Komorbidität von Depression und körperlichen Krankheiten 40 %aller Patienten mit somatischen Krankheiten entwickeln eine Depression, Angststörung oder Anpassungsstörung Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Suizidalität im Alter 45. - 60. Lebensjahr 24 Suizide/100.000 Einwohner 75. - 80. Lebensjahr 38 Suizide/100.000 Einwohner 85. - 90. Lebensjahr 44 Suizide/100.000 Einwohner Männer sind gefährdeter als Frauen Red Flags Abwendbar gefährliche Verläufe Suicidalität Suicidalität Schwere Komorbidität weiterer psychischer Krankheiten medizinisch unnötige Interventionen Psychotische Symptome schlechter Verlauf chronischer Krankheiten Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Die allgemeinen Behandlungsziele sind: Verbeugung von Verschlechterung chronischer Erkrankungen und die Chronifizierung unspezifischer Körperbeschwerden; die Verkürzung der Episode und die Verringerung der Symptome mit dem Ziel der Wiederaufnahme beruflicher Tätigkeit, der Alltagsaktivität und Teilhabe; Verringerung der Mortalität durch Suizid sowie die Vorbeugung von Rezidiven. Je nach Lebenssituation ergeben sich individuelle Ziele die mit den Patienten und Patientinnen besprochen werden sollten. Bei jeder chronischen Krankheit das mögliche Vorliegen einer komorbiden Depression aktiv erfragen Was ist was? Wechselwirkungen zwischen körperlicher Erkrankung und Depression berücksichtigen zu Beginn und im Verlauf beobachtet werden und weitere psychische Erkrankungen erfragt werden Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Zweifragentest Fühlten Sie sich im letzten Monat häufiger niedergeschlagen, traurig bedrückt oder hoffnungslos? Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun? WHO-5 Fragebogen Ein Ergebnis unter 13 Punkten spricht für eine depressive Symptomatik. Hauptsymptome Beispielfragen Depressive Stimmung „Haben Sie sich in den letzten zwei Wochen niedergeschlagen oder traurig gefühlt?“ Interessenverlust und Freudlosigkeit „Haben Sie in der letzten Zeit das Interesse oder die Freude an wichtigen Aktivitäten (Beruf, Hobby, Familie) verloren?“ Erhöhte Ermüdbarkeit und Antriebsmangel „Fällt es Ihnen schwer, die Aufgaben des Alltags wie gewohnt zu bewerkstelligen?“ Zusatzsymptome Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen „Haben Sie Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren?“ „Fühlen Sie sich so selbstsicher wie sonst?“ Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit „Machen Sie sich häufig Selbstvorwürfe?“ Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven „Sehen Sie die Zukunft schwärzer als sonst?“ Suizidgedanken/ Suizidhandlungen „Geht es Ihnen so schlecht, dass Sie über den Tod nachdenken oder daran, dass es besser wäre, tot zu sein?“ „Hatten oder haben Sie konkrete Pläne, sich etwas anzutun?“ „Haben Sie versucht, sich etwas anzutun?“ „Gibt es etwas, was Sie am Leben hält?“ Schlafstörungen Verminderter Appetit „Schlafen Sie mehr/weniger als sonst?“ „Hatten Sie mehr/weniger Appetit in der letzten Zeit?“ Einteilung Leichte Episode 2 Haupt- und 2 Zusatzsymptome Mittelschwere Episode 2 Haupt- und 3 Zusatzsymptome Schwere Episode 3 Haupt- und 4 oder mehr Zusatzsymptome Differentialdiagnose von Erschöpfung und herabgesetzter Stimmung/Traurigkeit Depression körperliche Erkrankungen, die der Depression ähnlich sind: Schlaf-Apnoe Hypothyreose besonders im Alter Lebererkrankungen wie PBZ Infektionserkrankungen z.B. Hepatitiden Zöliakie Chronische Krankheiten wie Karzinome, Herz und Niereninsuffizienz, COPD, Hirnorganische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose, Demenz oder beides liegt vor andere psychische Erkrankungen (z.B. Essstörungen) oder Folgen chronischer Krankheiten Trauer über den Verlust körperlicher Integrität Medikamentöse Folgen: Antihypertonika: beta-Blocker, Clonidin, selten ACE-Hemmer Immuntherapeutika wie Interferon Benzodiazepine, trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika Antihistaminika (Müdigkeit) Opiate Parkinsonmittel Soziale Auswirkungen der Krankheit (Armut, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit) Anpassungsstörung an chronische Krankheit oder schweren Verlust (Trauerreaktion lässt nach 2 Monaten nach, Ansprechbarkeit für positive Ereignisse erhalten, nicht begleitet von Selbstzweifel und Suizidgedanken) Dysfunktionale Beziehungsmuster Ich esse doch nicht viel! Hoffentlich macht er mir keine Vorwürfe! Ich weiß doch, dass ich dick bin! Er wird eh nicht machen, was ich vorschlage! Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Übergewicht ist die Hauptursache für die Zuckerkrankheit! Sie müssen nur 5 kg abnehmen… Der Hausarzt reflektiert das dysfunktionale, depressive Beziehungs- und Verhaltensmuster: Grundmuster unerfüllter Versorgungssehnsucht Zuwendung durch Anstrengung verdienen Passive Erwartungshaltung in Beziehungen Wut lauert hinter altruistischen Anstrengungen Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Das Pechskind Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Depressiver Modus regressive Verstrickungen Arzt nimmt die Überforderung an und ist erschöpft, genervt u. hilflos Patient fordert viel Versorgung u. Nähe-idealisiert den Arzt Arzt versagt- wie alle Bleibt passiv Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Der traurig enttäuschte Patient! Ein Feld für den Helfer! Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Folgen für das diagnostische und therapeutische Handeln Passivität des Patienten führt zur Überforderung des Arztes. Nicht für den Patienten handeln! Nicht seine Passivität fördern! Vorsicht Idealisierung! Keine Ratschläge! Nicht Beschämen und Drohen! Aggressive Verstrickung Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Depressiver Modus Aggressive Verstrickungen en Patient bleibt passiv nichts hilft entwertet den Arzt Arzt nimmt Ärger an und reagiert aggressiv Schickt weg, droht Mögliche iatrogene Schäden Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Folgen für das diagnostische und therapeutische Handeln Vorwürfe und Entwertung führen auf der Arztseite zu Ärger, der sich zeigt Wegschicken Drohenden Interventionen zuviel Diagnostik oder Therapie mit möglicher iatrogener Schädigung Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Gleichzeitige Behandlung von Depression und körperlicher chronischer Krankheit Bei allen DMPs mögliche, auf mögliche, depressive Symptome achten (kritische Lebensereignisse) und aktiv ansprechen! Hellhörig werden bei Non Adherence! Auf Suizidalität achten! Wechselwirkungen zwischen Depression und körperlicher Erkrankung beachten! Behandlungspfade gemeinsam abstimmen Rezidivprophylaxe Instrumente hausärztlicher Basisbehandlung Das hausärztliche Gespräch Resourcenorientierte Interventionen Psychoedukation Psychosoziale Massnahmen Medikamentöse Therapien Koordination der Gesamtbehandlung Hausärztliche Basisbehandlung depressiver Patienten Das hausärztliche Gespräch Schaffung einer vertrauensvollen Beziehung durch Zuhören und Annehmen des Leids Biografische und soziale Anamnese Gemeinsame Suche nach kritischen Lebensereignissen und aktuellen Kränkungen und ihre Besprechung Ansprechen von Gefühlen Das Krankheitsmodell des Patienten erfragen Psychoedukation Ressourcenorientierte, verbale Interventionen zur Förderung der Selbstkompetenzen des Patienten wertschätzen bisheriger Bewältigungsmuster loben (beschämen, drohen und bestrafen vermeiden) konstruktive Erinnerungen stärken Erwartungen des Patienten klären und realistische Ziele vereinbaren Zeitliche Struktur weiterer Termine vereinbaren und Gespräch beenden Danke! www.irisveit.de [email protected] Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Schaffung einer vertrauensvollen Beziehung durch Zuhören und Annehmen des Leids Benennen und Klären von Gefühlen der Versorgungssehnsucht, der Kränkung und der Wut und ihre Wertschätzung: „Ich kann verstehen, dass Sie dieses Verhalten sehr gekränkt hat. Ihre Enttäuschung ist verständlich.“ und Erfahrungen zusammenfassen (z.B. „Ich sehe, dass Sie traurig/deprimiert/enttäuscht sind“, „Ich sehe dass Sie viel Schlimmes erlebt haben.") Biografische und soziale Anamnese aktuelle Familiensituation („Was sagt Ihre Frau/Ihr Mann dazu, woher Ihre Beschwerden kommen?“), Verlusterfahrungen (z.B. Tod eines Elternteils), psychische Erkrankungen bei frühen Bezugspersonen, Vernachlässigung oder traumatische Erfahrungen in der Kindheit (z.B. sehr junge Eltern bei Geburt, Hinweise auf nicht ausreichend gute Elternbeziehungen, Kriegskinder) erlerntes Verhalten in der Herkunftsfamilie, bisherige Bewältigungsstrategien und Lebensleistungen Gemeinsame Suche nach kritischen Lebensereignissen und psychosozialen Problemen Kränkungserlebnissen oder Verluste als mögliche Auslöser der gegenwärtigen Episode : „Wann fingen diese Beschwerden an, und was hatte sich da in Ihrem Leben geändert?" „Was sagen Ihre Arbeitskollegen/Ihr Chef zu Ihren Beschwerden?“ In Verlaufsgesprächen: „Was hat sich verändert?“ „Was hat Ihnen gut getan?“ „Wie kommt Ihre Familie mit Ihren Änderungen zurecht?“ Das Krankheitsmodell des Patienten erfragen: „Was ist Ihre eigene Ansicht über die Ursache Ihrer Beschwerden?“ Psychoedukation: Vermittlung eines biopsychosozialen Modells Depression und körperliche Erkrankung „Bald werden Sie wieder Mut fassen und sich Änderungen zutrauen.“ Dabei auf Kenntnisse aus der Anamnese zurückgreifen. Wortwahl dem Patienten anpassen Psychoedukation Psychoedukative Angebote für Betroffene und Angehörige sollten zur Verbesserung des Informationsstands, der Akzeptanz und der Patientenmitarbeit im Rahmen einer Gesamtbehandlungsstrategie als sinnvolle Ergänzung angeboten werden. Behandlungswege Der Hausarzt berät den Patienten über und ihre Gewichtung entsprechend der Prinzipien der partizipativen Entscheidungsfindung, weil in Abhängigkeit vom Schweregrad gleichwertige Therapieoptionen vorliegen Erwartungen des Patienten klären und realistische Ziele vereinbaren (z.B.: „Wenn Sie drei Wünsche frei hätten...?“). Ressourcenorientierte, verbale Interventionen zur Förderung der Selbstkompetenzen des Patienten Kleine Schritte der Verhaltensänderungen loben. Würdigung der Lebensleistung und seines bisherigen Bewältigungsmusters (z.B.: „Es ist Ihnen gelungen, schlechte Erfahrungen in Gutes umzuwandeln.“ „Sie setzen sich ein für Andere. Was tun Sie für sich?“ „Jetzt müssen Sie für sich selber sorgen und für sich selber aktiv werden, was Sie bisher eher für andere waren.“) Zeitliche Struktur weiterer Termine vereinbaren und Gespräch beenden Beendigung des Gesprächs durch z.B.: „Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?“ „Dieses zuletzt angesprochene Thema ist zu wichtig, als das wir es am Ende unseres Gesprächs kurz abhandeln.“ Ressourcenorientierte, Interventionen Bewegung bes. in Gruppen Anregung einer achtsamen Haltung Pflege guter Beziehungen bzw. zur Aufnahme sozialer Kontakte Psychosoziale Massnahmen Im sozialen Umfeld/Familie : Verständnis für die Erkrankung und therapeutische Begleiterscheinungen schaffen psychosoziale Therapien (Ergo-und Soziotherapie und psychoedukative Gruppen) psychosoziale Hilfsangebote und Angebote zur Selbsthilfe vermitteln . Angebot zur Entlastung: Krankschreibung, Haushaltshilfe, Kinderbetreuung; ggf.(teil-) stationäre Behandlung oder Reha. Medikamentöse Therapien Konzentration auf wenige Medikamente, deren Interaktion und Nebenwirkungsspektrum der Hausarzt kennt. Geeignet sind trizyklische AD und selektive Serotonin-Wiederaufnahme Hemmer (SSRIs), Johanneskraut möglich bei leichter und mittelschwerer Depression. Um die Adherence zu verbessern, klärt der Arzt vor Behandlungsbeginn über Wirkungsweise, Wirkeintritt (Latenz ca. 2 Wochen), mögliche Nebenwirkungen und darüber auf, dass diese Medikamente weder zur Abhängigkeit noch zu Persönlichkeitsveränderungen führen. Behandlungspfade Leichte Depression: Gemeinsames Beobachten Mittelschwere Depression: Medikamente können helfen Psychotherapie=Medikamente Schwere Depression: Immer Medikamente +Psychotherapieimmer Facharzt für Psychiatrie oder Facharzt für Psychosomatik Antidepressiva potentiellen Interaktionen mit anderen Arzneimitteln Bei KHK-Patienten Sertralin oder Citalopram. Bei komorbiden Schmerzen trizyklische Antidepressiva. Für weitere Informationen sei auf die NVL und eine britische Leitlinie verwiesen Durchführung und Überwachung der Erhaltungstherapie die Erhaltungstherapien psychotherapeutischer Interventionen zwischen zehn und sechs und 30 Sitzungen verteilt auf sechs bis 36 Monate die medikamentöse Therapie vier bis neun Monate nach Remission fortgesetzt werden muss in derselben Dosis wie in der Akuttherapie bei rezidivierenden depressiven Episoden über 2 Jahre Rezidivprophylaxe alle drei Monate Gesprächstermin (z.B. in Kombination mit DMP). In diesen Bilanzgesprächen will die Hausärztin oder der Hausarzt Beobachtungen und Veränderungen erfahren, den Kontext der Beschwerden klären und Ressourcen orientiert intervenieren und parallel Therapieoptionen überdenken, entscheiden oder offenhalten. Bei gleichzeitigem Vorliegen einer somatischen Erkrankung vermeidet sie/er alle beschämenden oder Angst auslösenden Äußerungen. Sie/er bewahrt den Patienten vor medizinisch unnötigen, möglicherweise schädigenden Interventionen. Sie/er weiß um die Wechselwirkungen mit den somatischen Erkrankungen und hält eine aufmerksame Haltung für Änderungen der Beschwerden und unter Beachtung somatischer Erkrankungen aufrecht und beachtet die körperliche Untersuchung. Komorbiden Diabetikern soll eine Psychotherapie empfohlen werden. Rezidive treten meist im Zusammenhang kritischer Lebensereignisse auf. Wichtiger Wirkfaktor ist die Arzt Patient Beziehung Akzeptanz (Probleme weder verurteilen noch bagatellisieren), Fürsorge, Bindung und einer anders als nach bisheriger Erfahrung verlaufenden Beziehung, Selbstkompetenz Frühe Bindungserfahrungen prägen spätere Beziehungsmuster Frühe Beziehungen gestalten das innere Bild von sich und den anderen Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Hilfreiche Interventionen Gefühle ansprechen „Ich nehme viel Unmut bei Ihnen wahr!“ „Ich sehe viel Ärger bei Ihnen.“ Lebensleistungen loben Ressourcenorientierung mit dem Ziel die Selbstkompetenz zu steigern Ziele vereinbaren Dr.med Iris Veit-Fachärztin für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Burnout Verbunden mit Enttäuschung über mangelnde Anerkennung Koordination der Gesamtbehandlung in der Akutphase In der Akutphase: Anfangs wöchentlich, dann vierwöchentliche Kontrolltermine. Durchführung und Überwachung der Erhaltungstherapie. Kooperation mit Psychiatern und Psychotherapeuten zwecks konsiliarischer Beratung und Mitbehandlung. Information von Mitbehandlern. Koordination medikamentöser und nichtmedikamentöser Maßnahmen. Koordination der LangzeitbehandlungRezidivprophylaxe alle drei Monate Gesprächstermin (z.B. in Kombination mit DMP). Rezidive treten meist im Zusammenhang kritischer Lebensereignisse auf. Aufmerksamkeit für Änderungen der Beschwerden und Wechselwirkungen behalten und körperlich untersuchen Der Hausarzt reflektiert dysfunktionale Beziehungs- und Verhaltensmuster: Überforderung, bedingt durch den Wunsch, vermisste Geborgenheit und Anerkennung durch eigene Anstrengungen (Altruismus) zu verdienen, oder passive Erwartungshaltung gegenüber Anderen. Auf Seite des Arztes: Überforderung durch die übermäßige Forderung nach Versorgung oder Ärger durch die Passivität des Patienten.