Bürgerinitiative für faire Energiepreise e.V. BIFEP, Hans Oehler, Richard-Wagner-Str.107, 55543 Bad Kreuznach -Seit 16.8.05 eingetragener gemeinnütziger Verein- Tel.: 0671/61622 Fax: 0671/7966787 Mobil: 0175-8442946 OFFENER BRIEF An die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen von CDU, SPD, FDP, Grüne, Bürgerliste, FWG, Liste Faires B.K. E-mail: [email protected] Herrn Oberbürgermeister Ludwig Herrn Geschäftsführer Canis www.bifep.de Bad Kreuznach, 15.7.2008 Schutz der einkommensschwachen Familien vor weiteren, unzumutbaren Energiekosten Sehr geehrte Damen und Herren, die Bürgerinitiative für faire Energiepreise beschäftigt sich mittlerweile ca. 1 Jahr mit dem vorgenannten Thema. Im Rahmen von 3 „Runden Tischen“ wurden dabei sowohl die zuständigen Stellen (ARGE und Stadtwerke) als auch die betroffenen Mitbürger einbezogen. Unsere Organisation beobachtet seit Jahren den Energiemarkt und besonders die dortige Preisentwicklung. In den letzten 5 Jahren sind die Energiepreise förmlich explodiert. Allein in den letzten 12 Monaten verteuerte sich der Strom um durchschnittlich 17 Prozent. SITUATIONSBESCHREIBUNG Wie uns die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in diesen Tagen mitteilte, lag bei Gas der Durchschnittsarbeitspreis für Haushaltskunden mit einem Verbrauch von 20.000 kWh bei 3,26 Ct/kWh (ohne MWSt.) Im Juli 2008 liegt dieser Preis jetzt bei 5,12 Ct/kWh (ohne MWSt.). Dies bedeutet eine Steigerung von 1,86 Ct und entspricht 57 % 2 Bei den Strompreisen liegt folgende Entwicklung vor: Im August 2004 lag der Durchschnittsarbeitspreis für Haushaltskunden bei 12,99 Ct/kWh (ohne MWSt.) Im April 2008 lag der Durchschnittspreis für Haushaltskunden bei 16,14 Ct/kWh (ohne MWSt.). Die Zahlen für Juli stehen noch nicht zur Verfügung. Dies bedeutet eine Steigerung von 3,15 Ct und entspricht 24 % Diese Preiserhöhungen treffen „Arme“ besonders hart. Sie müssen überdurchschnittlich viel für Energie aufwenden. Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, teilte in diesen Tagen mit, dass z.B. der Strompreis für einkommensschwache Haushalte 14 – 16 % des verfügbaren Einkommens ausmache. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die notwendige Anpassung an die öffentliche Unterstützung in der Regel mit großer zeitlicher Verzögerung erfolgt. Da weitere Preiserhöhungen für Strom und besonders auch für Gas anstehen ist es höchste Zeit für eine Abfederung dieser Entwicklung. FRAU MERKEL Frau Merkel zeigte bei Ihren Äußerungen am vergangen Wochenende wenig Sachkenntnis, als sie äußerte, alle Heizkosten und Stromrechnungen würden für Harz IV-Empfänger voll ersetzt werden. So wird der Heizkostenanteil pauschal berechnet (derzeit 1 € pro Quadratmeter und Monat). Bei höheren Kosten besteht die Möglichkeit einen entsprechenden Antrag auf Übernahme zu stellen, der nach strengen Kriterien geprüft wird. Strom und Wasser müssen aus dem monatlichen Regelsatz von derzeit 351 € bezahlt werden. STADTRAT Erfreulich ist der einstimmige Stadtratsbeschluss vom 24.1.2008, nachdem die städtischen Aufsichtsratmitglieder aufgefordert werden, Wege zu suchen, wie der Preisanstieg bei Strom, Gas und Wasser, insbesondere im Hinblick auf die Bürgerinnen und Bürger mit niedrigem Einkommen, abgemildert werden kann. Im Gegensatz zu den Stadtwerken sind wir der Meinung, dass eine Verwirklichung von Sozialtarifen allein vom politischen Willen der Entscheidungsträger abhängt. SOZIALTARIFE Unsere Vorschläge hierzu sind folgende: 1. Die ersten 500 Kilowattstunden Strom werden zu einem zwischen 20 und 30 % billigeren Tarif abgegeben. Dies entspricht ungefähr einem Drittel des jährlichen Verbrauchs eines Ein-Personen-Haushalts. Für jedes weitere Familienmitglied wäre ein Zuschlag von 50% dieser Grundmenge anzusetzen. Je mehr ein Haushalt verbraucht, desto mehr müsste er je Kilowattstunde bezahlen. Damit gäbe es einen starken Anreiz zum Stromsparen. 3 2. Das Gleiche schlagen wir für die ersten 350 cbm Gas vor. 3. Für Wasser sollten die ersten 25 cbm verbilligt zu beziehen sein .Die Grundgebühr sollte in diesem Falle ganz entfallen. Die Prüfung der Bedürftigkeit für diese Sozialtarife könnte unbürokratisch erfolgen. Die Vorlage eines Bescheides über Harz IV oder der Grundsicherung sollte genügen. Im Zusammenwirken mit den Sozialverbänden (Diakonisches Werk, Caritas, Arbeiterwohlfahrt) sollten auch andere Einkommensgruppen (RentnerInnen) einbezogen werden. Die Befreiung von der Rundfunkgebühr könnte ebenfalls ein Kriterium sein. Daneben sollten die Grundgebühren für Kleinverbraucher deutlich gesenkt werden, weil diese Pauschalen einen niedrigen Energie- und Wasserverbrauch relativ stark verteuern. Dies würde einen kostenbewussten Umgang mit Energie und Wasser fördern. FINANZIERUNG Zur Finanzierung der Sozialtarife bestehen bei uns folgende Überlegungen: Eine Umlage auf die übrigen Ernergiekostenzahler kommt keinesfalls infrage. Die entstehenden Einnahmeverluste dürfen zu einer Reduzierung der Gewinne der Stadtwerke führen. Nach dem in diesen Tagen vorgelegten Geschäftsbericht 2007 der Stadtwerke betrug der Gewinn im vergangenen Jahr 7.274.000 €. ERGÄNZENDE MASSNAHMEN Weiter schlagen wir vor, die bei den Stadtwerken bestehende Beratungsstelle für sparsamen Umgang mit Energie und Wasser gezielt auszubauen. Es ist bekannt, dass gerade Geringverdienende in Wohnungen leben müssen, die schlecht gedämmt und auch sonst unnötige Kosten verursachen. Diesem Personenkreis beim Energiesparen zu helfen ist ein Gebot der Stunde. Trotz milliardenschwerer Sanierungsprogramme fehlt vielen Vermietern noch immer der Anreiz, ihre Häuser zu modernisieren. Es wäre zu überlegen, wie und wo Stadtwerke und Stadtverwaltung hier Impulsgeber sein könnten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen dienen dem sozialen Frieden in unserer Stadt. Neben dem genannten Personenkreis würden vor allem auch Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende profitieren. Wasser und Energie muss für alle BürgerInnen bezahlbar sein !“ Weiter könnte es sinnvoll sein gemeinnützig tätigen Organisationen, die sich um hilfsbedürftige Menschen kümmern, einen Rabatt auf ihre Energie- und Wasserkosten zu gewähren. Hierbei denken wir vor allem an die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und der Tafel. 4 ZUKÜNFTIGE ENTWICKLUNG Die angekündigten Preiserhöhungen im Herbst diesen Jahres sollten moderat ausfallen. Aufgrund der von uns aufgenommenen Stimmungen könnte sich sonst ein deutlicher Bürgerprotest – bis hin zu Straßendemonstrationenausagieren. Die Schmerzgrenze ist bei vielen Bürgern erreicht. So hoffen wir auf eine baldige Umsetzung unserer Vorschläge. Die Bürger könnten ihre Wahlentscheidung bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr auch an dem Verhalten der Parteien zu diesem Bereich ausrichten. Bundesweit werden Sozialtarife von Parteien und Organisationen angemahnt. Bad Kreuznach hat die Chance hier beispielhaft in Erscheinung zu treten. Ihrem Agieren in diesen für viele Bürger wichtigen Problembereichen sehen wir mit Interessse entgegen. Eine direkte Rückmeldung an uns würden wir natürlich sehr begrüßen. Mit freundlichen Grüssen Hans Oehler (2.Vorsitzender) 5