Einführung in die Volkswirtschaftslehre WS 2006/2007 Einführung VWL 2006/07 Organisatorisches Alle Folien im Netz Kommentierte Gliederung Alle Termine der Vorlesung, Videoübertragung und Übung Übung: Enthält alle notwendigen Literaturhinweise Alle 14 Tage Di. anstelle der Vorlesung Gleiche Übung noch einmal Donnerstags 20:45 – 22:15 an Stelle der Videoübertragung. Sprechstunde: JW: Donnerstags 15:00 bis 17:00 Uhr Geb. 22, Teil C, 2. Stock, Zi. 210 SR: Donnerstags 17:00 bis 19:00 Uhr Geb. 22, Teil C, 2. Stock, Zi. 207 2 Einführung VWL 2006/07 Literatur Zentral: Mankiw, G.N.: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 3. Aufl., Stuttgart 2004 Samuelson, P.A., Nordhaus W.D., Volkswirtschaftslehre, Landsberg, a. L., 2005 Für spezielle Themen: Riechmann. T., Spieltheorie, München 2002. Wellisch, D., Finanzwissenschaft II, Theorie der Besteuerung, München 2000. Weimann, J., Wirtschaftspolitik, Allokation und kollektive Entscheidung, 4. Aufl. 2006. 3 1. Ein erster Überblick Mankiw, Kap. 1 Einführung VWL 2006/07 1.1 Das Knappheitsproblem Ausgangspunkt aller Überlegungen: Fast alle Güter, die für Menschen einen Wert haben, sind knapp Soll heißen: Sie sind nicht in einer Menge vorhanden, die es erlaubt, alle darauf gerichteten Ansprüche zu befriedigen! Knappheit kann man nicht abschaffen! Zitat eines berühmten Absolventen der London School of Economics (LSE): „You can‘t always get what you want“ Mick Jagger Rolling Stones 5 Einführung VWL 2006/07 • Die Lösung des Knappheitsproblems kann nicht darin bestehen, dass man die Knappheit „besiegt“ • Die Lösung ist vielmehr die Bewirtschaftung knapper Ressourcen Ökonomik ist die Wissenschaft von der Bewirtschaftung knapper Ressourcen! •Frage: Wann ist eine Bewirtschaftung erfolgreich? Wie beurteilen wir das? Was ist das Ziel der Bewirtschaftung? Das Beste, was man angesichts nicht zu beseitigender Knappheit erreichen kann, ist die Abwesenheit von Verschwendung! 6 Einführung VWL 2006/07 Pareto Abwesenheit von Verschwendung = Effizienz Effizienz im Sinne von Pareto: „Eine Situation ist dann Pareto-effizient, wenn es nicht möglich ist, ein Individuum besser zu stellen, ohne ein anderes dabei schlechter zu stellen.“ Mit weniger sollten wir nicht zufrieden sein Effizienz schließt ein, dass wir Ressourcen so verwenden, dass die Knappheitslage möglichst weit entspannt werden kann! Alle Produktionsmöglichkeiten ausschöpfen! Alle Handels- und Spezialisierungsvorteile nutzen 7 Einführung VWL 2006/07 1.2 Einige grundlegende Einsichten Mankiws 10 „Regeln“ Im Folgenden: Keine detaillierte Darstellung, sondern Einige zentrale Punkte, die beispielhaft beleuchten sollen, „wo es lang geht“ Später werden (fast) alle diese Punkte noch ausführlich behandelt werden. 8 Einführung VWL 2006/07 1. Menschen müssen ständig unter Alternativen wählen Menschen haben dabei wirklich „die Wahl“ Wie sollen Entscheidungen getroffen werden? Es geht um die Frage, wie knappe Ressourcen verwendet werden. Beispiel Zeit: Wie verwende ich die mir zur Verfügung stehende Zeit? Es gibt Alternativen zur Vorlesung! Beispiel Einkommen: Wofür gebe ich Geld aus? Beispiel Produktion: Autos bauen oder Atomkraftwerke? individuell als Gruppe als Gesellschaft? Zentrale Themen der VWL: Entscheidungstheorie Theorie kollektiver Entscheidungen Allokationstheorie 9 Einführung VWL 2006/07 2. Die Kosten für das Eine sind der Verzicht auf das Andere Rationale Entscheidungen erfordern die Abwägung von Kosten und Nutzen. Entscheidend sind dabei die sog. „Opportunitätskosten“ Sie entsprechen dem Wert dessen, was durch die Entscheidung entgeht. Die Opportunitätskosten der Vorlesung hängen damit von ihren Alternativen ab! Sind sie in Magdeburg höher oder niedriger als in München? Auch der Einsatz von Ressourcen in der Produktion verursacht Opportunitätskosten! Warum? 10 Einführung VWL 2006/07 3. Rationale Entscheidungen setzen Marginalbetrachtungen voraus Abwägung von Kosten und Nutzen nach dem Marginalprinzip: Was kostet die nächste Einheit: Grenzkosten (GK) Was bringt die nächste Einheit: Grenzertrag (GE) Für rationale Produktionsentscheidungen sind deshalb Grenzkosten und nicht Durchschnittskosten relevant! Weitere Anwendungen: Solange GE > GK lohnt sich die nächste Einheit! Für das Arbeitsangebot ist der Grenzsteuersatz entscheidend. Ob ich weiter für die Klausur lerne hängt vom Grenzertrag einer weiteren Stunde ab. Sind die Niveaus nicht auch wichtig? Schon, denn auch wenn GE > GK gelten sollte, kann DK > DE gelten und dann sollte man die ganze Sache abblasen! 11 Einführung VWL 2006/07 4. Menschen reagieren auf Anreize Fundamentale Einsicht, die sehr häufig missachtet wird. Anreizwirkung von Preisen ist offensichtlich Beachte Anreizwirkung von Steuern! Manchmal sind Anreizwirkungen schwer abzuschätzen: Cobra Effekt Wirkung der Anschnallpflicht Anreizeffekte sind besonders für die Politik wichtig Wenn der Benzinpreis steigt, fahren Menschen weniger/langsamer Auto. Politik setzt Regeln fest, an die sich die Menschen anpassen. Geänderte Regeln verändern das Verhalten Beispiel Tabaksteuer Anstieg des Steuersatzes kann zu Rückgang des Aufkommens führen Mehr Nichtraucher Mehr Schmuggler Beispiel Luxussteuer 12 Einführung VWL 2006/07 5. Durch Tauschvorgänge (Handel) werden alle Beteiligten besser gestellt Klar: Ein (freiwilliger) Tausch zwischen zwei Menschen kommt nur zustande, wenn sich beide dadurch besser stellen. Die Kehrseite des Handel ist die Arbeitsteilung freiwilliger Tausch bedeutet eine Pareto-Verbesserung Schafft enorme Produktivitätsvorteile Hohe Spezialisierungsgewinne Deshalb auch Pareto-Verbesserung Vorteilhaftigkeit des Handels gilt auch für Länder! Durch freien Handel profitieren alle daran beteiligten Länder! 13 Einführung VWL 2006/07 6. Märkte sind gut für die Organisation des Wirtschaftslebens. Eine historische Erfahrung: Ökonomien, die versucht haben den Markt durch zentrale Planung zu ersetzen, sind zusammengebrochen Die Marktwirtschaft hat sich als überlegenes Organisationsprinzip erwiesen. Eine Ursache dafür ist die Tatsache, dass Marktpreise hervorragende Steuerungsinstrumente sind. Im Idealfall signalisieren Preise die Knappheit von Gütern und die tatsächlichen Kosten ihrer Produktion. Indem Menschen sich an diesen Preisen orientieren, beachten sie den tatsächlichen Nutzen und die tatsächlichen Kosten. Das ist die Voraussetzung für effiziente Entscheidungen. 14 Einführung VWL 2006/07 Märkte Dezentrale Allokation führt nicht zum Chaos! Voraussetzung ist, dass Preise frei „beweglich“ sind. Nur dann können sie tatsächliche Kosten widerspiegeln und Veränderungen von Angebot und Nachfrage richtig reflektieren. Staatliche Eingriffe in das Preissystem sind deshalb problematisch. Leider aber nicht selten. Führt häufig zu massiven Ineffizienzen. 15 Einführung VWL 2006/07 7. Manchmal kann der Staat die Situation verbessern Im Prinzip sind Märkte in der Lage, eine effiziente Allokation hin zu bekommen. Aber: Es gibt Fälle des Marktversagens. Märkte erzeugen dann keine Pareto-effiziente Allokation Externe Effekte, öffentliche Güter Dann kann im Prinzip der Staat eingreifen und Effizienz herstellen Zentraler Gegenstand der Vorlesung „Wirtschaftspolitik“ 16 Einführung VWL 2006/07 8. Die Wohlfahrt eines Landes hängt davon ab, wie viel es produziert. Und damit von seiner Produktivität Produktivität ist von vielen Dingen abhängig: Kapitalausstattung Zugang zu moderner Technologie Ausbildung der Arbeitnehmer (Humankapitalbestand) Produktivität hängt nicht davon ab, wie viel in einem Land konsumiert wird! Internationaler Wettbewerb steigert die Produktivität! Damit ist gemeint, wie viel pro Arbeitsstunde produziert wird. Zwingt dazu, immer produktiver zu werden! Protektionismus senkt die Produktivität! Offene Exportorientierte Volkswirtschaften mit durchlässigen Grenzen sind produktiver! Allerdings kann hohe Arbeitsproduktivität ein Dilemma für diejenigen schaffen, die nur geringe Qualifikationen besitzen: Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter in Deutschland! 17 Einführung VWL 2006/07 9. Inflation entsteht, wenn zu viel Geld in Umlauf ist „Geld“ hat eine sehr wichtige Funktion Damit das Geldsystem funktioniert, muss man darauf vertrauen können, dass es seinen Tauschwert behält. Inflation kann dieses Vertrauen erschüttern 1921 kostete eine Tageszeitung 30 Pfennige 1922 kostete die gleiche Zeitung 70.000.000 Mark Die Ursache für Inflation ist ein zu schnelles Wachstum der Geldmenge Als allgemeines Tauschmittel senkt es die Transaktionskosten Deshalb ist die Versorgung der Wirtschaft mit genau der richtigen Menge Geld so wichtig Aufgabe der Zentralbank (EZB) Geldpolitik ist ein zentraler Bestandteil der Makroökonomik 18 Einführung VWL 2006/07 10. Kurzfristig besteht ein tradeoff zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit?! In Makroökonomischen Fragen sind die Ökonomen weniger einig als in der Mikroökonomie. Die Frage, ob es tatsächlich einen kurzfristigen tradeoff gibt, ist umstritten. Langfristig kann man – da sind sich alle einig – durch Inflation Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen. 19 2. Die Methoden der Wirtschaftswissenschaft Einführung VWL 2006/07 Ökonomik ist die Wissenschaft von der Ökonomie Was macht die Beschäftigung mit ökonomischen Fragen zu einer Wissenschaft? Die möglichst wertfreie Formulierung allgemein gültiger Theorien darüber, wie die Welt (die Ökonomie) funktioniert. Die Überprüfung der Theorie durch die Konfrontation mit Daten, die im Labor oder in der Realität gesammelt werden. Die Verbesserung der Theorie im Lichte der empirischen Befunde So funktionieren im Prinzip alle Wissenschaften 21 Einführung VWL 2006/07 2.1 Modelle Charakteristische Methode für die VWL (und wichtige Teile der BWL): Konstruktion mathematischer Modelle. Unterscheidet die Ökonomen von allen anderen Sozialwissenschaften Wie entsteht ein Modell? Erster Schritt: Man trifft Annahmen Über die Akteure: Wer tritt auf? Welche Ziele werden verfolgt? 22 Einführung VWL 2006/07 Modelle Über die Institutionen Welchen Regeln unterliegen die Akteure? Die Funktion von Annahmen: Baue damit einen Raum, in dem die Dinge analysierbar sind. Unterscheidet sich von der Wirklichkeit, wie eine Landkarte sich von der realen Welt unterscheidet. Eine Landkarte im Maßstab 1:1 macht keinen Sinn. Wir müssen von Details abstrahieren, wenn wir etwas verstehen wollen. 23 Einführung VWL 2006/07 Modelle Ein Beispiel: Die Produktionsmöglichkeitskurve Wenn wir Annahmen darüber treffen, welche Güter wir betrachten wie die Technologie aussieht wie die Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) eingesetzt werden, dann können wir die Produktionsmöglichkeiten einer Ökonomie einfach abbilden: Durch die Produktionsmöglichkeitskurve 24 Einführung VWL 2006/07 25 Einführung VWL 2006/07 Modelle Alle Punkte auf und unter der Kurve sind erreichbar effizient sind nur die auf der Kurve (z.B. C und A) von jedem Punkt auf der Kurve aus ist es nicht möglich, von beiden Gütern mehr zu produzieren Mehr PC‘s geht nur bei weniger Autos Das Austauschverhältnis ist die „technische Grenzrate der Transformation“ Punkt B ist zwar mit den Mitteln der Ökonomie erreichbar, ist aber nicht effizient: ausgehend von B kann von beiden Gütern mehr produziert werden. Pareto-Verbesserung 26 Einführung VWL 2006/07 Modelle Hinter der Produktionsmöglichkeitskurve steckt ein mathematisches Modell. Aussagen in diesem Modell gelten nur unter den Annahmen, die im Modell getroffen wurden Modelle haben den Vorteil, dass man den Zusammenhang zwischen Annahmen und Modellaussage genau abbilden kann. Frage: Wie baut man ein Modell, wenn ein ökonomischer Zusammenhang abgebildet werden muss, bei dem die Akteure in interdependenten Beziehungen zueinander stehen! Dafür braucht man ein spezielles Werkzeug: Die Spieltheorie! 27 Einführung VWL 2006/07 2.2 Elementare Einführung in die Spieltheorie (Achtung: Steht so nicht in Mankiw, aber bei Riechmann) Die Spieltheorie analysiert Entscheidungen von Akteuren (Spielern), die sich in einer strategischen Interaktion befinden. Wie in einem Gesellschaftsspiel! Der Erfolg des einen, hängt vom Verhalten des anderen ab und umgekehrt. Spieltheorie ist ein spezieller Teil der Entscheidungstheorie! Deshalb zunächst eine kleine Einführung in Entscheidungstheorie 28 Einführung VWL 2006/07 2.2.1 Elementare Voraussetzungen der Entscheidungstheorie 1. Man muss wissen was man will! Um eine Wahl zwischen den Ergebnissen einer Entscheidung treffen zu können, muss man angeben können, welche man vorzieht. Wird dadurch gesichert, dass eine vollständige und transitive Ordnung über die Entscheidungsergebnisse besteht. {e1 ,...,en } Sei die Menge der möglichen Entscheidungsergebnisse Was wir fordern müssen, ist dass •Entscheider in der Lage sind, die Ergebnisse paarweise zu vergleichen und angeben können, welche sie vorziehen: ei f e j oder ei p e j oder ei ≈ e j 29 Einführung VWL 2006/07 Auf diese Weise entsteht eine Ordnung über die Alternativen, und die soll transitiv sein! Ein Beispiel: Es soll über das Getränk des Abends entschieden werden Die Alternativenmenge: {Milch, Wasser, Bier} Transitivität verlangt: Wenn: Wasser f Milch und Bier f Wasser Dann soll auch gelten: Bier f Milch 30 Einführung VWL 2006/07 Die Struktur von Entscheidungen Drei Dinge sind wichtig: 1. Die Handlungsalternativen (der Alternativenraum) {a1,…,an} 2. Der Zustandsraum 3. Dinge, die ich beeinflussen kann Zustände der „Umwelt“, die eintreten oder nicht eintreten Der Ergebnisraum {e1,…,em} Die Dinge, die passieren oder nicht passieren, abhängig von den Handlungen, die gewählt, und den Zuständen, die eintreten. Ein Beispiel Es geht um die Entscheidung, zur Vorlesung zu gehen. Die Handlungsalternativen = {hingehen, nicht hingehen} = {a1, a2} 31 Einführung VWL 2006/07 Der Zustandsraum: {Dozent gut drauf, Dozent nicht gut drauf}= {s1, s2} Der Ereignisraum: {Kosten, keine Kosten, höre gute Vorlesung, höre schlechte Vorlesung, höre gute/schlechte Vorlesung nicht} = {e1 ,..., e4} Gut drauf Hingehen Nicht hingehen Nicht gut drauf B: A: Kosten und höre Kosten und höre gute keine gute Vorlesung Vorlesung C: Keine Kosten, höre gute Vorlesung nicht D: Keine Kosten, höre schlechte Vorlesung nicht 32 Einführung VWL 2006/07 Präferenzen und Nutzenfunktion Angenommen Sie haben folgende Präferenzordnung über A – D: Af Df BfC Dann können wir diese Ordnung durch eine Nutzenfunktion abbilden: u : e → R+ Wir wissen, dass eine Funktion nichts anderes als eine Zuordnungsvorschrift ist: u ordnet jedem Ergebnis eine Zahl zu Regel: Wenn ein Ergebnis einem anderen Ergebnis vorgezogen wird, dann erhält es auch eine höhere Zahl: u: A ~ 5, D ~ 4, B ~ 3, C ~ 2 wäre eine solche Zuordnung und damit eine Abbildung unserer Präferenzordnung 33 Einführung VWL 2006/07 2.2.2 Spieltheorie als spezielle Entscheidungstheorie! Bisher ist der Zustandsraum unabhängig von Entscheidungen Spieltheorie betrachtet Entscheidungssituationen in denen der Zustandsraum abhängt von den Entscheidungen Anderer! Gleichzeitig ist der Zustandsraum der Anderen abhängig von den eigenen Entscheidungen! Es besteht also eine wechselseitige, strategische Abhängigkeit der Entscheidungen. Beispiel: 2 Spieler A und B mit jeweils zwei möglichen Aktionen (a1, a2) und (b1, b2) 34 Einführung VWL 2006/07 Entscheidungs -Tabelle für A Handlungsalternative Zustandsraum a1 a2 Entscheidungs -Tabelle für B Handlungsalternative b1 1 2 b2 0 1 Werden zusammengesetzt zur so genannten Auszahlungsmatrix Zustandsraum b1 b2 a1 2 1 a2 1 0 35 Einführung VWL 2006/07 Auszahlungsmatrix Handlungsalternativen von A Handlungsalternativen von B b1 b2 a1 1, 2 0, 1 a2 2, 1 1, 0 Auszahlungen von A , B 36 Einführung VWL 2006/07 Womit beschäftigt sich die Spieltheorie? → Modellierung von Verhalten in interdependenten Entscheidungssituationen Spiel = Entscheidungssituation, in der mindestens zwei Agenten (= Spieler) interagieren grundlegende Annahmen: ‐ Die Spieler verhalten sich rational. = konsistentes Verhalten bzgl. eines wohldefinierten Zieles (in der Spieltheorie = Maximierung des Erwartungswertes der eigenen „Auszahlung“) ‐ Die Spieler verhalten sich strategisch. = Berücksichtigung des Wissens oder der Erwartungen bzgl. des Verhaltens der anderen Spieler 37 Einführung VWL 2006/07 Anwendungen der Spieltheorie ... in der Wirtschaftswissenschaft, Biologie, Politologie, Soziologie, Philosophie, … Innerhalb der Wirtschaftswissenschaft: • Mikroökonomik: Oligopoltheorie, Theorie optimaler Verträge, Auktionstheorie, ... • Makroökonomik: strategische Handelspolitik, Geldmengensteuerung der Zentralbank, ... • Finanzwissenschaft: Ausgestaltung von Steuersystemen, Bereitstellung öffentlicher Güter, ... • Betriebswirtschaftslehre: strategische Management– und Unternehmensentscheidungen, ... 38 Einführung VWL 2006/07 2.2.3 Statische strategische Spiele bei ordinalen Präferenzen Die Kennzeichen statischer strategischer Spiele: Wechselseitige Abhängigkeit der Spieler Simultane Entscheidung der Spieler Präferenzen sind ordinal Kennzeichen eines statischen Spiels besser als, genauso gut, schlechter als werden abgebildet durch Auszahlungs- (oder Nutzen-) funktion diese ist nicht eindeutig Zeit (im Sinne der Abfolge der Züge) spielt keine Rolle Ist anders bei dynamischen Spielen, in denen die Spieler nacheinander Entscheidungen treffen (sequentiell ziehen). 39 Einführung VWL 2006/07 Die Beschreibung eines Spiels Ein Spiel wird beschrieben durch: die Spieler → Wer ist involviert? die Spielregeln → Wer entscheidet sich wann? → Worüber können die Spieler entscheiden? → Was weiß derjenige, der sich entscheidet? die Ergebnisse des Spiels → Wie lautet das Spielergebnis für jede mögliche Kombination der Entscheidungen der Spieler? die Auszahlungen → Welche Präferenzen haben die Spieler bzgl. der möglichen Spielergebnisse? 40 Einführung VWL 2006/07 Alle diese Angaben finden Sie in jeder Beschreibung eines Gesellschaftsspiels! Die Spieltheorie versucht, strategische Entscheidungssituationen als ein solches Spiel formal abzubilden. Gegeben eine solche Abbildung, lassen sich Aussagen über das Verhalten rationaler Spieler gewinnen. 41 Einführung VWL 2006/07 Ein bisschen Notation An dem Spiel nehmen n Spieler teil und i = 1,…,n bezeichnet die Spieler si Strategie von Spieler i s Strategienprofil (‐tupel) mit s = (s1, …, sn) s‐i Strategienprofil der Gegenspieler von i, s‐i = (s1, …, si‐1, si+1, …, sn ) [ Es gilt also: s = (si, s‐i) ] Si Strategienraum (Menge der möglichen Strategien) für Spieler i, s i ∈ Si S = S1 × S2 × … × Sn‐1 × Sn , s ∈ S S‐i = S1 × S2 × … × Si‐1 × Si+1 × Sn‐1 × Sn , s‐i ∈ S‐i ui von Neumann‐Morgenstern Nutzenfunktion von Spieler i, ui: S → ℜ, i ∈ {1, …, n} 42 Einführung VWL 2006/07 Zwei Definitionen Normalformspiele Definition 1: Die Normalform eines n‐Personen‐Spiels spezifiziert für jeden Spieler i = 1, …, n den Strategienraum Si und die Auszahlungsfunktion ui(s) mit s = (s1, …, sn) und si ∈ Si für alle i. Das Spiel wird mit G = {S1, …, Sn; u1, …, un} bezeichnet. 43 Einführung VWL 2006/07 Dominierte und dominante Strategien Definition 2.2: Gegeben sei ein Normalformspiel G = {S1, …, Sn; u1, …, un}. Die Strategie si‘∈ Si heißt strikt dominant, wenn für alle Strategien si‘’ ≠ si‘ mit si‘’ ∈ Si gilt, dass ui(si’, s‐i) > ui(si’’, s‐i) für alle s‐i ∈ S‐i. Die Strategie si‘∈ Si heißt schwach dominant, wenn für alle Strategien si‘’ ≠ si‘ mit si‘’ ∈ Si gilt, dass ui(si’, s‐i) ≥ ui(si’’, s‐i) für alle s‐i ∈ S‐i. 44 Einführung VWL 2006/07 Ein Beispiel: Das Gefangenendilemma Zwei Gefangene haben die Wahl zwischen zwei Strategien: gestehen oder nicht gestehen Der Staatsanwalt konfrontiert sie mit folgender Auszahlungsmatrix: Gefangener 1 nicht gestehen gestehen gestehen nicht gestehen 4 Jahre 4 Jahre 7 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 1 Jahr 7 Jahre Gefangener 2 2 Jahre 45 Einführung VWL 2006/07 Gefangenendilemma nicht gestehen Gefangener 1 gestehen gestehen nicht gestehen 4 4 7 1 1 7 2 2 Gleichgültig, was Gefangener 2 tut, gestehen liefert für 1 immer eine höhere Auszahlung (weniger Jahre) „gestehen“ ist damit eine strikt dominante Strategie für 1 Das Gleiche gilt für Spieler 2! Spielen beide ihre dominante Strategie, so erhalten beide eine Strafe von 4 Jahren! Sie hätten beide mit 2 davon kommen können! 46 Einführung VWL 2006/07 Wo bleibt die Praxisrelevanz?? Das Gefangenendilemma lauert an vielen Stellen! Zwei arbeiten an einem gemeinsamen Projekt: Hart arbeiten Faul sein Hart arbeiten 2,2 -1 , 4 Faul sein 4 , -1 0,0 Faul sein ist dominante Strategie! Beachte: GD-Struktur nicht zwangsläufig! 47 Einführung VWL 2006/07 Gefangenendilemma Zwei Anbieter können einen hohen oder einen niedrigen Preis setzen: Hoher Preis Niedriger Preis Hoher Preis 1.000 , 1.000 -200 , 1.200 Niedriger Preis 1.200 , -200 600 , 600 Der niedrige Preis ist dominante Strategie Sehr zur Freude der Konsumenten Wettbewerb führt in ein GD Nur deshalb funktioniert er!!! 48 Einführung VWL 2006/07 Gefangenendilemma Weitere Beispiele: Länder, die in einem Rüstungswettlauf sind Unternehmen, die Werbung treiben Wenn der andere rüstet, muss ich auch rüsten rüstet der andere nicht, führt Aufrüstung zur Überlegenheit Rüstung ist dominante Strategie Alle wären besser dran, wenn alle nicht werben wenn alle nicht werben, ist es beste Strategie zu werben! Umweltschutz Wenn Umweltschutz teuer ist, sind Emittenten in einem Gefangenendilemma 49 Einführung VWL 2006/07 Ein erstes Lösungskonzept Wir prognostizieren, was im Gefangenendilemma passiert, indem wir unterstellen, dass die Spieler strikt dominante Strategien spielen, d.h. die dominierten Strategien nicht weiter beachten! Problem: Nicht alle Spiele haben dominante Strategien! Wir brauchen ein allgemeines Lösungskonzept 50 Einführung VWL 2006/07 Das Nash-Gleichgewicht Zweifellos das wichtigste Konzept in der Spieltheorie und in der modernen Wirtschaftstheorie! Definition 3: Gegeben sei ein Normalformspiel G = {S1, …, Sn; u1, …, un}. Das Strategienprofil s* ∈ S bildet ein Nash‐Gleichgewicht, falls für jeden Spieler i die Strategie si* ∈ Si die beste Antwort auf die Strategien seiner Gegenspieler s‐i*∈ S‐i ist, das heißt, falls ui(si*, s‐ i*) ≥ ui(si, s‐i*) für alle si ∈ Si und für alle i = 1, ..., n. → Es gilt also: si* löst ( max ui si , s−*i si ∈S i ) Ein Nash-Gleichgewicht ist eine Strategiekombination, bei der alle Strategien aller Spieler jeweils wechselseitig beste Antworten sind! 51 Einführung VWL 2006/07 Bringt uns das weiter? In diesem Spiel existieren keine dominierten Strategien! Spieler 2 l m U M Spieler 1 O 4 0 0 4 0 4 3 5 4 0 3 M – beste Antwort auf l U – beste Antwort auf r 5 6 6 Aber es existiert ein eindeutiges Nash-Gleichgewicht! O – beste Antwort auf m 3 5 5 3 r l – beste Antwort auf O NashGleichgewicht? m – beste Antwort auf M r – beste Antwort auf U 52 Einführung VWL 2006/07 Offensichtlich ist nur (U , r) ein Nash-Gleichgewicht, denn U ist beste Antwort auf r r ist beste Antwort auf U Beachte: Im Nash-Gleichgewicht hat kein Spieler Anlass, sein Verhalten zu ändern. Jeder Spieler reagiert rational auf die rationale Strategiewahl der Mitspieler. Im Nash-Gleichgewicht herrschen deshalb konsistente Erwartungen. Ein Gleichgewicht in dominanten Strategien ist immer auch ein NashGleichgewicht (Beispiel Gefangegen-Dilemma) 53 Einführung VWL 2006/07 2.3 Der empirische Teil Frage: Was sagt ein Modell über die reale Welt? Antwort nur durch empirische Überprüfung möglich Empirische Methoden: Experimente und Felddaten Die Ökonomik benutzt beides 54 Einführung VWL 2006/07 2.3.1 Felddaten und Ökonometrie Vorgehendweise: Leite aus einem Modell Schätzgleichungen ab, d.h. Gleichungen, für die auf der einen Seite eine „zu erklärende“ abhängige Variable steht auf der anderen Seite „erklärende“ unabhängige Variablen und für deren Variablen Daten zur Verfügung stehen. Mit Hilfe ökonometrischer Schätzverfahren kann dann überprüft werden, ob der theoretisch behauptete Zusammenhang in der Realität wieder zu finden ist. 55 Einführung VWL 2006/07 Ökonometrie Probleme ökonometrischer Tests: Unterschiedliche Schätzverfahren liefern u.U. unterschiedliche Ergebnisse Hauptproblem: Verfügbarkeit von Daten Häufig sind die Daten, die man für die Überprüfung des Modells braucht, nicht vorhanden, oder nur in „verschmutzter“ Form. Datenschutz verhindert häufig ökonometrische Forschung. Schlussfolgerungen aus ökonometrischen Tests deshalb nicht immer eindeutig 56 Einführung VWL 2006/07 2.3.2 Labordaten und Experiment Mankiw irrt: Die Wirtschaftswissenschaft ist auch eine experimentelle Disziplin 2004: Nobelpreis für Vernon Smith, einem Pionier der experimentellen Forschung Methode: Versuchspersonen werden unter kontrollierten Bedingungen mit ökonomischen Entscheidungssituationen konfrontiert. 57 Einführung VWL 2006/07 Experimente Im Labor werden die Anreize hergestellt, die auch im Modell als wirksam angenommen werden Deshalb verwendet man immer monetäre Anreize! Es lohnt sich als Versuchsperson teilzunehmen. In Magdeburg: Das MaXLab ist eines der modernsten Labore weltweit. Sie sind herzlich eingeladen, sich als Versuchsperson registrieren zu lassen! www.maxlab.org oder direkt zur Anmeldung: http://vwl3-10.ww.uni-magdeburg.de/orsee/public/ 58 Einführung VWL 2006/07 2.4 Der Unterschied zwischen Mikro- und Makroökonomik Mikroökonomie: Behandelt die ökonomische Akteure und ihr Zusammenwirken auf Märkten Haushalte Unternehmen Staat Methode: Modelle zur Abbildung „idealtypischer“ Agenten. Bei der Abbildung von Interaktionen: Häufig notwendig, strategische Interaktionen abzubilden: Spieltheorie 59 Einführung VWL 2006/07 Mikroökonomie Spieltheorie Strategische Interaktion liegt dann vor, wenn die optimalen Verhaltensweisen verschiedener Akteure wechselseitig voneinander abhängen: Was für A gut ist, hängt davon ab, was B tut. Was für B gut ist, hängt von A ab. Methode: Ein spieltheoretisches Modell besteht aus folgenden Elementen: Angabe wer Spieler ist, d.h. Entscheidungen treffen darf Angabe der Mengen der möglichen Aktionen, die ein Spieler durchführen kann (wie beim Schach …) Angabe der Auszahlungen, die bei jeder möglichen Kombination von Aktionen für alle Spieler resultieren 60 Einführung VWL 2006/07 Mikroökonomie Gegeben diese Angaben: Nash-Gleichgewicht kann berechnet werden: Frage: Ein Nash-Gleichgewicht liegt vor, wenn alle Strategien aller Spieler jeweils „beste Antworten“ auf die Strategien der anderen Spieler sind. Wie sieht das Nash-Gleichgewicht in dem Spiel aus, das Torwart und Schütze beim Elfmeter spielen? Spieltheorie ist das mit Abstand wichtigste Instrumentarium der Mikroökonomie! 61 Einführung VWL 2006/07 Mikroökonomie Vorherrschende Methode: Modelltheorie Partialmodelle Bilden einzelne Akteure, Märkte oder Institutionen ab Haushaltsmodell Produktionstheorie etc. Allgemeine Gleichgewichtsmodelle Bilden das Zusammenspiel der Märkte ab Gibt es als reine theoretische Modelle und als „Rechenbare Gleichgewichtsmodelle“ Versuch, reale Ökonomien durch Gleichgewichtsmodell abzubilden 62 Einführung VWL 2006/07 Makroökonomik Beschäftigt sich mit den Volkswirtschaftlichen Aggregaten: Beschäftigung (gesamtwirtschaftliche) Wachstum In der kurzen Frist: Konjunktur Geldwesen Inflation Geldpolitik Eigentlich sollte ein enger Zusammenhang zwischen Mikro- und Makroökonomie bestehen! 63 Einführung VWL 2006/07 Makroökonomik Mikroökonomische Fundierung der Makroökonomie? Das Verhalten der Aggregate sollte eigentlich aus der Mikro ableitbar sein. Leider ist es mit der mikrotheoretischen Fundierung der Makro nicht immer weit her. Anders als in der Mikroökonomie gibt es in der Makro ausgeprägte Denkschulen: Keynesianer Neoklassiker Es lassen sich leider unterschiedliche Deutungsmuster für die empirischen Befunde konstrulieren. 64 Einführung VWL 2006/07 2.5 Positive Theorie, normative Theorie, präskriptive Theorie Positiv theoretische Aussagen Haben das Ziel, beobachtbares Verhalten theoretisch zu erklären, d.h. Modelle zu bauen, die beobachtbares Verhalten prognostizieren. Experimente sind eine gute Methode, solche Theorien zu testen! Viele spieltheoretische Modelle sind deskriptiv durchaus erfolgreich. Es gibt aber auch hartnäckige Widersprüche zwischen Theorie und empirischer (experimenteller) Evidenz. 65 Einführung VWL 2006/07 Normative Aussagen und normative Theorie (anders als bei Mankiw!) Man muss zwischen „normativen Aussagen“ und „normativer Theorie“ unterscheiden. Normative Aussagen (wie Mankiw sie meint) Aussagen, die sagen, wie etwas sein soll. Beispiel: Man sollte die Tabaksteuer erhöhen. Diese Aussage hat keinen empirischen Gehalt, ist also nicht positiv theoretisch. Die Aussage: „Wenn die Tabaksteuer erhöht wird, sinkt der Zigarettenkonsum“ ist dagegen nicht normativ sondern empirisch gehaltvoll, weil überprüfbar. Normative Aussagen sind wissenschaftlich nicht fundierbar, es sind Werturteile! 66 Einführung VWL 2006/07 Normative Theorie Theorien, die keinen unmittelbaren empirischen Anspruch stellen, aber auch keine „soll sein Sätze“ enthalten sind „normative Theorien“. Beispiele: Allgemeine Gleichgewichtstheorie Verwendet Annahmen, von denen klar ist, dass sie in der Realität nicht erfüllt sind. Kann deshalb auch empirisch nicht relevant sein. Dennoch kann es sinnvoll sein, einen kontrafaktischen Gegenentwurf zur Realität zu haben 67 Einführung VWL 2006/07 Normative Theorie Idealtypische (normative) Modelle helfen zu verstehen, wie die Welt funktioniert, ohne sie in einem empirische Sinne zu beschreiben! Modell des Evolutionsprozesses durch einfache Replikatordynamik. Modell des Vollkommenen Wettbewerbs Modell des vollständig rationalen Akteurs etc. 68 Einführung VWL 2006/07 Präskriptive Theorie Funktion: Hilfestellung bei der Konstruktion realer Institutionen! Voraussetzung: Notwendig ist zunächst eine Entscheidung über die Ziele, die man erreichen will. Diese Entscheidung kann letztlich nicht von Wissenschaftlern getroffen werden. Aber wenn klar ist, was erreicht werden soll, dann kann man Theorien dazu entwickeln, wie es erreicht werden kann. 69 Einführung VWL 2006/07 Präskriptive Theorie Beispiele: Wenn das Ziel heißt „allokative Effizienz“. Wenn das Ziel heißt: Gewinnmaximierung, Theorie kann etwas dazu sagen, wie die Institutionen einer Ökonomie zu gestalten sind. kann die ökonomische Wissenschaft sagen, wie Unternehmen organisiert sein sollen. Achtung: Die Ziele sind nicht „selbstverständlich“ Nicht einmal das der Pareto-Effizienz Ökonomen beginnen zunehmend auch über Ziele nachzudenken! 70 Einführung VWL 2006/07 Ökonomen und Politik Angeblich haben Ökonomen nur zwei Interessen: Wenn das stimmt, muss es viele unglückliche Ökonomen geben. Entweder wollen sie reich werden, oder die Regierung beraten. Die Wenigsten sind reich und die, die die Regierung beraten, sind arm dran. Politikberatung (in Deutschland) ist ein sehr hartes Brot. 71 Einführung VWL 2006/07 Politikberatung Zuständig vor allem eine Reihe von wissenschaftlichen Institutionen: 1. Sachverständigenrat für die Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung „Die fünf Wirtschaftsweisen“ Hauptaufgabe ist die Anfertigung eines Gutachtens, das jeweils im Oktober erscheint und die Wirtschaftliche Lage analysiert. Der Rat soll keine konkreten Handlungsempfehlungen vorlegen, sondern analysieren und Entscheidungen vorbereiten. Ratsmitglieder werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung für 5 Jahre ernannt faktisch haben Gewerkschaften und Arbeitgeber ein Mitbestimmungsrecht. Dennoch soll der Rat „politisch neutral“ sein. 72 Einführung VWL 2006/07 Politikberatung Sachverständigenrat ist anders konzipiert als das „Board of economic advisors“ in den USA Wird vom jeweiligen Präsidenten zusammengestellt Ist deshalb nicht „politisch unabhängig“ Dennoch besteht hoher Anreiz, die fachlich besten Ökonomen zu berufen 2. Wissenschaftliche Beiräte Wirtschafts- und Finanzministerium haben wissenschaftliche Beiräte. Mitglieder werden auf Lebenszeit berufen. Soll Unabhängigkeit sichern. 73 Einführung VWL 2006/07 Politikberatung Beiräte erstellen Gutachten zu aktuellen Fragen Beispiel: Gutachten zur Neuregelung der steuerlichen Behandlung von gemeinnützigen Institutionen 2006. Die Politik ist in keiner Weise an die Empfehlungen der Beiräte gebunden. 3. Wissenschaftliche Institute So genannte „Blaue Liste Institute“ DIW Berlin Ifo München WWI Kiel IWH Halle ZEW Mannheim 74 Einführung VWL 2006/07 Politikberatung Aufgaben der Institute Vorlage eines gemeinsamen Gutachtens zur konjunkturellen Entwicklung. Unabhängige Auftragsforschung für öffentliche Institutionen. Eigene Forschungsinitiativen Finanzierung durch Mittel des Bundes und Drittmittel, die eingeworben werden müssen. 75 Einführung VWL 2006/07 Politikberatung 4. Weitere Institute (nicht Blaue Liste) Beispiele: Monopolkommission an der Universität zu Köln unterstützt vor allem das Bundeskartellamt Untersucht das Ausmaß der Unternehmenskonzentration und forscht nach möglichen Wettbewerbseinschränkungen. Energiewirtschaftliches Institut ebenfalls an der Universität zu Köln Analyse von Energiemärkten 76 3. Handelsvorteile und Märkte Mankiw Kap. 3 bis 6 Einführung VWL 2006/07 3.1 Handelsvorteile Wir leben in einer extrem arbeitsteilig organisierten Welt Turnschuhe aus Taiwan, Hemdenstoff aus Indien, Notebook aus Japan, Mittagessen aus Zutaten aus ganz Europa. Warum stellt nicht jeder das her, was für sich braucht? Für den Einzelnen leicht zu beantworten Wer kann schon Turnschuhe nähen und ein Notebook bauen?! Warum aber sollte das auch für Länder vorteilhaft sein? Viele fordern, dass man etwas gegen die ausländische Konkurrenz tun muss! 78 Einführung VWL 2006/07 Das Prinzip des komparativen Vorteils! Wenn zwischen zwei Akteuren ein Tausch stattfindet, ist damit in jedem Fall eine Pareto-Verbesserung verbunden. Wenn der Tausch freiwillig stattfindet! Aber warum sollen beide Seiten von dem Tausch einen Vorteil haben? Begründung? Weil Tauschgeschäfte die Möglichkeit eröffnen, komparative Vorteile zu nutzen! Das Beispiel mit den Kartoffeln und dem Fleisch, dem Viehzüchter und dem Ackerbauern: 79 Einführung VWL 2006/07 Ackerbauer Produktions möglichkeit skurve (8Std.) Viehzüchter 80 Einführung VWL 2006/07 Der Viehzüchter hat in beiden Fällen einen absoluten Vorteil! In einer Stunde: Viehzüchter Ackerbauer 3 Pfund Fleisch 6 Pfund Kartoffeln 1 Pfund Fleisch 4 Pfund Kartoffeln Viehzüchter ist bei der Produktion beider Güter produktiver! Anzahl der Inputs pro Outputeinheit ist kleiner 81 Einführung VWL 2006/07 Handel lohnt sich dennoch! Ackerbauer spezialisiert sich auf den Kartoffelanbau Viehzüchter verwendet nur noch 2 (statt 4) Stunden auf den Kartoffelanbau. Gesamtproduktion bei Spezialisierung (Autarkie) 44 Pfund Kartoffeln (40 Pfund) 18 Pfund Fleisch (16 Pfund) Tauscht nun der Viehzüchter gegen 5 Pfund Fleisch 15 Pfund Kartoffeln, können beide von beiden Gütern mehr konsumieren! 82 Einführung VWL 2006/07 83 Einführung VWL 2006/07 Der komparative Kostenvorteil Besteht in den geringeren Opportunitätskosten! Opportunitätskosten der Opportunitätskosten der Fleischproduktion (in Kartoffelproduktion Kartoffeleinheiten) (in Fleischeinheiten) Ackerbauer 4 ¼ Viehzüchter 2 ½ 84 Einführung VWL 2006/07 Komparativer Vorteil Der Ackerbauer hat beim Kartoffelanbau geringere Opportunitätskosten als der Viehzüchter! Der Viehzüchter hat bei der Fleischproduktion die geringeren Opportunitätskosten. Deshalb ist es sinnvoll, dass er sich auf den Kartoffelanbau spezialisiert! Deshalb Spezialisierung auf die Fleischproduktion! Frage: Kann es sein, dass einer der beiden Produzenten auch bei beiden Produkten die niedrigsten Opportunitätskosten hat? 85 Einführung VWL 2006/07 Komparativer Vorteil Antwort: OK für Fleisch sind der Kehrwert der OK für Kartoffeln (2 und ½; 4 und ¼ ) Es kann nicht gleichzeitig X < Y und 1/X < 1/Y sein! Es muss also immer so sein, dass beide Tauschpartner einen komparativen Vorteil besitzen. Ausnahme: Beide haben identische Produktionskosten Damit besteht aber immer die Möglichkeit, dass sich durch Spezialisierung und Handel beide Tauschpartner besser stellen können. 86 Einführung VWL 2006/07 Komparativer Vorteil Komparative Vorteile existieren auch dann, wenn die absoluten Vorteile alle auf einer Seite liegen! Spezialisierungsgewinne sind damit in jedem Fall möglich. Komparative Vorteile lassen sich nicht nur zwischen Individuen oder Unternehmen ausnutzen. Auch der Handel zwischen Ländern schafft solche Vorteile Handel zwischen Ländern stellt beide Länder besser, auch dann, wenn ein reiches mit einem armen Land Handel treibt! 87 Einführung VWL 2006/07 Komparativer Vorteil Beachte, dass auch im internationalen Handel die komparativen Vorteile durch Spezialisierung erreicht werden. Das übersehen häufig Kritiker der Globalisierung, die in der Spezialisierung nur Abhängigkeiten der armen von den reichen Ländern sehen. Komparative Vorteile sind nach wie vor das mit Abstand stärkste Argument für freien Handel (und damit für Globalisierung) 88 Einführung VWL 2006/07 Komparativer Vorteil Zur Übung: Warum spezialisieren sich die Produzenten in dem Beispiel nicht vollständig? Zeichnen Sie die Produktionsmöglichkeiten in ein K(artoffel)F(leisch) Diagramm Bestimmen Sie den Konsum in der Autarkie Zeigen sie graphisch die Produktionsmöglichkeiten, bei denen sich beide besser stellen. 89 Einführung VWL 2006/07 3.2 Nachfrage und Angebot Tauschvorgänge, bei denen komparative Vorteile realisiert werden, finden auf Märkten statt Märkte sind der Ort (im übertragenen Sinn), an dem Angebot und Nachfrage zusammen treffen. Marktformen: Märkte unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Intensität und Art des Wettbewerbs, der auf ihnen herrscht: Wettbewerbsmarkt viele Anbieter und Nachfrager, die in einem intensiven Wettbewerb stehen. Charakteristikum: Preisnehmerverhalten 90 Einführung VWL 2006/07 Preisnehmerverhalten Der einzelne Akteur hat keine Möglichkeit, Einfluss auf den Marktpreis zu nehmen. Er kann lediglich seine Angebots- bzw. Nachfragemenge verändern. Er ist Preisnehmer und Mengenanpasser. Ursache ist die große Zahl von Akteuren, die dazu führt, dass der Einfluss des einzelnen verschwindend gering ist. Kennen Sie Beispiele für solche Wettbewerbsmärkte? 91 Einführung VWL 2006/07 Weitere Marktformen Wenn wenige Anbieter auf einem Markt auftreten: Oligopol (Duopol im Falle zweier Anbieter) Verhalten auf Oligopolmärkten ist Gegenstand der Spieltheorie, weil sich die Oligopolisten in einer strategischen Interaktion befinden. Preissetzungen und Mengenentscheidungen hängen wechselseitig voneinander ab. Nur ein Anbieter: Monopol Wichtiger Spezialfall Monopolist ist in der Lage sowohl Preis als auch Menge zu setzen. 92 Einführung VWL 2006/07 Weitere Marktformen Monopolistische Konkurrenz Anbieter haben einen begrenzten monopolistischen Preissetzungsspielraum. Trifft beispielsweise auf Markenprodukte zu Der Anbieter einer Marke ist Monopolist für diese Marke, aber dennoch befindet er sich im intensiven Wettbewerb mit anderen Marken. In der Realität sehr häufige Marktform Kennen Sie Beispiele? 93 Einführung VWL 2006/07 3.2.1 Nachfragefunktion (Mankiw Kap. 4) Modellhafte Abbildung eines Marktes: Darstellung des Zusammenhangs zwischen Preis des Gutes und angebotener bzw. nachgefragter Menge. Nachfragefunktion: Zuordnungsvorschrift, die jedem Preis die zu diesem Preis nachgefragte Menge zuordnet. Haushaltsnachfrage: Nachfrage eines einzelnen Haushalts Gesamtnachfrage Aggregation aller Haushaltsnachfragen 94 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Preis (inverse) Nachfragefunktion pi pj xi xj nachgefragte Menge 95 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Die Nachfragfunktion bildet die Nachfragepläne der Nachfrager ab. Beobachtbar sind immer nur einzelne Punkte auf der Nachfragefunktion! Die Nachfragefunktion informiert darüber, wie sich die Nachfrage verändert, wenn sich der Preis verändert! Auch die Lage der Nachfragefunktion kann sich verändern: 96 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Verschiebung der Nachfragefunktion nach rechts: Preis Zu jedem Preis wird mehr nachgefragt als zuvor Verschiebung der Nachfragefunktion nach links: Zu jedem Preis wird weniger nachgefragt als zuvor pi pj xi xj nachgefragte Menge 97 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Verschiebung der Nachfragefunktion: Bilden Veränderungen der Nachfragepläne der Haushalte ab Ursachen für solche Veränderungen können vielfältig sein Beispiele: Nachfragepläne nach Türkeireisen ändern sich durch Terroranschläge in der Türkei (Nachfragekurve verschiebt sich nach links). Gleichzeitig ändern sich die Pläne in Bezug auf Reisen nach Kreta (Nachfrage verschiebt sich nach rechts). Frage: Die Preise für Flugreisen steigen wegen höherer Treibstoffkosten Verschiebt sich die Nachfragekurve für Flugreisen? 98 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Die Nachfragefunktion bildet den Zusammenhang zwischen Preis und Nachfragemenge ab. Normales Gut Giffen Gut → Nachfrage fällt, wenn der Preis steigt. → Nachfrage steigt, wenn der Preis steigt. Nachfrage hängt natürlich nicht nur vom Preis ab: Abhängigkeit vom Einkommen: Superiore Nachfrage → Nachfrage steigt, wenn das Einkommen steigt. Inferiore Nachfrage → Nachfrage fällt, wenn das Einkommen steigt. Achtung: steht bei Mankiw anders! Entspricht nicht der Konvention! 99 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Nachfrage hängt außerdem ab von Preisen anderer Güter Substitute (Butter – Margarine) Preisanstieg führt zu Nachfrageanstieg beim Substitut Komplemente (Computer – Monitor) Preisanstieg führt zu Nachfragerückgang beim Komplement Auch wenn keine komplementäre oder substitutionale Beziehung besteht, können Einkommenseffekte entstehen, die die Nachfrage nach anderen Gütern beeinflussen: Preisanstieg bei Benzin kann zu Nachfrageeinschränkungen bei Möbeln oder Kleidung führen. Geschmack, Moden Erwartungen (Erhöhung der Mehrwertsteuer!) 100 Einführung VWL 2006/07 Nachfragefunktion Woher wissen wir, dass die Nachfragefunktion fällt? Mikrofundierung durch Haushaltstheorie. Beantwortet die Frage, wie die Nachfrage eines Haushalts von Preisen und Einkommen abhängt. Formales Modell dazu, wie sich ein rationaler Haushalt idealtypisch verhält. Wird später vorgestellt! Bildet ab, dass rationale Haushalte aus den Güterbündeln, die sie sich leisten können, die für sie besten auswählen. 101 Einführung VWL 2006/07 3.2.2 Angebotsfunktionen Andere Seite des Marktes wird ebenfalls durch eine Funktion beschrieben, die einen Zusammenhang zwischen Preis und Menge abbildet: Angebotsfunktion Ordnet jedem Preis die zu diesem Preis angebotene Menge zu. Auch hier zu unterscheiden: Angebot des einzelnen Unternehmens Gesamtangebot am Markt kommt zustande durch Aggregation der einzelnen Angebotsfunktionen Unter üblichen Annahmen: Angebotsfunktion steigt, d.h., je höher der Preis, um so höher die Angebotsmenge. Interpretation analog zur Nachfragefunktion 102 Einführung VWL 2006/07 Verschiebung der Angebotskurve nach links: Preis Zu jedem Preis wird weniger angeboten als zuvor pi Verschiebung der Angebotskurve nach rechts: Zu jedem Preis wird mehr angeboten als zuvor pj xi xj Angebotsmenge 103 Einführung VWL 2006/07 Angebotsfunktionen Mögliche Gründe dafür, dass sich die Angebotsfunktion verschiebt: Technologische Veränderungen Inputpreise Durch technischen Fortschritt verändern sich die Produktionskosten Bessere Technologie → höhere Produktivität → sinkende Stückkosten → Rechtsverschiebung der Angebotsfunktion Veränderungen der Faktorkosten wirken sich auf die Stückkosten aus und damit auf die Lage der Angebotsfunktion Erwartungen In bestimmten Fällen kann das Angebot auch von den Erwartungen der Anbieter abhängen Beispielsweise von den Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Preise 104 Einführung VWL 2006/07 3.2.3 Marktgleichgewicht Angebots und Nachfragekurven geben die Pläne der Anbieter und Nachfrager wieder. Ein Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn diese Pläne miteinander kompatibel sind, d.h. Wenn ein Preis existiert, zu dem die Nachfrager planen genau die Menge nachzufragen, die die Anbieter anzubieten gedenken. Dieser Preis ist der Gleichgewichtspreis, oder auch markträumender Preis, die Menge ist die Gleichgewichtsmenge 105 Einführung VWL 2006/07 Marktgleichgewicht Preis Marktgleichgewicht pi xi Angebotsmenge 106 Einführung VWL 2006/07 Marktgleichgewicht Preis Angebotsüberschuss pH 1) Marktgleichgewicht pi pT Nachfrageüberschuss xi 1) bei zu hohem Preis 2) bei zu niedrigem Preis 2) Angebotsmenge 107 Einführung VWL 2006/07 Marktgleichgewicht Kann es dauerhaft zu Angebots- oder Nachfrageüberschüssen kommen? Kommt darauf an, ob der Wettbewerb zwischen Anbietern und zwischen Nachfragern funktioniert. Er funktioniert dann, wenn der Anbieterwettbewerb bei Angebotsüberschuss zu einem fallenden Preis und der Nachfragerwettbewerb bei einem Nachfrageüberschuss zu einem steigenden Preis führt. In diesen Fällen sorgt eine Preisreaktion dafür, dass das Gleichgewicht hergestellt wird. Welche Funktion haben Preise auf einem Markt? Kennen Sie Märkte, auf denen der Preis nicht so reagiert, dass es zur Herausbildung eines Gleichgewichts kommt? 108 Einführung VWL 2006/07 Marktgleichgewicht Veränderungen auf Märkten: Endogen führt keine Kraft aus dem Gleichgewicht heraus. Veränderungen ergeben sich nur dann, wenn exogene Veränderungen zu Verschiebungen der Kurven führen. Zur Prognose der Auswirkungen: Man muss wissen Welche Kurven sich verändern, in welcher Richtung und wie weit. 109 Einführung VWL 2006/07 Nachfrage nach Deutschlandfahnen ohne WM Nachfrage nach Deutschlandfahnen mit WM Preis Neues Gleichgewicht Gleichgewicht Altes Gleichgewicht pi xi Angebotsmenge 110 Einführung VWL 2006/07 Angebot mit herkömmlicher Technik (Holzstäbe) Angebot mit neuer Technik (Plastik) Preis Altes Gleichgewicht pi xi Menge 111 Einführung VWL 2006/07 Marktgleichgewicht Solange sich nur eine Marktseite verändert ist der Effekt auf Preis und Menge klar: Angebot nach rechts Preis fällt, Menge steigt und vice versa Nachfrage nach rechts Preis steigt, Menge steigt und vice versa Ändern sich beide Marktseiten hängt der Effekt von der relativen Stärke und der Richtung der Verschiebungen ab. Eine Prognose ist dann ohne Weiteres nicht mehr möglich. 112 Einführung VWL 2006/07 3.2.4 Elastizitäten Die Nachfragekurve sagt uns: Wenn der Preis steigt, fällt die Nachfragemenge Aber wie messen wir, wie stark sie fällt? Variante 1: Wir benutzen die Steigung, also absolute Größen: Steigt der Fahnenpreis um 1 € geht die Nachfrage um 10.000 Stück zurück. Nachteil: Maß ist abhängig von den gewählten Maßeinheiten und deshalb ist die Fahnennachfrage nur schwer mit z.B. der Biernachfrage zu vergleichen: Wenn der Preis für Bier um 1 € pro Liter steigt, sinkt die Nachfrage um 10.000 hl. Welche Nachfrage reagiert stärker? 113 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Ausweg: Benutze relative Größen: Wenn der Preis um 1 % steigt, fällt die Fahnennachfrage um 2%. Wenn der Bierpreis um 1 % steigt, dann fällt die Biernachfrage um 0,1%. Dann ist klar, welche Nachfrage stärker reagiert! Preiselastizität der Nachfrage: mißt, um wie viel Prozent die Nachfragemenge pro Prozent Preisänderung verändert! Formal berechnet sich die Bogenelastizität nach: prozentuale Mengenänderung prozentuale Preisänderung 114 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Beispiel Preis für Lutscher steigt von 10 auf 14 Cent (also um 40%) Nachgefragte Lutschermenge sinkt von 250 auf 225 x0 = 250, x1 = 225 → ∆x = -25 ∆x/ x0 = 0,1 = -10% Preiselastizität: p0 = 10, p1 = 14 → ∆p = 4 ∆p/p0 = 0,4 = 40% -10/40 = -0,25 Interpretation: pro Prozent Preiserhöhung geht die Nachfrage um 0,25% zurück 115 Einführung VWL 2006/07 Preis 14 Bogenelastizität 10 225 250 Nachfragemenge 116 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Frage: angenommen der Preis fällt von 14 Cent wieder auf 10 Cent und die Nachfrage steigt wieder auf 250, ist dann die Preiselastizität wieder 0,25? Nein, sie ist – 0,38! Die Bogenelastizität ist richtungsabhängig! f(x) = y sei eine beliebige differenzierbare Funktion. Dann ist df ( x ) x dy x = dx y dx y Die Punktelastizität an der Stelle x 117 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Beispiele: Sei f(x) = y eine Funktion, die den Benzinverbrauch eines Autos (y) in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (x) angibt. η(x = 100) = 0,2 sagt dann: Wenn ich bei einer Geschwindigkeit von 100 um 1% schneller fahre (101), dann erhöht sich der Benzinverbrauch um 0,2%. Preiselastizität der Nachfrage: Sei f(p) = x eine Nachfragefunktion, dann ist df ( p ) p η ( p) = dp f ( p ) die Preiselastizität der Nachfrage, die angibt, um wie viel % die Nachfrage reagiert, wenn sich der Preis um 1% ändert. 118 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Die Punktelastizität ist nicht richtungsabhängig, aber sie ist ein lokales Maß! Punktelastizität einer linearen Nachfragefunktion: f(p) = D – p sei eine lineare Nachfrage, dann ist df ( p ) p p η ( p) = =− dp f ( p ) D− p die Preiselastizität der Nachfrage Für p = 0 ist η(p) = 0 Für p = D (f(p) = 0) ist η(p) = ∞ Die Elastizität ist = –1 für p = D/2. Das ergibt folgendes Bild: 119 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Preis D η(p) = -∞ |η(p)| > 1 |η(p)| = 1 D/2 |η(p)| < 1 η(p) = 0 D/2 D Menge 120 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Interpretation: |η|> 1 bedeutet, dass der relative Mengeneffekt größer ist als der relative Preiseffekt! Man spricht von einer elastischen Nachfrage |η|< 1 bedeutet, dass der relative Preiseffekt großer ist als der relative Mengeneffekt. Man spricht von einer unelastischen Nachfrage Was geschieht mit dem Erlös eines Unternehmens, wenn es den Preis senkt? Der Preiseffekt: Alle Einheiten werden zu einem niedrigeren Preis verkauft → Erlös sinkt. Der Mengeneffekt: Es werden mehr Einheiten verkauft → Erlös steigt! Ist der erste Effekt kleiner als der zweite, führt eine Preissenkung zu höheren Erlösen und vice versa! 121 Einführung VWL 2006/07 Preissenkung im elastischen Bereich Erlösminderung durch Preiseffekt Preis D η(p) = - ∞ |η(p)| > 1 Erlössteigerung durch Mengeneffekt |η(p)| = 1 D/2 |η(p)| < 1 η(p) = 0 D/2 D Menge 122 Einführung VWL 2006/07 Preissenkung im unelastischen Bereich Preis D η(p) = ∞ η(p) > 1 Erlösminderung durch Preiseffekt η(p) = 1 D/2 η(p) < 1 Erlössteigerung durch Mengeneffekt η(p) = 0 D/2 D 123 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Für die Stärke der Nachfragereaktion (die Elastizität) ist der Absolutwert von η bedeutsam, nicht die Größe der Zahl im mathematischen Sinne (- 5 ist kleiner als 1!). Das Vorzeichen gibt Auskunft über die Richtung der Änderung. Weitere Elastizitäten: Preiselastizität des Angebots Ö um wie viel % verändert sich das Angebot, wenn der Preis um 1% steigt (fällt)? Preisfrage: Welches Vorzeichen hat die Preiselastizität des Angebots? Kreuzpreiselastizität der Nachfrage bzw. des Angebotes Ö um wie viel % verändert sich das Angebot (die Nachfrage) von (nach) Gut 1 , wenn der Preis von Gut 2 um 1% steigt (fällt)? 124 Einführung VWL 2006/07 Elastizitäten Einkommenselastizität der Nachfrage Ö um wie viel % verändert sich die Nachfrage, wenn das Einkommen um 1% steigt (fällt)? Preisfrage: Welches Vorzeichen hat die Einkommenselastizität bei einem superiorem Gut inferiorem Gut? Residualelastizität Ö um wie viel % steigt das Einkommen nach Steuern (Nettoeinkommen), wenn das Einkommen vor Steuern um 1 % wächst? Preisfrage: ist die Residualelastizität > oder < 1? 125 Einführung VWL 2006/07 3.3 Die Effizienzeigenschaften von Märkten Mankiw Kap. 7 Nachfrager und Anbieter haben Pläne Dabei entstehen Handelsvorteile Tauschvorgänge am Markt schaffen also Vorteile für alle Beteiligten Aber sind im Marktgleichgewicht auch alle möglichen Handelsvorteile ausgeschöpft? und die werden im Marktgleichgewicht zum Teil realisiert. D.h. liefert das Marktgleichgewicht eine Pareto-effiziente Allokation? Oder kann man durch Wahl eines anderen Preises eine Steigerung der Wohlfahrt (im Sinne einer Pareto-Verbesserung) erreichen? Um diese Frage zu beantworten brauchen wir zwei neue Instrumente: Konsumentenrente Produzentenrente 126 Einführung VWL 2006/07 Konsumentenrente Die Nachfragefunktion bildet die Zahlungsbereitschaften der Nachfrager ab Sortiere alle Nachfrager nach ihrer maximalen Zahlungsbereitschaft und trage die Zahlungsbereitschaft auf der Preisachse ab Das Resultat ist die Nachfragefunktion Für den einzelnen Nachfrager gilt: Wenn der Preis unter seiner maximalen Zahlungsbereitschaft liegt, so entsteht ihm ein Vorteil in Höhe der Differenz. Beispiel: Sie sind bereit 20 € für die DVD von „King Kong“ zu bezahlen (das ist sie ihnen wert). Sie kaufen sie im Supermarkt für 9,95 €. Ihr Vorteil aus diesem Preis: 10,05 €. Die Konsumentenrente ist die Summe aller individuellen Vorteile aus dem Marktpreis. 127 Einführung VWL 2006/07 Konsumentenrente/Produzentenrente Gemessen wir die Konsumentenrente als Fläche unter der Nachfragekurve bis zum Marktpreis. Distanz zwischen Nachfragekurve und Marktpreis misst den Vorteil des einzelnen Konsumenten. Summe aller so gemessenen Vorteile ist die Fläche unter den Nachfragekurve Produzentenrente = Gewinn der Anbieter Entspricht der Fläche über der Angebotsfunktion bis zum Preis! Ergibt sich aus: Gewinn = Erlös – Kosten = Preis x Menge – Kosten Vorerst Ohne Begründung: Die Angebotsfunktion entspricht der Grenzkostenfunktion und die Gesamtkosten der Produktion entsprechen deshalb der Fläche unter der Angebotsfunktion. Graphisch: 128 Einführung VWL 2006/07 Konsumentenrente/Produzentenrente Preis pH Konsumentenrente Angebot pi Produzentenrente xi Nachfrage Menge 129 Einführung VWL 2006/07 Die Effizienzeigenschaften von Märkten Die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente ist der Soziale Überschuss Der soziale Überschuss misst den gesamten Vorteil, der der Gesellschaft aus dem Marktgleichgewicht entsteht. Kann der soziale Überschuss bei einem Preis über oder unter dem Gleichgewichtspreis größer werden? Falls nein, wäre das Marktgleichgewicht effizient! Beachte, dass wir davon ausgehen, dass die Angebotsfunktion identisch mit der Grenzkostenfunktion ist. Das impliziert, dass der Preis im Gleichgewicht den Grenzkosten der Produktion bei der Gleichgewichtsmenge entspricht! Also: Kann ein Preis der nicht den Grenzkosten entspricht, die Wohlfahrt steigern? 130 Einführung VWL 2006/07 Die Effizienzeigenschaften von Märkten Preis Konsumentenrente Angebot Preis über den Grenzkosten pH Effizienzverlust pi Produzentenrente xi Nachfrage Menge 131 Einführung VWL 2006/07 Die Effizienzeigenschaften von Märkten Preis Konsumentenrente Angebot pi Effizienzverlust Preis unter den Grenzkosten pU Produzentenrente xU Nachfrage Menge 132 Einführung VWL 2006/07 Die Effizienzeigenschaften von Märkten Resultat: gleichgültig, ob der Preis über oder unter den Grenzkosten liegt, es entsteht immer ein Effizienzverlust! Ursache: Wenn der Preis zu hoch oder zu niedrig ist, dann hat das in beiden Fällen den Effekt, dass Tauschvorgänge die möglich wären nicht realisiert werden Dadurch werden bestehende komparative Vorteile nicht genutzt! Alle Maßnahmen, die Preise aus dem Gleichgewicht bringen (d.h. dazu führen, dass sie nicht den Grenzkosten entsprechen), führen deshalb zu Effizienzverlusten! Tritt auf bei Besteuerung/Subvention Monopolpreisbildung/Marktmacht 133 Einführung VWL 2006/07 3.4 Voraussetzungen für funktionsfähige Märkte Offensichtlich sind Märkte Institutionen, die gut geeignet sind, eine effiziente Allokation zu erreichen. Aber besitzen sie diese Eigenschaft immer? Nein und damit werden wir uns später befassen Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Märkte entstehen können (und Effizienz erzeugen)? Auf Märkten begegnen sich in der Regel Haushalte und Unternehmen Auf Gütermärkten sind die Haushalte die Nachfrager auf Faktormärkten die Anbieter. Unternehmen bieten auf Gütermärkten an und fragen auf Faktormärkten nach. Brauchen wir für das Funktionieren von Märkten auch den Staat? Also eine Institution, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Zwang auszuüben.134 Einführung VWL 2006/07 Funktion von Eigentumsrechten Der Kern eines Tauschgeschäftes: Übereignung von Eigentums und Verfügungsrechten Märkte entstehen nur dann, wenn Eigentumsrechte existieren Frage: Wie müssen solche Rechte beschaffen sein? Verfügbarkeit von Gütern Übertragbarkeit Eigentumsrechte schaffen und begrenzen Handlungsspielräume 135 Einführung VWL 2006/07 Eigentumsrechte müssen durchsetzbar sein Frage des Rechtssystems und der Gutseigenschaften Diversifizierbarkeit - Separierbarkeit Beispiel Kapitalgesellschaften Diversifiziertes Aktienkapital Separation von Eigentum und Entscheidungsgewalt Prinzipal-Agent-Problematik Brauchen wir den Staat, um Eigentumsrechte zu schaffen und durchzusetzen? Eindeutig ja. Nur ein Gewaltmonopol des Staates erlaubt es, Eigentumsrechte zu schaffen, zu schützen und die Übertragbarkeit zu sichern. 136 Einführung VWL 2006/07 Was ist, wenn Eigentumsrechte verletzt werden? Instabiles Rechtssystem Für die wirtschaftliche Entwicklung extrem schädlich! Würden Sie in Afghanistan investieren? Eigentumsrechte müssen langfristig und glaubhaft gesichert sein Problem auch für die Transformationsländer! Thomas Hobbes: Schutz der Eigentumsrechte liefert die Begründung für die Existenz des Staates. Externe Effekte Fehlende oder nicht durchsetzbare Eigentumsrechte führen dazu, dass knappe Ressourcen in Anspruch genommen werden können, ohne das dafür ein Preis zu entrichten ist. Beispiele: Umweltgüter (Atmosphäre, Meere etc.) Führt zu ineffizienter Allokation der Güter (später mehr) 137 Einführung VWL 2006/07 Die Funktion der Vertragsfreiheit Auf Märkten finden (freiwillige) Tauschgeschäfte statt, die Pareto-Verbesserungen schaffen. Das klappt nur, dass immer dann, wenn beide Marktseiten einen Tausch vornehmen wollen, dies auch möglich ist. Im Ergebnis bedeutet das, dass Preise und Mengen frei verhandelbar sein müssen. Vertragsfreiheit sichert dies. Ist aber in vielen Fällen stark eingeschränkt: Tarifverträge Mietrecht Preisbindungen (Bücher, Arzneimittel) 138 Einführung VWL 2006/07 Die Funktion von Wettbewerb Märkte erzeugen nur dann effiziente Allokationen, wenn auf ihnen Wettbewerb herrscht. Und zwar auf beiden Marktseiten. Der „doppelte Wettbewerb“ verhindert, dass der Preis langfristig vom Gleichgewichtspreis abweichen kann. Wettbewerb ist nicht zwangsläufig gegeben Marktteilnehmer neigen dazu, ihn auszuschalten Muss deshalb u.U. staatlich durchgesetzt werden Bundeskartellamt, Monopolkommission Weitere Funktionen des Wettbewerbs: Wettbewerb als Suchverfahren (i.S. von Hayeks) Wettbewerb als Verfahren zur Verarbeitung von Information (Wahlbörsen) Dynamische Anreizwirkung des Wettbewerbs Prozess „schöpferischer Zerstörung“ i.S. von Schumpeter 139 Einführung VWL 2006/07 Zwischenfazit Märkte sind in der Lage, effiziente Ressourcenallokationen zu erzeugen. Dazu müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Teilweise braucht man den Staat dazu. Teilweise ist staatliches Handeln schädlich. Eigentumsrechte Bei Einschränkungen der Vertragsfreiheit. Die nächsten Fragen: 1. Was geschieht, wenn der Staat in Märkte eingreift? 1. 2. 2. Durch Besteuerung/Subvention Durch Mindest- oder Höchstpreissetzungen? Was geschieht, wenn der Wettbewerb eingeschränkt ist? 1. 2. Referenzpunkt: Wettbewerbsmarkt Monopol, Oligopol und monopolistische Konkurrenz 140 4. Die Wirkung von Eingriffen des Staates in Marktprozesse Mankiw Kap. 6 und 8 Einführung VWL 2006/07 4.1 Die Wirkung von Steuern 4.1.1 Inzidenz Wir betrachten die Besteuerung eines Konsumgutes mit einem konstanten Mengensteuersatz (Euro pro Mengeneinheit). Wer trägt eigentlich die ökonomische Last der Besteuerung? Damit ist nach der so genannten Steuerinzidenz gefragt Wovon hängt diese ab? Beispiele: Mineralölsteuer, Brandweinsteuer, Biersteuer etc. Kann der Gesetzgeber festlegen, wer die Last tragen soll? Hat die Inzidenz etwas damit zu tun, ob die Steuer bei den Anbietern oder den Nachfragern erhoben wird? Wie wirkt sich die Besteuerung auf die Effizienz aus? Ist Besteuerung nicht nur eine Umverteilung von den Privaten zum Staat? 142 Einführung VWL 2006/07 Inzidenz bei Erhebung auf der Nachfrageseite Preis Angebot Steuer Preis, den die Nachfrager nach Steuereinführung zahlen Preis ohne Steuer Preis, den die Anbieter nach Steuereinführung erhalten Nachfrage (bleibt unverändert) Menge alte Menge neue Menge Neue (Netto) Durchschnittserlöskurve der Anbieter 143 Einführung VWL 2006/07 Inzidenz bei Erhebung auf der Nachfrageseite Die Nachfragepläne ändern sich durch die Erhebung einer Steuer nicht. Plan hängt nur vom Preis ab, nicht davon, wer das Geld bekommt! Deshalb bleibt die Nachfragekurve unverändert Aber die Nettoerlöse der Anbieter sind nun nicht mehr = Preis! Resultate: Der Preis für die Nachfrager steigt, aber Der Preis (besser der Erlös) für die Anbieter sinkt er steigt nicht um den vollen Steuerbetrag erst beide Effekte zusammen addieren sich zum Steuerbetrag Beide Seiten des Marktes tragen damit einen Teil der Steuerlast! Obwohl die Steuer nominal vollständig überwälzt wird. 144 Einführung VWL 2006/07 Inzidenz bei Erhebung auf der Anbieterseite Preis Angebot neu Angebot alt Preis, den die Nachfrager nach Steuereinführung zahlen Preis ohne Steuer Preis, den die Anbieter nach Steuereinführung erhalten Steuer Menge alte Menge neue Menge 145 Einführung VWL 2006/07 Inzidenz bei Erhebung auf der Anbieterseite Bei Erhebung auf der Angebotsseite Abbildung der Steuer durch Verschiebung der Angebotskurve nach oben. Entspricht einem Aufschlag auf die Grenzkosten in Höhe der Steuer Resultate Das gleiche Bild wie bei Erhebung auf der Nachfrageseite Die Steuerinzidenz ist identisch Für die Lastverteilung ist die Frage, auf welcher Marktseite die Steuer erhoben wird, nicht relevant. Wovon hängt die Lastverteilung dann ab? Nächster Schritt: Genauere Analyse der Lasten, die durch die Steuer entstehen 146 Einführung VWL 2006/07 Steuerinzidenz Preis Angebot neu Konsumentenrente nach Steuer Angebot alt Steuer Steueraufkommen Effizienzverlust Zusatzlast der Besteuerung! Produzentenrente nach Steuer Menge 147 Einführung VWL 2006/07 Steuerinzidenz Sowohl die Konsumenten- als auch die Produzentenrente wird kleiner und es entsteht eine Zusatzlast der Besteuerung Wir erinnern uns: Immer wenn der Preis aus dem Gleichgewicht gebracht wird, kommt es zu Effizienzverlusten Das ist hier der Fall: Die Steuer treibt einen Keil zwischen Nachfrager und Produzentenpreis Ersterer liegt über, letzterer unter dem Gleichgewichtspreis ohne Steuer. Wovon hängt die Lastverteilung und die Zusatzlast ab? Kann der Gesetzgeber beides wirklich beeinflussen? Inzidenz hängt auch von der Höhe des Steuersatzes und von der Wahl der Bemessungsgrundlage ab, Vor allem aber von den Elastizitäten der Nachfrage und des Angebots! 148 Einführung VWL 2006/07 Steuerinzidenz Preis Last der Nachfrager Last der Anbieter unelastische Nachfrage Menge 149 Einführung VWL 2006/07 Steuerinzidenz Preis unelastisches Angebot Last der Nachfrager Last der Anbieter Menge 150 Einführung VWL 2006/07 Steuerinzidenz Allgemein gilt: Grund: die relativ weniger elastische Marktseite trägt den größeren Teil der Steuerlast. Ist eine Marktseite vollkommen elastisch, so trägt die andere Seite die gesamte Steuerlast. Bei geringer Elastizität kann die entsprechende Marktseite der Besteuerung weniger gut ausweichen. Was bedeutet das für die Zusatzlast? Bei vollkommen unelastischer Nachfrage (Angebot) entsteht keine Zusatzlast Grund: Da die Menge nicht reagiert, werden alle Tauschoptionen weiterhin wahrgenommen! 151 Einführung VWL 2006/07 Steuerinzidenz Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Inzidenzanalyse für die Besteuerung? Verteilung der Steuerlasten nicht so klar, wie es oft behauptet wird. Tragen die Reichen die Last einer Luxussteuer auf Segeljachten? Oder doch die Arbeiter in den deutschen Jachtwerften? Bei der Besteuerung muss auf die Zusatzlasten geachtet werden. Höhe der Zusatzlast hängt von der Art der Besteuerung ab! Mehr dazu in der Vorlesung „Finanzwissenschaft“ 152 Einführung VWL 2006/07 4.2 Eingriffe in die Preisbildung 4.2.1 Mindestpreise Mankiw Kap. 6 Klar: Damit ein Mindestpreis Wirkung zeigen kann, muss er über dem Gleichgewichtspreis liegen! Dann aber: verursacht der Mindestpreis einen Angebotsüberschuss und einen Effizienzverlust Die Graphik zum Mindestpreis kennen wir schon aus Folie 132: Preis Konsumentenrente Angebot pH pi Effizienzverlust Produzentenrente Grund: Nachfrage xi Vorteilhafte Tauschmöglichkeiten zu Preisen unter dem Mindestpreis bleiben ungenutzt! Menge 153 Einführung VWL 2006/07 Mindestpreise Wichtige Form des Mindestpreises: Mindestlohn Lohn Überangebot = Arbeitslosigkeit Arbeitsangebot Mindestlohn Arbeitsnachfrage 154 Arbeitsmenge Einführung VWL 2006/07 Mindestpreise Mindestlohn wirkt sich nur auf einem Teil des Arbeitsmarktes aus. Nur relevant für gering qualifizierte mit niedrigem Einkommen. USA, Frankreich: gesetzlicher Mindestlohn Deutschland Expliziter Mindestlohn im Baugewerbe und Reinigungsgewerbe Ansonsten: Impliziter Mindestlohn durch die Transferleistungen Unter Hartz IV wird es kein Arbeitsangebot geben Beachte: Für die Arbeitsnachfrage ist nicht der (Netto-) Lohn entscheidend, sondern die gesamten Arbeitskosten: Nettolohn + Lohnsteuer + Sozialabgaben (AG und AN-Anteil) 155 Einführung VWL 2006/07 Mindestpreise Arbeitslosigkeit gering qualifizierter im internationalen Vergleich Quelle: OECD 20% 18% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% Fr an ce G er m an y ai n Sp Be lg iu m C an ad a Fi nl an d at es d St Ita ly U ni te U ni Ja pa te d n K in gd om A us tr al ia D en m ar k A us tr ia re ec e G K or ea et he rla nd s N or w N ay ew Z ea la nd Po rt ug Sw al itz er la nd Sw ed en Ir el an d 0% N Unemployment Rate 16% Country low‐skilled unemployment general unemployment 156 Einführung VWL 2006/07 Mindestpreise Extrem hohe Arbeitslosigkeit bei gering qualifizierten hat etwas mit den sehr hohen faktischen Mindestlöhnen zu tun. Anteil der Sozialabgaben an den gesamten Arbeitskosten: 42%! Haben weitgehend den Charakter einer Strafsteuer auf Arbeit. Auswege? Aktivierende Sozialhilfe des Ifo-Institutes Vorschlag des Sachverständigenrates (sehr ähnlich) Magdeburger Alternative (anderer Ansatz) Für Interessierte: Schöb, R., Weimann, J., Arbeit ist machbar. Die Magdeburger Alternative: Eine sanfte Therapie für Deutschland, 4. Aufl. 2006. 157 Einführung VWL 2006/07 Mindestpreise Weitere Mindestpreise: Europäischer Agrarmarkt Beispiel Zuckermarktordnung Garantiert Mindestpreis, der deutlich über dem Weltmarktpreis liegt. Weltmarktpreis Zucker: EU-Interventionspreis: ca. 210 €/t ca. 630 €/t Anders als beim Mindestlohn: Preisgarantie wird verbunden mit flankierenden Maßnahmen: Abnahmegarantie (produziert Milchseen und Fleischberge) Einfuhrbeschränkungen (Anbieter außerhalb der EU haben keine Chance!) Beides notwendig, weil sonst die Mindestpreise wirkungslos blieben! Am Arbeitsmarkt bleibt das Überangebot einfach „liegen“. 158 Einführung VWL 2006/07 4.2.2 Höchstpreise Auch hier kennen wir die Graphik schon (Folie 133) Preis Konsumentenrente Angebot Klar: Damit ein Höchstpreis Wirkung zeigen kann, muss er unter dem Gleichgewichtspreis liegen! Dann aber: verursacht der Höchstpreispreis einen Nachfrageüberschuss und einen Effizienzverlust pi Effizienzverlust Preis unter den Grenzkosten pU Produzentenrente xU Nachfrage Menge Grund: Vorteilhafte Tauschmöglichkeiten zu Preisen über dem Höchstpreis bleiben ungenutzt! 159 Einführung VWL 2006/07 Höchstpreise Wichtiges Beispiel für Höchstpreise: Wohnungsmarkt Mietpreisbindung Mieten können nicht frei verhandelt werden, sondern sind an den örtlichen Mietspiegel gebunden. Mieterhöhungen sind ebenfalls nicht beliebig möglich. Wirkung: Wohnungsangebot bleibt hinter der Wohnungsnachfrage zurück Zu beobachten in westdeutschen Großstädten In Ostdeutschland dagegen Überangebot durch steuerlich induzierten Bauboom in der Nachwendezeit. 160 Einführung VWL 2006/07 Fazit: Staatliche Eingriffe haben fast immer Effizienzeinbußen zur Folge Dennoch sind sie mitunter unvermeidlich Tendenziell bedürfen aber Staatseingriffe einer besonderen Begründung, weil sie Insbesondere muss der Staat Steuern erheben, obwohl das mit Zusatzlasten verbunden ist. Freiheitsrechte einschränken Ineffizienz erzeugen Insbesondere Eingriffe in die Preisbildung sind allerdings nur sehr schwer zu rechtfertigen Mehr zu diesem Thema später im Kapitel zu „Marktversagen“ 161 5. Vollkommener und eingeschränkter Wettbewerb Einführung VWL 2006/07 5.1 Wettbewerbsmärkte (Mankiw Kap. 14) Marktform der „vollkommenen Konkurrenz“ Idealtypus, d.h. kommt so in der Realität höchst selten vor. Kennzeichen: Beide Seiten verhalten sich als „Preisnehmer“ und „Mengenanpasser“ Große Anzahl von Anbietern und Nachfragern Der Preis bildet sich am Markt als Gleichgewichtspreis in Abhängigkeit von der Gesamtnachfrage und dem Gesamtangebot An diesen Preis passt sich der einzelne Anbieter und der einzelne Nachfrager an. Deshalb muss immer zwischen der Gesamtnachfrage und der so genannten „konjekturalen Nachfrage“ unterschieden werden. Letztere ist die, mit der sich das einzelne Unternehmen konfrontiert sieht! 163 Einführung VWL 2006/07 5.1.1 Die kurzfristige Angebotsentscheidung im Wettbewerbsmarkt Wettbewerbsunternehmen entscheiden nur über die Menge, die sie anbieten. Der Preis ist aus ihrer Sicht exogen. Da sich der Preis nicht ändert, wenn die Menge variiert wird, ist der Erlös für das erste Stück der gleiche wie für das n-te Stück und deshalb: Preis = Durchschnittserlös = Grenzerlös Die Grenzerlöskurve ist damit eine horizontale Gerade! Gewinn = Erlös – Kosten Für x – Menge und p – Preis sowie K(x) – Kosten für x: π(x) = px – K(x) 164 Einführung VWL 2006/07 Kurzfristige Angebotsentscheidung Anbieter wählt seine Menge so, dass der Gewinn maximal wird. Formal: Bestimme die notwendige Bedingung für ein Gewinnmaximum. dπ dK ( x) ! = p− =0 ⇒ dx dx dK ( x) p= = GK dx Das Gewinnmaximum ist erreicht, wenn gilt Preis = Grenzkosten! Intuitive Interpretation: Wenn die nächste verkaufte Einheit einen Erlös bringt (Grenzerlös = Preis), der größer ist als die Kosten zur Herstellung dieser Einheit, dann steigert eine weitere Einheit den Gewinn. Ist der Erlös kleiner als die Kosten, steigt der Gewinn, wenn weniger produziert wird. Gewinnmaximum offensichtlich dann wenn Grenzerlös (Preis) = Grenzkosten 165 Einführung VWL 2006/07 Kurzfristige Angebotsentscheidung Preis Grenzkosten Durchschnittskosten Preis = Erlös pro Stück Gewinn Kosten pro Stück Gewinnmaximale Menge Menge 166 Einführung VWL 2006/07 Kurzfristige Angebotsentscheidung Was geschieht, wenn der Preis ceteris paribus steigt? Z.B. weil die Nachfragekurve sich nach rechts verschiebt. Preis Grenzkosten P2 P1 Der neue Angebotspunkt liegt wiederum auf der GK-Kurve, d.h. die Angebotskurve ist identisch mit der GK-Kurve 167 Menge Einführung VWL 2006/07 5.5.2 die langfristige Angebotsentscheidung im Wettbewerbsmarkt Preis Grenzkosten Durchschnittskosten Preis = Erlös pro Stück Gewinn Kosten pro Stück Gewinnmaximale Menge Im Ergebnis: Menge Bisher: Anbieter im Wettbewerbsmarkt erzielt einen Gewinn, weil der Preis über den Stückkosten liegt. Frage: Welche Anreize gehen davon aus? 1. Bereits im Markt befindliche Unternehmen weiten die Kapazität aus (Verschiebung der DK-Kurve nach rechts). 2. Neue Unternehmen haben Anlass in den Markt einzutreten. • Zu jedem Preis wird mehr angeboten, d.h. die Angebotsfunktion verschiebt sich nach rechts. • Der Preis fällt. 168 Einführung VWL 2006/07 Langfristige Angebotsentscheidung Preis Grenzkosten Durchschnittskosten Kurzfristiger Preis Langfristiger Preis Langfristige Gleichgewichtsmenge Menge Menge 169 Einführung VWL 2006/07 Langfristige Angebotsentscheidung Preis Im langfristigen Gleichgewicht Grenzkosten Durchschnittskosten gilt: • Preis = DK = GK Kurzfristiger Preis • Gewinn fällt nicht mehr an Langfristiger Preis • Es gibt keine Anreize für Markteintritt oder Kapazitätsausweitung mehr Langfristige Gleichgewichtsmenge Menge Menge Resultat: • Im Wettbewerbsgleichgewicht herrschen Grenzkostenpreise (sichert Effizienz). • Wird mit minimalen Stückkosten produziert. • Langfristig ist die Angebotsfunktion mit den minimalen DK identisch. • Unternehmen machen zwar keinen „Gewinn“, aber verdienen alle Faktorkosten, einschließlich der Opportunitätskosten der Unternehmer. •Voraussetzung ist insbesondere freier Marktzugang. 170 Einführung VWL 2006/07 5.2 Monopol Ein reines Monopol ist fast so selten wie ein vollkommener Wettbewerbsmarkt. Kann nur entstehen, wenn es möglich ist, den Markteintritt von Wettbewerbern zu verhindern. Gründe dafür: Aber auch dann fast immer „Substitutionswettbewerb“ Produktion patentierter Güter, alleinige Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren (Kautschuk Monopol), staatliche Monopolgarantie (Bahn AG, Energieversorger, etc.) Bahn konkurriert mit Flugzeug und Auto, patentierte Arzneimittel mit alternativen Wirkstoffen, etc. Monopol ist deshalb ebenso idealtypisch wie vollkommener Wettbewerb. 171 Einführung VWL 2006/07 Monopol Der entscheidende Unterschied zum Wettbewerbsmarkt: Für den Monopolisten ist die Gesamtnachfrage identisch mit der konjekturalen. Folge: Der Monopolist ist kein Preisnehmer. Wenn er die Menge verändert, hat das Auswirkungen auf den Preis. Es gilt deshalb Preis = Durchschnittserlös ≠ Grenzerlös! Wie im Wettbewerbsmarkt bestimmt auch der Monopolist sein Angebot nach der Regel: Grenzerlös = Grenzkosten (notwendige Bedingung für ein Gewinnmaximum) aber das impliziert: Grenzerlös = Grenzkosten ≠ Preis! Damit kann das Angebot des Monopols nicht effizient sein! 172 Einführung VWL 2006/07 Monopol Für die Grenzerlöse gilt: dE ( x) dp ( x) x + p ( x) = GE = dx dx dGE ( x) dp ( x) d 2 p ( x) x =2 + 2 dx dx dx 1 42 4 3 E ( x) = p ( x) x ⇒ <0 für p(x) = A – bx (lineare Nachfrage): E ( x) = p( x) x = Ax − bx 2 ⇒ dE ( x) = A − 2bx = GE dx dGE ( x) = −2b dx GE ( x) = 0 ⇒ x = A 2b 173 Einführung VWL 2006/07 Monopol Preis Grenzerlöse Monopolpreis C Grenzkosten =Durchschnittskosten Wettbewerbspreis Nachfrage A/2b Monopolmenge Wettbewerbsmenge A/b Menge 174 Einführung VWL 2006/07 Monopol Vergleich Monopol vs. Wettbewerb Der Monopolist kann seine starke Position ausnutzen Im Monopol ist die Menge kleiner, dafür ist der Monopolpreis höher als der Wettbewerbspreis. Er generiert eine Monopolrente, d.h. einen Gewinn der über die Opportunitätskosten und die Faktorentgelte hinaus geht. Verdacht liegt nahe, dass Monopole nicht effizient sind Schon allein deshalb, weil sie keine Grenzkostenpreise erzeugen Wenn der Preis über den GK liegt, ist es möglich, die Produktion zu erhöhen, den Preis zu senken und dadurch vorteilhafte Tauschvorgänge zu realisieren! Graphische Illustration des Effizienzverlustes: Harberger Dreieck 175 Einführung VWL 2006/07 Monopol Preis Konsumentenrente C Monopolpreis Harberger Dreieck = Effizienzverlust Monopolrente Grenzkosten =Durchschnittskosten Wettbewerbspreis Monopolmenge Wettbewerbsmenge Menge 176 Einführung VWL 2006/07 Monopol Wovon hängt die Höhe des Effizienzverlustes ab? Nicht zuletzt von der Art der Nachfrage! π ( p) = pm x( pm ) − K ( x( pm )) Gewinn Notwendige Bedingung für ein Gewinnmaximum : dK ( x( pm )) dx( pm ) dπ ( p ) dx( pm ) pm + x ( pm ) − = =0 dp dpm dx dp m 14243 K′ pm − K ′ = − x ( pm ) dx( pm ) dpm oder pm − K ′ x ( pm ) 1 1 1 =− = = pm pm dx( pm ) η Preiselastizität der Nachfrage dpm (*) 177 Einführung VWL 2006/07 Monopol Der Monopolist nimmt einen Aufschlag auf die Grenzkosten vor. Dadurch weicht er von der effizienten Lösung ab. Um so weiter, je größer dieser Aufschlag. Auf der linken Seite der Gleichung (*) steht die relative Abweichung vom Wettbewerbspreis. Diese ist umgekehrt proportional zur Preiselastizität der Nachfrage! Das bedeutet: Je elastischer die Nachfrage auf Preiserhöhungen reagiert, um so weniger kann der Monopolist vom Wettbewerbspreis abweichen. Die Marktmacht des Monopolisten hängt damit wesentlich von der Preiselastizität der Nachfrage ab! Bei Gütern, für die enge Substitute existieren, ist die Elastizität hoch und damit die Monopolstellung nicht sehr mächtig. 178 Einführung VWL 2006/07 5.3 Oligopole Mankiw Kap. 16, Weimann Kap. 7.1 In oligopolistischen Märkten ist die Anzahl der Anbieter klein. Entscheidender Punkt: Es kommt zu strategischen Interaktionen zwischen den Anbietern. Die optimale Preis- oder Mengenentscheidung des Anbieters i hängt davon ab, was j tut und gleichzeitig ist die Entscheidung von j davon abhängig, was i tut! Diese strategische Interaktion lässt sich mit spieltheoretischen Modellen beschreiben. Analyse solcher Märkte ist Gegenstand des so genannten „Industrial Organisation“ (IO). Das „Arbeitspferd“ der IO: Cournot-Modell 179 Einführung VWL 2006/07 5.3.1 Cournot-Modell Modell beschreibt in der einfachsten Variante das Verhalten von zwei Anbietern Man spricht von einem Duopol. Die strategische Variable der Unternehmen ist die Produktionsmenge (q1 und q2). Der Preis bildet sich am Markt in Abhängigkeit von der Gesamtmenge Inverse Nachfrage: p = p(q1 , q2 ) Gewinn von Unternehmen i: π i (q1 , q2 ) = p(q1 , q2 )qi − C (qi ) , i = 1, 2 Dabei sind C(q) die Kosten für die Produktion von q 180 Einführung VWL 2006/07 Cournot-Modell Reaktionsfunktion [Rj (qi)]: Ordnet jeder Mengenentscheidung des i die jeweils beste Antwort des j zu: Gegeben qi, ist die beste Antwort das qj, bei dem der Gewinn des j maximal wird. Im Nash-GG muss gelten: ( ) R (q ) = q Ri q*j = q*i j * i * j Die Mengenentscheidung von i muss beste Antwort auf die Menge von j sein und die Menge von j muss gleichzeitig beste Antwort auf die Menge des i sein! Beste Antwort ist die Menge, die den Gewinn maximiert! 181 Einführung VWL 2006/07 Cournot-Modell Notwendige Bedingung für Gewinnmaximum: π ii (Ri (q j ), q j ) = 0 π ii (Ri (q j ), q j ) = p (qi , q j ) − Ci′(qi ) + qi p′(qi , q j ) = 0 1 424 3 142<043 (* ) (* * ) inf ram arg inal Reaktionsfunktion bestimmt sich implizit aus (*). Damit können wir das Implizite Funktionen Theorem anwenden, um etwas über die Steigung der Reaktionsfunktion zu erfahren: ( ( ) ) ( ( ) ) π ij Ri q j , q j dRi = dq j − π iii Ri q j , q j 14243 i <0 (* * * ) 182 Einführung VWL 2006/07 Cournot-Modell Damit hängt die Steigung der Reaktionsfunktion allein vom sign Rij = sign π iji Vorzeichen des Zählers in (***) ab: Steigt der Grenzgewinn in qj: Reaktionsfunktion steigt Ö Strategisches Komplement Bietet j mehr an, tut dies auch i. Fällt der Grenzgewinn in qj Reaktionsfunktion fällt Ö Strategisches Substitut Je mehr j anbietet, um so weniger bietet i an. Dieser Fall ist für das Cournotmodell der relevante: Æ Bietet j die Wettbewerbsmenge (Maximalmenge) an: qi = 0 Æ Bietet j nichts an, wählt i die Monopolmenge! Æ Folglich wird die Reaktionsfunktion beider Spieler fallen 183 Einführung VWL 2006/07 Cournot-Modell R2, q2 qWettbewerb R1 qMonopol Cournot-Gleichgewicht R2 qMonopol qWettbewerb R1, q1 184 Einführung VWL 2006/07 Cournot-Modell Resultate: Für den Fall identischer Kosten und linearer Nachfrage gilt: Bei zwei Anbietern wird insgesamt 2/3 der Menge S angeboten, die im Wettbewerbsfall resultiert. Für n > 2 Anbieter resultiert die Gesamtangebotsmenge: 1 ⎞ ⎛ Q = ⎜1 − ⎟S ⎝ n + 1⎠ Mit wachsendem n nähert sich die Cournot-Menge der Wettbewerbsmenge 185 Einführung VWL 2006/07 5.3.2 Andere Oligopolmodelle Bertrand Modell Unterschied zu Cournot: Unternehmen entscheiden nicht über die Menge, die sie anbieten, sondern über den Preis. Führt dazu, dass unter bestimmten Bedingungen Grenzkostenpreise resultieren. Stackelberg Modell Ähnlich wie Cournot, aber Unternehmen entscheiden nacheinander Stackelberg-Führer entscheidet zuerst, der zweite Anbieter passt sich der Entscheidung des ersten an. Der zuerst zieht, hat hier einen strategischen Vorteil! 186 Einführung VWL 2006/07 5.4 Monopolistische Konkurrenz Mankiw Kap. 17 Monopolistische Konkurrenz ist charakterisiert durch: Große Zahl von Anbietern. Produktdifferenzierung Die Anbieter bieten ähnliche, aber nicht gleiche Güter an Bücher, CD, Waschmittel etc. Freier Marktzugang Im Prinzip kann jedes Unternehmen ein neues Produkt erzeugen und auf den Markt eintreten Diese Marktform unterscheidet sich von allen bisher diskutierten, hat aber auch Elemente aller dieser Marktformen: Wie im Wettbewerbsmarkt große Zahl von Anbietern Wie im Monopol kein Preisnehmerverhalten Wie im Oligopol eine fallende konjekturale Nachfrage 187 Einführung VWL 2006/07 Monopolistische Konkurrenz Fallende Nachfrage nach dem differenzierten Gut eines Anbieters Angebotspunkt ermittelt durch GE = GK: Preis Grenzkosten Durchschnittskosten Preis Gewinn Grenzerlös 188 Angebotsmenge Menge Einführung VWL 2006/07 Monopolistische Konkurrenz Kurzfristig entsteht ein Gewinn ähnlich wie im kurzfristigen Wettbewerbsgleichgewicht Dieser führt zu weiteren Markteintritten Neue Anbieter bieten Substitute zu den vorhandenen Produkten an. Beispiel Schokoriegel: Früher gab es nur „Mars“ und „Nuts“ Führt dazu, dass sich die Nachfrage für den einzelnen Anbieter verringert, d.h. die konjekturale Nachfragekurve verschiebt sich nach links! Dieser Prozess dauert so lange an, wie Gewinne erzielt werden, d.h. das langfristige Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn Preis = DK gilt und damit kein Gewinn mehr realisiert wird! 189 Einführung VWL 2006/07 Monopolistische Konkurrenz Das langfristige Gleichgewicht: Grenzkosten Preis Durchschnittskosten Preis Effiziente Lösung: Grenzkostenpreis Grenzerlös 190 Angebotsmenge Menge Einführung VWL 2006/07 Monopolistische Konkurrenz Wie ist die monopolistische Konkurrenz zu bewerten? Klar: Das Effizienzziel wird verfehlt Aber: Produktdifferenzierung schließt die Entwicklung neuer Produkte ein! Dazu gibt es in der monopolistischen Konkurrenz offensichtlich starke Anreize! Der Wettbewerb als Dazu wären Grenzkostenpreise notwendig Suchverfahren Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ wird durch das Modell gut abgebildet. Unter dem Aspekt der dynamischen Anreizwirkung ist deshalb die monopolistische Konkurrenz nicht so schlecht! 191 6. Haushaltstheorie Einführung VWL 2006/07 6.1 Entscheidungen des Haushalts Mankiw Kap. 21 Haushalte (Konsumenten) treffen diverse Entscheidungen: Wie erziele ich Einkommen? Arbeitsangebotsentscheidung Abwägung Freizeit – Arbeit Wie verwende ich Einkommen? Was konsumiere ich? Wahl unter alternativen Güterbündeln Wann konsumiere ich? Intertemporale Abwägung zwischen Konsum und Sparen 193 Einführung VWL 2006/07 Jede dieser Entscheidungen lässt sich weiter differenzieren Beispiel Arbeitsangebot: Entscheidung beinhaltet nicht nur die Frage, wie viel Arbeit angeboten wird, sondern auch die Frage, welche Arbeit angeboten wird. Investition in Humankapital verändert das Arbeitsangebot. Sparentscheidung Konsumverzicht = Investition Welches Risiko bin ich bereit einzugehen? … 194 Einführung VWL 2006/07 6.2 Konsumentscheidung bei gegebenen Preisen und gegebenem Einkommen Gegebenes Einkommen: Gegebene Preise: Die Frage, wie das Einkommen erzielt wird, spielt keine Rolle. Konsument wird als Preisnehmer modelliert (ist realistisch). Sparentscheidung wird nicht behandelt Gesamtes Einkommen wird für den Konsum verwendet. 195 Einführung VWL 2006/07 Was tut der Konsument? Er wählt von den Güterbündeln, die er sich leisten kann, dasjenige aus, das für ihn das beste ist. Das ist das, was wir tun, wenn wir im Supermarkt sind oder im Internet shopen! Unser Haushaltsmodell muss also zwei Dinge abbilden, um den Konsumvorgang idealtypisch zu beschreiben: Was der Konsument sich leisten kann Was das Beste für den Konsumenten ist Geschieht mit Hilfe der Budgetbeschränkung Geschieht durch Angabe einer Präferenzordnung Wir betrachten den einfachsten Fall: Zwei Güter 196 Einführung VWL 2006/07 Budgetbeschränkung bei zwei Gütern: Budgetgerade Menge des Gutes 1: x Budgetgerade: I = pxx + pyy px – Preis von Gut 1 Budgetmenge py – Preis von Gut 2 I - Einkommen Menge des Gutes 2: y 197 Einführung VWL 2006/07 Die Steigung der Budgetgeraden wird bestimmt durch das Preisverhältnis: py I x= − y px px Interpretation: Das Preisverhältnis beschreibt das Austauschverhältnis, das bei gegebenen Preisen am Markt realisiert werden kann. Die Lage der Budgetgeraden wir durch das Einkommen I bestimmt. für y = 0 gibt I/px den Schnittpunkt mit der x-Achse an für x = 0 gibt I/py den Schnittpunkt mit der y-Achse an 198 Einführung VWL 2006/07 I3 I1 I2 x px Einkommen steigt px px Einkommen sinkt I2 py I1 py I3 py y 199 Einführung VWL 2006/07 x Veränderung des relativen Preises (Gut 2 wird teurer (billiger)) y 200 Einführung VWL 2006/07 Die Präferenzen des Haushalts Wir unterstellen, dass der Haushalt über alle möglichen Güterbündel z = (x, y|x ≥ 0; y ≥ 0) eine Präferenzordnung besitzt, mit den Eigenschaften: 1. 2. Reflexiv: zi ist mindestens so gut wie zi Transitiv: Aus zi besser als zm und zm besser als zk folgt dass zi besser als zk ist. Vollständig: für beliebige zi und zk mit zi ≠ zk kann angegeben werden, ob zi besser zk oder zk besser zi oder beides (Indifferenz) 3. 201 Einführung VWL 2006/07 Nutzenfunktion Wir bilden die Präferenzordnung mit einer Nutzenfunktion U(x, y) ab, für die angenommen wird: Ux, Uy > 0 und ´d Ux Uy dy <0 Beispiele für spezielle Nutzenfunktionen: Perfekte Substitute: U(x, y) = x + y Perfekte Komplemente: U( x, y) = min {x, y} Cobb-Douglas Nutzenfunktion: U(x, y) = c xαy1-α 202 Einführung VWL 2006/07 Dargestellt wird die Nutzenfunktion häufig durch die so genannten Indifferenzkurven. Das ist der geometrische Ort gleichen Nutzens im (x, y) Raum. Sie sind konvex zum Ursprung (sichert die zweite Bedingung) und sie schneiden sich nicht (folgt aus der Transitivität der Präferenzordnung). x Be ss er m en ge n y 203 Einführung VWL 2006/07 x Indifferenzkurven Nutzenindex Ui wächst { (x, y )U (x, y ) = U i } = const. U3 U2 y Jeder Punkt auf der Indifferenzkurve mit dem Nutzenindex U3 wird jedem Punkt auf der Indifferenzkurve mit dem Nutzenindex U2 vorgezogen 204 Einführung VWL 2006/07 Indifferenzkurven schneiden sich nicht x Beweis: Aus A ~ B und B ~ C folgt (Transitivität) dass A ~ C. Das ist aber nicht möglich weil A und C nicht auf der gleichen Indifferenzkurve liegen A B C y 205 Einführung VWL 2006/07 x Die Steigung der Indifferenzkurve Die Indifferenzkurvenfunktion ist eine implizite Funktion von x und y: U ( x, y ) = U i Die Ableitung dieser Funktion ermittelt man mit Hilfe des impliziten Funktionen Theorems: ∂U dx ∂x = − U x =− ∂U dx Uy ∂y y Annahmegemäß fällt die Ableitung dem Betrag nach (wird flacher) 206 Einführung VWL 2006/07 Interpretation Den Betrag der Steigung der Indifferenzkurve nennt man die Grenzrate der Substitution (abgekürzt GRS) Die GRS ist ein Austauschverhältnis der beiden Güter genau wie die Steigung der Budgetgerade ein Austauschverhältnis war Die GRS gibt aber nicht das Verhältnis an in dem die beiden Güter bei gegebenen Marktpreisen substituiert werden können, sondern das Verhältnis, in dem der Austausch erfolgen muss, wenn man trotz Substitution der Güter auf dem gleichen Nutzenniveau bleiben will! Damit lässt sich die Krümmung der Indifferenzkurve gut interpretieren: Je mehr man von Gut x im Verhältnis zu Gut y hat, um so weniger y braucht man, um den Verlust von einer Einheit x auszugleichen! Das relativ knappere Gut ist relativ wertvoller! 207 Einführung VWL 2006/07 x Die Grenzrate der Substitution fällt, d.h. man braucht immer mehr von Gut y, um den Verlust einer Einheit von x zu kompensieren. 1 1 y Δy1 Δy2 208 Einführung VWL 2006/07 Spezielle Indifferenzkurven x Perfekte Substitute Perfekte Komplemente y 209 Einführung VWL 2006/07 Das Haushaltsoptimum Wir können jetzt beschreiben, was sich der Haushalt leisten kann Wir können auch beschreiben, welche Präferenzen der Haushalt hat Mit der Budgetgeraden Mit dem Indifferenzkurvensystem Also können wir jetzt auch beschreiben, wie es aussieht, wenn sich der Haushalt das Güterbündel aussucht, dass das beste ist, das er sich leisten kann. Erst graphisch, dann mathematisch! 210 Einführung VWL 2006/07 Alle Punkte auf der blauen Budgetgeraden können erreicht werden x Gewählt wird der Punkt, in dem der höchste Nutzenindex erreicht wird! Dieses Güterbündel wird allen anderen erreichbaren Bündeln vorgezogen! U3 U2 y Bedingung für ein Haushaltsoptimum ist offensichtlich, dass das Preisverhältnis (die Steigung der Budgetgeraden) gleich der GRS sein muss! 211 Einführung VWL 2006/07 Formal Aufgabe: wähle die Güterkombination (x, y), die den Nutzen U( x, y) bei gegebenem Einkommen und gegebenen Preisen maximiert: U ( x, y ) → max! u.d .N px x + p y y = I Lösung mit der Methode von Lagrange: L = U (x, y ) + λ (I − p x x − p y y ) ∂L ∂U = − λ px = 0 ∂x ∂x ∂L ∂U = − λ py = 0 ∂y ∂y U p ⇒ x = x U y py GRS = Preisverhältnis 212 Einführung VWL 2006/07 Interpretation x Budgetgerade Durch Substitution zu herrschenden Preisen kann ein Punkt oberhalb der Indifferenzkurve erreicht werden Steigung ≠ GRS U3 U2 y 213 Einführung VWL 2006/07 Randlösung: Perfekte Substitute x Indifferenzkurve Budgetgerade Randlösung y 214 Einführung VWL 2006/07 Die Nachfrage des Haushalts x Mit steigendem Preis fällt die nachgefragte Menge U3 U2 y1 y2 y3 y 215 Einführung VWL 2006/07 Haushaltsnachfrage und aggregierte Nachfrage p a b y a+b • Die Gesamtnachfrage ergibt sich aus der horizontalen Aggregation der Haushaltsnachfragen Auch die Gesamtnachfrage ist eine fallende Funktion des Preises! 216 7. Produktions- und Kostentheorie Einführung VWL 2006/07 7.1 Die Produktionsfunktion Wenn wir uns das Modell für Unternehmen ansehen, dann müssen wir die VWL und die BWL-Perspektive unterscheiden! Die Methodik sollte in beiden Bereichen gleich sein! Der Erkenntnisgegenstand unterscheidet sich aber! BWL: Innenansicht des Unternehmens Perspektive aus der „Sicht des Unternehmens“ VWL: Außenansicht von Unternehmen Perspektive aus der „Vogelsicht“ Beispiele Besteuerung: VWL fragt nach der Besteuerung, die die wenigsten Effizienzeinbußen verursacht. BWL thematisiert, wie sich Unternehmen möglichst effizient an bestehende Besteuerung anpasst. Märkte: BWL thematisiert das Verhalten des Unternehmens als Anbieter auf Märkten VWL interessiert welche Effizienzeigenschaften bestimmte Marktformen haben 218 Einführung VWL 2006/07 Für die VWL ist das Unternehmen eine schwarze Kiste Inputs Unternehmen Outputs Was in der schwarzen Kiste geschieht, wird durch eine so genannte Produktionsfunktion beschrieben, die sehr grob und sehr vereinfacht alles das abbildet, was den Betriebswirt im Detail interessiert! F(k, l) = x F = Produktionsfunktion mit den Inputs Kapital (k) und Arbeit (l) und der Produktion x. 219 Einführung VWL 2006/07 Eigenschaften der Produktionsfunktion Annahme: F(k, l) zweimal stetig differenzierbar Beispiel: Cobb-Douglas Produktionsfunktion: F (l , k ) = cl α k β Erste Ableitung gibt die Grenzproduktivität an: ∂f (l , k ) = αcl α −1k β = Fl > 0 ∂l ∂F (l , k ) = βcl α k β −1 = Fk > 0 ∂k Ökonomische Interpretation? 220 Einführung VWL 2006/07 Für α , β < 1 ist die zweite Ableitung < 0, d.h. der Grenzertrag nimmt ab! F(l, k) bei n o i t funk riation. s n o rv a u k ti Prod ler Fakto (hier k) or re iel part ein Fakt er ande rt, d N ur e i i r va x. wird ist fi itiv, s o p ist g a r t r ab zer e n b e a r t G nimm rlauf e V cher i l z t gese s g a Ertr k 221 Einführung VWL 2006/07 Produktionsfunktion bei totaler Faktorvariation: Beantwortet die Frage: Ö Wie verändert sich der Output, wenn der Einsatz aller Faktoren um den gleichen Faktor verändert wird? Voraussetzung für die Antwort: Ö Neoklassische Produktionsfunktionen sind homogen vom Grade r, d.h. F (λl , λk ) = λ F (l , k ) r Ö Wenn der Einsatz aller Faktoren um das λ-fache verändert wird, dann steigt der Output um das λr-fache. 222 Einführung VWL 2006/07 Skalenerträge Beispiel Cobb-Douglas: F ( λl , λk ) = c (λl )α (λk )β = λα + β cl α k β = λα + β F (l , k ) Homogenitätsgrad: r =α + β Für die Skalenerträge ist entscheidend, ob r > = oder < 1 ist! r =1: Konstante Skalenerträge, d.h. verdoppelt sich der Input, verdoppelt sich auch der Output r > 1: Zunehmende Skalenerträge, d.h. verdoppelt sich der Input steigt der Output um mehr als das Doppelte r < 1: Abnehmende Skalenerträge, d.h. bei Verdoppelung der Inputs steigt der Output um weniger als der Input. 223 lˆ(k ) Einführung VWL 2006/07 Isoquanten So wie man Nutzenfunktionen durch Indifferenzkurven abbilden kann, lassen sich Produktionsfunktionen durch Isoquanten abbilden: Orte im (k, l) – Raum gleicher Produktionsmenge x* Die Isoquante zu x* gibt alle Faktorkombinationen (k, l) an, mit denen x* effizient produziert werden kann. Formal: * lˆ(k ) erfüllt F (lˆ( k ), k ) = x ∂F dlˆ( k ) = − ∂k < 0 ∂F dk ∂l dann gilt die Isoquante fällt. (Beweis: Implizites Funktionen Theorem) 224 Einführung VWL 2006/07 Isoquantenschaar l x1 Isoquanten verlaufen parallel und sind konvex zum Ursprung x2 l1 Isoquanten l2 k1 k2 k 225 Einführung VWL 2006/07 Die technische Grenzrate der Substitution Darunter wird das Austauschverhältnis zwischen den Faktoren bei konstantem Output verstanden Technisch handelt es sich um den Absolutbetrag der (negativen) Isoquantensteigung: ∂F dlˆ( k ) = ∂k = Technische Grenzrate der Substitution ∂F dk ∂l Die TGS verhält sich ähnlich wie die Grenzrate der Substitution beim Haushaltsproblem: Entlang der Isoquante wird sie immer kleiner (Kurve wird flacher, d.h. die Steigung wird größer, aber der Absolutbetrag wird kleiner) Um eine Einheit eines Faktor durch den anderen Faktor zu ersetzen erfordert immer mehr von dem „anderen“ Faktor. 226 Einführung VWL 2006/07 Fallende technische Grenzrate der Substitution Der Übergang von l1 zu l2 erfordert weniger zusätzliches Kapital als der Übergang von l3 zu l4 x1 l1 l2 l3 l4 k1 k2 k3 k4 227 Einführung VWL 2006/07 7.2 Kostenfunktionen Der Zusammenhang zwischen Produktions- und Kostenfunktion: Der Produktionsfunktion F( k, l) ordnet jeder Faktormengenkombination den damit erreichbaren Output x zu. Die Kostenfunktion K(x) ordnet jeder Outputmenge x die Kosten zu, die entstehen, wenn x produziert wird. Dabei sind die Kosten die Summe der mit Faktorpreisen multiplizierten Faktormengen plus ggf. anfallende Fixkosten. Wenn man die Produktionsfunktion umkehrt, liefert sie zu jeder Outputmenge x die dafür notwendigen Faktormengen. Das heißt, man erhält die Kostenfunktion, indem man die Umkehrfunktion der PF bildet, die Faktormengen mit den Faktorpreisen multipliziert und die Fixkosten addiert! 228 Einführung VWL 2006/07 Arten und Eigenschaften von Kostenfunktionen Für die Kostenfunktion ist wichtig, ob wir die PF bei partieller oder vollständiger Faktorvariation betrachten Kurzfristig eher partiell, weil z.B. der Kapitaleinsatz in der kurzen Frist nicht variiert werden kann. Langfristig sollten dagegen alle Faktoren variabel sein. Unter den üblichen Annahmen an die PF folgt für die kurzfristige Kostenfunktion: K(x) ist konvex Bei Existenz von Fixkosten verlaufen die Durchschnittskosten DK(x) = K(x)/x U-förmig. Die Grenzkosten GK(x) = dK(x)/dx steigen und schneiden die DK in deren Minimum 229 Einführung VWL 2006/07 7.2.1 Kurzfristige Kostenverläufe K(x) GK(x) DK(x) Fixkosten x 230 Einführung VWL 2006/07 Grenz- und Durchschnittskosten K (x ) x dK ( x ) x − K ( x ) dDK ( x ) GK ( x )x − K ( x ) dx = = =0 2 2 dx x x K (x ) ⇒ GK (x )x − K ( x ) = 0 bzw. GK ( x ) = = DK ( x ) x DK ( x ) = Im Minimum der Durchschnittskosten sind diese gleich den Grenzkosten! 231 Einführung VWL 2006/07 7.2.2 Minimalkostenkombination Eine Isoquante liefert effiziente Produktionsmöglichkeiten für eine gegebene Produktionsmenge. Welche dieser Möglichkeiten soll realisiert werden? Wie viel soll produziert werden Mit welchem Faktoreinsatzverhältnis? Antworten liefert die Minimalkostenkombination Auswahl der Faktorkombination, mit der eine vorgegebene Menge kostenminimal produziert werden kann l Isokostengerade: C – Produktionskosten w – Lohnsatz C = wl + rk R – Zinssatz k 232 Einführung VWL 2006/07 Alle Faktorkombinationen auf der Isokostengeraden sind zu den gleichen Gesamtkosten realisierbar. Steigung ist gegeben durch das Faktorpreisverhältnis r/w Steigung gibt das Austauschverhältnis zwischen l und k an, das bei gegebenen Faktorpreisen realisiert werden kann. Interpretation der Isokostengeraden analog zu der Budgetgeraden beim Haushaltsproblem. Minimalkostenkombination: Bei gegebener Produktionsmenge: Verschiebe die Isokostengerade so, dass sie Tangente an der Isoquante wird. Bei gegebenem Budget: Suche die Isoquante, die erreichbar ist und das höchste Produktionsniveau aufweist 233 Einführung VWL 2006/07 l l1, k1 ist die Faktorkombination, mit der die Menge x1 zu minimalen Kosten hergestellt werden kann. Gleichzeitig ist x1 die maximale Menge, die mit dem Kostenaufwand C1 hergestellt werden kann x1 C1/w l1 k1 C1/r k 234 Einführung VWL 2006/07 Formal: Damit ist wl + rk → min u.d .N x = F (l , k ) L(l , k , λ ) = wl + rk + λ ( x − F (l , k )) ∂L ∂F = w−λ =0 ∂l ∂l ∂L ∂F = r −λ =0 ∂k ∂k Interpretation von λ : w Fl ⇒ = Der Lagrange Multiplikator gibt die r Fk Veränderung des optimalen Zielfunktionswertes an, die eintritt, wenn die w r λ= = bindende Nebenbedingung um eine marginale F1 Fk Einheit gelockert wird! Damit ist λ = GK 235 Einführung VWL 2006/07 Interpretation 1. Bedingung für Kostenminimalität: Faktoreinsatzmengen müssen so gewählt werden, dass das Faktorpreisverhältnis gleich der technischen Grenzrate der Substitution ist Das Faktorpreisverhältnis bestimmt damit unmittelbar die Relation, in der Arbeit und Kapital zur Produktion eingesetzt werden. Aus der Bedingung λ = w = r = GK F1 Fk 2. Daraus folgt für den Wettbewerbsanbieter: λ= ⇒ w r = = GK = p F1 Fk w w = p ⇒ Fl = Fl p Grenzproduktivitätstheorie: Produktionsfaktoren werden mit ihrem Grenzprodukt entlohnt 236 Einführung VWL 2006/07 Entlohnung mit dem Grenzprodukt hat weitreichende Implikationen! Für die Faktornachfrage der Unternehmen: Wenn die realen Faktorkosten steigen, dann reagieren die Unternehmen darauf. Um F‘ = w/p sicher zu stellen können sie Den Faktoreinsatz reduzieren, denn das erhöht das Grenzprodukt Wenn die realen Lohnkosten steigen Wird entweder unmittelbar weniger Arbeit eingesetzt, oder Der Kapitaleinsatz wird so erhöht, dass die Grenzproduktivität der Arbeit entsprechend ansteigt Das geht aber auch mit einer geringeren Faktornachfrage einher Substitutionsprozess geht vor allem zu Lasten einfacher Arbeit! 237 Einführung VWL 2006/07 7.2.3 Langfristige Kosten Der Unterschied zwischen der langen und der kurzen Frist: Langfristig sind alle Faktoren variabel, kurzfristig nicht. Entspricht dem Unterschied zwischen der Produktionsfunktion bei partieller und bei totaler Faktorvariation! LK(x) = LK( l(x), k(x)), LDK(x), LGK(x) Offensichtlich hängt der Verlauf von LK von den Skalenerträgen ab: r<1 LK(x) r =1 r >1 x 238 Einführung VWL 2006/07 Relation lang- und kurzfristige Kosten Es gilt immer: KK(x) ≥ LK(x) Unterscheidung ist nur auf die Zahl der variablen Faktoren abgestellt. Das impliziert, dass alle langfristig vorhandenen Kosten auch kurzfristig existieren. Da aber kurzfristig nicht alle Faktoren variabel sind, kommt es zu nicht optimalen Faktorkombinationen. Das erzeugt kurzfristig zusätzliche Kosten! Aber: Es gibt eine Outputmenge, bei der die kurzfristig gegebene Faktorausstattung der langfristig optimalen Ausstattung entspricht! In diesem Punkt müssen also lang- und kurzfristige Kosten überein stimmen! 239 Einführung VWL 2006/07 Lang- und kurzfristige Kosten bei konstanten Skalenerträgen KK(l(x), k*) LK(x) KK(x) LK(x) X* ist der Output, für den k* die optimale Kapitalausstattung ist. Folglich ist KK(x*) = LK(x*) X* x 240 Einführung VWL 2006/07 Kurz- und langfristige Durchschnittskosten α X* KDK = tan α LDK = konstant In x* sind LDK = KDK 241 Einführung VWL 2006/07 KK(x) ist für ein festes k definiert: k1 k2 k3 k4 LDK = konstant Modifizierte Annahmen für die kurze Frist: Es bedarf einer Mindestmenge an Kapital Es gibt kurzfristig eine Höchstmenge an Kapital Zwischen Mindest- und Höchstmenge ist Kapital variabel Dann erhält man die sogenannte „Badewannenfunktion“ 242 Einführung VWL 2006/07 Badewannenfunktion LK(x) KK(x) KDK LDK(x) KGK Xmin Xmax x 243 8. Allgemeine Gleichgewichte, die Hauptsätze der Wohlfahrtsökonomie und Marktversagen Weimann Kap. 3.3 Einführung VWL 2006/07 8.1 Allgemeines Tauschgleichgewicht Bisher haben wir nur das Kalkül eines isolierten Haushalts angesehen. Haushaltsoptimum und Haushaltsnachfrage bestimmt. Jetzt geht es darum, den Tausch, der zwischen Haushalten möglich ist, mit in die Betrachtung einzubeziehen. Annahmen: Es gibt k = 1,…,m Haushalte und zwei Güter Jeder Haushalt hat eine Anfangsausstattung mit beiden Gütern: ( a k = a1k , a2k ) Damit ist die Anfangsausstattung der gesamten Ökonomie m a* = ∑ a k k =1 245 Einführung VWL 2006/07 Definition: ( ) ( Eine Allokation x k k = x 1 , x 2 ,..., x m heißt zulässige Allokation, wenn m ) m k x = a ∑ ∑ = a* k k =1 k =1 Es sollen genau die Gütermengen auf die Haushalte aufgeteilt werden, die insgesamt vorhanden sind. Markträumungsbedingung Die individuellen Präferenzen werden abgebildet durch ( ) U k xk Eine Allokation ist individuell rational, wenn ( ) ( ) U k xk ≥ U k ak 246 Einführung VWL 2006/07 Darstellung in der Edgeworthbox Zur graphischen Veranschaulichung wird m = 2 gesetzt (2 Haushalte) Die Seitenlängen der Edgeworthbox entsprechen den Gesamtmengen der beiden Güter. Wir betrachten eine reine Tauschökonomie Kein Staat, Keine Produktion, (noch) keine Preise 247 Einführung VWL 2006/07 Edgeworthbox Haushalt 2 Indifferenzkurven Haushalt 1 Menge Gut 1 Indifferenzkurven Haushalt 2 Haushalt 1 Menge Gut 2 248 Einführung VWL 2006/07 Menge Gut 2 für Haushalt 2 Zulässige Allokationen in der Edgeworthbox Haushalt 2 Menge Gut 1 für Haushalt 2 Menge Gut 1 für Haushalt 1 Haushalt 1 Menge Gut 2 für Haushalt 1 249 Einführung VWL 2006/07 Individuell rationale Allokationen Haushalt 2 Tauschlinse Anfangsausstattung Nutzenniveaus bei der Anfangsausstattung Haushalt 1 250 Einführung VWL 2006/07 Bei gegebener Anfangsausstattung Bestehen Tauschmöglichkeiten, weil Reallokationen existieren, die beide Tauschpartner besser stellen. Sich von der Anfangsausstattung aus in die Tauschlinse zu verändern ist für beide individuell rational. Diese liegen in der Tauschlinse, der Schnittmenge der beiden Bessermengen Deshalb können solche Tauschvorgänge ablaufen. Wie können wir kollektiv rationale Allokationen identifizieren? Also Allokationen, die Pareto-effizient sind! 251 Einführung VWL 2006/07 Pareto-effiziente Allokationen in der Edgeworthbox Haushalt 2 Kontraktkurve A Anfangsausstattung Haushalt 1 252 Einführung VWL 2006/07 Charakterisierung von Pareto-effizienten Allokationen Ausgehend von der Anfangsausstattung Entlang der Indifferenzkurve des Haushalts 1 bleibt dessen Nutzenniveau konstant. Der Nutzenindex von Haushalt 2 steigt solange, bis der Punkt A erreicht ist. ab dort fällt der Nutzen von Haushalt 2. In A gilt, dass jede Reallokation einen der beiden Haushalte schlechter stellen würde. A ist dadurch charakterisiert, dass sich zwei Indifferenzkurven berühren, d.h. gleiche Steigung haben. 253 Einführung VWL 2006/07 Pareto-effiziente Allokationen sind dadurch gekennzeichnet, dass die GRS der beiden Haushalte gleich sind! Die Menge aller Pareto-effizienten Punkte bildet die so genannte Kontraktkurve Frage: Sind Märkte in der Lage, Punkte auf der Kontraktkurve zu realisieren? Allein dadurch, dass Preise als Steuerungsinstrumente eingesetzt werden? 254 Einführung VWL 2006/07 Walras Gleichgewichte Definition: 1. 2. In einer Ökonomie mit K Gütern, I Haushalten und einer gegebenen Anfangsausstattung zi0 ist ein allgemeines Gleichgewicht (Walras-Gleichgewicht) gegeben durch einen Preisvektor P = {p1,…,pK} und individuellen Güterbündeln zi für alle I Haushalte, so dass zi für gegebene Preise den Nutzen für alle I Haushalte maximiert und Alle Märkte geräumt sind, d.h. I I i =1 i =1 0 z ≤ z ∑i ∑i 255 Einführung VWL 2006/07 Walras Gleichgewichte in der Edgeworthbox Wir können in der Edgeworthbox Preise einführen, indem wir eine Budgetgerade durch die Anfangsausstattung legen. Das Preisverhältnis bestimmt die Steigung. Die Haushalte passen sich an diese Preise an, indem sie die Mengen nachfragen, bei denen die Bedingung für ein Haushaltsoptimum erfüllt ist (GRS = Preisverhältnis) Ein Walras-Gleichgewicht erhalten wir dann, wenn dabei die Märkte geräumt sind, d.h. ein zulässige Allokation in den Edgeworthbox entsteht. Also eine Allokation, bei der die beiden Haushalte zusammen genau die Gütermengen nachfragen, die insgesamt vorhanden sind! 256 Einführung VWL 2006/07 Fall 1: Preise, die kein Gleichgewicht erzeugen Haushalt 2 Menge Gut 1 Haushalt 2 Menge Gut 1 Haushalt 1 Budgetgerade Anfangsausstattung Haushalt 1 Menge Gut 2 Haushalt 1 Menge Gut 2 Haushalt 2 257 Einführung VWL 2006/07 Haushalt 2 Fall 2: WalrasGleichgewicht Haushalt 1 Beide Haushalte maximieren ihren Nutzen und es werden genau die Mengen der beiden Güter nachgefragt, die vorhanden sind. 258 Einführung VWL 2006/07 8.2 Die beiden Hauptsätze der Wohlfahrtsökonomik Weimann Kap. 3.3.2 Zwei Fragen: 1. Werden sich Walras Gleichgewichte einstellen? Gegenfrage: Werden die Preise sich ändern, wenn wir in einer ungleichgewichtigen Situation sind (wie im Fall 1)? Der Preis des Gutes, von dem mehr nachgefragt wird als vorhanden ist, wird steigen, der des anderen Gutes wird fallen! Nur dann, wenn sich der Markt in einem Gleichgewicht befindet, besteht für die Akteure kein Anlass mehr, ihr Verhalten zu ändern. In Experimenten ist die Fähigkeit von Akteuren, auch bei wenig Information Gleichgewichte zu „finden“ gut nachgewiesen worden. 259 Einführung VWL 2006/07 2. Welche Eigenschaften haben Walras-Gleichgewichte? Insbesondere im Hinblick auf die Effizienz der Allokation! Die Antwort liefert der Erste Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie: WalrasGleichgewichte sind stets Pareto-effizient Satz ist von großer Bedeutung: Dezentrale Allokationssysteme führen nicht ins Chaos, sondern liefern sogar effiziente Allokationen! Für die Beurteilung von Marktsystemen von größter Wichtigkeit. 260 Einführung VWL 2006/07 Wie steht es um die Verteilung? Pareto-effizienz sagt nichts über die Verteilung Alle Punkte auf der Kontraktkurve sind Pareto-effizient Bei gegebener Anfangsausstattung: Allerdings nur solange es noch keine Anfangsausstattung gibt. Nur die Punkte innerhalb der Tauschlinse sind ParetoVerbesserungen im Vergleich zur Anfangsausstattung! Das lässt sich auch anders interpretieren! Offensichtlich kann man durch entsprechende Wahl der Anfangsausstattung jeden Punkt auf der Kontraktkurve erreichen! Anders formuliert: Die Frage der Effizienz sollte nicht davon abhängen, wie die Anfangsausstattung gewählt wird! Genau das sagt der zweite Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik: 261 Einführung VWL 2006/07 Der zweite Hauptsatz: Jede zulässige Pareto-effiziente Allokation kann durch passende Wahl der Anfangsausstattung dezentral erzeugt werden. • Damit scheint es möglich, die Frage der Einkommensverteilung von der Frage der Effizienz zu trennen: • Ganz gleich, wie die Verteilungsfrage beantwortet wird, gegeben diese Antwort kann immer auch Effizienz hergestellt werden! • Der Schein trügt aber, denn dies gilt nur, wenn man von einem gegebenem Bestand an Gütern ausgeht. • Umverteilung von Einkommen hat immer auch Anreizwirkungen, die mit beachtet werden müssen! 262 Einführung VWL 2006/07 8.3 Wenn der erste Hauptsatz gilt, brauchen wir dann überhaupt noch Wirtschaftspolitik? Marktversagen Es reicht doch, die Allokation Märkten zu überlassen, das sichert Effizienz! Eingriffe, wie Besteuerung, Mindest und Höchstpreise kosten dagegen Effizienz! Gibt es also überhaupt eine rationale Begründung für Wirtschaftspolitisches Handeln? Ja! Wird geliefert durch die Theorie des Marktversagens. Der erste Hauptsatz gilt nur dann, wenn eine Reihe von Bedingungen erfüllt sind! Sind diese verletzt, kann es dazu kommen, dass Märkte versagen, d.h. keine Pareto-effiziente Allokation erzeugen 263 Einführung VWL 2006/07 Marktmacht als Marktversagensgrund Eine Voraussetzung des ersten Hauptsatzes ist, dass die Märkte Wettbewerbsmärkte sind. Deshalb kennen wir bereits einen Marktversagensgrund: Marktmacht (kein Preisnehmerverhalten) verursacht Ineffizienzen Monopolmärkte sind mit Pareto-effizienz nicht zu vereinbaren! Wir wissen, dass Monopole Effizienzverluste erzeugen (Harberger Dreieck!) Konsequenz für die Wirtschaftspolitik: Wettbewerbssichernde Maßnahmen sind rationale Wirtschaftspolitik. Wettbewerbsrecht, Bundeskartellamt, Monopolkommission etc. Ziele: Verhinderung von Marktmacht Freier Marktzugang 264 Einführung VWL 2006/07 Öffentliche Güter Mankiw Kap. 11 Definition: 1. 2. Ein Gut ist ein öffentliches Gut, wenn von seinem Konsum niemand ausgeschlossen werden kann (und sich auch niemand selbst ausschließen kann) und (kein Konsumausschluss) der Konsum des Gutes nicht dazu führt, dass die für andere Konsumenten verfügbare Menge des Gutes verringert wird (keine Rivalität im Konsum) Ein Gut wird nicht dadurch zu einem öffentlichen Gut, dass es von der öffentlichen Hand angeboten wird! Nur die Gutseigenschaften sind entscheidend! Ist Konsumausschluss möglich und besteht Rivalität, so spricht man von einem privaten Gut 265 Einführung VWL 2006/07 Beispiele für öffentliche Güter Landesverteidigung Umweltgüter Innere Sicherheit genauso ein öffentliches Gut wie äußere Sicherheit. Öffentlich ausgestrahlte Fernsehsendung Klimasystem ist ein global öffentliches Gut Rechtsstaatlichkeit Standardbeispiel eines rein öffentlichen Gutes Fehlende Ausschließbarkeit und fehlende Rivalität in Reinform gegeben. Solange auf Konsumsausschluss verzichtet wird (obwohl dieser technisch möglich ist). U.v.m. 266 Einführung VWL 2006/07 Das Allokationsproblem Öffentliche Güter können nicht über Märkte angeboten werden Grund ist der fehlende Konsumausschluss. Wenn Konsum immer möglich ist, weil niemand vom Konsum ausgeschlossen werden kann, dann ist es nicht möglich, den Konsum unter den Vorbehalt zustellen, dass erst ein Preis zu entrichten ist. Rationale Akteure werden die Position des Freifahrers einnehmen, der das Gut konsumiert, ohne einen Beitrag zur Deckung der Produktionskosten zu leisten. Deshalb kommt es bei ausschließlich dezentraler Entscheidung nicht zum Angebot öffentlicher Güter. Der Staat muss z.B. die Landesverteidigung bereitstellen und durch Zwangsbeiträge (Steuern) finanzieren. 267 Einführung VWL 2006/07 Externe Effekte Mankiw Kap. 10, Weimann Kap. 8 Eine weitere Voraussetzung des ersten Hauptsatzes: Für jedes Gut muss es einen Markt geben, d.h. das Marktsystem muss vollständig sein. Setzt voraus, dass das Rechtssystem vollständig ist, d.h. für alle Güter durchsetzbare und übertragbare Eigentumsrechte schafft. Eigentumsrechte können aber nicht vollständig definiert werden. Scheitert häufig an bestimmten Gutseigenschaften Beispiel: Umweltgüter Es ist nicht möglich, Eigentum an „sauberer Luft“ zu erwerben und durchzusetzen. Existiert an einer knappen Ressource kein Eigentumsrecht, dann kann sie genutzt werden, ohne dass dafür ein Preis zu zahlen ist. 268 Einführung VWL 2006/07 In diesem Fall signalisiert das Marktsystem den Preis 0, obwohl die Opportunitätskosten der Inanspruchnahme der Ressource > 0 sind! Beispiel Luftverschmutzung: Man spricht von einem negativen externen Effekt, weil Kosten die tatsächlich entstehen, nicht beachtet werden Ineffizienz: Niemand muss dafür bezahlen, wenn er auf der Autobahn bei 160 Kohlenmonoxid in die Luft bläst, obwohl er dabei eine knappe Ressource nutzt! Bei der Entscheidung über die Nutzung der Ressourcen wird nicht beachtet, dass diese knapp sind und ihre Nutzung deshalb Kosten verursacht. Führt tendenziell dazu, dass die Inanspruchnahme zu hoch ausfällt! 269 Einführung VWL 2006/07 Bei positiven externen Effekten fallen Erträge an, die von dem, der sie erzeugt, nicht beachtet werden. Beispiele: Der Imker berücksichtigt bei der Entscheidung über den Produktionsumfang nicht die Erträge des Obstbauern. Investitionen in F&E erzeugen auch bei anderen Vorteile, die nicht berücksichtigt werden. Bei grenzüberschreitender Umweltverschmutzung: Umweltschutzmaßnahmen erzeugen auch im Nachbarland Erträge. Ineffizient: Bei der Bereitstellung werden zwar alle Kosten berücksichtigt, aber nicht alle Erträge. Führt tendenziell dazu, dass zu wenig von dem Gut bereitgestellt wird. 270 Einführung VWL 2006/07 Wirtschaftspolitische Maßnahmen Internalisierung externer Effekte Darunter versteht man, dass die tatsächlichen Kosten und Erträge bei der Entscheidung über die Nutzung knapper Ressourcen berücksichtigt werden. Beispiele für Politiken, die dies bewirken können: Pigou-Steuer: Legt denen, die einen negativen externen Effekt verursachen, die wahren Kosten in Form einer Steuer auf. Beispiel: Öko-Steuer Einführung handelbarer Emissionsrechte: Es können zwar keine Eigentumsrechte an „Luft“ geschaffen werden, aber an Emissionen! So kann ein Markt für Emissionen entstehen Beispiel EU-CO2 Emissionshandel 271 Einführung VWL 2006/07 Weitere Marktversagensgründe Asymmetrische Information Kann auf Versicherungsmärkten auftreten Steigende Skalenerträge Wenn die Durchschnittskosten permanent fallen, können Grenzkostenpreise nicht mehr die Kosten decken! Effizienz verlangt aber Grenzkostenpreise! Mehr und ausführlich zum Marktversagen in der Vorlesung „Wirtschaftspolitik“ 272 9. Makroökonomische Daten: Die Messung von Volkseinkommen und Lebenshaltungskosten Mankiw Kap. 23, 24 Einführung VWL 2006/07 9.1 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Das BIP misst das Einkommen, das innerhalb der geographischen Grenzen eines Landes erzeugt wird. Dieses Einkommen ist identisch mit den Ausgaben die im gleichen Zeitraum getätigt werden Jede Transaktion, die an einem Markt abläuft hat zwei Seiten Für den Käufer einer Ware ist der Preis eine Ausgabe Für den Verkäufer der Ware ist der Preis eine Einnahme Deshalb müssen zwangsläufig die gesamten Ausgaben den gesamten Einnahmen (dem Einkommen) entsprechen. Diese Identität wird auch klar, wenn man sich den dazugehörigen vereinfachten Wirtschaftskreislauf ansieht: 274 Einführung VWL 2006/07 Einnahmen = BIP Ausgaben = BIP Gütermarkt Güter, Dienstl. Verkäufe Güter, Diestl. Käufe Haushalte Unternehmen Arbeit, Kapital Inputs für die Produktion Löhne, Mieten, Pacht, Gewinne = BIP Faktormarkt Einkommen = BIP 275 Einführung VWL 2006/07 Definition des BIP Das BIP ist der Marktwert aller für den Endverbrauch bestimmten Waren und Dienstleistungen, die in einem Land in einem bestimmten Zeitabschnitt hergestellt werden. Die einzelnen Bestandteile dieser Definition verdienen eine genauere Betrachtung: Marktwert Damit sind die Marktpreise der Waren und Dienstleistungen gemeint. Verwendung dieser Werte macht die Beiträge der einzelnen Produktionsleistungen vergleichbar. Marktpreise spiegeln sowohl die Grenzkosten als auch die marginalen Zahlungsbereitschaften wider und sind damit ideale Maße. Wenn die Zahlungsbereitschaft für eine Pizza doppelt so hoch ist wie die für ein Stück Apfelkuchen, dann erhöht die Produktion einer Pizza das Einkommen auch doppelt so stark die die Produktion eines Stücks Apfelkuchen 276 Einführung VWL 2006/07 aller Güter Schließt z.B. vermietete Sachen ein (Miete) Hauseigentümer: Fiktive Mietzahlung an sich selbst. Was nicht drin ist: Schwarzarbeit Beträchtlicher Anteil! Hausarbeit Wenn sie ihren Rasen selbst mähen steigt das BIP dadurch nicht, wenn sie dafür einen Studenten beschäftigen, steigt es (vorausgesetzt, der Student gibt das Einkommen an). Endverbrauch Zwischenprodukte werden nicht gezählt. Sonst käme es zu einer Doppelzählung Ausnahme: Zwischenprodukte, die auf Lager genommen werden Lagerentnahmen verringern entsprechend das BIP 277 Einführung VWL 2006/07 Waren und Dienstleistungen Auch wenn sie in ein Konzert gehen, oder sich die Haare schneiden lassen, steigert das das BIP in einem Land Das BIP misst, was in den geographischen Grenzen eines Landes produziert wird. Unabhängig von der Nationalität derer, die es produzieren. Wenn ein Inländer im Ausland ein Unternehmen betreibt, geht dies nicht in das BIP ein. Wenn ein Ausländer im Inland ein Unternehmen betreibt, dann geht das in das BIP ein. Das Bruttonationalprodukt (früher hieß es Bruttosozialprodukt) misst im Gegensatz zum BIP das Einkommen der Inländer, d.h. die im Ausland erzielten Einkünfte werden dazuaddiert und die im Inland erzielten Einkünfte der Ausländer abgezogen. 278 Einführung VWL 2006/07 Im Jahre 2004: = = 2.215 Milliarden Euro 2.216 Milliarden Euro Der Unterschied ist also nicht sehr gewaltig hergestellt wird Nur neu produzierte Waren werden gezählt. BIP BNP Der Verkauf eines Gebrauchtwagens erhöht das BIP deshalb nicht. Die Bestandteile des BIP Käufe und Verkäufe können sehr verschiedene Dinge betreffen: Student A lädt seiner Freundin B zum Essen ein. Die Pizzeria kauft daraufhin einen neuen Ofen. Bundeswehr kauft einen neuen Tornado. Professor X erwirbt über das Internet eine wissenschaftliche Monographie aus den USA. 279 Einführung VWL 2006/07 Die verschiedenen Formen werden in vier Kategorien zusammengefasst: 1. Privater Konsum 2. Investitionen 3. Der neue Ofen Staatsausgaben 4. Die Einladung zum Essen bzw. die Ausgaben für die Pizza. Der neue Tornado für die Bundeswehr Nettoexporte Der Einkauf in den USA ist ein Import, d.h. zwar steht diesem eine Ausgabe gegenüber, das BIP steigt aber nicht, denn die Produktion des Buches fand ja in den USA statt. Deshalb gehen Importe mit negativem Vorzeichen ein, Exporte mit positivem. Der Saldo ist der Nettoexport oder Außenbeitrag. 280 Einführung VWL 2006/07 Die Werte für 2004: BIP 2.215 Konsum 1.313 59,3% Staatsausgaben 413 18,6% Investitionen 380 17,2% Außenbeitrag 109 4,9% In Milliarden Euro 281 Einführung VWL 2006/07 9.2 Nominales und reales BIP Wenn sich das BIP von einem Jahr zum anderen ändert, kann das zwei Ursachen haben: 1. 2. 3. Man sollt ein der Lage sein, den Mengeneffekt und den Preiseffekt anzugeben Im Land wird mehr produziert die Preise sind gestiegen oder beides Häufig ist man nur daran interessiert, wie sich die Mengen verändert haben, weil höhere Preise schaffen keine zusätzliche Wohlfahrt! Das nominale BIP misst das BIP zu den jeweiligen Preisen, also das BIP 2004 benutzt die Preise des Jahres 2004, das nominale BIP des Jahres 2005 die Preise des Jahres 2005 282 Einführung VWL 2006/07 Das reale BIP benutzt nicht die jeweils aktuellen Preise, sondern die Preise einer Basisperiode! Beispiel: Wenn 2001 die Basisperiode ist, dann werden in den folgenden Jahren alle Bestandteile des BIP mit den Preisen aus dem Jahr 2001 bewertet! Auf diese Weise verschwindet der Preiseffekt! Änderungen des BIP können nur auf die Zusammensetzung des Güterbergs zurückgeführt werden! Der BIP-Deflator: BIP-Deflator = Nominales BIP Reales BIP X 100 283 Einführung VWL 2006/07 Der BIP-Deflator gibt an, um wie viel Prozent sich das Preisniveau gegenüber der Vorperiode verändert hat. Die Mengen des Berichtsjahres t werden konstant gehalten und mit den Preisen des Basisjahres 0 verglichen. Der Index, der so entsteht ist der so genannte Paasche-Index: Paasche − Index : ∑p ∑p it qit i0 qit 100 Der Index beantwortet die Frage, was die Mengen, die im Berichtsjahr produziert wurden, kosten würden, wenn die Preise des Basisjahres herrschten. 284 Einführung VWL 2006/07 Frage: Was sagt ein Anstieg des realen BIP über die Wohlfahrt eines Landes? Misst das BIP tatsächlich die Wohlfahrt? Ist es ein brauchbarer Indikator? Vieles wird nicht erfasst Umweltzustand, Bildungsniveau Ausmaß an Kriminalität Nationale Erfolge im Sport Aber: Höheres BIP = bessere Bildung höhere Ausgaben für Umweltschutz Bessere Prävention und Verbrechensbekämpfung Mehr Medaillen bei Olympia 285 Einführung VWL 2006/07 9.3 Die Messung der Lebenshaltungskosten Mankiw Kap. 24 Was ist das Geld wert, das Sie verdienen? Wie verändert sich der Wert des Geldes? Das hängt von der Veränderung der Preise ab, von der Inflationsrate. Wie misst man diese Veränderung? Das hängt von den Preisen ab! Durch den Preisindex für die Lebenshaltungskosten, aus dem dann die Inflationsrate berechnet wird. Wie unterscheidet sich dieses Maß von BIP-Deflator? Deflator ist ein globales Maß über alle Güter hinweg, die ungewichtet eingehen. Preisindex berücksichtigt die Anteile, die der Konsum der Güter am Gesamtkonsum hat. 286 Einführung VWL 2006/07 Die Berechnung des Preisindex Erster Schritt: Festlegung des Warenkorbs Das Statistische Bundesamt legt einen Warenkorb für die private Lebenshaltung fest. In diesem Korb sind die durchschnittlichen Mengen der Waren und Dienstleistungen enthalten, die ein Durchschnittshaushalt im Monat konsumiert. Der Korb wird alle 5 Jahre angepasst, weil sich die Konsumgewohnheiten ändern. Neue Güter kommen auf den Markt Moden und Gewohnheiten ändern sich Letzte Anpassungen 1991, 1995, 2000 Revisionsdifferenzen: Werden 3 Jahre lang berechnet (Vergleich alter/neuer Warenkorb) Liegen in der Regel bei 0,1% Punkte Ausnahme 1991/1995: 0,65% Punkte wegen starker Veränderung des ostdeutschen Konsums. 287 Einführung VWL 2006/07 Der Warenkorb 1995: 288 Einführung VWL 2006/07 Im Jahr 2000 kamen beispielsweise dazu: Entscheidend ist das so genannte Wägungsschema Scanner Digitalkamera Pizza zum mitnehmen Brötchen zum Fertigbacken …. Darunter wird die Festlegung der Gewichte verstanden, mit denen die einzelnen Güter in den Warenkorb eingehen. Zweiter Schritt: Feststellung der Preise und Berechnung des Preises des Warenkorbs. Für die Güter des Warenkorbs werden die Preise im Berichtszeitraum erfasst. Mit Hilfe des Wägungsschemas kann dann der Preis für den Warenkorb ermittelt werden. 289 Einführung VWL 2006/07 Dritter Schritt: Festlegung des Basisjahres und Berechnung des Index. Nach der Festlegung eines Basisjahres wird der Preis des Warenkorbes für das Berichtsjahr berechnet und durch den Preis des Warenkorbes des Basisjahres geteilt. Multipliziert man das Ergebnis mit 100, erhält man den Preisindex. Beispiel: Preis des Warenkorbes im Berichtsjahr Preis des Warenkorbes im Basisjahr Index = (120/110) x 100 = 120 = 110 = 109,09 Preis im Berichtsjahr = 109,09 des Preises im Basisjahr. Vierter Schritt: Berechnung der Inflationsrate. Inflationsrate gibt den Anstieg der Preise vom Basisjahr zum Berichtsjahr an, d.h. in diesem Fall = 9,09% 290 Einführung VWL 2006/07 Unterschied BIP-Deflator – Preisindex für die Lebenshaltungskosten Auf den ersten Blick messen beide Indizes das Gleiche. Aber es gibt zwei wichtige Unterschiede: 1. Der BIP-Delator bezieht sich auf alle im Inland produzierten Waren und Dienstleistungen, der Preisindex für die Lebenshaltungskosten nur auf die von privaten Haushalten konsumierten Güter! Steigt der Preis eines importierten Autos: BIP-Deflator bleibt gleich Preisindex steigt 291 Einführung VWL 2006/07 2. Beim BIP-Deflator wurden die Preise des Basisjahres verwendet (also konstant gehalten) und die Mengen des Berichtsjahres damit bewertet. Beim Preisindex ist es anders herum: Die Mengen des Warenkorbes bleiben konstant, aber die Preise sind die des Berichtsjahres. Der Index der Lebenshaltungskosten ist der so genannte Laspeyres-Index: Laspeyres − Index : ∑p ∑p it qi 0 i0 qi 0 100 Der Index beantwortet die Frage, wie sich der Nominalwert der im Basisjahr verbrauchten Güter verändert, wenn die Preise des Berichtsjahres herrschen. 292 Einführung VWL 2006/07 Mankiw S. 568 293 10. Makroökonomie I: Wirtschaftliches Wachstum Mankiw Kap. 25 Einführung VWL 2006/07 10.1 Wachstum und Produktivität Folgende Unterscheidung ist wichtig: Langfristiger Wachstumstrend einer Volkswirtschaft Wird determiniert durch die Arbeitsproduktivität in einem Land (die wiederum von vielen Dingen abhängt). Ist relativ stabil trotz Schwankungen in der kurzen Frist. Kurzfristige, konjunkturelle Entwicklung. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Frage der Auslastung der vorhandenen Kapzitäten. Auslastungsgrad schwangt häufig zyklisch: Aufschwung – Boom – Abschwung – Rezession Aufschwung -- Beides wird häufig verwechselt! 295 Einführung VWL 2006/07 Relativ stabiler Trend in der langen Frist • Wirtschaftswachstum bestimmt weitgehend den Wohlstand einer Nation • Wohlstand ist heute extrem ungleich in der Welt verteilt • Ohne massives Wirtschaftswachstum wird daran nichts zu ändern sein 296 Einführung VWL 2006/07 Internationale Wachstumstrends ($ in Preisen 2000) Land Periode Reales BIP pro Kopf Anfang Periode Japan 1890 – 2000 1.250 26.460 2,81 Mexiko 1900 – 2000 968 8.810 2,23 Deutschland 1870 – 2000 1.825 25.010 2,03 China 1900 – 2000 598 3.940 1,90 Argentinien 1900 – 2000 1.915 12.090 1,86 USA 1870 – 2000 3.347 34.260 1,81 Indien 1900 – 2000 546 2.390 1,45 UK 1870 – 2000 4.107 23.550 1,35 Pakistan 1900 – 2000 616 1.960 1,16 Bangladesh 1900 – 2000 520 1.650 1,16 Mankiw S. 581 Reales BIP pro Kopf Ende der Periode Durchschnittliche Wachstumsrate 297 Einführung VWL 2006/07 Interpretation von Wachstumsraten Bei einem Durchschnittswachstum von 2% verdoppelt sich das Einkommen in 35 Jahren Gegenwärtige Wachstumsraten: Bei 7% bereits nach 10 Jahren China 10% Vietnam 8% Indien 7% Wichtige Fragen: Wovon hängt das Wachstum ab? Warum haben manche Länder höhere Wachstumsraten als andere? Warum verändern sich die Wachstumsraten so stark? 298 Einführung VWL 2006/07 10.2 Produktivität Wer produktiver ist, wächst schneller! Gemeint ist die Gesamtproduktivität einer Volkswirtschaft Ist identisch mit der Arbeitsproduktivität Aber nicht gleichzusetzen mit der Produktivität des einzelnen Arbeitsanbieters. Vielmehr bezeichnet sie die Möglichkeiten, die Arbeit in einem Land hat, produktiv zu sein. Beispiel Robinson Crusoe-Welt (zu besichtigen in „Cast away): Wie gut es Robinson geht, hängt davon ab, wie produktiv er bei der Produktion all der Güter ist, die er braucht. Diese Produktivität hängt wiederum von vielen Bedingungen ab: 1. 2. 3. 4. Wie geschickt ist er? Welche Hilfsmittel hat er zur Verfügung? Welche Ressourcen bietet ihm seine Insel? Über wie viel Wissen verfügt er (Feuer machen?!) 299 Einführung VWL 2006/07 Übertragen auf Volkswirtschaften: 1. Ausstattung mit Humankapital Umfasst die Fähigkeiten und das Wissen der Menschen in einer Ökonomie. Für die Arbeitsproduktivität eine ausgesprochen wichtige Größe. Beispiel: Arbeitsproduktivität kann durch Einsatz von Kapital (Maschinen) gesteigert werden. Höherer Kapitaleinsatz bedeutet aber auch höhere Qualifikationsanforderungen an die Arbeitskräfte! Ist das benötigte Humankapital nicht vorhanden, kann auch der Kapitaleinsatz nicht gesteigert werden! Was nützt die beste Maschine, wenn es keinen gibt, der die Bedienungsanleitung lesen kann? 300 Einführung VWL 2006/07 2. Ausstattung mit Realkapital Natürlich kann man produktiver sein, wenn man Werkzeuge zur Verfügung hat. Kapitaleinsatz bedeutet Einsatz solcher „Werkzeuge“ in einem sehr allgemeinen Sinn. 3. Straßenbau mit Hacke und Schaufel versus Straßenbau mit Bagger! Umfasst Anlagen, Immobilien, Computer usw. Ausstattung mit natürlichen Ressourcen Rohstoffe im weitesten Sinne Bestes Beispiel: Ölländer wie Saudi Arabien oder Norwegen. Besitz von Rohstoffen ist aber keine notwendige Bedingung für hohes Wachstum (Japan und Deutschland sind relativ rohstoffarm) Besitz von Rohstoffen ist auch keine hinreichende Bedingung für Wachstum (Russland hatte schon immer viel Gas und viel Öl) 301 Einführung VWL 2006/07 4. Technisches Wissen Der technische Fortschritt ist die vermutlich wichtigste Wachstumsdeterminante. Technisches Wissen umfasst auch „Managementwissen“ Empirische Abschätzungen zeigen, dass zwischen 1/3 bis 2/3 des beobachtbaren Wachstums auf den technischen Fortschritt zurückzuführen ist Wissen ist grundsätzlich ein nicht rivales Gut, aber kein öffentliches Gut, denn der Konsumausschluss funktioniert. Einführung der Fließbandproduktion Modernes Supply Chain Management etc. Patentschutz Schwierig: Einerseits ist es effizient, niemanden vom Gebrauch eines nicht rivalen Gutes auszuschließen. Andererseits zerstört der fehlende Konsumausschluss den Anreiz, Wissen zu schaffen. 302 Einführung VWL 2006/07 10.3 Sparen und investieren Eine zentrale Rolle im Wachstumsprozess spielen die Investitionen. Investitionen in Humankapital Individuell und gesellschaftlich (Schulen und Zeit die der Einzelne dort verbringt) Investition in Realkapital Sind notwendig um den vorhandenen Kapitalstock zu erhalten Weil sich Kapitalgüter abnutzen Sind notwendig, wenn der Kapitalstock und damit die Kapitalausstattung pro Kopf wachsen soll. Investitionen in F&E Ohne solche Investitionen gibt es keinen technischen Fortschritt Technischer Fortschritt setzt sehr hohe Investitionen voraus! 303 Einführung VWL 2006/07 Investitionen setzen voraus, dass Ressourcen (Einkommen!) nicht für den Konsum eingesetzt werden, also gespart werden. Investition und Sparen sind gewissermaßen die beiden Seiten einer Medaille! Wachstum setzt Investitionen voraus Investitionen setzen Sparen voraus Sparen setzt Konsumverzicht voraus. Wer Wachstum will, muss auf Konsum verzichten! Wie hängen Ersparnis und Investition zusammen? Eine wichtige Identität: Y = C + I + G + NE Y – Einkommen (BIP) C – Konsum G – Staatsausgaben I – Investitionen NE – Nettoexporte Identität heißt, dass diese Gleichung immer erfüllt ist, weil jedes Einkommen auch eine Ausgabe ist 304 Einführung VWL 2006/07 In einer geschlossenen Volkswirtschaft: NE = 0 so dass Y–C–G=I Einkommen – Konsum – Staatsausgaben = Investitionen I=S Gesamtwirtschaftlich müssen die Ersparnisse gleich den Investitionen sein. Klar: Links steht aber nichts anderes als die Ersparnis, d.h. es muss gelten Solange die Investition als das definiert ist, was nicht konsumiert wird (von den Haushalten oder dem Staat), muss I = S gelten. Aber: Wie geschieht der Ausgleich von Ersparnis und Investition in der Praxis? 305 Einführung VWL 2006/07 Die Rolle des Kapitalmarkts und des Zinses Der Kapitalmarkt stellt die Verbindung zwischen Ersparnis und Investition her. Die Anbieter von Kapital sind die Sparer: Die Nachfrager nach Kapital sind diejenigen, die Investitionen vornehmen wollen: Unternehmen, Haushalte (die z.B. ein Haus bauen) oder der Staat, der ein Defizit finanzieren muss. In der Realität gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Institutionen, die den Handel zwischen Kapitalanbietern und –nachfragern organisieren: Haushalte, Unternehmen oder der Staat, wenn die Steuereinnahmen größer als die Staatsausgaben sind. Aktienmarkt Anleihenmarkt Banken etc. Hier sei nur ein Kreditmarkt betrachtet: 306 Einführung VWL 2006/07 Gleichgewicht auf dem Kreditmarkt Kapitalnachfrage Zins Im Gleichgewicht herrscht der markträumende Zinssatz r* Kapitalangebot Kapital Der Kapitalmarkt sorgt dafür, dass die Identität zwischen Investitionen und Sparen hergestellt wird. 307 Einführung VWL 2006/07 10.3 Wirtschaftspolitik und Wachstum Der Staat hat verschiedene Möglichkeiten, die Wachstumsbedingungen einer Volkswirtschaft zu beeinflussen: Humankapitalbestand Politische Stabilität Ist elementare Vorbedingung für Investition Förderung von Forschung und Entwicklung Investitionen in das Bildungssystem sind letztlich Wachstumspolitik Für die Wachstumsperspektive eines Landes von zentraler Bedeutung Beeinflussung der Sparquote Offensichtlich ist die Sparleistung eines Landes eine wichtige Determinante des Wachstumsprozesses Staat kann auf die Sparquote z.B. durch Steuerpolitik Einfluss nehmen. Sparerfreibetrag! 308 11. Makroökonomie II: Geld Mankiw Kap. 29 & 30 Einführung VWL 2006/07 11.1 Wozu braucht man Geld? Was ist die Funktion von Geld? Tauschmittel Recheneinheit Wertaufbewahrungsmittel Fraglos am wichtigsten ist die Funktion von Geld als allgemeines Tauschmittel Die Alternative zur Geldwirtschaft ist die reine Tauschwirtschaft Der Tausch von Gütern setzt die doppelte Koinzidenz der Bedürfnisse voraus. Naturaltausch verursacht erhebliche Transaktionskosten Die Existenz von Geld hilft diese Kosten drastisch zu senken Voraussetzung ist allerdings, dass Menschen an die allgemeine Tauschmittelfunktion des Geldes glauben. 310 Einführung VWL 2006/07 Wann ist man „reich“? Wenn man viele Vermögensgegenstände (Aktive) hat, die man gegen Güter oder andere Aktiva eintauschen kann. Geld ist nur eines der möglichen Aktiva, die man haben kann! Wenn ihnen die Hälfte der Firma Microsoft gehört, sind sie fraglos reich, aber niemand geht mit einer Aktie in der Hand in einen Supermarkt! Aktien, Immobilien, Schmuck, alte Meister oder wertvolle Oldtimer sind nicht „liquide“, d.h. können nicht unmittelbar zum Tausch eingesetzt werden. Aktiva unterscheiden sich hinsichtlicht ihrer Liquidität und nur Geld kann immer als allgemeines Tauschmittel verwendet werden. Damit eine Geldwirtschaft funktioniert, muss diese Wirtschaft mit dem Aktiva „Geld“ versorgt werden. Und zwar so, dass es seiner Funktion als allgemeines Tauschmittel gerecht werden kann! 311 Einführung VWL 2006/07 Andere Geldfunktionen Als Recheneinheit ist Geld sehr nützlich Allerdings nur dann, wenn sich der Geldwert nicht ständig ändert (wie in Zeiten einer Hyperinflation) Wertaufbewahrungsmittel taugt Geld weniger gut, weil es die Tendenz hat, an Wert zu verlieren. Zur Wertaufbewahrung sind andere Aktiva deutlich besser geeignet. Häufig besteht ein Trade off zwischen der wertkonservierenden Funktion eines Aktivpostens und seiner Liquidität. Letztlich gelingt auch die Umwandlung von Aktiva nur deshalb, weil mit Geld ein liquides Tauschmedium zur Verfügung steht. Das ermöglicht es, Konsumakte intertemporal zu verteilen. Geld ermöglicht, den Erwerb von Einkommen und den Konsum zeitlich zu trennen! 312 Einführung VWL 2006/07 11.2 Die Geldarten Was ist Geld? 1. Naturalgeld Darunter wird „Geld“ verstanden, das auch einen intrinsischen Wert hat. Beispiele: Gold, Silber Zigaretten 2. Die Prägung von Münzen hatte vor allem den Sinn, den Gehalt an Edelmetall zu „verbriefen“ Erlebten die Blütezeit nach dem 2. Weltkrieg Auch Nichtraucher akzeptierten diese Währung! Warum? Papiergeld Ohne jeden intrinsischen Wert Historisch aus den Leihscheinen der Banken entstanden! 313 Einführung VWL 2006/07 Wie misst man die Menge an Geld, die in einer Volkswirtschaft vorhanden ist? Welche Aktiva kann man als allgemeine Zahlungsmittel benutzen? Ganz sicher: Bargeld, d.h. die Menge aller Banknoten und Münzen Aber brauchen sie unbedingt „Bares“ um zu bezahlen? EC-Karte tut es auch! Das bedeutet, dass das Geld, dass auf ihrem Girokonto liegt, auch wie Geld in ihrer Tasche benutzt werden kann. Wenn die Girokonten zur Geldmenge gehören, was dann noch? Antwort nicht eindeutig, da es unterschiedliche Abgrenzungen der Geldmenge gibt. Welche benutzt wird, hängt vom Kontext ab! 314 Einführung VWL 2006/07 Geldmengenabgrenzungen Bezeichnung 2003 in Mrd. Euro Bestandteile M1 2.468 Täglich fällige Einlagen und Bargeldumlauf M2 5.101 M1 plus Einlagen mit Kündigungsfrist bis 3 Monate + Einklagen mit Laufzeit bis 2 Jahre 5.996 M2 + verschiedene Geldmarktgeschäfte (Geldmarktpapiere, Schuldverschreibungen, etc.) M3 315 Einführung VWL 2006/07 11.3 Die Rolle der Zentralbank Die zentralen Aufgaben einer Zentralbank: Versorgung der Ökonomie mit dem allgemeinen Tauschmittel „Geld“ Sicherung der Geldwertstabilität. Welche Eigenschaften muss eine Zentralbank erfüllen? 1. 2. Sie muss in der Lage sein, das gesetzlich vorgesehene Zahlungsmittel herzustellen, zu verwalten und seinen Wert zu sichern. D.h. sie muss entsprechende staatlich verfügte Befugnisse besitzen! Damit das Papiergeld als allgemeines Tauschmittel akzeptiert werden kann, müssen die Menschen auf seinen Wert vertrauen können. Deshalb muss die Zentralbank glaubwürdig in ihrer Politik sein! Extrem wichtiger Punkt! Nur eine von der Politik unabhängige Zentralbank kann sich glaubwürdig auf ein Ziel der Geldwertstabilität festlegen! 316 Einführung VWL 2006/07 Das wichtigste Kapital einer Zentralbank ist ihre Reputation! Eine auf Geldwertstabilität gerichtete Zentralbankstrategie kann in Konflikt mit anderen politischen Zielen geraten! Eine expansive Geldpolitik kann beispielsweise kurzfristige Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bringen. Daran sind Politiker u.U. sehr interessiert. Nur wenn die Zentralbank über die entsprechende Reputation verfügt, ist deshalb die Ankündigung, der Geldwertstabilität zu dienen glaubwürdig. Notwendige Bedingung für Reputation: Unabhängigkeit der Zentralbank von politischen Entscheidungsträgern. Beispiel Deutsche Bundesbank: Bundesbankgesetz sah Unabhängigkeit der BB vor und verpflichtete die Bank auf das Ziel der Geldwertstabilität Preisfrage: Wie muss eine Zentralbank auf die Forderung eines Politikers reagieren, einen Kurs zu verfolgen, der nicht der Geldwertstabilität dienlich ist? 317 Einführung VWL 2006/07 Beachte: Preisentwicklung ist sehr stark von der Erwartung der Akteure hinsichtlich der zukünftigen Inflation abhängig! Deshalb ist es so wichtig, dass die Akteure den Ankündigungen der Zentralbank glauben! Beispielsweise werden Preise bei langfristigen Lieferkontrakten unter Einschluss der Inflationserwartung verhandelt, Tarifabschlüsse orientieren sich ebenfalls an der Inflationserwartung. Dazu braucht sie die Reputation. Das Europäische System der Zentralbanken Die Länder, die in der Euro-Zone sind, haben eigene Zentralbanken, die aber unter der EZB (Europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt) zusammengeschlossen sind. Die EZB ist für die Versorgung des Euro-Raums mit der europäischen Währung verantwortlich. 318 Einführung VWL 2006/07 11.4 Steuerung der Geldmenge Wichtigste Aufgabe der Zentralbank: Versorgung der Wirtschaft mit so viel Geld, wie die Akteure nachfragen, um Transaktionen abzuwickeln. Nicht zu wenig Nicht zu viel dann kann es zu Problemen bei der Abwicklung der Transaktionen kommen dann sinkt der Geldwert, d.h. es entsteht Inflation. Das Problem: Die Zentralbank bestimmt nicht allein über die Geldmenge! Auch die Geschäftsbanken können die Geldmenge beeinflussen, indem sie Kredite vergeben! Geldschöpfung durch Giralgeld. Banken nehmen Einlagen entgegen und verleihen diese in Form von Krediten. 319 Einführung VWL 2006/07 Geldschöpfung: Sie geben 1.000 € ihrer Bank (Girokonto) Die Bank verleiht 900 € an einen Kreditnehmer. Dieser kann mit dem geliehenen Geld ebenfalls Transaktionen abwickeln. Damit sind bereits 1.900,- € an liquiden Mitteln verfügbar. Kreditnehmer gibt das Geld aus und der Empfänger bringt die 900,-€ zur Bank Das sind für sie liquide Mittel, d.h. mit diesem Geld können Sie unmittelbar Transaktionen abwickeln (z:B. Bezahlung per EC-Karte) Die wiederum 90% davon ausleiht, also 810,- € Wenn jede Bank nur 10% der Einlagen als Reserve hält, dann ist klar, dass die 1.000 € Einlage zu insgesamt 10.000,- € Geldschöpfung führen! Geldschöpfungsfaktor = 1/Reservefaktor 320 Einführung VWL 2006/07 Instrumente der Geldmengensteuerung Offenmarktpolitik Wenn die EZB die Geldmenge erhöhen will, dann kann sie Wertpapiere (z.B. Staatsanleihen) kaufen. Will sie die Geldmenge senken, verkauft sie Offenmarktpapiere Sie gibt dem Verkäufer dafür Euros, die entweder zu Bargeld oder zu Sichteinlagen werden und dadurch die Geldmenge erhöhen. Sie entzieht damit dem Markt liquide Mittel, d.h. verringert die Geldmenge. Kurzfristige Liquiditätsversorgung oder –abschöpfung bei den Geschäftsbanken: so genannte kurzfristige Fazilitäten: Übernachtversorgung zu festem Zinssatz bzw. Übernachteinlagen zu festem Zinssatz 321 Einführung VWL 2006/07 Mindestreservenpolitik Die Zentralbank verpflichtet die Geschäftsbanken eine bestimmte Reserve mindestens zu halten. Wird diese angehoben, so schränkt das die Geldschöpfung der Banken ein, d.h. die Geldmenge fällt. Probleme bei der Geldmengensteuerung 1. Zwei wichtige Faktoren sind von der EZB nicht unmittelbar zu beeinflussen: Die Einlagen der Haushalte 2. Die Kreditvergabe der Banken Wie viel die Haushalte einlegen und wie viel Bargeld sie halten, ist ihre eigene Entscheidung. Die EZB kann den Banken nicht vorschreiben, wie viele Kredite sie vergeben sollen. Beide Punkte haben unmittelbar einfluss auf die Geldschöpfung und damit auf die Geldmenge. 322 Einführung VWL 2006/07 11.5 Die Bedeutung der Geldmenge Wichtige Identität: die Quantitätsgleichung M×V= P×Y Geld × Umlaufgeschwindigkeit = Preis × Transaktionen Y Ö BIP, als Maß für die Häufigkeit, mit der innerhalb einer Ökonomie Waren und Dienstleistungen gegen Geld getauscht werden P Ö Durchschnittlicher Preis bei einer solchen Transaktion P×T Ö Gibt damit die Anzahl der € an, die bewegt werden M Ö Geldmenge V Ö Umlaufgeschwindigkeit: V= PY M 323 Einführung VWL 2006/07 Die eigentliche Quantitätstheorie des Geldes (oder einfach Quantitätstheorie), erhält man wenn man voraussetzt, daß die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes konstant ist. ª Annahme ist nur näherungsweise richtig ª Dennoch macht es Sinn zunächst V als konstant vorauszusetzen. Auf der rechten Seite steht das nominale Volkseinkommen. Damit bestimmt die Geldmenge M den nominalen Wert des Outputs einer Volkswirtschaft (bei konstanter Umlaufgeschwindigkeit). Veränderungen der Geldmenge haben damit unmittelbare Auswirkungen auf die Veränderung des Preisniveaus, d.h. auf die Inflationsrate: In prozentualen Veränderungen ausgedrückt lautet die Quantitätsgleichung: % Änderung von M + % Änderung von V = % Änderung von P + % Änderung von Y Wenn V konstant ist folgt: % Änderung M – % Änderung Y = % Änderung P Die Veränderung des Preisniveaus (d.h. die Inflationsrate) wird damit unmittelbar durch das Geldmengenwachstum gesteuert. 324