Ausgabe 01 | 15 Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Urothelkarzinom ist der zweithäufigste urologische Tumor und hat in der Bundesrepublik bei Männern die fünfthöchste und bei Frauen die achthöchste Krebsinzidenz. Etwa drei Viertel aller Harnblasenkarzinome werden im oberflächlichen Tumorstadium diagnostiziert. Diese Tumore zeichnen sich durch eine besonders hohe Neigung zur Rezidivierung aus und sind Ursache dafür, dass das Urothelkarzinom in Deutschland eine der höchsten Kosten im Gesundheitssystem unter allen bösartigen Tumorerkrankungen verursacht. In dieser Ausgabe des Uro-Telegramms möchten wir ihnen einen Einblick in die aktuelle klinische und wissenschaftliche Entwicklung auf dem Gebiet des Urothelkarzinoms geben und Sie mit neuartigen operativen Herangehensweisen sowohl bei nicht-muskelinvasiven, muskelinvasiven und metastasierenden Erkrankungsstadien vertraut machen. Ihr Georgios Gakis TOP THEMA S. 02 Abtragung von Blasentumoren mit dem Hybridknife®-Verfahren AUS DER KLINIK Fokale Therapie beim low-risk Prostatakarzinom S. 04 Behandlungskonzepte beim Harnröhrenkarzinom Die „I-Pouch“-Neoblase Die Rolle der Chirurgie nach Chemotherapie beim Harnblasen-Ca RÜCKBLICK Uroonkologischer Arbeitskreis PERSONALIA | TERMINE S. 06 S. 08 S. 10 S. 12 S.14 2 TOP THEMA TOP THEMA 3 Abtragung von Blasentumoren mit dem HybridKnife®-Verfahren Georgios Gakis, Tübingen Das Harnblasenkarzinom stellt in Deutschland den fünfthäufigsten bösartigen Tumor beim Mann und die achthäufigste Tumorentität bei der Frau dar. Nach Angaben des RobertKoch Institutes wurden innerhalb des letzten 5-Jahres Zeitraums ca. 86000 Erkrankungsfälle bei Männern und ca. 27000 Fälle bei Frauen diagnostiziert1. Gemäß aktueller europäischer Leitlinien werden etwa drei Viertel aller Blasenkarzinome im oberflächlichen Tumorstadium diagnostiziert und können daher meist blasenerhaltend mittels Abtragung und Instillationen therapiert werden, wohingegen bei muskelinvasiven Blasentumoren eine Entfernung der Harnblase zur Erzielung einer Heilung meist erforderlich ist2. Die primäre Therapie von Blasentumoren erfolgt durch eine endoskopische Abtragung über die Harnröhre, genannt transurethrale Blasentumorresektion (TUR-B). Hierbei wird unter Narkosebedingungen über einen Schaft eine elektrisch induzierbare Schlinge in die Blase eingeführt, mittels derer portionsweise Blasentumoren abgetragen und aus der Blase ausgespült werden. gung von Dickdarmtumoren entwickelt. In mehreren Vergleichsstudien konnte gezeigt werden, dass dieses Verfahren der konventionellen Schlingenresektion im Hinblick auf Patientensicherheit gleichwertig und zudem mit einem erniedrigten Risiko für ein Dickdarmrezidiv verbunden ist3. Dieses seit vielen Jahrzehnten in der Urologie etablierte Verfahren besitzt jedoch den Nachteil, dass eine vollständige Abtragung des Tumorbezirkes in einer Portion bei Tumoren kleiner als 7 Millimeter meist nicht möglich ist. In der Klinik für Urologie des Universitätsklinikum Tübingen wird derzeit das HybridKnife®-Verfahren im Rahmen einer multizentrischen, prospektiv randomisierten Studie (Hybridblue®) unter Weißlicht und zusätzlicher Fluoreszenzmarkierung des Blasentumors gegen das konventionelle Schlingenverfahren getestet. Ferner werden seit vielen Jahren in der urologischen Literatur mögliche Nachteile dieses Verfahrens, insbesondere hinsichtlich einer Tumorzellverschleppung als Risikofaktor für ein Wiederauftreten von Tumoren (sog. Rezidiv) intensiv diskutiert2. Das HybridKnife®-Verfahren wurde initial für die endoskopische Abtra- Als Testkriterien gelten neben allgemeinen Kriterien wie der Sicherheit des Verfahrens auch eine verbesserte pathologische Aufarbeitung der Präparate im Hinblick auf die Feststellung möglicher pathologischer Risikofaktoren und Reduktion ► Abb. 4: Hybridknife-Blasentumorresektion der Rate des Wiederauftretens bzw. Fortschreiten von Blasentumoren. Bei der Hybridknife®-Resektion wird nach Einführen des Instruments in die Harnblase zunächst das Resektionsareal mittels Koagulationsstroms markiert (Abb. 4.1). Hiernach wird der Tumor durch Unterspritzen von Kochsalz von den tiefen Blasenschichten abgehoben (Abb. 4.2), anschließend zirkuliert, mittels elektrischen Strom einge- schnitten, mit einem HochdruckWasserstrahl vom darunterliegenden Gewebe abgehoben und vollständig in einem Block entfernt (Abb. 4.3/4.4). Die Unterspritzung mit Kochsalz ermöglicht eine erleichterte und sicherere Abtragung des Tumors von der Basis im Gegensatz zur konventionellen Schlingenresektion. Literatur: Über den Autor: Robert-Koch Institut, Krebs in Deutschland. 2010. p. 84-87. 2. Gakis G, Efstathiou J, Lerner SP, Cookson MS, Keegan KA, Guru KA, Shipley WU, A, Schoenberg MP, Sagaloswky AI, Soloway MS, Stenzl A. ICUD-EAU International Consultation on Bladder Cancer 2012: Radical cystectomy and bladder preservation for muscle-invasive urothelial carcinoma of the bladder. Eur Urol 2013 63:45-57. 3. Blasentumor unter Weißlicht / PDD. Resektion im Tumorrandbereich. Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen Flottierender, abgetragener Blasentumor in der Blase. Insgesamt stellt somit dieses neuartige Verfahren einen vielversprechenden Ansatz zur Verbesserung der Blasentumorresektion und damit einhergehenden Prognoseverbesserung von Blasentumorpatienten dar. Die Bergung des Tumors aus der Blase kann entweder mittels Fass- 1. Heidenreich zange (bei kleineren Tumoren) oder eines speziell konstruierten Bergebeutels (bei größeren Tumoren) erfolgen. Park YM, Cho E, Kang HY, Kim JM. The effectiveness and safety of endoscopic submucosal dissection compared with endoscopic mucosal resection for early PD Dr. med. Georgios Gakis Oberarzt Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Tel.: 07071/29 80349 :[email protected] gastric cancer: a systematic review and metaanalysis. Surg Endosc 2011 25:2666-77. Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen 4 AUS DER KLINIK AUS DER KLINIK Fokale Therapie beim low-risk Prostatakarzinom: Chance oder Risiko? Johannes Mischinger, Tübingen Stephan Kruck, Tübingen Im Hinblick auf das erhöhte Risiko einer Überbehandlung und damit assoziierter Nebenwirkungen im Zeitalter des PSA-Screenings stellt die aktive Krankheitsüberwachung („active surveillance“) bei Patienten mit Prostatakarzinom in der Niedrigrisiko-Konstellation („low-risk“) eine etablierte Behandlungsoption im Vergleich zu kurativen radikalen Verfahren dar. Nach der aktuellen EAU Leitlinie gelten hierfür als Einschlusskriterien ein Tumornachweis im Stadium T1-T2a in ≤2 Stanzen, ein PSA-Wert <10ng/ml, ein Gleason-Score ≤6 und der Nachweis von maximal 50% Tumoranteil in einer Stanze. Neben diesen onkologischen Voraussetzungen ist jedoch auch ein hohes Maß an Patientencompliance erforderlich. Im Gegensatz zur Strategie des „watchful waitings“ bei der eine Behandlung nur bei Symptomen initiiert wird, ist es Ziel der „active surveillance“ einerseits mittels regelmässiger Rebiopsien und PSA-Messungen eine Tumorprogression auszuschliessen und andererseits die Rate an unnötigen radikalen Behandlungen damit verbundenen negative Folgen zu minimieren. Daher gleicht derzeit die Behandlung des low-risk Prostatakarzinoms einem binären System nach dem „Alles-oder Nichts-Prinzip“. Neuartige, robotergesteuerte Biopsie „BIOBOT“ unter Fusionsbildgebung an der Klinik für Urologie Tübingen (Sonographie / Kernspintomographie) Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen Eine der Hauptlimitation einer „active surveillance“ Strategie stellt die rechtzeitige Detektion einer Tumorprogression dar. In einer aktuelle Studie zeigte sich, dass die Sensitivität ultraschallgesteuerter Rebiopsien zur Detektion eines klinisch signifikanten Prostatakarzinoms lediglich zwischen 9-24% lag. Daher bieten fokale Therapieoptionen, wie beispielsweise der hochfrequente fokussierte Ultraschall (HIFU) oder die Kryotherapie eine Möglichkeit Patienten im Low-riskStadium eine kurative Behandlung anzubieten, die nicht das hohe Risiko von Überbehandlungen radikaler Therapieverfahren und damit von assoziierter Nebenwirkungen trägt. Prostatakarzinome zeichnen sich oft histologisch durch Multifokalität aus, wobei ein umschriebener Prostatakarzinomherd möglicherweise als onkologische Indexläsion fungiert. Diese Theorie kann als rechtfertigende Grundlage für die Durchführung einer fokalen Therapie beim Prostatakarzinom verstanden werden. Es bleibt jedoch bis heute unklar, ob tatsächlich die Indexläsion das gesamte Letalitätspotential der Erkrankung erklärt oder ob durch eine ausbleibende Behandlung von NichtIndexläsionen der natürliche Verlauf der Karzinomerkankung negativ beeinflusst werden könnte. Eine weitere Einschränkung der breiten Anwendung von fokalen Therapienverfahren beim Prostata-► karzinom stellt die Ungenauigkeit eines exakten intraprostatischen Stagings mittels radiologischer Verfahren dar. Diese Unfähigkeit sollte jedoch nicht als rechtfertige Grundlage für eine generelle Marginalisierung der Therapie von low-risk Prostatakarzinompatienten hin zu einer aktiven Krankheitüberwachung verstanden werden. Bisher wurde die fokale Therapie beim low-risk Prostatakarzinom in zwei großen internationalen Studien der ITP-FLP im Jahr 2007 (International Task Force on Prostate Cancer and the Focal Lesion Paradigm) und des IWFTI im Jahr 2009 (International Workshop on Focal Therapy and Imaging in Prostate and Kidney Cancer Consensus Panel) untersucht. Beide Studie sind jedoch durch eine Heterogenität in den Einschlusskriterien (Einschluss von Patienten mit PSA>10 und Gleason 7a) gekennzeichnet. Rekrutierung von Patienten leichter möglich sein wird als bei einem Vergleich von „active surveillance“ gegenüber einer radikalen Therapieform. Schlussfolgernd lässt sich somit festhalten, dass fokalen Therapien das Potential besitzen das klinische Management von Patienten mit lowrisk Prostatakarzinomen weiter zu verbessern. Daher sollte sie als Chance im Armamentarium des onkologisch tätigen Urologen verstanden werden, die Rate an Überbehandlungen in der Ära des PSA-Screenings weiter zu verringern. Ihre Hauptlimitationen stellen derzeit noch die Ungenauigkeit des intraprostatischen Stagings und fehlende Kenntnisse hinsichtlich der onkologischen Bedeutung von Index- und Nichtindexläsionen dar, so dass eine Behandlung von Patienten der- 5 zeit nicht außerhalb von klinischen Studien erfolgen sollte. Die fokale Therapie besitzt das Potential die therapeutische Lücke zwischen aktiver Krankheitsüberwachung und radikaler Therapie in der bisher binären Behandlung von Patienten von low-risk Prostatakarzinomen zu schliessen und die Rate an Überbehandlungen in der Ära des PSAScreenings zu verringern. Über den Autor: Dr. med. Johannes Mischinger Assistenzarzt Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen :[email protected] Literatur: Die Literaturangaben können beim Verfasser eingeholt werden. Die Hauptlimitation dieser beiden Studien stellt jedoch das Fehlen eines Kontrollarmes dar. Daher besteht die Gefahr, dass durch ein uneinheitliches Studiendesign mit fehlendem Kontrollarm die fokale Therapie in der Zukunft lediglich als „onkologisch äquivalente“ Option zur aktiven Krankheitsüberwachung angesehen wird und damit das eigentliche kurative onkologische Potential der Methode unterentwickelt bleibt, welche insbesondere bei der Behandlung des Lokalrezidivs nach kurativ intendierter Radikaltherapie vielversprechend erscheint. Paradoxerweise könnte aber auch die fokale Therapie in der Zukunft dazu führen, dass Einwände gegen ein generelles PSA-Screening beim Prostatakarzinom ihre Berechtigung verlieren, wenn sie als Chance verstanden wird, das Risiko einer Übertherapie konventioneller radikaler Therapieformen im low-risk Stadium zu reduzieren. Um ihren Stellenwert bei Patienten mit low-risk Prostatakarzinom näher einzugrenzen, ist es erforderlich randomisierte Studien zu entwickeln, die ihre onkologische Langzeiteffektivität gegenüber einer aktiven Krankheitsüberwachung untersuchen. Derartige Studien erscheinen insbesondere deshalb vielversprechend, da eine Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen 6 AUS DER KLINIK AUS DER KLINIK Behandlungskonzepte beim Harnröhrenkarzinom Nach den aktualisierten Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) sollte zur exakten radiologischen Darstellung der lokalen Tumorausbreitung im Becken sollte eine Magnetresonanztomographie bevorzugt durchgeführt werden und bei invasiven Tumoren (≥pT1) durch ein CT-Staging des Thorax und Abdomens ergänzt werden. Bei lokal begrenzten Karzinomen (≤pT2N0) sollte einem urethra- erhaltenden Vorgehen der Vorzug gegeben werden, falls eine Resektion in sano intraoperativ erzielt werden kann. Dagegen legt die vorliegende Evidenz für lokal fortgeschrittene Tumorstadien nahe, dass ein multimodales Vorgehen mit einem verbesserten Überleben assoziiert ist. Bei einem kurativen Ansatz kann zur Verbesserung der Resektabilität Literatur: 1. 2. Georgios Gakis, Tübingen Die Behandlung seltener Malignomerkrankungen stellt aufgrund der eingeschränkten Datenlage eine klinische Herausforderung dar. In dieser Hinsicht gilt das primäre Urethralkarzinom als sehr aggressive Malignomentität, welche in der westlichen Bevölkerung eine sehr geringe Inzidenz aufweist (0-6-1.6/1.000.000 Einwohner). Männern sind vergleichsweise deutlich häufiger von dieser Erkrankung betroffen als Frauen (Geschlechtsverhältnis ~3:1). Sie tritt vornehmlich im höheren Alter auf und erreicht ihre höchste Inzidenz in der Altersgruppe der über 75-Jährigen (7.6/1.000.000)1. Als primäre Urethralkarzinome werden Karzinome bezeichnet, welche ihre Erstmanifestation in der Harnröhre aufweisen. Sie grenzen sich damit von sekundären Urethralkarzinomen ab, welche am häufigsten OberflächlichesUrethralkarzinom der distalen Harnröhre (Stadium pTaG2 low grade) nach radikaler Zystektomie bei muskelinvasivem Harnblasenkarzinom berichtet werden. Die klinische Herausforderung bei der Behandlung dieser Malignomentität des unteren Harntraktes liegt darin, dass sie im Gegensatz zum Harnblasenkarzinom aufgrund ihrer niedrigen Inzidenz meistens erst spät im lokal fortgeschrittenen Tumorstadium diagnostiziert werden. Ferner besteht im Gegensatz zu anderen Tumorentitäten des oberen und unteren Harntraktes unterschiedliche histologische Entitäten, welche auch prognostische Bedeutung besitzen. Hierbei sind bei beiden Geschlechtern Urothelkarzinome (ca. 55-78%) am häufigsten, gefolgt von Plattenepithelkarzinomen (ca. 16-22%) und Adenokarzinomen (ca. 6-23%)2-5. Um die Datenlage zu dieser seltenen Erkrankung und die hieraus resultierenden Empfehlungen zu präzisieren, ist ein verbessertes Verständnis der Tumorbiologie eine zentrale Voraussetzung. Daher hat sich die „International Collaboration on Primary Urethral Carcinoma“, kurz ICPUC, zum Ziel gesetzt, die prognostische Bedeutung von Risikofaktoren näher zu erfassen7. In dieser Registerstudie konnten aus neun internationalen Zentren innerhalb eines 20-jährigen Zeitraums insgesamt 126 Krankheitsfällezusammengetragen werden. Das mediane Erkrankungsalter lag bei 63 Jahren (Interquartil: 53-74 Jahre). Von diesen 126 Patienten hatten histologisch 63 Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen (50%) ein Urothelkarzinom, 34 (27%) ein Plattenepithelkarzinom, 18 (14%) ein Adenokarzinom und 11 einen selteneren histologischen Subtyp. Ein Mischkarzinom lag bei 18 Patienten (14%) vor. Nach einem medianen Nachbeobachtungszeitraum von 20 Monaten (Interquartil: 4-48) lag das 3- und 5- Jahres rezidivfreie Überleben bei 60% und 45%. Es zeigte sich ferner, dass das präoperative klinische Tumorstadium ein hohes Maß an Übereinstimmung mit dem finalen pathologischen Stadium aufwies. Als unabhängige Risikofaktoren für ein verringertes rezidivfreies Überleben konnte neben der Radikalität der tumorchirurgischen Eingriffes insbesondere der pathologische Nachweis von Lymphknotenmetastasen identifiziert werden (pN+; p<0.001). Daher stellt sich vor dem Hintergrund der hohen Übereinstimmung zwischen klinischen und pathologischen Tumorstadium die Frage, ob für Patienten mit einem lymphonodal positiven Stadium durch ein multimodales Vorgehen ein prognostischer Vorteil erzielt werden könnte7. In nordamerikanischen Krebsregisterstudien konnte in den vergangenen Jahren ein verbessertes Verständnis für die Tumorbiologie des primären Urethralkarzinoms entwickelt werden. Die Diagnostik des Urethralkarzinoms beinhaltet neben der histologischen Sicherung des Tumors die Erfassung des lokalen Tumorstadiums, welche von zentraler Bedeutung bei der Planung des weiteren therapeutischen Vorgehens ist. ► 4. 5. 6. 7. Gakis G, Witjes JA, Compérat E, Cowan NC, De Santis M, Lebret T, Ribal MJ, Sherif AM.: EAU Guidelines on Primary Urethral Carcinoma. Eur Urol doi: 10.1016/j.eururo.2013.03.044., 2013 Derksen JW, Visser O, de la Rivière GB, Meuleman EJ, Heldeweg EA, Lagerveld BW.: Primary urethral carcinoma in females: an epidemiologic study on demographical factors, histological types, tumour stage and survival. World J Urol, 31: 147, 2012 Rabbani F: Prognostic factors in male urethral cancer. Cancer 114: 2426, 2010 Swartz MA, Porter MP, Lin DW, Weiss NS: Incidence of primary urethral carcinoma in the United States. Urology, 68: 1164, 2006 Visser O, Adolfsson J, Rossi S, Verne J, Gatta G, Maffezzini M, Franks KN; The RARE CARE working group: Incidence and survival of rare urogenital cancers in Europe. Eur J Cancer, doi:10.1016/j.ejca.2011.10.031 |, 2011 Gakis G, Daneshmand S, Efstathiou JA, Ali-El-Dein B, Hrbacek J, Keegan KA, Zaid HB, Chang SS, Galland S, Clayman R, Weissbach L, Brunner J, Todenhöfer T, Rink M, Fritsche HM, Babjuk M, Thalmann GN, Stenzl A: Prognostic factors and outcomes after definitivetreatmentforprimaryurethralcancer:ResultsfromtheInternationalCol- laboration on Primary Urethral Carcinoma. Abstract DGU 2013, 2013 7 des Primärtumors eine cisplatinbasierte Chemotherapie (bei Plattenepithelkarzinomen eine radiosensibilisierende Chemotherapie mit gleichzeitiger Radiotherapie) vor radikalchirurgischem Vorgehen gewählt werden, wobei die zusätzliche Durchführung einer konsolidierenden radikalchirurgischen Operation auch mit einem prognostischen Überlebensvorteil verbunden ist1. Über den Autor: PD Dr. med. Georgios Gakis Oberarzt Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Tel.: 07071/29 80349 :[email protected] Hier steht eine Anzeige Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen 8 AUS DER KLINIK AUS DER KLINIK Die „I-Pouch“-Neoblase Zystektomie bei invasiven Harnblasenkarzinom vorgenommen. Der mediane Nachbeobachtungszeitraum betrug 30 Monate (3-80) und das mediane Alter 65 Jahre (Wertebereich 42-84). Ein urethrales Rezidiv trat bei 3 von 97 Patienten (3.1%) auf. Die mittlere Neoblasenkapazität lag bei 400ml (Wertebereich: 150-500ml) und der Eine neue ileale Neoblasentechnik Arnulf Stenzl, Tübingen Georgios Gakis, Tübingen Die radikale Zystektomie stellt den Grundpfeiler in der Therapie des muskelinvasiven Harnblasenkarzinoms dar1. Die Anlage eines orthotopen Neoblasenreservoir hat sich sowohl bei Männern als auch bei Frauen in den vergangenen beiden Jahrzehnten als häufigste Harnableitungsform etabliert2. Die am häufigsten vorgenommenen ilealen Neoblasentechniken stellen die Studer- und HautmannNeoblase dar3. afferente Segment implantiert. Die übrigen 40-45cm werden nach antimesenterialer Eröffnung U-förmig seit-zu-seit vernäht und nach dem Goodwin-Prinzip gefalten, wodurch eine ausreichende Reservoirkapazität von etwa 500ml erzielt werden kann. Im Gegensatz dazu wird bei der Neoblase nach Hautmann nach antimesenterialer Eröffnung eines ca. 60cm langen Ileumsegmentes dieses W-förmig rekonstruiert und gefalten sowie die Harnleiter separat in antirefluxiver Technik implantiert3. Beiden Reservoirtechniken ist gemein, dass nach Ausschalten eines ca. 55-65cm langen terminalen Ileumsegmentes durch Detubularisierung und Faltung die darmeigene Peristaltik ausgeschalten wird, so dass der Urin bei niedrigem Reservoirdruck gespeichert werden kann. Bei der StuderNeoblase wird durch Belassen eines ca. 12-15cm afferenten, isoperistaltischen Ileumsegmentes ein Refluxs c h u t z gewährleistet und die Harnleiter Ab separat in Endb. 1 zu-Seit Technik nach Nesbit in das Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen Eine neuartige Neoblasentechnik, die sogenannte „I-Pouch“ Neoblase, wurde in den letzten Jahren an unserer Klinik entwickelt. Der Name dieser N eoblasenform leitet sich von der vertikalen Implantationstechnik der Harnleiter in das ReserAb voir ab. Zur b. 2 Herstellung des I-Pouches wird zunächst ein ca. 40cm langes terminales Ileumsegment aus der Darmpassage ausgeschaltet (Abb. 1). Nach Herstellung einer ca. 8cm langen subserösen Mulde (Abb. 2), antimesente- rialer Eröffnung und Bildung einer symmetrischen U-förmigen ilealen Platte werden die zuvor spatulierten und in der Wallace-Technik miteinander vernähten Ureteren die subseröse Mulde implantiert und das Ileum darüber ver- schlossen, so dass hierdurch ein AntirefluxAb mechanismus b. 3 entsteht (Abb. 3). Hiernach erfolgt die Faltung des Reservoirs nach dem oben beschriebenen Goodwin-Prinzip (Abb. 4) und abschliessend an die Harnröhre mittels sechs UR-6 Nähten anastomosiert. In diesem Artikel möchten wir über die ersten funktionellen und onkologischen Langzeitergebnisse unserer neuen ilealen Neoblasentechnik berichten. mittlere postoperative Restharnwert 20ml (Median 0ml, Wertebereich: 0-200ml). Ein steriler Einmalkatheterismus war bei 2 von 97 Patienten im Verlauf notwendig (2.1%). Die mittlere postoperative Serumkreatininkonzentration lag bei 1.1mg/dl (Median 1.0mg/dl, 0.52.6mg/dl). Ein vesikorenaler Reflux trat bei einem von 97 Patienten auf Literatur: 1. on Bladder Cancer 2012: Radical Cystectomy and Bladder Preservation for Muscle-Invasive Urothelial Carcinoma of the Bladder Eur Urol, doi: 10.1016/j.eururo.2012.08.009 2012 Gakis G, Stenzl A.: Ileal Neobladder and its variants. Eur Urol Suppl, doi:10.1016/j.eursup.2010.10.001, 2010 3. Über die Autoren: Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl Ärztlicher Direktor Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Tel.: 07071/29 86613 :[email protected] Gakis G, Efstathiou J., Lerner SP, Cookson MS, Keegan KA, Guru KA, Shipley WU, Heidenreich A, Schoenberg MP, Sagalowsky AI, Soloway MS, Stenzl A: ICUD-EAU International Consultation 2. Es wurde bei insgesamt 97 Patienten eine I-Pouch Neoblase (78 Männer, 19 Frauen) nach radikaler ► (1.0%). Die mittlere Anzahl an Harnwegsinfekten pro Jahr betrug postoperativ 0.5/Jahr (Median 0, Wertebereich 0-1). Ingesamt traten 15 MajorKomplikationen (16%) nach der modifizierten Clavien-Klassifikation innerhalb des postoperativen 90-Tagesintervalles mit einem maximalen Grad von IIIB auf. Von diesen Komplikationen waren vier durch eine Stenosierung der ureterointestinalen Junktion bedingt (Strikturrate: 4.1%), welche eine endoskopische oder offene Harnleiterrekonstruktion erforderlich machte. Basierend auf den Daten dieser Interimanalyse können die funktionellen, onkologischen und perioperativen Ergebnisse der „I-Pouch“-Neoblase mit denen etablierter ilealen NeoblasenverfahAb ren als vergleichbar b. 4 angesehen werden. Der Unterschied der I-Pouch-Technik zu den beiden oben beschriebenen etablierten ilealen Neoblasenformen ist, dass lediglich 40cm terminales Ileum zur Erstellung des Neoblasenreservoirs verwendet wird und die ureterale Implantationsstelle an der dorsalen Neoblasenwand einen leichteren Zugang zur Nachsorge des oberen Harntraktes nach radikaler Zystektomie ermöglicht. 9 Hautmann RE, Volkmer B., Schumacher MC, Gschwend JE, Studer UE: Long-term results of standard procedures in urology: the ileal neobladder. World J Urol, 24: 305, 2006 PD Dr. med. Georgios Gakis Oberarzt Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Tel.: 07071/29 80349 :[email protected] Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen 10 AUS DER KLINIK AUS DER KLINIK Die Rolle der Chirurgie nach Chemotherapie beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom Christian Schwentner, Tübingen Bei Patienten mit metastasierten Urothelkarzinom weisen moderne cisplatinbasierte Chemotherapien (Gemcitabine + Cisplatin (GC), Methotrexat, Vinblastin, Doxorubicin + Cisplatin (MVAC), Paclitaxel, Cisplatin, Gemcitabine (PCG)) eine Gesamtansprechrate von ca. 50-70% bei einem medianen Überleben von ca. 13 Monaten auf. Neben diesen Erstlinienchemotherapien steht uns bei Progress nach Erstlinienbehandlung mit Vinflunin eine evidenzbasierte Zweitlinientherapie zu Verfügung. Trotz der im Vergleich zum Nierenzellkarzinom geringen Evidenzlage wird heutzutage im Rahmen einer verbesserten interdisziplinären Zusammenarbeit zunehmend auch die Metastasenchirurgie beim Urothelkarzinom in den Fokus des klinischen Entscheidungsprozesses nach erfolgter Erst- oder Zweitlinienchemotherapie gesetzt. Es stellt sich somit die Frage, welche Faktoren im individu- Lokal fortgeschrittenes Harnblasenkarzinom,behandeltmittels Zystektomie und adjuvanter Chemotherapie. Georgios Gakis, Tübingen ellen Fall berücksichtigt werden müssen, um einerseits ein Therapieansprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit vorauszusagen und andererseits die mit dem Eingriff verbundene Morbidität möglichst gering zu halten. In diesem Zusammenhang ist daher zunächst eine eingehende Beurteilung der vorliegenden Evidenzlage von zentraler Bedeutung. Erste vielversprechende Ergebnisse zur Metastasenchirurgie beim Urothelkarzinom wurden 1982 Cowles et al. veröffentlicht. Bei sechs Patienten mit solitären pulmonalen Metastasen, welche einer chirurgischen Entfernung unterzogen wurden, konnte ein medianes Überleben von mindestens 5 Jahren bei der Mehrzahl der Patienten (vier von sechs Patienten) erzielt werden. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass singuläre, viszerale Metastasierungsmuster beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom selten sind. Lokale Tumorfreiheit, 12 Monate nach Zystektomie. Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen Durch die im Vergleich zur MVACChemotherapie niedrigere Toxizität der GC-Chemotherapie bei äquipotentem Ansprechen, welche eine schnellere Rekonvaleszenz des Patienten ermöglicht und damit frühzeitig die Option einer Operation eröffnet, wird heutzutage das Konzept der konsolidierenden Metastasenchirurgie beim Urothelkarzinom intensiv diskutiert. Dieses Konzept erscheint umso vielversprechender, als Rezidive nach initialem Chemotherapieansprechen meist in der Markerläsion lokalisiert sind. Betrachtet man nun die aktuelle Literatur zur Thematik genauer, so kennzeichnen sich diese Arbeiten durch eine starke Patientenselektionierung. Die erste Selektion erfolgt bereits bei der Auswahl der vorangeschaltenen Chemotherapie. Nur Patienten, die fit genug sind und eine gute Nierenfunktion haben, eignen sich für eine effektive, cisplatinbasierte Chemotherapie. Ein weiteres Kriterium stellt das Ansprechen auf die Erstlinienchemotherapie dar, da ein fehlendes Ansprechen ein ungünstiger Prognostikator für das Gesamtüberleben ist. Ein weiteres zentrales Kriterium für die Durchführbarkeit und onkologische Sinnhaftigkeit der geplanten Metastasenchirurgie stellen das Metastasierungsmuster und die allgemeinen Patientencharakteristika (Komorbiditäten) dar. Somit ist meistens nur eine Minorität der Patienten für einen konsolidierenden, metastasenchirugischen Ansatz geeignet. Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Zulassung einer ► effektiven Zweitlinientherapie mit Vinflunin die Option einer Metastasenchirurgie nach Zweitlinientherapie eröffnet, wobei es derzeit hierzu keine Daten gibt. Eignen sich die Patienten allerdings für eine Metastasenchirurgie, so sind die Ergebnisse in der Literatur durchaus im individuellen Fall vielversprechend. Herr et al. vom Memorial-Sloan Kettering Cancer Center (MSKCC) zeigte in ihrer initialen und aktualisierten Studie, dass ein Drittel der Patienten (n=50) mit einem initialen Ansprechen auf eine MVAC-Chemotherapie und nachfolgender Operation in kurativer Intention 5 Jahre überlebten. Von den übrigen zwei Drittel der Patienten, lebten 58% zwischen 9 Monaten und 5 Jahren, während nur einer von 12 Patienten (8%), der die Operation ablehnte, nach 5 Jahren noch lebte. Somit zogen die Autoren aus ihren Daten den Schluss, dass eine Operation bei initial vollständigem Chemotherapieansprechen zu einem Langzeitüberleben der Patienten beitragen kann. tomie durchgeführt. Dieser Arbeit war ebenfalls durch eine starke Patientenselektion gekennzeichnet. Die Lokalisationen, die operiert wurden, waren folgende: retroperitoneale Lymphknoten 57%, Lunge 18%, distante Lymphknoten 11%, Knochen 5%, Nebenniere 2%, Hirn 2%, Dünndarm 2% und Haut 2%. Bei 20% der Patienten wurden Metastasen ohne vorherige oder nachfolgende Chemotherapie entfernt. In einer multizentrischen Arbeit an 15 deutschen Zentren wurde bei 44 Patienten eine komplette Metastasek- Ähnliche Ergebnisse wurden in einer aktuellen japanischen Arbeit berichtet. Hier wurden 11 von 12 Patienten mit ret- Das Gesamtüberleben von der Diagnose der Metastasierung bis zur Operation betrug im Gesamtkollektiv 35 Monate, wobei das tumorspezifische Überleben 38 Monate und das progressionsfreie Überleben 19 Monate betrugen. Dagegen lag das Gesamtüberleben nach Metastasektomie nach 5 Jahren bei lediglich 28%. Jene 7 Patienten, die nach 2 Jahren keine Progression zeigten, zeigten auch im weiteren Verlauf (Median: 63 Monate) keine Progression mehr. Ein gutes Ansprechen auf die Chemotherapie Die Operation muss „in kurativer Intention“ (R0 Resektion) möglich sein, wobei hierfür Anzahl und Lokalisation der Metastasen von zentraler Bedeutung sind. Folgende Metastasierungsmuster erscheinen vielversprechend: • Limitierte Lymphknotenmetastasierung ohne viszerale Metastasen • Singuläre Lungenmetastasen Wer ist am wenigsten geeignet für eine MetastasenchirurgiebeimUrothelkarzinom? • • • roperitonealen Lymphknoten mit einem medianen Alter bei Diagnosestellung von lediglich 57 Jahren einer Metastasenresektion unterzogen. Hervorzuheben ist ferner für diese Arbeit, dass nur ein Drittel der Patienten an einem metastasierten Urothelkarzinom der Harnblase litt, wohingegen zwei Drittel der Patienten ein metastasiertes Urothelkarzinom des oberen Harntrakts aufwiesen. Während des Nachsorgezeitraums blieben lediglich vier der 12 Patienten (33%) progressionsfrei. Einen wichtigen Indikator für die onkologische Sinnhaftigkeit und Effektivität einer Metastasenresektion beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom stellt der Nachweis vitaler Tumorzellen im Resektatgewebe dar. In der deutschen Arbeit zeigten nur 18% der operierten Metastasen nach Chemotherapie nicht-lebende Tumorzellen im histologischen Präparat, während es 33% in MSKCC und zuletzt 75% in der japanischen Arbeitsgruppe waren. Ein möglicher Grund für diese Unterschiede in der Effektivität der vorangeschaltenen Chemotherapie könnte die Auswahl der Erstlinienbehandlung sein. In der japanischen Arbeit wurde ausschließlich das PCG-Schema appliziert, während in den anderen Arbeiten vorwiegend eine MVAC-Chemotherapie durchgeführt wurde. In dieser Hinsicht ist festzuhalten, dass eine aktuelle randomisierte Studie zum Einsatz einer PCG vs. CG-Erstlinien-Chemotherapie beim metastasierten Urothelkarzinom über ein signifikant höheres Therapieansprechen im PCG-Arm berichtete, welches sich in der „eligible population“ Analyse (575 geeignete Patienten von insgesamt 626 Patienten, die die Chemotherapien wie geplant erhalten konnten) in einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens resultierte. Was sind somit die wahrscheinlich wichtigsten VoraussetzungenfüreineMetastasenchirurgiebeim Urothelkarzinom? • • 11 Patienten mit multiplen Lebermetastasen Patienten mit mehr als einer viszeralen Metastasierungslokalisation Knochenmetastasen v.a. des Beckens oder des Axialskeletts Beim metastasierten Urothelkarzinom kann eine konsolidierende Metastasenchirurgie nach gutem Ansprechen auf eine Chemotherapie im Einzelfall sinnvoll sein. Im Besonderen scheinen hierfür Patienten mit isolierten Lymphknotenmetastasierungen im Retroperitoneum geeignet zu sein. Über den Autor: Prof. Dr. med. Christian Schwentner Stv. Ärztlicher Direktor Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen Tel.: 07071/29 80349 :[email protected] Literatur: Die Literaturangaben können beim Verfasser eingeholt werden. Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen 12 RÜCKBLICK RÜCKBLICK 13 Rückblick: Uroonkologischer Arbeitskreis Johannes Mischinger, Tübingen DerersteUroonkologischeArbeitskreisam11.02.2015repräsentierteeinensehrerfolgreichen interdisziplinären Austausch zwischen der Abteilung für Epidemiologie und StatistikundderUniversitätssklinikfürUrologieTübingen.Widergespiegeltwurdedie ThemenaktualitätunddasInteressedurchintensiveDiskussionunterdeneinzelenen Kollegen aus Klinik und Praxis. Als Hauptthema der Veranstaltung wurde eine der häufigsten StandardOperationen in der Urologie die Vasektomie, gewählt. Im Zentrum der Diskussion stand deren Assoziation mit dem häufigsten Tumor des Mannes, dem Prostatakarzinom. Nach Präsentation der 2014 publizierten Studie von Siddiqui et al. zum Thema „Vasectomy and Risk of Aggressive Prostate Cancer: A 24-Year FollowUp Study“ in unserem Klinik internen Journal Club im Dezember 2014 stellte sich die Frage, ob aufgrund der Ergebnisse einer derart langjährigen, großen und randomisierten prospektiven Studie unsere Patienten vor Vasektomie über eine postoperative Erhöhung des Prostatakarzinomrisikos aufgeklärt werden müssen. Insbesondere zeigten andere, jedoch deutlich kleinere Studien zu diesem Thema divergente Ergebnisse. Motiviert durch die intensive interne Diskussion wurde der Arbeitskreis diesem Thema gewidmet. Zu einem Teil wurde die Thematik von urologischer Seite durch OA.Dr Amend mit dem Vortrag „Die Vasektomie aus gutachterlicher Sicht“ aufgearbeitet. Hier wurde der Fokus auf die korrekte Indikationsstellung, Aufklärung, Dokumentation, Operationstechnik und die leitliniengerechte Spermiogrammkontrolle gelegt. Zu den wichtigsten Kontraindikationen gehören ein Patientenalter unter 18 Jahren sowie ein fehlende Aufklärungsfähigkeit. Zu beachten ist der definitiver Charakter der OP (eine spontane Rekanalisation ist in 0-3% möglich). Die Komplikationsrate ist relativ gering, dennoch ist ein Postvasektomieschmerzsyndrom in bis zu 5% nachweisbar. Wichtig zu betonen ist die Verhütung bis zum Erfolgsnachweis. Der klassische Standard ist ein 2-maliger Nachweis einer Azoospermie bzw. entsprechend der aktuellen Leilinien die 1-malige Azoospermie nach 3 Monaten bzw. 20 Ejakulationen oder der Nachweis von <100.000 Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen unbeweglichen Spermien in 2 Spermiogrammen. Weiters hielt Prof. Bedke einen Vortrag zum Thema „ Die Vasektomie aus pathophysiologischer Sicht“ und fasste mögliche OP-assoziierte pathophysiologische Verläufe zusammen. Neben den klassischen Komplikationen lag der Fokus auf der Bildung von antispermalen Antikörpern. Prof. Dr. Peter Martus vom Institut für Epidemiologie und Angewandte Biometrie, des Universitätsklinikum Tübingen arbeitete die Studie in puncto Aufbau, Ergebnisse und Interpretation ausführlich auf und konnte einen klareren Blick auf diese spannende Studie von Siddiqui et al. vermitteln. Die Rektutierung 1986 beschränkte sich im Rahmen dieser „Health Professionals Follow Up Studie“ auf Probanden welche einen engeren Bezug zum Gesundheitssystem hatten, insbesondere Zahnärzte, Optometristen, Osteopathen, Orthopäden, Apotheker und Veterinärmediziner. Das Alter der 49,405 Teilnehmer lag zwischen 40 und 75 Jahren. Trotz Adjustierung für multiple personenbezogene Daten (Alter, ► Kohorteneffekt (Kalenderzeit), Ethnie, Körpergröße, BMI, Physische Aktivität, Diabetes, Familienanamnese, Rauchen, Vitamine, Alkohol) erfolgte keine Berücksichtigung der Vasektomien nach 1986 als zeitabhängige Kovariable, weiters wurde keine „CompetingRisk“-Analyse durchgeführt. Die Studie postuliert unter anderem, dass Patienten nach Vasektomie ein 22% höheres Risiko aufwiesen ein Prostatakarzinom mit einem Gleason Score >7 zu entwickeln bzw. ein um 19% erhöhtes Risiko an einem metastasierenden- oder zum Tode führenden Prostatakarzinom zu erkranken. Das Gesamtrisiko Prostatakrebs nach Vasektomie zu erleiden, war laut Studie um 10% erhöht. Dieses Risiko ist jedoch als relativ zu werten. Die von Prof. Martus berechnete tatsächlich Risikoerhöhung lag insgesamt bei 0,3%. Weiters wurde auf eine differenziertere Betrachtungsweise der Möglichkeit der Adjustierung hingewiesen. Das relative Risiko (RR) an einem zum Tode führenden Prostatakarzinom zu erkranken wurde nach Adjustierung entsprechend der Studie mit 19% angegeben (RR 1,19). Ohne Adjustierung ergab sich ein RR von 0,79. Gleiches galt für die Entwicklung eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms: mit Adjustierung ein RR von 20%. Anhand der Rohdaten hätte sich lediglich ein RR von 0,84 ergeben. Weiters viel auf, dass im Vergleich der Ergebnisse von 1990/93 und jener von 2010/14 das RR nach Vasektomie ein Prostatakarzinom zu entwickeln signifikant abnahm (1990/93: RR1,85, 2010/14: 1,10). Laut Prof. Martus spricht für die Studie die hohe Fallzahl, das prospektives Design in Bezug auf das Outcome und die Subkohorte mit PSA Screening. Diese zeigte deutlichere Effekte insbesondere unter Berücksichtigung weiterer Studien welche feststellen konnten dass infertile Männer ein höheres Risiko (RR 2.6) für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms aufweisen. Dennoch muss die Studie kritisch gewertet werden, da sie nur teilweise statistische Fehler vermeidet. Weiters ist zu bemerken, dass trotz des prospektiven Studiencharakters die Datenqualität in puncto initiale (Baseline) Responserate eingeschränkt ist und von Autorenseite keine entsprechende biologische Erklärung/Modell für die erhobene Korrelation abgegeben wurde. Insgesamt lassen sich nur sehr geringe Effekte aus den Ergebnissen ableiten, da insbesondere die Rolle der Adjustierung unklar bleibt. Als Haupt- kritikpunkt ist jedoch festzuhalten, dass das Hauptergebnis 2014 signifikant niedriger ist als jenes von 1993. Prof. Martus subsumierte bezugnehmend auf die Studie von Siddiqui et al., dass letztlich eine geringe Risikoerhöhung für die Entwicklung eines Prostatakarzinom durch Vasektomie nicht völlig ausgeschlossen werden kann, jedoch im Hinblick auf die tatsächlich Risikoerhöhung von 0,3% das Prostatakarzinom kein relevantes Safetyproblem der Vasektomie darstellen sollte. Nach den sehr aufschlussreichen Präsentationen von Prof. Martus, Prof.Bedke und OA. Amend lud Prof. Stenzl, die Kollegen Prof. Dr. U. Humke, Prof. Dr. T. Knoll, Dr. V. Laible und Dr. H. Schwaibold zum „Runden-Tisch“ und Diskussion mit den niederglassenen Kollegen. Es entstand ein sehr lebhafter Austausch über die Problematik der Vasektomie insbesondere bei mental retardierten Patienten unter 18 Jahren, welche aber sexuell aktiv sind sowie über die unterschiedlichen Operationspraktiken der Vasektomie. Diese werden entsprechend der Resonanz im Rahmen der Diskussion von den Kollegen eher in unterschiedlichen (bekannten) Techniken durchgeführt. Interessanterweise bestand nach dem Vortrag durch Prof. Martus großteils Einigkeit über die Interpretation der Ergebnisse der diskutierten Studie von Siddiqui et al. 2014. Eine Aufklärung der Patienten über eine mögliche Korrelation zwischen Vasektomie und Prostatakarzinom wird eher von einem geringeren Anteil der anwesenden Kollegen praktiziert. Spätestens nach der professionellen Aufarbeitung der Siddiqui-Studie durch Prof. Martus hat das Thema „Vasektomie und Prostatakarzinom“ eine größere Brisanz aber auch deutlich differenziertere Haltung der Kollegen gegenüber der Aufklärung der Vasektomierisiken erhalten. Die Universitätsklinik für Urologie möchte sich an diesem Punkt für das große Interesse am uroonkologischen Arbeitskreis sowie die Unterstützung durch die Pharmaindustrie bedanken ohne die eine solche Veranstaltung nicht in diesem Rahmen möglich wäre. Über den Autor: Dr. med. Johannes Mischinger Assistenzarzt Klinik für Urologie Tübingen Hoppe-Seyler-Str. 3 72076 Tübingen :[email protected] Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen 14 Impressum: Verantwortlich für den Inhalt: Schriftleitung: PERSONALIA | TERMINE Konzept / Layout: Druck: Auflage: Frau Susanne Schnürer hat zum 15.07.2014 eine Stelle als Assistenzärztin in unserer Klinik angetreten. POSTTHERAPEUTISCHE KONFERENZ PROSTATAKREBS ZENTRUM TÜBINGEN Interdisziplinäres Tumorboard des Südwestdeutschen Tumorzentrums für Urogenitale Tumoren (ZUG). Beginn: jeden Dienstag, 16.00 Uhr Ort: Konferenzraum Urologie (Poliklinik), CRONA Ebene 03 Anmeldung: Fax an 07071/29 5092 E-mail: [email protected] Herr Dominik Docter hat zum 01.09.2014 eine Stelle als Assistenzarzt in unserer Klinik angetreten. UROONKOLOGISCHER ARBEITSKREIS BLASENKARZINOM Termin: 06. Mai 2015 Beginn: 19.30 Uhr Ort: Hotel Krone, Tübingen Organisation: Prof. Dr. med. J. Bedke Kontakt: Fr. Flamm Tel.: 07071/29 80349 Herr Prof. Dr. med. Christian Schwentner wurde am 01.01.2015 zum Stellvertretenden Ärztlichen Direktor ernannt. Herr Prof. Dr. med. Jens Bedke wurde am 01.01.2015 zum Leitenden Oberarzt ernannt. iNET - INTERDISZIPLINÄRES NIERENZELLKARZINOM EXPERTEN TREFFEN Termin: 17. Juni 2015 Ort: Mövenpick Hotel, Flughafen Stuttgart Organisation: Prof. Dr. med. J. Bedke Kontakt: Fr. Flamm Tel.: 07071/29 80349 UROONKOLOGISCHER ARBEITSKREIS PROSTATAKARZINOM Termin: 01. Juli 2015 Beginn: 19.30 Uhr Ort: Hotel Stadt Tübingen Organisation: Prof. Dr. med. J. Bedke Kontakt: Fr. Flamm Tel.: 07071/29 80349 Frau Dr. med. Meike Adam hat zum 01.01.2015 eine Stelle als Oberärztin in unserer Klinik angetreten. Frau Inês Anselmo da Costa hat zum 01.01.2015 eine Stelle als Assistenzärztin in unserer Klinik angetreten. iPET - INTERDISZIPLINÄRES PROSTATAZELLKARZINOM EXPERTEN TREFFEN Termin: 15. Juli 2015 Ort: Mövenpick Hotel, Flughafen Stuttgart Organisation: Prof. Dr. med. C. Schwentner Kontakt: Fr. Flamm Tel.: 07071/29 80349 UROONKOLOGISCHER ARBEITSKREIS HODENTUMOR Frau Tina Schubert hat zum 01.02.2015 eine Stelle als Assistenzärztin in unserer Klinik angetreten. Frau Miriam Hegemann hat zum 01.03.2015 eine Stelle als Fachärztin für Urologie in unserer Klinik angetreten. Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen Termin: 14. Oktober 2015 Beginn: 19.30 Uhr Ort: Hotel Stadt Tübingen Organisation: Prof. Dr. med. J. Bedke Kontakt: Fr. Flamm Tel.: 07071/29 80349 ADRESSEN Prof. Dr. med. A. Stenzl PD Dr. med. G. Gakis, Dr. med. J. Mischinger, B. Golinski B. Golinski Mauser & Tröster, www.MTDruck.de 2000 Stück UniversitätsklinikumTübingen Klinik für Urologie Hoppe-Seyler-Str.3 72076 Tübingen Dr. med. Stefan Aufderklamm Assistenzarzt ÄrztlicherDirektor Prof.Dr.med.ArnulfStenzl Dr. med. Simone Bier Assistenzärztin Sekretariat (8.00 Uhr - 17.00 Uhr) Gaby Forro, Stefanie Hilcher Tel.: 07071/29 86613 Fax: 07071/29 5092 E-Mail: [email protected] StellvertretenderÄrztlicherDirektor Prof. Dr. med. Christian Schwentner Schwerpunkte: Minimalinvasive Chirurgie, Rekonstruktive Urologie E-Mail: [email protected] LeitenderOberarzt Prof. Dr. med. Jens Bedke Schwerpunkte: Uroonkologie, Nierenzellkarzinom, Tumorimmunologie, Hodentumor E-Mail: [email protected] Oberärztin Dr. med. Meike Adam Schwerpunkte: Endo-Urologie E-Mail: [email protected] Oberarzt Dr. med. Bastian Amend Schwerpunkte: Andrologie, Neurourologie E-Mail: [email protected] Oberarzt PD Dr. med. Georgios Gakis Schwerpunkt: Urothelkarzinom E-Mail: [email protected] Oberarzt PD Dr. med. Stephan Kruck Schwerpunkt: Urologische Bildgebung E-Mail: [email protected] Oberarzt Dr. med. Markus Renninger Schwerpunkte: Urologische Diagnostik, Funktionelle Urologie, Gutartige Prostataerkrankungen E-Mail: [email protected] Funktions-Oberärztin Dr. med. Susan Feyerabend Schwerpunkt: Klinische Studien E-Mail: [email protected] 15 Service Hotline (24h-Hotline) Tel.: 07071/29 86000 E-Mail: [email protected] Hochschulambulanz(8.00 Uhr - 15.30 Uhr) Leitung: Janet Meye E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Anmeldung: Tel.: Fax: Fr. Inês Anselmo da Costa Assistenzärztin Belegungsmanagement (8.00 Uhr - 16.00 Uhr) Kontakt: BarbaraSchäffler Tobias Adam Tel.: 07071/29 84097 Fax: 07071/29 84170 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Hr. Dominik Docter Assistenzarzt E-Mail: [email protected] Stationen Urologie: Bereichsleitung: Albrecht Röhm E-Mail: [email protected] Hr. Niklas Harland Assistenzarzt E-Mail: [email protected] Stationen Urologie: Stationsleitung:AndreasKintzinger E-Mail: [email protected] Hr. Fahmy Nabil Hassan Assistenzarzt Station 28 (A7 Ost) Tel.: 07071/29 86651 Station 29 (A7 Nord) Tel.: 07071/29 86642 Fax: 07071/29 5432 E-Mail: [email protected] Fr. Miriam Hegemann Fachärztin für Urologie E-Mail: [email protected] Dr. med. Johannes Mischinger Assistenzarzt E-Mail: [email protected] Fr. Eva Neumann Assistenzärztin E-Mail: [email protected] Fr. Susanne Schnürer Assistenzärztin MonikaLanz 07071/29 86565 07071/29 5880 WachzimmerUrologie Tel.: 07071/29 84076 Endo-Urologie Leitung: Elke Cielo E-Mail: [email protected] ZuständigkeitZUG Koordination: Prof. Dr. med. Christian Schwentner Kontakt: Fr. Miriam Hegemann Hr. Fahmy Nabil Hassan E-Mail: [email protected] E-Mail: Studienteam [email protected] Leitung: Fr. Tina Schubert Assistenzärztin Dr. med. Susan Feyerabend Kontakt: Fr. Miriam Hegemann Fax: 07071/29 4369 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Uro-Telegramm | Informationen der Klinik für Urologie Tübingen Hier steht eine Anzeige