 
                                Einführung in die
Volkswirtschaftslehre
WS 2006/2007
Einführung VWL 2006/07
Organisatorisches
Alle Folien im Netz
Kommentierte Gliederung
Alle Termine der
Vorlesung, Videoübertragung und Übung
Übung:
Enthält alle notwendigen Literaturhinweise
Alle 14 Tage Di. anstelle der Vorlesung
Gleiche Übung noch einmal Donnerstags 20:45 – 22:15 an Stelle der
Videoübertragung.
Sprechstunde:
JW: Donnerstags 15:00 bis 17:00 Uhr
Geb. 22, Teil C, 2. Stock, Zi. 210
SR: Donnerstags 17:00 bis 19:00 Uhr
Geb. 22, Teil C, 2. Stock, Zi. 207
2
Einführung VWL 2006/07
Literatur
Zentral:
Mankiw, G.N.: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 3. Aufl.,
Stuttgart 2004
Samuelson, P.A., Nordhaus W.D., Volkswirtschaftslehre, Landsberg, a.
L., 2005
Für spezielle Themen:
Riechmann. T., Spieltheorie, München 2002.
Wellisch, D., Finanzwissenschaft II, Theorie der Besteuerung,
München 2000.
Weimann, J., Wirtschaftspolitik, Allokation und kollektive
Entscheidung, 4. Aufl. 2006.
3
1. Ein erster Überblick
Mankiw, Kap. 1
Einführung VWL 2006/07
1.1 Das Knappheitsproblem
Ausgangspunkt aller Überlegungen:
Fast alle Güter, die für Menschen einen Wert haben, sind knapp
Soll heißen: Sie sind nicht in einer Menge vorhanden, die es erlaubt,
alle darauf gerichteten Ansprüche zu befriedigen!
Knappheit kann man nicht abschaffen!
Zitat eines berühmten Absolventen der London School of Economics (LSE):
„You can‘t always get what you want“
Mick Jagger
Rolling Stones
5
Einführung VWL 2006/07
• Die Lösung des Knappheitsproblems kann nicht darin bestehen,
dass man die Knappheit „besiegt“
• Die Lösung ist vielmehr die Bewirtschaftung knapper Ressourcen
Ökonomik ist die Wissenschaft von der Bewirtschaftung
knapper Ressourcen!
•Frage: Wann ist eine Bewirtschaftung erfolgreich?
Wie beurteilen wir das?
Was ist das Ziel der Bewirtschaftung?
Das Beste, was man angesichts nicht zu
beseitigender Knappheit erreichen kann, ist die
Abwesenheit von Verschwendung!
6
Einführung VWL 2006/07
Pareto
Abwesenheit von Verschwendung = Effizienz
Effizienz im Sinne von Pareto:
„Eine Situation ist dann Pareto-effizient, wenn es nicht möglich
ist, ein Individuum besser zu stellen, ohne ein anderes dabei
schlechter zu stellen.“
Mit weniger sollten wir nicht zufrieden sein
Effizienz schließt ein, dass wir Ressourcen so verwenden, dass
die Knappheitslage möglichst weit entspannt werden kann!
Alle Produktionsmöglichkeiten ausschöpfen!
Alle Handels- und Spezialisierungsvorteile nutzen
7
Einführung VWL 2006/07
1.2 Einige grundlegende Einsichten
Mankiws 10 „Regeln“
Im Folgenden:
Keine detaillierte Darstellung, sondern
Einige zentrale Punkte, die beispielhaft beleuchten sollen, „wo es lang
geht“
Später werden (fast) alle diese Punkte noch ausführlich behandelt
werden.
8
Einführung VWL 2006/07
1.
Menschen müssen ständig unter Alternativen
wählen
Menschen haben dabei wirklich „die Wahl“
Wie sollen Entscheidungen getroffen werden?
Es geht um die Frage, wie knappe Ressourcen verwendet werden.
Beispiel Zeit: Wie verwende ich die mir zur Verfügung stehende Zeit? Es
gibt Alternativen zur Vorlesung!
Beispiel Einkommen: Wofür gebe ich Geld aus?
Beispiel Produktion: Autos bauen oder Atomkraftwerke?
individuell
als Gruppe
als Gesellschaft?
Zentrale Themen der VWL:
Entscheidungstheorie
Theorie kollektiver Entscheidungen
Allokationstheorie
9
Einführung VWL 2006/07
2. Die Kosten für das Eine sind der Verzicht auf
das Andere
Rationale Entscheidungen erfordern die Abwägung von
Kosten und Nutzen.
Entscheidend sind dabei die sog. „Opportunitätskosten“
Sie entsprechen dem Wert dessen, was durch die Entscheidung entgeht.
Die Opportunitätskosten der Vorlesung hängen damit von ihren
Alternativen ab!
Sind sie in Magdeburg höher oder niedriger als in München?
Auch der Einsatz von Ressourcen in der Produktion verursacht
Opportunitätskosten!
Warum?
10
Einführung VWL 2006/07
3. Rationale Entscheidungen setzen
Marginalbetrachtungen voraus
Abwägung von Kosten und Nutzen nach dem Marginalprinzip:
Was kostet die nächste Einheit: Grenzkosten (GK)
Was bringt die nächste Einheit: Grenzertrag (GE)
Für rationale Produktionsentscheidungen sind deshalb Grenzkosten und nicht
Durchschnittskosten relevant!
Weitere Anwendungen:
Solange GE > GK lohnt sich die nächste Einheit!
Für das Arbeitsangebot ist der Grenzsteuersatz entscheidend.
Ob ich weiter für die Klausur lerne hängt vom Grenzertrag einer weiteren
Stunde ab.
Sind die Niveaus nicht auch wichtig?
Schon, denn auch wenn GE > GK gelten sollte, kann DK > DE gelten und dann
sollte man die ganze Sache abblasen!
11
Einführung VWL 2006/07
4. Menschen reagieren auf Anreize
Fundamentale Einsicht, die sehr häufig missachtet wird.
Anreizwirkung von Preisen ist offensichtlich
Beachte Anreizwirkung von Steuern!
Manchmal sind Anreizwirkungen schwer abzuschätzen:
Cobra Effekt
Wirkung der Anschnallpflicht
Anreizeffekte sind besonders für die Politik wichtig
Wenn der Benzinpreis steigt, fahren Menschen weniger/langsamer Auto.
Politik setzt Regeln fest, an die sich die Menschen anpassen.
Geänderte Regeln verändern das Verhalten
Beispiel Tabaksteuer
Anstieg des Steuersatzes kann zu Rückgang des Aufkommens führen
Mehr Nichtraucher
Mehr Schmuggler
Beispiel Luxussteuer
12
Einführung VWL 2006/07
5. Durch Tauschvorgänge (Handel) werden alle
Beteiligten besser gestellt
Klar: Ein (freiwilliger) Tausch zwischen zwei Menschen kommt nur
zustande, wenn sich beide dadurch besser stellen.
Die Kehrseite des Handel ist die Arbeitsteilung
freiwilliger Tausch bedeutet eine Pareto-Verbesserung
Schafft enorme Produktivitätsvorteile
Hohe Spezialisierungsgewinne
Deshalb auch Pareto-Verbesserung
Vorteilhaftigkeit des Handels gilt auch für Länder!
Durch freien Handel profitieren alle daran beteiligten Länder!
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Einführung VWL 2006/07
6. Märkte sind gut für die Organisation des
Wirtschaftslebens.
Eine historische Erfahrung:
Ökonomien, die versucht haben den Markt durch zentrale Planung zu ersetzen,
sind zusammengebrochen
Die Marktwirtschaft hat sich als überlegenes Organisationsprinzip erwiesen.
Eine Ursache dafür ist die Tatsache, dass Marktpreise hervorragende
Steuerungsinstrumente sind.
Im Idealfall signalisieren Preise die Knappheit von Gütern und die
tatsächlichen Kosten ihrer Produktion.
Indem Menschen sich an diesen Preisen orientieren, beachten sie den
tatsächlichen Nutzen und die tatsächlichen Kosten.
Das ist die Voraussetzung für effiziente Entscheidungen.
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Einführung VWL 2006/07
Märkte
Dezentrale Allokation führt nicht zum Chaos!
Voraussetzung ist, dass Preise frei „beweglich“ sind.
Nur dann können sie tatsächliche Kosten widerspiegeln und
Veränderungen von Angebot und Nachfrage richtig reflektieren.
Staatliche Eingriffe in das Preissystem sind deshalb
problematisch.
Leider aber nicht selten.
Führt häufig zu massiven Ineffizienzen.
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Einführung VWL 2006/07
7. Manchmal kann der Staat die Situation
verbessern
Im Prinzip sind Märkte in der Lage, eine effiziente Allokation
hin zu bekommen.
Aber:
Es gibt Fälle des Marktversagens.
Märkte erzeugen dann keine Pareto-effiziente Allokation
Externe Effekte, öffentliche Güter
Dann kann im Prinzip der Staat eingreifen und Effizienz
herstellen
Zentraler Gegenstand der Vorlesung „Wirtschaftspolitik“
16
Einführung VWL 2006/07
8. Die Wohlfahrt eines Landes hängt davon ab,
wie viel es produziert.
Und damit von seiner Produktivität
Produktivität ist von vielen Dingen abhängig:
Kapitalausstattung
Zugang zu moderner Technologie
Ausbildung der Arbeitnehmer (Humankapitalbestand)
Produktivität hängt nicht davon ab, wie viel in einem Land konsumiert wird!
Internationaler Wettbewerb steigert die Produktivität!
Damit ist gemeint, wie viel pro Arbeitsstunde produziert wird.
Zwingt dazu, immer produktiver zu werden!
Protektionismus senkt die Produktivität!
Offene Exportorientierte Volkswirtschaften mit durchlässigen Grenzen sind produktiver!
Allerdings kann hohe Arbeitsproduktivität ein Dilemma für diejenigen schaffen, die
nur geringe Qualifikationen besitzen:
Arbeitslosigkeit Geringqualifizierter in Deutschland!
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Einführung VWL 2006/07
9. Inflation entsteht, wenn zu viel Geld in Umlauf ist
„Geld“ hat eine sehr wichtige Funktion
Damit das Geldsystem funktioniert, muss man darauf vertrauen können,
dass es seinen Tauschwert behält.
Inflation kann dieses Vertrauen erschüttern
1921 kostete eine Tageszeitung 30 Pfennige
1922 kostete die gleiche Zeitung 70.000.000 Mark
Die Ursache für Inflation ist ein zu schnelles Wachstum der Geldmenge
Als allgemeines Tauschmittel senkt es die Transaktionskosten
Deshalb ist die Versorgung der Wirtschaft mit genau der richtigen Menge Geld
so wichtig
Aufgabe der Zentralbank (EZB)
Geldpolitik ist ein zentraler Bestandteil der Makroökonomik
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Einführung VWL 2006/07
10. Kurzfristig besteht ein tradeoff zwischen
Inflation und Arbeitslosigkeit?!
In Makroökonomischen Fragen sind die Ökonomen weniger einig als in der
Mikroökonomie.
Die Frage, ob es tatsächlich einen kurzfristigen tradeoff gibt, ist umstritten.
Langfristig kann man – da sind sich alle einig – durch Inflation
Arbeitslosigkeit nicht bekämpfen.
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2. Die Methoden der
Wirtschaftswissenschaft
Einführung VWL 2006/07
Ökonomik ist die Wissenschaft von der Ökonomie
Was macht die Beschäftigung mit ökonomischen Fragen zu
einer Wissenschaft?
Die möglichst wertfreie Formulierung allgemein gültiger Theorien
darüber, wie die Welt (die Ökonomie) funktioniert.
Die Überprüfung der Theorie durch die Konfrontation mit Daten, die
im Labor oder in der Realität gesammelt werden.
Die Verbesserung der Theorie im Lichte der empirischen Befunde
So funktionieren im Prinzip alle Wissenschaften
21
Einführung VWL 2006/07
2.1 Modelle
Charakteristische Methode für die VWL (und wichtige Teile
der BWL):
Konstruktion mathematischer Modelle.
Unterscheidet die Ökonomen von allen anderen Sozialwissenschaften
Wie entsteht ein Modell?
Erster Schritt: Man trifft Annahmen
Über die Akteure:
Wer tritt auf?
Welche Ziele werden verfolgt?
22
Einführung VWL 2006/07
Modelle
Über die Institutionen
Welchen Regeln unterliegen die Akteure?
Die Funktion von Annahmen:
Baue damit einen Raum, in dem die Dinge analysierbar
sind.
Unterscheidet sich von der Wirklichkeit, wie eine
Landkarte sich von der realen Welt unterscheidet.
Eine Landkarte im Maßstab 1:1 macht keinen Sinn.
Wir müssen von Details abstrahieren, wenn wir etwas
verstehen wollen.
23
Einführung VWL 2006/07
Modelle
Ein Beispiel: Die Produktionsmöglichkeitskurve
Wenn wir Annahmen darüber treffen,
welche Güter wir betrachten
 wie die Technologie aussieht
 wie die Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) eingesetzt
werden,
dann können wir die Produktionsmöglichkeiten einer
Ökonomie einfach abbilden:
Durch die Produktionsmöglichkeitskurve
24
Einführung VWL 2006/07
25
Einführung VWL 2006/07
Modelle
Alle Punkte auf und unter der Kurve sind erreichbar
effizient sind nur die auf der Kurve (z.B. C und A)
von jedem Punkt auf der Kurve aus ist es nicht möglich, von beiden
Gütern mehr zu produzieren
 Mehr PC‘s geht nur bei weniger Autos
 Das Austauschverhältnis ist die „technische Grenzrate der
Transformation“
Punkt B ist zwar mit den Mitteln der Ökonomie erreichbar,
ist aber nicht effizient:
ausgehend von B kann von beiden Gütern mehr produziert werden.
 Pareto-Verbesserung
26
Einführung VWL 2006/07
Modelle
Hinter der Produktionsmöglichkeitskurve steckt ein
mathematisches Modell.
Aussagen in diesem Modell gelten nur unter den Annahmen, die im
Modell getroffen wurden
Modelle haben den Vorteil, dass man den Zusammenhang zwischen
Annahmen und Modellaussage genau abbilden kann.
Frage:
Wie baut man ein Modell, wenn ein ökonomischer Zusammenhang
abgebildet werden muss, bei dem die Akteure in interdependenten
Beziehungen zueinander stehen!
Dafür braucht man ein spezielles Werkzeug: Die Spieltheorie!
27
Einführung VWL 2006/07
2.2 Elementare Einführung in die
Spieltheorie (Achtung: Steht so nicht in Mankiw, aber bei Riechmann)
Die Spieltheorie analysiert Entscheidungen von Akteuren
(Spielern), die sich in einer strategischen Interaktion befinden.
Wie in einem Gesellschaftsspiel!
Der Erfolg des einen, hängt vom Verhalten des anderen ab und
umgekehrt.
Spieltheorie ist ein spezieller Teil der Entscheidungstheorie!
Deshalb zunächst eine kleine Einführung in
Entscheidungstheorie
28
Einführung VWL 2006/07
2.2.1 Elementare Voraussetzungen der
Entscheidungstheorie
1.
Man muss wissen was man will!
Um eine Wahl zwischen den Ergebnissen einer Entscheidung treffen zu
können, muss man angeben können, welche man vorzieht.
Wird dadurch gesichert, dass eine vollständige und transitive Ordnung über
die Entscheidungsergebnisse besteht.
{e1 ,...,en }
Sei die Menge der möglichen
Entscheidungsergebnisse
Was wir fordern müssen, ist dass
•Entscheider in der Lage sind, die Ergebnisse paarweise zu
vergleichen und angeben können, welche sie vorziehen:
ei f e j oder ei p e j oder ei ≈ e j
29
Einführung VWL 2006/07
Auf diese Weise entsteht eine Ordnung über die
Alternativen, und die soll transitiv sein!
Ein Beispiel:
Es soll über das Getränk des Abends entschieden werden
Die Alternativenmenge:
{Milch, Wasser, Bier}
Transitivität verlangt:
Wenn:
Wasser f Milch und Bier f Wasser
Dann soll auch gelten:
Bier f Milch
30
Einführung VWL 2006/07
Die Struktur von Entscheidungen
Drei Dinge sind wichtig:
1.
Die Handlungsalternativen (der Alternativenraum) {a1,…,an}
2.
Der Zustandsraum
3.
Dinge, die ich beeinflussen kann
Zustände der „Umwelt“, die eintreten oder nicht eintreten
Der Ergebnisraum {e1,…,em}
Die Dinge, die passieren oder nicht passieren, abhängig von den
Handlungen, die gewählt, und den Zuständen, die eintreten.
Ein Beispiel
Es geht um die Entscheidung, zur Vorlesung zu gehen.
Die Handlungsalternativen = {hingehen, nicht hingehen} = {a1, a2}
31
Einführung VWL 2006/07
Der Zustandsraum:
{Dozent gut drauf, Dozent nicht gut drauf}= {s1, s2}
 Der Ereignisraum:
{Kosten, keine Kosten, höre gute Vorlesung, höre schlechte Vorlesung,
höre gute/schlechte Vorlesung nicht} = {e1 ,..., e4}
Gut drauf
Hingehen
Nicht hingehen
Nicht gut drauf
B:
A:
Kosten und höre
Kosten und höre gute
keine gute Vorlesung
Vorlesung
C:
Keine Kosten, höre
gute Vorlesung nicht
D:
Keine Kosten, höre
schlechte Vorlesung
nicht
32
Einführung VWL 2006/07
Präferenzen und Nutzenfunktion
Angenommen Sie haben folgende
Präferenzordnung über A – D:
Af Df BfC
Dann können wir diese Ordnung durch eine Nutzenfunktion
abbilden:
u : e → R+
Wir wissen, dass eine Funktion nichts anderes als eine
Zuordnungsvorschrift ist:
u ordnet jedem Ergebnis eine Zahl zu
Regel: Wenn ein Ergebnis einem anderen Ergebnis vorgezogen wird,
dann erhält es auch eine höhere Zahl:
u: A ~ 5, D ~ 4, B ~ 3, C ~ 2 wäre eine solche Zuordnung und damit
eine Abbildung unserer Präferenzordnung
33
Einführung VWL 2006/07
2.2.2 Spieltheorie als spezielle Entscheidungstheorie!
Bisher ist der Zustandsraum unabhängig von Entscheidungen
Spieltheorie betrachtet Entscheidungssituationen in denen der
Zustandsraum abhängt von den Entscheidungen Anderer!
Gleichzeitig ist der Zustandsraum der Anderen abhängig von den
eigenen Entscheidungen!
Es besteht also eine wechselseitige, strategische Abhängigkeit der
Entscheidungen.
Beispiel: 2 Spieler A und B mit jeweils zwei möglichen Aktionen
(a1, a2) und (b1, b2)
34
Einführung VWL 2006/07
Entscheidungs
-Tabelle für A
Handlungsalternative
Zustandsraum
a1
a2
Entscheidungs
-Tabelle für B
Handlungsalternative
b1
1
2
b2
0
1
Werden zusammengesetzt
zur so genannten
Auszahlungsmatrix
Zustandsraum
b1
b2
a1
2
1
a2
1
0
35
Einführung VWL 2006/07
Auszahlungsmatrix
Handlungsalternativen
von A
Handlungsalternativen
von B
b1
b2
a1
1, 2
0, 1
a2
2, 1
1, 0
Auszahlungen von A , B
36
Einführung VWL 2006/07
Womit beschäftigt sich die Spieltheorie?
→ Modellierung von Verhalten in interdependenten Entscheidungssituationen
Spiel = Entscheidungssituation, in der mindestens zwei Agenten (= Spieler) interagieren
grundlegende Annahmen:
‐ Die Spieler verhalten sich rational.
= konsistentes Verhalten bzgl. eines wohldefinierten Zieles
(in der Spieltheorie = Maximierung des Erwartungswertes der eigenen „Auszahlung“)
‐ Die Spieler verhalten sich strategisch.
= Berücksichtigung des Wissens oder der Erwartungen bzgl. des Verhaltens der anderen Spieler 37
Einführung VWL 2006/07
Anwendungen der Spieltheorie
... in der Wirtschaftswissenschaft, Biologie, Politologie, Soziologie, Philosophie, …
Innerhalb der Wirtschaftswissenschaft:
• Mikroökonomik: Oligopoltheorie, Theorie optimaler Verträge, Auktionstheorie, ...
• Makroökonomik: strategische Handelspolitik, Geldmengensteuerung der Zentralbank, ...
• Finanzwissenschaft: Ausgestaltung von Steuersystemen, Bereitstellung öffentlicher Güter, ...
• Betriebswirtschaftslehre: strategische Management– und Unternehmensentscheidungen, ...
38
Einführung VWL 2006/07
2.2.3 Statische strategische Spiele bei ordinalen
Präferenzen
Die Kennzeichen statischer strategischer Spiele:
Wechselseitige Abhängigkeit der Spieler
Simultane Entscheidung der Spieler
Präferenzen sind ordinal
Kennzeichen eines statischen Spiels
besser als, genauso gut, schlechter als
werden abgebildet durch Auszahlungs- (oder Nutzen-) funktion
diese ist nicht eindeutig
Zeit (im Sinne der Abfolge der Züge) spielt keine Rolle
Ist anders bei dynamischen Spielen, in denen die Spieler nacheinander
Entscheidungen treffen (sequentiell ziehen).
39
Einführung VWL 2006/07
Die Beschreibung eines Spiels
Ein Spiel wird beschrieben durch:
die Spieler
→ Wer ist involviert?
die Spielregeln
→ Wer entscheidet sich wann?
→ Worüber können die Spieler entscheiden?
→ Was weiß derjenige, der sich entscheidet?
die Ergebnisse des Spiels
→ Wie lautet das Spielergebnis für jede mögliche Kombination der
Entscheidungen der Spieler?
die Auszahlungen
→ Welche Präferenzen haben die Spieler bzgl. der möglichen
Spielergebnisse?
40
Einführung VWL 2006/07
Alle diese Angaben finden Sie in jeder Beschreibung
eines Gesellschaftsspiels!
Die Spieltheorie versucht, strategische
Entscheidungssituationen als ein solches Spiel formal
abzubilden.
Gegeben eine solche Abbildung, lassen sich Aussagen über
das Verhalten rationaler Spieler gewinnen.
41
Einführung VWL 2006/07
Ein bisschen Notation
An dem Spiel nehmen n Spieler teil und i = 1,…,n bezeichnet die Spieler
si
Strategie von Spieler i
s
Strategienprofil (‐tupel) mit s = (s1, …, sn) s‐i
Strategienprofil der Gegenspieler von i, s‐i = (s1, …, si‐1, si+1, …, sn ) [ Es gilt also: s = (si, s‐i) ] Si
Strategienraum (Menge der möglichen Strategien) für Spieler i, s i ∈ Si
S
= S1 × S2 × … × Sn‐1 × Sn , s ∈ S
S‐i
= S1 × S2 × … × Si‐1 × Si+1 × Sn‐1 × Sn , s‐i ∈ S‐i
ui
von Neumann‐Morgenstern Nutzenfunktion von Spieler i, ui: S → ℜ, i ∈ {1, …, n}
42
Einführung VWL 2006/07
Zwei Definitionen
Normalformspiele
Definition 1:
Die Normalform eines n‐Personen‐Spiels spezifiziert für jeden
Spieler i = 1, …, n den Strategienraum Si und die Auszahlungsfunktion ui(s) mit s = (s1, …, sn) und si ∈ Si für alle i.
Das Spiel wird mit G = {S1, …, Sn; u1, …, un} bezeichnet.
43
Einführung VWL 2006/07
Dominierte und dominante Strategien
Definition 2.2:
Gegeben sei ein Normalformspiel G = {S1, …, Sn; u1, …, un}.
Die Strategie si‘∈ Si heißt strikt dominant, wenn für alle Strategien si‘’ ≠ si‘ mit si‘’ ∈ Si gilt, dass ui(si’, s‐i) > ui(si’’, s‐i) für alle s‐i ∈ S‐i. Die Strategie si‘∈ Si heißt schwach dominant, wenn für alle Strategien si‘’ ≠ si‘
mit si‘’ ∈ Si gilt, dass ui(si’, s‐i) ≥ ui(si’’, s‐i) für alle s‐i ∈ S‐i. 44
Einführung VWL 2006/07
Ein Beispiel: Das Gefangenendilemma
Zwei Gefangene haben die Wahl zwischen zwei
Strategien:
gestehen oder nicht gestehen
Der Staatsanwalt konfrontiert sie mit folgender
Auszahlungsmatrix:
Gefangener 1
nicht
gestehen
gestehen
gestehen
nicht
gestehen
4
Jahre
4
Jahre
7
Jahre
1 Jahr
2
Jahre
1 Jahr
7
Jahre
Gefangener 2
2
Jahre
45
Einführung VWL 2006/07
Gefangenendilemma
nicht
gestehen
Gefangener 1
gestehen
gestehen
nicht
gestehen
4
4
7
1
1
7
2
2
Gleichgültig, was Gefangener 2 tut, gestehen liefert für 1 immer eine
höhere Auszahlung (weniger Jahre)
„gestehen“ ist damit eine strikt dominante Strategie für 1
Das Gleiche gilt für Spieler 2!
Spielen beide ihre dominante Strategie, so erhalten beide eine Strafe von 4
Jahren! Sie hätten beide mit 2 davon kommen können!
46
Einführung VWL 2006/07
Wo bleibt die Praxisrelevanz??
Das Gefangenendilemma lauert an vielen Stellen!
 Zwei arbeiten an einem gemeinsamen Projekt:
Hart
arbeiten
Faul sein
Hart
arbeiten
2,2
-1 , 4
Faul sein
4 , -1
0,0
Faul sein ist dominante Strategie!
Beachte: GD-Struktur nicht zwangsläufig!
47
Einführung VWL 2006/07
Gefangenendilemma
Zwei Anbieter können einen hohen oder einen niedrigen
Preis setzen:
Hoher Preis
Niedriger Preis
Hoher Preis
1.000 , 1.000
-200 , 1.200
Niedriger Preis
1.200 , -200
600 , 600
Der niedrige Preis ist dominante Strategie
Sehr zur Freude der Konsumenten
Wettbewerb führt in ein GD
Nur deshalb funktioniert er!!!
48
Einführung VWL 2006/07
Gefangenendilemma
Weitere Beispiele:
 Länder, die in einem Rüstungswettlauf sind
Unternehmen, die Werbung treiben
Wenn der andere rüstet, muss ich auch rüsten
rüstet der andere nicht, führt Aufrüstung zur Überlegenheit
Rüstung ist dominante Strategie
Alle wären besser dran, wenn alle nicht werben
wenn alle nicht werben, ist es beste Strategie zu werben!
Umweltschutz
Wenn Umweltschutz teuer ist, sind Emittenten in einem
Gefangenendilemma
49
Einführung VWL 2006/07
Ein erstes Lösungskonzept
Wir prognostizieren, was im Gefangenendilemma
passiert, indem wir unterstellen, dass die Spieler
strikt dominante Strategien spielen, d.h.
die dominierten Strategien nicht weiter beachten!
Problem:
 Nicht alle Spiele haben dominante Strategien!
 Wir brauchen ein allgemeines Lösungskonzept
50
Einführung VWL 2006/07
Das Nash-Gleichgewicht
Zweifellos das wichtigste Konzept in der Spieltheorie und
in der modernen Wirtschaftstheorie!
Definition 3:
Gegeben sei ein Normalformspiel G = {S1, …, Sn; u1, …, un}. Das Strategienprofil s* ∈ S bildet ein Nash‐Gleichgewicht, falls für jeden Spieler i die Strategie si* ∈ Si die beste Antwort auf die Strategien seiner Gegenspieler s‐i*∈ S‐i ist, das heißt, falls ui(si*, s‐
i*) ≥ ui(si, s‐i*) für alle si ∈ Si und für alle i = 1, ..., n.
→ Es gilt also: si* löst (
max ui si , s−*i
si ∈S i
)
Ein Nash-Gleichgewicht ist eine Strategiekombination, bei
der alle Strategien aller Spieler jeweils wechselseitig beste
Antworten sind!
51
Einführung VWL 2006/07
Bringt uns das weiter?
In diesem Spiel existieren keine
dominierten Strategien!
Spieler 2
l
m
U
M
Spieler 1
O
4
0
0
4
0
4
3
5
4
0
3
M – beste Antwort auf l
U – beste Antwort auf r
5
6
6
Aber es existiert ein eindeutiges
Nash-Gleichgewicht!
O – beste Antwort auf m
3
5
5
3
r
l – beste Antwort auf O
NashGleichgewicht?
m – beste Antwort auf M
r – beste Antwort auf U
52
Einführung VWL 2006/07
Offensichtlich ist nur (U , r) ein Nash-Gleichgewicht, denn
U ist beste Antwort auf r
r ist beste Antwort auf U
Beachte:
Im Nash-Gleichgewicht hat kein Spieler Anlass, sein Verhalten zu
ändern.
Jeder Spieler reagiert rational auf die rationale Strategiewahl der
Mitspieler.
Im Nash-Gleichgewicht herrschen deshalb konsistente Erwartungen.
Ein Gleichgewicht in dominanten Strategien ist immer auch ein NashGleichgewicht (Beispiel Gefangegen-Dilemma)
53
Einführung VWL 2006/07
2.3 Der empirische Teil
Frage: Was sagt ein Modell über die reale Welt?
Antwort nur durch empirische Überprüfung möglich
Empirische Methoden: Experimente und Felddaten
Die Ökonomik benutzt beides
54
Einführung VWL 2006/07
2.3.1 Felddaten und Ökonometrie
Vorgehendweise:
Leite aus einem Modell Schätzgleichungen ab, d.h.
Gleichungen, für die
auf der einen Seite eine „zu erklärende“ abhängige Variable steht
 auf der anderen Seite „erklärende“ unabhängige Variablen
 und für deren Variablen Daten zur Verfügung stehen.
Mit Hilfe ökonometrischer Schätzverfahren kann dann
überprüft werden, ob der theoretisch behauptete
Zusammenhang in der Realität wieder zu finden ist.
55
Einführung VWL 2006/07
Ökonometrie
Probleme ökonometrischer Tests:
Unterschiedliche Schätzverfahren liefern u.U.
unterschiedliche Ergebnisse
Hauptproblem: Verfügbarkeit von Daten
Häufig sind die Daten, die man für die Überprüfung des Modells
braucht, nicht vorhanden, oder nur in „verschmutzter“ Form.
 Datenschutz verhindert häufig ökonometrische Forschung.
Schlussfolgerungen aus ökonometrischen Tests
deshalb nicht immer eindeutig
56
Einführung VWL 2006/07
2.3.2 Labordaten und Experiment
Mankiw irrt:
Die Wirtschaftswissenschaft ist auch eine experimentelle
Disziplin
2004: Nobelpreis für Vernon Smith, einem Pionier der
experimentellen Forschung
Methode:
Versuchspersonen werden unter kontrollierten
Bedingungen mit ökonomischen Entscheidungssituationen
konfrontiert.
57
Einführung VWL 2006/07
Experimente
Im Labor werden die Anreize hergestellt, die auch im
Modell als wirksam angenommen werden
Deshalb verwendet man immer monetäre Anreize!
Es lohnt sich als Versuchsperson teilzunehmen.
In Magdeburg:
Das MaXLab ist eines der modernsten Labore weltweit.
Sie sind herzlich eingeladen, sich als Versuchsperson
registrieren zu lassen!
www.maxlab.org oder direkt zur Anmeldung:
http://vwl3-10.ww.uni-magdeburg.de/orsee/public/
58
Einführung VWL 2006/07
2.4
Der Unterschied zwischen Mikro- und
Makroökonomik
Mikroökonomie:
Behandelt die ökonomische Akteure und ihr
Zusammenwirken auf Märkten
Haushalte
 Unternehmen
 Staat
Methode:
Modelle zur Abbildung „idealtypischer“ Agenten.
Bei der Abbildung von Interaktionen:
Häufig notwendig, strategische Interaktionen abzubilden:
 Spieltheorie
59
Einführung VWL 2006/07
Mikroökonomie
Spieltheorie
Strategische Interaktion liegt dann vor, wenn die optimalen
Verhaltensweisen verschiedener Akteure wechselseitig
voneinander abhängen:
Was für A gut ist, hängt davon ab, was B tut.
 Was für B gut ist, hängt von A ab.
Methode:
Ein spieltheoretisches Modell besteht aus folgenden Elementen:
 Angabe wer Spieler ist, d.h. Entscheidungen treffen darf
 Angabe der Mengen der möglichen Aktionen, die ein Spieler
durchführen kann (wie beim Schach …)
 Angabe der Auszahlungen, die bei jeder möglichen Kombination von
Aktionen für alle Spieler resultieren
60
Einführung VWL 2006/07
Mikroökonomie
Gegeben diese Angaben:
Nash-Gleichgewicht kann berechnet werden:
Frage:
Ein Nash-Gleichgewicht liegt vor, wenn alle Strategien aller
Spieler jeweils „beste Antworten“ auf die Strategien der anderen
Spieler sind.
Wie sieht das Nash-Gleichgewicht in dem Spiel aus, das Torwart
und Schütze beim Elfmeter spielen?
Spieltheorie ist das mit Abstand wichtigste
Instrumentarium der Mikroökonomie!
61
Einführung VWL 2006/07
Mikroökonomie
Vorherrschende Methode: Modelltheorie
Partialmodelle
Bilden einzelne Akteure, Märkte oder Institutionen ab
 Haushaltsmodell
 Produktionstheorie
 etc.
Allgemeine Gleichgewichtsmodelle
Bilden das Zusammenspiel der Märkte ab
 Gibt es als reine theoretische Modelle und als
 „Rechenbare Gleichgewichtsmodelle“
 Versuch, reale Ökonomien durch Gleichgewichtsmodell abzubilden
62
Einführung VWL 2006/07
Makroökonomik
Beschäftigt sich mit den Volkswirtschaftlichen
Aggregaten:
Beschäftigung (gesamtwirtschaftliche)
Wachstum
In der kurzen Frist: Konjunktur
Geldwesen
Inflation
 Geldpolitik
Eigentlich sollte ein enger Zusammenhang zwischen
Mikro- und Makroökonomie bestehen!
63
Einführung VWL 2006/07
Makroökonomik
Mikroökonomische Fundierung der Makroökonomie?
Das Verhalten der Aggregate sollte eigentlich aus der
Mikro ableitbar sein.
Leider ist es mit der mikrotheoretischen Fundierung
der Makro nicht immer weit her.
Anders als in der Mikroökonomie gibt es in der Makro
ausgeprägte Denkschulen:
Keynesianer
 Neoklassiker
Es lassen sich leider unterschiedliche Deutungsmuster für
die empirischen Befunde konstrulieren.
64
Einführung VWL 2006/07
2.5 Positive Theorie, normative Theorie,
präskriptive Theorie
Positiv theoretische Aussagen
Haben das Ziel, beobachtbares Verhalten theoretisch zu erklären, d.h.
Modelle zu bauen, die beobachtbares Verhalten prognostizieren.
Experimente sind eine gute Methode, solche Theorien zu testen!
Viele spieltheoretische Modelle sind deskriptiv durchaus erfolgreich.
Es gibt aber auch hartnäckige Widersprüche zwischen Theorie und
empirischer (experimenteller) Evidenz.
65
Einführung VWL 2006/07
Normative Aussagen und normative Theorie
(anders als bei Mankiw!)
Man muss zwischen „normativen Aussagen“ und
„normativer Theorie“ unterscheiden.
Normative Aussagen (wie Mankiw sie meint)
Aussagen, die sagen, wie etwas sein soll.
Beispiel: Man sollte die Tabaksteuer erhöhen.
Diese Aussage hat keinen empirischen Gehalt, ist also nicht positiv
theoretisch.
 Die Aussage: „Wenn die Tabaksteuer erhöht wird, sinkt der
Zigarettenkonsum“ ist dagegen nicht normativ sondern empirisch
gehaltvoll, weil überprüfbar.
Normative Aussagen sind wissenschaftlich nicht
fundierbar, es sind Werturteile!
66
Einführung VWL 2006/07
Normative Theorie
Theorien, die keinen unmittelbaren empirischen Anspruch
stellen,
aber auch keine „soll sein Sätze“ enthalten
sind „normative Theorien“.
Beispiele:
Allgemeine Gleichgewichtstheorie
Verwendet Annahmen, von denen klar ist, dass sie in der Realität
nicht erfüllt sind.
 Kann deshalb auch empirisch nicht relevant sein.
 Dennoch kann es sinnvoll sein, einen kontrafaktischen
Gegenentwurf zur Realität zu haben
67
Einführung VWL 2006/07
Normative Theorie
Idealtypische (normative) Modelle helfen zu
verstehen, wie die Welt funktioniert, ohne sie in
einem empirische Sinne zu beschreiben!
Modell des Evolutionsprozesses durch einfache
Replikatordynamik.
Modell des Vollkommenen Wettbewerbs
Modell des vollständig rationalen Akteurs
etc.
68
Einführung VWL 2006/07
Präskriptive Theorie
Funktion:
Hilfestellung bei der Konstruktion realer Institutionen!
Voraussetzung:
Notwendig ist zunächst eine Entscheidung über die Ziele,
die man erreichen will.
Diese Entscheidung kann letztlich nicht von
Wissenschaftlern getroffen werden.
Aber wenn klar ist, was erreicht werden soll, dann kann
man Theorien dazu entwickeln, wie es erreicht werden
kann.
69
Einführung VWL 2006/07
Präskriptive Theorie
Beispiele:
Wenn das Ziel heißt „allokative Effizienz“.
Wenn das Ziel heißt: Gewinnmaximierung,
Theorie kann etwas dazu sagen, wie die Institutionen einer
Ökonomie zu gestalten sind.
kann die ökonomische Wissenschaft sagen, wie Unternehmen
organisiert sein sollen.
Achtung: Die Ziele sind nicht „selbstverständlich“
Nicht einmal das der Pareto-Effizienz
Ökonomen beginnen zunehmend auch über Ziele
nachzudenken!
70
Einführung VWL 2006/07
Ökonomen und Politik
Angeblich haben Ökonomen nur zwei Interessen:
Wenn das stimmt, muss es viele unglückliche
Ökonomen geben.
Entweder wollen sie reich werden, oder
die Regierung beraten.
Die Wenigsten sind reich und
die, die die Regierung beraten, sind arm dran.
Politikberatung (in Deutschland) ist ein sehr hartes
Brot.
71
Einführung VWL 2006/07
Politikberatung
Zuständig vor allem eine Reihe von wissenschaftlichen
Institutionen:
1. Sachverständigenrat für die Beurteilung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
„Die fünf Wirtschaftsweisen“
Hauptaufgabe ist die Anfertigung eines Gutachtens, das jeweils im
Oktober erscheint und die Wirtschaftliche Lage analysiert.
Der Rat soll keine konkreten Handlungsempfehlungen vorlegen,
sondern analysieren und Entscheidungen vorbereiten.
Ratsmitglieder werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der
Bundesregierung für 5 Jahre ernannt
faktisch haben Gewerkschaften und Arbeitgeber ein
Mitbestimmungsrecht.
Dennoch soll der Rat „politisch neutral“ sein.
72
Einführung VWL 2006/07
Politikberatung
Sachverständigenrat ist anders konzipiert als das
„Board of economic advisors“ in den USA
Wird vom jeweiligen Präsidenten zusammengestellt
Ist deshalb nicht „politisch unabhängig“
Dennoch besteht hoher Anreiz, die fachlich besten
Ökonomen zu berufen
2. Wissenschaftliche Beiräte
Wirtschafts- und Finanzministerium haben
wissenschaftliche Beiräte.
Mitglieder werden auf Lebenszeit berufen.
Soll Unabhängigkeit sichern.
73
Einführung VWL 2006/07
Politikberatung
Beiräte erstellen Gutachten zu aktuellen Fragen
Beispiel: Gutachten zur Neuregelung der steuerlichen
Behandlung von gemeinnützigen Institutionen 2006.
Die Politik ist in keiner Weise an die Empfehlungen der
Beiräte gebunden.
3. Wissenschaftliche Institute
So genannte „Blaue Liste Institute“
DIW Berlin
Ifo München
WWI Kiel
IWH Halle
ZEW Mannheim
74
Einführung VWL 2006/07
Politikberatung
Aufgaben der Institute
Vorlage eines gemeinsamen Gutachtens zur
konjunkturellen Entwicklung.
Unabhängige Auftragsforschung für öffentliche
Institutionen.
Eigene Forschungsinitiativen
Finanzierung durch
Mittel des Bundes und
Drittmittel, die eingeworben werden müssen.
75
Einführung VWL 2006/07
Politikberatung
4. Weitere Institute (nicht Blaue Liste)
 Beispiele:
Monopolkommission
an der Universität zu Köln
unterstützt vor allem das Bundeskartellamt
Untersucht das Ausmaß der Unternehmenskonzentration und
forscht nach möglichen Wettbewerbseinschränkungen.
Energiewirtschaftliches Institut
ebenfalls an der Universität zu Köln
Analyse von Energiemärkten
76
3. Handelsvorteile und
Märkte
Mankiw Kap. 3 bis 6
Einführung VWL 2006/07
3.1 Handelsvorteile
Wir leben in einer extrem arbeitsteilig organisierten Welt
Turnschuhe aus Taiwan, Hemdenstoff aus Indien, Notebook aus Japan,
Mittagessen aus Zutaten aus ganz Europa.
Warum stellt nicht jeder das her, was für sich braucht?
Für den Einzelnen leicht zu beantworten
Wer kann schon Turnschuhe nähen und ein Notebook bauen?!
Warum aber sollte das auch für Länder vorteilhaft sein?
Viele fordern, dass man etwas gegen die ausländische Konkurrenz tun
muss!
78
Einführung VWL 2006/07
Das Prinzip des komparativen Vorteils!
Wenn zwischen zwei Akteuren ein Tausch stattfindet, ist damit
in jedem Fall eine Pareto-Verbesserung verbunden.
Wenn der Tausch freiwillig stattfindet!
Aber warum sollen beide Seiten von dem Tausch einen Vorteil
haben?
Begründung?
Weil Tauschgeschäfte die Möglichkeit eröffnen, komparative Vorteile
zu nutzen!
Das Beispiel mit den Kartoffeln und dem Fleisch, dem
Viehzüchter und dem Ackerbauern:
79
Einführung VWL 2006/07
Ackerbauer
Produktions
möglichkeit
skurve
(8Std.)
Viehzüchter
80
Einführung VWL 2006/07
Der Viehzüchter hat in beiden Fällen einen
absoluten Vorteil!
In einer Stunde:
Viehzüchter
Ackerbauer
3 Pfund Fleisch
6 Pfund Kartoffeln
1 Pfund Fleisch
4 Pfund Kartoffeln
Viehzüchter ist bei der Produktion beider Güter produktiver!
Anzahl der Inputs pro Outputeinheit ist kleiner
81
Einführung VWL 2006/07
Handel lohnt sich dennoch!
Ackerbauer spezialisiert sich auf den Kartoffelanbau
Viehzüchter verwendet nur noch 2 (statt 4) Stunden auf den
Kartoffelanbau.
Gesamtproduktion bei Spezialisierung (Autarkie)
44 Pfund Kartoffeln (40 Pfund)
18 Pfund Fleisch (16 Pfund)
Tauscht nun der Viehzüchter gegen 5 Pfund Fleisch 15 Pfund
Kartoffeln, können beide von beiden Gütern mehr
konsumieren!
82
Einführung VWL 2006/07
83
Einführung VWL 2006/07
Der komparative Kostenvorteil
Besteht in den geringeren Opportunitätskosten!
Opportunitätskosten der Opportunitätskosten der
Fleischproduktion (in
Kartoffelproduktion
Kartoffeleinheiten)
(in Fleischeinheiten)
Ackerbauer
4
¼
Viehzüchter
2
½
84
Einführung VWL 2006/07
Komparativer Vorteil
Der Ackerbauer hat beim Kartoffelanbau geringere
Opportunitätskosten als der Viehzüchter!
Der Viehzüchter hat bei der Fleischproduktion die geringeren
Opportunitätskosten.
Deshalb ist es sinnvoll, dass er sich auf den Kartoffelanbau
spezialisiert!
Deshalb Spezialisierung auf die Fleischproduktion!
Frage:
Kann es sein, dass einer der beiden Produzenten auch bei beiden
Produkten die niedrigsten Opportunitätskosten hat?
85
Einführung VWL 2006/07
Komparativer Vorteil
Antwort:
OK für Fleisch sind der Kehrwert der OK für Kartoffeln (2 und ½; 4
und ¼ )
Es kann nicht gleichzeitig X < Y und 1/X < 1/Y sein!
Es muss also immer so sein, dass beide Tauschpartner einen
komparativen Vorteil besitzen.
Ausnahme: Beide haben identische Produktionskosten
Damit besteht aber immer die Möglichkeit, dass sich durch
Spezialisierung und Handel beide Tauschpartner besser stellen können.
86
Einführung VWL 2006/07
Komparativer Vorteil
Komparative Vorteile existieren auch dann, wenn die
absoluten Vorteile alle auf einer Seite liegen!
Spezialisierungsgewinne sind damit in jedem Fall möglich.
Komparative Vorteile lassen sich nicht nur zwischen
Individuen oder Unternehmen ausnutzen.
Auch der Handel zwischen Ländern schafft solche Vorteile
Handel zwischen Ländern stellt beide Länder besser, auch dann, wenn
ein reiches mit einem armen Land Handel treibt!
87
Einführung VWL 2006/07
Komparativer Vorteil
Beachte, dass auch im internationalen Handel die
komparativen Vorteile durch Spezialisierung erreicht werden.
Das übersehen häufig Kritiker der Globalisierung, die in der
Spezialisierung nur Abhängigkeiten der armen von den reichen
Ländern sehen.
Komparative Vorteile sind nach wie vor das mit Abstand stärkste
Argument für freien Handel (und damit für Globalisierung)
88
Einführung VWL 2006/07
Komparativer Vorteil
Zur Übung:
Warum spezialisieren sich die Produzenten in dem Beispiel
nicht vollständig?
Zeichnen Sie die Produktionsmöglichkeiten in ein K(artoffel)F(leisch) Diagramm
 Bestimmen Sie den Konsum in der Autarkie
 Zeigen sie graphisch die Produktionsmöglichkeiten, bei denen sich
beide besser stellen.
89
Einführung VWL 2006/07
3.2 Nachfrage und Angebot
Tauschvorgänge, bei denen komparative Vorteile realisiert
werden, finden auf Märkten statt
Märkte sind der Ort (im übertragenen Sinn), an dem Angebot und
Nachfrage zusammen treffen.
Marktformen:
Märkte unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Intensität und Art des
Wettbewerbs, der auf ihnen herrscht:
Wettbewerbsmarkt
viele Anbieter und Nachfrager, die in einem intensiven Wettbewerb stehen.
Charakteristikum: Preisnehmerverhalten
90
Einführung VWL 2006/07
Preisnehmerverhalten
Der einzelne Akteur hat keine Möglichkeit, Einfluss auf den
Marktpreis zu nehmen.
Er kann lediglich seine Angebots- bzw. Nachfragemenge verändern.
Er ist Preisnehmer und Mengenanpasser.
Ursache ist die große Zahl von Akteuren, die dazu führt, dass der
Einfluss des einzelnen verschwindend gering ist.
Kennen Sie Beispiele für solche Wettbewerbsmärkte?
91
Einführung VWL 2006/07
Weitere Marktformen
Wenn wenige Anbieter auf einem Markt auftreten:
Oligopol (Duopol im Falle zweier Anbieter)
Verhalten auf Oligopolmärkten ist Gegenstand der Spieltheorie, weil sich
die Oligopolisten in einer strategischen Interaktion befinden.
Preissetzungen und Mengenentscheidungen hängen wechselseitig
voneinander ab.
Nur ein Anbieter:
Monopol
Wichtiger Spezialfall
Monopolist ist in der Lage sowohl Preis als auch Menge zu setzen.
92
Einführung VWL 2006/07
Weitere Marktformen
Monopolistische Konkurrenz
Anbieter haben einen begrenzten monopolistischen
Preissetzungsspielraum.
Trifft beispielsweise auf Markenprodukte zu
Der Anbieter einer Marke ist Monopolist für diese Marke, aber
dennoch befindet er sich im intensiven Wettbewerb mit anderen
Marken.
In der Realität sehr häufige Marktform
Kennen Sie Beispiele?
93
Einführung VWL 2006/07
3.2.1 Nachfragefunktion (Mankiw Kap. 4)
Modellhafte Abbildung eines Marktes:
Darstellung des Zusammenhangs zwischen Preis des Gutes und
angebotener bzw. nachgefragter Menge.
Nachfragefunktion:
Zuordnungsvorschrift, die jedem Preis die zu diesem Preis nachgefragte
Menge zuordnet.
Haushaltsnachfrage:
Nachfrage eines einzelnen Haushalts
Gesamtnachfrage
Aggregation aller Haushaltsnachfragen
94
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Preis
(inverse) Nachfragefunktion
pi
pj
xi
xj
nachgefragte
Menge
95
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Die Nachfragfunktion bildet die Nachfragepläne der
Nachfrager ab.
Beobachtbar sind immer nur einzelne Punkte auf der
Nachfragefunktion!
Die Nachfragefunktion informiert darüber, wie sich die
Nachfrage verändert, wenn sich der Preis verändert!
Auch die Lage der Nachfragefunktion kann sich verändern:
96
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Verschiebung der Nachfragefunktion nach rechts:
Preis
Zu jedem Preis wird mehr nachgefragt als zuvor
Verschiebung der Nachfragefunktion nach links:
Zu jedem Preis wird weniger nachgefragt als zuvor
pi
pj
xi
xj
nachgefragte
Menge
97
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Verschiebung der Nachfragefunktion:
Bilden Veränderungen der Nachfragepläne der Haushalte ab
Ursachen für solche Veränderungen können vielfältig sein
Beispiele:
 Nachfragepläne nach Türkeireisen ändern sich durch Terroranschläge in der
Türkei (Nachfragekurve verschiebt sich nach links).
 Gleichzeitig ändern sich die Pläne in Bezug auf Reisen nach Kreta (Nachfrage
verschiebt sich nach rechts).
Frage:
Die Preise für Flugreisen steigen wegen höherer Treibstoffkosten
Verschiebt sich die Nachfragekurve für Flugreisen?
98
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Die Nachfragefunktion bildet den Zusammenhang zwischen Preis
und Nachfragemenge ab.
Normales Gut
Giffen Gut
→ Nachfrage fällt, wenn der Preis steigt.
→ Nachfrage steigt, wenn der Preis steigt.
Nachfrage hängt natürlich nicht nur vom Preis ab:
Abhängigkeit vom Einkommen:
Superiore Nachfrage → Nachfrage steigt, wenn das Einkommen steigt.
 Inferiore Nachfrage → Nachfrage fällt, wenn das Einkommen steigt.
Achtung: steht bei Mankiw anders!
Entspricht nicht der Konvention!
99
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Nachfrage hängt außerdem ab von
Preisen anderer Güter
Substitute (Butter – Margarine)
 Preisanstieg führt zu Nachfrageanstieg beim Substitut
Komplemente (Computer – Monitor)
 Preisanstieg führt zu Nachfragerückgang beim Komplement
Auch wenn keine komplementäre oder substitutionale Beziehung besteht,
können Einkommenseffekte entstehen, die die Nachfrage nach anderen
Gütern beeinflussen:
 Preisanstieg bei Benzin kann zu Nachfrageeinschränkungen bei Möbeln oder
Kleidung führen.
Geschmack, Moden
Erwartungen (Erhöhung der Mehrwertsteuer!)
100
Einführung VWL 2006/07
Nachfragefunktion
Woher wissen wir, dass die Nachfragefunktion fällt?
Mikrofundierung durch Haushaltstheorie.
Beantwortet die Frage, wie die Nachfrage eines Haushalts von Preisen und
Einkommen abhängt.
Formales Modell dazu, wie sich ein rationaler Haushalt idealtypisch
verhält.
Wird später vorgestellt!
Bildet ab, dass rationale Haushalte aus den Güterbündeln, die sie sich
leisten können, die für sie besten auswählen.
101
Einführung VWL 2006/07
3.2.2 Angebotsfunktionen
Andere Seite des Marktes wird ebenfalls durch eine
Funktion beschrieben, die einen Zusammenhang zwischen
Preis und Menge abbildet:
Angebotsfunktion
Ordnet jedem Preis die zu diesem Preis angebotene Menge zu.
 Auch hier zu unterscheiden:
 Angebot des einzelnen Unternehmens
 Gesamtangebot am Markt
 kommt zustande durch Aggregation der einzelnen
Angebotsfunktionen
Unter üblichen Annahmen: Angebotsfunktion steigt, d.h., je höher
der Preis, um so höher die Angebotsmenge.
 Interpretation analog zur Nachfragefunktion
102
Einführung VWL 2006/07
Verschiebung der Angebotskurve nach links:
Preis
Zu jedem Preis wird weniger angeboten als zuvor
pi
Verschiebung der Angebotskurve nach rechts:
Zu jedem Preis wird mehr angeboten als zuvor
pj
xi
xj
Angebotsmenge
103
Einführung VWL 2006/07
Angebotsfunktionen
Mögliche Gründe dafür, dass sich die Angebotsfunktion
verschiebt:
Technologische Veränderungen
Inputpreise
Durch technischen Fortschritt verändern sich die Produktionskosten
Bessere Technologie → höhere Produktivität → sinkende Stückkosten →
Rechtsverschiebung der Angebotsfunktion
Veränderungen der Faktorkosten wirken sich auf die Stückkosten aus und
damit auf die Lage der Angebotsfunktion
Erwartungen
In bestimmten Fällen kann das Angebot auch von den Erwartungen der
Anbieter abhängen
 Beispielsweise von den Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Preise
104
Einführung VWL 2006/07
3.2.3 Marktgleichgewicht
Angebots und Nachfragekurven geben die Pläne der Anbieter
und Nachfrager wieder.
Ein Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn diese Pläne
miteinander kompatibel sind, d.h.
Wenn ein Preis existiert, zu dem die Nachfrager planen genau die
Menge nachzufragen, die die Anbieter anzubieten gedenken.
Dieser Preis ist der Gleichgewichtspreis, oder auch markträumender
Preis, die Menge ist die Gleichgewichtsmenge
105
Einführung VWL 2006/07
Marktgleichgewicht
Preis
Marktgleichgewicht
pi
xi
Angebotsmenge
106
Einführung VWL 2006/07
Marktgleichgewicht
Preis
Angebotsüberschuss
pH
1)
Marktgleichgewicht
pi
pT
Nachfrageüberschuss
xi
1) bei zu hohem Preis
2) bei zu niedrigem Preis
2)
Angebotsmenge
107
Einführung VWL 2006/07
Marktgleichgewicht
Kann es dauerhaft zu Angebots- oder Nachfrageüberschüssen
kommen?
Kommt darauf an, ob der Wettbewerb zwischen Anbietern und
zwischen Nachfragern funktioniert.
Er funktioniert dann, wenn der Anbieterwettbewerb bei
Angebotsüberschuss zu einem fallenden Preis und der
Nachfragerwettbewerb bei einem Nachfrageüberschuss zu einem
steigenden Preis führt.
In diesen Fällen sorgt eine Preisreaktion dafür, dass das Gleichgewicht
hergestellt wird.
Welche Funktion haben Preise auf einem Markt?
Kennen Sie Märkte, auf denen der Preis nicht so reagiert, dass es zur
Herausbildung eines Gleichgewichts kommt?
108
Einführung VWL 2006/07
Marktgleichgewicht
Veränderungen auf Märkten:
Endogen führt keine Kraft aus dem Gleichgewicht heraus.
Veränderungen ergeben sich nur dann, wenn exogene
Veränderungen zu Verschiebungen der Kurven führen.
Zur Prognose der Auswirkungen:
Man muss wissen
 Welche Kurven sich verändern,
 in welcher Richtung und
 wie weit.
109
Einführung VWL 2006/07
Nachfrage nach Deutschlandfahnen ohne WM
Nachfrage nach Deutschlandfahnen mit WM
Preis
Neues Gleichgewicht
Gleichgewicht
Altes Gleichgewicht
pi
xi
Angebotsmenge
110
Einführung VWL 2006/07
Angebot mit herkömmlicher
Technik (Holzstäbe)
Angebot mit neuer Technik
(Plastik)
Preis
Altes Gleichgewicht
pi
xi
Menge
111
Einführung VWL 2006/07
Marktgleichgewicht
Solange sich nur eine Marktseite verändert
ist der Effekt auf Preis und Menge klar:
Angebot nach rechts
 Preis fällt, Menge steigt und vice versa
Nachfrage nach rechts
 Preis steigt, Menge steigt und vice versa
Ändern sich beide Marktseiten
hängt der Effekt von der relativen Stärke und der Richtung der Verschiebungen
ab.
Eine Prognose ist dann ohne Weiteres nicht mehr möglich.
112
Einführung VWL 2006/07
3.2.4 Elastizitäten
Die Nachfragekurve sagt uns:
Wenn der Preis steigt, fällt die Nachfragemenge
Aber wie messen wir, wie stark sie fällt?
Variante 1:
Wir benutzen die Steigung, also absolute Größen:
 Steigt der Fahnenpreis um 1 € geht die Nachfrage um 10.000 Stück zurück.
Nachteil: Maß ist abhängig von den gewählten Maßeinheiten und deshalb
ist die Fahnennachfrage nur schwer mit z.B. der Biernachfrage zu
vergleichen:
 Wenn der Preis für Bier um 1 € pro Liter steigt, sinkt die Nachfrage um 10.000
hl.
 Welche Nachfrage reagiert stärker?
113
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Ausweg:
Benutze relative Größen:
Wenn der Preis um 1 % steigt, fällt die Fahnennachfrage um 2%.
Wenn der Bierpreis um 1 % steigt, dann fällt die Biernachfrage um 0,1%.
Dann ist klar, welche Nachfrage stärker reagiert!
Preiselastizität der Nachfrage:
mißt, um wie viel Prozent die Nachfragemenge pro Prozent
Preisänderung verändert!
Formal berechnet sich die Bogenelastizität nach:
prozentuale Mengenänderung
prozentuale Preisänderung
114
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Beispiel
Preis für Lutscher steigt von 10 auf 14 Cent (also um 40%)
Nachgefragte Lutschermenge sinkt von 250 auf 225
x0 = 250, x1 = 225 → ∆x = -25
∆x/ x0 = 0,1 = -10%
Preiselastizität:
p0 = 10, p1 = 14 → ∆p = 4
∆p/p0 = 0,4 = 40%
-10/40 = -0,25
Interpretation:
pro Prozent Preiserhöhung geht die Nachfrage um 0,25% zurück
115
Einführung VWL 2006/07
Preis
14
Bogenelastizität
10
225 250
Nachfragemenge
116
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Frage:
angenommen der Preis fällt von 14 Cent wieder auf 10 Cent und die
Nachfrage steigt wieder auf 250, ist dann die Preiselastizität wieder 0,25?
Nein, sie ist – 0,38!
Die Bogenelastizität ist richtungsabhängig!
f(x) = y sei eine beliebige differenzierbare Funktion. Dann ist
df ( x ) x dy x
=
dx y dx y
Die Punktelastizität an der Stelle x
117
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Beispiele:
Sei f(x) = y eine Funktion, die den Benzinverbrauch eines Autos (y)
in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (x) angibt. η(x = 100) = 0,2
sagt dann: Wenn ich bei einer Geschwindigkeit von 100 um 1%
schneller fahre (101), dann erhöht sich der Benzinverbrauch um
0,2%.
Preiselastizität der Nachfrage:
Sei f(p) = x eine Nachfragefunktion, dann ist
df ( p ) p
η ( p) =
dp f ( p )
die Preiselastizität der Nachfrage, die angibt, um wie viel % die
Nachfrage reagiert, wenn sich der Preis um 1% ändert.
118
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Die Punktelastizität ist nicht richtungsabhängig, aber sie ist ein
lokales Maß!
Punktelastizität einer linearen Nachfragefunktion:
f(p) = D – p sei eine lineare Nachfrage, dann ist
df ( p ) p
p
η ( p) =
=−
dp f ( p )
D− p
die Preiselastizität der Nachfrage
 Für p = 0 ist η(p) = 0
 Für p = D (f(p) = 0) ist η(p) = ∞
 Die Elastizität ist = –1 für p = D/2. Das ergibt folgendes Bild:
119
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Preis
D
η(p) = -∞
|η(p)| > 1
|η(p)| = 1
D/2
|η(p)| < 1
η(p) = 0
D/2
D
Menge
120
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Interpretation:
 |η|> 1 bedeutet, dass der relative Mengeneffekt größer ist als der
relative Preiseffekt! Man spricht von einer elastischen Nachfrage
 |η|< 1 bedeutet, dass der relative Preiseffekt großer ist als der relative
Mengeneffekt. Man spricht von einer unelastischen Nachfrage
 Was geschieht mit dem Erlös eines Unternehmens, wenn es den Preis
senkt?
 Der Preiseffekt: Alle Einheiten werden zu einem niedrigeren Preis
verkauft → Erlös sinkt.
 Der Mengeneffekt: Es werden mehr Einheiten verkauft → Erlös
steigt!
 Ist der erste Effekt kleiner als der zweite, führt eine Preissenkung
zu höheren Erlösen und vice versa!
121
Einführung VWL 2006/07
Preissenkung im elastischen Bereich
Erlösminderung durch Preiseffekt
Preis
D
η(p) = - ∞
|η(p)| > 1
Erlössteigerung durch Mengeneffekt
|η(p)| = 1
D/2
|η(p)| < 1
η(p) = 0
D/2
D
Menge
122
Einführung VWL 2006/07
Preissenkung im unelastischen Bereich
Preis
D
η(p) = ∞
η(p) > 1
Erlösminderung durch Preiseffekt
η(p) = 1
D/2
η(p) < 1
Erlössteigerung durch Mengeneffekt
η(p) = 0
D/2
D
123
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Für die Stärke der Nachfragereaktion (die Elastizität) ist der Absolutwert
von η bedeutsam, nicht die Größe der Zahl im mathematischen Sinne (- 5
ist kleiner als 1!). Das Vorzeichen gibt Auskunft über die Richtung der
Änderung.
Weitere Elastizitäten:
Preiselastizität des Angebots
 Ö um wie viel % verändert sich das Angebot, wenn der Preis um 1%
steigt (fällt)?
 Preisfrage: Welches Vorzeichen hat die Preiselastizität des Angebots?
Kreuzpreiselastizität der Nachfrage bzw. des Angebotes
 Ö um wie viel % verändert sich das Angebot (die Nachfrage) von
(nach) Gut 1 , wenn der Preis von Gut 2 um 1% steigt (fällt)?
124
Einführung VWL 2006/07
Elastizitäten
Einkommenselastizität der Nachfrage
Ö um wie viel % verändert sich die Nachfrage, wenn das
Einkommen um 1% steigt (fällt)?
Preisfrage:
Welches Vorzeichen hat die Einkommenselastizität bei einem
 superiorem Gut
 inferiorem Gut?
Residualelastizität
Ö um wie viel % steigt das Einkommen nach Steuern
(Nettoeinkommen), wenn das Einkommen vor Steuern um
1 % wächst?
Preisfrage: ist die Residualelastizität > oder < 1?
125
Einführung VWL 2006/07
3.3 Die Effizienzeigenschaften von Märkten
Mankiw Kap. 7
Nachfrager und Anbieter haben Pläne
Dabei entstehen Handelsvorteile
Tauschvorgänge am Markt schaffen also Vorteile für alle Beteiligten
Aber sind im Marktgleichgewicht auch alle möglichen Handelsvorteile
ausgeschöpft?
und die werden im Marktgleichgewicht zum Teil realisiert.
D.h. liefert das Marktgleichgewicht eine Pareto-effiziente Allokation?
Oder kann man durch Wahl eines anderen Preises eine Steigerung der
Wohlfahrt (im Sinne einer Pareto-Verbesserung) erreichen?
Um diese Frage zu beantworten brauchen wir zwei neue Instrumente:
Konsumentenrente
Produzentenrente
126
Einführung VWL 2006/07
Konsumentenrente
Die Nachfragefunktion bildet die Zahlungsbereitschaften der
Nachfrager ab
Sortiere alle Nachfrager nach ihrer maximalen Zahlungsbereitschaft
und trage die Zahlungsbereitschaft auf der Preisachse ab
Das Resultat ist die Nachfragefunktion
Für den einzelnen Nachfrager gilt:
Wenn der Preis unter seiner maximalen Zahlungsbereitschaft liegt, so
entsteht ihm ein Vorteil in Höhe der Differenz.
Beispiel: Sie sind bereit 20 € für die DVD von „King Kong“ zu bezahlen
(das ist sie ihnen wert). Sie kaufen sie im Supermarkt für 9,95 €. Ihr
Vorteil aus diesem Preis: 10,05 €.
Die Konsumentenrente ist die Summe aller individuellen Vorteile aus
dem Marktpreis.
127
Einführung VWL 2006/07
Konsumentenrente/Produzentenrente
Gemessen wir die Konsumentenrente als Fläche unter der Nachfragekurve
bis zum Marktpreis.
Distanz zwischen Nachfragekurve und Marktpreis misst den Vorteil des
einzelnen Konsumenten.
Summe aller so gemessenen Vorteile ist die Fläche unter den Nachfragekurve
Produzentenrente = Gewinn der Anbieter
Entspricht der Fläche über der Angebotsfunktion bis zum Preis!
Ergibt sich aus: Gewinn = Erlös – Kosten = Preis x Menge – Kosten
Vorerst Ohne Begründung: Die Angebotsfunktion entspricht der
Grenzkostenfunktion und die Gesamtkosten der Produktion entsprechen
deshalb der Fläche unter der Angebotsfunktion.
Graphisch:
128
Einführung VWL 2006/07
Konsumentenrente/Produzentenrente
Preis
pH
Konsumentenrente
Angebot
pi
Produzentenrente
xi
Nachfrage
Menge
129
Einführung VWL 2006/07
Die Effizienzeigenschaften von Märkten
Die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente ist der Soziale
Überschuss
Der soziale Überschuss misst den gesamten Vorteil, der der Gesellschaft
aus dem Marktgleichgewicht entsteht.
Kann der soziale Überschuss bei einem Preis über oder unter dem
Gleichgewichtspreis größer werden?
Falls nein, wäre das Marktgleichgewicht effizient!
Beachte, dass wir davon ausgehen, dass die Angebotsfunktion identisch mit der
Grenzkostenfunktion ist.
Das impliziert, dass der Preis im Gleichgewicht den Grenzkosten der
Produktion bei der Gleichgewichtsmenge entspricht!
Also: Kann ein Preis der nicht den Grenzkosten entspricht, die Wohlfahrt
steigern?
130
Einführung VWL 2006/07
Die Effizienzeigenschaften von Märkten
Preis
Konsumentenrente
Angebot
Preis über den
Grenzkosten
pH
Effizienzverlust
pi
Produzentenrente
xi
Nachfrage
Menge
131
Einführung VWL 2006/07
Die Effizienzeigenschaften von Märkten
Preis
Konsumentenrente
Angebot
pi
Effizienzverlust
Preis unter den
Grenzkosten
pU
Produzentenrente
xU
Nachfrage
Menge
132
Einführung VWL 2006/07
Die Effizienzeigenschaften von Märkten
Resultat:
gleichgültig, ob der Preis über oder unter den Grenzkosten liegt, es
entsteht immer ein Effizienzverlust!
Ursache:
Wenn der Preis zu hoch oder zu niedrig ist, dann hat das in beiden
Fällen den Effekt, dass Tauschvorgänge die möglich wären nicht
realisiert werden
Dadurch werden bestehende komparative Vorteile nicht genutzt!
Alle Maßnahmen, die Preise aus dem Gleichgewicht bringen (d.h. dazu
führen, dass sie nicht den Grenzkosten entsprechen), führen deshalb zu
Effizienzverlusten!
Tritt auf bei
Besteuerung/Subvention
Monopolpreisbildung/Marktmacht
133
Einführung VWL 2006/07
3.4 Voraussetzungen für funktionsfähige
Märkte
Offensichtlich sind Märkte Institutionen, die gut geeignet sind, eine
effiziente Allokation zu erreichen.
Aber besitzen sie diese Eigenschaft immer?
Nein und damit werden wir uns später befassen
Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Märkte entstehen
können (und Effizienz erzeugen)?
Auf Märkten begegnen sich in der Regel Haushalte und Unternehmen
Auf Gütermärkten sind die Haushalte die Nachfrager auf Faktormärkten die
Anbieter.
Unternehmen bieten auf Gütermärkten an und fragen auf Faktormärkten nach.
Brauchen wir für das Funktionieren von Märkten auch den Staat?
Also eine Institution, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Zwang auszuüben.134
Einführung VWL 2006/07
Funktion von Eigentumsrechten
Der Kern eines Tauschgeschäftes:
Übereignung von Eigentums und Verfügungsrechten
Märkte entstehen nur dann, wenn Eigentumsrechte existieren
Frage:
Wie müssen solche Rechte beschaffen sein?
Verfügbarkeit von Gütern
Übertragbarkeit
Eigentumsrechte schaffen und begrenzen Handlungsspielräume
135
Einführung VWL 2006/07
Eigentumsrechte müssen durchsetzbar sein
Frage des Rechtssystems und
der Gutseigenschaften
Diversifizierbarkeit - Separierbarkeit
Beispiel Kapitalgesellschaften
 Diversifiziertes Aktienkapital
 Separation von Eigentum und Entscheidungsgewalt
Prinzipal-Agent-Problematik
Brauchen wir den Staat, um Eigentumsrechte zu schaffen und
durchzusetzen?
Eindeutig ja.
Nur ein Gewaltmonopol des Staates erlaubt es, Eigentumsrechte zu schaffen,
zu schützen und die Übertragbarkeit zu sichern.
136
Einführung VWL 2006/07
Was ist, wenn Eigentumsrechte verletzt werden?
Instabiles Rechtssystem
Für die wirtschaftliche Entwicklung extrem schädlich!
Würden Sie in Afghanistan investieren?
Eigentumsrechte müssen langfristig und glaubhaft gesichert sein
Problem auch für die Transformationsländer!
Thomas Hobbes: Schutz der Eigentumsrechte liefert die Begründung für die
Existenz des Staates.
Externe Effekte
 Fehlende oder nicht durchsetzbare Eigentumsrechte führen dazu, dass
knappe Ressourcen in Anspruch genommen werden können, ohne das
dafür ein Preis zu entrichten ist.
 Beispiele: Umweltgüter (Atmosphäre, Meere etc.)
 Führt zu ineffizienter Allokation der Güter (später mehr)
137
Einführung VWL 2006/07
Die Funktion der Vertragsfreiheit
Auf Märkten finden (freiwillige) Tauschgeschäfte statt, die
Pareto-Verbesserungen schaffen.
Das klappt nur, dass immer dann, wenn beide Marktseiten einen
Tausch vornehmen wollen, dies auch möglich ist.
Im Ergebnis bedeutet das, dass Preise und Mengen frei verhandelbar
sein müssen.
Vertragsfreiheit sichert dies.
Ist aber in vielen Fällen stark eingeschränkt:
Tarifverträge
Mietrecht
Preisbindungen (Bücher, Arzneimittel)
138
Einführung VWL 2006/07
Die Funktion von Wettbewerb
Märkte erzeugen nur dann effiziente Allokationen, wenn auf ihnen
Wettbewerb herrscht.
Und zwar auf beiden Marktseiten.
Der „doppelte Wettbewerb“ verhindert, dass der Preis langfristig vom
Gleichgewichtspreis abweichen kann.
Wettbewerb ist nicht zwangsläufig gegeben
Marktteilnehmer neigen dazu, ihn auszuschalten
Muss deshalb u.U. staatlich durchgesetzt werden
Bundeskartellamt, Monopolkommission
Weitere Funktionen des Wettbewerbs:
Wettbewerb als Suchverfahren (i.S. von Hayeks)
Wettbewerb als Verfahren zur Verarbeitung von Information (Wahlbörsen)
Dynamische Anreizwirkung des Wettbewerbs
Prozess „schöpferischer Zerstörung“ i.S. von Schumpeter
139
Einführung VWL 2006/07
Zwischenfazit
Märkte sind in der Lage, effiziente Ressourcenallokationen zu erzeugen.
Dazu müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Teilweise braucht man den Staat dazu.
Teilweise ist staatliches Handeln schädlich.
Eigentumsrechte
Bei Einschränkungen der Vertragsfreiheit.
Die nächsten Fragen:
1.
Was geschieht, wenn der Staat in Märkte eingreift?
1.
2.
2.
Durch Besteuerung/Subvention
Durch Mindest- oder Höchstpreissetzungen?
Was geschieht, wenn der Wettbewerb eingeschränkt ist?
1.
2.
Referenzpunkt: Wettbewerbsmarkt
Monopol, Oligopol und monopolistische Konkurrenz
140
4. Die Wirkung von
Eingriffen des Staates in
Marktprozesse
Mankiw Kap. 6 und 8
Einführung VWL 2006/07
4.1 Die Wirkung von Steuern
4.1.1 Inzidenz
Wir betrachten die Besteuerung eines Konsumgutes mit einem konstanten
Mengensteuersatz (Euro pro Mengeneinheit).
Wer trägt eigentlich die ökonomische Last der Besteuerung?
Damit ist nach der so genannten Steuerinzidenz gefragt
Wovon hängt diese ab?
Beispiele: Mineralölsteuer, Brandweinsteuer, Biersteuer etc.
Kann der Gesetzgeber festlegen, wer die Last tragen soll?
Hat die Inzidenz etwas damit zu tun, ob die Steuer bei den Anbietern oder den
Nachfragern erhoben wird?
Wie wirkt sich die Besteuerung auf die Effizienz aus?
Ist Besteuerung nicht nur eine Umverteilung von den Privaten zum Staat?
142
Einführung VWL 2006/07
Inzidenz bei Erhebung auf der Nachfrageseite
Preis
Angebot
Steuer
Preis, den die Nachfrager nach
Steuereinführung zahlen
Preis ohne Steuer
Preis, den die Anbieter nach
Steuereinführung erhalten
Nachfrage (bleibt unverändert)
Menge
alte Menge
neue Menge
Neue (Netto) Durchschnittserlöskurve der
Anbieter
143
Einführung VWL 2006/07
Inzidenz bei Erhebung auf der Nachfrageseite
Die Nachfragepläne ändern sich durch die Erhebung einer Steuer nicht.
Plan hängt nur vom Preis ab, nicht davon, wer das Geld bekommt!
Deshalb bleibt die Nachfragekurve unverändert
Aber die Nettoerlöse der Anbieter sind nun nicht mehr = Preis!
Resultate:
Der Preis für die Nachfrager steigt, aber
Der Preis (besser der Erlös) für die Anbieter sinkt
er steigt nicht um den vollen Steuerbetrag
erst beide Effekte zusammen addieren sich zum Steuerbetrag
Beide Seiten des Marktes tragen damit einen Teil der Steuerlast!
Obwohl die Steuer nominal vollständig überwälzt wird.
144
Einführung VWL 2006/07
Inzidenz bei Erhebung auf der Anbieterseite
Preis
Angebot neu
Angebot alt
Preis, den die Nachfrager nach
Steuereinführung zahlen
Preis ohne Steuer
Preis, den die Anbieter nach
Steuereinführung erhalten
Steuer
Menge
alte Menge
neue Menge
145
Einführung VWL 2006/07
Inzidenz bei Erhebung auf der Anbieterseite
Bei Erhebung auf der Angebotsseite
Abbildung der Steuer durch Verschiebung der Angebotskurve nach
oben.
Entspricht einem Aufschlag auf die Grenzkosten in Höhe der Steuer
Resultate
Das gleiche Bild wie bei Erhebung auf der Nachfrageseite
Die Steuerinzidenz ist identisch
Für die Lastverteilung ist die Frage, auf welcher Marktseite die Steuer
erhoben wird, nicht relevant.
Wovon hängt die Lastverteilung dann ab?
Nächster Schritt:
Genauere Analyse der Lasten, die durch die Steuer entstehen
146
Einführung VWL 2006/07
Steuerinzidenz
Preis
Angebot neu
Konsumentenrente
nach Steuer
Angebot alt
Steuer
Steueraufkommen
Effizienzverlust
Zusatzlast der Besteuerung!
Produzentenrente
nach Steuer
Menge
147
Einführung VWL 2006/07
Steuerinzidenz
Sowohl die Konsumenten- als auch die Produzentenrente wird kleiner und
es entsteht eine Zusatzlast der Besteuerung
Wir erinnern uns: Immer wenn der Preis aus dem Gleichgewicht gebracht wird,
kommt es zu Effizienzverlusten
Das ist hier der Fall:
Die Steuer treibt einen Keil zwischen Nachfrager und Produzentenpreis
Ersterer liegt über, letzterer unter dem Gleichgewichtspreis ohne Steuer.
Wovon hängt die Lastverteilung und die Zusatzlast ab?
Kann der Gesetzgeber beides wirklich beeinflussen?
Inzidenz hängt auch von der Höhe des Steuersatzes und von der Wahl der
Bemessungsgrundlage ab,
Vor allem aber von den Elastizitäten der Nachfrage und des Angebots!
148
Einführung VWL 2006/07
Steuerinzidenz
Preis
Last der
Nachfrager
Last der Anbieter
unelastische Nachfrage
Menge
149
Einführung VWL 2006/07
Steuerinzidenz
Preis
unelastisches Angebot
Last der
Nachfrager
Last der Anbieter
Menge
150
Einführung VWL 2006/07
Steuerinzidenz
Allgemein gilt:
Grund:
die relativ weniger elastische Marktseite trägt den größeren Teil der
Steuerlast.
Ist eine Marktseite vollkommen elastisch, so trägt die andere Seite die
gesamte Steuerlast.
Bei geringer Elastizität kann die entsprechende Marktseite der
Besteuerung weniger gut ausweichen.
Was bedeutet das für die Zusatzlast?
Bei vollkommen unelastischer Nachfrage (Angebot) entsteht keine
Zusatzlast
Grund:
Da die Menge nicht reagiert, werden alle Tauschoptionen weiterhin
wahrgenommen!
151
Einführung VWL 2006/07
Steuerinzidenz
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der
Inzidenzanalyse für die Besteuerung?
Verteilung der Steuerlasten nicht so klar, wie es oft
behauptet wird.
Tragen die Reichen die Last einer Luxussteuer auf Segeljachten?
 Oder doch die Arbeiter in den deutschen Jachtwerften?
Bei der Besteuerung muss auf die Zusatzlasten geachtet
werden.
Höhe der Zusatzlast hängt von der Art der Besteuerung ab!
Mehr dazu in der Vorlesung „Finanzwissenschaft“
152
Einführung VWL 2006/07
4.2 Eingriffe in die Preisbildung
4.2.1 Mindestpreise
Mankiw Kap. 6
Klar:
Damit ein Mindestpreis Wirkung
zeigen kann, muss er über dem
Gleichgewichtspreis liegen!
Dann aber:
verursacht der Mindestpreis einen
Angebotsüberschuss und einen
Effizienzverlust
Die Graphik zum Mindestpreis
kennen wir schon aus Folie 132:
Preis
Konsumentenrente
Angebot
pH
pi
Effizienzverlust
Produzentenrente
Grund:
Nachfrage
xi
Vorteilhafte Tauschmöglichkeiten zu Preisen unter dem Mindestpreis
bleiben ungenutzt!
Menge
153
Einführung VWL 2006/07
Mindestpreise
Wichtige Form des Mindestpreises: Mindestlohn
Lohn
Überangebot =
Arbeitslosigkeit
Arbeitsangebot
Mindestlohn
Arbeitsnachfrage
154
Arbeitsmenge
Einführung VWL 2006/07
Mindestpreise
Mindestlohn wirkt sich nur auf einem Teil des Arbeitsmarktes
aus.
Nur relevant für gering qualifizierte mit niedrigem Einkommen.
USA, Frankreich:
gesetzlicher Mindestlohn
Deutschland
Expliziter Mindestlohn im Baugewerbe und Reinigungsgewerbe
Ansonsten: Impliziter Mindestlohn durch die Transferleistungen
 Unter Hartz IV wird es kein Arbeitsangebot geben
Beachte:
Für die Arbeitsnachfrage ist nicht der (Netto-) Lohn entscheidend,
sondern die gesamten Arbeitskosten:
Nettolohn + Lohnsteuer + Sozialabgaben (AG und AN-Anteil)
155
Einführung VWL 2006/07
Mindestpreise
Arbeitslosigkeit gering qualifizierter im internationalen Vergleich
Quelle: OECD
20%
18%
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
Fr
an
ce
G
er
m
an
y
ai
n
Sp
Be
lg
iu
m
C
an
ad
a
Fi
nl
an
d
at
es
d St
Ita
ly
U
ni
te
U
ni
Ja
pa
te
d n
K
in
gd
om
A
us
tr
al
ia
D
en
m
ar
k
A
us
tr
ia
re
ec
e
G
K
or
ea
et
he
rla
nd
s
N
or
w
N
ay
ew
Z
ea
la
nd
Po
rt
ug
Sw
al
itz
er
la
nd
Sw
ed
en
Ir
el
an
d
0%
N
Unemployment Rate
16%
Country
low‐skilled unemployment
general unemployment
156
Einführung VWL 2006/07
Mindestpreise
Extrem hohe Arbeitslosigkeit bei gering qualifizierten hat
etwas mit den sehr hohen faktischen Mindestlöhnen zu tun.
Anteil der Sozialabgaben an den gesamten Arbeitskosten: 42%!
Haben weitgehend den Charakter einer Strafsteuer auf Arbeit.
Auswege?
Aktivierende Sozialhilfe des Ifo-Institutes
Vorschlag des Sachverständigenrates (sehr ähnlich)
Magdeburger Alternative (anderer Ansatz)
Für Interessierte:
Schöb, R., Weimann, J., Arbeit ist machbar. Die Magdeburger Alternative:
Eine sanfte Therapie für Deutschland, 4. Aufl. 2006.
157
Einführung VWL 2006/07
Mindestpreise
Weitere Mindestpreise: Europäischer Agrarmarkt
Beispiel Zuckermarktordnung
Garantiert Mindestpreis, der deutlich über dem Weltmarktpreis liegt.
Weltmarktpreis Zucker:
EU-Interventionspreis:
ca. 210 €/t
ca. 630 €/t
Anders als beim Mindestlohn:
Preisgarantie wird verbunden mit flankierenden Maßnahmen:
 Abnahmegarantie (produziert Milchseen und Fleischberge)
 Einfuhrbeschränkungen (Anbieter außerhalb der EU haben keine Chance!)
Beides notwendig, weil sonst die Mindestpreise wirkungslos blieben!
Am Arbeitsmarkt bleibt das Überangebot einfach „liegen“.
158
Einführung VWL 2006/07
4.2.2 Höchstpreise
Auch hier kennen wir die
Graphik schon (Folie 133)
Preis
Konsumentenrente
Angebot
Klar:
Damit ein Höchstpreis Wirkung
zeigen kann, muss er unter dem
Gleichgewichtspreis liegen!
Dann aber:
verursacht der Höchstpreispreis einen
Nachfrageüberschuss und einen
Effizienzverlust
pi
Effizienzverlust
Preis unter den
Grenzkosten
pU
Produzentenrente
xU
Nachfrage
Menge
Grund:
Vorteilhafte Tauschmöglichkeiten zu Preisen über dem Höchstpreis bleiben
ungenutzt!
159
Einführung VWL 2006/07
Höchstpreise
Wichtiges Beispiel für Höchstpreise: Wohnungsmarkt
Mietpreisbindung
Mieten können nicht frei verhandelt werden, sondern sind an den
örtlichen Mietspiegel gebunden.
 Mieterhöhungen sind ebenfalls nicht beliebig möglich.
Wirkung:
Wohnungsangebot bleibt hinter der Wohnungsnachfrage zurück
 Zu beobachten in westdeutschen Großstädten
 In Ostdeutschland dagegen Überangebot durch steuerlich induzierten
Bauboom in der Nachwendezeit.
160
Einführung VWL 2006/07
Fazit:
Staatliche Eingriffe haben fast immer Effizienzeinbußen zur Folge
Dennoch sind sie mitunter unvermeidlich
Tendenziell bedürfen aber Staatseingriffe einer besonderen Begründung, weil
sie
Insbesondere muss der Staat Steuern erheben, obwohl das mit Zusatzlasten
verbunden ist.
Freiheitsrechte einschränken
Ineffizienz erzeugen
Insbesondere Eingriffe in die Preisbildung sind allerdings nur sehr schwer zu
rechtfertigen
Mehr zu diesem Thema später im Kapitel zu „Marktversagen“
161
5. Vollkommener und
eingeschränkter Wettbewerb
Einführung VWL 2006/07
5.1 Wettbewerbsmärkte
(Mankiw Kap. 14)
Marktform der „vollkommenen Konkurrenz“
Idealtypus, d.h. kommt so in der Realität höchst selten vor.
Kennzeichen:
Beide Seiten verhalten sich als „Preisnehmer“ und „Mengenanpasser“
Große Anzahl von Anbietern und Nachfragern
Der Preis bildet sich am Markt als Gleichgewichtspreis in Abhängigkeit von der
Gesamtnachfrage und dem Gesamtangebot
An diesen Preis passt sich der einzelne Anbieter und der einzelne Nachfrager an.
Deshalb muss immer zwischen der Gesamtnachfrage und der so genannten
„konjekturalen Nachfrage“ unterschieden werden.
Letztere ist die, mit der sich das einzelne Unternehmen konfrontiert sieht!
163
Einführung VWL 2006/07
5.1.1 Die kurzfristige Angebotsentscheidung im
Wettbewerbsmarkt
Wettbewerbsunternehmen entscheiden nur über die Menge, die sie
anbieten.
Der Preis ist aus ihrer Sicht exogen.
Da sich der Preis nicht ändert, wenn die Menge variiert wird, ist der Erlös für
das erste Stück der gleiche wie für das n-te Stück und deshalb:
Preis = Durchschnittserlös = Grenzerlös
Die Grenzerlöskurve ist damit eine horizontale Gerade!
Gewinn = Erlös – Kosten
Für x – Menge und p – Preis sowie K(x) – Kosten für x:
π(x) = px – K(x)
164
Einführung VWL 2006/07
Kurzfristige Angebotsentscheidung
Anbieter wählt seine Menge so, dass der Gewinn maximal wird.
Formal: Bestimme die notwendige Bedingung für ein
Gewinnmaximum.
dπ
dK ( x) !
= p−
=0 ⇒
dx
dx
dK ( x)
p=
= GK
dx
Das Gewinnmaximum ist erreicht, wenn gilt Preis = Grenzkosten!
Intuitive Interpretation:
Wenn die nächste verkaufte Einheit einen Erlös bringt (Grenzerlös = Preis), der
größer ist als die Kosten zur Herstellung dieser Einheit, dann steigert eine
weitere Einheit den Gewinn.
Ist der Erlös kleiner als die Kosten, steigt der Gewinn, wenn weniger
produziert wird.
Gewinnmaximum offensichtlich dann wenn Grenzerlös (Preis) = Grenzkosten
165
Einführung VWL 2006/07
Kurzfristige Angebotsentscheidung
Preis
Grenzkosten
Durchschnittskosten
Preis = Erlös pro Stück
Gewinn
Kosten pro Stück
Gewinnmaximale Menge
Menge
166
Einführung VWL 2006/07
Kurzfristige Angebotsentscheidung
Was geschieht, wenn der Preis ceteris paribus steigt?
Z.B. weil die Nachfragekurve sich nach rechts verschiebt.
Preis
Grenzkosten
P2
P1
Der neue Angebotspunkt liegt
wiederum auf der GK-Kurve,
d.h. die Angebotskurve ist
identisch mit der GK-Kurve
167
Menge
Einführung VWL 2006/07
5.5.2 die langfristige Angebotsentscheidung im
Wettbewerbsmarkt
Preis
Grenzkosten
Durchschnittskosten
Preis = Erlös pro Stück
Gewinn
Kosten pro Stück
Gewinnmaximale Menge
Im Ergebnis:
Menge
Bisher: Anbieter im Wettbewerbsmarkt
erzielt einen Gewinn, weil der Preis über
den Stückkosten liegt.
Frage:
Welche Anreize gehen davon aus?
1. Bereits im Markt befindliche
Unternehmen weiten die Kapazität aus
(Verschiebung der DK-Kurve nach
rechts).
2. Neue Unternehmen haben Anlass in
den Markt einzutreten.
• Zu jedem Preis wird mehr angeboten, d.h. die Angebotsfunktion
verschiebt sich nach rechts.
• Der Preis fällt.
168
Einführung VWL 2006/07
Langfristige Angebotsentscheidung
Preis
Grenzkosten
Durchschnittskosten
Kurzfristiger Preis
Langfristiger Preis
Langfristige Gleichgewichtsmenge
Menge
Menge
169
Einführung VWL 2006/07
Langfristige Angebotsentscheidung
Preis
Im langfristigen Gleichgewicht
Grenzkosten
Durchschnittskosten
gilt:
• Preis = DK = GK
Kurzfristiger Preis
• Gewinn fällt nicht mehr an
Langfristiger Preis
• Es gibt keine Anreize für Markteintritt
oder Kapazitätsausweitung mehr
Langfristige Gleichgewichtsmenge
Menge
Menge
Resultat:
• Im Wettbewerbsgleichgewicht herrschen Grenzkostenpreise (sichert Effizienz).
• Wird mit minimalen Stückkosten produziert.
• Langfristig ist die Angebotsfunktion mit den minimalen DK identisch.
• Unternehmen machen zwar keinen „Gewinn“, aber verdienen alle Faktorkosten,
einschließlich der Opportunitätskosten der Unternehmer.
•Voraussetzung ist insbesondere freier Marktzugang.
170
Einführung VWL 2006/07
5.2 Monopol
Ein reines Monopol ist fast so selten wie ein vollkommener
Wettbewerbsmarkt.
Kann nur entstehen, wenn es möglich ist, den Markteintritt von Wettbewerbern
zu verhindern.
Gründe dafür:
Aber auch dann fast immer „Substitutionswettbewerb“
Produktion patentierter Güter,
alleinige Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren (Kautschuk Monopol),
staatliche Monopolgarantie (Bahn AG, Energieversorger, etc.)
Bahn konkurriert mit Flugzeug und Auto, patentierte Arzneimittel mit alternativen
Wirkstoffen, etc.
Monopol ist deshalb ebenso idealtypisch wie vollkommener Wettbewerb.
171
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Der entscheidende Unterschied zum Wettbewerbsmarkt:
Für den Monopolisten ist die Gesamtnachfrage identisch mit der konjekturalen.
Folge: Der Monopolist ist kein Preisnehmer.
Wenn er die Menge verändert, hat das Auswirkungen auf den Preis.
Es gilt deshalb Preis = Durchschnittserlös ≠ Grenzerlös!
Wie im Wettbewerbsmarkt bestimmt auch der Monopolist sein Angebot nach
der Regel:
Grenzerlös = Grenzkosten
(notwendige Bedingung für ein Gewinnmaximum)
aber das impliziert:
Grenzerlös = Grenzkosten ≠ Preis!
Damit kann das Angebot des Monopols nicht effizient sein!
172
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Für die Grenzerlöse gilt:
dE ( x) dp ( x)
x + p ( x) = GE
=
dx
dx
dGE ( x)
dp ( x) d 2 p ( x)
x
=2
+
2
dx
dx
dx
1
42
4
3
E ( x) = p ( x) x ⇒
<0
für p(x) = A – bx (lineare Nachfrage):
E ( x) = p( x) x = Ax − bx 2
⇒
dE ( x)
= A − 2bx = GE
dx
dGE ( x)
= −2b
dx
GE ( x) = 0 ⇒ x =
A
2b
173
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Preis
Grenzerlöse
Monopolpreis
C
Grenzkosten =Durchschnittskosten
Wettbewerbspreis
Nachfrage
A/2b
Monopolmenge
Wettbewerbsmenge
A/b
Menge
174
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Vergleich Monopol vs. Wettbewerb
Der Monopolist kann seine starke Position ausnutzen
Im Monopol ist die Menge kleiner, dafür
ist der Monopolpreis höher als der Wettbewerbspreis.
Er generiert eine Monopolrente, d.h.
einen Gewinn der über die Opportunitätskosten und die Faktorentgelte hinaus
geht.
Verdacht liegt nahe, dass Monopole nicht effizient sind
Schon allein deshalb, weil sie keine Grenzkostenpreise erzeugen
Wenn der Preis über den GK liegt, ist es möglich, die Produktion zu erhöhen, den
Preis zu senken und dadurch vorteilhafte Tauschvorgänge zu realisieren!
Graphische Illustration des Effizienzverlustes:
Harberger Dreieck
175
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Preis
Konsumentenrente
C
Monopolpreis
Harberger Dreieck = Effizienzverlust
Monopolrente
Grenzkosten =Durchschnittskosten
Wettbewerbspreis
Monopolmenge
Wettbewerbsmenge
Menge
176
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Wovon hängt die Höhe des Effizienzverlustes ab?
Nicht zuletzt von der Art der Nachfrage!
π ( p) = pm x( pm ) − K ( x( pm )) Gewinn
Notwendige Bedingung für ein Gewinnmaximum :
dK ( x( pm )) dx( pm )
dπ ( p ) dx( pm )
pm + x ( pm ) −
=
=0
dp
dpm
dx
dp
m
14243
K′
pm − K ′ = −
x ( pm )
dx( pm )
dpm
oder
pm − K ′
x ( pm )
1
1
1
=−
= =
pm
pm dx( pm ) η Preiselastizität der Nachfrage
dpm
(*)
177
Einführung VWL 2006/07
Monopol
Der Monopolist nimmt einen Aufschlag auf die Grenzkosten
vor.
Dadurch weicht er von der effizienten Lösung ab.
Um so weiter, je größer dieser Aufschlag.
Auf der linken Seite der Gleichung (*) steht die relative Abweichung
vom Wettbewerbspreis.
Diese ist umgekehrt proportional zur Preiselastizität der Nachfrage!
Das bedeutet: Je elastischer die Nachfrage auf Preiserhöhungen reagiert,
um so weniger kann der Monopolist vom Wettbewerbspreis abweichen.
Die Marktmacht des Monopolisten hängt damit wesentlich von der
Preiselastizität der Nachfrage ab!
Bei Gütern, für die enge Substitute existieren, ist die Elastizität hoch
und damit die Monopolstellung nicht sehr mächtig.
178
Einführung VWL 2006/07
5.3 Oligopole
Mankiw Kap. 16, Weimann Kap. 7.1
In oligopolistischen Märkten ist die Anzahl der Anbieter klein.
Entscheidender Punkt:
Es kommt zu strategischen Interaktionen zwischen den Anbietern.
Die optimale Preis- oder Mengenentscheidung des Anbieters i hängt davon
ab, was j tut und gleichzeitig ist die Entscheidung von j davon abhängig,
was i tut!
Diese strategische Interaktion lässt sich mit spieltheoretischen Modellen
beschreiben.
Analyse solcher Märkte ist Gegenstand des so genannten „Industrial
Organisation“ (IO).
Das „Arbeitspferd“ der IO: Cournot-Modell
179
Einführung VWL 2006/07
5.3.1 Cournot-Modell
Modell beschreibt in der einfachsten Variante das Verhalten
von zwei Anbietern
Man spricht von einem Duopol.
Die strategische Variable der Unternehmen ist die Produktionsmenge
(q1 und q2).
Der Preis bildet sich am Markt in Abhängigkeit von der Gesamtmenge
Inverse Nachfrage:
p = p(q1 , q2 )
Gewinn von Unternehmen i:
π i (q1 , q2 ) = p(q1 , q2 )qi − C (qi ) , i = 1, 2
Dabei sind C(q) die Kosten für die Produktion von q
180
Einführung VWL 2006/07
Cournot-Modell
Reaktionsfunktion [Rj (qi)]:
Ordnet jeder Mengenentscheidung des i die jeweils beste Antwort des j zu:
Gegeben qi, ist die beste Antwort das qj, bei dem der Gewinn des j maximal wird.
Im Nash-GG muss gelten:
( )
R (q ) = q
Ri q*j = q*i
j
*
i
*
j
Die Mengenentscheidung von i muss beste Antwort auf die Menge von j sein
und die Menge von j muss gleichzeitig beste Antwort auf die Menge des i
sein!
Beste Antwort ist die Menge, die den Gewinn maximiert!
181
Einführung VWL 2006/07
Cournot-Modell
Notwendige Bedingung für Gewinnmaximum:
π ii (Ri (q j ), q j ) = 0
π ii (Ri (q j ), q j ) = p (qi , q j ) − Ci′(qi ) + qi p′(qi , q j ) = 0
1
424
3
142<043
(* )
(* * )
inf ram arg inal
Reaktionsfunktion bestimmt sich implizit aus (*).
Damit können wir das Implizite Funktionen Theorem
anwenden, um etwas über die Steigung der Reaktionsfunktion
zu erfahren:
( ( ) )
( ( ) )
π ij Ri q j , q j
dRi
=
dq j − π iii Ri q j , q j
14243
i
<0
(* * * )
182
Einführung VWL 2006/07
Cournot-Modell
Damit hängt die Steigung der Reaktionsfunktion allein vom
sign Rij = sign π iji
Vorzeichen des Zählers in (***) ab:
Steigt der Grenzgewinn in qj:
Reaktionsfunktion steigt
Ö Strategisches Komplement
Bietet j mehr an, tut dies auch i.
Fällt der Grenzgewinn in qj
Reaktionsfunktion fällt
Ö Strategisches Substitut
Je mehr j anbietet, um so weniger bietet i an.
Dieser Fall ist für das Cournotmodell der relevante:
Æ Bietet j die Wettbewerbsmenge (Maximalmenge) an: qi = 0
Æ Bietet j nichts an, wählt i die Monopolmenge!
Æ Folglich wird die Reaktionsfunktion beider Spieler fallen
183
Einführung VWL 2006/07
Cournot-Modell
R2, q2
qWettbewerb
R1
qMonopol
Cournot-Gleichgewicht
R2
qMonopol
qWettbewerb
R1, q1
184
Einführung VWL 2006/07
Cournot-Modell
Resultate:
Für den Fall identischer Kosten und linearer Nachfrage gilt:
Bei zwei Anbietern wird insgesamt 2/3 der Menge S angeboten, die im
Wettbewerbsfall resultiert.
Für n > 2 Anbieter resultiert die Gesamtangebotsmenge:
1 ⎞
⎛
Q = ⎜1 −
⎟S
⎝ n + 1⎠
Mit wachsendem n nähert sich die Cournot-Menge
der Wettbewerbsmenge
185
Einführung VWL 2006/07
5.3.2 Andere Oligopolmodelle
Bertrand Modell
Unterschied zu Cournot:
Unternehmen entscheiden nicht über die Menge, die sie anbieten, sondern
über den Preis.
Führt dazu, dass unter bestimmten Bedingungen Grenzkostenpreise
resultieren.
Stackelberg Modell
Ähnlich wie Cournot, aber
Unternehmen entscheiden nacheinander
Stackelberg-Führer entscheidet zuerst, der zweite Anbieter passt sich der
Entscheidung des ersten an.
Der zuerst zieht, hat hier einen strategischen Vorteil!
186
Einführung VWL 2006/07
5.4
Monopolistische Konkurrenz
Mankiw Kap. 17
Monopolistische Konkurrenz ist charakterisiert durch:
Große Zahl von Anbietern.
Produktdifferenzierung
Die Anbieter bieten ähnliche, aber nicht gleiche Güter an
 Bücher, CD, Waschmittel etc.
Freier Marktzugang
Im Prinzip kann jedes Unternehmen ein neues Produkt erzeugen und auf den Markt
eintreten
Diese Marktform unterscheidet sich von allen bisher diskutierten, hat aber
auch Elemente aller dieser Marktformen:
Wie im Wettbewerbsmarkt große Zahl von Anbietern
Wie im Monopol kein Preisnehmerverhalten
Wie im Oligopol eine fallende konjekturale Nachfrage
187
Einführung VWL 2006/07
Monopolistische Konkurrenz
Fallende Nachfrage nach dem differenzierten Gut eines Anbieters
Angebotspunkt ermittelt durch GE = GK:
Preis
Grenzkosten
Durchschnittskosten
Preis
Gewinn
Grenzerlös
188
Angebotsmenge
Menge
Einführung VWL 2006/07
Monopolistische Konkurrenz
Kurzfristig entsteht ein Gewinn
ähnlich wie im kurzfristigen Wettbewerbsgleichgewicht
Dieser führt zu weiteren Markteintritten
Neue Anbieter bieten Substitute zu den vorhandenen Produkten an.
Beispiel Schokoriegel: Früher gab es nur „Mars“ und „Nuts“
Führt dazu, dass sich die Nachfrage für den einzelnen Anbieter verringert, d.h.
die konjekturale Nachfragekurve verschiebt sich nach links!
Dieser Prozess dauert so lange an, wie Gewinne erzielt werden, d.h.
das langfristige Gleichgewicht ist dann erreicht, wenn Preis = DK gilt und
damit kein Gewinn mehr realisiert wird!
189
Einführung VWL 2006/07
Monopolistische Konkurrenz
Das langfristige Gleichgewicht:
Grenzkosten
Preis
Durchschnittskosten
Preis
Effiziente Lösung: Grenzkostenpreis
Grenzerlös
190
Angebotsmenge
Menge
Einführung VWL 2006/07
Monopolistische Konkurrenz
Wie ist die monopolistische Konkurrenz zu bewerten?
Klar: Das Effizienzziel wird verfehlt
Aber: Produktdifferenzierung schließt die Entwicklung neuer Produkte
ein!
Dazu gibt es in der monopolistischen Konkurrenz offensichtlich starke
Anreize!
Der Wettbewerb als
Dazu wären Grenzkostenpreise notwendig
Suchverfahren
Prozess der „schöpferischen Zerstörung“
wird durch das Modell gut abgebildet.
Unter dem Aspekt der dynamischen Anreizwirkung ist deshalb die
monopolistische Konkurrenz nicht so schlecht!
191
6. Haushaltstheorie
Einführung VWL 2006/07
6.1
Entscheidungen des Haushalts
Mankiw Kap. 21
Haushalte (Konsumenten) treffen diverse
Entscheidungen:
Wie erziele ich Einkommen?
Arbeitsangebotsentscheidung
 Abwägung Freizeit – Arbeit
Wie verwende ich Einkommen?
Was konsumiere ich?
 Wahl unter alternativen Güterbündeln
Wann konsumiere ich?
 Intertemporale Abwägung zwischen Konsum und Sparen
193
Einführung VWL 2006/07
Jede dieser Entscheidungen lässt sich weiter
differenzieren
Beispiel Arbeitsangebot:
Entscheidung beinhaltet nicht nur die Frage, wie viel Arbeit
angeboten wird, sondern auch die Frage, welche Arbeit angeboten
wird.
 Investition in Humankapital verändert das Arbeitsangebot.
Sparentscheidung
Konsumverzicht = Investition
 Welches Risiko bin ich bereit einzugehen?
…
194
Einführung VWL 2006/07
6.2 Konsumentscheidung bei gegebenen Preisen
und gegebenem Einkommen
Gegebenes Einkommen:
Gegebene Preise:
Die Frage, wie das Einkommen erzielt wird, spielt keine Rolle.
Konsument wird als Preisnehmer modelliert (ist realistisch).
Sparentscheidung wird nicht behandelt
Gesamtes Einkommen wird für den Konsum verwendet.
195
Einführung VWL 2006/07
Was tut der Konsument?
Er wählt von den Güterbündeln, die er sich leisten kann,
dasjenige aus, das für ihn das beste ist.
Das ist das, was wir tun, wenn wir im Supermarkt sind oder im Internet
shopen!
Unser Haushaltsmodell muss also zwei Dinge abbilden, um
den Konsumvorgang idealtypisch zu beschreiben:
Was der Konsument sich leisten kann
Was das Beste für den Konsumenten ist
Geschieht mit Hilfe der Budgetbeschränkung
Geschieht durch Angabe einer Präferenzordnung
Wir betrachten den einfachsten Fall: Zwei Güter
196
Einführung VWL 2006/07
Budgetbeschränkung bei zwei Gütern: Budgetgerade
Menge des
Gutes 1: x
Budgetgerade:
I = pxx + pyy
px – Preis von Gut 1
Budgetmenge
py – Preis von Gut 2
I - Einkommen
Menge des
Gutes 2: y
197
Einführung VWL 2006/07
Die Steigung der Budgetgeraden wird bestimmt
durch das Preisverhältnis:
py
I
x=
−
y
px px
Interpretation:
Das Preisverhältnis beschreibt das Austauschverhältnis, das bei
gegebenen Preisen am Markt realisiert werden kann.
Die Lage der Budgetgeraden wir durch das Einkommen I
bestimmt.
für y = 0 gibt I/px den Schnittpunkt mit der x-Achse an
für x = 0 gibt I/py den Schnittpunkt mit der y-Achse an
198
Einführung VWL 2006/07
I3
I1
I2
x
px
Einkommen steigt
px
px
Einkommen sinkt
I2
py
I1
py
I3
py
y
199
Einführung VWL 2006/07
x
Veränderung des relativen Preises
(Gut 2 wird teurer (billiger))
y
200
Einführung VWL 2006/07
Die Präferenzen des Haushalts
Wir unterstellen, dass der Haushalt über alle möglichen
Güterbündel z = (x, y|x ≥ 0; y ≥ 0) eine Präferenzordnung
besitzt, mit den Eigenschaften:
1.
2.
Reflexiv: zi ist mindestens so gut wie zi
Transitiv: Aus zi besser als zm und zm besser als zk folgt dass
zi besser als zk ist.
Vollständig: für beliebige zi und zk mit zi ≠ zk kann
angegeben werden, ob zi besser zk oder zk besser zi oder
beides (Indifferenz)
3.
201
Einführung VWL 2006/07
Nutzenfunktion
Wir bilden die Präferenzordnung mit einer Nutzenfunktion U(x, y) ab,
für die angenommen wird:
Ux, Uy > 0
und
´d
Ux
Uy
dy
<0
Beispiele für spezielle Nutzenfunktionen:
Perfekte Substitute:
U(x, y) = x + y
Perfekte Komplemente:
U( x, y) = min {x, y}
Cobb-Douglas Nutzenfunktion:
U(x, y) = c xαy1-α
202
Einführung VWL 2006/07
Dargestellt wird die Nutzenfunktion häufig durch die so
genannten Indifferenzkurven.
Das ist der geometrische Ort gleichen Nutzens im (x, y) Raum.
Sie sind konvex zum Ursprung (sichert die zweite Bedingung) und
sie schneiden sich nicht (folgt aus der Transitivität der
Präferenzordnung).
x
Be
ss
er
m
en
ge
n
y
203
Einführung VWL 2006/07
x
Indifferenzkurven
Nutzenindex Ui
wächst
{ (x, y )U (x, y ) = U
i
}
= const.
U3
U2
y
Jeder Punkt auf der Indifferenzkurve mit dem Nutzenindex U3 wird jedem
Punkt auf der Indifferenzkurve mit dem Nutzenindex U2 vorgezogen
204
Einführung VWL 2006/07
Indifferenzkurven schneiden sich nicht
x
Beweis:
Aus A ~ B und B ~ C folgt (Transitivität) dass A ~ C.
Das ist aber nicht möglich weil A und C nicht auf der
gleichen Indifferenzkurve liegen
A
B
C
y
205
Einführung VWL 2006/07
x
Die Steigung der Indifferenzkurve
Die Indifferenzkurvenfunktion ist eine implizite
Funktion von x und y:
U ( x, y ) = U i
Die Ableitung dieser Funktion ermittelt man mit Hilfe
des impliziten Funktionen Theorems:
∂U
dx
∂x = − U x
=−
∂U
dx
Uy
∂y
y
Annahmegemäß fällt die Ableitung dem Betrag nach
(wird flacher)
206
Einführung VWL 2006/07
Interpretation
Den Betrag der Steigung der Indifferenzkurve nennt man die
Grenzrate der Substitution (abgekürzt GRS)
Die GRS ist ein Austauschverhältnis der beiden Güter
genau wie die Steigung der Budgetgerade ein Austauschverhältnis war
Die GRS gibt aber nicht das Verhältnis an in dem die beiden Güter bei
gegebenen Marktpreisen substituiert werden können, sondern das
Verhältnis, in dem der Austausch erfolgen muss, wenn man trotz
Substitution der Güter auf dem gleichen Nutzenniveau bleiben will!
Damit lässt sich die Krümmung der Indifferenzkurve gut interpretieren:
Je mehr man von Gut x im Verhältnis zu Gut y hat, um so weniger y
braucht man, um den Verlust von einer Einheit x auszugleichen!
Das relativ knappere Gut ist relativ wertvoller!
207
Einführung VWL 2006/07
x
Die Grenzrate der Substitution fällt, d.h. man
braucht immer mehr von Gut y, um den Verlust
einer Einheit von x zu kompensieren.
1
1
y
Δy1
Δy2
208
Einführung VWL 2006/07
Spezielle Indifferenzkurven
x
Perfekte Substitute
Perfekte Komplemente
y
209
Einführung VWL 2006/07
Das Haushaltsoptimum
Wir können jetzt beschreiben, was sich der Haushalt leisten
kann
Wir können auch beschreiben, welche Präferenzen der
Haushalt hat
Mit der Budgetgeraden
Mit dem Indifferenzkurvensystem
Also können wir jetzt auch beschreiben, wie es aussieht, wenn
sich der Haushalt das Güterbündel aussucht, dass das beste ist,
das er sich leisten kann.
Erst graphisch, dann mathematisch!
210
Einführung VWL 2006/07
Alle Punkte auf der blauen Budgetgeraden können erreicht werden
x
Gewählt wird der Punkt, in dem der höchste
Nutzenindex erreicht wird!
Dieses Güterbündel wird allen anderen erreichbaren
Bündeln vorgezogen!
U3
U2
y
Bedingung für ein Haushaltsoptimum ist offensichtlich, dass das
Preisverhältnis (die Steigung der Budgetgeraden) gleich der GRS
sein muss!
211
Einführung VWL 2006/07
Formal
Aufgabe: wähle die Güterkombination (x, y), die den Nutzen U( x, y) bei
gegebenem Einkommen und gegebenen Preisen maximiert:
U ( x, y ) → max! u.d .N
px x + p y y = I
Lösung mit der
Methode von
Lagrange:
L = U (x, y ) + λ (I − p x x − p y y )
∂L ∂U
=
− λ px = 0
∂x ∂x
∂L ∂U
=
− λ py = 0
∂y ∂y
U
p
⇒ x = x
U y py
GRS = Preisverhältnis
212
Einführung VWL 2006/07
Interpretation
x
Budgetgerade
Durch Substitution zu
herrschenden Preisen kann ein
Punkt oberhalb der
Indifferenzkurve erreicht werden
Steigung ≠ GRS
U3
U2
y
213
Einführung VWL 2006/07
Randlösung: Perfekte Substitute
x
Indifferenzkurve
Budgetgerade
Randlösung
y
214
Einführung VWL 2006/07
Die Nachfrage des Haushalts
x
Mit steigendem Preis fällt die
nachgefragte Menge
U3
U2
y1
y2
y3
y
215
Einführung VWL 2006/07
Haushaltsnachfrage und aggregierte Nachfrage
p
a
b
y
a+b
• Die Gesamtnachfrage ergibt sich aus der horizontalen Aggregation der
Haushaltsnachfragen
Auch die Gesamtnachfrage ist eine fallende Funktion des Preises!
216
7. Produktions- und
Kostentheorie
Einführung VWL 2006/07
7.1 Die Produktionsfunktion
Wenn wir uns das Modell für Unternehmen ansehen, dann müssen wir die
VWL und die BWL-Perspektive unterscheiden!
Die Methodik sollte in beiden Bereichen gleich sein!
Der Erkenntnisgegenstand unterscheidet sich aber!
BWL: Innenansicht des Unternehmens
Perspektive aus der „Sicht des Unternehmens“
VWL: Außenansicht von Unternehmen
Perspektive aus der „Vogelsicht“
Beispiele
Besteuerung:
VWL fragt nach der Besteuerung, die die wenigsten Effizienzeinbußen verursacht.
BWL thematisiert, wie sich Unternehmen möglichst effizient an bestehende
Besteuerung anpasst.
Märkte:
BWL thematisiert das Verhalten des Unternehmens als Anbieter auf Märkten
VWL interessiert welche Effizienzeigenschaften bestimmte Marktformen haben
218
Einführung VWL 2006/07
Für die VWL ist das Unternehmen eine schwarze Kiste
Inputs
Unternehmen
Outputs
Was in der schwarzen Kiste geschieht, wird durch eine so
genannte Produktionsfunktion beschrieben, die sehr grob
und sehr vereinfacht alles das abbildet, was den
Betriebswirt im Detail interessiert!
F(k, l) = x
F = Produktionsfunktion mit den Inputs Kapital (k) und
Arbeit (l) und der Produktion x.
219
Einführung VWL 2006/07
Eigenschaften der Produktionsfunktion
Annahme:
F(k, l) zweimal stetig differenzierbar
Beispiel: Cobb-Douglas Produktionsfunktion:
F (l , k ) = cl α k β
 Erste Ableitung gibt die Grenzproduktivität an:
∂f (l , k )
= αcl α −1k β = Fl > 0
∂l
∂F (l , k )
= βcl α k β −1 = Fk > 0
∂k
Ökonomische Interpretation?
220
Einführung VWL 2006/07
Für α , β < 1 ist die zweite Ableitung < 0, d.h. der
Grenzertrag nimmt ab!
F(l, k)
bei
n
o
i
t
funk riation.
s
n
o
rv a
u k ti
Prod ler Fakto (hier k)
or
re
iel
part ein Fakt er ande
rt, d
N ur
e
i
i
r
va
x.
wird
ist fi
itiv,
s
o
p
ist
g
a
r
t
r ab
zer
e
n
b
e
a
r
t
G
nimm
rlauf
e
V
cher
i
l
z
t
gese
s
g
a
Ertr
k
221
Einführung VWL 2006/07
Produktionsfunktion bei totaler Faktorvariation:
Beantwortet die Frage:
Ö Wie verändert sich der Output, wenn der Einsatz aller Faktoren um den
gleichen Faktor verändert wird?
Voraussetzung für die Antwort:
Ö Neoklassische Produktionsfunktionen sind homogen vom Grade r, d.h.
F (λl , λk ) = λ F (l , k )
r
Ö Wenn der Einsatz aller Faktoren um das λ-fache verändert wird, dann steigt
der Output um das λr-fache.
222
Einführung VWL 2006/07
Skalenerträge
Beispiel Cobb-Douglas:
F ( λl , λk ) = c (λl )α (λk )β = λα + β cl α k β = λα + β F (l , k )
Homogenitätsgrad:
r =α + β
 Für die Skalenerträge ist entscheidend, ob r > = oder < 1 ist!
 r =1: Konstante Skalenerträge, d.h. verdoppelt sich der Input, verdoppelt sich
auch der Output
 r > 1: Zunehmende Skalenerträge, d.h. verdoppelt sich der Input steigt der
Output um mehr als das Doppelte
 r < 1: Abnehmende Skalenerträge, d.h. bei Verdoppelung der Inputs steigt der
Output um weniger als der Input.
223
lˆ(k )
Einführung VWL 2006/07
Isoquanten
So wie man Nutzenfunktionen durch Indifferenzkurven
abbilden kann, lassen sich Produktionsfunktionen durch
Isoquanten abbilden:
Orte im (k, l) – Raum gleicher Produktionsmenge x*
Die Isoquante zu x* gibt alle Faktorkombinationen (k, l) an, mit denen
x* effizient produziert werden kann.
Formal:
*
lˆ(k ) erfüllt F (lˆ( k ), k ) = x
∂F
dlˆ( k )
= − ∂k < 0
∂F
dk
∂l
dann gilt
die Isoquante fällt.
(Beweis: Implizites Funktionen Theorem)
224
Einführung VWL 2006/07
Isoquantenschaar
l
x1
Isoquanten
verlaufen parallel
und sind konvex
zum Ursprung
x2
l1
Isoquanten
l2
k1
k2
k
225
Einführung VWL 2006/07
Die technische Grenzrate der Substitution
Darunter wird das Austauschverhältnis zwischen den Faktoren bei
konstantem Output verstanden
Technisch handelt es sich um den Absolutbetrag der (negativen)
Isoquantensteigung:
∂F
dlˆ( k )
= ∂k = Technische Grenzrate der Substitution
∂F
dk
∂l
Die TGS verhält sich ähnlich wie die Grenzrate der Substitution beim
Haushaltsproblem:
Entlang der Isoquante wird sie immer kleiner (Kurve wird flacher, d.h. die
Steigung wird größer, aber der Absolutbetrag wird kleiner)
 Um eine Einheit eines Faktor durch den anderen Faktor zu ersetzen erfordert
immer mehr von dem „anderen“ Faktor.
226
Einführung VWL 2006/07
Fallende technische Grenzrate der Substitution
Der Übergang von l1 zu l2
erfordert weniger
zusätzliches Kapital als der
Übergang von l3 zu l4
x1
l1
l2
l3
l4
k1
k2
k3
k4
227
Einführung VWL 2006/07
7.2
Kostenfunktionen
Der Zusammenhang zwischen Produktions- und
Kostenfunktion:
Der Produktionsfunktion F( k, l) ordnet jeder
Faktormengenkombination den damit erreichbaren Output x zu.
Die Kostenfunktion K(x) ordnet jeder Outputmenge x die Kosten zu,
die entstehen, wenn x produziert wird.
Dabei sind die Kosten die Summe der mit Faktorpreisen multiplizierten
Faktormengen plus ggf. anfallende Fixkosten.
Wenn man die Produktionsfunktion umkehrt, liefert sie zu jeder
Outputmenge x die dafür notwendigen Faktormengen.
Das heißt, man erhält die Kostenfunktion, indem man die Umkehrfunktion
der PF bildet, die Faktormengen mit den Faktorpreisen multipliziert und
die Fixkosten addiert!
228
Einführung VWL 2006/07
Arten und Eigenschaften von Kostenfunktionen
Für die Kostenfunktion ist wichtig, ob wir die PF bei partieller
oder vollständiger Faktorvariation betrachten
Kurzfristig eher partiell, weil z.B. der Kapitaleinsatz in der kurzen Frist
nicht variiert werden kann.
Langfristig sollten dagegen alle Faktoren variabel sein.
Unter den üblichen Annahmen an die PF folgt für die
kurzfristige Kostenfunktion:
K(x) ist konvex
Bei Existenz von Fixkosten verlaufen die Durchschnittskosten DK(x) =
K(x)/x U-förmig.
Die Grenzkosten GK(x) = dK(x)/dx steigen und schneiden die DK in
deren Minimum
229
Einführung VWL 2006/07
7.2.1 Kurzfristige Kostenverläufe
K(x)
GK(x)
DK(x)
Fixkosten
x
230
Einführung VWL 2006/07
Grenz- und Durchschnittskosten
K (x )
x
dK ( x ) x − K ( x )
dDK ( x )
GK ( x )x − K ( x )
dx
=
=
=0
2
2
dx
x
x
K (x )
⇒ GK (x )x − K ( x ) = 0 bzw. GK ( x ) =
= DK ( x )
x
DK ( x ) =
Im Minimum der Durchschnittskosten sind diese gleich den
Grenzkosten!
231
Einführung VWL 2006/07
7.2.2 Minimalkostenkombination
Eine Isoquante liefert effiziente Produktionsmöglichkeiten für eine gegebene
Produktionsmenge.
Welche dieser Möglichkeiten soll realisiert werden?
Wie viel soll produziert werden
Mit welchem Faktoreinsatzverhältnis?
Antworten liefert die Minimalkostenkombination
Auswahl der Faktorkombination, mit der eine vorgegebene Menge kostenminimal
produziert werden kann
l
Isokostengerade:
C – Produktionskosten
w – Lohnsatz
C = wl + rk
R – Zinssatz
k
232
Einführung VWL 2006/07
Alle Faktorkombinationen auf der Isokostengeraden sind zu
den gleichen Gesamtkosten realisierbar.
Steigung ist gegeben durch das Faktorpreisverhältnis r/w
Steigung gibt das Austauschverhältnis zwischen l und k an, das bei
gegebenen Faktorpreisen realisiert werden kann.
Interpretation der Isokostengeraden analog zu der Budgetgeraden beim
Haushaltsproblem.
Minimalkostenkombination:
Bei gegebener Produktionsmenge:
Verschiebe die Isokostengerade so, dass sie Tangente an der Isoquante
wird.
Bei gegebenem Budget:
Suche die Isoquante, die erreichbar ist und das höchste Produktionsniveau
aufweist
233
Einführung VWL 2006/07
l
l1, k1 ist die Faktorkombination,
mit der die Menge x1 zu
minimalen Kosten hergestellt
werden kann.
Gleichzeitig ist x1 die maximale
Menge, die mit dem
Kostenaufwand C1 hergestellt
werden kann
x1
C1/w
l1
k1
C1/r
k
234
Einführung VWL 2006/07
Formal:
Damit ist
wl + rk → min
u.d .N x = F (l , k )
L(l , k , λ ) = wl + rk + λ ( x − F (l , k ))
∂L
∂F
= w−λ
=0
∂l
∂l
∂L
∂F
= r −λ
=0
∂k
∂k
Interpretation von λ :
w Fl
⇒
=
Der Lagrange Multiplikator gibt die
r Fk
Veränderung des optimalen
Zielfunktionswertes an, die eintritt, wenn die
w
r
λ= =
bindende Nebenbedingung um eine marginale
F1 Fk
Einheit gelockert wird!
Damit ist λ = GK
235
Einführung VWL 2006/07
Interpretation
1.
Bedingung für Kostenminimalität:
Faktoreinsatzmengen müssen so gewählt werden, dass das
Faktorpreisverhältnis gleich der technischen Grenzrate der
Substitution ist
Das Faktorpreisverhältnis bestimmt damit unmittelbar die Relation,
in der Arbeit und Kapital zur Produktion eingesetzt werden.
Aus der Bedingung λ = w = r = GK
F1 Fk
2.
Daraus folgt für den Wettbewerbsanbieter:
λ=
⇒
w
r
=
= GK = p
F1 Fk
w
w
= p ⇒ Fl =
Fl
p
Grenzproduktivitätstheorie: Produktionsfaktoren
werden mit ihrem Grenzprodukt entlohnt
236
Einführung VWL 2006/07
Entlohnung mit dem Grenzprodukt hat weitreichende
Implikationen!
Für die Faktornachfrage der Unternehmen:
Wenn die realen Faktorkosten steigen, dann reagieren die Unternehmen
darauf.
Um F‘ = w/p sicher zu stellen können sie
 Den Faktoreinsatz reduzieren, denn das erhöht das Grenzprodukt
Wenn die realen Lohnkosten steigen
Wird entweder unmittelbar weniger Arbeit eingesetzt, oder
Der Kapitaleinsatz wird so erhöht, dass die Grenzproduktivität der Arbeit
entsprechend ansteigt
 Das geht aber auch mit einer geringeren Faktornachfrage einher
Substitutionsprozess geht vor allem zu Lasten einfacher Arbeit!
237
Einführung VWL 2006/07
7.2.3 Langfristige Kosten
Der Unterschied zwischen der langen und der kurzen Frist:
Langfristig sind alle Faktoren variabel, kurzfristig nicht.
Entspricht dem Unterschied zwischen der Produktionsfunktion bei
partieller und bei totaler Faktorvariation!
LK(x) = LK( l(x), k(x)), LDK(x), LGK(x)
Offensichtlich hängt der Verlauf von LK von den Skalenerträgen
ab:
r<1
LK(x)
r =1
r >1
x
238
Einführung VWL 2006/07
Relation lang- und kurzfristige Kosten
Es gilt immer: KK(x) ≥ LK(x)
Unterscheidung ist nur auf die Zahl der variablen Faktoren abgestellt.
Das impliziert, dass alle langfristig vorhandenen Kosten auch
kurzfristig existieren.
Da aber kurzfristig nicht alle Faktoren variabel sind, kommt es zu nicht
optimalen Faktorkombinationen. Das erzeugt kurzfristig zusätzliche
Kosten!
Aber:
Es gibt eine Outputmenge, bei der die kurzfristig gegebene
Faktorausstattung der langfristig optimalen Ausstattung entspricht!
In diesem Punkt müssen also lang- und kurzfristige Kosten überein
stimmen!
239
Einführung VWL 2006/07
Lang- und kurzfristige Kosten bei konstanten Skalenerträgen
KK(l(x), k*)
LK(x)
KK(x)
LK(x)
X* ist der Output, für den k* die optimale
Kapitalausstattung ist. Folglich ist KK(x*)
= LK(x*)
X*
x
240
Einführung VWL 2006/07
Kurz- und langfristige Durchschnittskosten
α
X*
KDK = tan α
LDK = konstant
In x* sind LDK = KDK
241
Einführung VWL 2006/07
KK(x) ist für ein festes k definiert:
k1
k2
k3
k4
LDK = konstant
Modifizierte Annahmen für die kurze Frist:
Es bedarf einer Mindestmenge an Kapital
Es gibt kurzfristig eine Höchstmenge an Kapital
Zwischen Mindest- und Höchstmenge ist Kapital variabel
Dann erhält man die sogenannte „Badewannenfunktion“
242
Einführung VWL 2006/07
Badewannenfunktion
LK(x)
KK(x)
KDK
LDK(x)
KGK
Xmin
Xmax
x
243
8. Allgemeine Gleichgewichte,
die Hauptsätze der
Wohlfahrtsökonomie und
Marktversagen
Weimann Kap. 3.3
Einführung VWL 2006/07
8.1 Allgemeines Tauschgleichgewicht
Bisher haben wir nur das Kalkül eines isolierten Haushalts
angesehen.
Haushaltsoptimum und Haushaltsnachfrage bestimmt.
Jetzt geht es darum, den Tausch, der zwischen Haushalten
möglich ist, mit in die Betrachtung einzubeziehen.
Annahmen:
Es gibt k = 1,…,m Haushalte und zwei Güter
Jeder Haushalt hat eine Anfangsausstattung mit beiden Gütern:
(
a k = a1k , a2k
)
Damit ist die Anfangsausstattung der gesamten Ökonomie
m
a* = ∑ a k
k =1
245
Einführung VWL 2006/07
Definition:
( ) (
Eine Allokation x k k = x 1 , x 2 ,..., x m
 heißt zulässige Allokation, wenn
m
)
m
k
x
=
a
∑
∑ = a*
k
k =1
k =1
 Es sollen genau die Gütermengen auf die Haushalte aufgeteilt werden,
die insgesamt vorhanden sind.
 Markträumungsbedingung
 Die individuellen Präferenzen werden abgebildet durch
( )
U k xk
 Eine Allokation ist individuell rational, wenn
( )
( )
U k xk ≥ U k ak
246
Einführung VWL 2006/07
Darstellung in der Edgeworthbox
Zur graphischen Veranschaulichung wird m = 2 gesetzt (2
Haushalte)
Die Seitenlängen der Edgeworthbox entsprechen den
Gesamtmengen der beiden Güter.
Wir betrachten eine reine Tauschökonomie
Kein Staat,
Keine Produktion,
(noch) keine Preise
247
Einführung VWL 2006/07
Edgeworthbox
Haushalt 2
Indifferenzkurven
Haushalt 1
Menge
Gut 1
Indifferenzkurven
Haushalt 2
Haushalt 1
Menge Gut 2
248
Einführung VWL 2006/07
Menge Gut 2 für
Haushalt 2
Zulässige
Allokationen in der
Edgeworthbox
Haushalt 2
Menge Gut
1 für
Haushalt 2
Menge Gut
1 für
Haushalt 1
Haushalt 1
Menge Gut 2 für
Haushalt 1
249
Einführung VWL 2006/07
Individuell rationale Allokationen
Haushalt 2
Tauschlinse
Anfangsausstattung
Nutzenniveaus bei der Anfangsausstattung
Haushalt 1
250
Einführung VWL 2006/07
Bei gegebener Anfangsausstattung
Bestehen Tauschmöglichkeiten, weil Reallokationen
existieren, die beide Tauschpartner besser stellen.
Sich von der Anfangsausstattung aus in die Tauschlinse zu
verändern ist für beide individuell rational.
Diese liegen in der Tauschlinse, der Schnittmenge der beiden
Bessermengen
Deshalb können solche Tauschvorgänge ablaufen.
Wie können wir kollektiv rationale Allokationen
identifizieren?
Also Allokationen, die Pareto-effizient sind!
251
Einführung VWL 2006/07
Pareto-effiziente Allokationen in der Edgeworthbox
Haushalt 2
Kontraktkurve
A
Anfangsausstattung
Haushalt 1
252
Einführung VWL 2006/07
Charakterisierung von Pareto-effizienten Allokationen
Ausgehend von der Anfangsausstattung
Entlang der Indifferenzkurve des Haushalts 1 bleibt dessen
Nutzenniveau konstant.
Der Nutzenindex von Haushalt 2 steigt solange, bis der Punkt A
erreicht ist. ab dort fällt der Nutzen von Haushalt 2.
In A gilt, dass jede Reallokation einen der beiden Haushalte schlechter
stellen würde.
A ist dadurch charakterisiert, dass sich zwei Indifferenzkurven
berühren, d.h. gleiche Steigung haben.
253
Einführung VWL 2006/07
Pareto-effiziente Allokationen sind dadurch
gekennzeichnet, dass die GRS der beiden
Haushalte gleich sind!
Die Menge aller Pareto-effizienten Punkte bildet die
so genannte Kontraktkurve
Frage:
Sind Märkte in der Lage, Punkte auf der Kontraktkurve zu
realisieren?
Allein dadurch, dass Preise als Steuerungsinstrumente
eingesetzt werden?
254
Einführung VWL 2006/07
Walras Gleichgewichte
Definition:
1.
2.
In einer Ökonomie mit K Gütern, I Haushalten und einer
gegebenen Anfangsausstattung zi0 ist ein allgemeines
Gleichgewicht (Walras-Gleichgewicht) gegeben durch einen
Preisvektor P = {p1,…,pK} und individuellen Güterbündeln zi für
alle I Haushalte, so dass
zi für gegebene Preise den Nutzen für alle I Haushalte maximiert
und
Alle Märkte geräumt sind, d.h.
I
I
i =1
i =1
0
z
≤
z
∑i ∑i
255
Einführung VWL 2006/07
Walras Gleichgewichte in der Edgeworthbox
Wir können in der Edgeworthbox Preise einführen, indem wir
eine Budgetgerade durch die Anfangsausstattung legen.
Das Preisverhältnis bestimmt die Steigung.
Die Haushalte passen sich an diese Preise an, indem sie die Mengen
nachfragen, bei denen die Bedingung für ein Haushaltsoptimum erfüllt
ist (GRS = Preisverhältnis)
Ein Walras-Gleichgewicht erhalten wir dann, wenn dabei die Märkte
geräumt sind, d.h. ein zulässige Allokation in den Edgeworthbox
entsteht.
Also eine Allokation, bei der die beiden Haushalte zusammen genau die
Gütermengen nachfragen, die insgesamt vorhanden sind!
256
Einführung VWL 2006/07
Fall 1: Preise, die kein Gleichgewicht erzeugen
Haushalt 2
Menge Gut 1
Haushalt 2
Menge Gut 1
Haushalt 1
Budgetgerade
Anfangsausstattung
Haushalt 1
Menge Gut 2
Haushalt 1
Menge Gut 2
Haushalt 2
257
Einführung VWL 2006/07
Haushalt 2
Fall 2: WalrasGleichgewicht
Haushalt 1
Beide Haushalte maximieren ihren Nutzen und es werden genau
die Mengen der beiden Güter nachgefragt, die vorhanden sind.
258
Einführung VWL 2006/07
8.2
Die beiden Hauptsätze der Wohlfahrtsökonomik
Weimann Kap. 3.3.2
Zwei Fragen:
1. Werden sich Walras Gleichgewichte einstellen?
Gegenfrage: Werden die Preise sich ändern, wenn wir in einer
ungleichgewichtigen Situation sind (wie im Fall 1)?
Der Preis des Gutes, von dem mehr nachgefragt wird als vorhanden ist,
wird steigen, der des anderen Gutes wird fallen!
Nur dann, wenn sich der Markt in einem Gleichgewicht befindet, besteht
für die Akteure kein Anlass mehr, ihr Verhalten zu ändern.
In Experimenten ist die Fähigkeit von Akteuren, auch bei wenig
Information Gleichgewichte zu „finden“ gut nachgewiesen worden.
259
Einführung VWL 2006/07
2. Welche Eigenschaften haben Walras-Gleichgewichte?
Insbesondere im Hinblick auf die Effizienz der Allokation!
Die Antwort liefert der
Erste Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie:
WalrasGleichgewichte sind
stets Pareto-effizient
Satz ist von großer Bedeutung:
Dezentrale Allokationssysteme führen nicht
ins Chaos, sondern liefern sogar effiziente
Allokationen!
Für die Beurteilung von Marktsystemen von
größter Wichtigkeit.
260
Einführung VWL 2006/07
Wie steht es um die Verteilung?
Pareto-effizienz sagt nichts über die Verteilung
Alle Punkte auf der Kontraktkurve sind Pareto-effizient
Bei gegebener Anfangsausstattung:
Allerdings nur solange es noch keine Anfangsausstattung gibt.
Nur die Punkte innerhalb der Tauschlinse sind ParetoVerbesserungen im Vergleich zur Anfangsausstattung!
Das lässt sich auch anders interpretieren!
Offensichtlich kann man durch entsprechende Wahl der
Anfangsausstattung jeden Punkt auf der Kontraktkurve erreichen!
 Anders formuliert: Die Frage der Effizienz sollte nicht davon
abhängen, wie die Anfangsausstattung gewählt wird!
 Genau das sagt der zweite Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik:
261
Einführung VWL 2006/07
Der zweite Hauptsatz:
Jede zulässige Pareto-effiziente Allokation
kann durch passende Wahl der
Anfangsausstattung dezentral erzeugt
werden.
• Damit scheint es möglich, die Frage der Einkommensverteilung von der
Frage der Effizienz zu trennen:
• Ganz gleich, wie die Verteilungsfrage beantwortet wird, gegeben diese
Antwort kann immer auch Effizienz hergestellt werden!
• Der Schein trügt aber, denn dies gilt nur, wenn man von einem gegebenem
Bestand an Gütern ausgeht.
• Umverteilung von Einkommen hat immer auch Anreizwirkungen, die mit
beachtet werden müssen!
262
Einführung VWL 2006/07
8.3
Wenn der erste Hauptsatz gilt, brauchen wir dann überhaupt
noch Wirtschaftspolitik?
Marktversagen
Es reicht doch, die Allokation Märkten zu überlassen, das sichert
Effizienz!
Eingriffe, wie Besteuerung, Mindest und Höchstpreise kosten dagegen
Effizienz!
Gibt es also überhaupt eine rationale Begründung für
Wirtschaftspolitisches Handeln?
Ja! Wird geliefert durch die Theorie des Marktversagens.
Der erste Hauptsatz gilt nur dann, wenn eine Reihe von Bedingungen
erfüllt sind!
Sind diese verletzt, kann es dazu kommen, dass Märkte versagen, d.h.
keine Pareto-effiziente Allokation erzeugen
263
Einführung VWL 2006/07
Marktmacht als Marktversagensgrund
Eine Voraussetzung des ersten Hauptsatzes ist, dass die
Märkte Wettbewerbsmärkte sind.
Deshalb kennen wir bereits einen Marktversagensgrund:
Marktmacht (kein Preisnehmerverhalten) verursacht Ineffizienzen
Monopolmärkte sind mit Pareto-effizienz nicht zu vereinbaren!
Wir wissen, dass Monopole Effizienzverluste erzeugen (Harberger
Dreieck!)
Konsequenz für die Wirtschaftspolitik:
Wettbewerbssichernde Maßnahmen sind rationale Wirtschaftspolitik.
Wettbewerbsrecht, Bundeskartellamt, Monopolkommission etc.
Ziele:
Verhinderung von Marktmacht
Freier Marktzugang
264
Einführung VWL 2006/07
Öffentliche Güter
Mankiw Kap. 11
Definition:
1.
2.
Ein Gut ist ein öffentliches Gut, wenn
von seinem Konsum niemand ausgeschlossen werden kann (und sich
auch niemand selbst ausschließen kann) und (kein
Konsumausschluss)
der Konsum des Gutes nicht dazu führt, dass die für andere
Konsumenten verfügbare Menge des Gutes verringert wird (keine
Rivalität im Konsum)
Ein Gut wird nicht dadurch zu einem öffentlichen Gut, dass
es von der öffentlichen Hand angeboten wird!
Nur die Gutseigenschaften sind entscheidend!
Ist Konsumausschluss möglich und besteht Rivalität, so spricht man
von einem privaten Gut
265
Einführung VWL 2006/07
Beispiele für öffentliche Güter
Landesverteidigung
Umweltgüter
Innere Sicherheit genauso ein öffentliches Gut wie äußere Sicherheit.
Öffentlich ausgestrahlte Fernsehsendung
Klimasystem ist ein global öffentliches Gut
Rechtsstaatlichkeit
Standardbeispiel eines rein öffentlichen Gutes
Fehlende Ausschließbarkeit und fehlende Rivalität in Reinform
gegeben.
Solange auf Konsumsausschluss verzichtet wird (obwohl dieser
technisch möglich ist).
U.v.m.
266
Einführung VWL 2006/07
Das Allokationsproblem
Öffentliche Güter können nicht über Märkte
angeboten werden
Grund ist der fehlende Konsumausschluss.
Wenn Konsum immer möglich ist, weil niemand vom Konsum
ausgeschlossen werden kann, dann ist es nicht möglich, den
Konsum unter den Vorbehalt zustellen, dass erst ein Preis zu
entrichten ist.
 Rationale Akteure werden die Position des Freifahrers einnehmen,
der das Gut konsumiert, ohne einen Beitrag zur Deckung der
Produktionskosten zu leisten.
 Deshalb kommt es bei ausschließlich dezentraler Entscheidung
nicht zum Angebot öffentlicher Güter.
 Der Staat muss z.B. die Landesverteidigung bereitstellen und durch
Zwangsbeiträge (Steuern) finanzieren.
267
Einführung VWL 2006/07
Externe Effekte Mankiw Kap. 10, Weimann Kap. 8
Eine weitere Voraussetzung des ersten Hauptsatzes:
Für jedes Gut muss es einen Markt geben, d.h. das Marktsystem muss
vollständig sein.
Setzt voraus, dass das Rechtssystem vollständig ist, d.h. für alle Güter
durchsetzbare und übertragbare Eigentumsrechte schafft.
Eigentumsrechte können aber nicht vollständig definiert
werden.
Scheitert häufig an bestimmten Gutseigenschaften
Beispiel: Umweltgüter
Es ist nicht möglich, Eigentum an „sauberer Luft“ zu erwerben und
durchzusetzen.
Existiert an einer knappen Ressource kein Eigentumsrecht,
dann kann sie genutzt werden, ohne dass dafür ein Preis zu
zahlen ist.
268
Einführung VWL 2006/07
In diesem Fall signalisiert das Marktsystem den Preis 0, obwohl die
Opportunitätskosten der Inanspruchnahme der Ressource > 0 sind!
Beispiel Luftverschmutzung:
Man spricht von einem negativen externen Effekt, weil Kosten die
tatsächlich entstehen, nicht beachtet werden
Ineffizienz:
Niemand muss dafür bezahlen, wenn er auf der Autobahn bei 160
Kohlenmonoxid in die Luft bläst, obwohl er dabei eine knappe Ressource
nutzt!
Bei der Entscheidung über die Nutzung der Ressourcen wird nicht beachtet,
dass diese knapp sind und ihre Nutzung deshalb Kosten verursacht.
Führt tendenziell dazu, dass die Inanspruchnahme zu hoch ausfällt!
269
Einführung VWL 2006/07
Bei positiven externen Effekten fallen Erträge an, die von
dem, der sie erzeugt, nicht beachtet werden.
Beispiele:
Der Imker berücksichtigt bei der Entscheidung über den
Produktionsumfang nicht die Erträge des Obstbauern.
Investitionen in F&E erzeugen auch bei anderen Vorteile, die nicht
berücksichtigt werden.
Bei grenzüberschreitender Umweltverschmutzung:
Umweltschutzmaßnahmen erzeugen auch im Nachbarland Erträge.
Ineffizient:
Bei der Bereitstellung werden zwar alle Kosten berücksichtigt, aber
nicht alle Erträge.
Führt tendenziell dazu, dass zu wenig von dem Gut bereitgestellt wird.
270
Einführung VWL 2006/07
Wirtschaftspolitische Maßnahmen
Internalisierung externer Effekte
Darunter versteht man, dass die tatsächlichen Kosten und
Erträge bei der Entscheidung über die Nutzung knapper
Ressourcen berücksichtigt werden.
Beispiele für Politiken, die dies bewirken können:
Pigou-Steuer: Legt denen, die einen negativen externen Effekt
verursachen, die wahren Kosten in Form einer Steuer auf.
 Beispiel: Öko-Steuer
Einführung handelbarer Emissionsrechte: Es können zwar keine
Eigentumsrechte an „Luft“ geschaffen werden, aber an Emissionen!
 So kann ein Markt für Emissionen entstehen
 Beispiel EU-CO2 Emissionshandel
271
Einführung VWL 2006/07
Weitere Marktversagensgründe
Asymmetrische Information
Kann auf Versicherungsmärkten auftreten
Steigende Skalenerträge
Wenn die Durchschnittskosten permanent fallen, können
Grenzkostenpreise nicht mehr die Kosten decken!
Effizienz verlangt aber Grenzkostenpreise!
Mehr und ausführlich zum Marktversagen in der Vorlesung
„Wirtschaftspolitik“
272
9. Makroökonomische Daten:
Die Messung von
Volkseinkommen und
Lebenshaltungskosten
Mankiw Kap. 23, 24
Einführung VWL 2006/07
9.1 Das Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Das BIP misst das Einkommen, das innerhalb der
geographischen Grenzen eines Landes erzeugt wird.
Dieses Einkommen ist identisch mit den Ausgaben die im
gleichen Zeitraum getätigt werden
Jede Transaktion, die an einem Markt abläuft hat zwei Seiten
Für den Käufer einer Ware ist der Preis eine Ausgabe
Für den Verkäufer der Ware ist der Preis eine Einnahme
Deshalb müssen zwangsläufig die gesamten Ausgaben den gesamten
Einnahmen (dem Einkommen) entsprechen.
Diese Identität wird auch klar, wenn man sich den dazugehörigen
vereinfachten Wirtschaftskreislauf ansieht:
274
Einführung VWL 2006/07
Einnahmen = BIP
Ausgaben = BIP
Gütermarkt
Güter, Dienstl.
Verkäufe
Güter, Diestl.
Käufe
Haushalte
Unternehmen
Arbeit,
Kapital
Inputs für die
Produktion
Löhne, Mieten,
Pacht, Gewinne = BIP
Faktormarkt
Einkommen = BIP
275
Einführung VWL 2006/07
Definition des BIP
Das BIP ist der Marktwert aller für den Endverbrauch bestimmten Waren
und Dienstleistungen, die in einem Land in einem bestimmten Zeitabschnitt
hergestellt werden.
Die einzelnen Bestandteile dieser Definition verdienen eine genauere
Betrachtung:
Marktwert
Damit sind die Marktpreise der Waren und Dienstleistungen gemeint.
Verwendung dieser Werte macht die Beiträge der einzelnen Produktionsleistungen
vergleichbar.
Marktpreise spiegeln sowohl die Grenzkosten als auch die marginalen
Zahlungsbereitschaften wider und sind damit ideale Maße.
Wenn die Zahlungsbereitschaft für eine Pizza doppelt so hoch ist wie die für ein
Stück Apfelkuchen, dann erhöht die Produktion einer Pizza das Einkommen auch
doppelt so stark die die Produktion eines Stücks Apfelkuchen
276
Einführung VWL 2006/07
aller Güter
Schließt z.B. vermietete Sachen ein (Miete)
Hauseigentümer: Fiktive Mietzahlung an sich selbst.
Was nicht drin ist:
Schwarzarbeit
 Beträchtlicher Anteil!
Hausarbeit
 Wenn sie ihren Rasen selbst mähen steigt das BIP dadurch nicht, wenn sie dafür einen
Studenten beschäftigen, steigt es (vorausgesetzt, der Student gibt das Einkommen an).
Endverbrauch
Zwischenprodukte werden nicht gezählt.
Sonst käme es zu einer Doppelzählung
Ausnahme: Zwischenprodukte, die auf Lager genommen werden
Lagerentnahmen verringern entsprechend das BIP
277
Einführung VWL 2006/07
Waren und Dienstleistungen
Auch wenn sie in ein Konzert gehen, oder sich die Haare schneiden
lassen, steigert das das BIP
in einem Land
Das BIP misst, was in den geographischen Grenzen eines Landes produziert
wird.
Unabhängig von der Nationalität derer, die es produzieren.
Wenn ein Inländer im Ausland ein Unternehmen betreibt, geht dies nicht in das BIP
ein.
Wenn ein Ausländer im Inland ein Unternehmen betreibt, dann geht das in das BIP
ein.
Das Bruttonationalprodukt (früher hieß es Bruttosozialprodukt) misst im
Gegensatz zum BIP das Einkommen der Inländer, d.h. die im Ausland erzielten
Einkünfte werden dazuaddiert und die im Inland erzielten Einkünfte der
Ausländer abgezogen.
278
Einführung VWL 2006/07
Im Jahre 2004:
=
=
2.215 Milliarden Euro
2.216 Milliarden Euro
Der Unterschied ist also nicht sehr gewaltig
hergestellt wird
Nur neu produzierte Waren werden gezählt.
BIP
BNP
Der Verkauf eines Gebrauchtwagens erhöht das BIP deshalb nicht.
Die Bestandteile des BIP
Käufe und Verkäufe können sehr verschiedene Dinge betreffen:
Student A lädt seiner Freundin B zum Essen ein.
Die Pizzeria kauft daraufhin einen neuen Ofen.
Bundeswehr kauft einen neuen Tornado.
Professor X erwirbt über das Internet eine wissenschaftliche Monographie
aus den USA.
279
Einführung VWL 2006/07
Die verschiedenen Formen werden in vier
Kategorien zusammengefasst:
1.
Privater Konsum
2.
Investitionen
3.
Der neue Ofen
Staatsausgaben
4.
Die Einladung zum Essen bzw. die Ausgaben für die Pizza.
Der neue Tornado für die Bundeswehr
Nettoexporte
Der Einkauf in den USA ist ein Import, d.h. zwar steht diesem
eine Ausgabe gegenüber, das BIP steigt aber nicht, denn die
Produktion des Buches fand ja in den USA statt.
Deshalb gehen Importe mit negativem Vorzeichen ein, Exporte
mit positivem. Der Saldo ist der Nettoexport oder Außenbeitrag.
280
Einführung VWL 2006/07
Die Werte für 2004:
BIP
2.215
Konsum
1.313
59,3%
Staatsausgaben
413
18,6%
Investitionen
380
17,2%
Außenbeitrag
109
4,9%
In Milliarden Euro
281
Einführung VWL 2006/07
9.2 Nominales und reales BIP
Wenn sich das BIP von einem Jahr zum anderen ändert, kann das zwei
Ursachen haben:
1.
2.
3.
Man sollt ein der Lage sein, den Mengeneffekt und den Preiseffekt
anzugeben
Im Land wird mehr produziert
die Preise sind gestiegen
oder beides
Häufig ist man nur daran interessiert, wie sich die Mengen verändert
haben, weil höhere Preise schaffen keine zusätzliche Wohlfahrt!
Das nominale BIP misst das BIP zu den jeweiligen Preisen,
also das BIP 2004 benutzt die Preise des Jahres 2004, das nominale BIP
des Jahres 2005 die Preise des Jahres 2005
282
Einführung VWL 2006/07
Das reale BIP benutzt nicht die jeweils aktuellen Preise,
sondern die Preise einer Basisperiode!
Beispiel: Wenn 2001 die Basisperiode ist, dann werden in den
folgenden Jahren alle Bestandteile des BIP mit den Preisen aus dem
Jahr 2001 bewertet!
Auf diese Weise verschwindet der Preiseffekt!
Änderungen des BIP können nur auf die Zusammensetzung des
Güterbergs zurückgeführt werden!
Der BIP-Deflator:
BIP-Deflator =
Nominales BIP
Reales BIP
X 100
283
Einführung VWL 2006/07
Der BIP-Deflator gibt an, um wie viel Prozent sich das
Preisniveau gegenüber der Vorperiode verändert hat.
Die Mengen des Berichtsjahres t werden konstant gehalten und
mit den Preisen des Basisjahres 0 verglichen.
Der Index, der so entsteht ist der so genannte Paasche-Index:
Paasche − Index :
∑p
∑p
it
qit
i0
qit
100
Der Index beantwortet die Frage, was die Mengen, die im
Berichtsjahr produziert wurden, kosten würden, wenn die
Preise des Basisjahres herrschten.
284
Einführung VWL 2006/07
Frage:
Was sagt ein Anstieg des realen BIP über die Wohlfahrt eines Landes?
 Misst das BIP tatsächlich die Wohlfahrt? Ist es ein brauchbarer Indikator?
 Vieles wird nicht erfasst
Umweltzustand,
Bildungsniveau
Ausmaß an Kriminalität
Nationale Erfolge im Sport
Aber: Höheres BIP =
bessere Bildung
höhere Ausgaben für Umweltschutz
Bessere Prävention und Verbrechensbekämpfung
Mehr Medaillen bei Olympia
285
Einführung VWL 2006/07
9.3 Die Messung der Lebenshaltungskosten
Mankiw Kap. 24
Was ist das Geld wert, das Sie verdienen?
Wie verändert sich der Wert des Geldes?
Das hängt von der Veränderung der Preise ab, von der Inflationsrate.
Wie misst man diese Veränderung?
Das hängt von den Preisen ab!
Durch den Preisindex für die Lebenshaltungskosten, aus dem dann die
Inflationsrate berechnet wird.
Wie unterscheidet sich dieses Maß von BIP-Deflator?
Deflator ist ein globales Maß über alle Güter hinweg, die ungewichtet
eingehen.
Preisindex berücksichtigt die Anteile, die der Konsum der Güter am
Gesamtkonsum hat.
286
Einführung VWL 2006/07
Die Berechnung des Preisindex
Erster Schritt: Festlegung des Warenkorbs
Das Statistische Bundesamt legt einen Warenkorb für die private
Lebenshaltung fest.
In diesem Korb sind die durchschnittlichen Mengen der Waren und
Dienstleistungen enthalten, die ein Durchschnittshaushalt im Monat
konsumiert.
Der Korb wird alle 5 Jahre angepasst, weil sich die Konsumgewohnheiten
ändern.
Neue Güter kommen auf den Markt
Moden und Gewohnheiten ändern sich
Letzte Anpassungen 1991, 1995, 2000
Revisionsdifferenzen:
Werden 3 Jahre lang berechnet (Vergleich alter/neuer Warenkorb)
Liegen in der Regel bei 0,1% Punkte
Ausnahme 1991/1995: 0,65% Punkte wegen starker Veränderung des ostdeutschen
Konsums.
287
Einführung VWL 2006/07
Der Warenkorb 1995:
288
Einführung VWL 2006/07
Im Jahr 2000 kamen beispielsweise dazu:
Entscheidend ist das so genannte Wägungsschema
Scanner
Digitalkamera
Pizza zum mitnehmen
Brötchen zum Fertigbacken
….
Darunter wird die Festlegung der Gewichte verstanden, mit denen die
einzelnen Güter in den Warenkorb eingehen.
Zweiter Schritt: Feststellung der Preise und Berechnung des Preises des
Warenkorbs.
Für die Güter des Warenkorbs werden die Preise im Berichtszeitraum erfasst.
Mit Hilfe des Wägungsschemas kann dann der Preis für den Warenkorb
ermittelt werden.
289
Einführung VWL 2006/07
Dritter Schritt: Festlegung des Basisjahres und Berechnung
des Index.
Nach der Festlegung eines Basisjahres wird der Preis des Warenkorbes
für das Berichtsjahr berechnet und durch den Preis des Warenkorbes
des Basisjahres geteilt. Multipliziert man das Ergebnis mit 100, erhält
man den Preisindex.
Beispiel:
Preis des Warenkorbes im Berichtsjahr
Preis des Warenkorbes im Basisjahr
Index = (120/110) x 100
= 120
= 110
= 109,09
Preis im Berichtsjahr = 109,09 des Preises im Basisjahr.
Vierter Schritt: Berechnung der Inflationsrate.
Inflationsrate gibt den Anstieg der Preise vom Basisjahr zum
Berichtsjahr an, d.h. in diesem Fall = 9,09%
290
Einführung VWL 2006/07
Unterschied BIP-Deflator – Preisindex für die
Lebenshaltungskosten
Auf den ersten Blick messen beide Indizes das Gleiche.
Aber es gibt zwei wichtige Unterschiede:
1.
Der BIP-Delator bezieht sich auf alle im Inland produzierten Waren
und Dienstleistungen, der Preisindex für die Lebenshaltungskosten
nur auf die von privaten Haushalten konsumierten Güter!
Steigt der Preis eines importierten Autos:
BIP-Deflator bleibt gleich
Preisindex steigt
291
Einführung VWL 2006/07
2. Beim BIP-Deflator wurden die Preise des Basisjahres verwendet (also
konstant gehalten) und die Mengen des Berichtsjahres damit bewertet.
Beim Preisindex ist es anders herum: Die Mengen des Warenkorbes
bleiben konstant, aber die Preise sind die des Berichtsjahres.
Der Index der Lebenshaltungskosten ist der so genannte
Laspeyres-Index:
Laspeyres − Index :
∑p
∑p
it
qi 0
i0
qi 0
100
Der Index beantwortet die Frage, wie sich der Nominalwert der
im Basisjahr verbrauchten Güter verändert, wenn die Preise des
Berichtsjahres herrschen.
292
Einführung VWL 2006/07
Mankiw S. 568
293
10. Makroökonomie I:
Wirtschaftliches Wachstum
Mankiw Kap. 25
Einführung VWL 2006/07
10.1 Wachstum und Produktivität
Folgende Unterscheidung ist wichtig:
Langfristiger Wachstumstrend einer Volkswirtschaft
Wird determiniert durch die Arbeitsproduktivität in einem Land
(die wiederum von vielen Dingen abhängt).
 Ist relativ stabil trotz Schwankungen in der kurzen Frist.
Kurzfristige, konjunkturelle Entwicklung.
Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Frage der
Auslastung der vorhandenen Kapzitäten.
 Auslastungsgrad schwangt häufig zyklisch: Aufschwung – Boom –
Abschwung – Rezession Aufschwung --
Beides wird häufig verwechselt!
295
Einführung VWL 2006/07
Relativ stabiler Trend
in der langen Frist
• Wirtschaftswachstum bestimmt weitgehend den Wohlstand einer Nation
• Wohlstand ist heute extrem ungleich in der Welt verteilt
• Ohne massives Wirtschaftswachstum wird daran nichts zu ändern sein
296
Einführung VWL 2006/07
Internationale Wachstumstrends ($ in Preisen 2000)
Land
Periode
Reales BIP pro
Kopf Anfang
Periode
Japan
1890 – 2000
1.250
26.460
2,81
Mexiko
1900 – 2000
968
8.810
2,23
Deutschland
1870 – 2000
1.825
25.010
2,03
China
1900 – 2000
598
3.940
1,90
Argentinien
1900 – 2000
1.915
12.090
1,86
USA
1870 – 2000
3.347
34.260
1,81
Indien
1900 – 2000
546
2.390
1,45
UK
1870 – 2000
4.107
23.550
1,35
Pakistan
1900 – 2000
616
1.960
1,16
Bangladesh
1900 – 2000
520
1.650
1,16
Mankiw S. 581
Reales BIP pro
Kopf Ende der
Periode
Durchschnittliche
Wachstumsrate
297
Einführung VWL 2006/07
Interpretation von Wachstumsraten
Bei einem Durchschnittswachstum von 2% verdoppelt sich das
Einkommen in 35 Jahren
Gegenwärtige Wachstumsraten:
Bei 7% bereits nach 10 Jahren
China 10%
Vietnam 8%
Indien 7%
Wichtige Fragen:
Wovon hängt das Wachstum ab?
Warum haben manche Länder höhere Wachstumsraten als andere?
Warum verändern sich die Wachstumsraten so stark?
298
Einführung VWL 2006/07
10.2 Produktivität
Wer produktiver ist, wächst schneller!
Gemeint ist die Gesamtproduktivität einer Volkswirtschaft
Ist identisch mit der Arbeitsproduktivität
Aber nicht gleichzusetzen mit der Produktivität des einzelnen
Arbeitsanbieters.
Vielmehr bezeichnet sie die Möglichkeiten, die Arbeit in einem Land hat,
produktiv zu sein.
Beispiel Robinson Crusoe-Welt (zu besichtigen in „Cast away):
Wie gut es Robinson geht, hängt davon ab, wie produktiv er bei der
Produktion all der Güter ist, die er braucht.
Diese Produktivität hängt wiederum von vielen Bedingungen ab:
1.
2.
3.
4.
Wie geschickt ist er?
Welche Hilfsmittel hat er zur Verfügung?
Welche Ressourcen bietet ihm seine Insel?
Über wie viel Wissen verfügt er (Feuer machen?!)
299
Einführung VWL 2006/07
Übertragen auf Volkswirtschaften:
1. Ausstattung mit Humankapital
Umfasst die Fähigkeiten und das Wissen der Menschen in
einer Ökonomie.
Für die Arbeitsproduktivität eine ausgesprochen wichtige Größe.
Beispiel: Arbeitsproduktivität kann durch Einsatz von Kapital
(Maschinen) gesteigert werden.
Höherer Kapitaleinsatz bedeutet aber auch höhere
Qualifikationsanforderungen an die Arbeitskräfte!
Ist das benötigte Humankapital nicht vorhanden, kann auch der
Kapitaleinsatz nicht gesteigert werden!
Was nützt die beste Maschine, wenn es keinen gibt, der die
Bedienungsanleitung lesen kann?
300
Einführung VWL 2006/07
2.
Ausstattung mit Realkapital
Natürlich kann man produktiver sein, wenn man Werkzeuge zur
Verfügung hat.
Kapitaleinsatz bedeutet Einsatz solcher „Werkzeuge“ in einem sehr
allgemeinen Sinn.
3.
Straßenbau mit Hacke und Schaufel versus Straßenbau mit Bagger!
Umfasst Anlagen, Immobilien, Computer usw.
Ausstattung mit natürlichen Ressourcen
Rohstoffe im weitesten Sinne
Bestes Beispiel: Ölländer wie Saudi Arabien oder Norwegen.
Besitz von Rohstoffen ist aber keine notwendige Bedingung für hohes
Wachstum (Japan und Deutschland sind relativ rohstoffarm)
Besitz von Rohstoffen ist auch keine hinreichende Bedingung für
Wachstum (Russland hatte schon immer viel Gas und viel Öl)
301
Einführung VWL 2006/07
4.
Technisches Wissen
Der technische Fortschritt ist die vermutlich wichtigste
Wachstumsdeterminante.
Technisches Wissen umfasst auch „Managementwissen“
Empirische Abschätzungen zeigen, dass zwischen 1/3 bis 2/3 des
beobachtbaren Wachstums auf den technischen Fortschritt
zurückzuführen ist
Wissen ist grundsätzlich ein nicht rivales Gut, aber kein öffentliches
Gut, denn der Konsumausschluss funktioniert.
Einführung der Fließbandproduktion
Modernes Supply Chain Management etc.
Patentschutz
Schwierig:
Einerseits ist es effizient, niemanden vom Gebrauch eines nicht rivalen
Gutes auszuschließen.
Andererseits zerstört der fehlende Konsumausschluss den Anreiz,
Wissen zu schaffen.
302
Einführung VWL 2006/07
10.3 Sparen und investieren
Eine zentrale Rolle im Wachstumsprozess spielen die
Investitionen.
Investitionen in Humankapital
Individuell und gesellschaftlich (Schulen und Zeit die der Einzelne dort
verbringt)
Investition in Realkapital
Sind notwendig um den vorhandenen Kapitalstock zu erhalten
 Weil sich Kapitalgüter abnutzen
Sind notwendig, wenn der Kapitalstock und damit die Kapitalausstattung
pro Kopf wachsen soll.
Investitionen in F&E
Ohne solche Investitionen gibt es keinen technischen Fortschritt
Technischer Fortschritt setzt sehr hohe Investitionen voraus!
303
Einführung VWL 2006/07
Investitionen setzen voraus, dass Ressourcen (Einkommen!)
nicht für den Konsum eingesetzt werden, also gespart werden.
Investition und Sparen sind gewissermaßen die beiden Seiten einer
Medaille!
Wachstum setzt Investitionen voraus
Investitionen setzen Sparen voraus
Sparen setzt Konsumverzicht voraus.
Wer Wachstum will, muss auf Konsum verzichten!
Wie hängen Ersparnis und Investition zusammen?
Eine wichtige Identität:
Y = C + I + G + NE
Y – Einkommen (BIP)
C – Konsum
G – Staatsausgaben
I – Investitionen
NE – Nettoexporte
Identität heißt, dass diese
Gleichung immer erfüllt
ist, weil jedes Einkommen
auch eine Ausgabe ist
304
Einführung VWL 2006/07
In einer geschlossenen Volkswirtschaft:
NE = 0 so dass
Y–C–G=I
Einkommen – Konsum – Staatsausgaben = Investitionen
I=S
Gesamtwirtschaftlich müssen die Ersparnisse gleich den Investitionen
sein.
Klar:
Links steht aber nichts anderes als die Ersparnis, d.h. es muss gelten
Solange die Investition als das definiert ist, was nicht konsumiert wird (von den
Haushalten oder dem Staat), muss I = S gelten.
Aber:
Wie geschieht der Ausgleich von Ersparnis und Investition in der Praxis?
305
Einführung VWL 2006/07
Die Rolle des Kapitalmarkts und des Zinses
Der Kapitalmarkt stellt die Verbindung zwischen Ersparnis
und Investition her.
Die Anbieter von Kapital sind die Sparer:
Die Nachfrager nach Kapital sind diejenigen, die Investitionen
vornehmen wollen:
Unternehmen, Haushalte (die z.B. ein Haus bauen) oder der Staat, der ein
Defizit finanzieren muss.
In der Realität gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Institutionen, die
den Handel zwischen Kapitalanbietern und –nachfragern organisieren:
Haushalte, Unternehmen oder der Staat, wenn die Steuereinnahmen größer
als die Staatsausgaben sind.
Aktienmarkt
Anleihenmarkt
Banken
etc.
Hier sei nur ein Kreditmarkt betrachtet:
306
Einführung VWL 2006/07
Gleichgewicht auf dem Kreditmarkt
Kapitalnachfrage
Zins
Im Gleichgewicht
herrscht der
markträumende
Zinssatz
r*
Kapitalangebot
Kapital
Der Kapitalmarkt sorgt dafür, dass die Identität zwischen Investitionen
und Sparen hergestellt wird.
307
Einführung VWL 2006/07
10.3 Wirtschaftspolitik und Wachstum
Der Staat hat verschiedene Möglichkeiten, die
Wachstumsbedingungen einer Volkswirtschaft zu
beeinflussen:
Humankapitalbestand
Politische Stabilität
Ist elementare Vorbedingung für Investition
Förderung von Forschung und Entwicklung
Investitionen in das Bildungssystem sind letztlich Wachstumspolitik
Für die Wachstumsperspektive eines Landes von zentraler Bedeutung
Beeinflussung der Sparquote
Offensichtlich ist die Sparleistung eines Landes eine wichtige
Determinante des Wachstumsprozesses
Staat kann auf die Sparquote z.B. durch Steuerpolitik Einfluss nehmen.
Sparerfreibetrag!
308
11. Makroökonomie II:
Geld
Mankiw Kap. 29 & 30
Einführung VWL 2006/07
11.1 Wozu braucht man Geld?
Was ist die Funktion von Geld?
Tauschmittel
Recheneinheit
Wertaufbewahrungsmittel
Fraglos am wichtigsten ist die Funktion von Geld als
allgemeines Tauschmittel
Die Alternative zur Geldwirtschaft ist die reine Tauschwirtschaft
Der Tausch von Gütern setzt die doppelte Koinzidenz der Bedürfnisse
voraus.
Naturaltausch verursacht erhebliche Transaktionskosten
Die Existenz von Geld hilft diese Kosten drastisch zu senken
Voraussetzung ist allerdings, dass Menschen an die allgemeine
Tauschmittelfunktion des Geldes glauben.
310
Einführung VWL 2006/07
Wann ist man „reich“?
Wenn man viele Vermögensgegenstände (Aktive) hat, die man gegen
Güter oder andere Aktiva eintauschen kann.
Geld ist nur eines der möglichen Aktiva, die man haben kann!
Wenn ihnen die Hälfte der Firma Microsoft gehört, sind sie fraglos reich,
aber niemand geht mit einer Aktie in der Hand in einen Supermarkt!
Aktien, Immobilien, Schmuck, alte Meister oder wertvolle Oldtimer sind
nicht „liquide“, d.h. können nicht unmittelbar zum Tausch eingesetzt
werden.
Aktiva unterscheiden sich hinsichtlicht ihrer Liquidität und nur Geld kann
immer als allgemeines Tauschmittel verwendet werden.
Damit eine Geldwirtschaft funktioniert, muss diese Wirtschaft mit dem
Aktiva „Geld“ versorgt werden.
Und zwar so, dass es seiner Funktion als allgemeines Tauschmittel gerecht
werden kann!
311
Einführung VWL 2006/07
Andere Geldfunktionen
Als Recheneinheit ist Geld sehr nützlich
Allerdings nur dann, wenn sich der Geldwert nicht ständig ändert (wie in
Zeiten einer Hyperinflation)
Wertaufbewahrungsmittel
taugt Geld weniger gut, weil es die Tendenz hat, an Wert zu verlieren.
Zur Wertaufbewahrung sind andere Aktiva deutlich besser geeignet.
Häufig besteht ein Trade off zwischen der wertkonservierenden Funktion eines
Aktivpostens und seiner Liquidität.
Letztlich gelingt auch die Umwandlung von Aktiva nur deshalb, weil mit Geld
ein liquides Tauschmedium zur Verfügung steht.
Das ermöglicht es, Konsumakte intertemporal zu verteilen.
Geld ermöglicht, den Erwerb von Einkommen und den Konsum zeitlich zu trennen!
312
Einführung VWL 2006/07
11.2 Die Geldarten
Was ist Geld?
1. Naturalgeld
Darunter wird „Geld“ verstanden, das auch einen intrinsischen Wert
hat. Beispiele:
Gold, Silber
Zigaretten
2.
Die Prägung von Münzen hatte vor allem den Sinn, den Gehalt an
Edelmetall zu „verbriefen“
Erlebten die Blütezeit nach dem 2. Weltkrieg
Auch Nichtraucher akzeptierten diese Währung! Warum?
Papiergeld
Ohne jeden intrinsischen Wert
Historisch aus den Leihscheinen der Banken entstanden!
313
Einführung VWL 2006/07
Wie misst man die Menge an Geld, die in einer
Volkswirtschaft vorhanden ist?
Welche Aktiva kann man als allgemeine Zahlungsmittel
benutzen?
Ganz sicher: Bargeld, d.h. die Menge aller Banknoten und Münzen
 Aber brauchen sie unbedingt „Bares“ um zu bezahlen?
 EC-Karte tut es auch!
 Das bedeutet, dass das Geld, dass auf ihrem Girokonto liegt, auch
wie Geld in ihrer Tasche benutzt werden kann.
Wenn die Girokonten zur Geldmenge gehören, was dann
noch?
Antwort nicht eindeutig, da es unterschiedliche
Abgrenzungen der Geldmenge gibt.
Welche benutzt wird, hängt vom Kontext ab!
314
Einführung VWL 2006/07
Geldmengenabgrenzungen
Bezeichnung
2003 in
Mrd. Euro
Bestandteile
M1
2.468
Täglich fällige Einlagen und Bargeldumlauf
M2
5.101
M1 plus Einlagen mit Kündigungsfrist bis 3
Monate + Einklagen mit Laufzeit bis 2 Jahre
5.996
M2 + verschiedene Geldmarktgeschäfte
(Geldmarktpapiere, Schuldverschreibungen,
etc.)
M3
315
Einführung VWL 2006/07
11.3 Die Rolle der Zentralbank
Die zentralen Aufgaben einer Zentralbank:
Versorgung der Ökonomie mit dem allgemeinen Tauschmittel „Geld“
Sicherung der Geldwertstabilität.
Welche Eigenschaften muss eine Zentralbank erfüllen?
1.
2.
Sie muss in der Lage sein, das gesetzlich vorgesehene Zahlungsmittel
herzustellen, zu verwalten und seinen Wert zu sichern. D.h. sie muss
entsprechende staatlich verfügte Befugnisse besitzen!
Damit das Papiergeld als allgemeines Tauschmittel akzeptiert werden
kann, müssen die Menschen auf seinen Wert vertrauen können.
Deshalb muss die Zentralbank glaubwürdig in ihrer Politik sein!
 Extrem wichtiger Punkt! Nur eine von der Politik unabhängige
Zentralbank kann sich glaubwürdig auf ein Ziel der Geldwertstabilität
festlegen!
316
Einführung VWL 2006/07
Das wichtigste Kapital einer Zentralbank ist ihre Reputation!
Eine auf Geldwertstabilität gerichtete Zentralbankstrategie kann in
Konflikt mit anderen politischen Zielen geraten!
Eine expansive Geldpolitik kann beispielsweise kurzfristige Erfolge bei
der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bringen.
Daran sind Politiker u.U. sehr interessiert.
Nur wenn die Zentralbank über die entsprechende Reputation verfügt,
ist deshalb die Ankündigung, der Geldwertstabilität zu dienen
glaubwürdig.
Notwendige Bedingung für Reputation: Unabhängigkeit der
Zentralbank von politischen Entscheidungsträgern.
Beispiel Deutsche Bundesbank: Bundesbankgesetz sah Unabhängigkeit
der BB vor und verpflichtete die Bank auf das Ziel der
Geldwertstabilität
Preisfrage: Wie muss eine Zentralbank auf die Forderung eines
Politikers reagieren, einen Kurs zu verfolgen, der nicht der
Geldwertstabilität dienlich ist?
317
Einführung VWL 2006/07
Beachte:
Preisentwicklung ist sehr stark von der Erwartung der Akteure
hinsichtlich der zukünftigen Inflation abhängig!
Deshalb ist es so wichtig, dass die Akteure den Ankündigungen der
Zentralbank glauben!
Beispielsweise werden Preise bei langfristigen Lieferkontrakten unter
Einschluss der Inflationserwartung verhandelt,
Tarifabschlüsse orientieren sich ebenfalls an der Inflationserwartung.
Dazu braucht sie die Reputation.
Das Europäische System der Zentralbanken
Die Länder, die in der Euro-Zone sind, haben eigene Zentralbanken,
die aber unter der EZB (Europäische Zentralbank mit Sitz in Frankfurt)
zusammengeschlossen sind.
Die EZB ist für die Versorgung des Euro-Raums mit der europäischen
Währung verantwortlich.
318
Einführung VWL 2006/07
11.4 Steuerung der Geldmenge
Wichtigste Aufgabe der Zentralbank:
Versorgung der Wirtschaft mit so viel Geld, wie die Akteure
nachfragen, um Transaktionen abzuwickeln.
Nicht zu wenig
Nicht zu viel
dann kann es zu Problemen bei der Abwicklung der Transaktionen
kommen
dann sinkt der Geldwert, d.h. es entsteht Inflation.
Das Problem:
Die Zentralbank bestimmt nicht allein über die Geldmenge!
Auch die Geschäftsbanken können die Geldmenge beeinflussen, indem
sie Kredite vergeben!
Geldschöpfung durch Giralgeld.
Banken nehmen Einlagen entgegen und verleihen diese in Form von
Krediten.
319
Einführung VWL 2006/07
Geldschöpfung:
Sie geben 1.000 € ihrer Bank (Girokonto)
Die Bank verleiht 900 € an einen Kreditnehmer. Dieser kann mit dem
geliehenen Geld ebenfalls Transaktionen abwickeln.
Damit sind bereits 1.900,- € an liquiden Mitteln verfügbar.
Kreditnehmer gibt das Geld aus und der Empfänger bringt die 900,-€
zur Bank
Das sind für sie liquide Mittel, d.h. mit diesem Geld können Sie
unmittelbar Transaktionen abwickeln (z:B. Bezahlung per EC-Karte)
Die wiederum 90% davon ausleiht, also 810,- €
Wenn jede Bank nur 10% der Einlagen als Reserve hält, dann ist klar,
dass die 1.000 € Einlage zu insgesamt 10.000,- € Geldschöpfung
führen!
Geldschöpfungsfaktor = 1/Reservefaktor
320
Einführung VWL 2006/07
Instrumente der Geldmengensteuerung
Offenmarktpolitik
Wenn die EZB die Geldmenge erhöhen will, dann kann sie
Wertpapiere (z.B. Staatsanleihen) kaufen.
Will sie die Geldmenge senken, verkauft sie Offenmarktpapiere
Sie gibt dem Verkäufer dafür Euros, die entweder zu Bargeld oder zu
Sichteinlagen werden und dadurch die Geldmenge erhöhen.
Sie entzieht damit dem Markt liquide Mittel, d.h. verringert die
Geldmenge.
Kurzfristige Liquiditätsversorgung oder –abschöpfung bei den
Geschäftsbanken:
so genannte kurzfristige Fazilitäten:
Übernachtversorgung zu festem Zinssatz
bzw. Übernachteinlagen zu festem Zinssatz
321
Einführung VWL 2006/07
Mindestreservenpolitik
Die Zentralbank verpflichtet die Geschäftsbanken eine bestimmte
Reserve mindestens zu halten.
Wird diese angehoben, so schränkt das die Geldschöpfung der Banken
ein, d.h. die Geldmenge fällt.
Probleme bei der Geldmengensteuerung
1.
Zwei wichtige Faktoren sind von der EZB nicht unmittelbar zu
beeinflussen:
Die Einlagen der Haushalte
2.
Die Kreditvergabe der Banken
Wie viel die Haushalte einlegen und wie viel Bargeld sie halten, ist ihre
eigene Entscheidung.
Die EZB kann den Banken nicht vorschreiben, wie viele Kredite sie
vergeben sollen.
Beide Punkte haben unmittelbar einfluss auf die Geldschöpfung und
damit auf die Geldmenge.
322
Einführung VWL 2006/07
11.5 Die Bedeutung der Geldmenge
Wichtige Identität: die Quantitätsgleichung
M×V= P×Y
Geld × Umlaufgeschwindigkeit = Preis × Transaktionen
Y Ö BIP, als Maß für die Häufigkeit, mit der innerhalb einer Ökonomie
Waren und Dienstleistungen gegen Geld getauscht werden
P Ö Durchschnittlicher Preis bei einer solchen Transaktion
P×T Ö Gibt damit die Anzahl der € an, die bewegt werden
M Ö Geldmenge
V Ö Umlaufgeschwindigkeit:
V=
PY
M
323
Einführung VWL 2006/07
Die eigentliche Quantitätstheorie des Geldes (oder einfach
Quantitätstheorie), erhält man wenn man voraussetzt, daß die
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes konstant ist.
ª Annahme ist nur näherungsweise richtig
ª Dennoch macht es Sinn zunächst V als konstant
vorauszusetzen.
Auf der rechten Seite steht das nominale Volkseinkommen.
Damit bestimmt die Geldmenge M den nominalen Wert des Outputs einer
Volkswirtschaft (bei konstanter Umlaufgeschwindigkeit).
Veränderungen der Geldmenge haben damit unmittelbare Auswirkungen auf
die Veränderung des Preisniveaus, d.h. auf die Inflationsrate:
In prozentualen Veränderungen ausgedrückt lautet die Quantitätsgleichung:
% Änderung von M + % Änderung von V = % Änderung von P + % Änderung von Y
Wenn V konstant ist folgt:
% Änderung M – % Änderung Y = % Änderung P
Die Veränderung des Preisniveaus (d.h. die Inflationsrate) wird damit
unmittelbar durch das Geldmengenwachstum gesteuert.
324