Vor- und Frühgeschichte Die Terrassen des Mittelrheintals waren seit der früheren Eisenzeit besiedelt. Dies belegen die Hünengräberfelder rund um den Stadtwald von Boppard, im Breyer Wald und die Ringwallanlagen auf dem Dommelsberg bei Koblenz und auf dem Hünenberg bei St. Goarshausen. An der westlichen Grenze des Mittelrheingebietes finden sich die auch Spuren einer keltischen Besiedlung, mit dem Grabpfeiler von Pfalzfeld und dem Fürstengrab von Waldalgesheim. Im 4. Jahrhundert v. Chr. war das Gebiet bereits in den Einflussbereich der mediterranen Hochkulturen gekommen. Die Nord-Süd-Verbindung zwischen der Nahemündung und der Moselmündung reichen bereits in die vorrömische Zeit zurück. Die später von den Römern ausgebaute Trasse deckt sich in weiten Abschnitten mit dem Streckenverlauf der heutigen Autobahn 61. Römerzeit Die Römer besiedelten das Gebiet des Mittelrheins von der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. bis ca. 400 n. Chr. Wichtiger Faktor war dabei der Ausbau der Fernstraße zwischen den Provinzhauptstädten Mainz und Köln entlang des linken Rheinufers, sowohl auf den Hochflächen (Rheinböllen nach Norden)wie auch im linksrheinischen Tal (heutige Bundesstr. 9). Reste bedeutsamer Straßensysteme (Geleisewege) finden sich z.B. Nähe der heutigen Burg Stahleck Bacharach). Die Städte Bingen (Bingium) und Koblenz (Confluentes) werden früh zu Standorten frühkaiserzeitlicher Kastelle und Oberwesel (Vosolvia) beherbergte eine römische Straßenstation (mansio). Von ihren Kastellen aus schützen die Garnisonen die Landwirtschaft und Bodenschätze und hielten außerdem die Germanenstämme der Tenkterer , Usipeter , Menapier , Eburonen und Treverer auf Distanz. Die landwirtschaftlichen Siedlungen im Hinterland übernahmen die Versorgung der Menschen in den Städten und Militärlagern. Die Römer nutzen den Rhein für die Schifffahrt und bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. werden in Koblenz feste Rhein- und Moselbrücken angelegt. Der seit 83-85 n. Chr. errichtete Schutzwall Limes musste um 260 n. Chr. aufgegeben und die Grenze an den Rhein zurück verlegt werden. Das rechte Rheinufer gewinnt für das römische Heer eine größere Bedeutung, wie zum Beispiel die Burgus bei Niederlahnstein belegt. Im Zuge der Sicherung der Reichsgrenzen unter den römischen Kaisern Konstantin und Valentinian werden Koblenz und Boppard (Bodobriga) mit starken Mauern und Rundtürmen befestigt, von denen Reste erhalten sind. Im 5. Jahrhundert zwingen die Alemannen und Franken die Römer zum vollständigen Rückzug. Die Stämme übernehmen die römischen Städte und vor allem die Franken gründen auf dem Land neue Siedlungen, die meist unabhängig von den alten römischen Hofstellen entstehen. In diesen Orten, man erkennt sie noch heute an Namen, die auf “–heim“ enden, wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben. Ende des 5. Jahrhunderts gründet der Merowingerkönig Chlodwig das fränkischen Reich. Obwohl der romanische Bevölkerungsanteil ständig zurückging, sprachen die Menschen einen franko-romanischen Dialekt und die Verwaltungssprache bleibt das Latein. Bopparder Grabinschriften, u. a. in St. Severus und der Karmeliterkirche, aus dem 4./5. bis 8. Jahrhundert belegen das Fortleben einer romanischen Bevölkerungsgruppe neben den fränkischen Zuwanderern. Mittelalter Die römischen Siedlungen, zumal die Kastellorte im Rheintal, werden von den Frankenkönigen als Kron- und Fiskalgut in Besitz genommen . Das Gebiet von Bingen rheinabwärts mit Bacharach, Oberwesel, St. Goar, Boppard bis Koblenz und darüber hinaus bis Sinzig und Remagen ist bis in die Karolingerzeit fast geschlossen in königlichem Besitz. Erst im 8. Jahrhundert beginnt die Veräußerung einzelner Teile des Reiches, die sich bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts hinzieht. Nutznießer der Schenkungen sind u. a. die Äbte von Prüm und Trier, St. Maximin und die Erzbischöfe von Köln, Trier, Mainz und Magdeburg. Die Grafen von Katzenelnbogen können als Vögte der Abtei Prüm ein eigenes Herrschaftsgebiet um St. Goar mit der Burg Rheinfels errichten, das nach ihrem Aussterben 1479 die Landgrafen von Hessen erben. Die Teilung des Reichs von Karl dem Großen durch seine Enkel, die 842 in St. Kastor in Koblenz vorbereitet wird, lässt das linke Rheinufer zwischen Bacharach und Koblenz an das Mittelreich fallen. Erst 925 wird Lotharingien endgültig mit dem ostfränkischen, deutschen Reich vereinigt. Bis zur Stauferzeit bleibt der Rhein ein Kernland der königlichen Macht, hier liegt die „Vis maxima regni“ (Otto von Freising). In Koblenz wird 1138 der Staufer Konrad III. zum deutschen König gewählt. Spätmittelalter [Bearbeiten] Das Spätmittelalter ist am Mittelrhein durch die territoriale Zersplitterung gekennzeichnet. Neben den geistlichen Kurfürsten von Köln, Mainz und Trier hat seit Hermann von Stahleck 1142 auch der Pfalzgraf am Mittelrhein um Bacharach und Kaub an Einfluss gewonnen. Als Zeichen der gegenseitigen Konkurrenz („Katz“ und „Maus“), aber auch als Zollstätten am zentralen Handelsweg des Rheins, entstehen der größte Teil der rund 40 Burgen im Raum zwischen Bingen und Koblenz. Zum Teil beeinflusst von Anlagen in Frankreich, Italien und den Kreuzfahrerstaaten sind es besondere Beispiele mittelalterlicher Wehrarchitektur. Insbesondere die Grafen von Katzenelnbogen zeichnen sich als Bauherren aus (Marksburg, Burg Rheinfels, Reichenberg, Neukatzenelnbogen). Herausragender Landesherr im 14. Jahrhundert ist Kurfürst und Erzbischof Balduin von Trier aus dem Hause Luxemburg. Sein Bruder König Heinrich VII, Graf von Luxemburg und ab 1312 deutscher König, hatte ihm im selben Jahr die Reichsstädte Boppard und Oberwesel verpfändet. Zwei von insgesamt rund 20 Städten und Orten minderen Rechts, die im 13. und 14. Jahrhundert am Rhein zwischen Bingen und Rüdesheim gegründet wurden. Ohne dass in jedem Fall die Stadtrechte zu einer tatsächlichen städtischen Entwicklung führten. In fast allen diesen Orten sind aber bis heute mehr oder minder umfangreiche Reste der Stadtbefestigungen erhalten. Boppard und Oberwesel widersetzten sich noch lange Zeit der Eingliederung in einen modernen Territorialstaat. In Boppard kommt es 1327 und 1497 zu Kämpfen um die Stadtfreiheit. Der Grabstein des 1497 gefallenen Ritters Sifrit von Schwalbach im beliebten Typus des „breitspurigen Eisenfressers“ in der Karmeliterkirche Boppard ist ein Zeugnis dieser Kämpfe um die kommunalen Freiheiten, die ein letztes Mal im Bauernkrieg 1525 aufleben. Die 1340 von Balduin am Rhein errichtete Stadtburg in Boppard ist ein Denkmal der Unterdrückung städtischer Selbstständigkeitsbestrebungen. Da am Mittelrhein die Gebiete der vier rheinischen Kurfürsten eng beieinander liegen, sind die Städte am Rhein Austragungsort zahlreicher reichsgeschichtlich bedeutsamer Reichs- und Kurfürstentage, Königswahlen und Fürstenhochzeiten . In Bacharach, Gründungsmitglied des rheinischen Städtebundes von 1254/55, residiert zeitweilig König Ludwig IV. der Bayer. Der gemalte Volto Santo in der dortigen Peterskirche gibt Zeugnis der Verehrung Ludwigs für das Luccheser Urbild und belegt den Austausch zwischen Reichsitalien und dem Mittelrhein. Neuzeit [Bearbeiten] Durch Landgraf Philipp den Großmütigen von Hessen hält die Lehre der Reformation in den katzenelnbogischen Gebieten 1527 Einzug. 1545 erreicht die Reformation durch Kurfürst Friederich II. auch die Gebiete der Kurpfalz. Das Ringen zwischen Katholiken und Protestanten und die politischen Spannungen im Deutschen Reich mündeten 1618 im Dreißigjährigen Krieg, in den Frankreich, Spanien und Schweden eingriffen. Als man 1648 Frieden schloss, war das Land wirtschaftlich ruiniert, die Bevölkerung durch die Kämpfe, Krankheiten und Hungersnöte mehr als halbiert. Der Mittelrhein wird im 17. Jahrhundert zunehmend zum Schauplatz kriegerischer und friedlicher Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich. Nach Verheerungen im Dreißigjährigen Krieg bringt der Pfälzische Erbfolgekrieg 1688/92 die erste Zerstörung der Burgen und eines Teils der Stadtbefestigungen mit sich. Der Wiederaufbau im 18. Jahrhundert prägt bis heute weite Teile der Koblenzer Innenstadt im Stil des Frühklassizismus. Als Folge der Revolutionskriege wird das linke Rheinufer Teil der französischen Republik bzw. des Kaiserreiches. Der in Koblenz residierende Präfekt Lezay-Marnesia lässt ab 1801 die nach der Römerzeit verfallene und nicht mehr benutzbare linksrheinische Straße ausbauen. Lezay-Marnesia fördert auch den Obstbau am Mittelrhein(z.B. Kirschenanbau in Bad Salzig nach dem Vorbild der Normandie), der zum Teil den Ende des 18. Jahrhunderts stark zurückgegangenen Weinbau ersetzt. 19. Jahrhundert [Bearbeiten] Die Franzosen unterstellten das Land am Mittelrhein dem Präfekten des Départements Rhinet-Moselle in Koblenz. Die Bevölkerung war von der neuen Regierung bald angetan, brachte sie doch das Ende der Adelsherrschaft, Abschaffung der Feudalabgaben, liberale Rechtsprechung und andere Vorzüge. Blüchers Rheinübergang bei Kaub am Neujahrstag 1814, markiert das Ende der französische Zeit, mit der endgültigen Niederlagen Napoleons und den Beginn der preußischen Herrschaft am Mittelrhein. Auf dem Wiener Kongress 1815 bekommt Preußen die „Wacht am Rhein“ auf dem linken Ufer übertragen. Die rechte Seite bleibt nassauisch. Die Vormachtstellung Preußens wird durch den Bau der Großfestung Koblenz ab 1817 gesichert. Die Errungenschaften der französischen Verwaltung wurden in der Rheinprovinz (seit 1830) größtenteils wieder abgeschafft, der alte Ständestaat (Adel, Städte, Bauern) wieder errichtet. Der Adel übernahm erneut die politische Führung, das Bildungsbürgertum blieb politisch fast ohne Einfluss. Nach dem preußisch-österreichischen Krieg (1866) annektierte Preußen auch die rechtsrheinischen nassauischen Gebiete. Weder die Dampfschifffahrt (seit ca. 1830), noch der Bau der Eisenbahnstrecke (seit 1859) konnten die Industrialisierung im engen Rheintal entscheidend fördern. Noch um 1900 herrschte eine vom Weinbau dominierte kleinstädtischdörfliche Agrar- und Gewerbestruktur vor. 20. Jahrhundert Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges im November 1918 wurde das linke Rheinufer und ein 50 km breiter Streifen auf dem rechten Ufer zur „entmilitarisierten Zone“ erklärt. Erst verwalteten Amerikaner, ab 1923 die Franzosen das Gebiet. Im Rheinland vollzog sich der Übergang von der Monarchie zur Republik fast unbemerkt. Der Plan, eine “Rheinische Republik“ zu errichten (1923), misslang. Die Franzosen zogen ihre Truppen 1929 wieder ab. Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 war die Begeisterung am Mittelrhein groß. In zahlreichen Orten wurde Hitler zum Ehrenbürger ernannt. Jüdische und politisch missbeliebige Beamte wurden durch Parteifunktionäre ersetzt. Die Juden, die im kleinstädtischen Gewerbe eine bedeutende Rolle gespielt hatten, wurden beraubt und vertrieben, die meisten von ihnen ermordet. Die alliierten Streitkräfte beendeten am 19. März 1945 die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges am Mittelrhein. Anschließend übernahmen die Franzosen die Verwaltung des Gebietes in ihrer Besatzungszone. Ende 1946 entstand das Bundesland Hessen, ein halbes Jahr später folgte die Gründung des Landes Rheinland-Pfalz. Obwohl historisch wenig zusammengehörende Gebiete in den neuen Ländern zusammengefasst wurden, stellte sich rasch ein Zusammengehörigkeitsgefühl ein. Der Wunsch nach einer die Geschichte mehr berücksichtigenden Einteilung verstummte allerdings nie ganz. Welterbe „Oberes Mittelrheintal“ Das Obere Mittelrheintal ist das Rheinengtal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz. Am 27. Juni 2002 wurde das Obere Mittelrheintal zwischen Bingen / Rüdesheim und Koblenz in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Kriterien einer Kulturlandschaft Voraussetzung ist ein hinsichtlich der u.g. Kriterien geschlossener Landschaftsraum, der eine gewisse Einzigartigkeit aufweist und vom Menschen eine besondere Ausgestaltung erfuhr. Im Oberen Mittelrheintal ist dies im Rheindurchbruch durch das Rheinische Schiefergebirge gegeben. Das Tal mit steilen Felshängen erzwang die Nutzung in Form von Terrassen, die das Tal im Laufe der Jahrhunderte gestalteten. Besonders geprägt wurde es durch den seit dem 8. Jhdt. nachgewiesenen Weinanbau auf Terrassen, Schiefergewinnung und die Niederwaldwirtschaft. Landwirtschaft war nur auf den Hochflächen möglich. Einzigartig ist daneben die Vielzahl der über 40 Burgen, die entlang von nur 65 Stromkilometern errichtet wurden. Das Obere Mittelrheintal ist der Inbegriff der romantischen Rheinlandschaft und zudem die klassische Verkehrslandschaft (wichtigster Schifffahrtsweg, 2 Bundesstraßen, 2 Bahntrassen etc.) Burgenbau Die Burgen im Mittelrheintal sind bis auf wenige Ausnahmen im 12. bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhundert entstanden. Sie wurden meist auf den Mittelterrassen gebaut, die bei der Bildung des Tales entstanden. Im 10. und 11. Jahrhundert war der Burgenbau ein Privileg des Reichs (König, Hochadel). Bauten vor dieser Zeit waren meist in Holz- und Erde-Bauweise ausgeführt. Ab dem 12. Jahrhundert setzte eine Schwächung des Königtums ein. Die Macht der Fürsten und Reichsministerialen (Beamte) wuchs (ab 1273 Wahlkönigtum, 1356 endgültige Ausbildung von Territorialstaaten). Dies war auch die Zeit des Baus der meisten Burgen. Allein vier von sieben Kurfürsten besaßen Gebiete im Mittelrheintal. Die politische Landkarte zeigte einen Flickenteppich, da diese Gebiete nicht zusammenhängend waren. Zunächst entstanden die Burgen zur Gebietssicherung. Ab dem späten 12. Jahrhundert entdeckten die Fürsten den Zoll als Einnahmequelle, so dass jetzt auch Burgen zur Zollsicherung gebaut wurden. Burgen im Stadtbering wurden im Normalfall als Zwingburg gegen die nach Freiheit strebenden Städter gebaut. Ende des 14. Jahrhunderts kamen auch hier in der Region Feuerwaffen auf. Spätestens ab dem 15. Jahrhundert waren bauliche Reaktionen nötig, die sich nur begüterte Burgbesitzer leisten konnten. Durch die Feuerwaffen verloren schon im Hochmittelalter viele Burgen ihre strategische Bedeutung. Meist setzt jetzt langsamer Verfall ein oder sie werden aufgegeben. Schon im Dreißigjährigen Krieg gab es zahlreiche Zerstörungen durch durchziehende Truppen. Die endgültige Zerstörung fast aller Burgen besorgen dann die Truppen Ludwig des XIV. im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 (ausgenommen bei den Höhenburgen nur Festung Ehrenbreitstein, Marksburg und Rheinfels). Mit Aufkommen der Rheinromantik wurden viele Burgen nach 1815 bis Ende des 19. Jahrhunderts neu aufgebaut. Weinbau Verbuschte Weinbergsterrassen Hauptartikel: Weinbaugebiet Mittelrhein Weitgehend identisch mit der geographischen Region ist das Weinbaugebiet Mittelrhein, eines der durch das deutsche Weingesetz festgelegten „bestimmten Anbaugebiete“ für Qualitätswein. Gebracht haben den Weinbau die Römer. Allerdings entwickelte er sich erst im Mittelalter von der Mosel aus nach Süden. Diese Entwicklung verlief in vier Phasen vom 11. bis Ende des 14. Jahrhunderts. Wesentlich für die Entwicklung war die neue Technik des Terrassenweinbaus. Bebaut wurden Flächen von 25° bis 30° und mehr. Begünstigt war der Anbau durch das Klima. Der Rhein sowie die Schiefer- und Grauwackeverwitterungsböden funktionieren als Wärmespeicher, die große Temperaturschwankungen verhindern. Hinzu kommt der gute Kaltluftabfluss an den steilen Hängen. Dies kommt vor allem dem spät reifenden Riesling zugute, der hier zu ca. 75 % die Anbauflächen bestimmt. Der Terrassenweinbau war wesentlich kleinteiliger als es die heutige Situation zeigt, die erst nach einer Flurbereinigung in den 1960er Jahren entstanden ist (siehe Bild verbuschte Weinbergsterrassen - links und oberhalb der großflächigen Hängen verbuschte Kleinterrassen, erkennbar an den vielen hellen, querlaufenden Linien). Mit den alten Trockenmauern ist damals leider auch ein Biotop für Kleinlebewesen verloren gegangen. Teilweise sind im Mittelrheintal noch Terrassen in alter Form in Bewirtschaftung (auch an der alten Bindung der Triebe erkennbar - pro Stock ein Pfahl). Wein war im Mittelalter das einzige unverkeimte und lagerfähige Volksgetränk, da Bier meist schlecht und teurer, Kaffee und Tee noch unbekannt waren. Eine regionale, weit nach Norden gehandelte Spezialität war die Herstellung von Feuerwein im Viertälergebiet um Bacharach (heute wieder im Posthof Bacharach hergestellt). Er war eines der wichtigsten Handelsgüter im Mittelalter, begünstigt durch den Rhein als wichtigste Wasserstraße und bestehende Römerstraßen. Daher war er interessant für Grundherren (Wertsteigerung). Die Verbesserung der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Lage durch immer mehr benötigte Fachkräfte, führte zu neuen Pachtverhältnissen und zum Aufschwung. Im Spätmittelalter war der Hauptteil der Bevölkerung vom Weinbau abhängig. Nach Auflösung vieler Grundherrschaften erfolgte die Aufsplitterung in viele kleine Parzellen. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts hatte dieser Wirtschaftszweig Hochkonjunktur, dann kam es durch den Dreißigjährigen Krieg zu Rezession und Verfall. Auch bessere Bierpreise, sowie Tee und Kaffee schmälerten die Erlöse. Ab 1815 gab es durch die Zugehörigkeit zu Preußen wieder einen großen linksrheinischen Aufschwung (quasi Monopol). Ab 1839 entstand durch den deutschen Zollverein starke Konkurrenz. Dies war der Beginn der Umwandlung vom Haupt- zum Nebenerwerbswinzer. Teilweise gab es zusätzlichen Profit durch die Rheinromantik (Gutsausschank) und die aufkommende Sektindustrie. Ab 1870 erfolgte eine neue Krise wegen der Eisenbahn (verbesserter Transport), der Industrialisierung, billigerer und besserer Konkurrenz aus dem Ausland und dem Aufkommen von Rebschädlingen von Amerika über Frankreich (Mehltau, Reblaus, falscher Mehltau und Heu- und Sauerwurm). Tiefere Ursache des Niedergangs waren die veränderten sozioökonomischen Bedingungen. Bis ins 19. Jahrhundert gab es kaum eine andere Erwerbsmöglichkeit. Dann erfolgten wegen des geringen Profits große Abwanderungen in die aufkommende Industrie. Die linke Seite war erst nach dem Zweiten Weltkrieg mehr betroffen (bis dahin gab es hier kaum Industrie, sowie mehr Fremdenverkehr). Trotz der in den 1960er Jahren bei 92 % der Flächen durchgeführten Flurbereinigung erfolgte ein weiterer Rückgang wegen der mangelnden Profitsituation. 58 % der um 1900 vorhandenen Weinbergsflächen sind heute vollständig und unwiederbringlich brachgefallen. Weitere 16 % weisen einen Bracheanteil von 40-80 % auf. Übrig geblieben sind gerade einmal rund 480 ha - Tendenz sinkend auf im Jahr 2006 noch ca. 380 ha tatsächlich bestockte Fläche. Die Weinbaubrachen verbuschen und werden schließlich vom Wald zurückgeholt. Dies ist hier ein großes Problem. Wenn man den Charakter der Landschaft erhalten will, sind große Anstrengungen nötig, um für die Terrassen neue Nutzungen zu finden, oder sie zumindest von offen zu halten. Ein gelungenes Beispiel zum Erhalt des Weinbaus ohne tiefgreifende Erdbewegungen in die Landschaft stellt die Flurbereinigung im Oelsberg bei Oberwesel dar. Durch Querterrassierung des Geländes und die Anlage einer Tropfberegnungsanlage konnten ehemalige Kleinparzellen in der Bewirtschaftung gehalten werden. Auch in Bacharach ist eine sanfte Umgestaltung zur leichteren Bewirtschaftung des Rebgeländes in Planung. Besonders landschaftsprägende Einzellagen wie am Roßstein gegenüber Oberwesel, unter der Burg Stahleck Bacharach oder um die Burg Gutenfels Kaub verdienen die Weiterbewirtschaftung, um den Reiz der Kulturlandschaft zu erhalten. Viele Burgen haben an ihrem Fuße mittlerweile aufgelassenes und stark verbuschtes Rebgelände. Eine Wiederaufrebung unterstützt die viel umworbene Postkartenidylle, denn das lichte und feingegliederte Grün und satte Gelb im Herbst der kleinparzellierten Rebterrassen heben sich optisch gut vom Grün des Waldes ab. Trotz Flurbereinigung ist die Mechanisierung begrenzt, da die Flächen meist zu steil sind, um sie mit radgetriebenen Traktoren oder Traubenvollerntern zu befahren. Daher ist die Rentabilität nur für Betriebe mit Flaschenweinvermarktung gegeben, die meist noch ein Zusatzeinkommen durch Vermietung von Ferienwohnungen oder durch Gastronomie (typische Wein- und Straußwirtschaften) bestreiten. Ausführliche Ausarbeitungen s. die UNESCO-Dokumentation des Landesamt für Denkmalpflege (2002) oder als pdf zu laden die Info zum „Steillagenweinbau“ und zum Thema „Feuerwein“ unter www.mittelrheintal.de oder anzufordern im MittelrheinBesucherzentrum Posthof 55422 Bacharach. Waldwirtschaft Ursprünglich waren weite Teile des Tals bewaldet. Im Flusstal wuchsen Auwälder aus Silberweiden, an den Hängen Eichen und Hainbuchen - auf besseren Böden auch Buchen. Die erste wirtschaftliche Nutzung erfolgte durch die Römer, die auch Rodungen für Acker- und Weideflächen vornahmen. Mit dem karolingischen Landesausbau (Höhepunkt im 13. Jahrhundert) kam es zu einer Erhöhung der Siedlungs- und Bevölkerungsdichte. In dieser Periode wurden die Weinberganlagen erschlossen und auf den Terrassen begann die Nutzung des Geländes als Acker- und Weideflächen. Ende des 14. Jahrhunderts gab es ca. 50% Wald weniger. Jetzt erkannte man die wirtschaftliche Bedeutung und die Waldnutzung wurde für die Region überlebensnotwendig. Waldnutzungsformen vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert Hauptnutzung war die Holzentnahme als Bau- und Brennstoff sowie zur Herstellung von Geräten. Die Waldweide lieferte durch Gräser und Kräuter im Hochwald Nahrung für das Vieh. Beim Eintrieb von Schweinen nutzte man Eicheln und Bucheckern im Herbst zur Mast. Grünlaub wurde ebenfalls verfüttert und als Stallstreu genutzt. Eine beliebte Methode war das „Schneiteln“ von Bäumen. Dabei wurden die Bäume „auf den Stock gesetzt“ indem man sie bis zum Wurzelstock kappte. Das war nur bei Eichen möglich, da sie die Fähigkeit zur Verjüngung durch Neuaustrieb haben, was reichen Laubnachwuchs brachte. Auf diese Weise entstand ein „Niederwald“. Bei der Wald-Feld-Wechselwirtschaft nutzte man die Flächen als Ackerland. Nach einer Brandrodung folgte 1-3 Jahre eine Zwischennutzung als Anbaufläche (z. B. Roggen), der sich eine Brache von 10-20 Jahren anschloss. Teilweise wurden während der Brache die Flächen auch als Weide genutzt. Eine wichtige Einkommensquelle war die Gewinnung von Eichengerbrinde (Lohe). Die Bäume wurden etwa in Mannshöhe gekappt und die Rinde mit dem Lohlöffel abgeschält. Auch diese Flächen konnte man als Ackerland zwischennutzen. Weitere Nutzungsformen waren die Köhlerei (Holzkohle zur Erzverhüttung), Aschebrennerei (Pottasche für die Glasindustrie), die Seifensiederei (als Bleichmittel) sowie die Gewinnung von Weidenruten. Heute wird das Tal von durchgewachsenen Niederwäldern beherrscht. Bei vielen Eichen ist das an knubbeligen Auswüchsen über dem Wurzelstock erkennbar. Der letzte „Abtrieb“ erfolgte nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Franzosen als Reparationsleistung. Da die Bäume mittlerweile zu groß geworden sind, droht hier Gefahr, weil die kargen Hänge die Last nicht mehr tragen können. Tourismus Junge britische Adlige auf der Grand Tour nach Italien entdeckten den Mittelrhein im 18. Jahrhundert. Mit der deutschen Romantik wurde der Mittelrhein auch in Deutschland zu einem Sehnsuchtsziel. Der durch die Rheinromantik ausgelöste Tourismus, befördert durch die Aufnahme des Dampfschiff-Linienverkehrs durch die Köln-Düsseldorfer 1827 und den Bau der Eisenbahn in den 1840er bis 1870er Jahren, brachte dem Mittelrhein eine neue wirtschaftliche Blüte, die bis weit ins 20. Jahrhundert anhielt. Das Interesse der deutschen wie der ausländischen Touristen am Mittelrhein ging nie verloren, nahm aber ab den 1980er Jahren merklich ab. Um den Mittelrhein im 21. Jahrhundert wieder attraktiver zu machen, wurden unter anderem zwei neue Fernwanderwege eröffnet, der Rheinsteig auf der rechten Rheinseite und der Rheinburgenweg auf beiden Rheinseiten, die ein besonders intensives Erleben der Kulturlandschaft ermöglichen.