesetzlich festgelegte Quoren Sachwalterbericht an Nachlassrichter Entscheid Nachlassrichter Bestätigung Nachlassvertrag durch den Nachlassrichter Nachlassvertrag mit Dividendenvergleich Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung Auszahlung Dividende Nachlassliquidationsverfahren Quelle: UBS outlook nach Transliq AG 34 UBS outlook Unternehmenskrise Nichtbestätigung Nachlassvertrag durch den Nachlassrichter Konkurs (auf Antrag eines Gläubigers oder des Schuldners) Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Der Nachlassrichter entscheidet Der Nachlassrichter prüft, ob die Bedingungen für eine Nachlassstundung erfüllt sind. Primäre Voraussetzung für die Gewährung ist, dass für die Gläubiger ein besseres Ergebnis als im Konkursfall erreicht werden kann. Verfügt der Nachlassrichter noch über ungenügende Unterlagen, kann er eine provisorische Stundung für maximal zwei Monate gewähren. Während dieser Zeit prüft der provisorisch eingesetzte Sachwalter die Vermögens-, Ertrags- und Einkommenslage des Unternehmens und beurteilt die Chancen auf das Zustandekommen eines Nachlassvertrages. Sind die Voraussetzungen gegeben, verfügt der Richter eine Nachlassstundung und bestimmt den Sachwalter. Mit der definitiven oder provisorischen Genehmigung setzt der Schuldnerschutz ein. Für die Wahl des Sachwalters hat das in der Krise steckende Unternehmen ein Vorschlagsrecht. Dies ist wichtig, weil ein Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmensverantwortlichen und Sachwalter für den Erfolg einer Nachlassstundung entscheidend sein kann. Der Richter prüft die Kompetenzen, fachlichen Voraussetzungen und die Unabhängigkeit der vorgeschlagenen Person und folgt bei positivem Befund in der Regel dem Antrag des Unternehmens. Der Sachwalter leitet das Nachlassverfahren Mit seiner Einsetzung durch den Nachlassrichter wird der Sachwalter zum Leiter des Nachlassverfahrens. Er erhält damit unter anderem das Mandat, die Geschäftsführung bis zum Abschluss des Nachlassverfahrens zu überwachen. In Ausnahmefällen, beispielsweise wenn das Vertrauen in das bestehende Management verloren gegangen ist, kann der Sachwalter auf Antrag an den Richter selbst die Geschäftsleitung übernehmen. Der Sachwalter hat die Interessen des Schuldners und diejenigen der Gläubiger gleichermassen zu wahren und muss deshalb in allen seinen Entscheiden neutral und unabhängig sein. Als eine der ersten Tätigkeiten lässt der Sachwalter eine Übersicht über das im Unternehmen vorhandene Vermögen erstellen (Vermögensstatus). Parallel dazu werden die Gläubiger aufgefordert, die Art und Höhe ihrer Forderungen anzumelden. Diese Informationen fliessen in den Entwurf des Nachlassvertrags ein, den der Sachwalter in Zusammenarbeit mit den Unternehmensverantwortlichen erstellt. Der Sachwalter ist für die Vorbereitung, Publikation und Durchführung der Gläubigerversammlung zuständig. An dieser wird die Ausgestaltung des Nachlassvertrages diskutiert und allenfalls angepasst. Nach der Gläubigerversammlung informiert der Sachwalter den Nachlassrichter über deren Verlauf. Der Sachwalter überwacht die Weiterführung des Betriebs Für die Dauer eines Nachlassverfahrens bestimmt der Sachwalter die für die Weiterführung des Geschäftes gültigen Regeln. Seine Weisungen schränken in aller Regel die Handlungsfreiheiten der Unternehmensverantwortlichen beträchtlich ein, vor allem was die Bezahlung von Forderungen betrifft. Deshalb ist es wichtig, dass die Betroffenen alle gemachten Auflagen genauestens kennen, verstehen und strikte einhalten. Per Datum der Nachlassstundung müssen ein detailliertes Inventar und ein Status sämtlicher Aktiv- und Passivpositionen erstellt werden. Das Unternehmen ist gleichzeitig verpflichtet, seine Geschäftsbücher und Buchhaltung (auch einzelne Konten) offen zu legen. Das Ausführen von Zahlungen benötigt grundsätzlich die Zustimmung des Sachwalters. Sofern er es erlaubt, kann das Unternehmen während der Nachlassstundung neue Verbindlichkeiten eingehen. Es ist auch möglich, vorhandene Schulden abzubauen, wenn dadurch nicht einseitig Parteien bevorzugt werden. Während der ganzen Dauer des Nachlassverfahrens muss dem Sachwalter regelmässig über den Geschäftsgang sowie über wichtige, ausserordentliche Vorkommnisse und Massnahmen Bericht erstattet werden. Ein Sachwalter wird seinerseits die Bemühungen der Geschäftsleitung zur Restrukturierung und Sanierung des Unternehmens aktiv unterstützen. Dies gilt insbesondere auch im Zusammenhang mit der Bilanzsanierung sowie bei der Suche nach neuen Investoren. Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer kennen Grundsätzlich bleibt ein Arbeitsvertrag auch während der Nachlassstundung bestehen. Wird ein Mitarbeiter entlassen, so hat er im Sinne der Schadenminderungspflicht wäh- UBS outlook Unternehmenskrise 35 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden rend der Zeit der Freistellung oder der Kündigungsfrist eine neue Arbeit zu suchen. Er hat diese Aktivitäten zu belegen und muss eine Neueinstellung bei einer anderen Firma dem Sachwalter melden. Im Falle einer Freistellung muss er sich noch vorhandene Ferienguthaben anrechnen lassen. Das Anmelden bei der zuständigen Arbeitslosenkasse hat durch ihn zu erfolgen. Um seine Lohnforderungen geltend zu machen, muss der Arbeitnehmer diese mit Hilfe bereitgestellter Formulare beim Sachwalter einreichen. Offene Lohnforderungen, die nicht älter als sechs Monate sind, werden als privilegierte Forderungen (1. Klasse) anerkannt. Wie alle anderen Gläubiger erhält ein entlassener Mitarbeiter die Einladung zur Gläubigerversammlung. An dieser kann er allerdings nur Stellung zum Nachlassvertrag beziehen, wenn er auch nichtprivilegierte Forderungen (wie ausstehende Lohnzahlungen älter als sechs Monate) angemeldet hat. Die Auswirkungen auf Lieferanten kennen Lieferanten werden sich beim Bekanntwerden eines Nachlasses vor allem zwei Fragen stellen: Einerseits interessiert es sie, ob, wann und in welchem Umfang ihre ausstehenden Forderungen beglichen werden können. Andererseits wollen sie wissen, ob und zu welchen Bedingungen sie weiterhin liefern können. Wenn sie Bestellungen ausführen wollen, können sie sich die daraus neu entstehenden Forderungen durch den Sachwalter im Voraus schriftlich bestätigen lassen. Dadurch werden diese zu Massaforderungen, welche auch während der Nachlassstundung beglichen werden können. Mit Beginn der Stundung erlischt die Möglichkeit, dass ein Lieferant seine bestehenden Forderungen mit neuen Gegenforderungen an den Schuldner verrechnen kann. Lieferanten können ihre bestehenden Forderungen mit den im einzelnen Verfahren festgelegten Formularen und Unterlagen innerhalb einer publizierten Eingabefrist dem Sachwalter melden. Dadurch erhalten sie auch das Stimmrecht zum Nachlassvertrag. Die Kunden auch während der Nachlassstundung pflegen Um intakte Zukunftsaussichten aufrechtzuerhalten, ist ein Unternehmen im Nachlass ganz besonders stark auf treue Kunden angewiesen. Auch wenn der Betrieb weitgehend normal fortgeführt werden kann, sind die Kundenbeziehungen stark gefährdet. Die Konkurrenz wird versuchen, die Krisensituation auszunützen und Kunden abzuwerben. Deshalb ist es umso wichtiger, in einer solch kritischen Phase die Kontakte mit den Schlüsselkunden zu intensivieren. Durch laufende offene Information kann am besten Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens gebildet werden. Die Rolle der Bank im Nachlassverfahren kennen Ein Nachlassverfahren liegt vielfach im gemeinsamen Interesse der Banken und des Schuldners. Wenn sie die Chancen als intakt betrachten, dass sich die Firma mit einem Nachlassverfahren retten lässt oder sich ihr Verlustrisiko damit reduziert, werden Banken in der Regel das Unternehmen mit einem Massakredit unterstützen. Dieses Vorgehen wird ihnen insbesondere erleichtert, wenn genügend angefangene Arbeiten und Aufträge vorhanden sind oder gute Aussichten für die Einbringung von neuem Eigenkapital durch Investoren bestehen. Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) als Grundlage für die Nachlassstundung Vorschriften Artikel SchKG • Bewilligungsverfahren 293-301 • Zustimmungsverfahren 301, 302, 305 • Bestätigungsverfahren 306-312 • Ordentlicher Nachlassvertrag 314-316 • Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung 317-331 • Nachlassvertrag im Konkurs 332 Quelle: UBS outlook nach SchKG 36 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Den Nachlassvertrag für die Gläubiger akzeptierbar machen Der Entwurf für einen Nachlassvertrag wird gemeinsam vom Sachwalter und von den Verantwortlichen des Unternehmens erarbeitet. Generell ist wichtig, dass er keine nichterfüllbaren Versprechungen enthält. Eine versprochene Nachlassdividende muss gesichert sein (z.B. auf einem Sperrkonto). Sachwalter und Unternehmensführung müssen klar aufzeigen können, dass das mit dem Nachlassvertrag gemachte Angebot für die Gläubiger besser ist als die vorhandenen Alternativen, insbesondere ein Konkurs. Bei einem Nachlassvertrag mit Dividendenvergleich kann auch auf die Vorteile einer Weiterführung der Geschäftstätigkeit hingewiesen werden, ohne jedoch irgendwelche konkreten Zusagen zu machen. Überzeugende Argumente sichern am besten die Akzeptanz des Nachlassvertrages durch die Gläubigerversammlung. Die Gläubigerversammlung bestmöglich vorbereiten Die Gläubigerversammlung ist eine Orientierungsveranstaltung, an welcher der Sachwalter über den Gang der Nachlassstundung, den Status von Aktiven und Passiven sowie über den Entwurf des Nachlassvertrags informiert. Die Gläubiger erhalten die Möglichkeit, Einwendungen und Änderungsvorschläge zum Nachlassvertrag vorzubringen. Eine umfassende Vorbereitung durch Sachwalter und Unternehmen dient der effizienten und erfolgreichen Durchführung der Gläubigerversammlung. Unerlässlich ist das vollständige Zusammentragen aller relevanten Unterlagen sowie das Vorbereiten umfassender Informationen zu möglichen kritischen Fragen. Das Zustimmungsverfahren abwarten Die Gläubiger entscheiden erst im Anschluss an die Gläubigerversammlung im Rahmen eines gesetzlich festgelegten Zustimmungsverfahrens schriftlich über die Annahme oder Ablehnung des definitiv formulierten Nachlassvertrags. Zustimmungserklärungen sind gültig, falls sie bis spätestens an der Bestätigungsverhandlung abgegeben werden. Somit besteht die Möglichkeit, negativ eingestellte oder zögernde Gläubiger auch im Anschluss an die Gläubigerversammlung noch umzustimmen. Der Sachwalterbericht beeinflusst den Entscheid des Nachlassrichters Mit dem Sachwalterbericht orientiert der Sachwalter den Nachlassrichter über den Verlauf der Nachlassstundung, den Status von Aktiven und Passiven, den geplanten Nachlassvertrag und die von den Gläubigern dazu erhaltene Zustimmung (erreichte Quoren). Er dient als Grundlage für die Bestätigung oder Ablehnung des Nachlassvertrags durch den Nachlassrichter. Der Nachlassrichter muss den Nachlassvertrag bestätigen Der Nachlassvertrag wird erst durch die Bestätigung des Nachlassrichters rechtsgültig. Zwingende Voraussetzungen für eine Bestätigung sind der Nachweis der Deckung aller Massaschulden und der privilegierten Forderungen (u.a. Löhne und während der Nachlassfrist entstandene Lieferantenforderungen). Unerlässlich ist auch die Zustimmung der Gläubiger mit dem gesetzlich festgelegten Quorum. Dieses kann auf zwei Arten erreicht werden: Zustimmung der Mehrheit der Gläubiger, die gleichzeitig zwei Drittel der Forderungssumme vertreten, oder Zustimmung eines Viertels der Gläubiger, die mindestens drei Viertel der Forderungssumme vertreten. Der Entscheid des Nachlassrichters muss in jedem Fall amtlich publiziert werden. Wird der Nachlassvertrag durch den Richter nicht bestätigt, kann jeder Gläubiger innerhalb von 20 Tagen nach der Publikation die sofortige Konkurseröffnung verlangen. Den Nachlassvertrag erfüllen Bei einem Nachlassvertrag mit Dividendenvergleich (ordentlicher Nachlassvertrag) verzichten die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen und erhalten dafür lediglich die versprochene Nachlassdividende. Verlustscheine werden keine ausgestellt. Nach Beendigung der Nachlassstundung kann das Unternehmen seine Geschäfte ohne weitere Beaufsichtigung wieder normal weiterführen. Bei einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (entspricht dem Nachlassvertrag mit Liquidationsvergleich) werden nach der Bestätigung durch den Nachlassrichter der Liquidator und der Gläubigerausschuss für das weitere Liquidationsverfahren zuständig. UBS outlook Unternehmenskrise 37 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Die noch vorhandenen Aktiven werden verwertet und der Erlös am Ende des Verfahrens den im Kollokationsplan anerkannten Gläubigern anteilmässig ausbezahlt. Die Abwicklung ist ähnlich wie im Konkursverfahren. Die Vorteile eines Nachlassverfahrens kennen Ein Nachlassstundungsverfahren kann sowohl für den Schuldner als auch für die Gläubiger einige wichtige Vorteile bieten, insbesondere im Vergleich zum Konkurs. Der wichtigste ist, dass ein Unternehmen in einem vor dem Zugriff der Gläubiger geschützten Umfeld grundsätzlich normal weitergeführt werden kann. Dadurch bleiben die im Unternehmen vorhandenen Werte bestmöglich erhalten. Das Unternehmen erhält die für eine finanzielle Sanierung erforderliche Zeit. Mitarbeiter können grundsätzlich weiterbeschäftigt, angefangene Arbeiten bzw. vorhandene Aufträge zu Ende geführt sowie neue Aufträge angenommen werden. Geschäftsbeziehungen bleiben erhalten und das Unternehmen muss nicht mit weiteren Schadenersatzforderungen rechnen. Ein Konkursverfahren korrekt abwickeln Ein Konkurs wird vom Konkursrichter auf Begehren eines Gläubigers oder infolge der Deponierung der Bilanz durch Firmenverantwortliche wegen Überschuldung eröffnet. Das wird in der Regel dann unvermeidbar, wenn ein Nachlassbegehren aussichtslos erscheint, ein Nachlassvertrag von den Gläubigern abgelehnt wurde oder vom Richter nicht bestätigt werden konnte. Nach einer Konkurseröffnung verliert das Unternehmen das Verfügungsrecht über seine Aktiven und muss in der Regel alle seine betrieblichen Aktivitäten sofort einstellen. Das Konkursverfahren wird normalerweise durch das zuständige Konkursamt durchgeführt. Anlässlich der 1. Gläubigerversammlung kann auch eine ausseramtliche Konkursverwaltung eingesetzt werden. Ein Konkursverfahren endet mit der Auszahlung einer Konkursdividende (wenn möglich) sowie der Ausstellung von Verlustscheinen. Die Konkurseröffnung löst Inventaraufnahme und Schuldenruf aus Unmittelbar nach der Publikation der Konkurseröffnung nimmt die Konkursverwaltung ein Inventar sämtlicher Aktiven und Passiven auf und trifft die notwendigen Sicherungsmassnahmen (z.B. das Versiegeln des Warenlagers). Zugleich wird der Schuldenruf publiziert, mit welchem die Gläubiger aufgefordert werden, ihre Forderungen bei der zuständigen Konkursverwaltung anzumelden. Aufgrund der Abklärungen des Konkursverwalters kommt es je nach vorliegender Vermögenssituation zu unterschiedlichen Verfahren. Wenn noch Vermögenswerte vorhanden sind, aber die voraussichtlichen Kosten eines ordentlichen Verfahrens nicht gedeckt werden können, wird das Verfahren eingestellt, sofern kein Gläubiger bereit ist, innert zehn Tagen die Verfahrenskosten zu bevorschussen. Sonst wird entweder ein ordentliches oder bei einfachen Verhältnissen ein summarisches Konkursverfahren durchgeführt. Die 1. Gläubigerversammlung bestimmt die Verantwortlichen An der 1. Gläubigerversammlung orientiert der Konkursverwalter über den Bestand der Aktiven und Passiven sowie über das geplante weitere Vorgehen. Die Gläubiger können anstelle des Konkursamtes eine ausseramtliche Konkursverwaltung wählen sowie einen Gläubigerausschuss bestimmen. Dazu muss die Versammlung beschlussfähig sein. Das erfordert die Anwesenheit von mindestens einem Viertel der bekannten Gläubiger. Um das Verfahren zu beschleunigen und weitere Wertverminderungen zu verhindern, wird die Konkursverwaltung oftmals bevollmächtigt, die Aktiven bereits vor der 2. Gläubigerversammlung zu verwerten. Die Vorteile einer ausseramtlichen Konkursverwaltung nutzen Eine ausseramtliche Konkursverwaltung hat die Interessen der Gläubiger zu vertreten und ist an dieselben gesetzlichen Vorschriften gebunden wie ein amtlicher Konkursverwalter. Besonders in komplexen Fällen kann die ausseramtliche Konkursverwaltung trotz höheren Verfahrenskosten ein besseres Ergebnis für die Gläubiger erzielen. Sie 38 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden kann in der Regel die Aktiven schneller und besser freihändig verkaufen oder versteigern, entweder gesamthaft oder einzeln. Vor allem das Know-how erfahrener und rasch verfügbarer Spezialisten (z.B. für Immobilien) ermöglicht eine speditive und erfolgreiche Abwicklung eines Konkursverfahrens. Einen Gläubigerausschuss als Kontrollinstanz einsetzen Die Einsetzung eines Gläubigerausschusses kann von der 1. Gläubigerversammlung beschlossen werden. Diese Gläubigervertreter beaufsichtigen die Geschäftsführung der Konkursverwaltung. Sie müssen ihnen vorgelegte Fragen begutachten und beantworten und können auch Einspruch erheben gegen Entscheide der Konkursverwaltung, welche den Gläubigerinteressen zuwiderlaufen. Neben seiner Aufsichtsfunktion kann der Gläubigerausschuss der Konkursverwaltung vielfach auch wertvolle Unterstützung beim Verkauf der Aktiven bieten und so zu einem guten Verwertungsresultat beitragen. Der Gläubigerausschuss hat daneben weitere Aufgaben zu erfüllen. Er kann unter anderem die Ermächtigung erteilen zur Fortsetzung des Betriebes, zur Führung von Prozessen oder zum Abschluss von Vergleichen. Des Weiteren kann er Rechnungen prüfen, den Kollokationsplan genehmigen sowie allenfalls Abschlagszahlungen (Teildividendenauszahlungen) anordnen. Die Konkursverwaltung verwertet die Aktiven Als Liquidator verwertet die Konkursverwaltung alle vorhandenen Aktiven. Sie sucht Käufer unter anderem für die Liegenschaften, Maschinen, Einrichtungsgegenstände und das Warenlager. Können keine Käufer gefunden werden, wird eine Versteigerung in die Wege geleitet. Bei Vermögensgegenständen von hohem Wert sowie bei Immobilien erhalten die Gläubiger die Möglichkeit, ein vorhandenes Angebot zu überbieten. Eine weitere wichtige und oft zeitraubende Aufgabe des Konkursverwalters ist das Inkasso offener Debitorenausstände. Der Konkursverwalter prüft Forderungseingaben und erstellt den Kollokationsplan Nach Eingang der Gläubigerforderungen überprüft der Konkursverwalter diese auf ihre Richtigkeit. Er entscheidet, welche Forderungen im Verfahren zugelassen (kolloziert) Ablauf eines Konkursverfahrens Konkurseröffnung (ordentliches Verfahren) durch Konkursrichter auf Verlangen Gläubiger oder Firma Inventaraufnahme / Schuldenruf 1. Gläubigerversammlung Prüfung / Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche und Anfechtungstatbestände Verwertung der Aktiven bestimmt Konkursverwaltung und evtl. Gläubigerausschuss Prüfung der Forderungseingaben / Erstellen des Kollokationsplanes, Lastenverzeichnisse 2. Gläubigerversammlung Kollokationsplan Auszahlung Dividende / Verlustscheine ausstellen Abschluss Konkursverfahren gerichtlich anfechtbar durch Konkursverwalter durch Konkursrichter Quelle: UBS outlook nach Transliq AG UBS outlook Unternehmenskrise 39 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden werden können, in welche Kategorien sie aufgenommen werden (pfandgesichert, privilegiert, 3. Klasse) und welche abgewiesen werden müssen. Dies wird in einem Kollokationsplan festgehalten. Gläubiger, deren Forderung nicht wie angemeldet zugelassen wurden, erhalten von der Konkursverwaltung eine Verfügung mit Begründung. Ein Gläubiger, der mit der nicht genehmigten Zulassung (Kollokation) seiner Forderung nicht einverstanden ist, kann innert 20 Tagen seit der öffentlichen Auflage des Kollokationsplans eine Kollokationsklage beim zuständigen Gericht einreichen. Der Konkursverwalter prüft Verantwortlichkeitsansprüche und Anfechtungstatbestände Die Konkursverwaltung muss prüfen, ob Verantwortlichkeitsansprüche gegen die Organe der konkursiten Unternehmung geltend gemacht werden können. Das ist zum Beispiel möglich, wenn durch eine zu späte Deponierung der Bilanz der Schaden für die Gläubiger nachweisbar grösser geworden ist (fahrlässige Geschäftsführung) oder der Firma unmittelbar vor der Konkurseröffnung Aktiven entzogen wurden (ungetreue Geschäftsführung). Sind in der Konkursmasse nicht genügend Mittel vorhanden, um die Kosten für einen allfälligen Verantwortlichkeitsprozess zu übernehmen, offeriert der Konkursverwalter den Gläubigern die diesbezüglichen Ansprüche zur Abtretung. Dadurch erhält jeder Gläubiger die Möglichkeit, selber gegen die Organe rechtliche Schritte in die Wege zu leiten. Das gleiche Vorgehen erfolgt bei der Prüfung der Anfechtungstatbestände. Ein solcher ist beispielsweise der Verkauf von Aktiven deutlich unter ihrem realen Marktwert. Ebenfalls anfechtbar sind Schenkungen kurz vor der Konkurseröffnung, z.B. von Fahrzeugen oder Liegenschaften. Die 2. Gläubigerversammlung bestimmt abschliessend den Verfahrensverlauf Anlässlich der 2. Gläubigerversammlung werden die Gläubiger über den Verlauf des Verfahrens, die Verwertung der Aktiven, den Vermögensstand, den Kollokationsplan und die voraussichtliche Konkursdividende informiert. Zu bestätigen sind die Konkursverwaltung sowie gegebenenfalls der Gläubigerausschuss. In der Regel entscheidet sie auch über die endgültige Verwertung der Aktiven. Der 2. Gläubigerversammlung kann in bestimmten Situationen auch ein Nachlassvertrag vorgelegt werden, sodass es nachträglich noch zu einem Nachlassverfahren kommt. In der Praxis ist dieses Vorgehen jedoch selten, da durch den Konkurs die Unternehmensaktivitäten bereits eingestellt oder unterbrochen worden sind. Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) als Grundlage für das Konkursverfahren Vorschriften Artikel SchKG • Ordentliche Konkursbetreibung 159-176 • Wechselbetreibung 177-189 • Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung 190-194 • Widerruf des Konkurses 195-196 • Wirkungen des Konkurses auf das Vermögen des Schuldners 197-207 • Wirkungen des Konkurses auf die Rechte der Gläubiger 208-220 • Feststellung der Konkursmasse 221-229 • Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven 230 • Summarisches Konkursverfahren 231 • Überprüfung der Konkursforderungen 244-246 • Kollokationsplan 247-251 • Verwertung 252-260 • Verteilung 261-267 • Abschluss des Konkursverfahrens 268-270 Quelle: UBS outlook nach SchKG 40 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Der Konkursverwalter erstellt den Verteilungsplan Der durch die Verwertung der Aktiven erzielte Erlös steht primär zur Deckung der Massakosten und anschliessend zur Befriedigung aller anderen Gläubigerforderungen zur Verfügung. Nachdem feststeht, welche Forderungen dem Erlös gegenüberstehen, wird durch den Konkursverwalter ein Verteilungsplan erstellt. Aus diesem wird ersichtlich, wie hoch die Konkursdividende ausfällt und welcher Anteil jedem Gläubiger zusteht. Die Verteilungsliste liegt zusammen mit der Schlussabrechnung während zehn Tagen beim Konkursverwalter zur Einsichtnahme auf. Die Gläubiger haben die Möglichkeit, innerhalb dieser Frist eine Beschwerde gegen die Verteilungsliste bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einzureichen. Gehen keine Beschwerden ein, erstellt der Konkursverwalter den Verteilungsplan für die Konkursdividende und stellt die Verlustscheine aus. Der Konkursrichter verfügt Schliessung des Konkursverfahrens Nach Genehmigung der Verfahrenskosten durch die zuständige Behörde und der Verteilung der Konkursdividende wird zuhanden des Konkursrichters ein Schlussbericht erstellt. In diesem wird der Verlauf des Konkursverfahrens zusammengefasst. Auf dieser Grundlage verfügt der Konkursrichter die Schliessung des Konkursverfahrens. Die Auswirkungen auf den Betrieb kennen Mit der Konkurseröffnung wird der Betrieb in der Regel sofort eingestellt. Betriebsliegenschaften bzw. Büroräumlichkeiten und Warenlager werden durch das Konkursamt versiegelt. Anschliessend wird die Gesamtliquidation in Angriff genommen und mit der Verwertung der Aktiven begonnen. Nach Abschluss des Konkursverfahrens wird die Geschäftstätigkeit endgültig beendet und die Firma im Handelsregister amtlich gelöscht. Die Auswirkungen auf Mitarbeiter kennen Mit der Betriebsstilllegung werden alle Mitarbeiter üblicherweise freigestellt. Sie erhalten die Kündigung gemäss den bestehenden vertraglichen Abmachungen. Ihre Lohnansprüche laufen jedoch bis zum Ende der Kündigungsfrist. Werden diese durch das Unternehmen nicht mehr bezahlt, sind die Mitarbeiter berechtigt, die ausstehenden Forderungen beim Konkursverwalter anzumelden, und erhalten gegebenenfalls eine Konkursdividende. Die Auswirkungen auf Kunden kennen Mit der Konkurseröffnung und der gleichzeitigen Betriebsstilllegung werden alle Geschäftsbeziehungen abrupt abgebrochen. Offene Aufträge können in aller Regel nicht mehr ausgeliefert bzw. erfüllt werden. Kunden können unter Umständen Schadenersatzforderungen anmelden. Wenn diese anerkannt werden, erhalten sie eine Konkursdividende. Die Auswirkungen auf Lieferanten kennen Alle Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten werden mit der Konkurseröffnung sofort beendet und bestehende Verträge aufgehoben. Lieferanten können ihre ausstehenden Forderungen (einschliesslich Schadenersatzforderungen) über den Schuldenruf anmelden und einklagen, wenn sie im Kollokationsplan nicht wie verlangt berücksichtigt werden. Wie alle anderen Gläubiger können sie auf eine Konkursdividende hoffen. Die Spätfolgen eines Konkurses kennen Nach einem Konkurs muss der Schuldner den geschädigten Gläubigern einen Verlustschein abgelten, sobald er wieder zu neuem Vermögen kommt. Dieser Umstand spielt für Privatpersonen vielfach eine sehr belastende Rolle. Sie hat aber keine Bedeutung bei juristischen Personen, welche nach Abschluss des Konkursverfahrens im Handelsregister amtlich gelöscht werden. Im Falle von Kapitalgesellschaften haben die Organe mit Verantwortlichkeitsklagen zu rechnen. Der Anspruch verjährt nach fünf Jahren seit Kenntnis des Schadens, spätestens aber nach zehn Jahren seit der schädigenden Handlung. Diese Frist kann durch Betreibung oder durch Verjährungsverzicht des Schuldners unterbrochen werden. Meistens wird durch den Konkurs auch der Ruf der dafür als verantwortlich betrachteten Personen auf längere Zeit beeinträchtigt. UBS outlook Unternehmenskrise 41 Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Das Unternehmen wieder erfolgreich machen Nach einer Sanierung sollten die für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens notwendigen finanziellen Ressourcen wieder zur Verfügung stehen. Um einen erfolgversprechenden Neuanfang zu ermöglichen, ist oft eine Veränderung des Managementteams erforderlich. Dieses muss sich zunächst vor allem auf die vorhandenen Stärken konzentrieren und versuchen, noch bestehende Schwächen möglichst rasch abzubauen. Dazu unerlässliche Massnahmen und Veränderungen sind in allen Bereichen des Unternehmens zügig und konsequent umzusetzen (Change Management). Nachdem die akutesten Probleme durch das Krisenmanagement überwunden sind, muss das Management den Wiederaufbau des Unternehmens planen und zügig umsetzen. Das ist vielfach nur noch mit einem redimensionierten Unternehmen möglich. Durch die Aufgabe einzelner Geschäftsbereiche und Fokussierung auf zukunftsträchtige strategische Geschäftsfelder wird die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit oft sehr erleichtert. Der Kapitalbedarf wird kleiner, und das Management kann sich ganz auf das zukünftige Kerngeschäft konzentrieren. Es ist die Aufgabe des Verwaltungsrats, gemeinsam mit der Geschäftsführung die zukünftige Unternehmensstrategie festzulegen. Konkrete Ziele und erforderliche Massnahmen sind durch die Geschäftsleitung mit einem Businessplan aufzuzeigen und durch den Verwaltungsrat zu genehmigen. Besonders wichtig ist es, die während eines Turnarounds erzielten Resultate laufend eng zu überwachen und, wenn erforderlich, Korrekturen umgehend vorzunehmen. Eine neue Unternehmensstrategie entwickeln und den Businessplan überarbeiten Bei der Entwicklung einer nachhaltig erfolgversprechenden Unternehmensstrategie muss grundsätzlich von den im Unternehmen noch vorhandenen Stärken und Schwächen ausgegangen werden. Genauso wichtig sind die im unternehmerischen Umfeld nach einem Turnaround bestehenden Chancen und Gefahren. Zukunftsorientierte Strategien nutzen die Kernkompetenzen, um auf attraktiven Märkten mit wettbewerbsfähigen Produkten und Dienstleistungen erfolgreich zu sein. Ein zum Zeitpunkt der finanziellen Sanierung erstellter Businessplan muss vielfach später aufgrund einer neu festgelegten Unternehmensstrategie nochmals überarbeitet werden. Die Finanzen eng überwachen Während eines Turnarounds ist die weitere Entwicklung des Unternehmens oft noch nicht genau absehbar. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind meist knapp bemessen. Rückschläge mit schwerwiegenden Folgen können nicht ausgeschlossen werden. Daher ist es äusserst wichtig, genügend finanzielle Reserven zu besitzen. Die mittelfristige Finanzplanung sollte eng überwacht und rollend nachgeführt werden. Gleichzeitig muss das Management stets für genügend Liquidität besorgt sein. Konzeptionelle Basis für einen Turnaround Cash-Bedarf und Finanzierung Analyse • Unternehmensumfeld • Marktposition, Wettbewerbsfähigkeit • Markt-, Wettbewerbs-, Umsatzchancen • Wertvernichter und Werterzeuger • Kernprozesse und Kernfunktionen • Kostenstrukturen und Einsparungspotenziale • Management- und Mitarbeiterpotenziale Ergebnisplanung (Erfolgsrechnung/ Bilanz) Massnahmen zur Umsatz- und Erlössteigerung Strategische Neuausrichtung am Markt Reorganisation der Prozesse und Funktionen TurnaroundKonzept Veränderung von Führung und Management Kostensenkungsmassnahmen Quelle: UBS outlook nach P. Faulhaber / N. Landwehr 42 UBS outlook Unternehmenskrise Unternehmenskrisen erfolgreich überwinden Die personellen Voraussetzungen schaffen Im Vorfeld oder im Verlaufe eines Turnarounds wird es oft unumgänglich, personelle Veränderungen vorzunehmen. Dies kann den Verwaltungsrat, die Geschäftsleitung oder andere Schlüsselpositionen betreffen. Meistens wirkt ein Krisenmanager bei erforderlichen Neu- und Umbesetzungen noch entscheidend mit, tritt aber selbst oft nach Überwindung einer akuten Unternehmenskrise zurück. Der Neustart und Wiederaufbau eines Unternehmens stellt für alle Beschäftigten im Unternehmen in der Regel eine grosse Herausforderung mit einer starken zeitlichen und psychischen Belastung dar. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung können mit ihrem persönlichen Engagement, einem motivierenden Verhalten und einer überzeugenden Kommunikation die Mitarbeitenden am besten für das gemeinsame Ziel gewinnen: ein wieder erfolgreiches Unternehmen. Den Turnaround erfolgreich abschliessen Eine Unternehmenskrise ist dann überwunden, wenn die Zukunft des Unternehmens nachhaltig gesichert ist. Der Verwaltungsrat muss die Fortschritte auf dem Weg zur Erreichung der von ihm gesetzten strategischen und operativen Ziele laufend kritisch verfolgen. Bei Fehlentwicklungen hat er rasch und konsequent korrigierende Massnahmen zu veranlassen. Gleichermassen wichtig ist es, sowohl die erzielten Ergebnisse als auch die noch zu lösenden Probleme nach innen und aussen zu kommunizieren. Mit einer wiedergewonnenen Wettbewerbsfähigkeit, einer guten Ertragskraft und einer gesunden Eigenmittelbasis ist das Unternehmen auf dem besten Weg in eine erfolgreiche Zukunft. UBS outlook Unternehmenskrise 43 Thesen Thesen zur Vermeidung und Überwindung von Unternehmenskrisen These 1 Unternehmenskrisen zu vermeiden, ist einfacher, als sie zu überwinden. Eine qualifizierte und verantwortungsbewusste Unternehmensführung bildet die beste Grundlage, um Unternehmenskrisen zu vermeiden. Es ist Aufgabe des Verwaltungsrates, die für ein gutes Risiko-Management unerlässlichen geschäftspolitischen, finanziellen, organisatorischen und personellen Voraussetzungen zu schaffen. These 2 Die im unternehmerischen Umfeld vorhandenen Chancen und Gefahren sind realistisch einzuschätzen. Die Unternehmensstrategie muss grundlegenden Veränderungen im Umfeld angepasst werden. Auswirkungen politischer, wirtschaftlicher, technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen auf die Absatz- und Beschaffungsmärkte des Unternehmens sind fortwährend und sorgfältig zu überprüfen. These 3 Unternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit im Markt permanent unter Beweis stellen. Die im Unternehmen vorhandenen Stärken müssen gezielt zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen genutzt werden und erkannte organisatorische und personelle Schwachstellen sind rasch zu beheben. Exzellente Produkte und Dienstleistungen sowie eine vorteilhafte Kostenstruktur sind die besten Voraussetzungen für ein wettbewerbsfähiges Preis-Leistungs-Verhältnis. These 4 Unternehmen brauchen eine gesunde finanzielle Basis. Ein Unternehmen muss jederzeit in der Lage sein, seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen, und die für den Erhalt seiner Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen Investitionen tätigen können. Dafür ist eine gesunde Ertragslage sowie eine genügende und risikokonforme Finanzierung notwendig. These 5 Krisen entwickeln sich meist über längere Zeit. Existenzbedrohende Situationen entstehen vielfach langsam und auf Grund verschiedener, oft miteinander vernetzter und zu lange vernachlässigter Probleme. Strategische, operative, personelle und finanzielle Fehlentwicklungen werden vielfach ignoriert oder deren Folgen für das Unternehmen unterschätzt. These 6 Ein schwaches Management ist die häufigste Krisenursache. Unternehmenskrisen sind meist die Folge von Unterlassungen und Fehlentscheidungen der Unternehmensführung. Ein kompetentes Management erkennt Veränderungen und Fehlentwicklungen im unternehmerischen Umfeld rechtzeitig und kann erforderliche strategische und operative Massnahmen konsequent umsetzen, bevor das Unternehmen ernsthaft bedroht ist. These 7 Je früher Probleme erkannt werden, desto leichter sind sie zu lösen. Probleme sind meist noch einfach zu lösen, wenn sie früh erkannt und rasch mit geeigneten und wirkungsvollen Massnahmen angegangen werden. Solange noch kein zu grosser Schaden entstanden ist und noch genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, können die Folgen einer Fehlentwicklung meistens auf ein tragbares Mass beschränkt werden. 44 UBS outlook Unternehmenskrise Thesen These 8 Ein Krisenmanager muss erfahren, führungsstark und unabhängig sein. Ein Krisenmanager hat meist eine Vielzahl von dringenden und komplexen betriebswirtschaftlichen, personellen und finanziellen Problemen gleichzeitig anzugehen und muss diese möglichst schnell lösen. Dafür braucht er spezifische Erfahrungen und aussergewöhnliche persönliche Fähigkeiten, insbesondere Führungsstärke, Unbefangenheit, Durchsetzungsvermögen sowie eine hohe zeitliche und psychische Belastbarkeit. These 9 In Krisensituationen ist Kommunikation Chefsache. Die Kommunikation ist in schwierigen Situationen besonders gut zu planen und muss vor allem ehrlich und glaubwürdig sein. Ein überzeugendes Auftreten des Verwaltungsratspräsidenten kann viel dazu beitragen, verunsicherte Mitarbeiter zu motivieren und das für einen Turnaround unerlässliche Vertrauen der Geschäftspartner zu erhalten. These 10 Ohne genügend Liquidität kann ein Unternehmen nicht überleben. Ein Unternehmen kann nur überleben, sofern die dafür unerlässlichen finanziellen Mittel noch vorhanden sind oder aber rasch genug beschafft werden können. Daher kommt in einer Krisensituation dem Cash Management zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen, der Ausgabenminimierung und der Verflüssigung von Aktiven höchste Priorität zu. These 11 Eine Nachlassstundung erlaubt die Weiterführung und Sanierung des Unternehmens. Die Nachlassfrist kann dazu genutzt werden, einen Finanzstatus zu erstellen, die Überlebensfähigkeit des Unternehmens nachzuweisen, ein Sanierungskonzept auszuarbeiten und mit den Gläubigern einen Nachlassvertrag auszuhandeln. Diese werden einen Forderungsverzicht am ehesten akzeptieren, wenn für sie der Fortbestand des Unternehmens vorteilhafter ist als ein Konkurs. These 12 Ein Turnaround braucht die Unterstützung von Kapitalgebern und Geschäftspartnern. Eine Unternehmenskrise kann nur dann erfolgreich überwunden werden, wenn die Kunden, Lieferanten, Banken, andere Kapitalgeber und Geschäftspartner weiterhin zum Unternehmen stehen. Das dafür unerlässliche Vertrauen ist am besten durch eine offene, ehrliche und glaubwürdige Kommunikation zu gewinnen. These 13 Ein Konkurs ist der schlechteste Ausgang einer Unternehmenskrise. Ein unabwendbar gewordener Konkurs bedeutet nicht nur die Liquidation der Firma, sondern führt in der Regel auch zu einer grossen Wertvernichtung. Die Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz und die Aktionäre, Gläubiger und andere Geschäftspartner erleiden vielfach einen hohen finanziellen Schaden. These 14 Das Ziel eines Turnarounds ist erst mit einer nachhaltig genügenden Ertragslage erreicht. Der Turnaround ist geschafft, wenn das Unternehmen wieder wettbewerbsfähig ist und eine nachhaltig positive Ertragslage aufweist. Mit einem gestärkten Management und einer Konzentration seiner Ressourcen auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder ist es den zukünftigen Herausforderungen vielfach besser gewachsen als zuvor. UBS outlook Unternehmenskrise 45 Informationsquellen Informationsquellen UBS outlook hat zur Vorbereitung der Workshops sowie im Rahmen dieser Publikation auf zahlreiche Quellen zurückgegriffen. Die nachstehend aufgeführten Titel erwiesen sich dabei als besonders wertvoll. Sie bieten einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Vermeidung und Überwindung von Unternehmenskrisen. Die praxisrelevanten Informationen sind für Unternehmer, Verwaltungsräte, Geschäftsführer und interessierte Führungskräfte geeignet. Publikationen UBS outlook Risiko-Management: 14 Thesen zur risikobewussten Unternehmensführung Vermittelt Denkanstösse, wie Chancen und Gefahren in einem dynamischen Umfeld rechtzeitig erkannt, ganzheitlich analysiert und wirkungsvoll gemanagt werden können. Herausgegeben 2002 (Neuauflage), Bestellnummer 80231 D Verwaltungsrat: Wertorientierte Unternehmensführung Denkanstösse zu Verantwortung, Organisation und unternehmerischen Aufgaben des Verwaltungsrates im Kontext der Wertorientierung und eines veränderten wirtschaftlichen Umfeldes. Zusammenarbeit zwischen Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Personelle Führung und Nachfolgeplanung. Der Gang an die Börse. Voraussetzungen für einen IPO. Kauf und Verkauf von Unternehmen und Beteiligungen. Herausgegeben 2002, Bestellnummer 81783 D Nachfolge im Unternehmen: Eine Herausforderung für Unternehmer, Verwaltungsräte und Familienaktionäre Nachfolgeplanung als strategische Führungsaufgabe. Die Nachfolge in der Geschäftsleitung. Die finanzielle Nachfolge. Risikofallen. Strategische Optionen für individuelle Nachfolgelösungen. Herausgegeben 2002, Bestellnummer 81976 D Bestelladresse für die oben angeführten Publikationen: UBS AG Informationszentrum CA50 Postfach 8098 Zürich E-Mail [email protected] Fax 044-234 61 90 www.ubs.com/outlook 46 UBS outlook Unternehmenskrise Informationsquellen Literatur Aus der Krise zum Erfolg Erfolgsfaktoren für kleine und mittlere Unternehmen. Die Autoren vermitteln anhand zahlreicher Checklisten ganz konkrete Erfolgsfaktoren, die für den Weg aus der Krise wichtig sind. Das Buch ist als Arbeits- und Nachschlagewerk für Unternehmer in Klein- und Mittelbetrieben bis 200 Mitarbeiter gedacht. Grütter, André / Kähr, Peter; Midas Management Verlag AG, Zürich, 1999, 260 Seiten. ISBN 3-907100-09-3 Die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit von ertragsschwachen oder insolventen Unternehmen Sanierungen von Unternehmen sind dann erfolgreich und nachhaltig, wenn die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens gegeben ist. Das Buch möchte eine Hilfestellung zur Erkennbarkeit und Prüfung einer Sanierungsfähigkeit leisten. Meyer, Alain; Peter Lang AG, Bern, 2003, 316 Seiten. ISBN 3-03910-215-X Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen Der Autor zeigt Mängel des menschlichen Denkens und Handelns angesichts komplexer Probleme auf und geht den Ursachen dafür nach: Langsamkeit, Vereinfachung, Beschützen des Eigenbildes, kleiner Zufluss ins Gedächtnis und Aktualitätsvorrang. Daraus leitet er ab, was getan werden kann, um bessere Ergebnisse bei der Behandlung komplexer Probleme zu erreichen. Er ist der Ansicht, dass besseres Denken und Handeln lernbar sind. Dörner, Dietrich; Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek, 2004, 346 Seiten. ISBN 3-499-61578-9 Leadership in Krisen. Ein Handbuch für die Praxis Das Buch setzt sich eingehend mit Wesensmerkmalen von Krisen und den Vorteilen eines guten Krisenverständnisses auseinander. Erprobte Führungsgrundsätze und Kernfragen als Gedächtnisstütze dienen als Handlungsrichtlinien für die Führung in krisenhaften Situationen. Carrel, Laurent F.; Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2004, 487 Seiten. ISBN 3-03823-092-8 Plötzliche Unternehmenskrisen. Gefahr oder Chance? Mittels Praxisbeispielen werden Krisenfälle verschiedener Unternehmen analysiert und daraus generelle Erkenntnisse zur Krisenbewältigung in Form eines empfohlenen Vorgehens (Best Practices) abgeleitet. Das Buch zeigt auf, dass alle Bereiche eines Unternehmens einen aktiven Beitrag zur Krisenbewältigung zu leisten haben. Töpfer, Armin; Hermann Luchterhand Verlag GmbH, Neuwied und Kriftel, 1999, 364 Seiten. ISBN 3-472-03800-4 Sanierung der AG Das Buch basiert auf einem Weiterbildungsseminar HSG der Universität St. Gallen und behandelt ausgewählte Rechtsfragen für die Unternehmenspraxis, insbesondere die Pflichten des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung in finanziellen Krisensituationen, die rechtlichen Aspekte hinsichtlich der Stellung der Banken in der Krisensituation, die Sanierung aus Sicht der Aktionäre und Obligationäre, arbeitsrechtliche Fragen sowie steuerliche Aspekte von Sanierungen. Roberto, Vito (Hrsg.); Schulthess Polygraphischer Verlag, Zürich, 2. Auflage 2003, 220 Seiten. ISBN 3-7255-4673-8 UBS outlook Unternehmenskrise 47 Informationsquellen Turnaround Restrukturierung und Sanierung von Firmen. Der Autor gibt mit diesem Buch die gesammelte Erfahrung aus einer Vielzahl von Turnarounds mit einem praxisorientierten Fokus wieder. Müller-Ganz, Jürg; Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2004, 272 Seiten. ISBN 3-03823-115-0 Turnaround von Unternehmen Von der Krisenbewältigung zur Erfolgssteigerung, eine praktische Führungshilfe für Unternehmen, Banken und Berater. Anhand des Vorgehensprinzips «Finden» (der Krisenherde), «Fixieren» (der Krisenlage), «Filtrieren» (der erhaltenen Erfolgspotenziale), «Forcieren» (der Erfolgssteigerung) wird der Prozess der Krisenbewältigung aufgezeigt. Dabei kann der Autor auf seiner breiten Praxiserfahrung im Bereich Recovery Management der UBS AG aufbauen. Leupin, Urs; Verlag Haupt, Bern, Stuttgart, Wien, 1998, 402 Seiten. ISBN 3-258-05650-1 Turnaround-Management in der Praxis Gilt als ein Standardwerk für die Bewältigung von Unternehmenskrisen. Die beiden Autoren sind Inhaber einer auf Unternehmenssanierungen spezialisierten Beratungsfirma und vermitteln viel Praxiswissen, wie ein Turnaround rasch und erfolgreich durchgeführt werden kann. Wirtschaftspraktiker erfahren an vielen Beispielen, wie sie die Liquidität sichern, die Restrukturierung einleiten und die Bewältigung einer Krise zur langfristigen Stärkung des Unternehmens nutzen. Faulhaber, Peter / Landwehr, Norbert; Campus Verlag GmbH, Frankfurt, 2001, 2., erweiterte und aktualisierte Auflage, 354 Seiten. ISBN 3-593-36674-6 Verwaltungsrat und Unternehmenskrise Die stärkere Einbindung der Kontrollgremien in die unternehmerische Verantwortung zwingt Verwaltungsräte zur Entwicklung eines wirksamen Instrumentariums, damit sie Probleme frühzeitig erkennen und Krisen vermeiden. Das Buch zeigt anschaulich, wie sich ein Verwaltungsrat optimal organisiert, wie er entsprechende Instrumente entwickelt und in Krisensituationen angemessene Sanierungsschritte in die Wege leitet: Von der Früherkennung über angemessenes Krisenmanagement bis hin zur Auswahl der richtigen Berater werden alle Fragen des Unternehmensalltags in der Krise behandelt. Oesch, Klaus; Orell Füssli Verlag, Zürich, 2002, 159 Seiten. ISBN 3-280-05021-9 48 UBS outlook Unternehmenskrise Informationsquellen Glossar In dieser Publikation verwendete Abkürzungen sowie gebräuchliche betriebs- und volkswirtschaftliche Fachbegriffe, vielfach in englischer Sprache, werden nachstehend kurz erklärt. Auffanggesellschaft Die Gründung einer Auffanggesellschaft bezweckt, erfolgversprechende Aktivitäten eines sanierungsbedürftigen Unternehmens zu übernehmen und weiterzuführen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Auffanggesellschaft nicht alle Aktiven und Passiven und dadurch die Haftung für die Schulden der überschuldeten Gesellschaft übernimmt. Problematisch ist, dass eine Auffanggesellschaft gemäss Art. 333 OR zwingend sämtliche Arbeitnehmer des betreffenden Betriebes übernehmen muss und für deren Forderungen solidarisch haftet. Gemäss neuestem Bundesgerichtsurteil ist diese Bestimmung bei einer Betriebsübernahme aus der Konkursmasse nicht mehr anwendbar. Besserungsschein Ein Besserungsschein enthält eine bedingte Schuldanerkennung. Er sieht vor, dass die Forderung, auf die der Gläubiger verzichtet, ganz oder teilweise wieder gestellt werden kann, wenn die Gesellschaft nicht mehr überschuldet ist und genügend Mittel vorhanden sind, um den offenen Betrag zu bezahlen. Businessplan Geschäftsplan, in dem die mittelfristigen Zielsetzungen und Massnahmen dargestellt und die erwarteten Ergebnisse quantifiziert sind. Dazu gehören detaillierte Finanzpläne, welche die erwarteten Entwicklungen der Ertragslage und der Bilanz (Finanzierungsbedarf) glaubwürdig aufzeigen. Change Management Veränderungsmanagement. Es hat zum Ziel, unerlässliche Veränderungen im Unternehmen geplant, systematisch und rasch umzusetzen. Debt/Asset-Swap Übertragung von Aktiven an einen Gläubiger, um damit dessen Forderungen zu tilgen. Dadurch können gleichzeitig Fremdkapital und nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte reduziert werden. Debt/Equity-Swap Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital, indem neue Aktien durch Verrechnung mit bestehenden Forderungen ausgegeben werden. Forderungseingabenverzeichnis Dieses Verzeichnis ist eine Aufstellung über sämtliche in einem Konkurs- oder Nachlassverfahren angemeldeten Forderungen, unterteilt in die Kategorien «pfandgesichert», «privilegiert», «3. Klasse». Forderungsverzicht Bei Sanierungen sind Gläubiger oft zu Forderungsverzichten bereit. Dies ist am ehesten dann der Fall, wenn dadurch die Chancen, dass ihre Restforderungen bezahlt werden, markant steigen oder die Gläubiger mit Besserungsscheinen oder Optionen für den Verzicht kompensiert werden. Gläubigerbegünstigung/-bevorzugung Liegt vor, wenn ein Schuldner in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine Sicherheit gewährt oder dessen Forderung bezahlt und ihm dadurch gegenüber den übrigen Gläubigern bewusst einen Vorteil verschafft. UBS outlook Unternehmenskrise 49 Informationsquellen Kapitalerhöhung Bei einer Kapitalerhöhung werden der Gesellschaft neue Mittel zugeführt. Dadurch kann eine Überschuldung bereinigt werden, da zusätzliche Aktiven zur Verfügung stehen, um das Fremdkapital zu decken. Eine Kapitalerhöhung kann mittels Bar- oder Sacheinlage erfolgen. Kapitalherabsetzung Bei einer Kapitalherabsetzung wird das buchhalterisch ausgewiesene Aktienkapital reduziert und der Nennwert der einzelnen Aktien entsprechend herabgesetzt. Eine Kapitalherabsetzung ist allerdings nur insoweit möglich, als das Kapital einer Aktiengesellschaft nicht unter den gesetzlichen Minimalbetrag von CHF 100 000 sinken darf. Kollokationsplan, kollozieren Verzeichnis, in dem festgehalten wird, in welchem Umfang und Rang (pfandgesichert, privilegiert, 3. Klasse) die angemeldeten Forderungen zugelassen werden (Forderungseingabeverzeichnis). Kollozieren bedeutet, eine Forderung anzuerkennen und in den Kollokationsplan aufzunehmen. Konkurs-/Nachlassforderungen Forderungen, die vor dem Datum der Konkurseröffnung bzw. der Nachlassstundungsbewilligung entstanden sind. Sie sind mittels Forderungseingabe beim zuständigen Sachwalter bzw. bei der Konkursverwaltung geltend zu machen und werden anschliessend im Kollokationsplan aufgeführt. Massaforderung / Massakosten Gesetzlich privilegierte oder durch den Sachwalter genehmigte Forderungen, die auch während des Nachlassstundungsverfahrens bezahlt werden können und vor allen anderen Forderungen beglichen werden müssen. Massaguthaben Guthaben, die zur Begleichung der Massakosten verwendet werden. Das Restguthaben, das nach Begleichung sämtlicher Massakosten übrig bleibt, wird zur Deckung der Gläubigerforderungen verwendet. Massakredit Bankenkredit, der einem Unternehmen während eines Nachlassstundungsverfahrens zur Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit gewährt wird (z.B. für Löhne und Sozialversicherungen). Paulianische Anfechtungsklage Mit der Anfechtung durch benachteiligte Gläubiger können Vermögenswerte der Zwangsvollstreckung zugeführt werden, die der Nachlass- oder Konkursmasse durch Schenkungen oder Gläubigerbevorzugung unrechtmässig entzogen wurden. Performance Leistung bzw. erzielte Ergebnisse (von Mitarbeitern, Maschinen, Unternehmen, Aktien). Rangrücktritt Freiwillige Rangrückstufung der Forderung eines Gläubigers. Bei einem Rangrücktritt kann dieser im Falle eines Konkurses oder einer Liquidation erst dann Befriedigung verlangen, wenn sämtliche andere gesicherten und ungesicherten Forderungen bezahlt sind. Bei Sanierungen ist der Rangrücktritt normalerweise mit einer Stundung der Kapitalforderung (und oft auch der Zinsforderung) verbunden. Recovery Bedeutet wörtlich Gesundung. Diejenigen Stellen der Banken, die sich aufgrund von Not leidenden Kreditengagements mit der Sanierung von Unternehmen befassen, werden als Recovery-Abteilungen bezeichnet. Deren Ziel ist, einen drohenden Kreditausfall zu vermeiden oder zu verringern. 50 UBS outlook Unternehmenskrise Informationsquellen Sanierungsfähigkeit Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit hat das Ziel zu beurteilen, ob mit geeigneten Massnahmen ein Unternehmen längerfristig wieder überlebensfähig gestaltet werden kann. Dabei werden insbesondere die Chancen zur Aufrechterhaltung der Zahlungsbereitschaft, zur Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalstruktur und zur Sicherung einer nachhaltigen Ertragskraft betrachtet. Grundsätzlich ist bei der Prüfung der Sanierungsfähigkeit nicht nur die Finanzlage zu analysieren, sondern auch die zukünftigen Erfolgs- und Nutzenpotenziale. Sanierungswürdigkeit Die Sanierungswürdigkeit wird parallel zur Sanierungsfähigkeit geprüft. Entscheidende Faktoren sind hier die uneingeschränkte Unterstützung des Konzeptes durch die Gesellschaftsorgane, die Firmenleitung und die Mitarbeiter. Entsprechende Managementfähigkeiten zur Überbrückung der Krise sind eine unabdingbare Voraussetzung. Die Sanierungswürdigkeit setzt zudem voraus, dass sich das Unternehmen gegenüber der Konkurrenz nach der Sanierung im Markt behaupten kann. Stillhalteabkommen Mit einem Stillhalteabkommen verpflichtet sich ein Gläubiger zur Weiterführung des Kreditengagements und unterstützt damit das Zustandekommen einer Sanierung. Ein Stillhalteabkommen kann normalerweise nur unter Einbezug sämtlicher Gläubiger abgeschlossen werden. Summarisches Konkursverfahren Das summarische Konkursverfahren wird durchgeführt, wenn die Kosten eines ordentlichen Verfahrens voraussichtlich nicht aus dem Erlös der inventarisierten Vermögensgegenstände gedeckt werden können und die Situation klar und einfach ist. Im summarischen Konkursverfahren wird in der Regel keine Gläubigerversammlung einberufen, und die Verteilungsliste muss nicht aufgelegt werden. Turnaround Überwindung einer existenzbedrohenden Unternehmenskrise und Neuaufbau eines nachhaltig erfolgreichen Unternehmens. Überschuldung Liegt vor, wenn die Aktiven das Fremdkapital nicht mehr decken. Unterbilanz Besteht, wenn die Aktiven zwar das Fremdkapital, aber weniger als 50% des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven decken. Verantwortlichkeitsansprüche Einklagbare Forderungen für Schaden, welcher der Gesellschaft, einzelnen Aktionären und den Gläubigern (Lieferanten, Darlehensgeber etc.) durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung von Pflichten verursacht wurde. Verantwortlichkeitsansprüche können gemäss Art. 754 und 755 OR gegenüber den Mitgliedern des Verwaltungsrats sowie allen mit der Geschäftsführung, der Liquidation oder der Prüfung der Jahresrechnung befassten Personen geltend gemacht werden. UBS outlook Unternehmenskrise 51 UBS outlook 14 Thesen zur Vermeidung und Überwindung von Unternehmenskrisen These 1 Unternehmenskrisen zu vermeiden, ist einfacher, als sie zu überwinden. These 2 Die im unternehmerischen Umfeld vorhandenen Chancen und Gefahren sind realistisch einzuschätzen. These 3 Unternehmen müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit im Markt permanent unter Beweis stellen. These 4 Unternehmen brauchen eine gesunde finanzielle Basis. These 5 Krisen entwickeln sich meist über längere Zeit. These 7 Je früher Probleme erkannt werden, desto leichter sind sie zu lösen. These 8 Ein Krisenmanager muss erfahren, führungsstark und unabhängig sein. These 9 In Krisensituationen ist Kommunikation Chefsache. These 10 Ohne genügend Liquidität kann ein Unternehmen nicht überleben. These 11 Eine Nachlassstundung erlaubt die Weiterführung und Sanierung des Unternehmens. These 12 Ein Turnaround braucht die Unterstützung von Kapitalgebern und Geschäftspartnern. These 13 Ein Konkurs ist der schlechteste Ausgang einer Unternehmenskrise. These 14 Das Ziel eines Turnarounds ist erst mit einer nachhaltig genügenden Ertragslage erreicht. Dieses umweltschonende Papier wurde aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff hergestellt. Gedruckt in der Schweiz, Oktober 2005. 82265D These 6 Ein schwaches Management ist die häufigste Krisenursache.