18. Deutsche MukoviszidoseTagung Einfluss von Tacholiquin auf die mukoziliäre Clearance bei cystischer Fibrose Würzburg 19.-21.11.2015 Hintergrund Bei der cystischen Fibrose führt eine Genmutation des CFTR- (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) Proteins über defekte Chloridkanäle unter anderem zu einer Erhöhung der Viskosität des Mucus im gesamten Bronchialsystem. Prof. Dr. med. Rainald Fischer, Lungenärztliche Praxis München-Pasing [email protected] Dr. med. Gerald Untersteiner, bene- Arzneimittel GmbH [email protected] Univ. Doz. Dipl.-Ing. Dr. techn. Wolfgang Strohmaier, SciPharm Sàrl [email protected] Die normale Zilienbewegung ist damit höhergradig behindert bzw. unmöglich. Die daraus resultierende, stark eingeschränkte mukoziliäre Clearance begünstigt eine Beeinträchtigung der Homöostase der Lunge, welche sich u.a. in einer ausgeprägten Erhöhung der Infektanfälligkeit äußert. Dadurch werden Verlauf und Prognose der Krankheit negativ beeinflusst. Die symptomatische Behandlung zielt unter anderem auf eine Reduktion der Viskosität des Lungensekrets ab. Dies gelingt indirekt durch Inhalation von hypertoner Salzlösung oder Zuckeralkoholen, wodurch eine Rehydrierung (=Verdünnungseffekt) des Mucus erfolgt, oder direkt durch Reduktion der Oberflächenspannung durch Detergentien. Ein solches ist Tyloxapol, ein nicht-ionischer Polyalkohol mit stark oberflächenaktiven Eigenschaften, welcher die Viskosität des Lungensekrets erniedrigt und damit eine partielle oder vollständige Immobilisation des Flimmerepithels verhindert. Tyloxapol wird seit vielen Jahren in gepufferter Form (Tacholiquin), unter anderem bei Atelektasen oder Bronchiektasie, als Inhalativum eingesetzt. Die Unbedenklichkeit gilt seit der Behandlung von Frühgeborenen mit Surfactantmangel bzw. kindlichem Atemnotsyndrom als erwiesen. Zielsetzung Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss von Tacholiquin (1% Tyloxapol, 5% Glycerin, 2% NaHCO3) auf die Zilienbewegung in Explantaten von respiratorischem Epithel (Trachea, Bronchi) von CF- Patienten nach Lungentransplantation (LTX). Methoden und Materialien Die Untersuchung wurde am Mucil Air™- CF Model (Epithelix Sàrl) durchgeführt. Es wurden 3 Explantate von respiratorischem Epithel von 3 verschiedenen CF- Spendern verwendet. Das über 60 Tage kultivierte Epithel war zu Beginn des Tests mit typischerweise zähflüssigem Mukus bedeckt. Es wurde 30µl Tacholiquin (1:2000), welches detektierbare Mikropartikel enthielt, auf die apikale Zelloberfläche des Epithels aufgetragen. Die Ziliaraktivität wurde mittels Hochleistungsmikroskop und -kamera erfasst. Messungen erfolgten vor Zugabe von Tacholiquin und unmittelbar nach Applikation (0 min). Folgend wurde nach 3 min., 6 min., 10 min., 20 min., 30 min., 60 min., 120 min, 24h und 48h gemessen. Durch die Feststellung der Geschwindigkeit jedes einzelnen Partikels konnte die mittlere Geschwindigkeit der mukoziliären Clearance errechnet werden. Ergebnisse Es zeigte sich bei allen Spenderexplantaten ein unmittelbarer Anstieg der Geschwindigkeit der Partikelbewegung und dies bereits in der ersten Minute nach Applikation von Tacholiquin. 25.0 microns per second Das Maximum der Geschwindigkeit war nach 120 min erreicht, wobei ein prolongierter Effekt bis 48 h nach Applikation nachweisbar war. Die mukoziliäre Clearance, welche ohne Detergens bei 0 lag, erhöhte sich unmittelbar nach Applikation von Tacholiquin auf 12µm/s und erreichte ein Maximum von 22µm/s. 30.0 20.0 15.0 10.0 5.0 0.0 Video: Flimmerschlag nach Applikation von Tacholiquin average before expo- 0 min 3 min 6 min 10 min 20 min 30 min 60 min 120 min sure 0.0 11.8 12.2 11.9 12.5 14.5 16.3 19.6 21.8 24 h 48 h 17.7 12.1 Diskussion und Zusammenfassung Literatur Khanal A; Surfactant Driven Post-Deposition Spreading of Aerosols on Complex Aqueous Subphases. 1: High Deposition Flux Representative of Aerosol Delivery to Large Airways. Aerosol Med Pulm Drug Deliv. 2015 Marcinkowski AL; Postdeposition dispersion of aerosol medications using surfactant carriers. J Aerosol Med Pulm Drug Deliv. 2008 Donaldson SH and Boucher RC; Sodium Channels and Cystic Fibrosis CHEST. 2007 A double-blind, placebo controlled, randomized crossover trial to characterize the mucolytic effectiveness of Tacholiquin® in chronic bronchitis ; Data on file; NCT02515799 clinicaltrials.gov bene_Poster_Tacholiquin_2015.indd 1 Die Dehydratation an der apikalen Zelloberfläche des Respirationstraktes gilt als anerkannter pathognomonischer Faktor bei der cystischen Fibrose (Donaldson und Boucher 2007). Das verwendete in vitro Modell repliziert diese Verhältnisse u.a. durch hochvisköse Mukuslast in geeigneter Weise. Die Ergebnisse aus unserem Versuch zeigen, dass nach Applikation des Detergens Tacholiquin eine unmittelbar auftretende Verflüssigung des Schleims (0 min- 3 min) sowie eine rasche und nachhaltige Verbesserung der ziliaren Bewegung bzw. der Transportfunktion erreicht werden kann. Das enthaltene Tyloxapol vermag aufgrund seiner oberflächenaktiven Eigenschaften die kompakten und zähflüssigen Schleimschichten zu durchdringen, welche die normale Ziliarfunktion beeinträchtigen. Auf diese Weise verbessert es die mukoziliäre Clearance und fördert die Expektoration. Es konnte bereits gezeigt werden, dass dies auch zu einer verbesserten Verteilung bzw. Absorption von simultan inhalierten Therapeutika führt (Khanal 2015, Marcinkowski 2008). Selbst stark verdünntes Tacholiquin (1:2000), welches der physiologischen in vivo Verfügbarkeit nach Inhalation nahekommen sollte, ist in der Lage die Funktion des Flimmerschlages signifikant zu verbessern. Anhand unserer Untersuchungen lässt sich das volle Potential von Tacholiquin für die Behandlung der cystischen Fibrose noch nicht abschätzen. Die klinische Evidenz aus einer 2014 bei COPD Patienten durchgeführten Studie („Mucolytic effectiveness of Tacholiquin in chronic bronchitis“) zeigt jedoch insbesondere die Effektiviät des Detergens bei Erkrankungen mit krankhaft geschädigtem Atemwegsepithel. Unsere Ergebnisse stellen ein interessantes Signal dar. Inwieweit Tacholiquin die Prognose bei cystischer Fibrose verbessern kann, sollte in weiteren Untersuchungen geklärt werden. 16.11.15 11:41