Labormedizinische Partnerschaft Neukirchen - Dresden - Plauen Dr. med. B. Schottmann Georg-Palitzsch-Str. 12 01239 Dresden Dr. rer. nat. St. Scholz Dr. rer. nat. U. Grimmer Dr. med. H. Hummel Weststraße 27 09221 Neukirchen Dr. med. M. Praus DBC. R. Schaarschmidt Röntgenstraße 2b 08529 Plauen Laborinformation 08.01.2013 MRGN – Multiresistente gramnegative Stäbchen Umsetzung der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) – Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedelung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen (1) Erweiterung der Meldepflicht in Sachsen auf Carbapenemase-Bildner / erworbene eingeschränkte Carbapenem-Empfindlichkeit (2) Neben multiresistenten Staphylokokken (MRSA) und Enterokokken (VRE) sind besonders in den letzten 2-3 Jahren die sogenannten MRGN in den Mittelpunkt des Interesses bei der Erkennung und Verhütung von ambulant und stationär erworbenen Infektionen getreten. Zunächst wurden Screening–Programme auf ESBL-Stämme durchgeführt. Dies sind Stämme gramnegativer Bakterien (besonders E. coli und Klebsiella spezies), bei denen auf Grund des erweiterten Spektrums des Enzyms ß-Laktamase die meisten Cephalosporine (1.-4. Generation) unwirksam (resistent) werden. Inzwischen treten neben ESBL-Bildung vermehrt weitere Resistenzmechanismen auf. Diese können sowohl chromosomal- als auch plasmidcodiert vorliegen und zu Resistenz gegen verschiedene Antibiotikagruppen führen. Zur Systematisierung dieser Resistenzphänotypen schlägt die KRINKO-Empfehlung eine Einteilung auf der Basis der bei der Routinetestung gewonnenen Resistenzmuster gegen vier Antibiotika-Gruppen vor. Untenstehende Tabelle ist aus der Empfehlung entnommen und fasst die Einteilung zusammen (2). Antibiotikagruppe Leitsubstanz Acylureidopenicilline 3./4.GenerationsCephalosporine Carbapeneme Piperacillin Cefotaxim und/oder Ceftazidim Imipenem und/oder Meropenem Ciprofloxacin Fluorchinolone Enterobakterien 4MRGN R R Acinetobacter baumannii 3MRGN 4MRGN R R R R R R S R R R R R 3MRGN R R 4MRGN R R S R Pseudomonas aeruginosa 3MRGN Nur eine der 4 Antibiotikagruppen wirksam (sensibel) Diagnostik: Die Feststellung einer Besiedelung oder Infektion mit 3MRGN und 4MRGN erfolgt in der Regel im Rahmen der bakteriologischen Untersuchung auf Keime und Resistenz. Zusätzlich zur therapeutischen Interpretation der Ergebnisse der Resistenztestung in sensibel (S), intermediär (I) und resistent (R) empfiehlt die KRINKO eine Einordnung gramnegativer Erreger in à3 MRGN (Multiresistente gramnegative Stäbchen mit Resistenz gegen 3 der 4 Antibiotikagruppen) à4 MRGN (Multiresistente gramnegative Stäbchen mit Resistenz gegen 4 der 4 Antibiotikagruppen) Bei Nachweis von besonderen Resistenzen wird diese Einstufung im mikrobiologischen Befund unter der Rubrik „Krankenhaushygienische Bewertung“ mitgeteilt. Der Nachweis von Stämmen, die als 4 MRGN eingestuft werden, wird zusätzlich telefonisch bzw. per Fax übermittelt. Bei stationären Patienten erfolgt ebenfalls eine Befundmitteilung an die zuständige Krankenhaushygiene-Abteilung. Hinweis: Bei der Einteilung in 3MRGN und 4 MRGN müssen auch Besonderheiten einzelner Erreger, therapeutische Optionen, Patientensituation, genetische Marker, berücksichtigt werden, daher kann diese sehr schwierig sein und folgt nicht immer dem Schema der obenstehenden Tabelle. 2 Screening - Untersuchungen auf MRGN Ein aktives Screening und die Isolierung bis zum Befund erfolgt für Risikopatienten und Risikobereiche. Risikobereiche sind nach individueller Risikoabwägung, z. B. auf Basis des Patientengutes und baulichstruktureller Gegebenheiten festzulegen, wobei Intensivstationen, inklusive der Neonatologie und hämatologisch-onkologische Stationen als Bereiche mit besonders gefährdeten Patienten gelten. Als Risikopatienten gelten Patienten mit kürzlichem Kontakt zum Gesundheitssystem in Ländern mit endemischem Auftreten und Patienten die zu 4MRGN-positiven Patienten Kontakt hatten, d. h. im gleichen Zimmer gepflegt wurden. Erregergruppe Enterobacteriaceae Acinetobacter baumannii Pseudomonas aeruginosa Grundsätzlich zu erwägen bei Screening - Material Rektalabstrich, Stuhl, ggf. Urin Mundschleimhaut u. Leiste Rektalabstrich u. Rachenabstrich Wunden, falls intubiert Trachealsekret Bitte beachten Sie, dass Screening-Untersuchungen nur die Untersuchung auf die 3/4-MRGN-Erreger berücksichtigen. Eine darüber hinaus gehende Diagnostik muss mit einem extra entnommenen Material erfolgen. Meldepflicht: 4 MRGN weisen immer eine zusätzliche Resistenz gegen die Gruppe der Carbapeneme (z.B. Imipenem, Meropenem) auf. Sie fallen daher in Sachsen unter die meldepflichtigen Erreger. Eine Meldepflicht besteht bei Nachweis einer Infektion oder Kolonisation. Enterobacteriaceae Acinetobacter baumannii Pseudomonas aeruginosa Mit erworbenen Carbapenemasen oder erworbener eingeschränkter Carbapenemempfindlichkeit Mit erworbenen Carbapenemasen oder erworbener eingeschränkter Carbapenemempfindlichkeit mit erworbenen Carbapenemasen oder bei gleichzeitigem Vorliegen von phänotypischer Resistenz gegen Acylureidopenicilline, Cephalosporine der 3./4.Generation, Carbapeneme und Fluorchinolone ) Zur Meldung wurde ein neues Labormeldeformular Meldepflichtige Nachweise von multiresistenten Erregern eingeführt (berücksichtigt auch MRSA). Die Meldung erfolgt vom Labor aus an das zuständige Gesundheitsamt. Gleichzeitig wird der Einsender über die Meldung im Befund (Fax) informiert. Krankenhaushygienische Maßnahmen: Ziel der KRINKO- Empfehlungen ist es, die Übertragung von multiresistenten gramnegativen Erregern einzudämmen. Detaillierte Angaben zu Epidemiologie, Screening, Überwachung und Behandlung von Patienten mit MRGN werden gemacht. Festlegungen, wie in stationären Einrichtungen zu verfahren ist, werden von der zuständigen Abteilung Krankenhaushygiene getroffen. Siehe dazu auch die Tab. 5 Seite 1344 in den KRINKO–Empfehlungen (1), welche wir auf Anfrage gern zur Verfügung stellen. Bei der Zusammenarbeit mit dem Labor steht die Informationsweitergabe von Laborbefunden an behandelnde Ärzte und Hygienefachpersonal im Mittelpunkt. Wir bieten Ihnen an, sie bei der Erfassung, dem Screening und der Einstufung von resistenten Bakterienisolaten zu beraten und zu unterstützen. Statistiken über das Vorkommen multiresistenter Erreger können über unser Hybase-Statistikprogramm erstellt werden. Ansprechpartner: Dr. rer. nat. Ulrike Grimmer, Dr. rer. nat. Simone Geyer Literatur: (1) Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedelung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI). Bundesgesundheitsbl. 2012 · 55:1311–1354 (2) Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz über die Erweiterung der Meldepflicht für übertragbare Krankheiten und Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSGMeldeVO)1 vom 3. Juni 2002 rechtsbereinigt mit Stand vom 16. Dezember 2012 Nützliche Adressen: www.lua.sachsen.de ; www.rki.de Infektionsschutz Infektions-und Krankenhaushygiene www.gesunde.sachsen.de - Gesundheitswesen - Öffentlicher Gesundheitsdienst - Infektionsschutz - Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten - Meldebögen zum Vollzug des IfSG