Multizentrische Phase II Studie zur Prüfung der

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Multizentrische Phase II Studie zur Prüfung der Wirksamkeit
und Toxizität einer alleinigen Polychemotherapie bei
immunkompetenten Patienten mit primärem ZNS Lymphom
Studienprotokoll
Studienleiter:
Prof. Dr. U. Schlegel (verantwortlich)
Neurologische Universitätsklinik
Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer
Tel. 0234/299-3700, Fax: -3719
e-mail: [email protected]
Prof. Dr. I. Schmidt-Wolf
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik I (Bonn)
Hämatologie und Onkologie
Tel. 0228/2871-5489, Fax: -5849
e-mail: [email protected]
Studienkoordination:
PD. Dr. H. Pels
Neurologische Universitätsklinik
Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer
Tel. 0234/299-3705, Fax: -3719
e-mail: [email protected]
Studienzentrale:
Frau Herz / Frau Dr. Hahn
Medizinische Universitätsklinik und Poliklinik I (Bonn)
Hämatologie und Onkologie
Tel. 0228/2871-4462, Fax: -5849
e-mail: [email protected]
Studienleitkommission:
Prof. Dr. J. Schramm (Bonn)
Prof. Dr. T. Klockgether (Bonn)
Priv.-Doz. Dr. H. Urbach (Bonn)
Prof. Dr. med. U. Bode (Bonn)
Prof. Dr. med. O. D. Wiestler (Heidelberg)
Frau Prof. Dr. G. Schackert (Dresden)
Prof. Dr. med. A. Engert (Köln)
Prof. Dr. med. H. Martin (Frankfurt)
Referenzpathologie
Prof. Dr. M. Deckert (Köln)
Biometrie
Dr. R. Fimmers (Bonn)
Protokoll in aktualisierter Fassung vom
23.06.2006
Status: Aktiviert seit
01.08.2003
Adressen der Kommissionsmitglieder:
Studienleitkommission:
• Prof. Dr. med. J. Schramm / Neurochirurgische Universitätsklinik Bonn
• Prof. Dr. med. T. Klockgether / Neurologische Universitätsklinik Bonn
• Priv.-Doz. Dr. med. H. Urbach / Klinik für Radiologie / Funktionseinheit Neuroradiologie
der Universitätsklinik Bonn
• Prof. Dr. med. U. Bode / Universitätskinderklinik / Hämatologie und Onkologie der
Universitätsklinik Bonn
• Prof. Dr. med. O. D. Wiestler / Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg
• Frau Prof. Dr. G. Schackert / Neurochirurgische Universitäsklinik Dresden
• Prof. Dr. med. A. Engert / Medizinische Universitätsklinik I / Hämatologie und Onkologie
der Universitätsklinik Köln
• Prof. Dr. med. H. Martin / Medizinische Universitätsklinik / Hämatologie und Onkologie
Universitätsklinik Frankfurt
Referenzpathologie
Frau Prof. Dr. med. M. Deckert / Institut für Pathologie, Abteilung für Neuropathologie der
Universitätskliniken Köln
Biometrie
Dr. R. Fimmers / Institut für Medizinische Statistik, Dokumentation und Datenverarbeitung
Universität Bonn
Bochum, den …………….
Bonn, den …………….
_______________________
_______________________
(Prof. Dr. Uwe Schlegel)
(Prof. Dr. Ingo G.H. Schmidt-Wolf)
2
Einschlußkriterien
Alle immunkompetenten Patienten mit Erstdiagnose eines PCNSL von 18 bis 75 Jahren
Ausschlußkriterien
1.
Schwere Erkrankungen, die eine Applikation der Chemotherapie nicht erlauben.
a)
Einschränkung der Nierenfunktion; Serum-Kreatininwerte über 2 mg%,
Kreatinin-Clearence unter 60 ml/min.
b)
Lebererkrankungen; der Bilirubin-Wert muß unter 3 mg% liegen.
c)
Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz, Grad III bis IV (NYHA),
absolute Arrhythmie oder ventrikuläre Rhythmusstörungen, Grad Lown II B - IV.
d)
Schwere, floride endogene Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen, die eine
Kooperationsbereitschaft ausschließen.
e)
HIV-Infektion, aktive Hepatitis-A, Hepatitis-B oder C.
f)
Andere schwere, nicht beherrschbare Infektionen.
g)
Gleichzeitige oder vorausgegangene andere maligne Erkrankung während der
letzten 5 Jahre mit Ausnahme eines adäquat behandelten Basalzellkarzinoms oder
eines Zervixkarzinoms in situ
2.
Schwangerschaft, Stillen, keine ausreichende Antikonzeption
3.
Fehlende Einverständniserklärung,
3
Inhaltsverzeichnis:
1.
EINLEITUNG
a)
Therapie bei Primären ZNS Lymphomen, Stand der Literatur
b)
Ergebnisse der Bonner Pilot- und Phase II Studie mit kombinierter
systemischer und intraventrikulärer Chemotherapie
c)
Zytostatika und ihre besonderen Nebenwirkungen
2.
BEGRÜNDUNG DES STUDIENDESIGNS
Literatur
3.
STUDIENZIEL
3.1
Primärziel
3.2
Sekundäre Zielparameter
4.
STUDIENDAUER UND ABBRUCHKRITERIEN
5.
THERAPIEÜBERSICHT
Chemotherapie-Protokoll für Patienten von 18 bis 59 Jahren
Modifiziertes Bonner Protokoll für Patienten von 60 bis 75 Jahren
6.
FLUSSDIAGRAMM DER THERAPIESTUDIE
7.
BEURTEILUNGSKRITERIEN FÜR REMISSION, GESAMTÜBERLEBEN, EREIGNISFREIES ÜBERLEBEN, PROGRESSIONS-FREIES ÜBERLEBEN, REZIDIV, PROGRESS
8.
VERLAUFSKONTROLLEN,
9.
KRITERIEN ZUR VERLAUFSBEURTEILUNG, INDIKATION ZUM
THERAPIEABBRUCH
10.
DOKUMENTATION VON NEBENWIRKUNGEN (ADVERSE EVENTS)
11.
VORGEHEN BEI REZIDIV
12.
STATISTIK
13.
NEUROPSYCHOLOGISCHE TESTUNG UND LEBENSQUALITÄTSMESSUNG
14.
WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNTERSUCHUNGEN
• Pharmakogenetik: MTX und der Homocysteinstoffwechsel
Anlagen
4
EINLEITUNG
a)
Therapiestudien bei PZNSL, Stand der Literatur
Strahlentherapie
Bis Ende der Achtziger Jahre stellte die alleinige Strahlentherapie die Standardbehandlung
primärer ZNS Lymphome dar, obwohl bis heute überwiegend retrospektive Auswertungen
unizentrischer Behandlungsergebnisse publiziert wurden [Literatur Nelson 1999]. Zwar läßt
sich bei einem Großteil der Patienten mit einer alleinigen Strahlenbehandlung mit 40-50 Gy
eine vollständige Tumorremission erreichen, in der Regel kommt es aber zu raschen
Rezidiven, so dass die mediane Überlebenszeit nach alleiniger Strahlentherapie nur 12-18
Monate beträgt [Nelson 1999]. In der bisher einzigen prospektiven multizentrischen Studie
zur Strahlenbehandlung primärer ZNS-Lymphome (Radiation Therapy Oncology Group,
RTOG-Studie 83-15) konnten insgesamt 41 Patienten hinsichtlich des Therapieansprechens
ausgewertet werden [Nelson 1992]. Die Behandlung setzte sich hierbei aus einer
Ganzhirnbestrahlung mit 40 Gy und einer zusätzlichen Bestrahlung mit 20 Gy der
Kontrastmittel anreichernden Tumorregion zusammen. Die mediane Überlebenszeit nach
Diagnosestellung betrug 12,2 Monate. In der Subgruppenanalyse ergaben sich für die über 60jährigen Patienten mit einer medianen Überlebenszeit von 7,6 Monaten signifikant schlechtere
Behandlungsergebnisse. Insgesamt entwickelten vier der insgesamt 41 Patienten (10%)
neurotoxische Folgeschäden. Nach Interpretation der Autoren dürfte die tatsächliche Anzahl
an
Patienten
mit
neurotoxischen
Folgeerscheinungen
höher
liegen,
da
serielle
neuropsychologische Untersuchungen bei dem behandelten Patientenkollektiv nicht
durchgeführt wurden [Nelson 1999]. Aus den vorliegenden Daten lassen sich folgende
Schlüsse ziehen: 1) Die alleinige Strahlentherapie zur Behandlung primärer ZNS-Lymphome
ist nicht kurativ; sie ist mit einer hohen Rate früher lokaler Rezidive vergesellschaftet. 2) Die
„optimale“ Strahlendosis ist nicht etabliert, es existiert offenbar keine klare DosisWirkungsbeziehung. Oberhalb einer Ganzhirnbestrahlung mit einer Dosis von 40 Gy ist
wahrscheinlich keine weitere Verbesserung der Behandlungsergebnisse zu erzielen [Nelson
1999]. 3) Trotz einer vergleichbaren Pathologie von primären ZNS Lymphomen und
systemischen
hochmalignen
Non-Hodgkin-Lymphomen
lassen
sich
die
guten
strahlentherapeutischen Ergebnisse bei den systemischen Lymphomen in der Behandlung
primär cerebraler Lymphome nicht reproduzieren.
5
Strahlentherapie und Chemotherapie
Um die Behandlungsergebnisse einer alleinigen Strahlentherapie zu verbessern, wurde in
zahlreichen, teils unizentrisch, teils multizentrisch untersuchten Behandlungskonzepten eine
Kombination aus Strahlentherapie und Chemotherapie durchgeführt [z.B. DeAngelis et al
1992, DeAngelis et al 2002, O’Brien et al 2000], die deutlich längere Überlebenszeiten
erzielten als eine alleinige Strahlentherapie. Ein im Folgenden als Standardtherapie primärer
ZNS Lymphome akzeptiertes Behandlungskonzept wurde Ende der Achtziger Jahre von
DeAngelis und Mitarbeitern etabliert [DeAngelis et al 1992]: Im Anschluß an zwei Zyklen
von systemisch appliziertem MTX in einer Dosierung von 1 g/m2 KOF wurde eine
Ganzhirnbestrahlung mit 40 Gy und eine zusätzliche Bestrahlung des Tumorbettes mit 15.4
Gy mit begleitender oraler Dexamethasonmedikation durchgeführt. Zur effizienten
Behandlung bzw. Prophylaxe der häufigen leptomeningealen Tumormanifestation war MTX
parallel zur intravenösen MTX-Gabe in einer Dosierung von 12 mg zweimal pro Woche
(insgesamt fünfmal) über ein Ommaya-Reservoir intraventrikulär injiziert worden. Nach
Abschluß der Strahlentherapie wurden zwei Zyklen Cytosinarabinosid (Ara-C) in einer
Dosierung von je zweimal 3 g/m2 KOF im Abstand von 24 Stunden intravenös verabreicht..
Die mediane Überlebenszeit mit dieser Therapie betrug 44,5 Monate und lag somit weit über
den mit anderen Behandlungskonzepten bis zu diesem Zeitpunkt erreichten Überlebenszeiten.
Die konsequente Nachbeobachtung der so behandelten Patienten ergab jedoch, dass
insbesondere die über 60-jährigen Patienten neurotoxische Folgeerscheinungen entwickelten.
Diese traten bildmorphologisch als Leukenzephalopathie und Hirnatrophie in Erscheinung
und äußerten sich klinisch durch ausgeprägte kognitive Beeinträchtigungen. Von diesen
behandlungsinduzierten Folgeerscheinungen waren bereits nach zwei Jahren 70% der über
60-jährigen Patienten betroffen. Nach vier Jahren zeigten 100% der über 60-jährigen
Patienten diese neurotoxischen Spätfolgen [Abrey et al 1998]. In einer japanischen Studie
wurde eine hochdosierte MTX-Chemotherapie (100 mg/kg) mit einer konsekutiven
Stralentherapie kombiniert [Hiraga et al 1999]. Bereits nach Abschluß der Chemotherapie
zeigten 79% der Patienten eine zumindest partielle Remission des Tumors; nach
Strahlenbehandlung zeigten alle Patienten ein Ansprechen auf die kombinierte Therapie. Die
mediane Überlebenszeit dieser Patientengruppe betrug 39,3 Monate. Bei fünf von 15
Patienten (33.3%) mit einem Alter von über 60 Jahren wurde jedoch kernspintomographisch
nach Abschluß der Therapie eine Leukenzephalopathie nachgewiesen [Hiraga et al 1999].
Vergleichbare Behandlungsergebnisse konnten in einer Australischen Phase II Studie mit
6
einer zweimaligen Applikation von MTX (1g/m2 KOF) im Abstand von einer Woche und
einer anschließenden Strahlentherapie mit 50 Gy erzielt werden. Trotz der vergleichsweise
niedrigen MTX-Dosis waren auch hier bei sechs von 39 mehr als ein Jahr überlebenden
Patienten neurotoxische Spätfolgen bereits ohne neuropsychologische Verlaufskontrollen
offensichtlich [O’Brien 2000]. Die kürzlich publizierten Ergebnisse einer multizentrischen US
amerikanischen Phase II Studie bei 102 Patienten nach systemischer Chemotherapie unter
Einschluss von Methotrexat, Vincristin, Procarbazin und intraventrikulärer MTX Gabe sowie
Cytarabin nach Ganzhirnbestrahlung erbrachten eine mediane Gesamtüberlebenszeit von 36,9
Monaten und eine progressionsfreie Zeit von 24,0 Monaten [DeAngelis et al 2002] für das
Gesamtkollektiv und 50,4 Monate für Patienten unter 60 Jahren.
Alleinige Chemotherapie
Eine Chemotherapie als alleinige Behandlungsmodalität primärer ZNS Lymphome wurde
bisher in zahlreichen unizentrischen unkontrollierten Behandlungsserien untersucht. Aus den
gewonnenen Daten läßt sich ableiten, dass MTX in einer Dosierung von über 1g/m2 KOF das
wirksamste Zytostatikum in der Behandlung der primären ZNS-Lymphome ist [Blay et al
1998]. In einigen Therapiestudien wurde daher die Wirksamkeit von hochdosiertem MTX als
alleinige Chemotherapie oder in Kombination mit anderen Zytostatika zur Initialbehandlung
der primären ZNS Lymphome eingesetzt [Guha Takurta et al 1999, Herrlinger et al 2002].
Guha-Thakura und Mitarbeiter erreichten mit einer alleinigen hochdosierten MTXChemotherapie (8g/m2 KOF über vier Stunden i.v. über zwei bis 12 Zyklen) bei 65% der
Patienten eine komplette und bei 35% der Patienten eine partielle Tumorremission. Eine
Besonderheit dieser Therapie war, dass alle Patienten, unabhängig vom Remissionsstatus,
eine MTX-„Erhaltungstherapie“ (3.5g/m2 KOF in dreimonatigen Abständen) erhielten. Die
mediane Zeit bis zum Rezidiv oder Tumorprogress betrug knapp 17 Monate, die mediane
Überlebenszeit war zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht erreicht [Guha Takurta et al
1999]. Diese Daten wurde in einer deutschen multizentrischen Phase II Studie nicht bestätigt:
Hier konnte nur bei 35% der Patienten mit Hochdosis-MTX allein eine komplette Remission
erzielt werden, bei 5% eine partielle Remission. Aus diesem Grund wurde die Studie nach 37
eingecshlossenen Patienten vorzeiltig beendet [Herrlinger]. In einer weiteren Therapiestudie
setzten Sandor und Mitarbeiter neben Hochdosis-MTX (8.4 g/m2 KOF) Thiotepa, Vincristin
und Dexamethason systemisch und zusätzlich MTX intraventrikulär über ein OmmayaReservoir ein. Mit dieser Therapie konnte bei 11 der 14 Patienten eine komplette und bei 3
7
Patienten eine partielle Remission erreicht werden, die mediane progressionsfreie Zeit betrug
16,5 Monate. Nach einer Beobachtungszeit von 32 bis 57 Monaten ist für das beschriebene
Patientenkollektiv die mediane Gesamtüberlebenszeit noch nicht erreicht [Sandor et al 1998].
Wegen seiner Hydrophilie weist MTX nur eine schlechte Blut-Hirn-Schrankengängigkeit auf.
Deshalb entwickelten Neuwelt und Mitarbeiter ein Therapiekonzept
mit intraarterieller
MTX-Applikation nach passagerer Blut-Hirn-Schranken-Öffnung durch intraarterielle
Mannitol-Infusionen [McAllister et al 2000]. Insgesamt 74 Patienten wurden mit 12
Chemotherapiezyklen in jeweils einmonatigen Abständen behandelt. Nach intravenöser
Applikation von Cyclophosphamid wurden Mannitol und schließlich MTX in einer Dosierung
von 2,5 g/m2 KOF intraarteriell infundiert. Mit dieser Therapie konnte bei 48 Patienten
(65%) eine vollständige Tumorremission erreicht werden. Die mediane Überlebenszeit betrug
40,7 Monate. Serielle neuropsychologische Untersuchungen der Patienten im Verlauf zeigten
nach Mitteilung der Autoren selbst bei den über 60-jährigen Patienten keine kognitiven
Beeinträchtigungen [McAllister et al 2000]. Ob die Eröffnung der Blut-Hirn-Schranke
bestimmter Gefäßterritorien bei einem diffus infiltrativ wachsenden Tumors des Gehirns und
der Meningen ein sinnvoller Ansatz ist, darf bei hoher akuter Komplikationsrate (bei 8% der
Therapiezyklen traten epileptische Anfälle auf, bei 7% cerebrale Ischämien) angezweifelt
werden.
b)
Ergebnisse der Bonner Pilotstudie und vorläufige Ergebnisse der Phase II Studie
Im Rahmen der Studien mit dem „Bonner Chemotherapieprotokoll“ wurden Wirksamkeit und
Toxizität einer alleinigen Polychemotherapie mit dem Ziel einer möglichst hohen
Remissionsrate und einer langen Überlebenszeit bei hoher posttherapeutischer Lebensqualität
evaluiert. Eine serielle, umfassende neuropsychologische formale Testung sowie die
Erhebung der Lebensqualität über mindestens fünf Jahre nach Beendigung der Therapie
waren deshalb integraler Bestandteil der Studie. Die Therapie wird an unserem Zentrum seit
1995 allen Patienten mit PZNSL angeboten, wenn keine Kontraindikationen durch andere
Organerkrankungen vorliegen, d.h. es wurden im Gegensatz z.B. zur NOA III Studie auch
Patienten mit einem Karnofsky Index von unter 50 behandelt. Die Daten wurden in Teilen
bereits publiziert [Schlegel et al 2001, Glasmacher et al 2002]; insgesamt wurde in einer 20
Patienten umfassenden Pilotstudie eine Gesamtremissionsrate von über 70% und ein
medianes Gesamtüberleben von über 50 Monaten erzielt, womit die Therapie vergleichbar
wirkungsvoll ist wie die Kombinationstherapie von Strahlen- und Chemotherapie ohne zu
8
wesentlichen neurotoxischen Spätfolgen zu führen. Das Protokoll wurde 1998 in eine
multizentrische, bundesweite Phase II Studie überführt, in die bislang über 80 Patienten
eingeschlossen wurden.
Eine Analyse der Behandlungsergebnisse von mittlerweile 65 therapierten und ausgewerteten
Patienten (medianes Alter 62 Jahre) wurde vom J Clin Oncol zur Publikation angenommen
(Pels et al 2003): Danach liegt die mediane Gesamtüberlebenszeit bei 50 Monaten, die
Ereignis-freie Überlebenszeit bei 21 Monaten für das Gesamtkollektiv; für Patienten unter 61
Jahren sind mediane Gesamtüberlebenszeit Ereignis-freie Überlebenszeit noch nicht erreicht.
Darüberhinaus wurden folgende wesetliche Ergebnisse erzielt:
Komplette Remission
Partielle Remission
Nicht bestimmbar
Progredienter Tumor
Tod
Gesamtansprechen
Gesamt
37 (57%)
6 (9%)
4 (7%)
12 (19%)
6 (9%)
43/62 (69%)
Pat <61J
74%
10%
3%
6%
6%
86%
Mediane Ereignis-freie Überlebenszeit
Mediane Gesamtüberlebenszeit
21 Mo
50 Mo
(95% CI 12- nicht erreicht)
(95% CI 31- nicht erreicht)
Die wesentlichen Komplikationen bestanden in
• 6/65
Therapie-assoziierten Todesfällen*
• 12/64
Ommaya-Reservoir Infektionen
• 2(?)/65
Permanente Therapie induzierte Neurotoxizität
• 2/65
WHO IV Pneumonie
• 8/65
Mukositis WHO III/IV
•
Myelosuppression (WHO III, IV)
Pat > 60J
43%
9%
6%
31%
11%
55%
9%
19%
3%
2%
12%
>40%
* 1 „sudden unexplained death“
1 Sepsis mit Multiorganversagen ohne Myelosuppression
4 mal Sepsis mit Multiorganversagen i. R. einer Myelosuppression
Eine Therapie-assoziierte Neurotoxizität mit kognitiven Leistungseinbußen trat bei einem
Patienten sicher, bei einer anderen (mit Tumorrezidiv) fraglich auf. Serielle neuropsychologische
Kontrolluntersuchungen erbrachten keine kognitiven Einbußen bei Langzeitüberlebern
[Fließbach et al 2003].
15 Patienten (23%) wurde bei Rezidiv/Progress bestrahlt, 6 erhielten verschiedene
Chemotherapieschemata (5 komplette Remissionen bei neuerlicher Applikation des „Bonner
Protokolls“); 3 erhielten keine Therapie mehr.
9
c) Zytostatika und ihre besonderen Nebenwirkungen
Dexamethason: Dexamethason besitzt wie andere Corticosteroide bei Non Hodgkin-Lymphomen
eine echte zytotoxische Wirksamkeit, die insbesondere bei PZNSL so ausgeprägt sein kann, dass die
Tumoren unter einer Dexamethason-Therapie alleine in Einzelfällen für mehrere Monate bis Jahre
verschwinden können. Dexamethason ist integraler Bestandteil des pädiatrischen MulticenterProtokolls zur Therapie der kindlichen Burkitt-Lymphome mit initialem ZNS-Befall [Reiter et al
1990]. Die zahlreichen Steroid-induzierten Nebenwirkungen wiegen bei Patienten mit PCNSL
besonders schwer, da diese Patienten oft wegen eines Hirnödems bereits vor Einleitung der
spezifischen Therapie über mehrere Wochen mit Dexamethason behandelt werden. Besonders
ungünstig ist für die Hochdosis-Polychemotherapie die Immunsuppression im Rahmen der
Grunderkrankung, die durch die langdauernde Steroidgabe noch zunimmt. Ein Absetzen der Steroide
ist deshalb wünschenswert, oft jedoch nicht möglich. Deshalb soll im Rahmen des vorliegenden
Protokolls Dexamethason nach Einleitung der spezifischen Therapie so rasch wie möglich
ausgeschlichen und schließlich abgesetzt werden. Erst wenn die Steroide über mehrere Wochen nicht
mehr gegeben wurden, sollen sie wegen ihrer zytotoxischen Potenz ab Zyklus C1 in das Protokoll
aufgenommen werden.
Methotrexat (MTX): MTX blockiert über eine Hemmung der Dihydrofolatreduktase die De-novoPurinsynthese; es wirkt auf die S-Phase des Zellzyklus. Eine Hochdosis-MTX-Therapie ist potentiell
nephrotoxisch und führt bei hoher Konzentration in der Niere zu einer tubulären Nekrose. Obligat
wird deshalb eine Flüssigkeitszufuhr von mindestens sechs Litern über 24h und eine Alkalisierung des
Urins mit Bicarbonat durchgeführt (s. Infusionsplan im Anhang). Obligat ist eine Myelosuppression,
die nur durch die Antagonisierung mit Ribofolin beherrscht werden kann. Der Ribofolin-Rescue
beginnt im vorliegenden Protokoll 10 Stunden nach Abschluß der MTX-Infusion (s. Infusionsplan).
Zur Verhütung und Behandlung einer Stomatitis wird eine obligate Prophylaxe mit Ampho-Moronal,
Betaisodona-Mundspülung und Bepanthen-Suspension durchgeführt. Leberwerterhöhungen sind
häufig; eine Medikamenten-induzierte Hepatopathie kann in seltenen Fällen zu einer Zirrhose führen.
Cytarabin (Ara-C, Cytosin-Arabinosid): Hochdosiertes Cytarabin (HD-Ara-C) verursacht eine lang
anhaltende Myelosuppression; es besitzt außerdem eine hohe Schleimhaut-Toxizität. Gelegentliche
akute Nebenwirkungen bestehen vor allem in dem sogenannten Cytarabin-Syndrom, mit Fieber,
Muskel- und Knochenschmerzen, maculopapulösem Ausschlag, Nausea, Erbrechen, Diarrhoe und
10
Konjunktivitis. Neurologisch sind akute Organische Psychosyndrome im Rahmen einer reversiblen
Ara-C-induzierten Encephalopathie beobachtet worden. Ab einer kumulativen Dosis von mehr als 30g
kommt es fakultativ zu einem zerebellären Syndrom, welches unter Umständen nicht
rückbildungsfähig ist. Eine Gesamtdosis von 30 g wird deshalb im vorliegenden Schema nicht
überschritten. Während der Therapie mit Cytarabin erfolgt eine supportive Therapie mit CortisonAugentropfen zur Konjunktivitis-Prophylaxe.
Procarbazin: Procarbazin ist ein Alkylanz, das als lipophiles Zytostatikum die Blut-Hirn-Schranke
passieren kann und deshalb frühzeitig Eingang in die Neuroonkologie gefunden hat. Es führt zur
Methylierung
der
DNA
und
Bildung
eines
spezifischen
DNA-Adduktes
(O6-
Methyldeoxyguanosin), das die Replikation von DNA und die RNA-Synthese behindert.
werden durch die O6-Methyldeoxyguanosin-Methyl-
Procarbazin-induzierte Schäden
Transferase (MGMT) repariert. Procarbazin ist wirksam gegen Hodgkin- und Non-HodgkinLymphome und ist Bestandteil mehrerer Chemotherapieprotokolle gegen Primäre ZNS
Lymphome [DeAngelis et al 1992, DeAngelis et al 2002, Herrlinger et al 2000]. Die
wichtigsten Nebenwirkungen sind Myelosuppression, gastrointestinale Unverträglichkeit und
allergische Reaktion, selten eine Medikamenten induzierte-Hepatitis. Wichtig ist die
Unverträglichkeit mit Alkohol und Tyramin-haltigen Speisen.
Vincristin und Vindesin: Die Vincaalkaloide sind Spindelgifte. Sie arretieren die Zellen in der
Mitosephase und wirken hemmend auf die RNA-Synthese durch eine Beeinflussung der DNAabhängigen RNA-Polymerase. Sie wirken auf die G2- und M-Phase des Zellzyklus. Nebenwirkungen
sind Sensibilitätsstörungen und Parästhesien, bei 10 bis 20% der Fälle symmetrische, distale
Polyneuropathien mit Areflexie. Eine spastische Obstipation mit Subileus stellt eine Indikation zur
Therapieunterbrechung dar.
Ifosfamid: Ifosfamid ist ein Alkylanz, dessen wirksamer Metabolit in der Leber aktiviert
wird. Es bindet konvalent an Proteine und DNA und vermag DNA-Stränge zu vernetzen und
DNA-Abbrüche
zu
verursachen.
Außerdem
hemmt
es
die
DNA-Synthese.
Eine
hämorrhagische Cystitis kann durch die Gabe von Uromitexan (Mesna) verhindert werden.
Die Mesna-Prophylaxe wird 0,4 und 8h nach Abschluß der Ifosfamid-Infusion durchgeführt.
Weitere
Nebenwirkungen
sind
Myelosuppression,
11
Leberparenchymschäden,
Nausea,
Erbrechen und in seltenen Fällen zentralnervöse Nebenwirkungen mit Unruhe, Agitiertheit,
Organischem Psychosyndrom und sehr selten zerebralen Anfällen.
Cyclophosphamid: Cyclophosphamid ist ebenfalls ein Alkylanz, das DNA-Stränge miteinander
vernetzt und die DNA-Synthese hemmt. Sein Nebenwirkungsprofil ist dem von Ifosfamid
vergleichbar. Eine Mesna-Prophylaxe einer hämorrhagischen Cystitis ist obligat.
12
2.
BEGRÜNDUNG DES STUDIENDESIGNS
Für die Entwicklung des vorliegenden Studienprotokolls waren Daten aus der Literatur (A) in
Verbindung mit den in der Bonner Pilot-/Phase II Studie erhobenen Ergebnisse (B) wesentlich:
A Schlussfolgerungen aus publizierten Daten
1. Die wirksamste Chemotherapie bei PZNSL ist Hochdosis MTX [Blay et al 1998; Ferreri
et al 2002]
1. Nach den deutschen Erfahrungen führt MTX allein jedoch nur bei ca. 40% der Patienten
zu einer Remission [Herrlinger et al 2002].
2. Eine Polychemotherapie, insbesondere die Kombination von MTX mit Ara-C, ist nach
den Ergebnissen einer Meta-Analyse wirkungsvoller als die Monotherapie mit MTX
[Ferreri et al 2002].
3. Metaanalysen belegen keine therapeutischen Effekt einer intraventrikulären Therapie
[Ferreri et al 2002, Khan et al 2002].
4. Die Kombination von MTX mit einer nachfolgenden Bestrahlung ist für Patienten über 60
Jahre neurotoxisch: Viele, wenn nicht alle, dieser Patienten erleiden schwere Spätfolgen
ein halbes bis vier Jahre nach Abschluß der Therapie im Sinne einer Demenz bis hin zur
völligen Pflegebedürftigkeit [Abrey et al 1998, Schlegel et al 1999].
5. Eine alleinige Strahlentherapie ist nach den historischen Daten nicht mehr vertretbar
[Schlegel et al 2000].
6. Es gibt außer den NOA III Daten [Herrlinger et al 2002] bisher keine systematisch in einer
Phase II Studie evaluierte Chemotherapie ohne Strahlentherapie.
7. Bislang ist die „optimale“ Chemotherapie für Primäre ZNS Lymphome noch nicht
definiert.
8. Die Frage des Stellenwertes einer zur Chemotherapie zusätzlichen Strahlentherapie ist
relevant und wird derzeit in einer multizentrischen Deutschland weiten randomisierten
Studie geprüft [siehe Plaswilm et al 2002]. Folgende statistische Überlegungen sind
jedoch erwägenswert: Formuliert man die Hypothese, dass i. R. einer randomisierten
Studie eine initial durchzuführende Chemotherapie eine komplette Remissionsrate von
60% erzielt, und dass danach der randomisierte Vergleich zweier Gruppen A und B (Arm
A ohne nachfolgende Strahlentherapie, Arm B mit nachfolgender „konsolidierender“
Strahlentherapie) zu einer Verlängerung des Überlebens um mindestens 40% zugunsten
der Kombinationstherapie führt, ist eine Rekrutierung von > 700 Patienten erforderlich,
13
um diesen Unterschied statistisch mit einer Power von 80 beweisen zu können (Batchelor,
Lugano 2002, unveröffentlicht). Es besteht die Gefahr, dass eine solche Studie nicht
durchführbar ist oder kein verwertbares Ergebnis erzielt.
9. In großen publizierten Serien werden Patienten ab einschließlich dem 60. Lebensjahr zur
Gruppe der „älteren“ Patienten gerechnet [z.B. Abrey et al 1998, DeAngelis et al 2002].
B Schlussfolgerung aus den Daten mit dem Bonner Protokoll
1. Die mit dem Bonner Protokoll erzielten Überlebenszeiten und Zeiten bis zum
Therapieversagen sind die zweitbesten unizentrischen [Schlegel et al 2001] und die besten
multizentrischen Ergbnisse [Pels et al 2003].
2. Die alleinige Chemotherapie ist offenbar selten mit neurotoxischen Spätfolgen verbunden
[Schlegel et al 2001, Fliessbach et al 2003].
3. Die Komplikationsrate von 12/64 (19%) Ommaya Reservoir Infektionen ist sehr hoch und
lässt in Anbetracht der ungesicherten Wirksamkeit dieser Applikationsform diesen
Bestandteil der Therapie fraglich erscheinen.
4. Patienten unter 61 Jahre haben eine hervorragende Ansprechrate von 86%. Noch vor
Erreichen der 75ger Perzentile zeigt die Kaplan Meier Überlebenskurve keinen weiteren
Abfall mehr; in dieser Gruppe darf mit einem hohen Prozentsatz kurativ behandelter
Patienten gerechnet werden. Nur eine sehr kleine Gruppe (<10%) zeigt unter Therapie
einen Progress oder frühe Rezidive.
5. Bei Patienten über 60 Jahre hat das Bonner Protokoll eine Gesamtremissionsrate von
„nur“ 56%, häufige Rezidive im Verlauf bis zu 30 Monate nach Abschluss der Therapie
(26%) und mit 4/35 Patienten eine Letalität von 11%.
6. Bei keinem Patienten, der nach dem 2. Zyklus (B1) ein fehlendes Ansprechen zeigte, war
mit dem 3. Zyklus (C1) noch ein Ansprechen zu erzielen.
14
Die vorliegende Studie ist eine Nachfolgestudie aufbauend auf den Erfahrungen der Pilot/Phase II Studie mit dem Bonner Protokoll. Für diese Nachfolgestudie muss deshalb
formuliert werden:
•
Eine Phase II Studie zur Optimierung einer alleinigen Chemotherapie ist sinnvoll; eine
randomisierte Phase III Studie ist nicht sinnvoll bzw. nicht durchführbar.
•
Das Therapiekonzept darf für Patienten unter 60 nicht wesentlich geändert werden. Bei
Fortfall der intraventrikulären Therapie (s.u.) ist eine frühzeitige Zwischenevaluation (z.B.
nach 20 Patienten) erforderlich, um bei Nachweis einer signifikant niedrigeren
Remissionsrate als mit kombinierter systemischer und intraventrikulärer Therapie die Studie
vorzeitig zu beenden.
•
Die Therapie der Patienten > 60 Jahre muss um zusätzliche wirksame Substanzen erweitert
und gleichzeitig verträglicher gestaltet werden. Deshalb sollen die Substanz mit schlechter
Blut-Hirn-Schrankengängigkeit und theoretisch fraglicher Wirksamkeit (Cyclophosphamid)
sowie die intraventrikuläre Therapie fortfallen. Stattdessen soll Procarbazin im 2. und 5.
Zyklus (B1 und B2) und als Erhaltungstherapie, angepasst an die individuelle Myelotoxizität,
nach Abschluss der Zyklen A1 bis C2 über zwei Jahre appliziert werden (s.u.).
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16
3.
STUDIENZIEL UND PATIENTENAUSWAHL
Primäres Studienziel: Erreichen einer Gesamtremissionsrate (komplette Remissionen und
partielle Remissionen) von mindestens 86% bei Patienten < 60 Jahre und von mindestens
71% bei Patienten ≥ 60 Jahre. (Begründung dieser Ziele im Teil STATISTIK, S. )
Sekundäre Studienparameter:
Ermittlung der Gesamtüberlebenszeit (overall survival, OS)
Ermittlung der Zeit bis zum Therapieversagen (time to treatment failure; TTF)
Definiert als
-
Tumorprogress / -rezidiv
-
Tod
-
Therapieabbruch wegen Nebenwirkungen
Ermittlung der Progressions-freien Überlebenszeit (PFS) nach CR oder PR
Ermittlung der 2-Jahres- und der 5-Jahres Überlebensfraktion
Ermittlung der Toxizität und der Neurotoxizität einer systemischen Chemotherapie mit
intraventrikulärer Therapie (bei nachgewiesener leptomeningealer Tumoraussaat)
Ermittlung von klinischen, biologischen und neuropathologischen Kriterien, die die
Remissionsrate/- dauer ungünstig oder günstig beeinflussen.
Patienten:
Einschlusskriterien: Alle Patienten mit Erstdiagnose eines PCNSL, die 18 bis 75 Jahre alt sind.
Ausschlusskriterien
1.
Schwere Erkrankungen, die eine Applikation der Chemotherapie nicht erlauben:
a)
Einschränkung der Nierenfunktion; Serum-Kreatininwerte über 2 mg%,
Kreatinin-Clearence unter 60 ml/min.
b)
Lebererkrankungen; der Bilirubin-Wert muß unter 3 mg% liegen.
c)
Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz, Grad III bis IV (NYHA),
absolute Arrhythmie oder ventrikuläre Rhythmusstörungen, Lown II B, III, IV.
d)
Schwere, floride endogene Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen, die eine
Kooperationsbereitschaft ausschließen.
e)
HIV-positive Patienten. Patienten mit aktiver Hepatitis-A, mit Hepatitis-B oder C.
f)
Andere schwere, nicht beherrschbare Infektionen.
g)
Gleichzeitige oder vorausgegangene andere maligne Erkrankung während der
letzten 5 Jahre mit Ausnahme eines adäquat behandelten Basalzellkarzinoms oder
eines Zervixkarzinoms in situ
2.
Schwangerschaft, Stillen, keine ausreichende Kontrazeption
3.
Fehlende Einverständniserklärung.
18
4.
STUDIENDAUER UND ABBRUCHKRITERIEN
Studiendauer: Ab Vorliegen der Zustimmung der Ethik-Kommission bis zum Einschluss von
89 Patienten ≥ 60 Jahre und von 110 Patienten < 60 Jahre (siehe Statistik).
Zu erwartender Patientenumfang: 199 Patienten insgesamt.
Zwischenauswertung: Nach jeweils 20 behandelten Patienten pro Altersgruppe spätestens
jedoch nach jeweils 12 Monaten.
Abbruchkriterien:
1.
Therapieassoziierte Letalität von mehr als 20%.
2.
Wenn i. R. der oben bezeichneten Zwischenauswertungen die Gesamtansprechrate unter
75% bei Patienten < 60 Jahre und unter 55% bei Patienten ≥ 60 Jahre liegt und die
bedingte Power-Analyse dann zeigt, dass das Studienziel nicht erreicht werden kann.
Kapitel 5. THERAPIEÜBERSICHT
Es werden zwei verschiedene Therapie-Schemata für unterschiedliche Altersgruppen
durchgeführt:
1. Patienten unter 60 Jahren erhalten eine Chemotherapie über 6 Zyklen (A1,B1,C1,A2,B2,C2)
analog dem Bonner Protokoll und in jedem Therapiezyklus an Tag 2 eine intrathekale
Chemotherapie mit lipophilisiertem Cytarabin (DepotCyt ®) 50mg über eine einmalige
lumbale Instillation in den Liquorraum.
2. Patienten ab dem 60. Lebensjahr erhalten eine Chemotherapie über 6 Zyklen
(A1,B1,C1,A2,B2,C2) eines „modifizierten Bonner Protokolls“ und in jedem Therapiezyklus
an Tag 2 eine intrathekale Chemotherapie mit lipophilisiertem Cytarabin (DepotCyt ®)
50mg über eine einmalige lumbale Instillation in den Liquorraum. Danach erhalten Patienten
in CR und PR über 2 Jahre eine an die Knochenmarkverträglichkeit angepasste orale
Therapie mit Procarbazin unter ambulanten Bedingungen (Protokoll II).
Zyklen A1, B1, C1, A2, B2, C2 beginnen an Tagen 1, 22, 43, 64, 85 und 106
Das Chemotherapieprotokoll ist im Anhang dargestellt für Patienten < 60 Jahre (Anhang I) und
für Patienten ≥ 60 Jahre (Anhang II).
19
5.3. Kompensierte Niereninsuffizienz
Bei Niereninsuffizienz ist eine Adaptation der MTX Dosis an die Ausscheidungsleistung
möglich: Im Zyklus A1 darf eine Absenkung der systemischen Therapie auf bis zu 1,5 g/m2
KOF durchgeführt werden. In den folgenden Zyklen B1, A2 und B2 soll die MTX Dosis dann
nach der erreichten Serumkonzentration von MTX unmittelbar nach Beendigung der Infusion
und nach dem MTX Konzentrationsabfall im Serum über die folgenden 48 Stunden im Zyklus
A1 angepasst werden.
5.4 Individualadaptation im Zyklus A1
Bei Patienten in einem schlechten Allgemeinzustand darf eine Individualadaptation des ersten
Therapiezyklus vorgenommen werden. Dabei darf jedoch in keinem Fall eine Veränderung oder
Verzögerung
der
systemischen
Methotrexatgabe
vorgenommen
werden
außer
bei
Niereninsuffizienz (s.o. 5.3). Insbesondere kann auch bei nachgewiesenem leptomeningealem
Befall bei Patienten < 60 im ersten Zyklus auf die intraventrikuläre Applikationsform verzichtet
und das Ommaya Reservoir zwischen A1 und B1 implantiert werden.
5.5 Gabe von G-CSF (Protokoll I und II)
Um eine möglichst genaue Einhaltung der geplanten Dosisintensität zu erreichen und um
Infektionen zu vermeiden, wird im vorliegenden Studienkonzept G-CSF (Filgrastim) wie von
der ASCO 2000 empfohlen mit 5 µg/kg KG Tag 6 - 13, oder die Gabe von Pegfilgrastim
(6mg absolut einmal pro Zyklus frühestens 24 Stunden nach Ende der Chemotherapie)
sekundär-prophylaktisch eingesetzt.
Blutbildkontrollen (Differentialblutbild) werden im Bereich des zu erwartenden Nadirs der
neutrophilen Granulozyten täglich durchgeführt (s. Abschnitt 8 Verlaufskontrollen). Bei
Auftreten einer Neutropenie mit einer ANZ < 1.000/µl, wird im aktuellen Kurs eine
therapeutische Intervention mit r-metHuG-CSF (Filgrastim) in einer Dosierung von 5 µg/kg
KG durchgeführt. Die Gabe von r-metHuG-CSF (Filgrastim) wird bis zur Erholung der ANZ
auf > 3.000/µl an drei aufeinander folgenden Tagen oder einmalig über 8.000/µl nach
Durchschreiten des Nadirs fortgeführt.
In allen konsekutiven Kursen erfolgt dann die obligate Gabe von G-CSF (Filgrastim) 5 µg/kg
KG an Tag 6 - 13 oder von Pegfilgrastim (eine Fertigspritze, 6 mg absolut frühestens 24 h
nach Ende der Chemotherapie).
20
6. FLUSSDIAGRAMM DER THERAPIESTUDIE
Seite 20 (neu)
6. FLUSSDIAGRAMM DER THERAPIESTUDIE
Diagnosestellung
Referenzneuropathologie
Inst. f. Neuropathologie
der Universität Köln
(Frau Prof. Dr. Deckert)
Staging I
Einschluss
< 60 Jahre
„Bonner Protokoll“
≥ 60 Jahre
„Modifiziertes Bonner
Protokoll“
mit intrathekaler Therapie
mit intrathekaler Therapie
Therapiezyklen
A1, B1
Staging II
MR- Kontrolle: CR, PR
SD, PD
Therapieversagen:
Salvage Therapie
Fortsetzung der Therapie
Therapiezyklen C1, A2,B2,C2
Staging III
< 60 Jahre:
Verlaufskontrolle
≥ 60 Jahre
Erhaltungstherapie
21
Nach der histologischen Diagnosesicherung und Staging I erfolgt die Therapie in Abhängigkeit
vom Lebensalter. Die histopathologischen Präparate werden dann zur referenzpathologischen
Begutachtung mit dem Begleitbogen (Anlage XI) an die
Abteilung für Neuropathologie
Klinikum der Universität zu Köln
Direktorin: Prof. Dr. M. Deckert
Kerpener Strasse 62 – 50924 Köln
Telefon (0221) 478 5265 - Telefax (0221) 478 7237
geschickt.
Staging I umfasst:
•
•
•
•
•
HIV Test
Augenärztliche Untersuchung inklusive Spaltlampenuntersuchung
Klinische Untersuchung aller LK-Regionen inklusive einer HNO-ärztlichen
Untersuchung des Rachenringes und einer U-Schall Untersuchung der Hoden.
CT Thorax und Abdomen
Beckenkammstanze mit Knochenmarkbiopsie und –zytologie
Nach Zyklus B1 wird im Sinne eines Stagings II eine MR-tomographische Kontrolluntersuchung
durchgeführt. Dabei muss nach den oben beschreibenen Kriterien mindestens eine partielle
Remission (PR) nachweisbar sein. Im anderen Fall wird der Patient als Therapieversager
gewertet und einer Salvage Therapie zugeführt (s.u.). Von dieser Regel darf nur abgewichen
werden, wenn sich eine klinische Besserung um einen KPI von mindestens 20 zeigt. Bei MRtomographischem Nachweis einer Progression (PD) muss in jedem Fall Therapieversagen
festgestellt und eine Salvage Therapie eingeleitet werden. Nach Abschluss der Therapie (Zyklen
C1, A2, B2, C2) erfolgt ein neuerliches Staging III. Nach Erreichen einer PR oder CR erfolgen
bei Patienten < 60 Jahre Verlaufskontrollen, bei Patienten ≥ 60 Jahre die Erhaltungstherapie.
7. BEURTEILUNGSKRITERIEN FÜR REMISSION, GESAMTÜBERLEBEN, EREIGNIS FREIES
ÜBERLEBEN, PROGRESSIONS-FREIES ÜBERLEBEN, REZIDIV, PROGRESS
Remission: Der Verlauf unter Therapie wird beurteilt nach kernspintomographischem und
klinischem
Befund.
Das
Ansprechen
auf
die
Therapie
wird
beurteilt
i.R.
der
Abschlussuntersuchung mindestens 7 Tage nach Gabe der letzten Chemotherapie. Dabei wird
das Ansprechen auf die Therapie nach neuroradiologischen Kriterien wie folgt eingeteilt:
1.
Komplette Remission (CR): Vollständiges Verschwinden aller tumorverdächtigen
Bezirke im MRT, insbesondere der Kontrastmittel-aufnehmenden Regionen im
Gadolinium-verstärkten T1-gewichteten Bild.
2.
Partielle Remission (PR): Mehr als 50%ige Volumenreduktion aller tumorverdächtigen
Herde im Vergleich zum Ausgangs-MRT vor Einleitung der Therapie.
3.
Progrediente Tumorerkrankung (PD): Mehr als 25%ige Volumenzunahme der im
Ausgangs-MRT
vor
Einleitung
der
Therapie
nachweisbaren
Kontrastmittel-
aufnehmenden, tumorverdächtigen Areale oder/und Auftreten neuer Tumorareale.
22
4.
Stabiler Verlauf (SD): Alle anderen Situationen.
Für diese Einteilung gilt, dass zwischen Ausgangs-MRT und Kontroll-MRT die Steroiddosis
entweder konstant oder bei der Kontrolluntersuchung niedriger, bei Untersuchung nach
Abschluss aller Chemotherapiezyklen abgesetzt ist. Die MRT-Untersuchungen werden in
standardisierter Form an einem 1,5 Tesla-Gerät durchgeführt (s. Anlage IV). Eine klinische
Befundverschlechterung, d.h. Progredienz der neurologischen Symptomatik bei nach
radiologischen Kriterien stabilem Verlauf wird ebenfalls als progrediente Tumorerkrankung
gewertet.
Kernspintomographische Untersuchungen werden immer durchgeführt unmittelbar vor
Einleitung der Polychemotherapie, d.h. längstens 72 Stunden vor Einleitung der Chemotherapie,
nach Abschluss des zweiten Therapie-Zyklus und nach Abschluss des sechsten Therapie-Zyklus
sowie in allen anderen unklaren Situationen, in denen das Computertomogramm keine
eindeutige Verlaufsbeurteilung erlaubt.
Gesamtüberleben: Die Überlebenszeit wird berechnet ab dem Zeitpunkt der histologischen
Diagnosestellung.
Ereignis-freies Überleben: Als Ereignis wird das Auftreten einer klinischen Situation definiert,
die Therapieversagen bedingt, also Tod, Tumorrezidiv oder –progression und Nebenwirkungen,
die das Fortsetzen der Therapie unmöglich machen (nicht jedoch Abbruch der Therapie
aufgrund von Patientenwunsch). Das Ereignis-freie Überleben wird berechnet vom Zeitpunkt der
histologischen Diagnosestellung bis zum Auftreten des Ereignisses.
Rezidiv- bzw. Progressionsfreies Überleben: Das Rezidiv- bzw. Progressionsfreie Überleben
wird berechnet vom Zeitpunkt des abschließenden Stagings nach den ersten 6 Therapiezyklen
(bei Patienten ≥ 60 Jahren vor Einleitung der Procarbazin Erhaltungstherapie) bis zum Auftreten
des Rezidives oder Tumorprogresses (Definition s.u.).
Rezidiv: Als Tumorrezidiv wird das Neuauftreten Kontrastmittel aufnehmender Läsionen im
Kernspintomogramm und / oder der Nachweis von Tumorzellen im Liquor (ohne oder mit
klinischer Verschlechterung) nach vorausgegangener kompletter Remission definiert.
Tumorprogress: Als Tumorprogress wird eine mindestens 25% Volumenzunahme
Kontrastmittel aufnehmender Läsionen und / oder der neuerliche Nachweis von Tumorzellen im
Liquor (ohne oder mit klinischer Verschlechterung) nach vorausgegangener partieller Remission
(PR) definiert.
23
8. VERLAUFSKONTROLLEN WÄHREND DER STATIONÄREN THERAPIE
Zyklus
Diagnose
A1
B1
C1
A2
B2
C2
Therapie-Ende
Staging I (s.S.22) +
Liquor
+
+
+
lumbal entn.
+
+
+
BB/Diff.BB
+
alle 1 bis 2 Tage
+
Elektrolyte
+
alle 1 bis 3 Tage
+
Blutzucker
+
alle 2 bis 3 Tage
+
Gesamteiweiß
+
alle 4 bis 7 Tage
+
Leberwerte
(Bili, AP, GOT,
GPT, CHE, LDH) +
Kreatinin
+
alle 4 bis 7 Tage
alle 4 bis 7 Tage
+
+
Harnsäure
+
alle 1 bis 2 Tage
+
KreatininClearence
+
+
+
+
+
+
+
+
Gerinnungsstatus +
alle 3 bis 4 Tage
+
Urinstatus
+
alle 3 bis 4 Tage
+
Bakteriol. und
mykol. Unters.
+
a l l e 3 b i s 5 T a g e, bei Fieber
Serologie
(Hepatitis, HIV) +
Immunglob.,
Immunstatus
+
EKG
+
+
+
Echokardio.
+
+
+
Rö-Thorax
+
bei Bedarf
MRT
+
CCT - / + KM
+
bei Bedarf
+
Neurostatus
+
einmal pro Woche oder bei Verschlechterung
+
+
+ (nach Abschluss)
+
Neuropsych.Test +
+
+
EMG / NLG (PNP ?)
+ (obligat bei Patienten ≥ 60 nach 3. Zyklus)
24
Bei Durchführung der Erhaltungstherapie mit Procarbazin erfolgen regelmäßige ambulante
Blutbildkontrollen in Abhängigkeit von Verträglichkeit und Myelotoxizität. Insbesondere ist
dabei die im Verlauf mögliche kumulative Myelotoxizität zu beachten.
Eine laborchemische Kontrolle von Blutbild, Transaminasen und Kreatinin erfolgt mindestens
einmal vor jedem erneuten Procarbazin-Zyklus. Auf empfängnisverhütende Maßnahmen
während der Erhaltungstherapie muss bei Männern hingewiesen werden. Eine Allergie gegen
Procarbazin ist eine Indikation zur Beendigung der Therapie.
9.
KRITERIEN ZUR VERLAUFSBEURTEILUNG, INDIKATION ZUM
THERAPIEABBRUCH
Die Indikation zum Abbruch der Therapie besteht bei progredienter Tumorerkrankung oder bei
fehlendem Ansprechen, sog. stable disease (SD) (Definition s.o.) nach dem zweiten TherapieZyklus oder bei Auftreten von Nebenwirkungen, die das Fortsetzen der Chemotherapie nicht
erlauben.
10.
DOKUMENTATION VON NEBENWIRKUNGEN (ADVERSE EVENTS)
Alle Nebenwirkungen des WHO Grades III oder IV müssen im Dokumentationsbogen für jeden
Zyklus dokumentiert werden, insbesondere ist die Dauer (in Tagen) von neutropenischem Fieber
zu dokumentieren.
Alle lebensbedrohlichen oder tödlichen Komplikationen sind der Studienleitung (Prof. Dr.
Uwe Schlegel) unmittelbar, spätestens jedoch innerhalb von 24 Stunden per Fax oder
Telephon und bei telephonischer Nichterreichbarkeit über e-mail mitzuteilen.
Tel.
0224 299-3700
Fax
-3719
e-mail [email protected]
25
11.
VORGEHEN BEI REZIDIV
Empfehlungen der Studiengruppe bei Rezidiven und refraktären primären ZNSLymphomen
1. Refraktäre Erkrankung und Frührezidive, d. h. Rezidiv innerhalb von 6 Monaten
nach Beendigung der Chemotherapie bei Patienten < 65 Jahren, die für eine
myeloablative Hochdosistherapie infrage kommen:
Empfohlen wird die Hochdosistherapie nach dem Freiburger Protokoll. D. h., zunächst
Überprüfung des Ansprechens auf Chemotherapie und Stammzellsammlung, anschließende
Konditionierung mit Hochdosischemotherapie und autologer Stammzelltransplantation. Das
Protokoll ist über unsere Studienzentrale erhältlich.
2. Vorgehen bei Spätrezidiven, d. h. mehr als 6 Monate nach Ende der letzten
Chemotherapie:
Empfohlen wird eine Wiederholung des Bonner Protokolls, allerdings mit intrathekaler
Therapie über Reservoir. Im Einzelfall muss diskutiert werden, ob 4 oder 6 Zyklen
verabreicht werden.
3. Alternatives Vorgehen:
Sollte das oben unter 1. und 2. dargestellte Vorgehen nicht möglich sein, kommen folgende
Alternativen in Frage:
Temozolomid-Monotherapie
Topotecan-Monotherapie
Ganzhirnbestrahlung mit 30 x 1,5 Gy.
26
12
STATISTIK
In der laufenden Studie wird entsprechend internationaler Gepflogenheiten bei 59 Jahren eine
Altersgrenze gezogen, es werden also zwei Gruppen: < 60 Jahre und ≥ 60 Jahre, gebildet. Für
beide Gruppen wird die Remissionsrate durch ein exaktes einseitiges 95%-Konfidenzintervall
nach oben abgeschätzt. Entsprechend der unterschiedlichen Vorergebnisse werden die Studienziele für die beiden Untergruppen unterschiedlich formuliert:
Für Patienten < 60 Jahre wird eine mindestens ebenso hohe Gesamtremissionsrate (86%) wie
in der Vorläuferstudie erwartet: Bei Annahme dieser Remissionsrate liegt bei Erreichen einer
Fallzahl von n = 110 ein einseitiges 95% Konfidenz-Intervall mit einer Sicherheit (Power) von
90% oberhalb einer Remissionsrate von 75%. Das entspricht der Wahrscheinlichkeit der Ablehnung der Nullhypothese Remissionsrate ≤ 75% mit einem exakten einseitigen Binomialtest zum
Niveau 5%.
Für Patienten ≥ 60 Jahre wird mit dem modifizierten Protokoll eine im Vergleich zur Vorläuferstudie um 15% höhere, also 71%ge Remissionsrate erwartet: Bei Annahme dieser Remissionsrate liegt bei einer Fallzahl von n=89 Patienten das einseitige 95% Konfidenz-Intervall mit einer
Power von 90 oberhalb einer Remissionsrate von 56%. Das entspricht der Wahrscheinlichkeit
der Ablehnung der Nullhypothese Remissionsrate ≤ 56% mit einem exakten einseitigen
Binomialtest zum Niveau 5%.
Zwischenevaluationen:
Wenn die empirisch beobachtete Remissionsrate in der Studie für Patienten < 60 Jahre unter
75% und für Patienten ≥ 60 Jahre unter 56% fällt, wird eine Analyse der bedingten Power
durchgeführt, bei Weiterührung der Studie Konfidenzintervalle oberhalb von 75% bzw. 56% zu
erhalten. Die Studie wird (für die jeweilige Altergruppe) abgebrochen, wenn das Studienziel
nicht mehr realistisch erreichbar ist.
Die Durchführung der Zwischenauswertungen beeinflusst sowohl das Konfidenzniveau der
resultierende Konfidenzintervalle (das Fehlerniveau des entsprechenden Tests) als auch die
Power beider Entscheidungen. Da ein Studienabbruch als das Nichtausschließen von Remissionsraten unter 75% bzw. 56% zu verstehen wäre (nicht Ablehnung der Nullhypothese), wird das
tatsächliche Konfidenzniveau der bei einem Nichtabbruch resultierenden Konfidenzintervalle
kleiner als 5% sein.
27
13.
NEUROPSYCHOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN UND LEBENSQUALITÄT
Ein wesentliches Ziel bei der Behandlung Primär zerebraler Lymphome mit einer
kombinierten Chemotherapie ohne Bestrahlung ist die Vermeidung neurotoxischer
Langzeitfolgen. Innerhalb des Patientenkollektivs der Pilotstudie konnte mit
neuropsychologischen Längsschnittuntersuchungen gezeigt werden, daß bei den erfolgreich
behandelten Patienten, die länger als 12 Monate nach Therapieende rezidivfrei waren (n =
10), innerhalb eines Nachbeobachtungszeitraums von 21 bis 69 Monaten keine
therapieassoziierten kognitiven Einbußen auftraten. Bemerkenswerterweise manifestierten
sich bei 5 dieser Patienten innerhalb des Nachbeobachtungszeitraums z.T. ausgedehnte
Marklagerveränderungen im MRT, die auf eine (subklinische) MTX-assoziierte Toxizität
hinweisen. (Fließbach et al., 2003). Um das Auftreten auch diskreter kognitiver Einbußen
infolge der Polychemotherapie zu untersuchen, werden die Patienten, die in Bonn behandelt
werden, weiterhin vor und unmittelbar nach der Therapie, sowie regelmäßig bei den
Nachuntersuchungen ausführlich neuropsychologisch untersucht. Im Rahmen dieser
Untersuchungen soll auch ein neu vom Bereich Neuropsychologie der Klinik für
Epileptologie entwickeltes computergestütztes neuropsychologisches Testverfahren erprobt
und validiert werden. Dieses Instrument soll zukünftig die ökonomische Erfassung
neurotoxischer Therapiefolgen für die laufende sowie für künftige Therapiestudien auf dem
Gebiet der Neuroonkologie ermöglichen. In Zentren, in denen keine Kapazität für serielle
neuropsychologische Untersuchungen besteht, soll die Erhebung eines Mini-Mental-StatusTests nach Folstein integraler Bestandteil der neurologischen Untersuchung bei den
Kontrollterminen sein, um auf diese Weise das Auftreten schwerwiegender kognitiver
Defizite zu dokumentieren.
Zur Erfassung der Lebensqualität werden zwei Fragebogen der EORTC (EORTC QLQ-30
und Brain Cancer Module (BCM)) zur Verfügung gestellt, die vor und unmittelbar nach der
Therapie sowie bei den Kontrollterminen von den Patienten ausgefüllt werden sollen, und die
zentral in Bonn ausgewertet werden.
28
14.
WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNTERSUCHUNGEN
A. Pharmakogenetik bei der Behandlung von PCNSL:
MTX und der Homocysteinstoffwechsel
Hintergrund
Im menschlichen Organismus ist der Homocysteinstoffwechsel eng mit verschiedenen wichtigen
metabolischen Abläufen verbunden:
Methionin wird im Homocysteinstoffwechsel zu S-Adenosylmethionin (SAM) aktiviert. SAM ist als
Methylgruppendonor z.B. für die Markscheidenbildung durch Oligodendrozyten, den
Katecholaminstoffwechsel und die (hepatische) Synthese von Phospholipiden und
Sphyngomyelinen notwendig.
Abbauprodukt "verbrauchten" S-Adenosylmethionins ist Homocystein, eine hochreaktive und
bereits
in
leicht
erhöhten
Plasma-Konzentrationen
toxische
Aminosäure.
Im
Homocysteinstoffwechsel wird sie entweder zu Cystathionin und anschließend Cystein (Baustein
von Glutathion) abgebaut oder "recycled", indem sie zu Methionin und sukzessive SAM (s.o.)
remethyliert wird.
Die Remethylierung von Homocystein zu SAM konkurriert mit dem NukleinsäuresyntheseStoffwechselsystem um ein spezifisches Folsäurederivat (5,-10-Methylentetrahydrofolsäure). Wird
dies vermehrt zur Nukleinsäuresnthese genutzt, fehlt es im Homocysteinstoffwechsel (mit den
Folgen einer Hyperhomocysteinämie und geringeren SAM-Spiegeln). Wird es hingegegn vermehrt
für den Homocysteinstoffwechsel verbraucht, kann die Nukleinsäuresynthese beeinträchtigt
werden (Störung von Zellteilung und -stoffwechsel).
MTX greift entscheidend in den Folsäure-/Homocysteinstoffwechsel ein: durch Hemmung der
Dihydrofolatreduktase führt es zu einer Abnahme desjenigen Folsäurederivats, um das die
Nukleinsäuresynthese und der Homocysteinstoffwechsel konkurrieren (s.o.), so daß beide deutlich
gestört werden. Aus therapeutischer Sicht erwünscht erscheint v.a. die MTX-induzierte Hemmung des
Nukleinsäurestoffwechsels, während die Störung des Homocysteinstoffwechsels möglicherweise v.a.
zu unerwünschten Wirkungen führt - hypothetisch u.a. zu der bei etwa 40% der Studienpatienten
beobachteten Leukencephalopathie.
Im Homocysteinstoffwechsel sind verschiedene häufige Polymorphismen der beteiligten
Gene/Enzyme bekannt, die zu teils deutlichen Beeinträchtigungen der jeweiligen Enzymaktivität
führen.
These
Die Polymorphismen des Homocysteinstoffwechsels könnten insofern von pharmakogenetischer
Bedeutung für die MTX-Therapie sein, als sie möglicherweise die Verteilung des unter Therapie
verbleibenden "Rests" des entsprechenden Folsäurederivats zwischen Nukelinsäuresynthese und
Homocysteinstoffwechsel beeinflussen.
Studie
Genetische Charakterisierung der behandelten Patienten und Korrelation der Genotypen mit dem
Auftreten von Leukencephalopathien/sonst. Nebenwirkungen und dem Ansprechen des Lymphoms
auf MTX.
Durchführung
Von jedem Patienten werden neben den entsprechenden klinischen Informationen zwei große EDTARöhrchen (Vollblut) zur DNA-Präparation benötigt. Diese können ungekühlt auf dem normalen
Postweg an Herrn Dr. M. Linnebank, Neurologische Universitätsklinik Bonn, geschickt werden. Den
auswärtigen Zentren wird ein Informationsblatt mit vorbereiteter Einverständniserklärung für die
Patienten sowie zur Verfügung gestellt.
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ANLAGEN
Amendment 1
Amendment 2
Amendment 3
Amendment 4
Anlage I:
Protokoll 59
Anlage II:
Protokoll 60
Anlage III a: Infusionsplan junge Patienten A
Anlage III b: Infusionsplan junge Patienten B
Anlage III c: Infusionsplan junge Patienten C
Anlage IV a: Infusionsplan alte Patienten A
Anlage IV b: Infusionsplan alte Patienten B
Anlage IV c: Infusionsplan alte Patienten C
Anlage IV d: Procarbazin-Erhaltungstherapie
Anlage VI:
MRT
Anlage VII:
Info 59
Anlage VIII: Info 60
Anlage IX:
Einverständnis
Anlage IX a: Fragebogen Genetik
Anlage X:
Doku Stammdaten
Anlage X:
Dokubogen Therapieerfolg nach B1
Anlage X:
Dokubogen Therapieerfolg nach C2
Anlage X:
Dokubogen Therapiemodifikation 59
Anlage X:
Dokubogen Therapiemodifikation 60
Anlage X:
Dokubogen Toxizität
Anlage X:
Dokubogen Verlauf
Anlage XI:
Neuropathologie Begleitbogen
Anlage XII
SAE Meldung
Brief an Zentren 23.06.06
Depocyte German Order Form
DepoCyte Bestellinfo
Intensiver Leukovorinrescue
Karnofsky Performens scor
Mini Mental
Ethikvotum
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