Wirtschaftskunde 1. Berufsausbildung 1.1 Rechtliche Grundlagen der Berufsausbildung - Aus dem Grundgesetz Artikel 12 Abs. 1 „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden“ Anmerkungen: „Alle Deutschen .... Deutsche Staatsbürger dieses Recht GG von 1949 nicht mehr ganz zeitgemäß In einer Gesellschaft leben heißt auch sich dem geltenden Recht und der Ordnung unter zu ordnen. o bestimmte Voraussetzungen erfüllen um einen Beruf zu erlernen (Lehrstelle zu bekommen) o Gesetze beachten die für Auszubildenden und Ausbildenden verbindlich sind o Wirtschaftliche Bedingungen beachten (für welche Berufe gibt es einen Bedarf) Je nach Bildungsweg stehen jeden Bürger die entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten offen. In Deutschland gibt es ca. 380 anerkannte Ausbildungsberufe in 13 Berufsfelder und es kommen durch weitere Spezialisierungen (Arbeitsteilung) ständig neue Berufe dazu. 1 Wirtschaftskunde Duales System der Berufsausbildung in Deutschland - Berufsausbildung erfolgt in Deutschland im dualen System, das bedeutet es gibt eine Teilung von Berufsschulausbildung und betrieblicher Ausbildung - Teilung der Zuständigkeit Berufsschule Ausbildungsbetrieb -> Länder -> Staat Berufsausbildung Berufsschulausbildung Länder Berufsschüler - Schulgesetz - Verordnungen - Lehrpläne - Prüfungsordnung Betriebliche Ausbildung Bund Auszubildender - Grundgesetz - Bildungsgesetz - Berufsbildungsgesetz - Berufsausbildungsvertrag - Ausbildungsordnung Umsetzung in der Praxis - Formen der Ausbildung o Große Unternehmen unterhalten eigene Berufsschulen Vorteile Betriebliche Erfordernisse können in der Ausbildung besser berücksichtigt werden Bessere Koordination der Ausbildung durch einheitliche Führung Nachteile Ausbildung für diesen Betrieb Keine Kommunikation mit Berufsschülern anderer Betriebe o Handwerksbetriebe führen in der Regel nur die betriebliche Ausbildung durch, die Berufsschule wird von den entsprechenden Handwerkskammern getragen. Vorteile Einheitliche Ausbildung in der Berufsschule Kommunikation Auszubildender verschiedener Betriebe Nachteile Uneinheitlichkeit der Führung Erfordernisse der Betriebe werden nicht immer berücksichtigt o Überbetriebliche Ausbildung, viele Unternehmen können oder wollen keine Lehrlinge Ausbilden (Kosten / Eignung der Ausbilder) Vorteile Kostenersparnis für Unternehmen es müssen keine Mitarbeiter als Ausbilder befähigt werden 2 Wirtschaftskunde Nachteile Nachwuchskräfte müssen neu in den Betrieb eingeführt werden Facharbeiter müssen erst an die betrieblichen Erfordernisse angepasst werden (Qualifizierung / Schulung / Fortbildung) o Berufsfachschulen „neue Berufe“ besonders im IT – Bereich, Neue Medien ist eine Ausbildung im Dualen System nur selten möglich, da der Bedarf für einzelne Unternehmen eher gering ist und die Ausbildung hochqualifizierte Fachkräfte erfordert. Vorteile Hochqualifizierte Ausbildung und Ausbilder gute Marktchancen mit der Ausbildung Nachteile hohe Kosten der Ausbildung – meist mit Eigenbeteiligung nur wenige Standorte Die Rechtsstellung des Auszubildenden wird im Berufsausbildungsvertrag geregelt, der durch die folgenden Gesetze bestimmt wird. 3 Wirtschaftskunde 1.1.1 Das Berufsbildungsgesetz „Das Berufsbildungsgesetz ist wesentliche Grundlage für die Durchführung der Berufsausbildung (Duale System). Dabei sind auch besondere Ausbildungsregelungen für Behinderte vorgesehen. Für die Ausbildung im Handwerk gilt zusätzlich die Handwerksordnung (HwO). Das BbiG regelt außerdem Fragen der beruflichen Fortbildung und Umschulung.“ Wichtige Aussagen: -§1 Berufsausbildung Grundbildung fachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten geordneter Ausbildungsgang - § 3 Vertrag Berufsbildungsvertrag - § 4 Vertragsniederschrift vor Beginn der Ausbildung in schriftlicher Form vorgeschriebene Inhalte - § 6 Berufsausbildung planmäßige Ausbildung sachlich und zeitlich Gliederung kostenlose Ausbildungsmittel keine sittliche und körperliche Gefährdung Aufgaben ausschließlich zu Ausbildungszwecken - § 8 Zeugnis Ausstellung durch den Ausbildenden Vorgeschriebene Inhalte - § 9 Verhalten während der Berufsausbildung Pflichten der Auszubildenden - § 14 Beendigung Nach Ablauf der Ausbildungszeit Nach bestandener Abschlussprüfung - § 15 Kündigung Fristen und Form nach und in der Probezeit - § 20 Persönlich und fachliche Eignung Eignung des Ausbilders (ADA-Schein) Auszubildender Eignungsprüfung - § 28 Ausschließlichkeitsgrundsatz Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen - § 34 Abschlussprüfung Zweimal wiederholbar - § 39 Zulassung zur Abschlussprüfung Absolvierte Ausbildungszeit Entsprechender Leistungsstand Zwischenprüfung 4 Wirtschaftskunde 1.1.2 Die Ausbildungsordnung Der rechtliche Rahmen der Berufsausbildung wird durch die Ausbildungsordnung abgesteckt. o erlassen durch den Bundesminister für Wirtschaft und Bundesminister für Arbeit und Soziales Die einzelne Ausbildungsordnung legt fest: Bezeichnung des Ausbildungsberufs Ausbildungsdauer Fertigkeiten und Kenntnisse Sachlich und zeitliche Gliederung der Ausbildung (Rahmenplan) Prüfungsanforderungen 1.1.3 Der Berufsausbildungsvertrag Die Berufsausbildung wird durch einen schriftlichen Vertrag zwischen dem Ausbildenden und den Auszubildenden begründet. Mindestinhalte nach §4 Abs. 1 BBiG Vertragspartein Art, sachliche und zeitliche Gliederung Ziel der Berufsausbildung Beginn und Dauer der Ausbildung Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit Dauer der Probezeit Zahlungen Vergütung / Selbstbeteiligung Dauer des Urlaubs Kündigungsvoraussetzung, Beendigung Zuständigkeiten: Industrie- und Handelskammer Handwerkskammer Eintragung der Ausbildungsverträge erfolgt an den entsprechenden Stellen im „Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse“ 5 Wirtschaftskunde 1.1.4 Schulgesetz (Freistaat Sachsen) Die Berufsfachschulen fallen unter die Zuständigkeit des Landes, hier ist das jeweilige Schulgesetz maßgebend. o §1 Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule Recht der Menschen auf Ausbildung entsprechend ihrer Fähigkeiten und Neigungen o § 3 Geltungsbereich Für Schulen in freier Trägerschaft findet das Gesetz nur Anwendung, soweit dies ausdrücklich bestimmt ist. o § 4 Schularten und Schulstufen Berufsbildende Schulen: a) Berufsschulen, b) Berufsfachschulen, c) Fachschulen o § 9 Berufsfachschulen Ausbildung in einem oder mehrere Berufe Erwerb der Sekundarstufe II Vollzeitschule o § 27 Dauer und Ende der Schulpflicht die Berufsschulpflicht endet mit dem Ende des Ausbildungsverhältnisses o § 62 Schul- und Prüfungsordnung Inhaltliche Gestaltung 1.2 Berufliche Fortbildung 1.2.1 Berufliche Fortbildung „Mit dem erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung ist das Lernen noch lange nicht abgeschlossen“ Wissen veraltet - DESHALB - Lebenslanges Lernen notwendig Gründe: Arbeitsmarktgründe Mangelnde Sicherheit am Arbeitsplatz Neue Technologie kann Arbeitsplatz vernichten Betriebsschließung Veränderte Verbrauchergewohnheiten Persönliche Gründe Unfall, Krankheit, Allergie Kindererziehung Beruflicher Aufstieg Höheres Einkommen Mithalten mit technischem Fortschritt Berufliche Weiterbildung bedeutet „Mehr Sicherheit“ Sozialer Aufstieg Gesicherte Position Finanzieller Gewinn Bessere Arbeitsbedingungen 6 Wirtschaftskunde 1.2.2 Finanzielle Förderung der Weiterbildung Arbeitsförderungsgesetz (AFG) Förderung: Ausbildungskosten / Material Fahrtkosten Unterbringungskosten Arbeitsamt Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) Bund Förderung: Für Schüler (Abi) als Zuwendung Für Studenten als ½ Zuwendung und ½ Darlehn Für Meister als Darlehn Europäischer Sozialfond ESF Förderung: Für Langzeitarbeitslose (wenn keine andere Förderung) Für Existenzgründer (Übergangsgeld) Zusammenfassung / Kontrollfragen Was versteht man in der Berufsausbildung unter „Dualem System“? Welche Mindestangaben muss der Berufsausbildungsvertrag enthalten? Nennen Sie jeweils 4 Pflichten des Azubi und des Ausbildenden. Warum kann in der Probezeit das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten ohne Angabe von Gründen beendet werden? e) Welche Einrichtungen führen Fortbildungsmaßnahmen durch? f) Wann kann eine berufliche Fort- und Weiterbildung notwendig sein? g) Welche Vorteile hat die Fort- und Weiterbildung für Arbeitnehmer? a) b) c) d) 7 Wirtschaftskunde 2. Mensch und Arbeit 2.1 Arbeitsrecht – Tarifrecht – Arbeitsschutz 2.1.1 Arbeitsrecht Was ist Arbeitsrecht? Das Arbeitsrecht kann allgemein als das Sonderrecht bezeichnet werden, das einerseits die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie andererseits der am Arbeitsleben teilhabenden Organisationen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände erfasst. Die arbeitsrechtliche Materie ist allein schon deshalb schwer durchschaubar, weil es trotz mehrfacher politischer Anläufe kein einheitliches Arbeitsgesetzbuch gibt. Arbeitsrechtliche Regelungen finden sich teilweise in speziellen Gesetzen, die einen Teilbereich arbeitsrechtlicher Rechtsbeziehungen abdecken wie etwa das wichtige - Kündigungsschutzgesetz (KSchG) oder das - Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) . In anderen Gesetzen wie etwa dem - Mutterschutzgesetz (MuSchG) oder dem - Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) werden wichtige arbeitsrechtliche Sachverhalte mitgeregelt. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und im öffentlichen Dienst die entsprechenden Personalvertretungsgesetze der Länder und des Bundes erfassen sog. kollektive Rechtsbeziehungen der Belegschaft zum Arbeitgeber. Ferner wird das Arbeitsrecht von - Tarifverträgen und - Betriebsvereinbarungen beeinflusst und insbesondere durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) geprägt. Schließlich muss derjenige, der Arbeitsrecht verstehen will, auch Einige Grundregeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beherrschen. (Walter Scharr „Knaur“) 8 Wirtschaftskunde Das Arbeitsverhältnis ist ein Dienstverhältnis, das durch den Arbeitsvertrag als Unterfall des Dienstvertrages begründet wird. Eine Reihe von Schutzgesetzen soll dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt wird. Das Arbeitsrecht lässt sich in zwei Bereiche unterteilen: Arbeitsrecht Individuelles Arbeitsrecht - Arbeitsvertragsrecht Arbeitsvertrag – Inhalt und Zustandekommen - Arbeitsschutzrecht Gesundheits- und Arbeitsschutz Kollektives Arbeitsrecht - Arbeitsverfassung Tarifverträge – Arbeitskampf - Betriebsverfassung Betriebsrat – Mitbestimmung Arbeitsrecht Gesetzesrecht Vertragsrecht Richterrecht Arbeitsrecht nach Rangfolge: Grundgesetz Einzelgesetze Tarifverträge Betriebsvereinbarungen Arbeitsvertrag Gibt es für einen Sachverhalt mehrere Bestimmungen, so wird nach Rangfolge und Günstigkeit entschieden ( Nach Günstigkeit bedeutet, es kommt die Regelung zur Anwendung, die für den Arbeitnehmer die günstigeren Bestimmungen enthält.) 9 Wirtschaftskunde 2.1.2 Der Arbeitsvertrag Der Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des Dienstvertrages (BGB § 611 – 630) o der Arbeitsvertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, das durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt o es besteht Formfreiheit ( kann mündlich, schriftlich oder stillschweigend abgeschlossen werden) o für den Inhalt besteht der Grundsatz der Vertragsfreiheit (Arbeitsbedingungen können beliebig vereinbart werden) o Mindestbedingungen um eine unangemessene Benachteiligung des AN zu vermeiden, diese dürfen im Arbeitsvertrag nicht zu ungunsten des AN verändert werden o für die Rechtssicherheit auf beiden Seiten ist ein schriftlicher Vertrag zu empfehlen bzw. laut Nachweisgesetz eine schriftliche Niederschrift gesetzlich festgelegt Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis (BGB § 611) Arbeitnehmer Hauptpflichten Nebenpflichten - Dienstpflicht - Treuepflicht Verschwiegenheit Wettbewerbsverbot Schmiergeldverbot Arbeitgeber Hauptpflichten - Lohnzahlung Nebenpflichten - Urlaub - Gleichbehandlung - Beschäftigung - Arbeitsschutz Inhalt des Arbeitsvertrages o bestimmt durch Gesetze BGB §§ 611 - 630 HGB §§ 59 – 65, 73 – 81 Kündigungsschutzgesetz, Entgeldfortzahlungsgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Berufsbildungsgesetz, Arbeitszeitgesetz, Mutterschutzgesetz Tarifverträge Betriebsvereinbarungen Weisungen des Arbeitgebers „ Vor Einstellung ist die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen“ 10 Wirtschaftskunde Arbeitsvertrag (Formfreiheit / Vertragsfreiheit) Vertragspartein (genaue Anschrift) Beginn des Arbeitsverhältnisses Lohn / Gehalt Sonstige Bezüge Probezeit Regelmäßige Arbeitszeit Urlaub Sozialleistungen Nebentätigkeit Verschwiegenheitspflicht Tarifbindung Ende / Kündigung o Arbeitszeit Arbeitszeitgesetz (ArbZG) 8 Std täglich 10 Std. bei Ausgleich innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen Ruhepausen sind keine Arbeitszeit – Ausnahme Bergbau o Urlaub Bundesurlaubsgesetz (BundUrlG) Mindesturlaub Urlaubsanspruch o Probezeit Probearbeitsverhältnis Probezeit befristetes Arbeitsverhältnis Endet mit Ablauf automatisch im Arbeitsvertrag festgelegte Probezeit Läuft automatisch weiter o Kündigung Ordentliche Kündigung BGB §§ 621 -630 Kündigungsfristen § 622 Außerordentliche Kündigung Wichtiger Grund „ wenn einem Vertragspartner die weitere Tätigkeit nicht zugemutet werden kann“ Kündigungsschutz Mutterschutz Wehrdienst / Zivildienst Schwerbehinderte Betriebsrat / Jugendvertreter 11 Wirtschaftskunde 2.1.3 Arbeitsgerichtsbarkeit Für alle Streitigkeiten die sich aus einem Arbeitsverhältnis ergeben wie Urlaubsansprüche, Lohnzahlung, Sonderzahlung, Kündigung usw. sind die Arbeitsgerichte zuständig. Arbeitsgericht o Arbeitsgericht 1. Instanz am Amtsgericht o Landesarbeitsgericht 2. Instanz in den Bundesländern o Bundesarbeitsgericht 3. Instanz Bund 2.2 Tarifrecht Tarifverträge sind kollektive Arbeitsverträge, welche die Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen für Gruppen von Arbeitnehmer/ -rinnen und Arbeitgeber regeln. Sie werden durch Interessenvertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen. (Entscheidung Wirtschaft Winklers Verlag) Grundlage für tarifliche Vereinbarungen ist der Artikel 9 GG „Koalitionsfreiheit“ Die Bestimmungen des Tarifvertrages wirken unmittelbar und zwingend auf alle Mitglieder von Gewerkschaft und Arbeitgeberverband ein. Rechte und Pflichten aus dem Tarifvertrag Friedenspflicht Während der Laufzeit des Tarifvertrages sind Arbeitskampfmaßnahmen untersagt Einwirkungspflicht Die Tarifpartner sind zur Tariftreue angehalten Abschluss des Tarifvertrages Wird abgeschlossen zwischen zwei tariffähigen Partein Gewerkschaft Arbeitgeber oder Arbeitgebervereinigungen Der Tarifvertrag gilt für alle Mitglieder der Tarifvertragspartein Tarifgebundenheit Tarifverträge gelten für alle tarifgebundene Personen Für Arbeitnehmer die nicht gewerkschaftlich organisiert sind kann der Arbeitgeber vom Tarifvertrag abweichen Tarifliches Urlaubsgeld Tarifliches Weihnachtsgeld Höhere Tariflöhne 12 Wirtschaftskunde Allgemeingültigkeit Für Nichtgewerkschaftler wenn Arbeitsvertrag sich am Tarifvertrag orientiert (große Unternehmen und öffentlicher Dienst) „ Tarifvertrag wirkt aber nicht unmittelbar und zwingend.“ wenn der Arbeitsvertrag die Klausel enthält „ im übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages“ gilt der Tarifvertrag soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes festgelegt ist Allgemeinverbindlichkeit „Der Tarifvertrag kann vom Bundes- oder Landesarbeitsminister für allgemeingültig erklärt werden.“ ( § 5 Tarifvertragsgesetz) 2.2.1 Der Tarifvertrag Inhalt des Tarifvertrages o Rahmen- oder Manteltarifvertrag Regeln allgemeine Arbeitsbedingungen Einstellung / Kündigung Arbeitszeit / Mehrarbeit Nachtschichtarbeit / Kurzarbeit Entlohnung Urlaub / Krankheit o Lohn- und Gehaltstarife Meist gültig für ein Jahr und enthalten Lohntafeln bzw. Gehaltstabellen Geltungsbereich des Tarifvertrages o Zeitlich Die Gültigkeit des Tarifvertrages endet mit: Kündigung durch eine Tarifvertragspartei Durch Zeitablauf Durch Aufhebung o Räumlich Für Firmen Als Orts- , Landes- oder Bundestarif o Fachlich Nach dem Grundsatz der Tarifeinheit sollte in jedem Betrieb nur ein Tarifvertrag gelten. o Persönlich Abweichend von der Tarifeinheit kann für besondere Personengruppen ein anderer Tarifvertrag gültig sein z.B. Lehrlinge oder Spezialisten 13 Wirtschaftskunde 2.2.2 Arbeitskampf Tarifverträge sind nur befristet gültig, nach Ablauf oder Kündigung haben die Gewerkschaften das Ziel für ihre Mitglieder bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Streik „gemeinsame Arbeitseinstellung der Arbeitnehmer mit dem Ziel der Verbesserung der Arbeitsbedingungen“ Kündigung Zeitablauf Tarifvertrag abgelaufen Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber Einigung der Tarifpartner Keine Einigung Schlichtung gescheitert Neuer Tarifvertrag Schlichtung Urabstimmung 75% Einigung der Tarifpartner Neuer Tarifvertrag Streik Neue Verhandlungen Abstimmung über Tarifvertrag 25 % Lohntarifvertrag Manteltarifvertrag 14 Wirtschaftskunde Aussperrung „Ausschluss der Arbeitnehmer von der Arbeit“ Angriffsaussperrung durch den Arbeitgeber oder Abwehraussperrung durch Arbeitnehmer Boykott „Arbeitskampfmittel in dem, sich die Mitglieder eines Verbandes abstimmen“ Gewerkschaft fordert ihre Mitglieder auf nicht bei bestimmten AG zu arbeiten oder AG fordern andere AG auf Mitglieder einer Gewerkschaft nicht zu beschäftigen Wirkung des Arbeitskampfes Das Arbeitsverhältnis ruht mit der Folge - der AN hat keinen Anspruch auf Lohn - der AN erhält kein Arbeitslosengeld - keine Lohnfortzahlung bei Krankheit - kein Urlaub - kein Versicherungsbeiträge (beitragsfreie Versicherung) - wenn länger als 1 Monat gestreikt wird, geht Rentenversicherungszeit verloren - der AG ist verpflichten den AN nach dem Streik weiter zu beschäftigen (Ausnahme bei Aussperrung) Zusammenfassung / Kontrollfragen a) Nennen Sie 4 Gesetze die Reglungen zum Arbeitsverhältnis enthalten. b) Welche Reglungen zum Arbeitsrecht enthält das „Bürgerliche Gesetzbuch“ (BGB)? c) Welche Bedeutung hat im Arbeitsrecht die Rangfolge der Gesetze? d) Für welche Arbeitnehmer gibt es einen besonderen Kündigungsschutz? e) In welcher Zeit besteht ein Kündigungsschutz für werdende Mütter? f) Für wen gilt ein abgeschlossener Tarifvertrag? g) Welche Möglichkeiten haben die Tarifpartein ihr Forderungen durch zusetzen? 15 Wirtschaftskunde 3. Sozialpolitik in der Bundesrepublik Der Mensch ist in seinem Leben vielen Risiken ausgesetzt. Im Berufsleben aber auch im privaten Bereich können Unfälle, Krankheit aber auch Alter und Arbeitslosigkeit zum Einkommensverlust führen. Für die meisten Menschen ist die unselbständige Arbeit aber die einzige Erwerbsquelle. Mit der fortschreitenden Industrialisierung und Konzentration von Arbeitskräften stieg auch die Abhängigkeit der Familien vom Arbeitsentgelt. Deshalb musste ein soziales Sicherungssystem aufgebaut werden, das soziale Härten zumindest lindert. Wichtige Daten: 1881 1883 1884 1889 1911 1927 1952 1969 1969 1971 1974 1984 1995 -„Kaiserliche Anordnung“ - Krankenversicherung für Arbeiter - Unfallversicherung (weltweit erste) - Invaliditäts- und Alterssicherung - Reichsversicherungsordnung - Arbeitslosenversicherung - Mutterschutzgesetz - Arbeitsförderungsgesetz - Lohnfortzahlungsgesetz - Unfallversicherung für Schüler, Studenten und Kinder - Schwerbehindertengesetz - Vorruhstandsgesetz - Gesetz zur Pflegeversicherung In Deutschland gibt es eine gesetzliche Versicherungspflicht. Dabei ist nicht das Risiko oder Alter des Arbeitnehmers Grundlage für die Beitragsberechnung sondern die Höhe seines Einkommens. „Solidarversicherung“ Solidaritätsprinzip Die, die Leisten können (Arbeiter / Angestellte als Beitragszahler) leisten für die, die bedürftig sind (Arbeitslose, Rentner und Arbeitsunfähige als Leistungsempfänger). 3.1.1 Das Sozialversicherungssystem Das Sozialversicherungssystem in Deutschland steht auf 5 Säulen. Die Grundlage dafür bildet die gesetzliche Beitragspflicht aller Bürger die ein Einkommen beziehen. Es gibt jedoch Personengruppen die nicht gesetzlich verpflichtet sind, Beiträge in die gesetzliche Sozialversicherungen ein zuzahlen. Diese Personengruppen haben aber das Recht sich in der gesetzlichen Sozialversicherung freiwillig zu versichern. 16 Wirtschaftskunde Personen für die keine gesetzliche Versicherungspflicht besteht: o Selbständige o Freiberufler o Arbeitnehmer mit einen Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze Probleme der sozialen Sicherung Bevölkerungsentwicklung Steigende Kosten Hohe Arbeitslosigkeit Steigende Lebenserwartung Geringere Lebensarbeitszeit Forschung Steigende Verwaltungsaufwand / -kosten 17 Wirtschaftskunde Übersicht zur Sozialversicherung Krankenversicherung Rentenversicherung Arbeitslosenversicherung Unfallversicherung Pflegeversicherung Wann wurde die Versicherung eingeführt? Wer ist versicherte? Welche Voraussetzun gen müssen für einen Versicherung s- schutz erfüllt sein? 18 Wirtschaftskunde Wer bezahlt wie viel Beitrag? Wer ist der Träger dieser Versicherung ? Welche gesetzliche Grundlagen gib es? 19 Wirtschaftskunde 4. Individualversicherung Die Sozialversicherung ist eine Grundabsicherung, die aber nicht alle Risiken absichert. Gerade der private Bereich, ist durch die Sozialversicherung nur unzureichend versichert. Im Gegensatz zur Sozialversicherung können die Leistungen und damit auch die Beiträge weitestgehend selbst bestimmt werden. Grundsätzlich sollen die privaten Versicherungen die versicherte Person vor den finanziellen Ruin schützen. Individualversicherung Personenversicherungen Sachversicherungen - Private Unfallversicherung - Lebensversicherung - Private Krankenversicherung - Private Rentenversicherung - Haftpflichtversicherung - Hausratversicherung - Gebäudeversicherung - Kraftfahrzeugversicherung - Rechtschutzversicherung 4.1 Versicherungsarten 4.1.1 Private Unfallversicherung Die private Unfallversicherung gilt immer und überall (weltweit). Leistungen können weitestgehend selbst bestimmt werden. Der Beitrag ist vom Alter, Gesundheitszustand, persönlichen Risiken des Versicherten und den gewünschten Leistungen abhängig. Die Versicherungssumme der Unfallversicherung sollte so gewählt werden das sie im Fall eines Unfalls den Verdienstausfall ersetzt. 4.1.2 Lebensversicherung Die Lebensversicherung (LV) versichert das Todesfallrisiko. Im Fall des Ablebens des Versicherten sind die Hinterbliebenen finanziell abgesichert. Der Beitrag wird auch hier durch Versicherungsleistung und die versicherte Person bestimmt. Sinnvoll ist eine LV immer dann, wenn man finanzielle Verpflichtungen gegenüber andere Personen hat. Bei der Lebensversicherung unterscheidet man zwei Unterarten, a) die Risikolebensversicherung, bei der nur das Todesfallrisiko versichert ist und b) die kapitalbildende Lebensversicherung, bei der im Beitrag ein Sparanteil enthalten ist, der zu einem festgelegten Zeitpunkt ausgezahlt wird. 4.1.3 Private Krankenversicherung Die private Krankenversicherung (PKV) dient wie die gesetzliche KV in erster Linie der medizinischen Versorgung der versicherten. Unternehmer und Selbständige sind hier vollversichert (100% Kostenerstattung) mit oder ohne Selbstbeteiligung. Arbeitnehmer die in der gesetzlichen KV pflichtversichert sind, können durch Zusatzversicherungen in der PKV Versorgungslücken schließen. 4.1.4 Private Rentenversicherung Die Private Rentenversicherung soll die gesetzliche Rentenversicherung ergänzen. Diese private Vorsorge wird durch Steuervorteile (Riester Rente) gefördert. 20 Wirtschaftskunde 4.1.5 Haftpflichtversicherung Für Schäden die eine Privatperson verursacht ist diese nach deutschem Recht auch privat haftbar zu machen. Die Privatperson kann bei größeren Schäden z.B. bei einem Autounfall schnell finanziell überfordert werden. Um sich vor den finanziellen Ruin in Folge einer Schadensregulierung zu schützen ist eine Haftpflichtversicherung empfehlenswert. 4.1.6 Hausrat- und Gebäudeversicherung Diese Versicherungen schützen den Versicherten vor finanziellen Verlusten durch Schäden an Hausrat bzw. Gebäude. Versichert sind Schäden durch Feuer, Wasser, Blitzschlag, Einbruch und Vandalismus. Je nach Versicherung können sich Leistungen und Preise erheblich unterscheiden. 4.1.7 Kfz-Versicherung Für selbst verursachte Schäden am eigenen Fahrtzeug, kann man eine KaskoVersicherung abschließen. Bei der Teilkasko werden nur bestimmte Fahrtzeugteile versichert und bei der Vollkasko alles. 4.1.8 Rechtschutzversicherung Ein Rechtsstreit der vor Gericht ausgetragen wird, kann zu eine großer finanzielle Belastung werden. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten für Beratung und Gerichtsprozess. Zusammenfassung / Kontrollfragen a) Ordnen Sie die Ursachen für die Gründung des Sozialsystems geschichtlich ein. c) Wann und warum ist das Sozialversicherungssystems entstanden? d) Nennen Sie die Zweige des Sozialversicherungssystems. e) Welche Leistungen können Versicherte aus der Sozialversicherung beanspruchen? f) Was versteht man unter dem Generationenvertrag? g) Nennen und erläutern Sie zwei wesentliche Probleme der gesetzlichen Sozialversicherung. h) Was versteht man unter einer Individualversicherung? i) Nennen Sie wesentliche Unterschiede zwischen der gesetzlichen Sozialversicherung und der Individualversicherung. 21 Wirtschaftskunde 5. Entlohnung der Arbeit Die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer wird in Form von Lohn durch den Arbeitgeber bezahlt. Die Höhe des Entgelts (entgelten) ist von vielen Faktoren abhängig. Im Wesentlichen sind das Arbeitsleistung, Qualifikation, Position und gesetzliche Bestimmungen z.B. der Tarifvertrag. Durch Gesetze soll ein Mindestlohn für die Arbeitnehmer gewährleistet werden. 5.1 Lohnformen - - - Zeitlohn o Stundenlohn o Monatslohn (Gehalt) Leitungslohn o Akkordlohn o Prämienlohn o Zuschläge Beteiligungslohn 5.1.1 Zeitlohn Der Zeitlohn ist eine Lohnform, in der die Anwesenheit des Arbeitnehmer bezahlt wird. Beim Gehalt wird dabei jeden Monat ein fester Betrag als Lohn ausgezahlt, unabhängig von Arbeitsleistung und Arbeitsstunden. Beim Stundenlohn werden in der Abrechnungsperiode (z.B. Monat) geleisteten Stunden mit einem festen Stundensatz multipliziert und ergeben dann den Lohn. Vorteil: o einfache Berechnung o gleicher Lohn Nachteil: o keine Leistungsmotivation – höhere Arbeitsleistungen wird nicht vergütet o der Arbeitgeber bezahlt auch Nichtleistung 5.1.2 Leistungslohn 5.1.3 Beteiligungslohn 22 Wirtschaftskunde 5.2 Lohn- und Gehaltsberechnung Beispiel: Lohnsteuerpflichtige Bezüge Grundlohn + Vermögenswirsame Leistungen + Schmutzzulage + Nacharbeit Zuschläge = Bruttolohn 1.087,25 € 20,00 € 25,00 € 38,00 € 1.170,25 € Gesetzliche Abzüge - Lohnsteuer - Kirchensteuer - Krankenkasse - Rentenversicherung - Arbeitslosenversicherung - Pflegeversicherung = Summe der Abzüge 95,85 € 7,66 € 80,74 € 112,35 € 38,03 € 11,70 € 346,33 € Nettolohn = Bruttolohn - Abzüge 823,92 € 23 Wirtschaftskunde 6. Einkommen und Einkommenssteuer Geschichte der Einkommensteuer Ansätze zur Personalbesteuerung sind in den kirchlichen Personalzehnten (decimae personales) des Mittelalters sowie in den territorialen Kopfsteuern zu suchen, die sich aus fixierten Personalsteuern zu gestaffelten Standessteuern - wie im 17. Jahrhundert z. B. der preußische Kopfschoß - entwickelten. Die erste deutsche Einkommensteuer moderner Art wurde 1811 bis 1813 in Ostpreußen erhoben; sie war schon 1808 von Minister Freiherr vom Stein in Anlehnung an die englische income tax von 1799 als Kriegsabgabe empfohlen worden. Unter Hardenberg führte Preußen 1820 eine Klassensteuer ein, die bei der Steuerstaffelung nach äußeren Wohlstandsmerkmalen an die Gruppierung der Stände anknüpfte und zwischen der Einkommen- und der Kopfsteuer "die Mitte halten" sollte; sie wurde 1851 für die höheren Einkommen von einer klassifizierten Einkommensteuer abgelöst und 1891 unter Finanzminister Miquel durch eine vorbildlich gewordene EinheitsEinkommensteuer mit Erklärungspflicht und Progression ersetzt. Diesem Vorbild folgten bis zum Ersten Weltkrieg alle deutschen Bundesstaaten, nachdem Hessen bereits 1869 und Sachsen 1874 zu einer allgemeinen Einkommensteuer übergegangen waren. Im Zuge der Erzbergerschen Finanzreform zu Beginn der Weimarer Republik trat 1920 an die Stelle von 27 Landeseinkommensteuern eine einheitliche Reichseinkommensteuer, die bei den Steuerreformen von 1925 und 1934 fortentwickelt wurde. 6.1 Einkunftsarten Nach dem Einkommenssteuergesetz unterscheidet man sieben Einkunftsarten, die in Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte unterteilt werden. Gewinneinkünfte o Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Ackerbau, Tierzucht, Waldbau, Weinbau, Fischzucht usw.) o Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Einzelunternehmen, OHG, KG in Industrie, Handel und Handwerk) o Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit (freie Berufe, Künstler, Schriftsteller) Überschusseinkünfte o Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit (Löhne, Gehälter, Pensionen) o Einkünfte aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden, Gewinnanteile) o Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Mieten, Pacht, Lizenzeinnahmen) 24 Wirtschaftskunde o Sonstige Einkünfte (Spekulationsgewinne, Renten der Sozialversicherung 6.2 Einkommenssteuer „Unter Einkommenssteuer versteht man die Steuer, die auf die Einkünfte natürlicher Personen erhoben wird.“ Der Grundsatz der Leistungsfähigkeit „je höher das Einkommen um so höher die Steuer“ - soll das Gerechtigkeitsprinzip in der Besteuerung durchsetzen. Einkommenssteuer ist am Jahresende fällig und wird durch das Finanzamt im Rahmen eines Veranlagungsverfahrens festgesetzt. Damit der Staat kontinuierliche Steuereinnahmen hat werden Abschlagszahlungen je nach Veranlagung verlagt. o Für Arbeitgeber vierteljährlich zum 15. nach Einkommenssteuerbescheid o Arbeitnehmer monatlich im Rahmen des Lohnsteuerabzugs, wobei der AG verpflichtet ist, die Lohnsteuer vom AN ein zu behalten und bis zum 10. des Folgemonats an das FA zu überweisen Die Einkommenssteuer ist der größte Teil des Steueraufkommens. Die Einkommenssteuer ist eine sogenannte Gemeinschaftssteuer, was bedeutet das sich Bund, Länder und Gemeinden diese Steuereinnahmen teilen. Bund 42,5% Länder 42,5% Gemeinden 15% Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Einkommenssteuer o Einkommenssteuergesetz (EStG) o Durchführungsverordnungen (EstDV, LStDV) o Steuerrichtlinien (EStR, LStR) o Dienstanweisungen o Verwaltungsvorschriften 25 Wirtschaftskunde 6.3 Die Lohnsteuer Die Lohnsteuer ist eine besondere Form der Einkommenssteuer für Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, monatlich vom Arbeitnehmer eine Einkommenssteuervorauszahlung einzubehalten und diese bis zum 10. des Folgemonats an das zuständige Finanzamt zu überweisen. Lohnsteuerkarte Die Lohnsteuerkarte wird im dritte Quartal des Jahres von den Gemeinden für das folgend Jahr ausgehändigt. Eintragungen o Zuständige Meldeamt (Gemeinde) o Zuständige Finanzamt o Persönliche Angaben (Name, Adresse, Geburtsdatum) o Zahl der Kinderfreibeträge o Religionszugehörigkeit Einkommensabhängige Eintagungen werden durch den Arbeitgeber vorgenommen. Der Arbeitnehmer kann Frei- und Pauschalbeträge in die Lohnsteuerkarte eintragen lassen und damit die Steuerschuld vermindern. Beispiele: o erhöhte Aufwendungen für die Berufsausübung (Fahrtkosten) o erhöhte Versorgungsaufwendungen (häusliche Betreuung von Behinderten) o erhöhte Aufwendungen für die Ausbildung der Kinder (Schulgeld) Auf Antrag werden diese Frei- Pauschalbeträge vom zuständigen Finanzamt (§39a EStG) in die Lohsteuerkarte eingetragen. Steuerklassen Nach dem Gerechtigkeitsprinzip werden die Arbeitnehmer entsprechend ihrer sozialen Verpflichtungen in sechs Steuerklassen eingeteilt. Danach soll ein verheirateter AN mit Kinder, weniger Steuern zahlen als ein unverheirateter AN ohne Kinder mit einem gleichen Einkommen. Steuerklasse I - ledige Arbeitnehmer - verheiratete, verwitwete oder geschiedene AN - dauernd getrennt lebende Ehepaare II - für alle AN aus 1, die jedoch einen Haushaltsfreibetrag beanspruchen können III - verheiratete AN, wo nur einer Lohn bezieht 26 Wirtschaftskunde - verheiratete AN, wo beide Lohn beziehen der andere AN jedoch die StK 5 hat IV - verheiratete AN, die beide Lohn beziehen V - verheiratete AN, wo der AN StK 3 hat VI - für AN mit weiteren Arbeitsverhältnissen - für AN die keine Lohnsteuerkarte vorlegen 6.4 Steuerfreie Einnahmen Einnahmen die von der Est. teilweise oder ganz befreit sind. a) Leistungen der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, gesetzlichen Unfallversicherung b) Mutterschaftsgeld c) Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld d) Entlassungsabfindungen bis ... e) Heirats- und Geburtshilfen f) Reisekostenvergütung, Umzugsvergütungskosten, Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung 6.5 Berechnung der Einkommenssteuer Grundlage für die Berechnung der Einkommenssteuer ist die Summe aller Einkünfte natürlicher Personen. Man unterscheidet hier, unbeschränkt Steuerpflichtig (mit allen Einkünften) sind alle natürlichen Personen die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben. Natürliche Personen die im Inland keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben sind beschräkt Steuerpflichtig, nur mit bestimmten im Inland erzielten Einkünften. Der Selbständige kann von den betrieblichen Erträgen alle betrieblichen Aufwendungen abziehen. Übrig bleibt der Gewinn der das Einkommen des Selbständigen darstellt. Vom Einkommen können verschiedene Aufwendungen abgezogen werden, nach Subtraktion der abzugfähigen Aufwendungen ergibt sich das zu versteuernde Einkommen. Die Einkommenssteuer wird nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit erhoben. Je höher das Einkommen um so höher auch der Steuersatz, man spricht hier von Progression. Die Abhängigkeit des Steuersatz von der Höhe des Einkommens soll in der folgenden Grafik dargestellt werden. 27 Wirtschaftskunde Einkommenssteuerprogression 2004 50 Steuersatz in % 40 30 Linie 1 20 10 0 Einkommen Beispielrechnung: Einkünfte: + + + + + + = = = = Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Kapitalvermögen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sonstige Einkünfte Summe der Einkünfte Altersentlastung Abzug für Land- und Forstwirte Gesamtbetrag der Einkünfte Verlustabzug Sonderausgaben außergewöhliche Belastungen sonstige Abzüge Einkommen Kinderfreibetrag Haushaltsfreibetrag Härteausgleich zu versteuerndes Einkommen Freibeträge / Einkommensgrenzen / Pauschalen 2004 Betrag Steuerfreies Einkommen Verlustausgleich Zusätzliche freiwillige Pflegeversicherung Vorsorgeaufwendungen Haushaltshilfe für Hilflose Sonderausgaben Pauschalbetrag für Behinderte je nach Grad Altersentlastungsbetrag (über 64 Jahre) 7664,- € 51500,- € 184,- € 3068,- € 924,- € 310 –3700,- € 1908,- € 28 Wirtschaftskunde Berechnung der Einkommenssteuer 2004 a) b) c) d) bis 7664 € von 7665 € bis 12739 € von 12740 € bis 52151 € ab 52152 = steuerfrei = 16% - 24,97% = 24,79% -45% = 47% =0 = (793,10 * y + 1600) * y = (265,78 * z + 2405) * z = 6.6 Absetzbare Aufwendungen Die monatlich vom Arbeitnehmer einbehaltene Lohnsteuer, ist ein Pauschalbetrag der auf Grundlage der persönlichen Angaben aus der Steuerkarte festgelegt wird. Im Rahmen des Jahreseinkommenssteuerausgleich werden die monatlichen Lohnsteuervorauszahlungen mit der tatsächlichen Steuerschuld verrechnet. Der Arbeitnehmer kann verschiedene Kosten von seinem zu versteuernden Einkommen absetzen. 6.6.1 Werbungskosten 6.6.2 Sonderausgaben 6.6.3 Außergewöhnliche Belastungen 6.6.4 Freibeträge 29 Wirtschaftskunde Zusammenfassung / Kontrollfragen a) b) c) d) e) f) g) Welche Lohnarten kennen Sie? Worin besteht der Unterschied zwischen Stundenlohn und Gehalt? Erläutern Sie kurz wie sich der Nettolohn berechnet. Warum wird die Einkommenssteuer auch als Gemeinschaftssteuer bezeichnet? Was bedeutet Steuerprogression? Wie wird das zu versteuernde Einkommen berechnet? Was sind absetzbare Aufwendungen und wie wirken sich diese auf die Einkommenssteuer aus? 30