Grundlagen der Physikalischen Chemie für Studierende der Mikrosystemtechnik WS 2013/14 Prof. Dr. P. Gräber e-mail: peter. [email protected] Lehrbuch: • P.W. Atkins, L. Jones: Chemie, einfach alles, Wiley – VCH Textverarbeitung: C. Wacker Zeichnungen: C. Wacker Inhaltsverzeichnis 1. 2. Einleitung Grundbegriffe 3 6 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. Systeme SI Einheiten Stoffmenge Konzentrationsangaben Temperaurmessung Energieaustausch System-Umgebung 6 6 8 9 11 12 3. Ideale Gase 21 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. Experimentelle Befunde über Gase Kinetische Gastheorie Mischung idealer Gase Stoßzahlen und mittlere freie Weglänge Die Geschwindigkeitsverteilung der Teilchen im Gas 21 23 28 28 33 4. 5. 6. 7. 8. Aggregatzustände Reale Gase Energie Extensive und intensive Zustandsgrößen Zusammenhang von U und H mit den Wärmekapazitäten 39 41 44 47 49 8.1. 8.2. 8.3. 8.4. Allgemein Die innere Energie und Wärmekapazität von Gasen Adiabatische Expansion eines idealen Gases Verflüssigung und Expansion eines realen Gases (Joule-Thomson-Effekt) 49 50 55 57 9. Enthalpieänderung 60 9.1. 9.2. Phasenumwandlungen Chemische Reaktionen 60 62 10. Die Richtung natürlicher Prozesse. Der 2. Hauptsatz 71 10.1. 10.2. 10.3. 10.4. 10.5. 10.6. 10.7. 10.8. Reversible und irreversible Prozesse Die Richtung natürlicher Prozesse Die Entropie Anschauliche Bedeutung der Entropie Druck- und Temperaturabhängigkeit der Entropie Die Mischungsentropie Der Absolutwert der Entropie. Der 3. Hauptsatz Wärmekraftmaschinen und Wärmepumpen 71 72 73 75 78 79 81 81 11. Die Freie Enthalpie 90 11.1. 11.2. 11.3. 11.4. 11.5. 11.6. Die Richtung natürlicher Prozesse bei konstantem ๐ und ๐ป Die Temperatur- und Druckabhängigkeit von ๐ฎ Das Chemische Potential Die Temperaturabhängigkeit des chemischen Potentials Das chemische Gleichgewicht Berechnung der Freien Standardreaktionsenthalpie 90 91 92 95 97 100 1 11.7. 11.8. 12. Die Temperaturabhängigkeit von ๐ฒ๐ฝ Das chemische Gleichgewicht und โ๐ ๐ฎ 100 102 Reaktionskinetik 105 Definition der Reaktionsgeschwindigkeit Die Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung Experimentelle Bestimmung der Reaktionsordnung, Geschwindigkeitskonstanten Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten Hin- und Rückreaktion Parallelreaktionen Folgereaktionen Katalyse Enzymkatalyse Aktivierungsenergie bei komplexen Reaktionen 105 107 110 112 114 115 116 118 119 123 13. Adsorption und heterogene Katalyse 126 13.1. 13.2. Die Langmuir’sche Adsorptionsisotherme Heterogene Katalyse 126 129 14. Grundlagen der Spektroskopie 132 14.1. 14.2. 14.3. 14.4. 14.5. 14.6. Arten der Spektroskopie Häufig verwendete Anregungsenergien Mikroskopische Interpretation Konzentrationsabhängigkeit der Absorption Optische Spektroskopie Optische Absorption von Biomolekülen 135 138 140 142 145 146 15. Elektrochemie 149 15.1. 15.2. 15.3. 15.4. Elektrische Größen und Definitionen Elektrolyte und Faraday`sche Gesetze Leitfähigkeit von Elektrolyten Elektroden 149 154 157 159 16. Phasengleichgewichte 191 17. Anhang Standardreaktion Biochemischer Standardzustand Formelsammlung PC I Elektrochemische Standardpotentiale 208 208 209 210 217 12.1. 12.2. 12.3. 12.4. 12.5. 12.6. 12.7. 12.8. 12.9. 12.10 16.1. 16.2. 16.3. 16.4. 16.5. 16.6. 16.7. 16.8. Dampfdruck von Flüssigkeiten Gibbs’sches Phasengesetz Zweikomponenten Systeme Siedepunkterhöhung Gefrierpunktserniedrigung Osmotischer Druck Verteilungsgleichgewicht Der Dampfdruck über Mischungen 191 192 193 197 199 200 202 204 2 1. Einleitung Die Physikalische Chemie beschäftigt sich mit der Erfassung und dem Verständnis chemischer Eigenschaften und Vorgänge mit Hilfe physikalischer und chemischer Methoden und der Beschreibung an Hand von Modellen. Typische Vorgehensweise: Chemische(r) Eigenschaft oder Vorgang Messung Modellexperiment Modell Daten Mathematische Beschreibung Mathematische Beschreibung Mathematische Beschreibung Vergleich Verständnis 3 Einteilung der Stoffe Alle Stoffe heterogene Mischungen homogene Mischungen reine Stoffe Verbindungen chemische ๏ฃง๏ฃง ๏ฃง ๏ฃง ๏ฃง ๏ฃง→ ←๏ฃง ๏ฃง ๏ฃง ๏ฃง๏ฃง๏ฃง Re aktionen Elemente 4 Erfahrung: a) Alle Materie besteht aus einzelnen Teilchen, die makroskopischen Eigenschaften ergeben sich aus der Summe der Eigenschaften der einzelnen Teilchen. Die kleinsten Teilchen der Elemente sind Atome. Atome bestehen aus einem positiv geladenen Kern und einer negativ geladenen Elektronenhülle. Einfachstes Atom = H (Wasserstoff) Kernradius ๐ = 1,3 ⋅10−15 m Faktor 40 000 Atomradius ๐ = 53 ⋅10−12 m Bsp.: Kreide 1 cm (= Kern) → Abstand zum Elektron ist Kreide 1 cm ∗ 40000 = 400m Die Atome unterscheiden sich in der Zahl der positiven Ladungen im Kern → Anordnung im Periodensystem. Zurzeit kennt man etwa 110 verschiedene Elemente, oberhalb der Kernladungszahl 83 sind alle Atome instabil, d.h. radioaktiv. A Nomenklatur: X = Elementsymbol ZX 209 83 Bi Z = Zahl der Protonen im Kern = Ordnungszahl A = Zahl der Protonen und Neutronen =Massenzahl b) Die kleinsten Teilchen aller anderen Stoffe sind Moleküle. Moleküle sind Verbindungen aus Atomen. Einfachstes Molekül: H2 Kern – Kernabstand: ๐ = 75 ⋅10−12 m Erfahrung: Bindungslänge zwischen C–Atomen ๐ = 150 ⋅10−12 m (alte Einheit: Angström, 1 Å = 10−10 m) Alle Teilchen (Atome und Moleküle) befinden sich dauernd in Bewegung („thermische Bewegung“). Je höher die Temperatur desto stärker die Bewegung. Alle Stoffe können in drei verschiedenen Aggregatzuständen vorkommen. Bei tiefen Temperaturen sind alle Stoffe Festkörper, bei hohen Temperaturen sind alle Stoffe Gase, bei mittleren Temperaturen sind sie Flüssigkeiten. 5 2. Grundbegriffe 2.1. Systeme Definition: Der Teil des Universums, der uns interessiert, nennen wir System, der Rest ist die Umgebung. Einteilung der Systeme nach der Wechselwirkung mit der Umgebung: abgeschlossen kein Energieaustausch kein Materieaustausch geschlossen Energieaustausch kein Materieaustausch System E offen Energieaustausch Materieaustausch System M E Beispiel: geschlossene Thermoskanne System M E Beispiel: Kochtopf auf Herd M Beispiel: Lebewesen 2.2. S I Einheiten Standard International Einheit: m s kg mol A K Cd Länge Zeit Masse Stoffmenge Elektr. Stromstärke Temperatur Lichtstärke Präfixe: 109 Giga 106 Mega 103 Kilo Name: Meter Sekunde Kilogramm Mol Ampere Kelvin Candela 10-3 milli Übliches Symbol: ๏ฌ t m n I T Iν 10-6 µ mikro 10-9 nano 6 Definitionen der SI-Basiseinheiten Das Meter: Das Meter ist die Weglänge, die Licht im Vakuum innerhalb eines Zeitintervalls von 1/299 792 458 einer Sekunde zurücklegt (17. CGPM, 1983). Das Kilogramm: Das Kilogramm ist die Einheit der Masse; es ist gleich der Masse des internationalen Prototyps des Kilogramms (3. CGPM, 1901). Die Sekunde: Die Sekunde ist die Dauer von 9 192 631 770 Perioden der Strahlung, die dem Übergang zwischen den zwei Hyperfein-Niveaus des Grundzustandes des Cäsium-133-Atoms entspricht (13. CGPM, 1967). Das Ampere: Das Ampere ist der konstante elektrische Strom, der, wenn er in zwei parallelen geraden elektrischen Leitern unendlicher Länge und vernachlässigbarer Kreisquerschnittsfläche im Abstand von einem Meter im Vakuum aufrechterhalten wird, eine Kraft von 2 x 10−7 Newton pro Meter Länge zwischen diesen Leitern produziert würde (9. CGPM, 1948). Das Kelvin: Das Kelvin, Einheit der thermodynamischen Temperatur, ist der Bruchteil 1/273.16 der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers (13. CGPM, 1967). Das Mol: Das Mol ist die Stoffmenge eines Systems, die ebenso viele Elementareinheiten enthält wie Atome in 0,012 Kilogramm von Kohlenstoff-12 sind. Wenn das Mol benutzt wird, müssen die Elementareinheiten spezifiziert werden. Es können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen, und andere Teilchen oder spezifizierte Gruppen solcher Teilchen sein (14. GCPM, 1971). Beispiele für den Gebrauch des Mols 1 mol H2 enthält etwa 6.022 x 1023 H2 −Moleküle oder 12.044 x 1023 H −Atome. 1 mol HgCl hat eine Masse von 236.04 g. 1mol Hg 2 Cl2 hat eine Masse von 472.08 g. 1 mol Hg 2+ 2 hat eine Masse von 401.18 g und eine Ladung von 192.97 kC. 1 mol Fe0.91 S hat eine Masse von 82.88 g. 1 mol e− hat eine Masse von 548.60 μg und eine Ladung von -96.49 kC. 1 mol Photonen, deren Frequenz 5 x 1014 Hz ist, hat etwa 199.5 kJ Energie. Die Candela: Die Candela ist die Lichtstärke in einer gegebenen Richtung, die eine Lichtquelle mit monochromatischer Strahlung der Frequenz 540 x 1012 Hertz emittiert und die eine Strahlungsintensität in dieser Richtung von (1/683) Watt pro Steradian hat (16.CGPM, 1979). 7 2.3 Stoffmenge Bei der Aufstellung chemischer Reaktionsgleichungen arbeitet man mit den Teilchenzahlen der beteiligten Stoffe. Die üblichen Stoffmengen, mit denen man umgeht, enthalten eine sehr große Zahl von Molekülen oder Atomen. Man führt daher eine Abkürzung für eine große Teilchenzahl ein. Def.: 1 Mol ist die Zahl von Teilchen in 12 g des Kohlenstoffisotops ๐๐๐ช Die Teilchenzahl wird experimentell bestimmt. Man findet: 1๐๐๐ = 6 × 1023 Teilchen. Diese Größe nennt man die Avogadrokonstante, ๐๐ด , (früher Loschmidtzahl ๐๐ฟ ). ๐๐ด = 6 โ 1023 mol−1 Eigentlich hat ๐๐ด die Einheit „Teilchen pro mol“, das Wort „Teilchen“ wird aber weggelassen. Aus der Definition und dem experimentellen Wert von ๐๐ด ergibt sich sofort die Masse eines Kohlenstoff-Atoms. ๐ ( 12๐ถ − ๐ด๐ก๐๐) โ ๐๐ด = ๐๐๐ ๐ ๐ ๐ฃ๐๐ 1 ๐๐๐ 12๐ถ − ๐ด๐ก๐๐๐๐ = ๐๐๐๐๐๐ ๐ ๐ ๐ ( 12๐ถ ) โ ๐๐ด = ๐(๐ถ) Man nennt ๐(๐ถ) die molare Masse oder Molmasse des Kohlenstoffs (der Ausdruck Molekulargewicht ist veraltet und wird nicht mehr verwendet). Auf Grund unserer Definition oben gilt: ๐ด(๐ช) = ๐๐ ๐ โ ๐ฆ๐จ๐ฅ−๐ Definition: Damit können wir jetzt die Masse eines 12๐ถ -Atoms ausrechnen: ๐( 12๐ถ) = ๐(๐ถ) 12 g โ mol−1 = = 2 โ 10−23 g ๐๐ด 6 × 1023 mol−1 Häufig verwendet man die sog. atomare Masseneinheit (๐๐ข ) 1 1 ๐๐ข = 12 ๐๐๐ ๐ ๐ ๐๐๐๐๐ 12๐ถ − ๐ด๐ก๐๐๐ Definition: 1 = 12 ๐( 12๐ถ ) Gleichung für ๐( 12๐ถ) einsetzen: 1 ๐(๐ถ) 1 ๐๐ข = 12 ๐๐ด = 12 gโmol−1 12 โ๐๐ด 1 gโmol−1 = 6โ1023 mol−1 1 ๐๐ข = 1,66 โ 10−24 g = 1Da In der Biochemie nennt man diese Größe ‘Dalton’ 1 mu = 1Da 8 Im Periodensystem werden die sog. relativen Molmassen angegeben ๐๐ = = ๐(๐ด๐ก๐๐) ๐๐ข ๐๐๐ ๐ ๐ ๐๐๐ ๐ด๐ก๐๐๐ = ๐๐๐ ๐ ๐ ๐๐๐ ๐๐๐ ๐ ๐๐๐๐๐โ๐๐๐ก ๐(๐ด๐ก๐๐) ๐๐ด ๐๐ข ๐๐๐๐๐๐ ๐ ๐ ๐๐๐ ๐ด๐ก๐๐๐ ๐(๐ด๐ก๐๐) โ ๐ = ๐๐๐๐๐๐ ๐ ๐ ๐๐๐ ๐๐๐ ๐ ๐๐๐๐๐โ๐๐๐ก = ๐(๐๐๐ ๐ ๐๐๐๐๐โ๐๐๐ก)= ๐ด → gleicher Zahlenwert wie die Molmasse aber ohne Einheit. Üblicherweise rechnet man in der Chemie nicht mit Teilchenzahlen, sondern mit Stoffmengen (Molzahlen). Definition: ๐๐๐ก๐ฅ ๐๐๐ซ ๐๐๐ข๐ฅ๐๐ก๐๐ง ๐๐ญ๐จ๐๐๐ฆ๐๐ง๐ ๐ = ๐๐๐ก๐ฅ ๐๐๐ซ ๐๐๐ข๐ฅ๐๐ก๐๐ง ๐ฉ๐ซ๐จ ๐๐จ๐ฅ ๐ i = Stoffindex ๐๐ = ๐ ๐ ๐ด Die Masse einer Substanz, ๐๐ ist proportional der Zahl der Teilchen, ๐๐ , d.h. ๐๐ = ๐๐ โ (1 ๐๐๐๐๐โ๐๐) โ ๐๐ Entsprechend gilt für die Molmasse Dividieren ๐๐ = ๐๐ โ (1 ๐๐๐๐๐โ๐๐) โ ๐๐ด ๐๐ ๐ด๐ ๐ต = ๐ต ๐ = ๐๐ ๐ Berechnung der Stoffmenge (Molzahl) 2.4. Konzentrationsangaben Wenn man Stoffgemische hat, kann man deren Zusammensetzung auf unterschiedliche Art und Weise angeben: Massenanteil Massenbruch Volumenanteil Volumenbruch ๐๐ = ๐๐ = ๐๐ ๐๐ = ∑ ๐๐ ๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) ๐๐ ๐๐ = ∑ ๐๐ ๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) ๐ ๐ Massenkonzentration: ๐๐ = ๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) 9 Anteile werden häufig auch angegeben in In Zehnerpotenzen ausgedrückt bedeutet dies: ๐ wird häufig bei Mischungen benutzt. ๐๐ = ๐๐ ๐ Einheit: mol m−3 oder mol dm−3 Abkürzung: „Molar“ Molalität: Abkürzung: ๐ ๐ = ๐๐ , , ๐ ๐๐ = ๐๐๐๐ง๐โ๐ ๐ = Volumen der Lösung = ∑ ๐๐,๐ โ ๐๐ = wobei ๐๐,๐ das Molvolumen des Stoffes i ist. mol ๐ = dm3 ๐๐ = Molzahl ๐ณ „Molal“ ‰, ppm, ppb, ppt. −3 10 10−6 10−9 10−12 ๐ฅ๐ = ∑ ๐๐ ; ∑ ๐๐ = 1, ๐๐ = ๐๐๐๐ง๐โ๐ Stoffmengenanteil (Molenbruch): Stoffmengenkonzentration (kurz: Konzentration) %, 10−2 ๐๐ณ = Masse Lösungsmittel ๐∗ = Einheit: mol kg −1 mol kg Dichte: ๐ ๐ด๐๐๐๐๐๐๐ ๐ด ๐ด๐๐๐๐ = = = ๐= ๐ฝ๐๐๐๐๐๐ ๐ฝ ๐ด๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐ฝ๐ Das Molvolumen, ๐๐ , ist das Volumen von einem Mol Teilchen Bsp. : Molvolumen von Fe ๐๐๐๐ฃ๐๐๐ข๐๐๐ = Bsp.: ๐๐๐๐๐๐ ๐ ๐ ๐ท๐๐โ๐ก๐ , ๐๐ = ๐ ๐ = 55,85 g mol−1 7,87 g cm−1 = 7,1 cm3 mol−1 Volumen eines Atoms (Fe) ๐๐๐๐ฃ๐๐๐ข๐๐๐ = ๐๐๐๐ข๐๐๐ ๐๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐โ๐๐๐ โ ๐ด๐ฃ๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐ก๐๐๐ก๐ ๐๐ = ๐(1 ๐๐๐๐๐โ๐๐) โ ๐๐ด ๐๐ 7,1 cm3 mol−1 ๐(1 ๐๐๐๐๐โ๐๐) = = = โ 1,18 โ 10−23 cm3 ๐๐ด 6 โ 1023 mol−1 10 4 Bei kugelförmigen Teilchen ist das Volumen ๐ = 3 ๐๐ 3 3 3 ๐โ3 1,18 โ10−23 cm3 โ3 ๐ = ๏ฟฝ4โ๐ = ๏ฟฝ 2.5. Temperaturmessung a) Messverfahren: 4โ๐ = 1,4 โ 10−8 cm (Radius eines Eisenatoms) Erfahrung ๐ = ๐(๐) mit ๐ = Temperatur wenn ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก b) Kalibrierung = Definition von Fixpunkten: 1) Siedepunkt H2O bei ๐ = 1.013 . 105 ๐๐ = 100°C 2) Schmelzpunkt H2O bei ๐ = 1.013 . 105 ๐๐ = 0°C ๐ = ๐ − ๐0 100 = ๐100 − ๐0 Dividieren ๐ ๐ − ๐0 = 100 ๐100 − ๐0 ๐100 ๐ ๐0 V= A ⋅ ๏ฌ ๏ฟฝ ๐ฟä๐๐๐ = Fläche = A Temperaturskala: ๐ = 100 ๐ − ๐0 ๐100 − ๐0 Die Größe ๐100 − ๐0 ist für jeden Stoff, den man im Thermometer einsetzt, verschieden. Umgeformt ergibt sich: ๐= 100๐ 100๐0 − (๐100 − ๐0 ) (๐100 − ๐0 ) Man findet experimentell, dass für alle idealen Gase gilt: 100๐0 = 273,15 (๐100 − ๐0 ) Setzen wir dies in Gleichung ein, ergibt sich ๐ + 273,15 = ๐ = (๐ 100๐ 100 oder ๐ = −๐ ) 0 ๐100 − ๐0 100 Man nennt T die absolute Temperatur, gemessen in Kelvin, K. Die Einteilung der Kelvinskala ist die Gleiche wie bei der Celsiusskala, der Zahlenwert des Schmelzpunktes des Eises ist jetzt aber 273,15 K, Vorteil: die absolute Skala ist unabhängig vom Stoff. 11 ๏ฌ 2.6. Energieaustausch System - Umgebung Geschlossene und offene Systeme können mit der Umgebung Energie austauschen in Form von Arbeit W und Wärme Q. 2.6.1. Arbeit Definition der Arbeit: ๐ด๐๐๐๐๐ก = ๐พ๐๐๐๐ก โ ๐๐๐ Wir betrachten im Folgenden nur den Fall, dass Kraft und Weg, s, die gleiche Richtung haben. Dann gilt: oder integriert d๐ = ๐น โ d๐ ๐ =๐นโ๐ Die Kraft ist gleich (F, force; a, acceleration) ๐น =๐โ๐ = d(๐๐ฃ) d๐ก (mv = Implus) Mit der Definition der Beschleunigung ๐ = d๐ d๐ฃ d๐ก und der Definition d๐ฃ d2 ๐ der Geschwindigkeit ๐ฃ = d๐ก ergibt sich ๐น = ๐ d๐ก = ๐ d๐ก 2 Setzt man in diese Gleichung die SI–Einheiten ein, ergibt sich für die Einheit der Kraft 1 kg m s −2 = 1 N = 1 ๐๐๐ค๐ก๐๐ Anschaulich: Ein Newton ist die Kraft, mit der eine Tafel Schokolade (100 g) von der Erde angezogen wird (g = Erdbeschleunigung = 9,81 ms-2). ๐น = ๐ โ g = 0,1kg โ 9,81 m⁄s2 = 0,981 kg โ m⁄s 2 ≈ 1N Mit der Einheit der Kraft ergibt sich für die Einheit der Arbeit ๐ =๐นโ๐ def. [1 Nm = 1 kg m s-2 m = 1 kg m2 s-2 ≡ 1 J] Einheiten: m: Masse, [kg] s: t: Weg, [m] Zeit, [s] v: Geschwindigkeit ๐ฃ = d๐ d๐ก , ๏ฃฎm๏ฃน ๏ฃฏ๏ฃฐ s ๏ฃบ๏ฃป a: Beschleunigung ๐ = d๐ฃ d๐ก = d2 ๐ฃ d๐ก 2 m , ๏ฃฎ๏ฃฏ 2 ๏ฃน๏ฃบ ๏ฃฐs ๏ฃป F: Kraft, F = a . m ๏ฃฎm ๏ฃน 1 N๏ฃบ ๏ฃฏ๏ฃฐ s 2 ⋅ kg = ๏ฃป N = Newton J = Joule Anschaulich: Ein Joule ist die Arbeit, die man braucht, um eine Tafel Schokolade vom Boden auf den Tisch (1 m Höhe) zu heben. W = 0,1 kg 9,81 m s-2 1 m = 0,981 kg m2 s-2 ≈1 N m ≈ 1 J Definition: Arbeit, die dem System zugeführt wird, ist positiv. Arbeit, die vom System geleistet wird, ist negativ. 12 2.6.2 Volumenarbeit: Ein Körper mit dem Volumen V1 wird durch eine Kraft, F, auf das Volumen V2 komprimiert (Luftpumpe). Stempel ๐น = ๐ โ ๐ด A = Fläche s1 V1 s2 V2 ๐ ๐๐ฃ๐๐ = ∫๐ 2 ๐นโ d๐ โ 1 Der Druck ist definiert als: ๐ท๐๐ข๐๐ = ๐พ๐๐๐๐ก , ๐ = ๐น๐ä๐โ๐ ๐น ๐ด → ๐น =๐โ๐ด Das Volumen des Körpers ist gegeben durch ๐ = ๐ด โ ๐ ๐๐ง๐ค. d๐ = ๐ด โ d๐ (wenn A = konstant). 1 Wir ersetzen also in der Gleichung für die Arbeit d๐ = ๐ด d๐ und ๐น = ๐๐ด und erhalten: ๐ 1 ๐๐ฃ๐๐ = ∫๐ 2 ๐ โ ๐ด โ ๐ด d๐ 1 Transformation der Integrationsgrenzen: bei s1 haben wir das Volumen V1 , bei s2 haben wir das Volumen V2 ๐ ๐๐ฃ๐๐ = − ∫๐ 2 ๐d๐ 1 Vorzeichen: Wenn man dem System Arbeit zuführt (zusammendrückt) wird dV negativ → Wvol negativ. Zugeführte Arbeit soll aber immer positiv gerechnet werden, daher wird in die Gleichung ein negatives Vorzeichen eingefügt. Integration: a) ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก๐๐๐ก ๐2 ๐๐ฃ๐๐ = − ๏ฟฝ ๐d๐, → ๐๐ฃ๐๐ ๐1 b) ๐ = ๐ฃ๐๐๐๐๐๐๐ ๏ฟฝ๐ = ๐๐ฃ๐๐ ๐ ๐ ๐ ๐2 = −๐๐ | = −๐(๐2 − ๐1 ) ๐1 Einheiten ๐พ๐๐๐๐ก ๐ ๐= ๏ฟฝ = ๐๐๏ฟฝ ๐น๐ä๐โ๐ ๐2 Pa = Pascal Luftdruck auf Meereshöhe ist p0= 101325 Pa Dieser Druck hieß früher 1 atm = 101325 Pa Da die Druckeinheit Pa sehr klein ist, verwendet man häufig 105Pa = 1 bar und 102Pa = 1mbar = 1 hPa = 1 hekto Pascal (bei der Wettervorhersage) ๏ฟฝ , ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก๐๐๐ก, ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก๐๐๐ก ๐2 ๐2 ๐2 d๐ ๐2 = − ๏ฟฝ ๐d๐ = −๐๐ ๐ ๏ฟฝ = −๐๐ ๐ln๐ | = −๐๐ ๐(ln ๐2 − ln ๐1 ) = −๐๐ ๐ ln ๐1 ๐1 ๐1 ๐ ๐1 ๐ N Einheiten:๏ฟฝ1 Pa m3 = 1 m2 m3 = 1 Nm = 1 J๏ฟฝ 13 2.6.3 Elektrische Arbeit Die elektrische Arbeit ist ๐๐๐ = ๐ ๐ = ๐ฟ๐๐๐ข๐๐ โ ๐๐๐๐๐๐ข๐๐ Diese Gleichung kann man auch mit Hilfe der elektrischen Stromstärke I ausdrücken: Einheiten: ๐ ๐ฟ๐๐๐ข๐๐ U = φ2 − φ1 = Spannung, Volt, V ๐ผ= = , ๐=๐ผ๐ก ๐ก ๐๐๐๐ก φ = elektrisches Potential, Volt, V I = Stromstärke, Ampere, A t = Zeit, Sekunde, s Damit ergibt sich für die Arbeit Q = Ladung, Coulomb, C ๐๐๐ = ๐ ๐ผ ๐ก = ๐๐๐๐๐๐ข๐๐ โ ๐๐ก๐๐๐๐ ๐กä๐๐๐ โ ๐๐๐๐ก [1๐ โ 1๐ด โ 1๐ = 1๐๐ด๐ = 1๐๐ = 1๐ฝ] 1 ๐ = 1 ๐ โ 1๐ด, W = Watt 1 C = 1 As = 1 Coulomb Beispiel: Eine Glühbirne leuchtet bei einer Spannung von 220 V und einer Stromstärke von 0,45 A eine Zeit von 5 Stunden. Wie groß ist die elektrische Arbeit? (U = 220V, I = 0,45 A, t = 5h) [1 h = 60 min = 3600 s] ๐๐๐ = 220 ๐ โ 0,45 ๐ด โ 5 โ = 495 ๐โ = 220 ๐ โ 0,45 ๐ด โ 5 โ 3600 ๐ = 1,78 โ 106 ๐๐ด๐ = 1,78 โ 106 ๐๐ Vom Elektrizitätswerk wird eine Spannung von 220 V geliefert, der Stromzähler im Haus misst die geflossene Ladung ๐ = ๐ ๐ก. Daraus wird die gelieferte elektrische Arbeit berechnet. Da die Einheit 1 J = 1 ๐๐ sehr klein ist, verwendet man die Einheit Wh oder üblicherweise kWh. Die elektrische Arbeit, die geleistet wird, wird vom Elektrizitätswerk in Rechnung gestellt 1 k Wh = 103 Wh = 103 โ 3600 Ws = 3,6 โ 106 J. Der Preis für 1 kWh elektrische Arbeit ist etwa 0,20 Euro. Häufig wird auch der Begriff Leistung verwendet: ๐ธ๐๐๐๐๐๐ d๐ธ ๐= ๐๐๐๐ก d๐ก Die Energie kann hier als Arbeit (W) oder als Wärme (Q) auftauchen und man erhält: ๐ฟ๐๐๐ ๐ก๐ข๐๐ = ๐ด๐๐๐๐๐ก๐ ๐๐๐๐ ๐ก๐ข๐๐: ๐ = Einheit: J s-1 =1W W = Watt d๐ d๐ก d๐ ๐ä๐๐๐๐๐๐๐ ๐ก๐ข๐๐: ๐ = d๐ก 14 Beispiel: Wir betrachten die Leistung eines Menschen: Grundumsatzleistung, d.h. der Energieverbrauch pro Zeit im Ruhezustand ist etwa 70 W. Bei Arbeitsleistung wird der Energieverbrauch pro Zeit etwa verdoppelt, d.h. er liegt bei etwa 140 W. Die nach außen abgegebene Dauerleistung eines Menschen ist also etwa 70 W. Arbeitet ein Mensch 8 h, so erhält man für die Arbeit an einem Tag: ๐ = ๐ โ ๐ก = 70 ๐ โ 8 โ = 560 ๐โ = 0,56๐ ๐โ Die Kosten elektrischer Arbeit betragen: 1 kWh =๏ค € 0,20. Daraus folgt, dass der Energiewert der Arbeit eines Menschen pro Tag ca. 10 Cent beträgt. 2.6.3 Arbeit, kinetische Energie, potentielle Energie und innere Energie Durch Zufuhr von Arbeit können wir die Energie eines Systems erhöhen. Dabei ergeben sich unterschiedliche Effekte: Energie =๏ค im System gespeicherte Arbeit (/Wärme) 1. Arbeiten, die eine Beschleunigung des Systems hervorrufen d๐ = ๐๐ฃd๐ฃ 1 ๐ = 2 ๐๐ฃ 2 = ๐ธ๐๐๐ erhöhen die Bewegungsenergie (= kinetische Energie) des Systems. 2. Arbeiten gegen Kräfte, die nur eine Funktion des Ortes sind (konservative Kräfte, z.B. Schwerkraft) und eine Änderung der Lage des Systems hervorrufen 2 ๐ = ∫1 ๐นโ d๐ โ 2 ๐ธ๐๐๐ก = − ∫1 ๐นโ d๐ โ erhöhen die potentielle Energie des Systems. (Minuszeichen drückt aus, dass Arbeit gegen die Kraft ๐นโ verrichtet wird. Beispiel: Anheben gegen Erdanziehung: ๐ธ๐๐๐ก = ๐๐โ 3. Arbeiten, die eine Erwärmung und/oder Verformung des Systems hervorrufen d๐ = d๐ ๐ = โ๐ U = Innere Energie (ohne dass die Lage und/oder Geschwindigkeit des Systems verändert wird), erhöhen die Innere Energie des Systems. 15 2.6.4 Wärme und Wärmekapazität Bringt man einen heißen Körper mit einem kälteren in Kontakt, so erwärmt sich der eine und der andere kühlt sich ab. Es fließt Energie (Wärme) vom heißeren zum kälteren Körper. Man beobachtet eine Temperaturerniedrigung des heißen Körpers, eine Temperaturerhöhung des kalten Körpers. Die Temperaturerhöhung dT ist proportional zur zugeführten Wärme. ๐ถ= Proportionalitätsfaktor = ‘Wärmekapazität’ Einheit [JK-1] d๐ = ๐ถd๐ ๐ถ= d๐ d๐ Ist die Wärmekapazität konstant, lässt sich die Gleichung einfach integrieren: ๐ ๐ 2 ∫0 d๐ = ๐ถ ∫๐ d๐ daraus folgt ๐ = ๐ถ(๐2 − ๐1 ) = ๐ถโ๐ 1 Die Wärmekapazität ist proportional zur Stoffmenge (wird gemessen als Masse m oder als Molzahl n). Man erhält: ๐ถ ๐=๐ ๐ถ Man definiert: ๐=๐ ′ ′ ๐ ๐๐๐ง๐๐๐๐ ๐โ๐′ ๐ä๐๐๐๐๐๐๐๐ง๐๐กä๐ก [JK −1 kg −1 ] ๐๐๐๐๐๐ ′ ๐ä๐๐๐๐๐๐๐๐ง๐๐กä๐ก [JK −1 mol−1 ] Die dem System zugeführte Wärmemenge ist positiv Die vom System abgeführte Wärmemenge ist negativ. Wärmeaustausch (Wärmebilanz) Ein Körper A mit Temperatur T1 wird mit einem Körper B der Temperatur T2 in Kontakt gebracht. Wie groß ist die Endtemperatur T3? Wie groß ist die geflossene Wärme? Abgeschlossenes System: kein Wärmeaustausch mit der Umgebung A B T1 CA T1 > T2 T2 CB ↓ A T3 CA Anfangszustand B T3 CB Endzustand 16 Wärme fließt von A nach B bis sich eine gemeinsame Endtemperatur eingestellt hat (‘thermisches Gleichgewicht’). Da nach außen keine Wärme abgegeben wird, muss die von A abgegebene Wärme gleich der von B aufgenommenen sein, d.h. ๐๐ด + ๐๐ต = 0 also ist ๐๐ด = −๐๐ต mit ๐๐ด = ๐ถ๐ด (๐3 − ๐1 ) und ๐๐ต = ๐ถ๐ต (๐3 − ๐2 ) Eingesetzt und aufgelöst nach der Endtemperatur T3 ergibt sich: ๐3 = ๐ถ๐ด ๐1 +๐ถ๐ต ๐2 ๐ถ๐ด +๐ถ๐ต = ๐๐ด ๐๐ด ๐1 +๐๐ต ๐๐ต ๐2 ๐๐ด ๐๐ด +๐๐ต ๐๐ต 2.6.5 Chemische Reaktionsgleichungen Chemische Reaktionsgleichungen geben an, welche Stoffe bei der Reaktion reagieren. Produkte Allgemein: Edukte → Beispiel: Reaktion von Na mit Wasser Na + H2 0 → NaOH + H2 Bei allen chemischen Reaktionen gilt die Erhaltung der Zahl der Atome und der Gesamtmasse, d.h. die obige Gleichung ist erst dann richtig, wenn auf beiden Seiten gleich viele Na, H und O Atome stehen, d.h. 2 Na + 2 H2 O → 2 NaOH + H2 Zusätzlich gibt man noch an, in welchem Zustand sich die reagierenden Substanzen befinden: f = fest (solid), fl = flüssig (liquid), g = gas (gaseous), aq = aqueous (wässrige Lösung). Also lautet die korrekte Gleichung: 2 Na(๐) + 2 H2 O(๐๐) → 2 NaOH(๐๐) + H2 (๐) Dies bedeutet, dass 2 Atome Na im festen Zustand mit 2 Molekülen Wasser (flüssiger Zustand) zu 2 Molekülen Natriumhydroxid (gelöster Zustand) und einem Molekül Wasserstoff (gasförmiger Zustand) reagieren. Man kann die Reaktionsgleichung mit einem beliebigen Faktor multiplizieren, sie ist dann immer noch korrekt. Multipliziert man mit der Avogadro–Konstante ๐๐ด , so ändert sich an der Schreibweise nichts, die Interpretation ist jetzt: 2 mol Na reagieren mit 2 mol H2 O zu 2 mol NaOH und 1 mol H2 Mit Hilfe der Zusammenhänge in Kap. 2.3 können wir mit Hilfe der chemischen Reaktionsgleichungen und den bekannten Molmassen der beteiligten Stoffe die Massen jedes beliebigen Reaktionsteilnehmers berechnen 17 Bei Ablauf einer chemischen Reaktion verändern sich die Mengen der Edukte und Produkte. Diese Änderungen der einzelnen Stoffe (nicht deren Absolutwerte!) sind über die chemische Reaktionsgleichung miteinander gekoppelt, d.h. man muss eigentlich nur die Änderung eines Stoffes kennen, dann kam man die Änderung aller anderen berechnen. Für solche Berechnungen kann man die „Reaktionsvariable“ verwenden. Wir betrachten ein System, das aus einer Phase besteht, in dem ein Gemisch verschiedener Stoffe vorhanden ist, zwischen denen eine chemische Reaktion abläuft. Reaktion: ๐๐ i ๐๐ด ๐ด + ๐๐ต ๐ต โ ๐๐ถ ๐ถ + ๐๐ท ๐ท = stöchiometrische Koeffizienten = Index für Stoff positiv für Produkte (ν (griech.) gesprochen: nü) negativ für Edukte Berechnung der Zusammensetzung eines Gemisch bei Ablauf einer chemischen Reaktion mit der Reaktionsvariablen (๐ = griechischer Buchstabe, gesprochen: ksi). Definition der Reaktionsvariablen: d๐ = d๐๐ (= Reaktionslaufzahl) ๐ = 0 Reaktionsvariable am Anfang (i = Index für Stoff, νi stöchiometrischer Koeffizient) der Reaktion ๐ hängt nicht vom Stoff i ab n i ( Anfang ) Molzahl von Stoff i am Integrierte Form: Anfang der Reaktion ๐ ๐๐ (๐ด๐๐๐๐๐) d๐๐ ๐๐ − ๐๐ n i ( E ) Molzahl am Ende der Reaktion ๏ฟฝ d๐ = ๏ฟฝ ,๐ = ๐๐ ๐1 (๐ด) ๐๐ 0 ๐ Reaktionsvariable am Ende der Reaktion oder ๐๐ = ๐๐ (๐ด๐๐๐๐๐) + ๐๐ ๐ ni Molzahl zu einer Integrieren wir bis zum Ende der Reaktion, erhalten wir beliebigen Zeit der Reaktion ๐= ๐๐ ๐๐ (๐ธ๐๐๐) − ๐๐ (๐ด๐๐๐๐๐) ๐๐ Die Reaktionsvariable wird zu Beginn der Reaktion willkürlich auf Null gesetzt. Für einen Stoff der Reaktion muss ๐๐ (๐ด๐๐๐๐๐) und ๐๐ oder ๐๐ (๐ธ๐๐๐) bei der Reaktion bekannt sein, für die anderen genügt die Angabe der ๐๐ (๐ด๐๐๐๐๐). Beispiel: Verbrennung von Propan mit Luft. 0,02 mol Propan werden mit Luft vollständig verbrannt. Die Luft enthält zu Beginn der Reaktion 0,6 mol O2 (Luft: ๐ฅ๐2 = 0,2, ๐ฅ๐2 = 0,8). Berechnung der Zusammensetzung des Gemisches nach der vollständigen Verbrennung des Propans: 18 1. Schritt: Reaktionsgleichung mit korrekten stöchiometrischen Koeffizienten C3 H8 + 5O2 → 3CO2 + 4H2 O 2. Schritt: Berechnung der Reaktionslaufzahl aus einer gegebenen Molzahländerung: Propan ist gegeben (๐(๐ด๐๐๐๐๐) = 0,02 mol, ๐(๐ธ๐๐๐) = 0 weil vollständig verbrannt): d๐ = d ๐(๐๐๐๐๐๐) −0,02 mol = = 0,02 mol −1 ๐(๐๐๐๐๐๐) oder integrierte Gleichung: ๐= ๐๐๐๐๐๐๐ (๐ธ๐๐๐) − ๐๐๐๐๐๐๐ (๐ด๐๐๐๐๐) (0 − 0,02)mol = = 0,02 mol ๐๐๐๐๐๐๐ −1 3. Schritt: Berechnung der Zusammensetzung des Reaktionsgemisches nach Ablauf der Reaktion. Die Reaktionsvariable ist d๐ = 0,02 mol, d๐๐ = ๐๐ d๐ 1) 2) 3) 4) 5) d๐๐๐๐๐๐๐ = −0,02 mol d๐๐2 = ๐๐2 d๐ = −5 โ 0,02 mol = −0,1 mol d๐๐ถ๐2 = ๐๐ถ๐2 ๐๐ = +3 โ 0,02 mol = 0,06 mol d๐๐ป2 ๐ = ๐๐ป2 ๐ ๐๐ = +4 โ 0,02 mol = 0,08 mol d๐๐2 = 0 (nimmt nicht an Reaktion teil) 19 Stoff Anfang C3H8 ni (A)/mol 0,02 O2 0,6 CO2 H2O 0 N2 0 2,4 Zusammensetzung des Gemisches zu Beginn der Reaktion. Diese Werte sind alle gegeben. Änderung d ni /mol − 0,02 − 0,1 0,06 0,08 0 Änderung bei der Reaktion, berechnet aus ๐ und Stöchiometrie 2,4 Zusammensetzung des Gemisches am Ende der Reaktion Ende ni (E)/ mol 0 0,5 0,06 0,08 4. Schritt: Berechnung der Massen ๐(C3 H8 ) = 44 g mol−1 , ๐(O2 ) = 32 g mol−1 , ๐(H2 O) = 18 g mol−1 , ๐(N2 ) = 28 g mol−1 Allgemein: ๐๐ = ๐๐ ๐๐ → ๐๐ = ๐๐ ๐๐ Anfang: ๐(C3 H8 ) = 0,02 mol โ 44 g mol−1 = 0,88 g ๐(O2 ) = 0,6 mol โ 32 g mol−1 = 19,2 g ๐(CO2 ) = 0, ๐(H2 O) = 0; ๐(N2 ) = 2,4 mol โ 28 g mol−1 = 67,2 g Analog wird die Berechnung der Massen am Ende der Reaktion durchgeführt. 5. Schritt Eventuell Umrechnung in Konzentrationsangaben z.B. Stoffmengenanteile: ๐ฅ(๐2 ) = ๐(O2 ) 0,5 mol 0,5 = = = 0,164 ∑๐ ๐๐ (0,5 + 0,06 + 0,08 + 2,4)mol 3,04 Die Größe ∑๐ ๐๐ kann zu Reaktionsbeginn und am Ende verschieden sein. 20 3. Ideale Gase 3.1 Experimentelle Befunde über Gase Allgemein beobachtet man, dass das Volumen ๐, eines Stoffes abhängt von der Stoffmenge ๐ , dem Druck ๐, und der Temperatur ๐, d.h.. es gibt einen Zusammenhang ๐ = ๐(๐, ๐, ๐) wobei ๐ eine Funktion ist, die wir im folgenden experimentell bestimmen wollen. Zur Messung benutzen wir einen Zylinder, der mit einem reibungsfrei beweglichen, aber dicht schließenden Stempel versehen ist. Im Zylinder befindet sich das Gas, der Stempel kann mit verschiedenen Gewichten belastet werden und übt dann einen genau bekannten Druck ๐น ๐๐ = ๐ด aus. (Index ๐: Druck von außen) Das Volumen kann an der Graduierung des Zylinders abgelesen werden. Die Temperatur wird mit einem Thermostaten konstant gehalten und mit einem Thermometer gemessen (wenn man dem Gas Arbeit zuführt ๐ = ๐น โ ๐ ), erwärmt es sich. Diese Wärme wird an den Thermostaten abgeführt und dieser ist so groß, dass er sich praktisch nicht erwärmt.) 21 1. Experiment: ๐ ๐ฟ Wir halten ๐ und ๐ konstant und ändern die Stoffmenge n. Beobachtung: Erhöhen wir ๐, so erhöht sich ๐ (๐ ist proportional zu ๐). Mathematische Formulierung: ๐ ๐๐๐ ๐ = ๐ ๐(๐, ๐) 2. Experiment: Wir halten ๐ und ๐ konstant und ändern die Temperatur ๐. ๐ ๐ฟ Beobachtung: Erhöhen wir ๐, so erhöht sich ๐ (๐ ist proportional zu ๐). Mathematische Formulierung: ๐ ๐พ ๐ = ๐ ๐(๐, ๐) 3. Experiment: Wir halten ๐ und ๐ konstant und ändern den Druck ๐. Beobachtung: Erhöhen wir ๐, so verringert sich ๐ (๐ ist umgekehrt proportional zu ๐). ๐ ๐ฟ Mathematische Formulierung: ๐ ๐๐๐ ๐ =๐๐ ๐๐๐๐ ๐ก ๐ 22 Die Konstante kann aus einem Satz (๐, ๐, ๐, ๐) zusammengehörenden Daten bestimmt werden. ๐๐ ๐๐๐๐ ๐ก = ๐๐ Normalbedingungen: = −2 ๏ฟฝ10−1 m๏ฟฝ 3 101325 ๐m โ22,4 ๐๐ dm3 = 273,15 Kโ1 mol = 8,314 ๐ m mol−1 K −1 = = 8,314 ๐ฝ mol−1 ๐พ −1 = ๐ = ‘allgemeine Gaskonstante’ ๐0 = 101325 Pa ๐ = 1 mol ๐ = 273,15 K ๐ = 22,4 dm3 (1 L = 1 dm3 ) Da man für jedes Gas die gleiche Konstante erhält, nennt man sie die allgemeine Gaskonstante, ๐ . Damit ergibt sich schließlich als Endgleichung ๐๐ = ๐๐ ๐ Man nennt Gase, deren Verhalten sich mit dieser Gleichung exakt beschreiben lässt, ‘ideale Gase’, entsprechend ist dies die ‘ideale Gasgleichung’. (Gase, deren Verhalten sich nur angenähert damit beschreiben lässt, heißen ‘reale Gase’). Manchmal benutzt man auch das Molvolumen in der idealen Gasgleichung. Mit ๐ ๐๐ = ๐ erhält man dann ๐๐๐ = ๐ ๐ 3.2 Kinetische Gastheorie (Modell) Annahmen: 1) Gas besteht aus einzelnen Teilchen (Atome oder Moleküle) 2) Eigenvolumen der Teilchen << gegen Gefäßdimension 3) Teilchen in ungeordneter Bewegung 4) Teilchen verhalten sich wie starre Kugeln, d.h. sie üben keine anziehenden oder abstoßenden Wechselwirkungen aufeinander aus. 5) Energie- und Impulserhaltungssatz gilt für Stöße der Teilchen untereinander und mit der Wand (elastische Stöße). 6) Druck ist sehr klein (๐ → 0) 7) Alle Teilchen haben die gleiche mittlere Geschwindigkeit ๐ฃฬ . 23 Berechnung des Druckes durch die Stöße der Teilchen auf die Wand nach diesem Modell ๐น 1) Aus der Mechanik: ๐=๐ด = ๐พ๐๐๐๐ก ๐น๐ä๐โ๐ d๐ฃ ๐น = ๐ โ ๐ = ๐ d๐ก = d(๐๐ฃ) d๐ก ๐๐ฃ ist der Impuls eines Teilchens. 2) Die Kraft auf die Wand lässt sich also errechnen nach ๐พ๐๐๐๐ก = ๐ผ๐๐๐ข๐๐ ä๐๐๐๐๐ข๐๐ ๐น= ๐๐๐๐ก d(๐๐ฃ) d๐ก โ๐ โ ๐๐โ๐ ๐๐๐ ๐๐ข๐๐ก๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐โ๐๐ 3) Berechnung Impulsänderung: Fläche A Ein Teilchen fliegt mit dem Impuls ๐๐ฃ๐ฅ auf die Wand zu, wird reflektiert (dabei dreht sich das Vorzeichen der Geschwindigkeit um) und fliegt mit dem Impuls −๐๐ฃ๐ฅ davon. Impulsänderung des Teilchens ist: ๐ผ๐๐๐ข๐๐ (๐๐๐โโ๐๐) − ๐ผ๐๐๐ข๐๐ (๐ฃ๐๐โ๐๐) = −๐๐ฃฬ ๐ฅ − ๐๐ฃฬ ๐ฅ = −2๐๐ฃฬ ๐ฅ Der auf die Wand übertragene Impuls ist wegen der Impulserhaltung genau so groß, aber hat das umgekehrte Vorzeichen, d.h. ๐(๐๐ฃ) = 2 ๐๐ฃ๐ฅ . 4) Berechnung der Zahl der auftreffenden Teilchen. Im Behälter sind ๐ ๐ Teilchen pro Volumen enthalten. Zu jedem Zeitpunkt bewegt sich die Hälfte in positiver, die andere Hälfte in negativer x-Richtung, d.h. sich auf die Fläche A zu. 1 ๐ 2 ๐ Teilchen bewegen 24 Wie viele treffen in der Zeit d๐ก auf? d๐ฅ Die Teilchen haben die mittlere Geschwindigkeit ๐ฃฬ ๐ฅ = d๐ก . Daraus folgt: Alle Teilchen, die näher als d๐ฅ = ๐ฃฬ ๐ฅ ๐๐ก entfernt sind, treffen in ๐๐ก auf, alle Teilchen, die weiter als d๐ฅ = ๐ฃฬ ๐ฅ d๐ก entfernt sind, treffen nicht auf. → Zahl der auftreffenden Teilchen: 5) Gesamtgleichung: ๐พ๐๐๐๐ก = ๐น = 1 ๐ ๐=2 ๐ ๐ฃฬ ๐ฅ d๐ก๐ด d(๐๐ฃ) 2๐๐ฃฬ ๐ฅ 1 ๐ ๐= ๐ฃฬ d๐ก๐ด d๐ก d๐ก 2 ๐ ๐ฅ und für den Druck erhalten wir: ๐ ๐น = ๐ = ๐๐ฃฬ ๐ฅ2 ๐ด ๐ Wie hängt die Geschwindigkeit in x-Richtung (๐๐ ) mit der Gesamtgeschwindigkeit ๐ zusammen? Alle Geschwindigkeitskomponenten sind gleich groß, d.h. ๐ฃ๐ฅ2 = ๐ฃ๐ฆ2 = ๐ฃ๐ง2 ๐ฃ 2 = ๐ฃ๐ฅ2 + ๐ฃ๐ฆ2 + ๐ฃ๐ง2 1 = 3๐ฃ๐ฅ2 → ๐ฃ๐ฅ2 = 3 ๐ฃ 2 Im folgenden betrachten wir die sog. „mittlere quadratische Geschwindigkeit“, ๐ฃ 2 , d.h. erst quadrieren, dann mitteln. Es ergibt sich dann 1 ๐๐ = 3 ๐๐๐ฃ 2 Umrechnung von Teilchenzahlen auf Molzahlen: Setzen wir die Definition der Molzahl ๐ ๐ = ๐ ein, erhalten wir als Ergebnis der Modellbetrachtung: ๐ด 1 → ๐๐ = 3 ๐๐๐ด ๐๐ฃ 2 1 Für die kinetische Energie eines Teilchens hatten wir ๐๐๐๐ = 2 ๐๐ฃ 2 (siehe Kap. 2.6.1) erhalten. Betrachten wir die Mittelwerte und berücksichtigen wir, dass es sich um eine linear fortschreitende (translatorische) Bewegung handelt, so erhalten wir 1 ๐ฬ ๐๐๐ = ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ = 2 ๐๐ฃ 2 oder 2 ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ = ๐๐ฃ 2 ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ = mittlere kinetische Energie der Translation eines Teilchens. 25 Setzen wir dies ein, erhalten wir 2 Ergebnis Modellbetrachtung Ergebnis Experiment ๐๐ = ๐ 3 ๐๐ด ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ ๐๐ = ๐ ๐ ๐ Vergleichen wir Modellbetrachtung und Experiment, ergibt sich 3 ๐ ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ = 2 ๐ ๐ Man nennt ๐ด ๐ ๐๐ด ‘Boltzmann-Konstante’ = ๐๐ต 1.3806488 โ 10−23 J K −1 Und hat einen Wert von Wir erhalten also für die mittlere kinetische Energie pro Teilchen 3 ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ = ๐ฬ ๐๐๐ = 2 ๐๐ต ๐ Rechnen wir auf 1 Mol Teilchen um (Multiplikation mit ๐๐ด ), ergibt sich ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ ๐๐ด = ๐ธ๏ฟฝ๐ก๐๐๐๐ Setzen wir dies ein, ergibt sich 2 ๐๐ = ๐ 3 ๐ธ๏ฟฝ๐ก๐๐๐๐ → Ergebnis der Modellbetrachtung ๐๐ = ๐๐ ๐ → Ergebnis der Experimente Vergleich Daraus erhalten wir schließlich 2 ๐ ๐ = ๐ธ๏ฟฝ๐ก๐๐๐๐ → 3 ๐ธ๏ฟฝ๐ก๐๐๐๐ = 3 ๐ ๐ 2 Diese Betrachtung zeigt, dass die mittlere kinetische Energie der Translation der einzelnen Teilchen mit der Temperatur verknüpft ist. Der Vergleich zwischen Experiment und Modell ergibt die quantitative Verknüpfung thermodynamischer Größen (z.B. Temperatur) mit mechanischen Größen (z.B. Geschwindigkeit). Bislang hatten wir die Temperatur empirisch über das Volumen unseres Thermometers gemessen. Unsere Herleitung zeigt, dass die Temperatur mit der mittleren kinetischen Energie von Teilchen verknüpft ist. Der Umrechnungsfaktor von Temperatur in mittlere Energie ist die ‘Boltzmann-Konstante’ (für ein Teilchen) oder die ‘Gaskonstante’ (für ein Mol Teilchen). (Wenn man heute die Temperatur neu einführen würde, würde man vermutlich die 26 Größe ‘RT’ als ‘Temperatur’ definieren. In der Thermodynamik taucht T immer verknüpft mit R als die Größe RT auf). Die Geschwindigkeit eines Teilchens lässt sich wie folgt errechnen: ๐ฬ ๐ก๐๐๐๐ = 1 3 m ๐ฃ 2 = ๐๐ต ๐ 2 2 3๐ ๐ 3๐ ๐๐ 3 ๐ ๐ → ๏ฟฝ๐ฃ 2 = ๏ฟฝ m๐ต = ๏ฟฝ m๐ต๐ ๐ด = ๏ฟฝ ๐ ๐ด ๏ฟฝ ๐๐ต ๐๐ด = ๐ m ๐๐ด = ๐ Diesen Ausdruck nennt man die „Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat“ Beispiel: Geschwindigkeit von O 2 − Molekülen bei Raumtemperatur −1 −1 2 2 −1 −1 ๏ฟฝ๐ฃ 2 = ๏ฟฝ3 โ 8,314 ๐ฝ mol ๐พ 300 ๐พ ๏ฟฝ๐ฝ mol ๐พ ๐พ = ๐m = kg m = m ๏ฟฝ 32 g mol−1 g mol−1 10−3 kg 10−3 ๐ 2 kg 10−3 ๐ 2 = 484 ms−1 ๏ฟฝ m 10−3 km = = 3,6 kmh−1 ๏ฟฝ ๐ (1/3600)โ = 1741 kmh−1 Für die mittlere Geschwindigkeit in einer Richtung, z.B. x-Richtung gilt: ๐ฬ ๐ฅ = 1 1 ๐๐ฃ๐ฅ2 = 2 2 ๐๐ต ๐ → ๏ฟฝ๐ฃ๐ฅ2 = ๏ฟฝ ๐๐ต ๐ m 27 3.3 Mischungen idealer Gase Mischt man verschiedene, ideale Gase, so verhält sich jedes Gas so, als ob es alleine vorhanden wäre. Dies muss so sein, da bei einem idealen Gas keine Wechselwirkungen zwischen den Teilchen auftreten. Entsprechend definiert man einen Partialdruck, ๐๐ . Def.: Der Partialdruck des Gases ๐ ist der Druck, den man messen würde, wenn dieses Gas im betrachteten Volumen alleine vorhanden wäre. Der Partialdruck hängt mit dem Molenbruch zusammen. Dies ergibt sich aus folgender Überlegung: ๐ ๐ = ๐ ๐ ๐ (1) ๐1 ๐ = ๐1 ๐ ๐ (2) ๐2 ๐ = ๐2 ๐ ๐ (3) (๐1 + ๐2 ) ๐ = (๐1 + ๐2 ) ๐ ๐ (4) Das Gas 2 wird jetzt vollständig entfernt, dabei nimmt der Druck ab von ๐ auf ๐1 (da nur noch Gas 1 vorhanden ist. Umgekehrt gilt, wenn Gas 1 vollständig entfernt wird Addieren wir beide Gleichungen ergibt sich: Dividieren wir Gleichung (2) durch (4) ergibt sich ๐1 ๐ (๐1 +๐2 )๐ ๐1 ๐ ๐ 1 +๐2 )๐ ๐ = (๐ = ๐ฅ1 , mit ๐ฅ1 = ๐ mit ๐1 + ๐2 = ๐ und ๐1 + ๐2 = ๐ ๐1 1 +๐2 (= ๐๐ก๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐ก๐๐๐ ๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐๐๐๐ข๐โ) Allgemein gilt also: ∑๐ ๐๐ = ๐ (= ๐บ๐๐ ๐๐๐ก๐๐๐ข๐๐) und 3.4 Stoßzahlen und mittlere freie Weglänge ๐๐ ∑ ๐๐ ๐ = ∑ ๐๐ = ๐ฅ๐ ๐ Da sich die Teilchen mit großer Geschwindigkeit bewegen, werden sie auch häufig zusammenstoßen. Wir schätzen zunächst den mittleren Abstand der Teilchen ab. Hierzu betrachten wir die Zahl der Teilchen pro Volumen in einem Gas (Teilchenzahldichte). ๐ Wir erhalten aus ๐๐ = ๐ ๐ ๐ = ๐ ๐ ๐ ๐ ๐ = ๐๐๐ด ๐ ๐ ๐ด Normalbedingungen: ๐0 = 101325 ๐๐, ๐0 = 273 ๐พ 28 101523 ๐๐ 6โ1023 mol−1 = 8,314 ๐๐ m3 mol−1 ๐พ−1 273 ๐พ = 2,65 โ 1025 m−3 = 2,65 1019 cm−3 Im Molvolumen ๐m sind ๐๐ด Moleküle vorhanden. Daraus können wir das Volumen ๐1berechnen, das einem Molekül zur Verfügung steht. ๐m = ๐1 ๐๐ด → ๐ ๐1 = ๐m = ๐ด 22415 cm3 mol−1 6โ1023 mol−1 −20 3 = 3,7 โ 10 cm Wir nehmen an, dass sich die Moleküle gleichmäßig in alle Richtungen bewegen können und stellen uns das Volumen ๐1 als einen kugelförmigen Raum vor. Wir erhalten dann für den 4 Radius dieses Raumes ๏ฟฝ๐ = 3 π ๐ 3 ๏ฟฝ 3๐1 3 3 โ 3,7 10−20 cm3 ๏ฟฝ ๐= =๏ฟฝ = 2,1 โ 10−7 cm 4π 4π 3 Der mittlere Abstand zweier Teilchen, die wir uns jeweils im Mittelpunkt der beiden Kugeln denken, ist dann d = 2 ๐ = 4,2 โ 10−7 cm (Stellen wir uns den Raum ๐1 als einen würfelförmigen Raum vor, so erhalten wir als mittleren Abstand der beiden Moleküle ๐ = 6,6 โ 10−7 ๐๐ .) Den Durchmesser der Teilchen kann man, wie in Kap. 2.5 beschrieben, abschätzen. Für ๐2 erhält man d(๐2 ) ≈ 3,8 โ 10−8 cm Die Teilchen fliegen mit großer Geschwindigkeit (๐ฃฬ ≈ 500 ms −1 ) umher und können zusammen stoßen. โs2 โs1 Def.: Def.: โs3 โs4 Die Abbildung zeigt die Flugbahn eines Teilchens. Der Mittelwert über alle Strecken โ๐ ๐ zwischen den Stößen nennen wir โ๐ ๐ = ๐ = mittlere freie Weglänge Man nennt die Zahl der Zusammenstöße, die ein Teilchen pro ๐ erfährt die ‘Stoßzahl’ (๐). Der Weg, den das Teilchen zwischen zwei Stößen zurücklegt, ist die ‘mittlere freie Weglänge’ (๐). 29 Berechnung der Stoßzahl Wir stellen uns vor, dass das Molekül ๐ด sich bewegt, die anderen Moleküle (๐ต, ๐ถ, ๐ท usw.) sind fixiert. Das Molekül A fliegt mit der Geschwindigkeit ๐ฃ und legt dabei in der Zeit d๐ก den Weg d๐ฅ ๏ฟฝ๐ฃ = d๐ก ๏ฟฝ → d๐ฅ = ๐ฃd๐ก zurück. ⇒ ⇒ ⇒ Alle Moleküle, deren Mittelpunkte sich innerhalb des Zylinders befinden, werden gestoßen C und D nicht, B wird gestoßen. Die Zahl der Zusammenstöße = Zahl der Moleküle im Zylindervolumen Der Zylinder hat einen Radius von ๐๐ด + ๐๐ต ๐๐ด ๐๐ต = = Radius von Molekül ๐ด Radius von Molekül ๐ต Falls ๐ด und ๐ต gleichartige Moleküle, dann ist Zylinderradius = 2 ๐๐ด Die Grundfläche des Zylinders ist dann: π (๐๐ด + ๐๐ต )2. Diese Größe nennt man auch den Stoßquerschnitt, ๐. ๐ = π(๐๐ด + ๐๐ต )2 Das Volumen des Zylinders ist dann ๐๐ง๐ฆ๐ = ๐ โ d๐ฅ = ๐ โ ๐ฃd๐ก ๐(๐ด) Die Zahl der Teilchen (๐ด) pro Volumeneinheit ist . Wir erhalten damit für die Zahl der ๐ Teilchen im Zylinder ( = Zahl der Zusammenstöße, d ๐๐) : d ๐๐ = ๐(๐ด) ๐ ๐๐ง๐ฆ๐ = ๐(๐ด) ๐ ๐ ๐ฃd๐ก 30 Wir nennen d ๐๐ ๐(๐ด) = ๐ =′ ๐๐ก๐ßโä๐ข๐๐๐๐๐๐๐ก ′ = ๐๐ฃ d๐ก ๐ In manchen Büchern wird ๐ als Stoßzahl bezeichnet. Für ๐ฃ müssen wir eine mittlere Geschwindigkeit ๐ฃ๐ด einsetzen und wir erhalten schließlich ๐1 = ๐(๐ด) ๐1๐ด = ๐ ๐ ๐ฃ๐ด = Zahl der Zusammenstöße, die ein ๐ด-Teilchen erfährt, wenn alle anderen Teilchen sich nicht bewegen. Für ๐2 findet man ๐ = π (3,8 โ 10−8 )2 = 0,45 โ 10−14 cm2 ๐(๐ด) ๐ ๐ฃฬ ๐ด๐ด = ๐ฃฬ ๐ด √2 = 454 ms −1 = 642 ms −1 ๐๐ด ๐ฃฬ ๐ด๐ด = 2,65 โ 1019 cm−3 โ 0,45 โ 10−14 cm2 โ 642 ms−1 = 7,6 โ 109 s −1 = Zahl der Zusammenstöße, die ein ๐ด-Teilchen erfährt, wenn alle anderen sich auch bewegen Die Gesamtzahl der Zusammenstöße aller ๐ด-Teilchen mit allen anderen ๐ด-Teilchen, wenn alle sich bewegen, ist dann ๐๐ด๐ด : ๐(๐ด) ๐(๐ด) 1 ๐๐ด ๐ฃฬ ๐ด๐ด โ ๐ 2 ๐ 1 9 −1 = 7,6 โ 10 s โ 2,65 โ 1019 cm−3 โ 2 = 10 โ 1028 cm−3 ๐ −1 ๐๐ด๐ด = Der Faktor 1 2 taucht hier auf um die Stöße zwischen Teilchen gleicher Nummerierung nicht doppelt zu zählen, d.h. Stoß 1→ 2 ist identisch mit Stoß 2 → 1. Die Gesamtzahl der Zusammenstöße aller Moleküle ๐ด mit allen Molekülen ๐ต ist schließlich ๐๐ด๐ต = ๐(๐ด) ๐ ๐๐ด๐ต ๐ฃฬ ๐ด๐ต ๐(๐ต) ๐ (wichtige Größe für chemische Reaktionen) Mittlere Freie Weglänge Die mittlere freie Weglänge ๐ ist der Weg, den 1 Teilchen zwischen 2 Zusammenstößen zurücklegt. Wenn es mit der Geschwindigkeit ๐ฃ๐ด fliegt, so ist der zurückgelegte Weg: d๐ฅ = ๐ฃ๐ด d๐ก Mit der mittleren Geschwindigkeit ergibt sich entsprechend für den mittleren Weg: ๐ = ๐ฃฬ ๐ด d๐ก 31 Für die Zahl der Zusammenstöße eines Teilchens hatten wir erhalten d๐1๐ด = ๐(๐ด) ๐(๐ด) ๐๐ฃฬ ๐ด๐ด d๐ก = ๐๐ฃฬ ๐ด √2d๐ก ๐ ๐ Wir lösen nach ๐ฃฬ ๐ด d๐ก auf und setzen in die Gleichung für ๐ ein: d๐ ๐ = ๐(๐ด)1๐ด ๐ ๐√2 Da nach einem Zusammenstoß die freie Weglänge beendet ist (d๐1๐ด = 1), ergibt sich: Bsp. ๐2 : 1 ๐ = ๐(๐ด) ๐ ๐√2 1 ๐ = 2,65โ1019 cm−3 โ0,45โ10−14 cm2 Vergleich Durchmesser 3,8 . 10-8cm √2 = 5,9 โ 10−6 cm mittlerer Teilchenabstand 42 . 10-8 cm Faktor ≈ 10 mittlere freie Weglänge 590 . 10-8 cm Faktor ≈ 10 Beispiel: Fußballspiel, Größe des Feldes: 105 m โ 70 m, 23 Personen. Wir nehmen eine ideale, kugelförmige Person an, die einen Durchmesser von ca. 2 m (mit ausgestreckten Armen) haben soll. Wenn wir die 23 Personen gleichmäßig auf dem Feld verteilen, so wird ihr mittlerer Abstand (gleiche Überlegung wie der mittlere Abstand der Teilchen, Kap. 3.4) 105 mโ70 m ๐≈๏ฟฝ 23 ≈ 18m. Wenn diese Personen mit verbundenen Augen (ohne Wechselwirkungen aufeinander) auf dem Feld herumlaufen, dann verhalten sie sich wie Teilchen in einem idealen Gas. Wir nehmen für die Fußballspieler die gleichen Faktoren an wie beim idealen Gas zwischen Durchmesser der Spieler, ihrem mittleren Abstand und ihrer mittleren freien Weglänge. Wir erhalten dann für die mittlere freie Weglänge eines Spielers 18 m โ 20 = 360 m Spieler (Durchmesser): Abstand der Spieler: 2m 18 m mittlere freie Weglänge der Spieler: 360 m Faktor ca. 10 Faktor ca. 20 Der Stoß mit der Spielfeldbegrenzung wird nicht gerechnet. Nach ca. 360 m stößt in diesem Fall Spieler Nr. 19 auf Nr. 16. 32 3.5 Die Geschwindigkeitsverteilung der Teilchen im Gas Die Teilchen im Gas haben nicht alle die gleiche (mittlere) Geschwindigkeit. Durch die Stöße untereinander erhalten die Moleküle unterschiedliche Geschwindigkeiten. Die Verteilung wurde zuerst von Maxwell hergeleitet und später von Boltzmann verallgemeinert und heißt daher Maxwell-Boltzmann Verteilung. Einschub: Mittelwerte und Verteilungen 1) Mittelwertbildung bei einer geringen Zahl von Messungen. Wir führen die gleiche Messung mehrere Male (insgesamt ๐๐๐๐ ) durch und erhalten als Ergebnis die Messwerte ๐ฅ1 , ๐ฅ2 , ๐ฅ3 …. Daraus kann der Mittelwert der Messungen ∑ ๐ฅ folgendermaßen berechnet werden: ๐ฅฬ = ๐๐ ๐ (1) ๐๐๐ Zahl aller Messwerte = Anzahl der Summanden: ๐๐๐๐ 2) Mittelwertbildung bei einer großen Zahl von Messungen Wir haben sehr viele Messwerte gemessen, von denen einige gleich sind: ๐ฅ1 wurde ๐1 mal gemessen ๐ฅ2 wurde ๐2 mal gemessen usw. Wir bilden den Mittelwert nach der folgenden Gleichung: ๐1 ๐ฅ1 + ๐2 ๐ฅ2 … … … . ∑ ๐๐ ๐ฅ๐ ๐ฅฬ = = ∑ ๐๐ ๐1 + ๐2 … … … . (2) Wir erhalten durch die Bildung der Gruppen ๐ eine drastische Verringerung der Zahl der Summanden. Der Index ๐ zählt die Zahl der Gruppen, d.h. der Summanden. Mit ∑๐ ๐๐ = ๐๐๐๐ = Gesamtzahl der Messungen ergibt sich dann (3) ๐ฅฬ = ∑๐ ๐๐ ๐ฅ๐ ๐๐ ๐๐ =๏ฟฝ ๐ฅ๐ = ๏ฟฝ โ๐ ๐ฅ๐ ๐๐๐ก โ๐ = ๐๐๐๐ ๐๐๐๐ ๐๐๐๐ ๐๐ Wir nennen ๐ ๐๐๐ ๐ = โ๐ die Häufigkeit für das Auftreten des Messwertes ๐ฅ๐ , und es gilt ∑๐ ๐๐ ๏ฟฝ โ๐ = =1 ๐๐๐๐ ๐ Wenn ๐๐๐๐ sehr groß wird, so wird die Häufigkeit unabhängig von der Zahl der Messwerte ๐๐ und man nennt dann diese Größe die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Messwertes ๐ฅ๐ (4) ๐๐ = ๐๐ ๐๐๐๐ →∞ ๐๐๐๐ Dabei ist ∑๐ ๐๐ = 1 und ๐ฅฬ = ∑ ๐๐ ๐ฅ๐ lim (5) 33 Beispiele: a) Die Ergebnisse sind diskrete Zahlen wie z.B. beim Würfeln Wir berechnen die mittlere Punktzahl beim Würfeln nach Gleichung (5). Die Wahrscheinlichkeit für das Würfeln einer bestimmten Zahl ist gleich, d.h. 1 ๐1 = ๐2 = ๐3 = ๐4 = ๐5 = ๐6 = 6 Damit erhalten wir für den Mittelwert der Punktzahl bei einer großen Zahl von Würfen. 1 1 1 1 1 1 ๐ฅฬ = โ 1 + โ 2 + โ 3 + โ 4 + โ 5 + โ 6 = 3,5 6 6 6 6 6 6 Zusammenhang zwischen Häufigkeit ๐๐ und Wahrscheinlichkeit ๐๐ : Wir würfeln mit einem Würfel insgesamt ๐๐๐๐ mal, notieren die Ergebnisse und berechnen die Häufigkeit des Auftretens z.B. einer 6 1. Messreihe Ergebnis des Würfelns: ๐6 Häufigkeit: โ6 = ๐ 2. Messreihe ๐๐๐ : Ergebnis des Würfelns: ๐6 Häufigkeit: โ6 = ๐ ๐๐๐ : 2, 3, 5, 1, 6, 6, 4, 3, 1, 2, … … … … … … … ๐ข๐ ๐ค. 0 0 0 0 1 2 2 2 2 , , , , , , , , , 2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 , … … … … … … ๐ข๐ ๐ค. 6, 1, 2, 4, 5, 3, 3, 2, 1, 5, … … … … … … … ๐ข๐ ๐ค. 1 1 1 1 1 1 1 1 1 , , , , , , , , , 1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 , … … … … … … ๐ข๐ ๐ค. 34 b) Die Ergebnisse bilden eine kontinuierliche Reihe von Zahlen. In diesem Fall fasst man die Ergebnisse in Gruppen zusammen, deren Größe willkürlich gewählt werden kann wie z.B. bei einer Einkommensverteilung (๐๐๐๐ = 100) Person k 1 2 3 4 5 6 7 ๏ ๏ 35 ๏ ๏ 75 ๏ ๏ 90 ๏ 95 ๏ 100 Einkommen x /€ 103 515 823 400 980 1010 1080 ๏ ๏ 1990 ๏ ๏ ๏ 2990 ๏ ๏ 3999 ๏ ๏ 5800 Gruppeneinteilung โx/€ Gruppen-Nr. Zahl der Personen in der ๐ Gruppe ๐ ๐๐ Häufigkeit der ๐ Gruppe โ๐ = ๐ ๐๐๐๐ 0–999 1 5 0,05 1000–1999 2 30 0,3 2000–2999 3 40 0,4 3000–3999 4 15 0,15 4000–4999 5 5 0,05 5000–6000 6 5 0,05 Berechnung des mittleren Einkommens: ๏ฟฝ โ๐ = 1 ๐ฅฬ = ๏ฟฝ ๐ฅ๐ โ๐ = 0,05 โ 500€ + 0,3 โ 1500€ Ma + 0,15 โ 3500€ + 0,4 โ 2500€ + 0,05 โ 4500€ + 0,05 โ 5500€ = 2.525€ 35 Wir hätten die Gruppenbildung auch anders vornehmen können. Statt โ๐ฅ = 1000, hätten wir z.B. โ๐ฅ = 500 oder โ๐ฅ = 100 wählen können. Dabei ändert sich natürlich die Zahl der Personen in der Gruppe und damit auch die Häufigkeit, d.h. dass die Häufigkeit von der Größe des Intervalls โx abhängt. Wenn die Messgröße keine diskreten Werte (wie beim Würfeln) besitzt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Messgröße einen ganz bestimmten Wert hat, praktisch null d.h. ๐(๐ฅ) ๐(๐ฅ) = =0 ๐๐๐๐ Bsp: Wie groß ist die Häufigkeit (Wahrscheinlichkeit) eines Einkommens von exakt 2527,13 €. Es macht dann nur Sinn, nach der Wahrscheinlichkeit ๐(๐ฅ) zu fragen, dass die Messgröße in einem bestimmten Intervall โ๐ฅ liegt. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Messwertes, ๐ฅ, sowohl von der Größe von ๐ฅ (z.B. Höhe des Einkommens) als auch von der Größe von โ๐ฅ (z.B. Breite der Gruppeneinteilung) abhängt. In erster Näherung wird ๐(๐ฅ) proportional โ๐ฅ sein, d.h. ๐๐ ๐๐๐๐ = โ๐ → d๐๐ฅ ๐๐๐๐ (6) = ๐(๐ฅ)d๐ฅ In unserem Fall ist die Größe ๐ฅ die Geschwindigkeit ๐ฃ und die „Maxwell-BoltzmannVerteilung“ lautet: d๐๐ฃ = ๐(๐ฃ)d๐ฃ ๐๐๐๐ 3 2 d๐๐ฃ ๐ ๐๐ฃ 2 ๐๐โ๐ ๐๐๐ ๐๐๐๐๐ü๐๐ ๐๐๐ก ๐บ๐๐ ๐โ๐ค๐๐๐๐๐๐๐๐๐ก ๐ฃ = 4 ๐ ๐ฃ2 ๏ฟฝ ๏ฟฝ exp ๏ฟฝ− ๏ฟฝ d๐ฃ = ๐๐๐๐ 2๐ ๐ 2π๐ ๐ ๐บ๐๐ ๐๐๐ก๐ง๐โ๐ ๐๐๐ ๐๐๐๐๐ü๐๐ Statistisches Gewicht NormierungsFaktor BoltzmannFaktor Bsp: Wie groß ist der Anteil von ๐2 -Molekülen, deren Geschwindigkeit bei 273 K zwischen 500ms −1 und 501ms−1 liegt? ๐ฃ = 500ms −1 , ๐ฃ + d๐ฃ = 501ms−1 , d๐ฃ = 1ms −1 ๐ = 28 gmol−1 , ๐ = 273 K, ๐ฃ = 500ms −1 d๐ ๐๐๐๐ = 4π(500 ms −1 )2 d๐ = 1,85 โ 10−3 ๐๐๐๐ 28โ10−3 kg mol−1 3 2 28โg mol−1 ๏ฟฝ500 ms−1 ๏ฟฝ 2 ๏ฟฝ2πโ8,314 kg m2 s−2 mol−1 K−1 โ273K๏ฟฝ exp ๏ฟฝ− 2โ8,314 ๐ฝ mol−1 K−1 โ273K๏ฟฝ โ 1 ms −1 36 ๐ฃ๐ค ๐ฃฬ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ2 ๏ฟฝ๐ฃ Ablesen der Daten aus Kurve bei 500 ms −1 (273 ๐พ): d๐ ๐๐๐๐ d๐ฃ = 1,8 −3 10 (ms −1 )−1 d๐ = 1,8 โ 10−3 (ms −1 )−1 ๐๐๐๐ d๐ฃ d๐ = 1,8 โ 10−3 (ms −1 )−1 d๐ฃ ๐๐๐๐ d๐ฃ = 1 ms−1 d๐ ๐๐๐๐ = 1,8 โ 10−3 (ms−1 )−1 (ms −1 ) 1) Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit aus der Verteilung: ∞ 3 ∞ m 2 m๐ฃ 2 ๐ฃฬ = ๏ฟฝ ๐ฃ๐(๐ฃ) d๐ฃ = 4π ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐ฃ 3 exp ๏ฟฝ− ๏ฟฝ d๐ฃ, 2π๐๐ 2๐๐ 0 0 8๐ ๐ ๐ฃฬ = ๏ฟฝ π๐ 2) Bestimmung der mittleren quadratischen Geschwindigkeit aus der Verteilung: ∞ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ฃ 2 = ๏ฟฝ ๐ฃ 2 ๐(๐ฃ)d๐ฃ, 0 ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ2 = ๏ฟฝ ๏ฟฝ๐ฃ 3๐ ๐ ๐ 3) Bestimmung der häufigsten (wahrscheinlichsten) Geschwindigkeit: ๐ฃ๐ = d๐๐ฃ =0 ๐๐๐๐ 2๐ ๐ ๐ฃ๐ = ๏ฟฝ ๐ 37 In der verallgemeinerten Form (Energieverteilung) lautet die Maxwell-Boltzmann Gleichung ๐ exp ๏ฟฝ− ๐ ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ต ๐ = ๐๐๐๐ ∑ exp ๏ฟฝ− ๐๐ ๏ฟฝ ๐ ๐๐ต ๐ ๐๐ต ๐๐ ๐๐ ๐๐๐๐ = = = = ∑๐ exp ๏ฟฝ− ๐๐ ๐๐ต ๐ Boltzmann Konstante ๐๐ (pot) + ๐๐ (kin), Energie der Teilchen Zahl der Teilchen mit Energie ๐๐ Gesamtzahl der Teilchen ๏ฟฝ = Zustandssumme Bildet man das Verhältnis der Häufigkeiten in den Zuständen ๐ = 2 und ๐ = 1 erhält man: ๐2 ๐2 exp ๏ฟฝ− ๐๐ต ๐๏ฟฝ ๐2 − ๐1 โ๐ โ๐ธ = = exp ๏ฟฝ− ๏ฟฝ = exp ๏ฟฝ− ๏ฟฝ = exp ๏ฟฝ− ๏ฟฝ ๐ ๐1 exp ๏ฟฝ− 1 ๏ฟฝ ๐๐ต ๐ ๐๐ต ๐ ๐ ๐ ๐๐ต ๐ 38 4. Aggregatzustände Bringt man 2 Teilchen (Atome oder Moleküle) aus großer Entfernung immer näher und betrachtet ihre potentielle Energie, so sieht das folgendermaßen aus: - üblicherweise setzt man die Energie bei r → ∞, εpot = 0 - Nähert man Teilchen an, so ziehen sie sich gegenseitig an, εpot nimmt ab - Bei einem Abstand r0 erreicht εpot einen Minimalwert → Gleichgewichtsabstand - Bei kleinen Abständen stoßen die Teilchen sich ab, εpot nimmt stark zu. Es gibt dementsprechend zwei Kräfte, die die potentielle Energie von zwei wechselwirkenden Teilchen beeinflussen: 1) Zwischenmolekulare Abstoßungskraft Kraft mit relativ kurzer Reichweite im Vergleich zum Moleküldurchmesser. Die Abstoßungskraft tritt erst dann signifikant in Erscheinung, wenn sich die Moleküle fast berühren. 2) Zwischenmolekulare Anziehungskraft Kraft mit relativ großer Reichweite im Vergleich zum Moleküldurchmesser. Die Anziehungskraft tritt bei Abständen mittlerer Länge (einige Moleküldurchmesser) signifikant in Erscheinung; bei großer zwischenmolekularer Entfernung spielt sie allerdings keine Rolle mehr. Diesen Typ von Kurve beobachtet man eigentlich immer, sowohl wenn die Teilchen eine Bindung eingehen (z.B. HCl, H2) als auch bei ganz schwacher WW (z.B. He⋅⋅⋅He). Es unterscheiden sich jeweils die Abstandsabhängigkeiten von εpot (hängt von der jeweiligen Kraft ab) und die Größe der Bindungsenergie. Wenn die Bindungsenergie nach außen abgegeben werden kann, kommt es zur chemischen Bindung oder Aggregation (d.h. Bildung der flüssigen oder festen Phase). Umgekehrt kann jeder Stoff durch Zufuhr von thermischer Energie in den flüssigen bzw. gasförmigen Zustand überführt werden. Dann ist εtherm >> ε (Wechselwirkung). Die Materie kann in drei verschiedenen Aggregatzuständen vorkommen: Fest, flüssig, gasförmig. Die Unterschiede sind auf die verschiedenen Wechselwirkungsenergien zurück zuführen. 39 Temperatur T = 1 K, T = 300 K −23 = ε 1,38 ⋅10 J −21 T = 103 K T > 104 = ε 4,16 ⋅10 J = ε 1,38 ⋅10−20 J ε > 1,38 ⋅10−19 J Festkörper Atome und Molekül berühren sich, sitzen auf festen Plätzen Flüssigkeit Atome und Molekül berühren sich, bewegen sich von Ort zu Ort Gas Atome und Molekül sind weit voneinander entfernt Plasma Alle Moleküle sind in Atome dissoziiert, Atome sind in Ionen und Elektronen dissoziiert. Die einzelnen Teilchen haben große Abstände voneinander. Sonne hat die Dichte eines Gases. Starke Wechselwirkung der Teilchen Mittlere Wechselwirkung der Teilchen Geringe (keine) Wechselwirkung der Teilchen Ob sich Teilchen im festen, flüssigen oder gasförmigen Zustand befinden, hängt nicht nur von der Größe der Wechselwirkungsenergie, sondern auch von der thermischen Energie der Teilchen ab. Die thermische Energie eines Teilchens kann man abschätzen nach εtherm ≈ k BT. Dies gilt sowohl für isolierte Atome (z.B. in Gas) als auch für Atome in Molekülen und in Festkörpern. 40 5. Reale Gase Reale Gase erfüllen aufgrund zwischenmolekularer Wechselwirkungen (Anziehungs- und Abstoßungskräfte) die Zustandsgleichung idealer Gase (๐๐๐ = ๐ ๐) nicht exakt; die Abweichungen realer Gase vom idealen Verhalten steigen folglich mit zunehmender ๐ ๐ Teilchendichte (๐ = ๐ ๐ด), das heißt… - ๐ bei gegebener Stoffmenge und konstanter Temperatur mit zunehmendem Druck. bei gegebener Stoffmenge und konstantem Druck mit abnehmender Temperatur. Die signifikantesten Abweichungen lassen sich hierbei am Kondensationspunkt realer Gase beobachten (Gas → Flüssigkeit). Ein reales Gas zeigt folglich umso eher ideales Verhalten, je geringer der Einfluss von zwischenmolekularen Anziehungs- und Abstoßungskräften ausfällt, was mit einer abnehmenden Teilchendichte korreliert (s.o.). Werden Gase bei verschiedenen Drücken untersucht, so findet man für die Größe ๐๐๐ das folgende Verhalten: Ideales Gas: ๐๐๐ = ๐ ๐ = 8,134 ๐๐ m3 mol−1 ๐พ −1 โ 273 ๐พ = ๐๐๐๐ ๐ก = 2269 ๐๐ m3 mol−1 Reale Gase zeigen je nach Druck und Temperatur Abweichungen davon. Dies kann mittels des Kompressionsfaktor Z bestimmt werden und beschreibt die Abweichung eines realen Gases vom idealen Verhalten und ist wie folgt definiert: ๐ = ๐๐๐ ๐ ๐ Die Abbildung verdeutlicht, dass das Verhalten der Gase nur näherungsweise durch das ideale Gasgesetz beschrieben wird. Es ist vielmehr eine gute Näherung bei niedrigen Drucken und hohen Temperaturen. Durch Auftragen von Z gegen p, lässt sich die Abhängigkeit der zwischenmolekularen Kräfte (Anziehung - Abstoßung) vom Druck visualisieren: - Kleine Drücke: Nahezu keine zwischenmolekularen Kräfte; Z=1 - Mäßige Drücke: Anziehungs-kräfte dominieren (Z < 1) - Große Drücke: Abstoßungskräfte dominieren (Z > 1 ) Man nennt die Gase, die sich nicht nach der idealen Gasgleichung verhalten, die realen Gase. Die wesentliche Änderung gegenüber dem idealen Verhalten ist, dass die realen Gase verflüssigt werden können. 41 Beispiel: p-V-Isothermen von CO2 1. Bei 353 K etwa ideales Verhalten 2. Bei 293 K: zunächst ideales Verhalten, bei 60 bar erfolgt ein Abknicken der Isothermen = Beginn der Kondensation. Man hat hier flüssige und gasförmige Phase im Gleichgewicht. Man nennt den Druck, bei dem Flüssigkeit und Gas im Gleichgewicht sind, den Dampfdruck. Wenn alles kondensiert ist (๐๐ = 0,05 dm3 mol−1 ) steigt der Druck sehr steil an bei weiterer Kompression: hier haben wir nur noch flüssige Phase. Gas Flüssigkeit K = kritischer Punkt =31 °C Konstanter Druck im 2-Phasengebiet =Dampfdruck Gas+ Flüssigkeit =2-Phasengebiet p, v-Diagramm für Kohlendioxid nach der van der Waalsschen Gleichung. Eine der Isothermen besitzt einen Wendepunkt. Bei CO2 ist das die Isotherme bei 313 K (31° C). Diese Temperatur nennt man die kritische Temperatur ๐๐ , die Werte von ๐ und ๐๐ am Wendepunkt nennt man den kritischen Druck, ๐๐ und das kritische Volumen, ๐๐,๐ . Oberhalb der kritischen Temperatur kann man keinen Phasenübergang zwischen Flüssigkeit und Gas mehr beobachten, d.h. es erfolgt dann eine kontinuierliche Änderung der Eigenschaften (‘fluide Phase’). Umgekehrt: Verflüssigung von Gasen nur unterhalb von ๐๐ möglich. Die Ursache hierfür ist, dass bei höheren Temperaturen als der kritischen Temperatur die thermische Energie der Teilchen größer ist als deren Wechselwirkungsenergie und sie daher bei Bindung sofort wieder dissoziieren. Beschreibung der realen Gase durch verschiedene Gleichungen z.B. Potenzreihenansatz: ๐ ๐๐ = ๐ ๐ (ideales Gas) ๐ ๐๐ = ๐ ๐ + ๐ต ๐ + ๐ถ ๐2 ............ ‘Virialgleichung’ Die van der Waals’sche Gleichung ist die erste Gleichung gewesen, mit der versucht wurde, das reale Verhalten zu beschreiben. Bei der van der Waals’schen Gleichung werden zwei Effekte berücksichtigt, die bei der idealen Gasgleichung vernachlässigt wurden. 42 1. Eigenvolumen der Teilchen: Das Volumen, in dem sich die Teilchen frei bewegen können, ist um das Eigenvolumen (genau das 4-fache Eigenvolumen) vermindert. Das Molekül 2 kann nicht näher als 2 ๐๐ด an das Molekül 1 heran, d.h. das schraffierte Volumen steht für die Bewegung von 2 nicht mehr zur Verfügung. rA rA 1 2 ๐(๐๐ข๐๐๐ก๐๐๐๐ก) = 4 4 π(2 ๐๐ด )3 = 8 π ๐๐ด3 = 8 ๐๐๐๐๐๐ü๐ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ 3 3 ๐๐๐๐๐๐ü๐ Das gleiche gilt umgekehrt für das Molekül 1, so dass für 1 und 2 zusammen dieses Volumen nicht mehr zur Verfügung steht. → V (ausgeschlossen, 1 Teilchen) → V (ausgeschlossen, ๐๐ด Teilchen) = = 4 ๐๐๐๐๐๐ü๐ 4 ๐๐ = ๐ In Wirklichkeit wird b nicht aus ๐๐ bestimmt, sondern b ist ein experimenteller Parameter, der sich aus p, V, T-Werten des jeweiligen Gases ergibt. 2. Anziehungskräfte zwischen den Teilchen: Die Anziehung zwischen den Teilchen wirkt so, als würde das Gas unter einem höheren äußeren Druck stehen, d.h. ๐(๐ค๐๐๐๐ ๐๐) = ๐ + π. Dabei ist ๐ der Außendruck und π der Binnendruck, der auf die Anziehungskräfte ( = van der Waals’sche Kräfte) zurückzuführen ist. Der Binnendruck ist proportional zur (Molekülzahldichte)2, d.h. ๐ ๐ 2 π~ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = 2 ๐ ๐๐ Der Druck u. das Volumen wird folgendermaßen korrigiert: ๐ ๏ฟฝ๐ + โ ๐ ๏ฟฝ ๐๐2 ๐๐ = ๐ ๐ (๐๐. ๐บ๐๐ ) (๐๐ − ๐) = ๐ ๐ (๐ฃ๐๐ ๐๐๐ ๐๐๐๐๐ − ๐บ๐๐ ) ๐ Ersetzt man ๐๐ = ๐ ergibt sich: ๐2 ๐ ๏ฟฝ๐ + 2 ๏ฟฝ (๐ − ๐ ๐) = ๐๐ ๐ ๐ Stoff He N2 H2O C2H6 ๐ ๐ฟ2 bar mol−2 0,03457 1,408 5,545 5,562 ๐ ๐ฟ mol−1 0,02370 0,03913 0,03053 0,0638 43 6. Energie Unter Energie eines Systems versteht man die darin gespeicherte Arbeit und Wärme. Man kann nicht den Absolutwert der Energie bestimmen, sondern nur die Veränderung des Energieinhalts durch Zufuhr oder Abgabe von Arbeit und Wärme. d๐ = d๐ธ๐๐๐ + d๐ธ๐๐๐ก Wenn sich die äußere Bewegung und die äußere Lage eines Systems nicht ändert, kann trotzdem Arbeit W und Wärme Q im System gespeichert werden. Man nennt diese im System gespeicherte Energie die Innere Energie U des Systems. In diesem Fall gilt für ein geschlossenes System: d๐ = ๐๐ + ๐๐ (6.1) Die Zufuhr von Arbeit oder Wärme führt dazu, dass sich die Atome und Moleküle im System schneller bewegen, d.h. ihre kinetische Energie und ihre potentielle Energie nimmt zu. Die potentielle Energie der Teilchen hängt von der Anordnung (Abstand) der Teilchen und der Art ihrer Wechselwirkung ab, z.B. elektrische Anziehung/Abstoßung. In einem abgeschlossenen System kann keine Arbeit und Wärme zugeführt werden. Dann gilt immer: d๐ = 0 (6.2) In einem offenen System gilt: d๐ = d๐ + d๐ + ∑๐ ๐๐ d๐ ๐๐ Darin ist: = ๐ผ ๐๐พ = ๐๐ธ = ๏ฟฝ ๐๐ d๐ ๐๐ = ๐ (6.3) Innere Energie = Summe der kinetischen und potentiellen Energie aller Moleküle im System Arbeitsaustausch mit der Umgebung = Austausch geordneter Bewegungsenergie, d.h. alle Teilchen, die beteiligt sind, bewegen sich in gleicher Richtung. Wärmeaustausch mit der Umgebung = Austausch ungeordneter Bewegungsenergie, d.h. die Teilchen bewegen sich in beliebigen Richtungen. Term, der den Energieaustausch mit der Umgebung beschreibt, der mit einem Materieaustausch verknüpft ist (z.B. Trinken von heißem Wasser: Dann ist ๐ผ๐ die Innere Energie pro Mol Wasser, ๐๐ ๐ ist die von außen zugeführte Stoffmenge von Wasser) Die Gleichungen 6.1, 6.2 und 6.3 sagen aus, dass die Innere Energie eines Systems konstant ist (๐ = konst, d๐ = 0) und nur durch Arbeits- und Wärmeaustausch mit der Umgebung geändert werden kann. 44 Dieses Gesetz der Energieerhaltung nennt man den ersten Hauptsatz der Thermodynamik. Ob man einem System Arbeit oder Wärme zuführt, wird in der Umgebung definiert. Die Auswirkungen im System können in beiden Fällen gleich sein. (adiabatisch = Wärmeaustausch nicht möglich) Dem System wird Arbeit zugeführt (alle Elektronen bewegen sich in der gleichen Richtung). Ein Teil ihrer Bewegungsenergie wird auf die Atome des Drahts übertragen. Diese bewegen sich dann schneller aber ihre Bewegung ist ungeordnet. Diese Bewegungsenergie der Atome im Draht wird auf die Moleküle in der Flüssigkeit übertragen. Folge: Die Flüssigkeit wird erwärmt. System d๐ = 0 Flüssigkeit d๐ = ๐ โ ๐ผ โ d๐ก Der Heizplatte wird Arbeit zugeführt und diese erwärmt sich (๐ถ๐๐๐๐ก๐ก๐ =Wärmekapazität der Platte; โ๐๐๐๐๐ก๐ก๐ = Temperaturerhöhung der Platte). Über die wärmeleitfähige Wand wird Wärme aus der Platte der Flüssigkeit zugeführt (in der Wand und in der Heizplatte befinden sich die Teilchen in ungeordneter Bewegung). Folge: Die Flüssigkeit wird erwärmt (๐ถ๐น๐ü๐ ๐ = Wärmekapazität der Flüssigkeit, โ๐๐น๐ü๐ ๐ =Temperaturerhöhung der Flüssigkeit). (diatherman = Wärmeaustausch möglich) d๐ = ๐ โ ๐ผ โ d๐ก = ๐ถ๐๐๐๐ก๐ก๐ โ โ๐๐๐๐๐ก๐ก๐ = ๐ถ๐น๐ü๐ ๐ โ โ๐๐น๐ü๐ ๐ Wir betrachten im Folgenden geschlossene Systeme. Die wichtigste Arbeit, die bei chemischen Reaktionen immer auftritt, ist die Druck-Volumen - Arbeit. → d๐ = d๐ + d๐ = d๐ − ๐d๐ 1. Im System sei das Volumen konstant: ๐ผ๐ผ ๐ (nur Druck-Volumen-Arbeit) ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. → d๐ = 0 → (d๐)๐ฃ = d๐ → ∫๐ผ d๐ = ∫0 d๐ → ๐๐ผ๐ผ − ๐๐ผ = ๐ 45 d.h. die Änderung der Inneren Energie ist gleich der zugeführten Wärme, wenn ๐ = konstant. 2. Im System sei der Druck konstant: ๐ = konstant ๐ผ๐ผ → (d๐)๐ = d๐ − ๐d๐ → ๐ ๐ผ๐ผ ๏ฟฝ d๐ = ๏ฟฝ d๐ − ๐ ๏ฟฝ d๐ ๐ผ 0 ๐ผ ๐๐ผ๐ผ − ๐๐ผ = ๐ − ๐(๐๐ผ๐ผ − ๐๐ผ ) = ๐ − ๐๐๐ผ๐ผ + ๐๐๐ผ (๐๐ผ๐ผ Umordnen: ๏ฟฝ๏ฟฝ + ๐๐ + ๐๐ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๐ผ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ผ๐ผ ) − (๐ ๐ผ) = ๐ ๐ป๐ผ๐ผ ๐ป๐ผ ๐ป๐ผ๐ผ − ๐ป๐ผ = ๐ Wir nennen zur Abkürzung ๐ + ๐๐ = ๐ป die ‘Enthalpie’ oder ‘Wärmeinhalt’ des Systems, d.h. die Änderung der Enthalpie ist gleich der zugeführten Wärme, wenn ๐ = konst. ๐ฏ= Enthalpie = Summe der kinetischen und potentiellen Energie aller Moleküle im System und der Energie ๐๐ฝ Wenn ๐ = 0 (Vakuum), dann ist ๐ป = ๐ Für Änderungen bei konstantem Druck (das sind z.B. alle Vorgänge, die bei Atmosphärendruck ablaufen), muss nur die Änderung des Volumens beachtet werden: ๐ โ ๐. 46 7. Extensive und intensive Zustandsgrößen Zustandsvariable und Zustandsfunktionen beschreiben den Zustand eines Systems. Man unterscheidet zwei Typen von Zustandsgrößen. a) intensive: Unabhängig von der Masse des Systems. Beispiel: Druck ๐, Dichte ๐, Temperatur ๐ Symbole: kleine Buchstaben, Ausnahme: ๐ b) extensive: 1. setzen sich additiv aus den Zustandsgrößen der einzelnen Teilsysteme zusammen: ๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) = ๐1 + ๐2 2. vergrößert man alle Massen des Systems um den Faktor a, so vergrößern sich auch die Extensivgrößen um diesen Faktor: ๐๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) = ๐๐1 + ๐๐2 Symbole: große Buchstaben, Ausnahme: ๐ Bezieht man eine extensive Größe auf eine Mengeneinheit (mol) oder Massenheit (kg) so erhält man intensive Größen, d.h. alle molaren Größen und spezifische Größen sind Intensivgrößen. ๐ ๐ Symbole: ๐๐ = ๐ , ๐๐ = ๐ usw. (manchmal werden diese Größen auch durch Fettdruck oder durch Überstreichen kenntlich gemacht (๐ฝ oder ๐๏ฟฝ ). Dies ist nicht einheitlich in der Literatur. Für Größen, die auf die Masseneinheit oder Stoffmengeneinheit bezogen sind, werden im ๐ถ Allgemeinen kleine Buchstaben verwendet: ๐๐ = ๐๐ (Wärmekapazität pro g oder spezifische Wärmekapazität), ๐๐ = ๐ถ๐ Zustandsfunktionen: ๐ (molare Wärmekapazität). Man findet, dass ๐ = ๐(๐, ๐, ๐) Eine solche Gleichung nennt man eine Zustandsfunktion, da ihr Zahlenwert nur von den jeweiligen Werten der Größen ๐, ๐, ๐ abhängt und nicht vom Weg, auf welchem dieser Zustand erreicht wird. Das Volumen kann also geändert werden durch Änderung von ๐, ๐ und ๐. Einschub: Mathematisch beschreibt man das so: d๐ = totales Differential ๐๐ ๏ฟฝ๐๐๏ฟฝ ๐,๐ d๐ + ๐๐ ๏ฟฝ๐๐๏ฟฝ ๐,๐ d๐ + ๐๐ ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ ๐,๐ d๐ Größen, die jeweils beim Differenzieren konstant gehalten werden partielle Differentialquotienten 47 Das Symbol ๐๐ ๐๐ bedeutet das Volumen nach der Stoffmenge differenziert wird. Wir können d๐ dies auch als d๐ schreiben. Die Verwendung des Buchstabens (Operators) ๐ soll darauf aufmerksam machen, dass bestimmte Größen in der Gleichung konstant gehalten werden. Mathematisch bedeutet ๐ das gleiche wie d. Die Aussage, dass ๐ eine Zustandsfunktion ist, lässt sich mathematisch verschieden ausdrücken: 1) d๐ = totales Differential 2) d๐ = unabhängig vom Weg 3) ∫ d๐ = 0 Führt man Änderungen durch, die über verschiedene Zwischenzustände zum gleichen Anfangszustand zurücklaufen, so ist das Kreisintegral = 0. 4) ๏ฟฝ ๐๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐๐ ๏ฟฝ =๏ฟฝ ๐ ๐๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐๐ ๏ฟฝ Die Reihenfolge der Differentiationen ist vertauschbar (Schwartz’scher Satz). ๐ Beispiel: ๐(๐๐ฆ๐๐๐๐๐๐) = π๐ 2 โ โ d๐ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ dโ ๐๐ โ ๐โ ๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = π โ2 ๐ ๐๐ โ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = π๐ 2 ๐โ ๐ Eingesetzt: ๐๐ = 2πโ๐๐๐ + π๐ 2 dโ Ist d๐ ein totales Differential? Noch mal differenzieren: ๐๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ ๐๐ โ ๐โ ๐๏ฟฝ ๏ฟฝ = 2 π ๐, ๏ฟฝ ๐ vertauschbar. ๐๐ ๏ฟฝ ๐โ ๐ ๐๐ ๏ฟฝ =2π๐ ⇒ ja, Reihenfolge der Differentiationen ist โ 48 8. 8.1 Zusammenhang von ๐ผ und ๐ฏ mit den Wärmekapazitäten Allgemein Die Enthalpie ist folgendermaßen definiert Wir differenzieren und erhalten ๐ป =๐+๐๐ d๐ป = d๐ + d(๐ ๐) = d๐ + ๐ d๐ + ๐ d๐ Wir setzen d๐ = d๐ − ๐ d๐ ein und erhalten für d๐ป d๐ป = d๐ + ๐ d๐ Für Vorgänge bei konstantem Volumen verwenden wir den 1.Hauptsatz in der Form d๐ = d๐ − ๐ d๐ Für Vorgänge bei konstantem Druck verwenden wir den 1.Hauptsatz in der Form d๐ป = d๐ + ๐ d๐ Wir differenzieren diese Gleichungen nach der Temperatur und erhalten unter Berücksichtigung der Definition der Wärmekapazität (Kap.2.6.4.) ๐๐ d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๏ฟฝ ๏ฟฝ ≡ ๐ถ๐ = ๐๐๐ ๐๐ ๐ d๐ ๐ Die Änderung der Inneren Energie mit der Temperatur ist die Wärmekapazität bei konstantem Volumen. ๐๐ป d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๏ฟฝ ๏ฟฝ ≡ ๐ถ๐ = ๐๐๐ ๐๐ ๐ d๐ ๐ Die Änderung der Enthalpie mit der Temperatur ist die Wärmekapazität bei konstantem Druck. Die Temperaturabhängigkeit ๐ erhalten wir durch Integration: d๐ = ๐ถ๐ d๐ → a) ๐ถ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. ๐2 ๏ฟฝ ๐๐ = ๏ฟฝ ๐ถ๐ d๐ ๐1 → ๐2 − ๐1 = ๐ถ๐ (๐2 − ๐1 ) ๐ b) ๐ถ๐ = ๐ + ๐ ๐+. . . … → ๐2 − ๐1 = ∫๐ 2(๐ + ๐ ๐) d๐ 1 ๐2 ๐1 49 1 = ๐ (๐2 − ๐1 ) + 2 ๐ (๐22 − ๐12 ) Die Temperaturabhängigkeit ๐ป erhalten wir durch Integration: a) ๐ถ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. ๐ป ๐ → ∫๐ป 2 d๐ป = ∫๐ ๐ถ๐ d๐ d๐ป = ๐ถ๐ d๐ 1 → ๐ป2 − ๐ป1 = ๐ถ๐ (๐2 − ๐1 ) 1 ๐ b) ๐ถ๐ = ๐′ + ๐ ′ ๐+. . . → ๐ป2 − ๐ป1 = ∫๐ 2(๐′ + ๐ ′ ๐) d๐ 1 1 = ๐′ (๐2 − ๐1 ) + 2 ๐′(๐22 − ๐12 ) 8.2 Die innere Energie und Wärmekapazität von Gasen 8.2.1 Die Bewegung eines Moleküls Ein Molekül hat verschiedene Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade, ๐น) • Es kann eine fortschreitende Bewegung (Translation) durchführen. Eine beliebige Translation kann man in die Bewegung in drei Raumrichtungen (x, y, z) zerlegen, die unabhängig voneinander sind. Die Translation hat also immer 3 Freiheitsgrade. ๐น๐ก๐๐๐๐ = 3 • Es kann eine Drehbewegung durchführen (Rotation). Eine beliebige Rotation kann man (analog wie bei der Translation) in die Rotation um drei Hauptachsen zerlegen, die durch den Schwerpunkt des Moleküls gehen und die unabhängig voneinander sind. Die Rotation eines beliebigen mehratomigen Moleküls hat 3 Freiheitsgrade. Mehratomig gewinkelt, Beispiel H 2 O : Mehratomig gestreckt und zweiatomig Bsp. 0= C= 0, N ≡ N : Einatomig: ๐น๐๐๐ก = 3 ๐น๐๐๐ก = 2 ๐น๐๐๐ก = 0 • Es kann Schwingungen durchführen, d.h. die Atome des Moleküls bewegen sich gegeneinander, wobei der Schwerpunkt sich nicht bewegt. In zweiatomigen Molekülen bewegen sich beide Atome in Richtung der Bindung aufeinander zu und voneinander weg (eindimensionale Oszillation). Bei mehratomigen Molekülen bewegen sich bei einer Schwingung immer alle Atome, so dass es schwierig ist, sich diese Bewegung zu veranschaulichen. Es gibt jedoch eine einfache Möglichkeit, die Zahl der Schwingungsfreiheitsgrade abzuschätzen: Beim Aufbau eines Moleküls aus den Atomen bleibt die Zahl der Freiheitsgrade insgesamt erhalten. Ein Atom hat immer 3 Freiheitsgrade 50 (die der Translation), d.h. ein Molekül mit N Atomen hat dann insgesamt ๐น(๐๐๐ ๐๐๐ก) = 3๐ Freiheitsgrade. Die Zahl der Schwingungsfreiheitsgrade (Oszillationen) ist daher ๐น๐๐ ๐ง = 3๐ − ๐น๐ก๐๐๐๐ − ๐น๐๐๐ก Beispiel: zweiatomiges Molekül ๐ = 2 ๐น๐ก๐๐๐๐ = 3, ๐น๐๐๐ก = 2 ๐น๐๐ ๐ง = 3 โ 2 − 3 − 2 = 1 mehratomiges, gewinkeltes Molekül (Beispiel: C2 H5 OH, N = 9, ๐น๐ก๐๐๐๐ = 3, ๐น๐๐๐ก = 3) ๐น๐๐ ๐ง = 3 โ 9 − 3 − 3 = 21 Anschauliche Beschreibung: Rotation von zweiatomigen Molekülen ( N 2 , O 2 usw.) Die Rotation um die Bindungsachse geht nicht, weil sie nicht angeregt werden kann (Trägheitsmoment zu klein) Trägheitmoment ๐ฝ = ∑ ๐๐ ๐๐2 Schwingungen Wir betrachten eine Schwingung Beispiel zweiatomiges Molekül, O 2 Schwingungen und Rotationen in einem 3-atomigen gewinkelten Molekül, Bsp. H 2 O 51 8.2.2 Die Energie eines Moleküls Bei der Behandlung des idealen Gas hatten wir gefunden, dass die Atome nur kinetische Energie besitzen und dass für die Energie pro Freiheitsgrad gilt 1 1 ๐ = 2 ๐๐ต ๐ oder für 1 mol Teilchen ๐ธ = 2 ๐ ๐ Auf Grund der vielen Stöße zwischen den Teilchen verteilt sich die Energie im Mittel gleichmäßig auf alle Freiheitsgrade („Gleichverteilungssatz“). Damit können wir für die Translation und die Rotation die Energie leicht berechnen. Für die Schwingung muss man sich noch überlegen, dass in einer Schwingung sowohl kinetische als auch potentielle Energie gespeichert ist. Dies ist hier gezeigt: ๐น๐ฅ = −๐ท๐ฅ d๐๐๐๐ก ๐น๐ฅ = − = −๐ท๐ฅ d๐ฅ 1 ๐๐๐๐ก = ๐ท(๐ฅ − ๐ฅ0 )2 2 1 ๐ฬ ๐๐๐ก = ๐๐ต ๐ 2 1 ๐๐๐๐ = ๐๐ฃ 2 2 1 ๐ฬ ๐๐๐ = ๐๐ต ๐ 2 ๐ฬ ๐๐๐ + ๐ฬ ๐๐๐ก = ๐ฬ = ๐๐๐๐ ๐ก = ๐๐ต ๐ Eine Schwingung kann also Energie in Form potentieller und kinetischer Energie aufnehmen, d.h. für die Berechnung der Energie müssen die Freiheitsgrade der Schwingung doppelt gezählt werden. Wir erhalten also für den Faktor ๐น zur Berechnung der Energie ๐น = ๐น๐ก๐๐๐๐ + ๐น๐๐๐ก + 2๐น๐๐ ๐ง . Die Energie eines Moleküls ist also: 1 ๐ฬ = ๐น ๐๐ต ๐ 2 Für 1 mol Teilchen gilt entsprechend 1 ๐ธ = ๐น ๐ ๐ 2 52 Die thermische Energie ๐ธ๏ฟฝ ist die Innere Energie des Gases, d.h. ๐ธ๏ฟฝ = ๐ − ๐0 , wobei ๐0 die Innere Energie am absoluten Nullpunkt ist, Beispiel: 1 ๐ธ = ๐ − ๐0 = ๐น ๐ ๐ 2 einatomiges Gas, z.B. He (F = 3) 3 ๐ − ๐0 = ๐ธ๏ฟฝ = ๐ ๐ 2 zweiatomiges Gas, z.B. N 2 ( F = 7 ) 7 ๐ − ๐0 = ๐ธ๏ฟฝ = ๐ ๐ 2 8.2.3 Die Enthalpie und Wärmekapazität des Gases Die Enthalpie ist wie folgt definiert: ๐ป = ๐ + ๐๐ Wir subtrahieren ๐0 auf beiden Seiten und betrachten 1 mol eines idealen Gases ๐ป − ๐0 = ๐ − ๐0 + ๐๐๐ Mit ๐๐๐ = ๐ ๐ erhalten wir ๐ป − ๐0 = ๐ − ๐0 + ๐ ๐ = ๐ธ๏ฟฝ + ๐ ๐ Für ein einatomiges Gas, z.B. He (F = 3) ergibt sich: 1 ๐ป − ๐0 = ๐ธ๏ฟฝ + ๐ ๐ = 2 ๐น ๐ ๐ + ๐ ๐ Setzen wir das Ergebnis für F für die verschiedenen Moleküle ein, ergibt sich 5 einatomig: ๐ป − ๐0 = 2 ๐ ๐ 9 zweiatomig: ๐ป − ๐0 = 2 ๐ ๐ usw. Für die molaren Wärmekapazitäten erhalten wir: d๐ 1 ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐๐ฃ , ๐ = ๐0 + ๐น ๐ ๐ d๐ ๐ฃ 2 d๐ d๐0 1 d๐ ๏ฟฝ +๐น ๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ =๏ฟฝ d๐ ๐ฃ d๐ ๐ฃ 2 d๐ 3 1 ๐๐ฃ = 0 + ๐น ๐ 2 5 einatomig: ๐๐ฃ = 2 ๐ , zweiatomig: ๐๐ฃ = 2 ๐ 53 d๐ป 1 ๏ฟฝ = ๐๐ , ๐ป = ๐0 + ๐น ๐ ๐ + ๐ ๐ d๐ ๐ 2 d๐ป d๐0 1 d๐ d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ =๏ฟฝ ๏ฟฝ +๐น ๐ +๐ d๐ ๐ d๐ ๐ 2 d๐ d๐ 1 = 0+๐น ๐ +๐ 2 = ๐๐ฃ + ๐ ๏ฟฝ 5 7 einatomig: ๐๐ = 2 ๐ , zweiatomig: ๐๐ = 2 ๐ usw. Es gilt für alle idealen Gase: ๐๐ผ ๐๐ป cp - c v = R ๐ = ๐๐ = ๐น ๐ ๐๐ฏ ๐๐ป ๐ = ๐๐ = ๐น ๐ 54 8.2.4 Energie, Enthalpie und Wärmekapazitäten von Festkörpern In Festkörpern führen Atome keine Translation- und Rotationsbewegungen durch, d.h. es gibt nur Schwingungen in die drei Raumrichtungen (๐น๐ก๐๐๐๐ = 0, ๐น๐๐๐ก = 0, ๐น๐๐ ๐ง = 3). Wir erhalten dann für die Energie eines Festkörpers mit 1 mol Atomen: 1 1 1 ๐ − ๐0 = ๐น ๐ ๐ = 2๐น๐๐ ๐ง โ ๐ ๐ = 2 โ 3 ๐ ๐ = 3๐ ๐ 2 2 2 Für die Wärmekapazität ergibt sich: d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐๐ฃ = 3๐ d๐ ๐ฃ Für Festkörper (und Flüssigkeiten) gilt: ๐ ≈ ๐ป, da das Produkt ๐๐๐ sehr klein ist. ๐๐ (๐บ๐๐ ) ≈ 22,4 L mol−1 , ๐๐ (๐น๐๐ ๐ก๐ö๐๐๐๐) ≈ 20 cm3 mol−1 Daher gilt: ๐๐ ≈ ๐๐ฃ = 3๐ = 3 โ 8,314 Jmol−1 K −1 = 25 Jmol−1 K −1 Dieser Wert wurde zuerst experimentell für viele Festkörper gefunden. Diese Beobachtung heißt in der Literatur „Dulong-Petit’sche Regel. 8.3 Adiabatische Expansion eines idealen Gases e beweglicher Stempel (adiabatisch) adiabatische Wand Das Gas expandiert und leistet Arbeit. Dabei ist das Gas gegen die Umgebung wärmeisoliert, d.h. es gibt keinen Wärmeaustausch mit der Umgebung. a) Wie groß ist die Arbeit? b) Wie lautet die Zustandsgleichung? Gas (p0, V0) ๐0 , ๐0 sind Druck und Temperatur vor Beginn der Expansion 55 Thermodynamische Beschreibung: ๐๐ ๐๐ d๐ = ๏ฟฝ๏ฟฝ d ๐๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ + d๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ = ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ (๐๐๐๐๐๐ข๐๐) da adiabatisch 1 d ๐ = 0, 2 d ๐ = −๐ d ๐ ๐๐ 3 ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ = 0 ๐๐ ๐๐ฆ๐ ๐ก๐๐ (=๐บ๐๐ ) ๐ nur Druck - Volumen - Arbeit. da ideales Gas 4 ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ = ๐๐๐ ๐ Man erhält damit: d ๐ = d ๐ = − ๐ d ๐ = ๐ ๐๐ d ๐ a) Volumenarbeit: ๐2 ๐ ๏ฟฝ d๐ = ๏ฟฝ ๐ ๐๐ d๐ 0 ๐1 ๐ = ๐ ๐๐ (๐2 − ๐1 ) b) Zustandsgleichung: wenn ๐๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. ideales Gasgesetz einsetzen ๐๐ ๐ ๐= ๐ d ๐ = − ๐ d ๐ = ๐ ๐๐ d ๐ −๐๐ ๐ ๐ −๐ ๏ฟฝ ๐0 d๐ ๐ = ๐๐๐ d๐ , Variablentrennung ๐ d๐ d๐ = ๐๐ ๏ฟฝ ๐ ๐ ๐0 ๐ ๐ ๐ ๐0 ๐ −๐ ln = ๐๐ ln → ln = ln ๐0 ๐0 ๐๐ ๐ ๐0 ๐ ๐0 ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐ = ๐ ๐0 ๐0 ๐ −1 ๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐ ๐0 ๐๐ ๐ −1 = ๐0 ๐0๐ −1 = ๐๐๐๐ ๐ก. Wir setzen ein: → ๐๐ mit ๐ = ๐ ๐ ๐ = ๐๐ − ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ = ๐๐ −๐๐ ๐๐ ๐๐ =๐ −1 ๐ =๐ −1 56 Wir setzen die ideale Gasgleichung ein ๐ = ๐ ๐ ๐ −1 ๐ = ๐0 ๐0๐ −1 ๐๐ ๐๐ ๐๐ und erhalten oder ๐ ๐ ๐ = ๐0 ๐0๐ −1 ๐ ๐ = ๐0 ๐0๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. Diesen beiden Gleichungen nennt man ‘Poisson’-Gleichung oder Adiabaten-Gleichung. 8.4 Verflüssigung und Expansion eines realen Gases (Joule-ThomsonEffekt) Bei Druck auf den Kolben links wird das Gas bei konstantem Druck ๐2 durch die Fritte hindurchgedrückt, der gesamte Druckabfall erfolgt in der Fritte. Auf der rechten Seite expandiert das Gas bei konstantem Druck ๐1 und schiebt dabei den Kolben rechts zurück. 57 Thermodynamische Beschreibung: Wechselwirkung mit Umgebung links rechts d ๐2 = d ๐2 − ๐2 d ๐2 d ๐1 = d ๐ − ๐1 d ๐1 ๐ธ๐๐๐ ๐ธ๐๐๐ ๐ด๐๐๐๐๐ ๐ด๐๐๐๐๐ ๏ฟฝ d ๐2 + ๐2 ๐2 ๏ฟฝ d ๐2 = ๏ฟฝ d ๐2 0 (๐ด) + ๐2 (๐ (๐ธ) (๐ด)) ๐2 (๐ธ) − ๐๏ฟฝ2๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ − ๐2๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ = ๐2 2๏ฟฝ๏ฟฝ + ๐2 Δ๐2 = ๐2 Δ๐2 ๐ธ๐๐๐ ๐ธ๐๐๐ ๐ด๐๐๐๐๐ ๐ด๐๐๐๐๐ ๏ฟฝ d ๐1 + ๐1 ๐1 ๏ฟฝ d ๐1 = ๏ฟฝ d ๐1 0 (๐ด) + ๐1 (๐ (๐ธ) (๐ด)) ๐1 (๐ธ) − ๐๏ฟฝ1๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ − ๐๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ = ๐1 1๏ฟฝ 1๏ฟฝ + ๐1 Δ๐1 = ๐1 Δ๐1 Wenn das System adiabatisch ist, gilt ๐2 = ๐1 = 0 oder Δ๐2 + ๐2 Δ๐2 = Δ๐1 + ๐1 Δ๐1 Δ๐ป2 = Δ๐ป1 → die Enthalpie des Gases ändert sich bei der Expansion nicht Was passiert im Gas? ๐๐ป ๐๐ป d๐ป = ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ ๐ ๐ → aus der Betrachtung der WW mit Umgebung ergab sich: Auflösen der Gleichung: d๐ป = 0 Umrechnung auf molare Größen ๐๐ป ๐๐ป ๐๐ป ๐๐ป โ ๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐ ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ =− =− =− =− ๐๐ป ๐๐ ๐ป ๐๐ ๐ โ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐๐ ๐ป ๐๏ฟฝ Wir benutzen die folgende Beziehung: ๏ฟฝ ๐๐ป ๐๐ ๏ฟฝ = ๐ −๐๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๏ฟฝ −๐ ๐๐ ๐ = ′๐ฝ๐๐ข๐๐ − ๐โ๐๐๐ ๐๐ − ๐พ๐๐๐๐๐๐ง๐๐๐๐ก′ ๐๐ 58 Man erhält für ๐2 ๐๐ ๏ฟฝ๐๐๏ฟฝ = 0.142 ๐พ bar −1 wobei ๐ป dieser Wert natürlich von ๐ und ๐ abhängt. In der Abbildung sind Isenthalpen aufgetragen. Die Punkte geben das jeweilige Maximum dieser Kurven, d.h. die Inversionstemperatur an. Im schraffierten Bereich nimmt mit abnehmendem Druck (Entspannung) die Temperatur ab (Abkühlung). Nur in diesem Bereich lässt sich das Gas mit dem Joule-Thomson Effekt verflüssigen. Der Koeffizient ist temperaturabhängig und druckabhängig. ๐๐ Die Temperatur, bei der ๏ฟฝ๐๐๏ฟฝ = 0 nennt man die Inversionstemperatur. Will man ein Gas ๐ป durch diesen Effekt abkühlen (und schließlich verflüssigen) muss Druck und Temperatur des Gases unter der Inversionstemperatur ๐๐ liegen, oberhalb dieser Temperatur erwärmt sich das Gas bei der Expansion. 59 9. Enthalpieänderung 9.1 Phasenumwandlungen Wir betrachten folgendes System. Es besteht aus einer flüssigen Phase und ihrer Dampf-(Gas)phase. Die Flüssigkeit ist im Gleichgewicht mit ihrer Gasphase. Dabei stellt sich ein konstanter Druck über der Flüssigkeit ein, den man den Dampfdruck nennt. Dieser ist unabhängig von den Volumina der beiden Phasen und hängt nur von der Temperatur ab, d.h. der Dampfdruck über 1 mL Wasser im Reagenzglas ist gleich groß wie über einer Wasserpfütze und über dem Bodensee. Hat man über der Flüssigkeit ein zweites Gas (wie z.B. Luft), so ist der Partialdruck des Wassers im Gas gleich seinem Dampfdruck. (Hinweis: Wenn man das genauer berechnet, findet man, dass der Dampfdruck leicht erhöht ist. Dies spielt bei Drucken bis 1 bar aber keine signifikante Rolle.) Ist der Partialdruck in der Luft kleiner als der Dampfdruck, so verdampft die Flüssigkeit vollständig, ist er größer so kondensiert das Gas vollständig. d๐ป = ๏ฟฝ ๐๐ป ๏ฟฝ ๐๐ ๐,๐ ๐ ,๐๐๐ ๐๐ป ๐๐ป d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๐,๐๐,๐๐๐ ๐๐๐ ๐,๐,๐๐๐ d๐๐ + ๏ฟฝ ๐๐ป ๏ฟฝ ๐๐๐๐ Voraussetzungen: 1. d๐ = 0 2. d๐ = 0 3. kein Stoffaustausch mit Umgebung: ๐๐ + ๐๐๐ = ๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) = ๐๐๐๐ ๐ก. ( ∧ Massenerhaltung) → d๐๐ + d๐๐๐ = 0 → d๐๐ = −d๐๐๐ ๐,๐,๐๐ d๐๐๐ Zur Abkürzung nennt man 60 ๐๐ป ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐ป๐ =′ ๐๐๐๐ก๐๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐๐ ๐ธ๐๐กโ๐๐๐๐๐′ ๐๐๐ ๐,๐ Für reine Stoffe (wie bei dem hier betrachteten System) gilt: ๐๐ป ๐ป ๏ฟฝ ๏ฟฝ = = ๐ป๐ =′ ๐๐๐๐๐๐ ๐ธ๐๐กโ๐๐๐๐๐′ ๐๐๐ ๐,๐ ๐๐ ๐ป๐ = molare Enthalpie des Gases ๐ป๐๐ = molare Enthalpie der Flüssigkeit ๐ป๐ = molare Enthalpie des festen Stoffes Werde die Größen eingesetzt, so erhält man d๐ป = ๏ฟฝ๐ป๐ − ๐ป๐๐ ๏ฟฝd๐๐, ๐ป๐ − ๐ป๐๐ = Änderung der Enthalpie, wenn bei ๐, ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. 1 mol Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand übergeht. Soll nun berechnet werden, wie viel Energie zugeführt werden muss, wenn z.B. 1 kg Wasser verdampft, wird die Gleichung um die Wechselwirkung mit der Umgebung ergänzt, d.h. d๐ป = โ๐ฃ๐๐ ๐ปd๐๐ = d๐ + d๐ Es kann nun entweder Wärme (Herdplatte) oder Arbeit zugeführt werden (Tauchsieder). Wir betrachten ein adiabatisches (d๐ = 0) und isobares System (d๐ = 0). ๐ Mit der elektrischen Arbeit d๐ = ๐๐ผd๐ก und ๐ = ๐ ergibt sich dann โ๐ฃ๐๐ ๐ปd๐๐ = โ๐ฃ๐๐ ๐ป Definitionen (Vorzeichen ist immer positiv): d๐(๐ป2 ๐) = ๐๐ผd๐ก ๐(๐ป2 ๐) ๐ป๐ − ๐ป๐๐ ≡ โ๐ฃ๐๐ ๐ป ‘Verdampfungsenthalpie’ ๐ป๐ − ๐ป๐ ≡ โ๐ ๐ข๐ ๐ป ‘Sublimationsenthalpie’ ๐ป๐๐ − ๐ป๐ ≡ โ๐ ๐โ ๐ป ‘Schmelzenthalpie’ Beispiel: Schematischer Verlauf der Enthalpie von Wasser bei ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. = 1๐๐๐ 61 Allgemein: d๐ป d๐ก = ๐๐ โ๐ ๐โ ๐ป = 6 kJmol−1 โ๐ฃ๐๐ ๐ป = 40,7 kJmol−1 โ๐ ๐ข๐ ๐ป = 46,7 kJmol−1 ๐๐ (๐) = 37,8 Jmol−1 K −1 ๐๐ (๐๐) = 75,3 Jmol−1 K −1 ๐๐ (๐) = 33,6 Jmol−1 K −1 9.2 Chemische Reaktionen Wir betrachten eine chemische Reaktion, die in einer Phase abläuft. Reaktion: ๐๐ ๐ ๐๐ด ๐ด + ๐๐ต ๐ต โ ๐๐ถ ๐ถ + ๐๐ท ๐ทνA = = stöchiometrische Koeffizienten positiv für Produkte negativ für Edukte Index für Stoff Die Enthalpie hängt jetzt von den Molzahlen aller vorhandenen Stoffe ab: ๐ป = ๐(๐, ๐, ๐๐ ) ๐๐ป ๐๐ป ๐๐ป = ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๐,๐ ๐๐ ๐,๐๐ ๐ ๐๐ป ๐๐ป ๐๐ป ๐๐ป ๏ฟฝ ๐๐๐ด + ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐๐ต + ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐๐ถ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ +๏ฟฝ ๐๐๐ต ๐,๐,๐ ≠๐ต ๐๐๐ถ ๐,๐,๐ ≠๐ถ ๐๐๐ท ๐,๐,๐ ≠๐ท ๐ท ๐๐๐ด ๐,๐,๐ ≠๐ด ๐ ๐ ๐ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ ๐พ๐ข๐๐ง๐ ๐โ๐๐๐๐๐ค๐๐๐ ๐: ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ ๐๐ป ๏ฟฝ ๐๐๐ ๐,๐,๐ ๐ ≠๐ ๐๐๐ Die Änderungen der Stoffmengen beim Ablauf einer chemischen Reaktion sind nicht unabhängig voneinander, sondern durch die stöchiometrische Gleichung miteinander verknüpft. Beispiel: CH4 + 2O2 → CO2 + 2H2 O 62 Werden nun 0,01 mol CH4 (d.h. d๐CH4 = −0,01 ๐๐๐) verbrannt, so gilt notwendigerweise d๐O2 = −2 โ 0,01 mol, d๐CO2 = 1 โ 0,01 mol, d๐H2 O = 2 โ 0,01 mol Wir beschreiben dies durch die Verwendung der "Reaktionsvariable" (siehe Kap. 2.6.5) Man erhält dann für die Summe: ๐๐ป ๐๐ป ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐๐ = ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐๐ ๐,๐,๐ ≠๐ ๐๐๐ ๐,๐,๐ ๐ ๐๐ป ๐ ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ ๐ ๐ ≠๐ ๐,๐,๐๐ ≠๐ d๐ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐ป๐ d๐ ๐ ≡ ๐ป๐ = die molare Enthalpie bzw. die partielle molare Enthalpie des Stoffes ๐ ๐๐ ∑๐ ๐๐ ๐ฏ๐ = ๐ซ๐ซ ๐ = ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๐ฉ,๐ Die Größe wird die ‘Reaktionsenthalpie’(Einheit: Jmol−1 ) genannt. Statt die Stoffe als Indizes zu schreiben, setzen wir sie in Klammern hinter das Symbol H und wir erhalten für die Reaktionsenthalpie: โ๐ ๐ป = ๏ฟฝ ๐๐ ๐ป๐ = ๏ฟฝ๏ฟฝ 2H(H O) + 1H(CO ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ 2๏ฟฝ 2 ) − 2H(O 2 ) − 1H(CH4 ) ๐๐๐๐๐ข๐๐ก๐ ๐ ๐ธ๐๐ข๐๐ก๐ Zur Interpretation der Größe โ๐ ๐ป betrachten wir die Wechselwirkung des Systems mit der Umgebung. Da der Druck konstant ist, verwenden wir den 1. Hauptsatz in der Form d๐ป = d๐ + ๐ d๐ und erhalten: ๐๐ป ๐๐ป ๐๐ป d๐ป = ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ = d๐๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ + ๐d๐ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ ๐,๐ ๐๐ ๐,๐ ๐๐ ๐,๐ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐๐ก ๐๐๐๐๐๐ข๐๐ ๐๐ฆ๐ ๐ก๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐โ๐๐๐ก๐๐ Wir halten Druck und Temperatur konstant, d.h. d๐ = 0 und d๐ = 0. ๐๐ป Daraus folgt d๐ = ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ Daraus ergibt sich: ๐,๐ d๐ = โ๐ ๐ปd๐ Die Reaktionsenthalpie โ๐ ๐ฏ ist die Wärmemenge, die beim Ablauf der chemischen Reaktion frei wird (genauer formuliert: wenn 1 mol chemische Umsetzungen der Art, wie sie in der stöchiometrischen Gleichung beschrieben sind, stattgefunden haben). Um die 63 Temperatur konstant zu halten, muss die Reaktionsenthalpie abgeführt werden (oder zugeführt werden, wenn die Wärme verbraucht wird). Def.: Wenn Wärme abgegeben wird bei der chemischen Reaktion (โ๐ ๐ฏ < 0), wird die Reaktion exotherm genannt, wenn Wärme aufgenommen wird (โ๐ ๐ฏ > 0), endotherm. 9.2.1 Die Reaktionsenthalpie als Zustandsfunktion: Der Heß’sche Satz ๐ und ๐ป sind Zustandsfunktionen, ebenso โ๐ ๐ und โ๐ ๐ป. Das bedeutet, dass ihr Wert nur vom Anfangs- und Endzustand abhängt, (d.h. Angabe von ๐, ๐ und den Stoffmengen ๐๐ ) nicht vom Weg. Für chemische Reaktionen, die über Zwischenstufen verlaufen, setzt sich die Reaktionsenthalpie dann additiv aus den โ๐ ๐ป′๐ der einzelnen Schritte zusammen. Beispiel: Wir betrachten folgende Reaktionen: C + O2 โ๐ ๐ป1 1 CO + O2 2 โ๐ ๐ป3 โ๐ ๐ป2 CO2 Die Enthalpieänderung auf dem Weg I → II→ III muss gleich sein der Enthalpieänderung auf dem Weg I → III I → III I → II II → III C๐๐๐ ๐ก + O2 ๐๐๐ → CO2 ๐๐๐ 1 C๐๐๐ ๐ก + 2 O2 ๐๐๐ → CO๐๐๐ 1 โ๐ ๐ป3 = −393,7 kJ/mol CO๐๐๐ + 2 O2 ๐๐๐ → CO2 ๐๐๐ โ๐ ๐ป2 = −283,1 kJ/mol โ๐ ๐ป1 ist nicht messbar, da CO sofort weiter reagiert. Es kann aber berechnet werden: 64 โ๐ ๐ป1 = โ๐ ๐ป3 − โ๐ ๐ป3 − โ๐ ๐ป2 = −110,6 kJ/mol Man bezeichnet diesen Befund als den “Heß’schen Satz”. Er beschreibt die Anwendung des 1. Hauptsatzes auf die Energieumsätze bei chemischen Reaktionen und er wurde vor der Formulierung des 1. Hauptsatzes gefunden. Die Innere Energie (und die Enthalpie) eines Stoffes kann nicht absolut bestimmt werden, sondern man misst immer nur Änderungen. Daher kann (willkürlich) nur ein Nullpunkt gewählt und alle Enthalpien relativ zu diesem Nullpunkt angegeben werden (analog werden Höhen auf der Erdoberfläche relativ zur Meereshöhe angegeben ( = NN)). 9.2.2 Bildungsenthalpien (โ๐ฉ ๐ฏ) Es ist nicht notwendig, für alle möglichen chemischen Reaktionen โ๐ ๐ป zu messen. Auf Grund des 1. Hauptsatzes (bzw. des Heß’schen Satzes) kann โ๐ ๐ป einer Reaktion berechnet werden, wenn die jeweilige Reaktion durch eine Folge anderer Reaktionen ersetzen werden kann. Bei einer chemischen Reaktion sind alle Elemente, die in den Edukten enthalten sind, auch in den Produkten enthalten. Wir betrachten eine Reaktion, die von den Elementen zu den Edukten führt (Bildungsenthalpie der Edukte) und dann eine Reaktion, die von den Elementen zu den Produkten (Bildungsenthalpie der Produkte) führt. Nach dem 1.Hauptsatz muss dann die Differenz der Energieumsätze auf beiden Wegen die Reaktionsenthalpie der Reaktionen sein. Beispiele: 1) 6 C + 6 H 2 + 9 O2 → C6 H12 O6 + 6 O 2 2) C6 H12 O6 + 6 O 2 → 6 CO 2 + 6 H 2 O 3) C + O2 → CO 2 4) 1 H 2 + O2 2 → H 2O โ๐ต ๐ป (๐บ๐๐ข๐๐๐ ๐) โ๐ ๐ป โ๐ต ๐ป (CO2 ) โ๐ต ๐ป (H2 O) Werden die Reaktionen 1) und 2) nacheinander durchgeführt und werden dann sechsmal die Reaktionen 3) und 4) durchgeführt, entstehen beide Male aus den gleichen Edukten die gleichen Produkte. Nach dem 1. Hauptsatz bzw. dem Heß’schen Satz sind die Energieumsätze auf beiden Wegen gleich. Daraus ergibt sich sofort: โ๐ต ๐ป (Glu) + 6 โ๐ต ๐ป (O2) + โ๐ ๐ป = 6 โ๐ต ๐ป (CO2) + 6 โ๐ต ๐ป (H2O) โ๐ ๐ป = 6 โ๐ต ๐ป (CO2) + 6 โ๐ต ๐ป(H2O) - โ๐ต ๐ป (Glu) - 6 โ๐ต ๐ป (O2) ๏ฑ๏ด๏ด๏ด๏ด๏ด๏ฒ๏ด๏ด๏ด๏ด๏ณ ๏ฑ๏ด๏ด๏ด๏ฒ๏ด๏ด๏ด๏ด๏ณ H (Produkte) H (Edukte) 65 Anschaulich ist dies in dem Enthalpieschema gezeigt: Def.: Die Bildung einer Verbindung aus den Elementen wird die ‘Bildungsreaktion’ genannt. Die dazugehörende Reaktionsenthalpie ist die ‘Bildungsenthalpie’ (‘enthalpy of formation’). Index: B oder f (engl.). Die Reaktionsenthalpie einer beliebigen chemischen Reaktion lässt sich aus der Differenz der Bildungsenthalpien von Produkten und Edukten berechnen. Es werden nun die Bildungsenthalpien aller chemischen Verbindungen tabelliert. Dabei muss beachtet werden, dass die Zahlenwerte von den Zuständen der Stoffe, die beteiligt sind, abhängen (z.B. ob flüssiges oder gasförmiges Wasser, oder ob eine Verbindung in reiner oder gelöster Form entsteht). Man verwendet daher „Standardzustände“, die folgendermaßen festgelegt sind: Standardzustände 1. 2. 3. 4. Der Standardzustand einer gasförmigen Substanz bei beliebiger Temperatur ist der eines reinen idealen Gases bei ๐ = 1๐๐๐ (Index: g (gasförmig). Der Standardzustand einer flüssigen Substanz bei beliebiger Temperatur ist der einer reinen Flüssigkeit bei ๐ = 1๐๐๐ (Index: l (liquid) oder fl (flüssig)). Der Standardzustand einer festen Substanz bei beliebiger Temperatur ist der einer reinen festen Substanz bei ๐ = 1๐๐๐ (Index: s (solid) oder f (fest)). Der Standardzustand einer Substanz in einer Lösung bei beliebiger Temperatur ist der einer idealen Lösung mit der Standardkonzentration (๐ = 1 mol kg −1 ) bei ๐ = 1๐๐๐ (Index: aq)). 66 Anmerkungen: Bei der Festlegung des Druckes hat man früher (vor 1982) die Festlegung ๐ = 1 ๐๐ก๐ = 1,01325 ๐๐๐ getroffen. Heute wird ๐ = 1๐๐๐ verwendet. Zahlenmäßig kann man diesen Unterschied vernachlässigen. Größen, die sich auf die Standardzustände beziehen, werden durch den ๐ผ๐๐๐๐ฅ ๐ gekennzeichnet, z.B. โ๐ป ๐ . Da โ๐ป ๐ auch von der Temperatur abhängt, wählt man als Temperatur für die Tabellierung der Daten T = 298 K. Nomenklatur: ๐ โ๐ป298 oder โ๐ป ๐ (298) In der statistischen Thermodynamik wird als Standardzustand der der isolierten Atome in unendlicher Entfernung verwendet. Def.: Die Bildungsenthalpie aller Elemente in ihrem stabilsten Zustand (= Standardzustand) ist Null. Die Wahl des Standardzustandes der Elemente spielt keine Rolle bei der Berechnung der Reaktionsenthalpien, da für die Bildung der Edukte und die der Produkte der gleiche Standardzustand verwendet wird und dieser bei der Differenzbildung heraus fällt. Def.: Unter der Enthalpie einer Verbindung versteht man die Bildungsenthalpie dieser Verbindung, wobei die Enthalpien der Elemente im Standardzustand und unter Standardbedingungen willkürlich auf Null gesetzt sind. Beispiel: 1 H2 (๐) + 2 O2 (๐) → H2 O(๐๐) Enthalpie des Wassers ≡ Bildungsenthalpie des Wassers = Reaktionsenthalpie der Bildung von Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff: 1 โ๐ ๐ป ๐ (H2O) = โ๐ต ๐ป ๐ (H2O) – โ๐ต ๐ป ๐ (H2) – 2 โ๐ต ๐ป ๐ (O2) = โ๐ต ๐ป ๐ (H2O) Allgemein: โ๐ ๐ป ๐ = ∑๐ ๐๐ ๐ป๐๐ = ∑๐ ๐๐ Δ๐ต ๐ป๐๐ 67 Beispiel: C6H12O6 (f)+ 6 O2 (g) → 6 CO2 (g) + 6 H2O (fl) โ๐ ๐ป ๐ = 6 โ๐ต ๐ป ๐ (CO2 ) + 6 โ๐ต ๐ป ๐ (H2 O) − 6โ๐ต ๐ป ๐ (O2 ) − โ๐ต ๐ป ๐ (๐บ๐๐ข) = 6(−393,51) kJmol−1 + 6 โ (−285,83) kJmol−1 − 6(0) − (−1274)kJmol−1 = −2802,04 kJ mol−1 Verwendet man die Tabellenwerte der Bildungsenthalpien, die bei 298 K aufgelistet sind, erhält man die Reaktionsenthalpie natürlich auch bei 298 K. Diese Reaktionsenthalpien können dann auf beliebige andere Temperaturen und Drücke umgerechnet werden. 9.2.3 Häufig benutzte Enthalpien: 1. 2. 3. 4. Bildungsenthalpien Verbrennungsenthalpien Phasenumwandlungsenthalpien Dissoziationsenthalpien von Bindungen: (A–B (g) → A (g) + B (g)) Bindungsdissoziationsenthalpie โ๐ต๐ท ๐ป (๐ด − ๐ต)/kJmol−1 bei 298 K H–H 436 H–Cl 431 H–O 428 H–OH 492 H–CH3 435 H3C–CH3 368 5. Mittlere Dissoziationsenthalpie von Bindungen aus verschiedenen Verbindungen (Mittelwert): Mittlere Bindungdissoziationsenthalpien โ๐ต๐ท ๐ป (๐ด − ๐ต)/kJmol−1 H C N O โ๐ป = 428 kJmol−1 Bsp.: H–O → H + O, โ๐ป = 492 kJmol−1 H–OH → H + OH, H 436 C 413 348 N 388 305 163 1 Mittelwert: โ๐ต๐ท ๐ป = 2 (428 − 492) = 460 kJmol−1 O 460 360 157 146 6. Atomisierungsenthalpie: โ๐ด ๐ป Zerlegung eines Moleküls in Atome. Dies ist im Fall ๐ป − ๐ป → gleich der Bindungsdissoziationsenthalpie, im Fall von Na (fest) ist das gleich der Sublimationsenthalpie: Na (f) → Na (gas). 68 Standard–Atomisierungsenthalpien โ๐ด ๐ป ๐ /kJmol−1 C (s) 716.68 Na (s) 108.4 K (s) 89.8 Cu (s) 339.3 Diese Größen sind sehr nützlich bei der Berechnung (Abschätzung) von Bildungsenthalpien von Stoffen, deren Struktur bekannt ist, aber keine Daten über die Bildungsenthalpie vorliegen. Beispiel: Abschätzung der Bildungsenthalpie von Methanol. Die Pfeilrichtungen im Diagramm zeigen, in welcher Richtung die jeweiligen Enthalpienänderungen definiert sind. Δ๐ต ๐ป ๐ + Δ๐ฃ๐๐ ๐ป ๐ + ๏ฟฝ Δ๐ต๐ท ๐ป ๐ − ๏ฟฝ Δ๐ด ๐ป ๐ = 0 Δ๐ต ๐ป ๐ = −Δ๐ฃ๐๐ ๐ป ๐ − ๏ฟฝ3Δ๐ต๐ท ๐ป๐ (C − H) + Δ๐ต๐ท ๐ป ๐ (C − O) + Δ๐ต๐ท ๐ป ๐ (O − H)๏ฟฝ + 1 ๏ฟฝΔ๐ด ๐ป ๐ (C) + 2Δ๐ด ๐ป ๐ (H − H) + Δ๐ด ๐ป ๐ (O − O)๏ฟฝ 2 = [−38 − {3 โ 413 + 1 โ 360 + 1 โ 463} + {717 + 2 โ 436 + 497}]kJmol−1 = [−38 − 2062 + 1838]kJmol−1 = −262 kJmol−1 ↑ Δ๐ต ๐ป ๐ (experimentell) = −239 kJmol−1 → Unterschied durch Verwendung mittlerer Bindungsdissoziationsenthalpien 7. Lösungsenthalpie Löst man eine Substanz in Wasser, so ist dies mit einer Enthalpieänderung verbunden. Wenn man wenig Substanz in viel Wasser löst, nennt man diese Größe ‘Lösungsenthalpie bei unendlicher Verdünnung’ โ๐ฟ ๐ป. Anschaulich bedeutet dies, dass keine Wechselwirkungen zwischen den gelösten Molekülen stattfinden sondern nur 69 Wechselwirkungen zwischen dem gelösten Stoff und dem Wasser (= ideale Lösung). Index = ๐๐. โ๐ป ๐ = −74,85 kJmol−1 Beispiel: H๐ถ๐(๐) → ๐ป๐ถ๐ (๐๐) Bestimmung der Bildungsenthalpie in Lösung: 1) Bildungsreaktion: 1 2) Lösungsreaktion: HCl(๐) → ๐ปCl(๐๐), 3) Bildungsreaktion in Lsg: 2 1 2 1 H2 (๐) + 2 Cl2 (๐) → HCl(๐), 1 H2 (๐) + 2 Cl2 (๐) → HCl(๐๐), โ๐ต ๐ป ๐ (๐) = −92,3 kJmol−1 โ๐ฟ ๐ป ๐ = −74,9 kJmol−1 โ๐ต ๐ป ๐ (๐๐) = −167,2 kJmol−1 Die Bildungsenthalpie in Lösung kann als Summe der Bildungsenthalpien von H + (๐๐) und Cl− (๐๐) aufgefasst werden. Man kann diese beiden Größen aber nicht getrennt messen. 1 Daher wird willkürlich 2 H2 (๐) → H + (๐๐), โ๐ต ๐ป θ (H + (๐๐)) = 0 gesetzt. → Daraus ergibt sich dann sofort โ๐ต ๐ป θ für Cl− und durch Messung der Bildungsenthalpie von NaCl (๐๐) die für Na+ (๐๐) usw. Standardbildungsenthalpien โ๐ต ๐ป θ /kJmol−1 . Kationen H+ Na+ Cu2+ Al3+ โ๐ต ๐ป θ 0 – 240.1 + 64.8 – 524.7 von gelösten Anionen OH– Cl– SO 2− 4 PO 3− 4 Ionen in unendlicher Verdünnung โ๐ต ๐ป θ – 230.0 – 167.2 – 909.3 – 1277.4 70 10. Die Richtung natürlicher Prozesse. Der 2. Hauptsatz 10.1 Reversible und irreversible Prozesse Der erste Hauptsatz besagt, dass bei allen Vorgängen die Gesamtenergie erhalten bleibt. Das bedeutet, dass Vorgänge, bei denen Energie erzeugt oder vernichtet wird, nicht stattfinden können. Die Erfahrung zeigt nun, dass nicht alle Prozesse, die von der Energieerhaltung her erlaubt sind, auch tatsächlich in der Natur stattfinden. Man beobachtet, dass natürliche Prozesse in einer bestimmten Richtung ablaufen. Beispiel: Wir heben einen Stein hoch und lassen ihn zu Boden fallen. Beschreibung der Energetik: In der (โ) Höhe hat der Stein die potentielle Energie (๐ โ ๐ โ โ), die während des Herunterfallens in kinetische Energie (12๐๐ฃ2 ) verwandelt wird. Beim Auftreffen auf dem Boden wird sie in Wärme (๐) umgewandelt, d.h. man misst eine geringe Temperaturerhöhung von Stein und Boden. Der umgekehrte Prozess, Abkühlung und Emporsteigen des Steins ist energetisch auch erlaubt, aber diese Richtung des Vorgangs wurde bislang nicht beobachtet. Solche Prozesse nennt man „irreversibel“. Es gibt auch Prozesse, die in beiden Richtungen ablaufen können. Beispiel: Wir binden den Stein an einen Faden und halten ihn fest, so dass er in einer bestimmten Höhe über dem Boden schwebt. Dann ist die Kraft, die wir ausüben, gleich der Erdanziehungskraft (F(Hand) = F (Schwerkraft)) und wir haben ein Gleichgewicht der Kräfte. Üben wir eine etwas größere Kraft als die Schwerkraft aus, steigt der Stein höher, üben wir eine etwas geringere Kraft aus, sinkt der Stein. Die Geschwindigkeit des Steigens oder Sinkens hängt von Größe der Abweichung vom Gleichgewichtszustand ab: Je größer die Abweichung, desto größer die Geschwindigkeit. Beschreibung der Energetik: Wenn wir den Stein anheben, leisten wir die Arbeit (F(Heben) = Kraft beim Heben): d๐ = −๏ฟฝ๐น(๐ป๐๐๐๐) − ๐น(๐บ๐๐๐๐ค)๏ฟฝdโ Wenn wir den Stein sinken lassen, gewinnen wir die Arbeit (F(Sinken) = Kraft beim Sinken): d๐ = −๏ฟฝ๐น(๐๐๐๐๐๐) − ๐น(๐บ๐๐๐๐ค)๏ฟฝdโ Wir können nun die Abweichung vom Gleichgewicht (F (Sinken) – F(Glgew) beliebig klein machen, d.h. โF → dF → 0. Dann wird der Prozess unendlich langsam, aber wir verwenden beim Heben und Senken fast die gleiche Kraft, nämlich F(Glgew). Wir erhalten dann für die Arbeit d๐(๐ป๐๐๐๐) = −d๐(๐๐๐๐๐๐) = ๐น(๐บ๐๐๐๐ค)dโ d.h. die Arbeit ist in beiden Richtungen gleich groß, nur das Vorzeichen ist geändert. Solche Prozesse nennt man „reversibel“. 71 Verallgemeinerung: Alle von allein ablaufenden Vorgänge (Prozesse), d.h. alle „natürlichen Prozesse“ oder „spontanen Prozesse“ sind irreversibel. Läuft ein Prozess so ab, dass zu jedem Zeitpunkt der entsprechende Kraftparameter des Systems mit der äußeren Kraft im Gleichgewicht ist, ist der Prozess „reversibel“. Für reversible Prozesse gilt: • Eine sehr kleine Änderung der antreibenden Kraft kann die Richtung des Prozesses umkehren. • Für Hin- und Rückrichtung wird gleich viel Arbeit aufgewendet bzw. gewonnen. • Ein reversibler Prozess kann nur näherungsweise realisiert werden, da eine Geschwindigkeit des Prozesses >0 immer eine Abweichung vom Gleichgewicht erfordert. • In der Thermodynamik werden häufig reversible Prozesse betrachtet, da diese sich einfach berechnen lassen. Der berechnete Energiewert ist jedoch ein Grenzfall. Er ist die Arbeit, die man maximal bei dem Prozess gewinnen kann und gleichzeitig die Arbeit, die man minimal aufwenden muss, um den Prozess durchführen zu können. 10.2 Die Richtung natürlicher Prozesse Diese Analyse kann man für alle Prozesse in der Natur durchführen. Dabei ergibt sich: Alle natürlichen Prozesse laufen in einer bestimmten Richtung ab; sie sind ‘irreversibel’. Bei allen natürlichen Prozessen wird Arbeit oder Arbeitsfähigkeit ‘dissipiert’. Dissipation: Umwandlung gerichteter Bewegungsenergie ( = Arbeit) in ungerichtete Bewegungsenergie ( = Wärme). Dissipierte Arbeit oder Arbeitsfähigkeit führt zu einer Erhöhung der inneren Energie des Systems ๏ฟฝd๐(๐๐๐๐๐ฃ) > 0๏ฟฝ. Der umgekehrte Prozess, die Erniedrigung der inneren Energie und Erzeugung von Arbeit ist nicht ohne weiteres möglich. Wir betrachten den 1. Hauptsatz und unterscheiden zwischen reversibler und irreversibler Arbeit: d๐ = d๐ + d๐ = d๐ + d๐(๐๐๐ฃ) + d๐(๐๐๐๐๐ฃ) Zur Vereinfachung betrachten wir ein adiabatisches System, d.h. und wir betrachten nur p-V-Arbeit, d.h. d๐(๐๐๐ฃ) = −๐ d๐ Damit ergibt sich: d๐ + ๐ d๐ = d๐(๐๐๐๐๐ฃ) > 0 d๐ = 0, Die Vorzeichenaussage folgt aus unserem Befund, dass dissipierte Arbeit immer zu einer Erhöhung der inneren Energie, d.h. zu einer Temperaturerhöhung führt. 72 10.3 Die Entropie Diese Ungleichung gibt uns die Richtung eines natürlichen Prozesses an: Jeder natürliche Prozess (d.h. jeder Vorgang, der ohne Eingriff von außen von alleine abläuft), läuft in der Richtung ab, die diese Ungleichung angibt. Division dieser Gleichung durch ๐ ändert nichts an der Vorzeichenaussage, da ๐ > 0 ist und wir erhalten: d๐ + ๐d๐ d๐(๐๐๐๐๐ฃ) = >0 ๐ ๐ Historisch wurde die Richtung natürlicher Prozesse von Clausius auf andere Art hergeleitet. Clausius hat eine neue Zustandsfunktion, die Entropie, ๐บ, eingeführt. Die Entropie hat folgende Eigenschaften: Abgeschlossene Systeme: ๐ nimmt immer zu für alle natürlichen (irreversiblen) Prozesse → d๐ > 0(irreversibel) ๐ bleibt konstant für alle reversiblen Prozesse → d๐ = 0(reversibel) Geschlossene Systeme: Die Entropie des Systems ändert sich durch Wärmeaustausch mit der Umgebung. Wenn der Wärmeaustausch reversibel erfolgt, lässt sich die Entropieänderung berechnen nach d๐ = d๐๐๐๐ฃ ๐ Je nach Vorzeichen von ๐๐๐๐ฃ ist d๐ positiv (Wärmezufuhr) oder negativ (Wärmeabgabe), da ๐ immer größer als 0 ist. Wir verwenden den 1. Hauptsatz und betrachten nur Druck-Volumenarbeit d๐ = d๐ + d๐ = d๐ − ๐d๐ Auflösen nach ๐๐ ergibt: d๐ = d๐ + ๐d๐ Dies setzen wir in die Definitionsgleichung ein und erhalten d๐ = d๐๐๐๐ฃ d๐ + ๐d๐ = ๐ ๐ in Übereinstimmung mit unserer vorherigen Betrachtung. Betrachtet man ein System und die Umgebung (d.h. ein insgesamt abgeschlossenes System), so kann man die Entropieänderung aufteilen: d๐๐๐๐ = d๐๐๐ฆ๐ ๐ก + d๐๐๐๐ Es gilt für: reversible Prozesse: irreversible Prozesse: d๐๐๐๐ = 0 → d๐๐๐ฆ๐ ๐ก = −d๐๐๐๐ d๐๐๐๐ > 0 73 Die Entropie ist eine Zustandsfunktion, d.h. ihr Wert hängt nur vom Anfangs- und Endzustand ab. Man kann daher die Entropieänderung auf einem (gedachten) reversiblen Weg berechnen. Der Zahlenwert, der sich für die Entropieänderung des Systems ergibt, muss aber unabhängig vom Weg sein. Benutzt man einen irreversiblen Weg, um das System in den gleichen Endzustand zu bringen, so macht das für das System keinen Unterschied. Es ergibt sich immer der gleiche Wert der Entropieänderung, für die Umgebung ist die Änderung aber unterschiedlich und umso größer je irreversibler der Vorgang ist. Es gilt immer d๐๐๐๐ > 0. Der 2. Hauptsatz kann folgendermaßen formuliert werden: d๐๐๐๐ = d๐๐๐๐ฃ ๐ d๐๐๐๐ = d๐๐๐ฆ๐ ๐ก + d๐๐๐๐๐๐๐ข๐๐ = 0 ๐๐๐ฃ๐๐๐ ๐๐๐๐ > 0 ๐๐๐๐๐ฃ๐๐๐ ๐๐๐๐ Beispiel: Schematischer Verlauf der Entropie von Wasser bei ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. = 1bar Die Entropie hat die Einheit ๐ฝ๐พ −1 ๐ ๐ = ๐ = molare Entropie [J mol−1 K −1 ] oder ๐ = ๐ = spezifische Entropie [J g −1 K −1 ] Die Abbildung zeigt schematisch den Verlauf der Entropie mit der Temperatur. θ In den Tabellen werden die Absolutentropien unter Standardbedingungen angegeben ๐298 (siehe Abbildung). ๐ 74 10.4 Anschauliche Bedeutung der Entropie 1. Aus der Definition der Entropie ist klar, dass eine bestimmte Energiezufuhr d๐ im System ganz verschiedene Änderungen hervorrufen kann, je nachdem, wie hoch die Temperatur ist: d๐ = d๐๐๐๐ฃ d๐ + ๐d๐ = ๐ ๐ Zur Vereinfachung betrachten wir ein System, bei dem ๐ = ๐๐๐๐ ๐ก. und erhalten: d๐ = d๐ ๐๐ต d๐ ๐ d๐ =๐ ๐ต๐ d.h. Division durch ๐๐ต ergibt ๐ธ๐๐ก๐๐๐๐๐ä๐๐๐๐๐ข๐๐ ๐๐ ๐ธ๐๐โ๐๐๐ก๐๐ ๐ฃ๐๐ ๐๐ต ๐ธ๐๐๐๐๐๐ä๐๐๐๐๐ข๐๐ = ๐๐๐ก๐ก๐๐๐๐ ๐กโ๐๐๐๐๐ ๐โ๐ ๐ธ๐๐๐๐๐๐ Die Entropie wird in dieser Gleichung in den Einheiten von ๐๐ต gemessen (JK −1 ), die Größe ๐๐ต ๐ ist die mittlere thermische Energie des Systems. Wir betrachten zwei Systeme, eines bei einer niedrigen Temperatur und eines bei einer hohen Temperatur und führen beiden jeweils die gleiche Energiemenge d๐ = 1 J zu. Bei dem System mit der niedrigen mittleren Energie bewirkt dies eine große Änderung, bei dem mit der hohen Energie ist die Änderung sehr viel kleiner. Analogbeispiel: Wir betrachten die Änderung der Lebensumstände (d๐ฟ๐) von zwei Personen, denen wir jeweils 10 € geben (dGeld). Die eine Person besitzt ๐บฬ = 100 €, die andere ๐บฬ = 1000 €. Wir erhalten analog zur Entropieänderung für die Änderung der Lebensumstände 10 € d๐บ 1 Person : = 0,1 d๐ฟ๐ = ๐บฬ 100 € 10 € 2 Person : = 0, 01 1000 € Obwohl also das gleiche gemacht wurde, sind die Auswirkungen für beide Personen ganz verschieden. 2. In der Mechanik können alle Prozesse vorwärts und rückwärts ablaufen. In der Thermodynamik (Natur) gibt es für natürliche Prozesse nur eine Richtung, nämlich die, bei der sich die Entropie vergrößert. Man kann daher sagen, dass die positive Zeitrichtung mit einer Zunahme der Entropie verknüpft ist. Beispiel: Planetenbewegung und Diffusion. 75 3. Wir berechnen als Beispiel die Entropieänderung beim Wärmeübergang: 1 System T1 d๐๐๐๐ = d๐๐๐ฆ๐ + d๐๐๐๐ Q Umgebung T2 Annahme: Das System gibt 1000 J ab ( → die Umgebung nimmt 1000 J auf), die Wärmekapazitäten von System und Umgebung sind so groß, dass sich bei dieser Wärmeübertragung die jeweiligen Temperaturen von System und Umgebung nicht ändern (T1 = 293 K, T2 = 277 K). d๐๐๐๐ = d๐๐๐ฆ๐ d๐๐๐๐ −1000 ๐ฝ 1000 ๐ฝ + = + ๐1 ๐2 ๐1 ๐2 1000 J = − 293 K + = 0,2 JK −1 1000 J 277 K = −3,41 JK −1 + 3,61 JK −1 Wenn man die Richtung des Wärmetransports umkehrt, d.h. die Umgebung gibt Wärme an das System ab, ändern sich die Vorzeichen der beiden ๐ und wir erhalten eine Entropieabnahme. Dieser Prozess findet nicht statt. Annahme: Beim Wärmeübergang stellt sich eine gemeinsame Endtemperatur ein. Dann muss man zuerst die Endtemperatur ๐๐ธ berechnen. d๐๐๐๐ ๐๐ธ ๐๐ธ ๐๐ธ d๐๐๐ฆ๐ d๐๐๐๐ ๐ถ๐ (๐๐ฆ๐ )d๐ ๐ถ๐ (๐๐๐)d๐ = + → ๏ฟฝ d๐๐๐๐ = ๏ฟฝ +๏ฟฝ ๐ ๐ ๐ ๐ ๐๐ด ๐1 ๐2 ๐๐ธ ๐๐ธ ๐๐ธ − ๐๐ด = ๐ถ๐ (๐๐ฆ๐ )ln + ๐ถ๐ (๐๐๐)ln ๐1 ๐2 Man kann diese Betrachtungen verallgemeinern und kommt zu dem Schluss, dass positive Entropieänderungen mit dem Ausgleich von Differenzen zusammenhängen (Druckdifferenzen, Konzentrationsdifferenzen, Temperaturdifferenzen usw.). 4. Die molekulare Interpretation der Bedeutung der Entropie wurde von L. Boltzmann (18441906) gegeben. Er analysierte die Stoßprozesse in einem idealen Gas. Unabhängig davon, welche Anfangsbedingungen er wählte, fand er, dass ein molekular geordneter Zustand immer in einen ungeordneten Zustand übergeht. Wenn der Zustand größter Unordnung erreicht ist, ändert sich dieser nicht mehr. Dieser Zustand wird durch die MaxwellBoltzmann-Gleichung „Verteilung der Geschwindigkeiten im Gas“ (siehe Kapitel 3.5) 76 beschrieben. Da auch ein Zustand geringer Entropie immer in einen Zustand großer Entropie übergeht und sich danach nicht mehr verändert, schloss er daraus, dass beides miteinander verknüpft ist. Betrachtet man ein System während und nach Ablauf eines Prozesses, so findet man es natürlich häufiger in dem Zustand nach Ablauf (da es sich von da an nicht mehr ändert), d.h. die Wahrscheinlichkeit das System im Zustand größter Unordnung (und größter Entropie) zu finden, ist am größten. Boltzmann machte also folgende Zuordnung für die Richtung natürlicher Prozesse: geringe Entropie molekular geordnet geringe Wahrscheinlichkeit → → → große Entropie molekular ungeordnet große Wahrscheinlichkeit Da die Entropie zweier unabhängiger Systeme additiv ist und die Wahrscheinlichkeit, zwei unabhängige Systeme in einem bestimmten Zustand zu finden multiplikativ ist, ergibt sich die berühmte Boltzmanngleichung für die Entropie (siehe PC IV): Darin ist: ๐๐ต = Ω= ๐ = ๐๐ต ln Ω ๐ = ๐ต๐๐๐ก๐ง๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐ก๐๐๐ก๐ ๐๐ด ๐! = ๐โ๐๐๐๐๐๐ฆ๐๐๐๐๐ ๐โ๐ ๐๐โ๐๐ ๐โ๐๐๐๐๐๐โ๐๐๐๐ก ∏๐ ๐๐ ! (= Zahl der unterschiedlichen Anordnungsmöglichkeiten). Beispiel Lotto: Zahl der unterschiedlichen Möglichkeiten, 6 richtige Zahlen aus 49 Zahlen auszuwählen: = โฆ 49! 49 ⋅ 48 ⋅ 47 ⋅ 46 ⋅ 45 ⋅ 44 ⋅ 43! = = 13983816 6!43! 6! 43! d.h. wenn man 1 mal 6 Zahlen ankreuzt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies die 6 Richtigen sind: 1 1 ๐= = Ω 13983816 77 10.5 Druck- und Temperaturabhängigkeit der Entropie Die Entropie eines Systems hängt bei konstanter Stoffmenge von Druck und Temperatur ab. Zustandsfunktion ๐ = ๐(๐, ๐) d๐ d๐ป−๐d๐ Aus der Gleichung d๐ = ๐ = ๐ können wir die Druckabhängigkeit und die Temperaturunabhängigkeit von S berechnen. Wir erhalten für die Druckabhängigkeit der Entropie von Gasen: ๐ ๐2 − ๐1 = −๐ ๐ ln ๏ฟฝ๐2 ๏ฟฝ 1 Für feste und flüssige Stoffe kann die Druckabhängigkeit im Allgemeinen vernachlässigt werden. Für die Temperaturabhängigkeit der Entropie erhalten wir: ๐ ๐2 − ๐1 = ๐ถ๐ ln ๏ฟฝ๐2 ๏ฟฝ 1 Umwandlungsentropie Bei Phasenumwandlungen (Sublimation, Verdampfung, Schmelzen) ändert sich auch die Entropie. Dies geschieht im Allgemeinen isobar (d๐ = 0) und isotherm (d๐ = 0). Durch eine analoge Betrachtung wie bei der Verdampfungsenthalpie erhalten wir die molare Verdampfungsentropie Δ๐ฃ๐๐ ๐ป Δ๐ฃ๐๐ ๐ = ๐๐ฃ๐๐ Allgemein ist die Beziehung zwischen der Phasenumwandlungsenthalpie und Phasenumwandlungsentropie Δ๐ ๐ป Δ๐ ๐ = ๐๐ ๐ = Phasenumwandlung (Verdampfung, Sublimation, Schmelzen) Die Reaktionsentropie Liegt eine chemische Reaktion vor ๐๐ด ๐ด + ๐๐ต ๐ต → ๐๐ถ ๐ถ + ๐๐ท ๐ท so ergibt sich für die Reaktionsentropie in Analogie zur Reaktionsenthalpie โ๐ ๐ = ∑๐ ๐๐ ๐๐ ๐๐ = stöchiometrische Koeffizienten 78 10.6 Die Mischungsentropie Bringen wir zwei reine Stoffe in Kontakt (Gas, Flüssigkeiten oder Festkörper), so vermischen sich diese von alleine, wobei p und T konstant bleiben. Dies ist ein irreversibler Vorgang und wir wollen die Mischungsentropie berechnen. Wir mischen n1 Mole des idealen Gases 1, V1, (He) mit n2 Molen des idealen Gases 2, V2, (H2) bei konstanter Temperatur. Die Drucke in beiden Gase p sind gleich. p V1 n1 Wand weg, ๐ bleibt gleich p V2 n2 p V = V1 + V2 n = n1 + n2 Anfangszustand A, ungemischt Endzustand B, gemischt Um diesen Vorgang berechnen zu können, wählen wir einen reversiblen Ersatzprozess, der vom gleichen Anfangszustand zum Endzustand führt. Beim Mischen expandiert das Gas 1 von V1 auf V, das Gas 2 von V2 auf V. Wir berechnen die Entropieänderung zunächst für Gas 1: Allgemein gilt: ๐๐ ๐๐ d๐ d๐ + ๐d๐ ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ๐ d๐ + ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ ๐ d๐ + ๐d๐ d๐ = d๐ = = = ๐ ๐ ๐ ๐๐ Als Nebenbedingung haben wir d๐ = 0 und ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ = 0, da wir ein ideales Gas betrachten. Damit erhalten wir: ๐ ๐d๐ ๐ ๐๐ ๐ Wir integrieren vom Anfangs(A)- bis zum Endzustand (E) und setzen ๐ = ๐ ein: d๐ = ๐1๐ธ ๐1๐ธ ๐1๐ธ ๐ d๐ d๐ ๏ฟฝ d๐1 = ๏ฟฝ ๐1 = ๐1 ๐ ๏ฟฝ ๐ ๐ ๐1๐ด ๐1๐ด Wir erhalten Wir setzen ein: Und ๐1๐ด ๐ ๐1๐ธ − ๐1๐ด = ๐1 ๐ ln ๏ฟฝ๐1๐ธ ๏ฟฝ = โ๐1 ๐1๐ธ = ๐1 + ๐2 ๐1๐ด = ๐1 1๐ด 79 Für die Entropieänderung von Gas 1 ergibt sich: ๐1 +๐2 ๐1 ๐ ln ๏ฟฝ Eine entsprechende Rechnung können wir auch für das Gas 2 durchführen ๐1 ๏ฟฝ = โ๐1 โ๐2 = ๐2 ๐ ln Für die gesamte Mischungsentropie (Gas 1 und Gas 2 zusammen) ergibt sich: ๐1 + ๐2 ๐2 โ๐ = โ๐1 + โ๐2 Man kann die beiden Gleichungen durch folgende Überlegung noch etwas vereinfachen: p und T sind am Anfang und Ende des Versuchs gleich. Also gilt nach der idealen Gasgleichung: ๐ ๐ ๐ ๐ ๐ +๐ = ๐1 = ๐1 +๐2 1 1 2 oder analog ๐1 = ๐ ๐1 1 +๐2 ๐2 = ๐ ๐1 Der Stoffmengenanteil ist definiert als ๐ฅ1 = ∑ ๐ ๐๐ ๐2 1 +๐2 (๐1 + ๐2 ) = (๐1 + ๐2 ) = ๐1 ๐ ๐1 +๐2 ๐2 ๐1 +๐2 ๐ . Damit ergibt sich ๐1 = ๐ฅ1 ๐ und ๐2 = ๐ฅ2 ๐. Setzen wir dies in die Gleichungen für โ๐1 und โ๐2 ein, so erhalten wir: ๐ โ๐1 = ๐1 ๐ ln ๏ฟฝ ๏ฟฝ = −๐1 ๐ ln๐ฅ1 ๐ฅ1 ๐ ๐ โ๐2 = ๐2 ๐ ln ๏ฟฝ ๏ฟฝ = −๐2 ๐ ln๐ฅ2 ๐ฅ2 ๐ Die gesamte Mischungsentropie ist schließlich โ๐ = −๐1 ๐ ln๐ฅ1 − ๐2 ๐ ln๐ฅ2 Dividiert man diese Gleichung durch (๐1 + ๐2 ) ergibt sich: โ๐ ๐1 ๐2 =− ๐ ln๐ฅ1 − ๐ ln๐ฅ2 ๐1 + ๐2 ๐1 + ๐2 ๐1 + ๐2 = −๐ฅ1 ๐ ln๐ฅ1 − ๐ฅ2 ๐ ln๐ฅ2 Diese Größe nennt man die mittlere molare Mischungsentropie โ๐ = ๐ Allgemein gilt für ๐ verschiedene Gase: โ๐ 1 +๐2 . Mittlere molare Mischungsentropie: Mischungsentropie: โ๐ = −๐ ๏ฟฝ ๐ฅ๐ โ ln๐ฅ๐ ๐ โ๐ = −๐ ๏ฟฝ ๐๐ โ ln๐ฅ๐ ๐ 80 Diese Gleichungen gelten nicht nur für ideale Gase, sondern auch für alle idealen festen und flüssigen Mischungen. Da ๐ฅ๐ immer kleiner als 1 sind, sind โ๐ und โ๐ immer positiv. 10.7 Der Absolutwert der Entropie. Der 3. Hauptsatz Der Absolutwert der Entropie wird durch den 3. Hauptsatz festgelegt. ‘Die Entropie jedes reinen, idealen Kristalls im inneren Gleichgewicht ist am absoluten Nullpunkt Null’. ๐บ๐ (๐ฒ๐๐๐๐๐๐๐, ๐๐๐๐๐๐๐ ๐ฎ๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐, ๐ป = ๐) = ๐ Im Gegensatz zu der willkürlichen Festlegung des Nullpunktes von H ist diese Festlegung experimentell und theoretisch begründet. Aufgrund dieser Festlegung kann man die Entropie für beliebige andere Zustände berechnen. Für die Absolutentropie eines Gases bei der Temperatur T erhält man mit ๐๐ โ ๐ป d๐ = ๐ d๐ und โ๐ ๐ = ๐๐ (๐ = Umwandlung): ๐ ๐๐ ๐โ ๐ ๐๐ฃ๐๐ ๐ ๐๐ (๐๐๐ ๐ก) ๐๐ (๐๐) ๐๐ (๐๐๐ ) โ๐ ๐โ ๐ป โ๐ฃ๐๐ ๐ป ๏ฟฝ d๐ = ๏ฟฝ d๐ + + ๏ฟฝ d๐ + + ๏ฟฝ d๐ = ๐๐๐๐ ๐ ๐๐ ๐โ ๐ ๐๐ฃ๐๐ ๐ 0 ๐=0 ๐๐ ๐โ ๐๐ฃ๐๐ In den Tabellen thermodynamischer Größen wird daher der Absolutwert der Entropie unter ๐ Standardbedingungen bei 298 K angegeben: ๐298 . 10.8 Wärmekraftmaschinen und Wärmepumpen Historisch wurde der 2. Hauptsatz – vor dem 1. Hauptsatz – im Zusammenhang mit dem Wirkungsgrad von Dampfmaschinen entwickelt. S. Carnot hat hierzu als erster den Wirkungsgrad einer idealen Maschine (d.h. einer Maschine, die ohne Reibungsverluste arbeitet) berechnet. Diese nimmt Energie aus einem Speicher mit hoher Temperatur (๐๐ค ) auf, wandelt einen Teil der Energie in Arbeit (๐) um und gibt den Rest dieser Energie an einen Speicher mit geringeren Temperaturen (๐๐ ) ab (meist ist dies die Umgebung). Er hat hierzu den folgenden Kreisprozess („Carnot’scher Kreisprozess“) betrachtet, der in der Abbildung anschaulich dargestellt ist. 81 Beschreibung dieses Prozesses in einem pV-Diagramm: Berechnung der einzelnen Schritte: 82 Schritt 1: isotherme Expansion: d๐ = −๐d๐ d๐ = −๐๐ ๐๐ค ๐ ๐ ๐2 ๏ฟฝ d๐ = −๐๐ ๐๐ค ๏ฟฝ 0 ๐1 ๐2 ๐1 ๐ = −๐๐ ๐๐ค ln d๐ ๐ ๐2 > ๐1 → ๐ < 0 → Arbeitsabgabe des Gases → Der Wärmespeicher (๐๐ค ) gibt die Wärme ๐๐๐ค ab → Der Arbeitsspeicher nimmt die Arbeit ๐ auf Schritt 2: adiabatische Expansion: ๐ d๐ = ๐๐๐ฃ d๐ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ = ๐๐๐ฃ ๏ฟฝ d๐ 0 ๐๐ค ๐ = ๐๐๐ฃ (๐๐ − ๐๐ค ) ๐๐ > ๐๐ค → d๐ < 0 → Arbeitsabgabe des Gases → Arbeitszunahme im Arbeitsspeicher Schritt 3: isotherme Kompression: d๐ = −๐d๐ ๐4 ๏ฟฝ d๐ = −๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๐3 d๐ ๐ ๐4 ๐3 ๐4 < ๐3 → d๐ > 0 → Der Wärmespeicher (๐๐ ) nimmt die Wärme ๐๐๐ auf → Der Arbeitsspeicher gibt die Arbeit ๐ ab, das Gas nimmt diese auf ๐ = −๐๐ ๐๐ ln Schritt 4: adiabatische Kompression: d๐ = ๐๐๐ฃ d๐ ๐๐ค > ๐๐ → ๐ > 0 → Arbeitszufuhr beim Gas → Arbeitsabgabe aus dem Arbeitsspeicher 83 Wir fassen die Ergebnisse in einer Tabelle zusammen, wobei wir die Energieänderungen im Gas, im Wärmespeicher ๐๐ค , Wärmespeicher ๐๐ und dem Arbeitsspeicher aufschreiben (Arbeitsspeicher = Vorrichtung, in der Arbeit gespeichert werden kann, z.B. Heben einer Masse). Tabelle I: Schritt ๏ช Isotherme Expansion ๏ซ adiabatische Expansion ๏ฌ isotherme Kompression ๏ญ adiabatische Kompression ∑ Kreisprozess Gas ๐1 + ๐๐๐ค = 0 ๐1 = −๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) ๐๐๐ฃ (๐๐ − ๐๐ค ) ๐3 + ๐๐๐ = 0 ๐3 = −๐๐ ๐๐ ln(๐4 /๐3 ) +๐๐๐ฃ (๐๐ค − ๐๐ ) 0 Wärmebad Tw Wärmebad Tk ๐๐๐ค Abgabe --- +๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) --- --- --- ๐๐๐ Aufnahme −๐๐๐ฃ (๐๐ − ๐๐ค ) --- --- −๐๐๐ค Arbeitsspeicher +๐๐ ๐๐ ln(๐4 /๐3 ) oder −๐๐ ๐๐ ln(๐3 /๐4 ) −๐๐๐ฃ (๐๐ค − ๐๐ ) +๐๐๐ +๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) −๐๐ ๐๐ ln(๐3 /๐4 ) Die Bilanz für den Kreisprozess ergibt sich durch Aufsummierung der jeweiligen Energieumsätze: Im Gas ändert sich nichts, da es wieder in seinen Ausgangszustand zurückgekehrt ist. Dem Thermostaten ๐๐ค wird die Wärme ๐๐๐ค entnommen, dem Thermostaten ๐๐ die Wärme ๐๐๐ zugeführt und im Arbeitspeicher ist die Arbeit ๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) − ๐ ๐๐ ln(๐3 /๐4 ) gespeichert. Um diesen Ausdruck noch etwas zu vereinfachen, überlegen wir uns folgendes: Für den Schritt ๏ซ gilt die Adiabaten-Gleichung ๐๐ค ๐2๐ −1 = ๐๐ ๐3๐ −1 → ๐๐ /๐๐ค = ๐2๐ −1 /(๐3๐ −1 ) ebenso gilt für den Schritt ๏ญ: ๐๐ค ๐1๐ −1 = ๐๐ ๐4๐ −1 → ๐๐ /๐๐ค = ๐1๐ −1 /(๐4๐ −1 ) 84 Daraus folgt: ๐2๐ −1 /(๐3๐ −1 ) = ๐1๐ −1 /(๐4๐ −1 ) man zieht die (๐ − 1)te Wurzel aus der Gleichung V2 / V3 = V1 / V4 → V2 / V1 = V3 / V4 Für die Arbeit im Arbeitsspeicher erhalten wir also: ๐ = ๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1) − ๐๐ ๐๐ ln(๐3 /๐4 ) = ๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) − ๐๐ ๐๐ ln(๐2 /๐1 ) = ๐๐ (๐๐ค − ๐๐ )ln(๐2 /๐1 ) Wir können jetzt den Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses berechnen: Der Wirkungsgrad ist definiert: ๐ผ= ๐ต๐๐๐๐๐ ๐ต๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐ต๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐ = ๐๐ ๐๐ ๐จ๐๐๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐๐ ๐ฌ๐๐๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐๐ ๐ณ๐๐๐๐๐๐๐ Bei der Wärmekraftmaschine ist der Nutzen die im Arbeitsspeicher gespeicherte Arbeit ๐. Der Aufwand ist die dem Wärmebad ๐๐ค entnommene Wärme ๐๐๐ค . Die Abbildung zeigt schematisch die einzelnen Prozesse. Aus der Definition und den Gleichungen für ๐ und ๐๐๐ค aus der Tabelle erhalten wir: ๐ธ๐ป๐ ๐ธ๐ป๐ ๐(Wärmekraftmaschine) ≡ = |๐| ๐๐ (๐๐ค − ๐๐ )ln(๐2 /๐1 ) = ๐๐๐ค ๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) ๐๐ค − ๐๐ ๐๐ โ๐ = 1− = ๐๐ค ๐๐ค ๐๐ค Der Carnot’sche Wirkungsgrad ist für alle technisch realisierten Wärmekraftmaschinen relevant (Dampfmaschine, Otto-, Diesel- und Wankelmotor, Öl-, Gas- Kohle- und Kernkraftwerk). Er wurde berechnet unter der Annahme, dass alle Prozesse reversibel sind (und dass kein Reibungsverluste auftreten). Da alle irreversiblen Prozesse mit mehr Arbeitsaufwand und weniger Arbeitabgabe als die reversiblen Prozesse verbunden sind, ist 85 der Carnot’sche Wirkungsgrad der höchste erreichbare Wirkungsgrad überhaupt. Auf Grund seiner Definition gilt auch ๐(๐ถ๐๐๐๐๐ก) < 1 . Wir betrachten als Beispiel die Wirkungsgrade von Kohle- und Kernkraftwerken: ๐= Kohlekraftwerk (modern): ๐๐ค = 600°C = 873 K ๐๐ = 100°C =373 K ๐๐ข๐ก๐ง๐๐๐๐๐๐๐ ๐๐ข๐ก๐ง๐๐๐๐ ๐ก๐ข๐๐ = ๐๐ข๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐ ๐ä๐๐๐ ๐ä๐๐๐๐๐๐๐ ๐ก๐ข๐๐ d๐ ๐ ๐๐ค − ๐๐ = = d๐ก = ๐๐๐ค d๐๐๐ค ๐๐ค d๐ก (873 − 373)K = 0,57 (๐๐๐ฅ๐๐๐๐) 873 K ≈ 0,45 (๐๐๐๐) Kernkraftwerk: ๐๐ค = 350°C = 623 K ๐๐ = 100°C = 373 K ๐= ๐= (623 − 373)K = 0,40(๐๐๐ฅ๐๐๐๐) 623 K ≈ 0,34 (๐๐๐๐) Das gleiche Schema wie bei der Wärmekraftmaschine können wir auch für die Beschreibung der Wärmepumpe verwenden. Bei einer Wärmepumpe wird Arbeit verwendet, um eine Wärmemenge ๐๐๐ค von einer niedrigen Temperatur ๐๐ auf eine höhere Temperatur ๐๐ค zu pumpen. Bei der Wärmepumpe ist der Nutzen, die bei der hohen Temperatur abgegebene Wärmemenge ๐ถ, der Aufwand die Arbeit ๐. Man erhält für den Wirkungsgrad: 86 ๐ธ๐ป๐ ๐ธ๐ป๐ ๐(๐ä๐๐๐๐๐ข๐๐๐) = ๐๐๐ค ๐๐ค = |๐| ๐๐ค − ๐๐ ๐(๐ä๐๐๐๐๐ข๐๐๐) = 1 ๐(๐ถ๐๐๐๐๐ก) Wärmepumpe: Heizungsvorlauf ๐๐ค = 60°C = 333 K Außentemperatur (Luft, See, Boden) ๐๐ = 0°C = 273 K ๐(๐ä๐๐๐๐๐ข๐๐๐) = 333 K = 5,55 (๐๐๐ฅ๐๐๐๐) (333 − 273)K Wirkungsgrade von technisch realisierten Wärmepumpen liegen bei ๐(๐๐, ๐๐๐๐) ≈ 1,5 − 3. Bei der Betrachtung einer Gesamtenergiebilanz beim Einsatz von Wärmepumpen muss man berücksichtigen, dass die für die Wärmepumpe eingesetzte elektrische Energie zunächst in einem Kraftwerk erzeugt werden muss. Der Gesamtwirkungsgrad ergibt sich aus dem Produkt der Wirkungsgrade der einzelnen Prozesse. Wir erhalten für die Heizung mit Wärmepumpe: ๐(๐๐๐ ๐๐๐ก) = ๐(๐พ๐๐๐๐ก๐ค๐๐๐, ๐๐๐๐) ๐(๐ä๐๐๐๐๐ข๐๐๐, ๐๐๐๐) ≈ 0,34 โ 2,5 ≈ 0,85 Diesen Wirkungsgrad kann man vergleichen durch den Wirkungsgrad einer Heizung bei der direkten Verbrennung von Öl, Gas oder Kohle (die fehlende Energie wird hier durch die heißen Abgase an die Umgebung abgegeben). ๐(๐๐๐๐๐๐ก) ≈ 0,7 − 0,92 Heute versucht man durch die Kraft-Wärmekopplung die Effizienz der Energieausnutzung von Brennstoffen zu steigern. Bei der Kraft-Wärmekopplung erzeugt die Maschine elektrische Arbeit (๐), die Abwärme (๐๐๐ ) wird zur Heizung genutzt. 87 Auch ein Kühlschrank (Klimagerät) ist eine Wärmepumpe, nur ist hier der Nutzen die bei der tieferen Temperatur abtransportierte Wärme ๐๐๐ , der Aufwand die zugeführte Arbeit. Wir erhalten für den Wirkungsgrad: ๐ธ๐ป๐ ๐(๐พüโ๐๐ ๐โ๐๐๐๐) = ๐ธ๐ป๐ ๐๐๐ ๐๐ ๐๐ = = |๐| ๐๐ค − ๐๐ Δ๐ Beispiel: Die Temperatur im Kühlschrank ist ๐๐ = 277 K, die Temperatur bei der Wärmeabgabe außen ist ๐๐ค = 323 K. ๐(๐พüโ๐๐ ๐โ๐๐๐๐) = 277 K ≈6 (323 − 277)K Zusammenfassung: Man erhält bei der Berechnung des Wirkungsgrades (Carnot) die folgenden Beziehungen: ๐(Wärmekraftmaschine) |๐| = ๐๐๐ค ๐๐ (๐๐ค − ๐๐ )ln(๐2 /๐1 ) = ๐๐ ๐๐ค ln(๐2 /๐1 ) = ๐๐ค − ๐๐ โ๐ = ๐๐ค ๐๐ค ๐(Wärmepumpe) = ๐๐๐ค = |๐| ๐๐ค ๐๐ค 1 = = = ๐๐ค − ๐๐ โ๐ ๐(Carnot) ๐(Kühlschrank) = = = ๐๐๐ |๐| ๐๐ ๐๐ = ๐๐ค − ๐๐ Δ๐ Bei der Wärmekraftmaschine ist der Nutzen die abgegebene Arbeit ๐. Der Aufwand ist die dem Wärmebad ๐๐ค entnommene Wärme ๐๐๐ค . Bei einer Wärmepumpe wird die Arbeit ๐ verwendet, um eine Wärmemenge ๐๐๐ von einer niedrigen Temperatur ๐๐ auf eine höhere Temperatur ๐๐ค zu pumpen. Bei der Wärmepumpe 88 ist der Nutzen, die bei der hohen Temperatur abgegebene Wärmemenge ๐๐๐ค , der Aufwand die Arbeit ๐. Kühlschränke und Klimageräte sind Wärmepumpen, nur ist hier der Nutzen die bei der tieferen Temperatur abtransportierte Wärme ๐๐๐ , der Aufwand die zugeführte Arbeit. Um den Zusammenhang dieses reversiblen Kreisprozesses mit der Entropie herzuleiten, betrachten wir die beim Carnot-Prozess ausgetauschten Wärmen. Es gilt für das Gas: Schritt 1: ๐1 + ๐๐๐ค = 0, Schritt 3: ๐3 + ๐๐๐ = 0, Schritt 1: Schritt 2: ๐๐๐ค ๐๐ค ๐๐๐ ๐๐ ๐ ๐๐๐ค = −๐1 = ๐๐ ๐๐ค ln ๐2 1 ๐ ๐ dividieren durch ๐๐ค ๐๐๐ = −๐3 = −๐๐ ๐๐ ๐๐ ๐3 = −๐๐ ๐๐ ln ๐2 dividieren durch ๐๐ 4 ๐ = ๐๐ ln ๐2 1 1 Addition der Gleichung führt zu: ๐๐๐ค ๐๐๐ + =0 ๐๐ค ๐๐ ๐ = −๐๐ ln ๐2 1 ๐ Offenbar ändert sich die Größe ∑ ๐๐ bei einem reversiblen Kreisprozess nicht. Wir können dies für Kreisprozesse mit vielen Schritten verallgemeinern und erhalten ∑ ๐๐๐ (๐๐๐ฃ) ๐1 =0 kleine ๐๐๐ ∫ d๐(๐๐๐ฃ) ๐ =0 ๐(๐๐๐ฃ) Die Größe ๐ ändert sich bei einem Kreisprozess nicht, d.h. sie ist eine Zustandsfunktion und man führt zur Abkürzung für diesen Ausdruck die Größe ๐ ein: d๐ = d๐๐๐๐ฃ ๐ Auf diese Art und Weise wurde die Entropie von Clausius 1864 eingeführt. 89 11. Die Freie Enthalpie 11.1 Die Richtung natürlicher Prozesse bei konstantem ๐ und ๐ป Wir hatten gefunden, dass für alle natürlichen Prozesse in abgeschlossenen Systemen gilt: d๐ > 0. Im Labor arbeiten wir mit geschlossenen Systemen (d.h. wir haben Wechselwirkung mit der Umgebung), häufig bei ๐ป = konst. und ๐ = konst. Wir betrachten System und Umgebung: d๐ = d๐๐๐ฆ๐ + d๐๐๐๐ ≥ 0 Beispiel: Im System findet eine chemische Reaktion statt und eine bestimmte Wärmemenge wird an die Umgebung abgegeben. Die Wärmekapazität der Umgebung ist so groß, dass sich die Temperatur der Umgebung nicht ändert, wenn d๐ aufgenommen oder abgegeben wird. Es gilt: d๐ d๐๐๐๐ = ๐ Wir setzen dies ein und erhalten d๐ = d๐๐๐ฆ๐ + d๐๐๐๐ ≥0 ๐ d๐ = d๐๐๐ฆ๐ − d๐๐๐ฆ๐ ≥0 ๐ Die von der Umgebung aufgenommene Wärme ist gleich der vom System abgegebenen. d๐๐๐๐ = −d๐๐๐ฆ๐ Zusätzlich hat System und Umgebung die gleiche Temperatur, da ๐ =konstant ist ๐๐๐๐ = ๐๐๐ฆ๐ Wir setzen dies ein und erhalten Mit dieser Beziehung rechnen wir jetzt d๐(gesamt) aus, obwohl auf der rechten Seite nur noch Größen des Systems auftauchen, und das System Wärme mit der Umgebung austauscht. Wir können die Wärme nach dem ersten Hauptsatz entweder durch die Innere Energie oder die Enthalpie ersetzen. d๐ = d๐ + d๐ = d๐ − ๐d๐ d๐ป = d๐ + d๐ = d๐ + ๐d๐ Wir erhalten (den Index Sys lassen wir weg, da wir jetzt nur noch vom System reden): d๐ = 0, d๐ = 0 d๐ − d๐ป ≥0 ๐ multiplizieren mit ๐ ๐d๐ − d๐ป ≥ 0 multiplizieren mit (-1) d๐ป − ๐d๐ ≤ 0 90 Wir führen eine neue Funktion ein: Die Freie Enthalpie (Gibbs) ๐บ ≡ ๐ป − ๐๐ = ๐ + ๐๐ − ๐๐ Das totale Differential ist: d๐บ = d๐ป − ๐d๐ − ๐d๐ Für d๐ = 0 fällt das letzte Glied der Gleichung weg und man erhält: d๐บ = d๐ป − ๐d๐ ≤ 0 Für alle natürlichen Prozesse in Systemen, die im Wärmeaustausch mit der Umgebung stehen, so dass die Temperatur konstant ist und für die d๐ = 0 ist, gilt d๐บ ≤ 0 Dabei gilt < für irreversible Prozesse, und = für reversible Prozesse. Prozesse in isothermen, isobaren Systemen laufen so ab, dass das System in einen Zustand möglichst geringer Enthalpie und möglichst großer Entropie übergehen will. Aus der Definition ๐บ ≡ ๐ป − ๐๐ folgt dann sofort, dass ๐บ beim Ablauf eines Prozesses immer kleiner werden muss (d.h. d๐บ ist negativ). Der Prozess ist dann zu Ende, wenn d๐บ = 0, oder wenn ๐บ ein Minimum erreicht hat. Für alle chemischen/biologischen Prozesse ist die Freie Enthalpie von besonderer Bedeutung, da sie: a) die Richtung des Ablaufs natürlicher (irreversibler) Prozesse unter den üblichen Umweltbedingungen (๐ = konst, ๐ = konst) beschreibt und b) den erreichbaren Endzustand (Gleichgewichtszustand) beschreibt. 11.2 Die Temperatur- und Druckabhängigkeit von ๐ฎ Wir verwenden die Definition von ๐บ = ๐ป − ๐๐ → d๐บ = d๐ป − ๐d๐ − ๐d๐ Mit dem ersten und zweiten Hauptsatz erhalten wir d๐ d๐ป − ๐d๐ d๐ = = → ๐d๐ = d๐ป − ๐d๐ ๐ ๐ Wir setzen dies ein und erhalten: d๐บ = d๐ป − d๐ป + ๐d๐ − ๐d๐ = ๐d๐ − ๐d๐ Da ๐ฎ = ๐(๐, ๐ป) ist, erhalten wir für das totale Differential: ๐๐บ ๐๐บ d๐บ = ๏ฟฝ๐๐๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ d๐ und vergleichen beide Gleichungen ๐ d๐บ = ๐ d๐ − ๐ d๐ Wir erhalten: ๐๐บ ๐ ๏ฟฝ๐๐๏ฟฝ = ๐ ๐ und ๐๐บ ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ = −๐ ๐ 91 11.3 Das Chemische Potential Die Freie Enthalpie hängt (wie auch ๐, ๐ป, ๐ usw.) von der Molzahl der Stoffe ab, d.h. für ein System, das aus mehreren Stoffen besteht, gilt: ๐บ = ๐(๐, ๐, ๐๐ ) d๐บ = ๏ฟฝ ๐๐บ ๐๐บ ๐๐บ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐๐ ๐,๐ ๐๐ ๐,๐๐ ๐๐๐ ๐,๐,๐ ๐ ๐ ๐๐บ ๐≠๐ d๐๐ Man führt als Abkürzung ein: ๐๐ = ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ ๐ ๐,๐,๐๐≠๐ und nennt diese Größe ‘partielle molare Freie Enthalpie’ oder ‘chemisches Potential’. ๐บ Für reine Stoffe gilt: ๐๐ = ๐๐ Das chemische Potential ist die molare Freie Enthalpie eines Stoffes d๐บ = ๐d๐ − ๐d๐ + ๏ฟฝ ๐๐ d๐๐ ๐ Für einen Stoff gilt also ๐บ d ๏ฟฝ ๏ฟฝ = d๐ = ๐๐ d๐ − ๐๐ d๐ ๐ wobei der Index ๐ anzeigt, dass es sich um molare Größen (intensive Größen) handelt. Das chemische Potential ist eine sehr wichtige Größe in der Thermodynamik. • Die Richtung natürlicher Prozesse ist so, dass sie zu einem Ausgleich vorhandener Differenzen des chemischen Potentials führt. • Im Gleichgewicht ändern sich die chemischen Potentiale nicht mehr. • Durch Differentation können aus µ die anderen thermodynamischen Funktionen erzeugt werden. Die Konzentrationsabhängigkeit des chemischen Potentials: Wir betrachten zunächst die Druckabhängigkeit des chemischen Potentials: 11.3.1. Reines, ideales Gas Es gilt bei ๐ = konst. d๐ = ๐๐ d๐ Einsetzen der idealen Gasgleichung ๐๐๐ = ๐ ๐ ergibt d๐ = ๐ ๐ d๐ ๐ Integration vom Druck ๐๐ (Standarddruck ๐๐ =1bar) bis zum Druck ๐ und entsprechend vom Standardpotential ๐ ๐ bis ๐ ergibt: 92 ๐ ๐ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ = ๐ ๐ ๏ฟฝ d๐ ๐ ๐ = ๐ ๐ (๐) + ๐ ๐ ln ๐ ๐๐ wobei ๐ ๐ (๐) von der Temperatur, aber nicht vom Druck (der ist ja ๐๐ =1bar) abhängt. 11.3.2. Mischung idealer Gase Im idealen Gas gibt es keine Wechselwirkungen zwischen den Teilchen, d.h. die Teilchensorte ๐ verhält sich so, als wären die anderen nicht vorhanden. Den Druck der Teilchensorte ๐ beschreibt man durch den Partialdruck ๐๐ und man erhält damit für das chemische Potential ๐๐ in der Mischung: ๐๐ ๐๐ = ๐๐๐ (๐) + ๐ ๐ ln ๐ ๐ ๐๐๐ (๐) ist das Standardpotential des Stoffes ๐, wenn ๐๐ = ๐๐ = 1 bar ist. Der Partialdruck ist mit dem Stoffmengenanteil verknüpft ๐๐ = ๐ฅ๐ ๐ p=Gesamtdruck Setzen wir dies ein, ergibt sich ๐๐ = ๐๐๐ (๐) + ๐ ๐ ln ๐ฅ๐ ๐ ๐ ๐ (๐) = ๐ + ๐ ๐ ln + ๐ ๐ ln๐ฅ๐ ๐ ๐๐ ๐๐ Man verwendet jetzt einen neuen Standardzustand, den wir mit dem Index 0 bezeichnen ๐ ๐๐0 (๐, ๐) = ๐๐๐ (๐) + ๐ ๐ ln ๐ ๐ der jetzt sowohl von ๐ und ๐ abhängt. Wir erhalten ๐๐ = ๐๐0 (๐, ๐) + ๐ ๐ ln๐ฅ๐ In dieser Gleichung wird die Zusammensetzung der Mischung durch den Stoffmengenanteil ๐ฅ๐ beschrieben. Die Gleichung gilt in dieser Form für alle idealen Mischungen auch für flüssige (Benzol/Toluol) und für feste (Ag/Au) Mischungen. 11.3.3. Ideale Lösungen In Lösungen verwendet man als Konzentrationsvariable häufig die Stoffmengenkonzentration. In Analogie zur vorigen Gleichung erhält man dann ๐๐ ๐๐ = ๐๐0 (๐, ๐) + ๐ ๐ ln 0 ๐ 93 darin ist ๐๐0 das chemische Standardpotential, das man erhält, wenn ๐๐ = ๐๐0 = 1 molkg −1 ist. ๐๐0 hängt von ๐ und ๐ ab und ist verschieden von ๐๐0 , das in der Gleichung mit ๐ฅ๐ definiert wurde. In manchen Büchern werden die verschiedenen ๐ 0 durch unterschiedliche Symbole gekennzeichnet. Zusammenfassung: Für ideale Systeme verwendet man die folgenden Gleichungen, um die Konzentrationsabhängigkeit des chemischen Potentials zu beschreiben. ๐ ๐๐ = ๐๐๐ + ๐ ๐ ln ๐๐๐ oder ๐๐ = ๐๐ = ๐๐0 ๐๐0 + ๐ ๐ ln๐ฅ๐ ๐ + ๐ ๐ ln ๐0๐ ๐ ๐ ๐๐ = ๐๐0 + ๐ ๐ ln ๐ 0๐ ๐ ideale Gase ideale Mischungen ideale Lösungen ideale Lösungen Standardzustände: Wir verwenden im Folgenden den Index ๐, wenn der Druck festgelegt ist ๐๐ = 1 bar wie in den Tabellen der thermodynamischen Funktionen. Wir verwenden den Index 0, wenn der Druck nicht festgelegt ist. Das Wort „ideal“ hat unterschiedliche Bedeutungen: Ideales Gas: Keine Wechselwirkungen zwischen den Teilchen ๐ด, d.h. die Wechselwirkungsenergie ๐(๐ด๐ด) = 0. Ideale Mischung (gasförmig, flüssig, fest): Die Energie der Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Teilchen ๐ด und ๐ต ist gleich groß, d.h. ๐(๐ด๐ด) ≈ ๐(๐ต๐ต) ≈ ๐(๐ด๐ต). Dies gilt z.B. für eine Mischung aus Benzol und Toluol (flüssig) oder Silber und Gold (fest). Ideale Gase bilden immer ideale Mischungen, da in diesem Fall ๐(๐ด๐ด) = ๐(๐ต๐ต) = ๐(๐ด๐ต) = 0 ist. Ideale Lösung: Die Energie der Wechselwirkung zwischen gelösten Teilchen A und dem Lösungsmittel B ist groß. Beispiel: Beim Auflösen von Zucker in Wasser gibt es starke Wechselwirkungen zwischen Zucker und Wassermolekülen, die zur Solvatation führen. Zwischen den gelösten Teilchen gibt es keine Wechselwirkungen. Dies kann man dadurch realisieren, dass man den mittleren Abstand zwischen den gelösten Molekülen sehr groß macht, d.h. sehr verdünnte Lösungen betrachtet. Für die Wechselwirkungsenergie gilt ๐(๐ด๐ด) = 0, ๐(๐ต๐ต) ≠ 0, ๐(๐ด๐ต) ≠ 0. 94 11.3.4. Reale Systeme Bei realen Systemen wird die Form der Gleichung für das Chemische Potential beibehalten, aber die Konzentration wird durch die Aktivität ersetzt. Unter der Aktivität versteht man eine korrigierte Konzentration, wobei der Korrekturfaktor („Aktivitätskoeffizient“) experimentell so bestimmt wird, dass das Ergebnis der Gleichung mit dem Experiment übereinstimmt. ๐ = ๐๐0 + ๐ ๐ ๐๐๐๐ , ๐๐ = Aktivität Wir betrachten im Folgenden nur ideale Systeme und verwenden für die auf die Standardwerte bezogene Größe die folgende Schreibweise: ๐๐ ๐๐ ๐๐ = {๐๐ }, 0 = {๐๐ }, 0 = {๐๐ } ๐ ๐ ๐ ๐ Die Wahl der Standardzustände für das chemische Potential ist weitgehend identisch mit den Standardzuständen, die wir bei den Enthalpien verwendet haben. Man muss beachten, dass für die Standardzustände mit dem Index ๐ 0 die Drücke noch nicht festgelegt sind. Wenn die Größen tabelliert sind, wird zusätzlich ๐ = 1 bar gewählt. 11.4 Die Temperaturabhängigkeit des chemischen Potentials Die Temperaturabhängigkeit der Freien Enthalpie ist durch die Gleichung d๐บ = −๐d๐ beschrieben. Wir erhalten daraus durch Division durch die Stoffmengen d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = −๐๐ d๐ ๐ wobei der Index ๐ andeutet, dass ๐ die molare (exakt: die partielle molare) Entropie ist. Integration ergibt: ๐ ๐ 2 2 ∫๐ d๐ = − ∫๐ ๐๐ d๐, falls ๐๐ = konstant ist, ergibt sich ๐2 = −๐1 − ๐๐ (๐2 − ๐1 ) 1 1 ๐ Wir benötigen häufig die Temperaturabhängigkeit der Größe ๐ . Mit der Quotientenregel für die Differentiation erhalten wir: ๐ d๐ d ๏ฟฝ๐ ๏ฟฝ ๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ − ๐ ๐(−๐๐ ) − ๐ d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = = d๐ ๐2 ๐2 ๐ Aus ๐บ = ๐ป − ๐๐ bzw. aus ๐ = ๐ป๐ − ๐๐๐ erhalten wir – ๐ − ๐๐๐ = −๐ป๐ (๐ป๐ ist die molare Enthalpie). Setzen wir dies ein, ergibt sich: ๐ d ๏ฟฝ๐๏ฟฝ ๐ป๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ =− 2 d๐ ๐ ๐ 95 Druck-, Temperatur- und Konzentrationsabhängigkeit des chemischen Potentials d๐ d๐ ๏ฟฝd๐๏ฟฝ = ๐๐ = Molvolumen ๏ฟฝd๐ ๏ฟฝ = −๐๐ = molare Entropie p=konst T=konst gasförmig fest ๐ 0 = ๐(๐, ๐) ๐ ๐ = ๐(๐) ๐0 ๐๐ ๐ = ๐ ๐ + ๐ ๐ ln ๐0 flüssig ๐ ๐๐ ๐ 0 = ๐(๐, ๐) ๐ 0 = 1๐ ๐ = ๐ 0 + ๐ ๐ ln ๐ = ๐ 0 + ๐ ๐ ln๐ฅ Lineare Darstellung: ๐ ๐ = ๐ 0 + ๐ ๐ ln ๐ ๐ ๐ฆ= ๐ + ๐ ๐ฅ ๐ ๐0 ๏ฟฝ d๐ ๐ dln 0 ๐ ๐0 ln ๏ฟฝ = ๐ ๐ ๐ ๐0 96 11.5 Das chemische Gleichgewicht Wir betrachten die folgende chemische Reaktion ๐๐ด + ๐๐ต → ๐๐ถ + ๐๐ท Für die Änderung der Freien Enthalpie gilt: d๐บ = ๐d๐ − ๐d๐ + ๏ฟฝ ๐๐ d๐๐ ๐ Die Stoffmengenänderungen d๐๐ sind nicht unabhängig voneinander und wir führen die Reaktionsvariable ein: ๐๐ = ๐๐๐ด + ๐๐ ๐ oder d๐๐ = ๐๐ d๐ Wir erhalten: d๐บ = ๐d๐ − ๐d๐ + ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ Bei konstantem Druck und konstanter Temperatur (d๐ = 0, d๐ = 0) ergibt sich: d๐บ = ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ d๐บ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ = โ๐ ๐บ d๐ ๐,๐ ๐ Darin ist โ๐ ๐บ die Freie Reaktionsenthalpie. Alle Prozesse laufen so ab, dass ๐บ immer kleiner wird und wenn ๐บ sein Minimum erreicht hat (d๐บ = 0) ist der Prozess zu Ende, d.h. der Gleichgewichtszustand ist erreicht. Im chemischen Gleichgewicht gilt also: d๐บ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ ๐,๐,(๐บ1) ๐ ๐บ1 = โ๐ ๐บ๐บ1 = 0 Wir betrachten eine Reaktion zwischen idealen Gasen und setzen deren chemisches Potential in die Gleichung ein: ๐๐ ๐๐ = ๐๐๐ + ๐ ๐ ln ๐ = ๐๐๐ + ๐ ๐ ln{๐๐ } ๐ Es ergibt sich: Δ๐ ๐บ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐๐ + ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐ ln{๐๐ } ๐ ๐ = โ๐ ๐บ ๐ + ๏ฟฝ ๐ ๐ ln{๐๐ }๐๐ = โ๐ ๐บ ๐ + ๐ ๐ ln ๏ฟฝ{๐๐ }๐๐ ๐ ๐ Wir nennen: โ๐ ๐บ ๐ = ∑๐ ๐๐ ๐๐๐ = Freie Standardreaktionsenthalpie ๐ = ∏๐{๐๐ }๐ = stöchiometrisches Produkt 97 Im Gleichgewicht ist Δ๐ ๐บ = 0 und wir erhalten: ๐ 0 = โ๐ ๐บ ๐ + ๐ ๐ ln ๏ฟฝ{๐๐ }๐บ1๐ ๐ Dabei zeigt der Index ๐บ1 an, dass es sich in dieser Gleichung um die Gleichgewichtspartialdrucke handelt, während es sich im Allgemeinen um beliebige (durch die Einwage vorgegebene) Partialdrucke handelt. Das stöchiometrische Produkt im Gleichgewicht nennen wir Gleichgewichtskonstante. ๐ ๐พ ๐ = ∏๐ {๐๐ }๐บ1๐ Die Gleichgewichtskonstante ๐พ ist dimensionslos. Sie ist nur eine Funktion der Temperatur, aber keine Funktion des Druckes (da ๐๐๐ bei 1 bar definiert ist). Aus den letzten beiden Gleichungen erhalten wir Δ๐ ๐บ ๐ = −๐ ๐ ln๐พ ๐ Diese Gleichung erlaubt die Berechnung der Gleichgewichtskonstanten aus der Freien Standardreaktionsenthalpie. Betrachten wir Reaktion in flüssigen und festen Phasen oder in Lösung, müssen wir bei der Herleitung nur die entsprechenden Gleichungen für die chemischen Potentiale verwenden. Wir erhalten: Δ๐ ๐บ 0 = −๐ ๐ ln๐พ 0 ๐ ๐ ๐พ๐ฅ0 = ∏๐ ๐ฅ๐๐บ1 ๐ 0 ๐พ๐ = ∏๐{๐๐ }๐บ1๐ ๐ ๐พ๐0 = ∏๐ {๐๐ }๐บ1๐ ๐ ๐พ 0 = ∏๐ {๐๐ }๐บ1๐ (feste und flüssige Phasen) (Lösungen) (Lösungen) (reale Systeme) Es gilt: Der Index ๐ in diesen Gleichungen bedeutet, dass ๐ซ๐ ๐ฎ๐ = ๐(๐, ๐ป) ist, während in der Gleichung für ideale Gase der Index ๐ฝ verwendet wird, d.h. ๐ซ๐ ๐ฎ๐ฝ = ๐(๐ป) und hängt nicht vom Druck ab. Beispiele: 1. Homogene Reaktion in der Gasphase: N2 (gas) + 3 H2 (gas) → 2NH3 (gas) 2 ๐(NH3 ) ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐ ๐2 (NH3 ) 2 ๐ ๐ ๐ ๐พ = ๏ฟฝ{๐๐ } ๐ = = ๏ฟฝ๐๐ ๏ฟฝ 3 3 ๐ (H2 )๐(N2 ) ๐(H ) ๐(N ) ๐ ๏ฟฝ ๐2 ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๐2 ๏ฟฝ ๐ ๐ 98 2. Homogene Reaktion in Lösung: (๐ด๐ง = CH3 COO) HAz(๐๐) + NaOH(๐๐) → NaAz(๐๐) + H2 O(๐๐) ๐(NaAz) โ ๐(H2 O) [NaA][H2 O] ๐0 โ ๐0 ๐พ 0 = ๏ฟฝ{๐๐ }๐๐ = = ๐(HAz) ๐(NaOH) [HAz][NaOH] โ ๐ ๐0 ๐0 Für H2 O wählt man als Konzentrationsvariable nicht die Stoffmengenkonzentration ๐ ๐ ๏ฟฝ๐๐ = ๐๐ ๏ฟฝ, sondern den Stoffmengenanteil ๏ฟฝ๐ฅ๐ = ∑ ๐๐ ๏ฟฝ. Da Wasser in sehr großem ๐ Überschuss vorhanden ist, gilt ๐ฅH2 O ≈ 1 und wir erhalten in dieser Näherung den Ausdruck ๐พ0 = 3. [NaAz]c 0 [HAz][NaOH] Heterogene Reaktionen: Bei heterogenen Reaktionen befinden sich die Reaktanten in verschiedenen Phasen. Die chemische Reaktion findet dann an der Phasengrenze statt. Die Herleitung der Gleichgewichts-konstanten ist aber völlig analog zur Herleitung für Reaktionen. Man muss nur die entsprechenden Gleichungen für ๐ einsetzen. CaCO3 (๐) → CaO(๐) + CO2 (๐๐๐ ) ๐พ0 = ๐ฅ(CaO){๐(CO2 )} ๐ฅ(CaCO3 ) Da CaO und CaCO3 reine Phasen sind, gilt ๐ฅ(CaO) = 1, ๐ฅ(CaCO3 ) = 1 und wir erhalten ๐พ0 = ๐(CO2 ) ๐0 In der Chemie werden manchmal dimensionsbehaftete Gleichgewichtskonstante verwendet. Die in der Thermodynamik verwendeten Gleichgewichtskonstanten sind dimensionslos. Als Konzentrationsvariable wird immer die für den jeweiligen Standardzustand verwendete Variable eingesetzt. Aus dem Zusammenhang zwischen โ๐ ๐บ und dem stöchiometrischen Produkt kann man auch berechnen, in welcher Richtung eine chemische Reaktion abläuft. Damit sie abläuft, muss โ๐ ๐บ < 0 sein. Kennt man also โ๐ ๐บ 0 , so kann man beliebige Konzentrationen vorgeben und ausrechnen, unter welchen Bedingungen โ๐ ๐บ < 0 ist. 99 11.6 Berechnung der Freien Standardreaktionsenthalpie Wie bei den Reaktionsenthalpien muss man nicht โ๐ ๐บ 0 für jede beliebige Reaktion messen. Wir definieren die Freie Bildungsenthalpie analog wie die Bildungsenthalpie einer Verbindung und können dann aus der Differenz zwischen Produkten und Edukten die Freie Reaktionsenthalpie errechnen. Auch die Standardzustände für gasförmige, flüssige und feste Stoffe und Lösungen definiert man in gleicher Weise. Wir haben diese Standardzustände auch schon bei den chemischen Potentialen verwendet. Auch hier definiert man als Nullpunkt der Skala, dass die Freie Standardbildungsenthalpie der Elemente in ihrem stabilsten Zustand gleich Null ist. Man macht also folgende Festlegungen: 1. Die Freie Enthalpie einer Verbindung ist gleich ihrer Freien Bildungsenthalpie aus den Elementen. 2. Bei der Bildungsreaktion befinden sich Produkte (= Verbindung) und Edukte (=Elemente) in ihren Standardzuständen. 3. Die Freie Bildungsenthalpie der Elemente in ihren Standardzuständen wird Null gesetzt โ๐ต ๐บ ๐ (๐ธ๐๐๐๐๐๐ก๐) = 0 Für die Freie Standardreaktionsenthalpie ergibt sich damit โ๐ ๐บ ๐ = ๏ฟฝ ๐๐ Δ๐ต ๐บ๐๐ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐๐ ๐ ๐ 4. In den Tabellen sind die Werte der Standardbildungsenthalpien โ๐ต ๐บ ๐ bei ๐ = 298 K und ๐ = 1 bar aufgeführt. Beispiel: 1 H2 (๐) + O2 (๐) → H2 O(๐๐) 2 Üblicherweise setzt man die molare freie Standardbildungsenthalpie einer Verbindung gleich ihrem chemischen Potential. ๐บ ๐ (H2 O) 1 = ๐ ๐ (H2 O) = Δ๐ต ๐บ ๐ (H2 O) − Δ๐ต ๐บ ๐ (H2 ) − Δ๐ต ๐บ ๐ (O2 ) ๐ 2 11.7 Die Temperaturabhängigkeit von ๐ฒ๐ฝ Wir berechnen jetzt für den einfachsten Fall die Temperaturabhängigkeit von ๐พ. Wir hatten bei ๐ = konst und ๐ = konst gefunden: ln๐พ ๐ = − 1 Δ๐ ๐บ ๐ ๐ ๐ Ändern wir die Temperatur, so gilt (๐ = konst) 100 Δ๐ ๐บ ๐ d ๏ฟฝ dln๐พ 1 ๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ ๏ฟฝ =− ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ ๐ ๐ d๐ ๐ ๐ ๐บ Die Temperaturabhängigkeit von ๐ bzw. damit für die Reaktionsenthalpie: ๐ ๐ hatten wir bereits berechnet und wir erhalten Δ๐ ๐ป ๐ dln๐พ ๐ ๏ฟฝ = ๏ฟฝ d๐ ๐ ๐ ๐ 2 Diese Gleichung nennt man die van’t Hoff’sche Gleichung. Wir integrieren unbestimmt, unter der Annahme, dass Δ๐ ๐ป ๐ konstant ist. ๏ฟฝ dln๐พ ๐ = ๏ฟฝ ln๐พ ๐ = − Δ๐ ๐ป ๐ d๐ ๐ ๐ 2 Δ๐ ๐ป ๐ 1 ๐ ๐ฆ =๐๐ฅ+๐ ๐ +๐ถ ๐ถ = Integrationskonstante 1 Dies ist eine Geradengleichung, d.h. die Auftragung von ln๐พ ๐ gegen ๐ sollte eine Gerade liefern. ln๐พ ๐ โ๐ป ๐ ๐=− ๐ โ๐ป ๐ > 0 ln๐พ ๐ 1 T Δ๐ ๐ป ๐ > 0 Wärme wird aufgenommen vom System: endotherm. ๐พ wird größer mit steigendem ๐ โ๐ป ๐ ๐=− ๐ โ๐ป ๐ < 0 1 T Δ๐ ๐ป ๐ < 0 Wärme wird abgegeben vom System: exotherm. ๐พ fällt mit steigendem ๐ Im Allgemeinen hängt Δ๐ ๐ป ๐ von der Temperatur ab, so dass wir dies bei der Integration berücksichtigen müssen. 101 11.8. Das chemische Gleichgewicht und โ๐ ๐ฎ Die Freie Reaktionsenthalpie setzt sich aus der Reaktionsenthalpie und der Reaktionsentropie zusammen. โ๐ ๐บ = โ๐ ๐ป − ๐โ๐ ๐ Setzen wir für โ๐ ๐ die Temperaturabhängigkeit von โ๐ ๐บ ein, ergibt sich dโ๐ ๐บ โ๐ ๐บ = โ๐ ๐ป + ๐ ๏ฟฝ d๐ ๏ฟฝ ๐ Man nennt diese beiden Gleichungen auch die Gibbs-Helmholtz-Gleichung. โ๐ ๐ป und โ๐ ๐ können unterschiedliche Vorzeichen haben und beeinflussen daher das Gleichgewicht und seine Temperaturabhängigkeit, wie dies mit den folgenden Beispielen gezeigt wird. exotherm โ๐ป ๏ โ๐บ −๐โ๐ Reaktion: H2(g) + Cl2(g) → 2 HCl(g) ๐ Δ๐ต ๐ป298 /(kJmol−1) 0 0 2 (-92,4) 130,6 223,0 2 (186,7) 0 2(-95,4) ๐ ๐298 /(kJmol−1) ๐ Δ๐ต ๐บ298 /(kJmol−1 ) 0 ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๐ โ๐ ๐ป ๐ = − 184,8 โ๐ ๐ ๐ = + 19,8 โ๐ ๐บ ๐ = − 190,8 Δ๐ ๐บ ๐ = Δ๐ ๐ป ๐ − ๐Δ๐ ๐ ๐ = −184,8 kJmol−1 − 298 K โ 19,8 kJmol−1 K −1 = −๐๐๐, ๐ kJmol−1 102 exotherm โG ๏ โH - TโS Reaktion: C2H5OH(fl) + 3 O2(g) → 2 CO2(g) +3 H2O(fl) ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๐ ๐ โ๐ต ๐ป298 /(kJmol−1 ) โ๐ ๐ป ๐ = −1366,1 ๐ ๐298 /(kJmol−1 ) โ๐ ๐ ๐ = −138,8 ๐ โ๐ต ๐บ298 /(kJmol−1 ) โ๐ ๐บ ๐ = −1325,6 Δ๐ ๐บ ๐ = Δ๐ ๐ป ๐ − ๐Δ๐ ๐ ๐ = −1366,1 kJmol−1 − 298 K (−138,8) kJmol−1 K −1 = −๐๐๐๐, ๐ kJmol−1 endotherm โ๐ป ๏ −๐โ๐ Reaktion: ๐ โ๐ต ๐ป298 /(kJmol−1 ) โ๐บ 1 N2 O5 (๐) → 2 NO2 (๐) + O2 (๐) 2 ๐ ๐298 /(Jmol−1 ๐พ −1 ) ๐ โ๐ต ๐บ298 /(kJmol−1 ) ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ ๐ โ๐ ๐ป ๐ = 109,4 โ๐ ๐ ๐ = 470,1 โ๐ ๐บ ๐ = −30,3 Δ๐ ๐บ ๐ = Δ๐ ๐ป ๐ − ๐Δ๐ ๐ ๐ = 109,4 kJmol−1 − 298 K โ 470,1 Jmol−1 K −1 = −๐๐, ๐ kJmol−1 Damit eine chemische Reaktion in einer bestimmten Richtung ablaufen kann, muss โ๐ ๐บ < 0 sein. Da sich โ๐ ๐บ aus โ๐ ๐ป und ๐โ๐ ๐ zusammensetzt, können die folgenden Fälle auftreten, damit โ๐ ๐บ < 0 wird: 103 1. โ๐ ๐ป < 0 (exotherm) und โ๐ ๐ > 0 (d.h. −๐โ๐ ๐ < 0) 2. โ๐ ๐ป < 0 (exotherm) und โ๐ ๐ < 0 (d.h. −๐โ๐ ๐ > 0) dann muss gelten, dass |โ๐ ๐ป| > |๐โ๐ ๐| ist. 3. โ๐ ๐ป > 0 (endotherm) und โ๐ ๐ > 0 (d.h. −๐โ๐ ๐ < 0) dann muss gelten, dass |โ๐ ๐ป| < |๐โ๐ ๐| ist. 4. Der vierte Fall โ๐ ๐ป > 0 und โ๐ ๐ < 0 kann nicht auftreten, da โ๐ ๐บ dabei nie negativ werden kann. Beispiele für die ersten 3 Fälle sind in den Abbildungen ๏ - ๏ dargestellt. Wir können auch den Einfluss der Temperatur auf das Gleichgewicht (โ๐ ๐บ) an Hand der Gibbs-Helmholtz-Gleichung qualitativ diskutieren. Annahme: โ๐ ๐ป und โ๐ ๐ seien konstant. Wir erhöhen die Temperatur. Dann ergibt sich: Fall 1: Erhöhung der Temperatur ändert die Gleichgewichtslage nicht, d.h. โ๐ ๐บ bleibt immer negativ. Fall 2: Erhöhung der Temperatur ändert die Gleichgewichtslage, da mit Vergrößern von (−๐โ๐ ๐) โ๐ ๐บ positiv wird, d.h. die Reaktionsrichtung umgekehrt wird. Fall 3: Erhöhung der Temperatur ändert die Gleichgewichtslage nicht, โ๐ ๐บ bleibt immer negativ. Grundsätzlich gilt also, dass je höher die Temperatur ist, desto stärker bestimmt das Vorzeichen der Entropieänderung die Reaktionsrichtung. Typische Beispiele sind Dissoziationreaktionen. Dabei entstehen aus einem Teilchen mindestens zwei Teilchen. Mehrere Einzelteilchen haben immer eine größere Entropie als das Teilchen, aus dem sie entstehen. Daraus folgt, dass je höher die Temperatur, desto stärker die Dissoziation. Beispiel: H2 O → H + + OH − ๐พ 0 = {H + }{OH − } 0 (298 −14 ๐พ K) = 10 ๐พ 0 (398 K) = 10−12 Diese Überlegungen sind sehr allgemein. Sie zeigen, dass bei hinreichend hohen Temperaturen alle Moleküle in die einzelnen Atome zerlegt werden. Bei noch höherer Temperatur erfolgt als weitere Dissoziation die Ionisierung aller Elemente, z.B. Na → Na+ + ๐, Na+ → Na2+ + ๐ usw. 104 12. Reaktionskinetik Die Reaktionskinetik beschäftigt sich mit der zeitlichen Veränderung der Konzentrationen in chemisch reagierenden Systemen. Die Thermodynamik beschreibt Gleichgewichtszustände. Die Kinetik beschreibt wie schnell die Gleichgewichtszustände erreicht werden, d.h. zusätzlich zu den üblichen Parametern der Thermodynamik tritt hier noch die Zeit, ๐ก, auf. 12.1. Definition der Reaktionsgeschwindigkeit Wir betrachten eine Reaktion Am Anfang sei d๐ด ๐ด →๐ต → → [๐ด] = [๐ด]0 [๐ต] = 0 − ๏ฟฝ d๐ก ๏ฟฝ ๐ก=0 Anfangskonzentration kein ๐ต vorhanden =Anfangsgeschwindigkeiten d๐ด − ๏ฟฝ ๏ฟฝ= Geschwindigkeit d๐ก zur Zeit t Man definiert als Reaktionsgeschwindigkeit: − d[๐ด] d๐ก = Ä๐๐๐๐๐ข๐๐ ๐๐๐ ๐พ๐๐๐ง๐๐๐ก๐๐๐ก๐๐๐ ๐ฃ๐๐ ๐ด ๐๐๐๐ก Da man die Reaktionsgeschwindigkeit als positive Zahl angibt, multipliziert man bei verschwindenden Stoffen mit −1. Bestimmt man die Geschwindigkeit bei ๐ก = 0, so erhält man die “Anfangsgeschwindigkeit“, die zur Konzentration [๐ด]0 gehört. Untersucht man die Geschwindigkeit bei verschiedenen Anfangskonzentrationen, findet man, dass die Geschwindigkeit von der Konzentration abhängt. − d[๐ด] = ๐[๐ด] d๐ก 105 Aus der chemischen Reaktionsgleichung (1) ergibt sich, dass aus 1 ๐ด jeweils 1 ๐ต gebildet wird, d.h. die Konzentration von ๐ด nimmt ab, die von ๐ต nimmt zu. − d[๐ด] d[๐ต] =+ d๐ก d๐ก Die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion kann also sowohl durch Messung von ๐ด als auch durch Messung von ๐ต ermittelt werden. Verallgemeinerung: ๐๐ด ๐ด + ๐๐ต ๐ต → ๐๐ถ ๐ถ + ๐๐ท ๐ท Wir hatten die Größe ๐ als Reaktionsvariable eingeführt: d๐๐ = ๐๐ d๐ Differenzieren wir nach ๐ก, so erhalten wir: d๐ d๐๐ = ๐๐ d๐ก d๐ก Dividiert man durch das Volumen in dem die Reaktion abläuft (๐ soll konstant bleiben bei der Reaktion), so erhält man: d๐๐ ๐d๐ก d๐ = ๐๐ ๐d๐ก = −1 −1 −1 Einheit: [ mol L s = M s ] d๐๐ d๐ก Allgemeine Definition der Reaktionsgeschwindigkeit: 1 d๐๐ ๐๐ d๐ก d๐ = ๐d๐ก Abkürzung = d๐ฅ d๐ก oder Abkürzung = ๐ Beispiel: 5 A + 2 B → C + 3D − 1 d[๐ด] 1 d[๐ต] d[๐ถ] 1 d[๐ท] =− = = 5 d๐ก 2 d๐ก d๐ก 3 d๐ก Entsprechend dieser Definition kann die Reaktionsgeschwindigkeit durch einen beliebigen Stoff ๐ gemessen werden. Division durch ๐๐ (Vorzeichen beachten) ergibt immer den gleichen Zahlenwert. 106 12.2. Die Reaktionsgeschwindigkeitsgleichung − d[๐ด] = ๐[๐ด] d๐ก Man findet, dass die Reaktionsgeschwindigkeit von der Zeit bzw. von der Konzentration abhängt. Trägt man z.B. d๐ด − d๐ก gegen die Konzentration von ๐ด auf, findet man je nach der betrachteten Reaktion verschiedene Zusammenhänge: − − d[๐ด] d๐ก d[๐ด] d๐ก = ๐[๐ด] − d[๐ด] d๐ก = ๐[๐ด]2 = ๐ ≠ ๐[๐ด] − d[๐ด] d๐ก = ๐[๐ด]3 d๐ด Diese verschiedene Abhängigkeiten von d๐ก von ๐ด benutzt man zur Klassifikation der Reaktionsgeschwindigkeitsgleichungen. Man nennt d๐ด Reaktion 0. Ordnung d๐ด Reaktion 2. Ordnung − d๐ก = ๐ d๐ด Reaktion 1. Ordnung d๐ด Reaktion 3. Ordnung − d๐ก = ๐๐ด − d๐ก = ๐๐ด2 − d๐ก = ๐๐ด3 Definition: Reaktionsordnungen Die Reaktionsordnung ist die Summe der Exponenten der Konzentrationen in der Geschwindigkeitsgleichung. Beispiele: d๐ด Reaktion 0. Ordnung: − d๐ก = ๐๐ด0 = ๐ Reaktion (๐ + ๐)ter Ordnung: Hat man verschiedene Reaktionspartner ๐ด und ๐ต, so findet man allgemein: d๐ด − d๐ก = ๐๐ด๐ ๐ต ๐ Die Ordnung der Reaktion ist dann (๐ + ๐) Reaktion mit gebrochener Ordnung: d๐ด 1 − d๐ก = ๐๐ด2 ๐ต Die Ordnung der Reaktion ist 1,5 107 0. Ordnung d๐ด − =๐ d๐ก ๐ด ๐ก − ๏ฟฝ d๐ด = ๐ ๏ฟฝ d๐ก ๐ด0 0 ๐ด −๐ด ๏ฟฝ = ๐๐ก = −๐ด + ๐ด0 ๐ด0 ๐ด = ๐ด0 − ๐๐ก 1. Ordnung (Elementarreaktion) d๐ด − = ๐๐ด d๐ก ๐ด ๐ก d๐ด −๏ฟฝ = ๐ ๏ฟฝ d๐ก A ๐ด0 0 ๐ด −ln๐ด ๏ฟฝ = ๐๐ก ๐ด0 ln ๐ด = −๐๐ก ๐ด0 ๐ด = ๐ด0 exp(−๐๐ก) 2. Ordnung (Elementarreaktion) d๐ด − = ๐๐ด2 d๐ก ๐ด ๐ก d๐ด − ๏ฟฝ 2 = ๐ ๏ฟฝ d๐ก A ๐ด0 3.Ordnung d๐ด = ๐๐ด3 d๐ก ๐ด ๐ก d๐ด − ๏ฟฝ 3 = ๐ ๏ฟฝ d๐ก A − 0 ๐ด0 1 ๐ด − ๏ฟฝ− ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐๐ก ๐ด ๐ด0 0 1 ๐ด − ๏ฟฝ− 2 ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐๐ก 2๐ด ๐ด0 1 1 − = ๐๐ก ๐ด ๐ด0 1 1 = + ๐๐ก ๐ด ๐ด0 1 1 − = ๐๐ก 2๐ด2 2๐ด20 1 1 = + 2๐๐ก ๐ด2 ๐ด20 1 Zusammenhang zwischen Halbwertzeit und Geschwindigkeitskonstante: Integration wird durchgeführt von ๐ด0 bis ๐ด0 und entsprechend von ๐ก = 0 bis ๐ (Halbwertzeit) 1 ๐ด = ๐ด0 − ๐๐1/2 2 0 ๐= ๐ด0 2๐1/2 Beispiele: Heterogene Katalyse Enzymkinetik → keine Elementarreaktion ln 1 ๐ด 2 0 ๐ด0 = −๐๐1/2 −ln2 = −๐๐1/2 ๐= ln2 ๐1/2 Beispiele: radioaktiver Zerfall 32 P → 32S + e N2O4 → 2 NO2 1 1 = + ๐๐1/2 ๐ด0 ๐ด0 2 2 1 − = ๐๐1/2 ๐ด0 ๐ด0 1 ๐= ๐ด0 ๐1/2 Beispiele: Esterverseifung J2 + H2 →2 H J 2 1 1 = + 2๐๐1/2 ๐ด0 2 ๐ด20 ๏ฟฝ ๏ฟฝ 2 4 1 − = 2๐๐1/2 ๐ด20 ๐ด20 3 = 2๐๐1/2 ๐ด30 3 ๐= 2 2๐ด0 ๐1/2 Beispiel: 2 NO + O2 → 2 NO2 108 Die Reaktionsordnung erlaubt die Einordnung in einen mathematischen Formalismus, d.h. alle Reaktionen, die die gleiche Reaktionsordnung haben, gehorchen den gleichen Gleichungen (siehe Tabelle S. 3). Die Kenntnis der Reaktionsordnung erlaubt im Allgemeinen keine Aussage über den Mechanismus. Bsp. N 2 O5 ๐1 2 NO2 + N 2 O4 + N 2 O4 ๐2 → 2 NO2 P → 32 32 ( ) 1 2 1 2 O2 O2 alles Reaktionen 1. Ordnung S+e 3− 2 ๏ฃฎ Mn C2 O 42− ๏ฃน → 2 Mn 2+ + 5C2 O 42− + 2 CO 2 3๏ฃป ๏ฃฐ Komplizierte Reaktionen laufen immer über eine Zahl von einfachen Teilschritten (z.B. Verbrennung von Benzin) C7 H16 + 10 O2 → 6 CO2 + 7 H2O + CO + H2 Bei ‘einfachen Teilschritten’ ist die stöchiometrische Gleichung identisch mit dem molekularen Mechanismus. Man nennt dies ‘Elementarreaktion’. Elementarreaktionen sind immer 1. oder 2. Ordnung in seltenen Fällen 3. Ordnung. Der Grund hierfür ist, dass der gleichzeitige Zusammenstoß von 3 Molekülen sehr unwahrscheinlich ist. Def.: Der Reaktionsmechanismus ist die Gesamtheit aller Elementarreaktionen einer Reaktion. Bsp: Gesamtreaktion: H2O2 → H2O + 1 2 O2 Mechanismus des Zerfalls von H 2 O 2 in der Gasphase H2O2 + M → 2 OH + M OH + H2O2 → H2O + HO2 HO2 + OH → H2O + O2 2 HO2 → H2O2 + O2 (M ist ein beliebiger Stoßpartner) Bsp. Aufstellen der Differentialgleichungen für Mechanismus einer Enzymreaktion: (๐ = Substrat, ๐ = Produkt, ๐ธ = Enzym) Gesamtreaktion ๐ → ๐ Mechanismus (Michaelis-Menten-Kinetik) 109 1) Alle Teilschritte sind entweder 1. oder 2. Ordnung. 2) Alle Wege, die zu einer Substanz führen, müssen berücksichtigt werden; Zunahme positiv, Abnahme negativ. 3) Lösung des Differentialgleichungssystems a) analytisch mit Hilfe von Vereinfachungen b) numerische Integration (Rechner) ๐ธ+๐ ๏ฃง๏ฃง1 → ←๏ฃง k − 1๏ฃง k ๐ธ+๐ ๐ธ๐ ๐ธ๐ ๏ฃง๏ฃง1 → k −1 ๏ฃง๏ฃง → k2 ๏ฃง๏ฃง→ d[๐ธ๐] d๐ก d[๐ธ] d๐ก = k ๏ฃง๏ฃง2 → k ๐ธ๐ ๐ธ๐ ๐ธ+๐ ๐ธ+๐ ๐ธ+๐ Einzelschritte d[๐] d๐ก = = ๐1 [๐ธ][๐] − ๐−1 [๐ธ๐] − ๐2 [๐ธ๐] d[๐] d๐ก = −๐1 [๐ธ][๐] + ๐−1 [๐ธ๐] ๐2 [๐ธ๐] Geschwindigkeitsgleichungen −๐1 [๐ธ][๐] + ๐−1 [๐ธ๐] + ๐2 [๐ธ๐] 12.3. Experimentelle Bestimmung der Reaktionsordnung und der Geschwindigkeitskonstanten a) b) Grafisch: Auftragung, so dass Gerade entsteht (siehe Grafik S. 99). Die Auftragung, die zu einer Geraden führt, ergibt die Reaktionsordnung. Aus der Steigung dieser Geraden entnimmt man die Geschwindigkeitskonstante. 0. Ordnung ๐ด gegen ๐ก 1. Ordnung ln๐ด gegen ๐ก 1 2. Ordnung ๐ด gegen ๐ก Halbwertszeiten = ๐(๐ด0 ) ? Ausprobieren siehe Tabelle Seite 99 110 c) − Methode der Anfangsgeschwindigkeiten d๐ด = ๐[๐ด]๐ [๐ต]๐ = ๐ฃ d๐ก −๏ฟฝ d๐ด ๏ฟฝ = ๐ฃ1 d๐ก 1 d๐ด − ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐ฃ2 d๐ก 2 Für die Anfangsbedingungen 1: Für die Anfangsbedingungen 2: Division beider Gleichungen: ๐ฃ1 = ๐[๐ด1 ]๐ [๐ต1 ]๐ ๐ฃ2 = ๐[๐ด2 ]๐ [๐ต2 ]๐ ๐ฃ1 ๐[๐ด1 ]๐ [๐ต1]๐ = ๐ฃ2 ๐[๐ด2 ]๐ [๐ต2 ]๐ Die experimentellen Bedingungen werden so gewählt, dass in Versuch 1 und 2 sich nur ๐ด unterscheidet, dass aber ๐ต gleich ist [๐ต1] = [๐ต2]. Man erhält dann ๐ฃ ๐ lg ๐ฃ1 [๐ด1 ] [๐ด1 ] ๐ฃ1 [๐ด1 ]๐ ๐ฃ1 2 = =๏ฟฝ ๏ฟฝ → lg = ๐ lg →๐= ๐ [๐ด ] [๐ด2 ] [๐ด2 ] ๐ฃ2 [๐ด2 ] ๐ฃ2 lg 1 [๐ด2 ] In zwei anderen Experimenten werden die Bedingungen so gewählt, dass ๐ต verschieden ist, aber ๐ด jeweils gleich ist [๐ด3 ] = [๐ด4 ]. Man erhält ๐ฃ ๐ lg ๐ฃ3 [๐ต3 ] [๐ต3 ] ๐ฃ3 ๐[๐ด3 ]๐ [๐ต3 ]๐ ๐ฃ3 4 = =๏ฟฝ ๏ฟฝ → lg = ๐ lg →๐= ๐ ๐ [๐ต ] [๐ต4 ] [๐ต4 ] ๐ฃ4 ๐[๐ด4 ] [๐ต4 ] ๐ฃ4 lg 3 [๐ต4 ] Wenn ๐ und ๐ bekannt sind, kann ๐ aus jeder dieser Gleichungen bestimmt werden z.B.: 111 ๐= ๐ฃ2 ๐ฃ3 = = ๐ข๐ ๐ค. [๐ด2 ]๐ [๐ต2 ]๐ [๐ด3 ]๐ [๐ต3 ]๐ d) Wenn einer der reagierenden Stoffe im großen Überschuss vorhanden ist, kann man folgende Vereinfachungen machen: ๐ด+๐ต → Produkte d๐ต = ๐[๐ด0 ] = ๐[๐ด][๐ต] − d๐ก − Bsp.: d[๐ต] d๐ก = ๐ ∗ [๐ต] = ๐∗ z.B. [๐ด0 ] > 100 [๐ต0], d.h. ๐ด ändert sich bei der Reaktion praktisch nicht ( = konstant) Reaktion ‘pseudoerster Ordnung’ Bestimmung von ๐ ∗ wie üblich (nach Methode a, b oder c),dann Berechnung von ๐ nach Gl. 4.8 mit der bekannten Konzentration [๐ด0 ] d๐ต = ๐[๐ต][๐ด] d๐ = ๐[๐ด][๐ต] = ๐ ∗ [๐ต] Hydrolyse eines Esters R −C O − O๏ณ R' + H 2 O ๏ฑ๏ด๏ด ๏ฒ๏ด๏ด ๏ป B A → R − C O O H + R'O H Die Konzentration des Esters (B) liegt üblicherweise zwischen (10−3 − 10−1) M, die des Wassers ist 55,5 M, d.h. die Wasserkonzentration ändert sich auch bei vollständigem Umsatz praktisch nicht. Betrachten wir eine Lösung von 10−1 M Ester in Wasser, so ist die Wasserkonzentration darin etwa 55 M (nachrechnen und vergleichen mit der Wasserkonzentration in reinem Wasser). 12.4. Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten Empirisch wurde von Arrhenius gefunden: ๐ธ ๐ = ๐0 exp ๏ฟฝ− ๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๐ ๐0 ๐ธ๐ = = = = Geschwindigkeitskonstante Geschwindigkeitskonstante bei ๐ → ∞ maximale Geschwindigkeitskonstante Aktivierungsenergie Für eine Reaktion müssen zunächst zwei Moleküle zusammenstoßen, d.h. die maximale Reaktionsgeschwindigkeit, die man messen kann ist gleich der Stoßzahl ( = Zahl der Zusammenstöße zwischen allen ๐ด- und ๐ต-Molekülen). Diese Zahl ist sehr groß (PC I, Thermodynamik Kap. 3.4); die gemessenen Reaktionsgeschwindigkeiten sind viel kleiner. 112 Daraus folgt, dass nicht alle Zusammenstöße zur Reaktion führen. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Geschwindigkeit der Moleküle, wodurch die Zusammenstöße unterschiedlich heftig (mit verschiedenen Energien) erfolgen. Um jedoch reagieren zu können, müssen die Elektronenwolken der Moleküle soweit deformiert werden, dass sie sich neu ordnen können, d.h. man benötigt dazu beim Stoß eine gewisse Mindestenergie. Diese Energie nennt man die Aktivierungsenergie (da sie das Molekül für die Reaktion ‘aktiviert’). Interpretation: ๐0 ^ Stoßzahl zwischen ๐ด und ๐ต ๐ ๐ธ = exp ๏ฟฝ− ๐ ๐๐ ๏ฟฝ ^ Bruchteil der Zusammenstöße, die eine ๐ 0 Energie ๐ธ ≥ ๐ธ๐ besitzen In einem Energiediagramm sieht der Reaktionsverlauf wie folgt aus: โ๐ ๐ป 0 = ๏ฟฝ ๐๐ ๐ป๐0 = Reaktionsenthalpie โ๐ ๐ 0 = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐0 = Reaktionsenergie Aus dem Diagramm liest man direkt ab: Δ๐ป 0 (bzw. Δ๐ 0 ) = ๐ธ๐ (hin) − ๐ธ๐ (rück) Verschiedene Temperaturabhängigkeiten von ๐ 113 Bestimmung von ๐ฌ๐ : 1) Bestimmung der Reaktionsordnung und ๐ 2) Durchführung dieser Messungen bei verschiedenen Temperaturen 1 3) Auftragung ln๐ gegen ๐ 4) Steigung im Diagramm ist ๏ฟฝ− ๐= ln๐2 − ln๐1 1 1 ๐2 − ๐1 = ๐ = = ln๐ ๐ฆ ๐ธ๐ ๐ ๏ฟฝ ๐ธ ๐0 exp ๏ฟฝ− ๐ ๐๐ ๏ฟฝ ๐ธ 1 ln๐0 − ๐ ๐ด ๐ ๐ + ๐ ๐ฅ Differenziert man die Gleichung, erhält man: ๐ธ๐ dln๐ = ๐ ๐ 2 d๐ (analog zur van’t Hoff’schen Gleichung). 12.5. Hin- und Rückreaktion Chemische Reaktionen können sowohl in Hin- als auch in Rückrichtung ablaufen (bis jeweils zum Gleichgewichtszustand). ๐ด+๐ต d๐ด d๐ก d๐ด d๐ก ๏ฃง๏ฃง ๏ฃง1 ๏ฃง → ← k2 k = −๐1 [๐ด][๐ต] = ๐2 [๐ถ][๐ท] ๐ถ+๐ท Hin Rück d๐ด Gesamt: d๐ก = −๐1 [๐ด][๐ต] + ๐2 [๐ถ][๐ท] Wenn sich die Konzentration von A nicht mehr ändert (Gleichgewicht) gilt: d๐ด = 0 = −๐1 [๐ด]๐บ๐ [๐ต]๐บ๐ + ๐2 [๐ถ]๐บ๐ [๐ท]๐บ๐ d๐ก Oder [๐ถ]๐บ๐ [๐ท]๐บ๐ ๐1 = =๐พ [๐ด]๐บ๐ [๐ต]๐บ๐ ๐2 Die Geschwindigkeitskonstanten ๐1 und ๐2 hängen nicht von den Konzentrationen ab, ihr Verhältnis ist die Gleichgewichtskonstante. 114 ab hier ist A und C konstant d.h. d๐ด =0 d๐ก C Bsp.: ๐ป2 + ๐ฝ2 2๐ป๐ฝ 1 d[๐ป๐ฝ] 2 d๐ก 1 d[๐ป๐ฝ] 2 d๐ก ๏ฃง๏ฃง1 → k ๏ฃง๏ฃง2 → k = = 2๐ป๐ฝ ๐ป2 + ๐ฝ2 ๐1 [๐ป2 ][๐ฝ2 ] −๐2 [๐ป๐ฝ]2 bei ๐ = 500 K wurde gefunden (Bodenstein): ๐1 ๐2 = 4,3 . 10−1 M−1 s−1 = 6,4 . 10−3 M−1 s−1 ๐1 4,3 โ 10−1 M −1 s−1 ๐พ= = = 67 ๐2 6,4 โ 10−3 M −1 s−1 12.6. Parallelreaktionen Manchmal können 2 oder mehrere parallele Reaktionen auftreten z.B. kB ๐ด kC ๐ต weiße Kristalle (erwünscht) ๐ถ schwarzer Teer (unerwünscht) d[๐ด] = ๐๐ต [๐ด] + ๐๐ถ [๐ด] = (๐๐ต + ๐๐ถ )[๐ด] d๐ก d๐ด − [๐ด] = (๐๐ต + ๐๐ถ )d๐ก Integration: ๐ด = ๐ด0 exp{−(๐๐ต + ๐๐ถ )๐ก} − Für ๐ต ergibt sich d๐ต d๐ก ๐ต = ๐๐ต [๐ด] = ๐๐ต ๐ด0 exp{−(๐๐ต + ๐๐ถ )๐ก} ๐ก ๏ฟฝ d๐ต = ๐๐ต ๐ด0 ๏ฟฝ exp{−(๐๐ต + ๐๐ถ )๐ก}d๐ก 0 0 115 ๐ต = ๐ก ๐๐ต ๐ด0 ๐๐ต ๐ด0 [1 − exp{−(๐๐ต + ๐๐ถ )๐ก}] exp{−(๐๐ต + ๐๐ถ )๐ก} ๏ฟฝ = ๐๐ต + ๐๐ถ ๐๐ต + ๐๐ถ 0 Für ๐ถ ergibt sich entsprechend: ๐ถ= ๐๐ถ ๐ด0 [1 − exp{−(๐๐ต + ๐๐ถ )๐ก}] ๐๐ต + ๐๐ถ Die schnellere Reaktion bestimmt die Geschwindigkeit und das bevorzugte Produkt. In der Abbildung ist ein Fall dargestellt, bei dem zum Produkt ๐ถ ein geringerer Aktivierungsberg führt (^ schnellere Reaktion), zu B führt ein höherer Aktivierungsberg (^ langsamer) aber die Endprodukte B sind sehr viel stabiler, d.h. sie reagieren praktisch nicht mehr zu den Edukten zurück. Führt man in diesem Fall die Reaktion kurze Zeit durch, bildet sich praktisch nur ๐ถ (^ kinetisch kontrollierte Reaktion), führt man sie längere Zeit durch, verschwindet ๐ถ wieder (durch Rückreaktion) und es bildet sich dann nur ๐ต (^ thermodynamisch kontrollierte Reaktion). 12.7. Folgereaktionen ๐ด ๏ฃง๏ฃง1 → k bei ๐ก = 0 soll gelten ๐ต ๏ฃง๏ฃง2 → k ๐ถ ๐ด = ๐ด0 , ๐ต = 0, ๐ถ = 0 Für die verschiedenen Stoffe gilt: d[๐ด] = −๐1 [๐ด] d๐ก d[๐ต] = ๐1 [๐ด] − ๐2 [๐ต] d๐ก 116 d[๐ถ] = ๐2 [๐ต] d๐ก Die Integration der ersten Gleichung ergibt: ๐ด = ๐ด0 exp(−๐1 ๐ก) Dieser Ausdruck wird in die Differentialgleichung für ๐ต eingesetzt d[๐ต] = ๐1 ๐ด0 exp(−๐1 ๐ก) − ๐2 ๐ต d๐ก Die Lösung dieser Differentialgleichung ergibt (siehe Nebenrechnung) [๐ต] = ๐1 [๐ด0 ] {exp(−๐1 ๐ก) − exp(−๐2 ๐ก)} ๐2 − ๐1 Eingesetzt in Differentialgleichung für ๐ถ erhält man dann: [๐ถ] = ๐ด0 ๏ฟฝ1 − ๐2 ๐1 exp(−๐1 ๐ก) + exp(−๐2 ๐ก)๏ฟฝ ๐2 − ๐1 ๐2 − ๐1 Je nach der Größe von ๐1 und ๐2 sieht der Konzentrations-Zeitverlauf verschieden aus (siehe Abbildung) [Abbildungen: Samuel R. Logan: Grundlagen der Chemischen Kinetik. Wiley-VCH 1997, S. 47] Wenn ๐2 โซ ๐1 dann ist [๐ต] sehr klein, dann ist auch d[๐ต] ( d๐ก = ๐1 [๐ด] − ๐2 [๐ต]) gilt: Daraus ergibt sich: [๐ต] = d[๐ต] d๐ก d[๐ต] ๐1 ๐2 [๐ด] d๐ก sehr klein, so dass für Gleichung = ๐1 [๐ด] − ๐2 [๐ต] ≈ 0 Setzt man obige Gleichung in die Geschwindigkeitsgleichungen ein, so erhält man: 117 d[๐ถ] = ๐2 [๐ต] = ๐1 [๐ด] d๐ก Diese Gleichung kann man direkt integrieren und erhält: ๐ถ = ๐ด0 {1 − exp(−๐1 ๐ก)} Diese Gleichung ist die vereinfachte Form der Differentialgleichung, wenn [๐ต] sehr klein ist. Bei dieser Näherung wird also angenommen, dass sich die Konzentration des Zwischenprodukts B praktisch nicht ändert. Man nennt diese Näherung die ‘Quasistationarität’ (d.h. eigentlich ist B nicht wirklich konstant, aber diese Annahme ist für viele Reaktionen eine gute Näherung). Diese Annahme erleichtert die mathematische Behandlung sehr und wurde von Bodenstein für die Behandlung komplizierter Reaktionsmechanismen eingeführt. 12.8. Katalyse Katalysatoren beeinflussen die Geschwindigkeit der Reaktionen. Sie haben die folgenden Eigenschaften: 1. Sie beschleunigen die Geschwindigkeit der Hin- und der Rückreaktion, d.h. sie beeinflussen nicht die Gleichgewichtskonstante einer chemischen Reaktion (wenn das nicht so wäre könnte man ein Perpetuum mobile konstruieren). 2. Sie gehen aus der Reaktion unverändert hervor. Dies bedeutet, dass man nur sehr geringe Mengen eines Katalysators benötigt. 3. Katalysatoren sind zum Teil hochspezifisch. Sie beschleunigen nur bestimmte Reaktionen. Sind verschiedene Reaktionswege möglich (Parallelreaktionen), so können Katalysatoren einen bestimmten Reaktionsweg bevorzugen, so dass praktisch nur eine Reaktion abläuft. 4. Proteine (Enzyme) sind natürliche Katalysatoren. Zusätzlich zu den Eigenschaften 1-3 ist bei ihnen zu berücksichtigen, dass ihre Eigenschaften vom pH-Wert, Salzkonzentration und von der Temperatur (Denaturierung der Proteine) abhängen. 5. Katalysatoren wirken durch Herabsetzung der Aktivierungsenergie und durch günstigere gegenseitige Orientierung der Reaktanten. 118 Bsp. H2O2 → H2O + ๐ธ๐ ๐ธ๐ = = 71 kJ mol−1 (nicht katalysiert) 8 kJ mol−1 (katalysiert durch das Enzym Katalase) 1 2 O2 12.9. Enzymkatalyse Die einfachste Vorstellung davon, wie ein Enzym arbeitet, wurde 1913 von Michaelis und Menten entwickelt. Das Enzym ๐ธ bindet das Substrat ๐ zum Enzymsubstratkomplex ๐ธ๐. ๐ธ๐ kann entweder in die Edukte ๐ธ und S oder in die Produkte ๐ธ und ๐ zerfallen. Die Reaktionsgleichungen lauten: ๐ธ + ๐ 1 ๏ฃง๏ฃง → ← ๏ฃง k −1๏ฃง k ๐ธ๐ ๏ฃง๏ฃง2 → k Die Reaktion erfolgt also in zwei Schritten: ๐ธ + ๐ (10.1) 1. Bindung des Substrats an das Enzym 2. Bildung und Freisetzung des Produkts Die Bindung des Substrats erfolgt an einer bestimmten Stelle des Enzyms; diese nennt man das aktive Zentrum. Anschaulich sieht das so aus: 119 Die Geschwindigkeit ๐ฃ einer chemischen Reaktion kann man durch die Zunahme der Produktkonzentration messen, d.h. (10.2) → ๐ฃ ≡ d[๐] d๐ก Für ๐ธ๐ gilt folgende Gleichung: → d[๐ธ๐] = d๐ก = ๐2 [๐ธ๐] (10.3) ๐1 [๐ธ] [๐] − ๐−1 [๐ธ๐] − ๐−2 [๐ธ๐] Gibt man nun zum freien Enzym das Substrat hinzu, so wird sich ๐ธ๐ bilden. Danach wird das Produkt freigesetzt, und dabei auch freies Enzym gebildet, das erneut in die Reaktion eingehen kann. Nach einer kurzen Anlaufphase wird die Geschwindigkeit der Bildung von ๐ธ๐ genau so groß sein wie die des Zerfalls: das bedeutet, dass sich die Konzentration von ๐ธ๐ nicht ändert. Mathematisch bedeutet das: (10.4) d[๐ธ๐] = 0 d๐ก Mit dieser Vereinfachung (‘Stationaritätsbedingung’) erhält man aus den Gleichungen (10.3) und (10.4): (10.5) ๐1 [๐ธ][๐] [๐ธ๐] = ๐−1 + ๐2 Darin bedeuten [๐ธ] und [๐] die freie Enzym- bzw. Substratkonzentration. Man kann nun die Gesamtenzym- [๐ธ]0 bzw. Gesamtsubstratkonzentration [๐]0 einführen, die sich aus der jeweils eingesetzten Menge ergibt. Aus der Massenbilanz ergibt sich dann: [๐ธ]0 [๐]0 = = [๐ธ] + [๐ธ๐] [๐] + [๐ธ๐] (10.6) (10.7) Da man üblicherweise nur sehr geringe Enzym- aber hohe Substratkonzentrationen einsetzt, kann man die ๐ธ๐-Konzentration neben der freien Substratkonzentration vernachlässigen, d.h. es gilt: (10.8) [๐] [๐]0 = Setzt man die Gleichungen (10.6), (10.7) und (10.8) in Gleichung (10.5) ein, so erhält man: 120 [๐ธ๐] = [๐ธ๐] ๐−1 + [๐ธ๐]๐2 + k1 [๐ธ๐][๐] [๐ธ๐] (๐−1 + ๐2 + ๐1 [๐]) = = [๐ธ๐] (๐−1 + ๐2 ) [๐ธ๐] [๐ธ๐] Man führt folgende Abkürzung ein: = = ๐1 ([๐ธ]0 − [๐ธ๐])[๐] ๐−1 + ๐2 ๐1 ([๐ธ]0 − [๐ธ๐])[๐] = ๐1 [E]0 [๐] − k1 [๐ธ๐][๐] ๐1 [E]0 [๐] ๐1 [E]0 [๐] ๐1 [E]0 [๐] ๐−1 + ๐2 + ๐1 [๐] [๐ธ]0 [๐] = ๐−1 + ๐2 + [๐] ๐1 (10.9) (10.10) ๐−1 + ๐2 = ๐พ๐ ๐1 und nennt diese Größe Michaelis-Menten-Konstante. Setzt man Gleichung (10.10) in Gleichung (10.9) ein, und diese dann in Gleichung (10.2), so ergibt sich: ๐ฃ= ๐2 [๐ธ]0 [๐] ๐พ๐ + [๐] Man führt noch folgende Abkürzung ein: ๐2 [๐ธ]0 ≡ ๐ฃ๐๐๐ฅ (10.11) (10.12) Die Größe ๐ฃ๐๐๐ฅ /[๐ธ]0 nennt man auch die Wechselzahl oder den „turnover“ des Enzyms. Diese Größe ist die maximale Geschwindigkeit der Reaktion. Aus den Gleichungen (10.11) und (10.12) ergibt sich dann die Michaelis-Menten-Gleichung: (10.13) ๐ฃ= ๐ฃ๐๐๐ฅ [๐] ๐พ๐ + [๐] Die Abbildung 1 zeigt schematisch die Abhängigkeit der Geschwindigkeit, ๐ฃ, von der Substrat-konzentration ๐ nach Gleichung (10.13) (‘Michaelis-Menten-Kinetik’): 121 Anhand der Gleichung (10.13) kann man verschiedene Grenzfälle diskutieren: 1. Kleine Substratkonzentrationen [๐] โช ๐พ๐ Dann kann man den Summanden [๐] neben ๐พ๐ im Nenner von Gleichung vernachlässigen und erhält: (10.14) (10.13) (10.15) ๐ฃ๐๐๐ฅ [๐] ๐ฃ= ๐พ๐ d.h. die Geschwindigkeit der Reaktion ist proportional zur Substratkonzentration (linearer Bereich in der Abbildung) 2. Hohe Substratkonzentration (10.16) [๐] โซ ๐พ๐ Dann kann man den Summanden ๐พ๐ neben [๐] im Nenner von Gleichung (10.1) vernachlässigen und erhält: (10.17) ๐ฃ = ๐ฃ๐๐๐ฅ d.h. die Geschwindigkeit der Reaktion hängt nicht mehr von der Substratkonzentration ab. Die Reaktion hat ihre Maximalgeschwindigkeit erreicht (siehe Abbildung). 3. Die Substratkonzentration sei so groß wie ๐พ๐ : [๐] = ๐พ๐ Dann erhält man aus Gleichung (10.13) ๐ฃ๐๐๐ฅ [๐] ๐ฃ๐๐๐ฅ [๐] ๐ฃ๐๐๐ฅ ๐ฃ = = = [๐] + [๐] 2[๐] 2 (10.18) (10.19) 122 d.h. die halbmaximale Geschwindigkeit wird gerade dann erreicht, wenn die Substratkonzentration so groß ist wie der Wert von ๐พ๐ . Umgekehrt hat man eine einfache Möglichkeit den ๐พ๐ -Wert abzuschätzen: Er entspricht gerade der Konzentration, bei der die halbmaximale Geschwindigkeit erreicht wird (siehe Abbildung). Bildet man der Reziprokwert der Gleichung (10.13), so ergibt sich: 1 ๐พ๐ + [๐] 1 ๐พ๐ 1 = = + ๐ฃ ๐ฃ๐๐๐ฅ [๐] ๐ฃ๐๐๐ฅ ๐ฃ๐๐๐ฅ [๐] ๐ฆ =๐+๐๐ฅ 1 1 Auftragung ๐ฃ gegen ๐ ergibt eine Gerade (Lineweaver-Burk-Auftragung) 1 1 ๐ฃ ๐๐ก๐๐๐๐ข๐๐ = ๐ฃ๐๐๐ฅ − ๐พ๐ ๐ฃ๐๐๐ฅ 1 ๐พ๐ Aus dieser Auftragung kann man ๐ฃ๐๐๐ฅ und ๐พ๐ ermitteln. 1 [๐] 12.10. Aktivierungsenergie bei komplexen Reaktionen 1. Bei Elementarreaktionen gilt: ๐ธ๐ > 0 2. Bei Reaktionen zwischen Radikalen (Atomen) kann auch der Fall ๐ธ๐ ≈ 0 auftreten. 3. Übliche chemische Reaktionen haben Aktivierungsenergien zwischen 50 - 100 kJ mol−1. 4. Bei Reaktionen 2. Ordnung in wässriger Lösung ist die kleinste Aktivierungsenergie etwa 20 kJ mol−1. Diese resultiert aus der Diffusion der Reaktionspartner zueinander. Bei Reaktionen, die aus mehreren Teilschritten zusammengesetzt sind, können zusätzliche Effekte auftreten. Wir betrachten: (13.1) ๐ธ + ๐ → ← ๐พ1 ๐ธ๐ → ← ๐พ2 ๐ธ๐ vorgelagerte Gleichgewichte Die Reaktionsgeschwindigkeit ist: ๏ฃง๏ฃง3 → k ๐ธ + ๐ (13.2) 123 d[๐] = ๐3 [๐ธ๐] d๐ก Für ๐ธ๐ ergibt sich (angenähert) Für ๐ธ๐ ergibt sich (angenähert) Aus (13.3) und (13.4) erhält man dann: ๐พ2 = [๐ธ๐] [๐ธ๐] [๐ธ๐] → [๐ธ๐] = ๐พ2 [๐ธ๐] ๐พ1 = [๐ธ][๐] → [๐ธ๐] = ๐พ1 [๐ธ][๐] (13.3) (13.4) (13.5) [๐ธ๐] = ๐พ2 [๐ธ๐] = ๐พ2 โ ๐พ1 โ [๐ธ] โ [๐] Setzen wir (13.5) in Gleichung (13.2) ein, ergibt sich: d[๐] = ๐3 [๐ธ๐] = ๐3 ๐พ2 ๐พ1 [๐ธ][๐] d๐ก = ๐๐๐๐ [๐ธ][๐] (13.6) d[๐] wobei ๐๐๐๐ die beobachtete Geschwindigkeitskonstante ist, wenn gemessen wird. d๐ก Misst man die Geschwindigkeitskonstante bei verschiedenen Temperaturen, so ergibt sich nach Arrhenius: (13.7) ๐ธ๐ (๐๐๐) ln ๐๐๐๐ = ln ๐0,๐๐๐ − ๐ ๐ Wenn wir nur den Schritt 3 messen, erhält man ln ๐3 = ln ๐0,3 − ๐ธ๐ (3) ๐ ๐ Für die Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten ๐พ2 und ๐พ1 gilt die van’t Hoff’sche Gleichung: โ๐ป 0 (2) ln ๐พ2 = − + ln ๐พ0,2 ๐ ๐ โ๐ป 0 (1) ln ๐พ1 = − + ln ๐พ0,1 ๐ ๐ Es gilt nach Gleichung (13.6): ln ๐๐๐๐ = ln ๐3 + ln ๐พ1 + ln ๐พ2 Wir setzen ๐3 , ๐พ1 , ๐พ2 in die Gleichungen (13.8), (13.9) und (13.10) ein und erhalten: (13.8) (13.9) (13.10) (13.11) (13.12) 124 ln ๐๐๐๐ = ln ๐0,3 − ๐ธ๐ (3) ๐ ๐ + ln ๐พ0,2 − โ๐ป 0 (2) ๐ ๐ + ln๐พ0,1 − โ๐ป 0 (1) ๐ ๐ Zusammenfassen zu einer Konstanten = ln ๐ถ 1 = ln๐ถ − ๐ ๐ [๐ธ๐ (3) + โ๐ป 0 (2) + โ๐ป 0 (1)] Vergleich mit experimentellem Ergebnis: ln๐๐๐๐ = ln๐0,๐๐๐ − (13.13) 1 [๐ธ (๐๐๐)] ๐ ๐ ๐ d.h. die gemessene Aktivierungsenergie setzt sich zusammen aus ๐ธ๐ด des Schrittes 3 und den Reaktionsenthalpien von Schritt 1 und Schritt 2. Reaktionsenthalpien können >0 oder < 0 sein. Daher kann die gemessene Aktivierungsenergie auch < 0 sein, z.B.: ๐ธ๐๐๐๐ = ๐ธ๐ (3) + โ๐ป 0 (1) + โ๐ป 0 (2) −5 kJmol−1 = 40 kJmol−1 − 25 kJmol−1 − 20 kJmol−1 = 125 13. Adsorption und heterogene Katalyse 13.1 Die Langmuir’sche Adsorptionsisotherme Wir betrachten die Adsorption eines Stoffes aus der Gasphase auf der Oberfläche eines Festkörpers. Dieses Modell wurde von Langmuir 1916 beschrieben. Moleküle im Gas unbesetzte Plätze (7) Adsorbierte Moleküle (3) Oberfläche mit Bindungsplätzen (10) Die Zahl der Bindungsplätze auf der Festkörperoberfläche ist: ๐๐ต Die Zahl der adsorbierten Moleküle ist: ๐๐๐ Den Anteil der bedeckten Plätze nennen wir den Bedeckungsgrad und erhalten: ๐๐๐ ๐= ๐๐ต (13.1) Wenn alle Bindungsplätze belegt sind, so ist ๐๐๐ = ๐๐ต d.h. es ergibt sich ๐ = 1 Man nennt dies eine „monomolekulare“ Bedeckung, weil eine Schicht von Molekülen auf der Oberfläche angelagert ist. Die Zahl der freien Bindungsplätze ist: ๐๐น๐๐๐ = ๐๐ต − ๐๐๐ Wir dividieren durch ๐๐ต und erhalten für den Anteil der freien Plätze: ๐๐น๐๐๐ ๐๐๐ = 1− = 1−๐ ๐๐ต ๐๐ต (13.2) Um dieses Modell quantitativ zu beschreiben, machen wir folgende Annahmen: 126 1. Die Oberfläche des Festkörpers hat eine bestimmte Zahl von Bindungsplätzen, an jeden kann sich nur ein Molekül anlagern. 2. Wenn ein Molekül aus der Gasphase auf einen freien Bindungsplatz stößt, kann es haften bleiben; stößt es auf einen besetzten Platz, wird es reflektiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass es haften bleibt, hängt nicht vom Bedeckungsgrad ๐ ab, d.h. es gibt keine Wechselwirkung zwischen den adsorbierten Teilchen. Um die Geschwindigkeit der Adsorption zu beschreiben, verwenden wir eine Geschwindigkeitsgleichung zweiter Ordnung, d.h. die Adsorptionsgeschwindigkeit ist proportional zur Konzentration der Teilchen in der Gasphase (๐) und der Zahl der freien Bindungsplätze auf der Oberfläche (๐๐น๐๐๐ ). (13.3) d๐๐๐ = ๐๐๐๐น๐๐๐ d๐ก Wir ersetzen ๐๐น๐๐๐ nach Gleichung (14.2), nennen ๐๐๐ต = ๐๐๐ und erhalten: d๐๐๐ = ๐๐(1 − ๐)๐๐ต = ๐๐๐ ๐(1 − ๐) d๐ก ๐๐๐ ๐ 1−๐ (13.4) = Geschwindigkeitskonstante der Adsorption = Druck (bzw. Partialdruck) in der Gasphase = Anteil freier Plätze 3. Ein adsorbiertes Molekül kann wieder desorbieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass es desorbiert wird, hängt nicht vom Bedeckungsgrad ab. Für die Geschwindigkeit der Desorption verwenden wir daher eine Geschwindigkeitsgleichung erster Ordnung und erhalten mit Gleichung 13.1: d๐๐๐๐ = ๐๐๐๐ = ๐๐๐ต ๐ = ๐๐๐๐ ๐ d๐ก (13.5) ๐๐๐๐ = ๐๐๐ต =Geschwindigkeitskonstante der Desorption 4. Im Gleichgewicht ist die Geschwindigkeit der Adsorption und Desorption gleich. Es gilt: (13.6) d๐๐๐ d๐๐๐๐ = d๐ก d๐ก Mit Gleichung 13.4 und 13.5 erhalten wir 127 ๐๐๐ ๐(1 − ๐) = ๐๐๐๐ ๐ ๐(๐๐๐ ๐ + ๐๐๐๐ ) = ๐๐๐ ๐ ๐= = ๐๐๐ ๐ ๐๐๐ ๐ + ๐๐๐๐ ๐๐๐ ๐ ๐๐๐๐ ๐๐๐ ๐+1 ๐๐๐๐ ๏ฟฝโ ๐๐๐๐ ๐๐๐๐ ๐๐๐ =๐ ๐๐๐๐ , ๐๐ ๐ ๐= = ๐๐ + 1 1 + ๐ ๐ (13.7) ๐ ist das Verhältnis der Geschwindigkeitskonstanten und daher eine Gleichgewichtskonstante. Man nennt sie hier Adsorptionskoeffizient. Grafische Darstellung: Wir haben zwei Bereiche: Bei kleinen Drucken gilt: ๐๐ โช 1 → ๐ = ๐๐ d.h. der Bedeckungsgrad ist proportional zu p. Bei hohem Druck gilt: ๐๐ โซ 1 → ๐ = 1 d.h. die Oberfläche ist vollständig bedeckt (Monomolekulare Bedeckung). Um eine lineare Darstellung zu erhalten, bilden wir den Reziprokwert von Gleichung 13.7: 1 ๐๐ + 1 11 = =1+ ๐ ๐๐ ๐๐ ๐ฆ = ๐ + ๐๐ฅ 1 Wir tragen ๐ gegen 1 ๏ฟฝ๐ = ๐๏ฟฝ 1 ๐ (13.8) auf. Aus der Steigung erhalten wir den Adsorptionskoeffizienten 128 Weiterführende Betrachtungen: 1 Adsorption von 2 Stoffen: Dann gilt: ๐1 ๐๐ด = ๐2 ๐๐ด (1 − ๐๐ด − ๐๐ต ) ๐3 ๐๐ต = ๐4 ๐๐ต (1 − ๐๐ด − ๐๐ต ) Aus diesen Gleichungen können wir wie bei Gleichung 14.7 ๐๐ด und ๐๐ต berechnen. 2 Dissoziation des Stoffes: Zum Beispiel dissoziiert Wasserstoff H 2 → 2 H , wenn es an Platin adsorbiert. Dann müssen immer 2 benachbarte Plätze frei sein (für Adsorption) bzw. besetzt sein (für Desorption) und man erhält ๐1 ๐๐ด2 = ๐2 ๐๐ด (1 − ๐๐ด )2 3 Mehrschichtenadsorption Über die monomolekulare Bedeckung hinaus können auch mehrere Molekülschichten adsorbiert werden. Man kann die adsorbierte Stoffmenge mit der Adsorptionisothermen von Freundlich beschreiben. Heute verwendet man meistens die Adsorptionsisotherme von Brunauer, Emmett und Teller (BETIsotherme). Man bestimmt damit die Oberfläche von porösen Stoffen (siehe Wedler). Bei einer Mehrschichtenadsorption berühren sich die adsorbierten Teilchen (d.h. sie haben Wechselwirkungen), so dass sie ähnlich wie in einer Flüssigkeit vorliegen. Mehrschichtenadsorption ist daher eine Vorstufe zur Kondensation. 13.2 Heterogene Katalyse Bei der heterogenen Katalyse befinden sich der Katalysator und Edukt/Produkt in verschiedenen Phasen. Häufig ist der Katalysator ein Feststoff, auf seiner Oberfläche wird das Edukt, das in der Gasphase oder der flüssigen Phase vorliegt, adsorbiert, dann läuft die katalysierte chemische Umsetzung ab, und schließlich wird das Produkt desorbiert. Viele 129 chemische Prozesse, die großtechnisch eingesetzt werden, laufen auf diese Art ab (siehe Beispiele im Heft Katalyse des FCI): Beispiel: N2 + 3H2 โ 2NH3 NH3 + O2 โถ NO + H2 O (Haber-Bosch) → Düngemittel (Ostwald) → Salpetersäure Langkettige Kohlenwasserstoffe → kurzkettige KW + Isomerisierungen („Cracken“ bei Benzinherstellung) 2NO โถ N2 + O2 C๐ H2๐+2 + (1,5๐ + 1)O2 โถ ๐CO2 + (๐ + 1)H2 O KfZ-Katalysator Anschaulich lässt sich der Prozess der heterogenen Katalyse folgendermaßen darstellen: Katalysatoroberfläche Diffusion der Produkte zur Oberfläche Adsorption Chemische Reaktion Desorption Diffusion der Produkte weg von Oberfläche Die chemischen Reaktionsgleichungen lauten: ๐ด → ๐ด(๐๐) ๐ด โ ๐ด(๐๐) ๐ด๐๐ โ ๐ต๐๐ ๐ต๐๐ โ ๐ต 130 d๐ต Die Geschwindigkeit der chemischen Reaktion ๏ฟฝ d๐ก ๏ฟฝ ist proportional zur Zahl der adsorbierten Moleküle des Edukts, d.h. das Edukt kann in der Gasphase nicht direkt zu B reagieren. Wir erhalten also (13.9) ๐ฃ= d[๐ต] ~๐(๐ด๐๐ ) d๐ก Die Zahl der adsorbierten A-Moleküle hängt natürlich von der Menge des Feststoffkatalysators, genauer von seiner Oberfläche ab. Es ist daher sinnvoll, den Bedeckungsgrad ๐ einzuführen, der den Anteil der bedeckten Oberfläche angibt. Mit Gleichung 14.1, 14.7 erhalten wir aus 14.9: (13.10) ๐๐ ๐ d[๐ต] = ๐๐ ๐๐ด = ๐๐ = ๐๐ ๐ฃ= 1 1 + ๐๐ d๐ก ๐+๐ Dabei enthält die Geschwindigkeitskonstante ๐๐ auch die Größe der Oberfläche des Katalysators (über ๐๐ด ). Tragen wir die Geschwindigkeit gegen ๐ auf, erhalten wir die folgende Grafik: Die maximale Geschwindigkeit erhalten wir 1 aus 13.10 für ๐ โซ ๐ ๐ฃ(๐๐๐ฅ) = ๐๐ (13.11) Dies bedeutet, dass wir die Geschwindigkeit der Reaktion durch Erhöhung des Partialdrucks (oder der Konzentration) von ๐ด nicht weiter erhöhen können. Eine Vergrößerung der Katalysatormenge erhöht die Geschwindigkeit. Eigentlich muss man natürlich die Oberfläche des Katalysators erhöhen. Da Katalysatoren meist sehr teuer sind, ist es daher sinnvoll, bei konstanter Menge des Katalysators seine Oberfläche zu vergrößern. Dies erreicht man durch eine möglichst feine Verteilung des Katalysators oder durch eine sehr dünne Schicht auf einem Trägermaterial. 131 Wir setzen Gleichung 13.11 in 13.10 ein: ๐ฃ = ๐ฃ(๐๐๐ฅ) ๐ 1 +๐ ๐ bilden den Reziprokwert und erhalten: 1 1 1 1 = + ๐ฃ ๐ฃ๐๐๐ฅ ๐ฃ๐๐๐ฅ ๐ ๐ 1 (13.12) (13.13) 1 Wir tragen ๐ฃ gegen ๐ auf und erhalten eine Gerade: Dieses Ergebnis ist völlig analog zu den Ergebnissen, die wir bei der Enzymkatalyse erhalten hatten. Auch dort gibt es eine Maximalgeschwindigkeit, die man beobachtet, wenn die katalytischen Bindungsplätze vollständig belegt sind. Beispiel: Der „Katalysator“ im Abgaskatalysator von Kfz ist feinverteiltes Platin/Rhodium, das auf der Oberfläche einer porösen Oxidkeramik verteilt ist. Das Abgas aus dem Motor strömt durch die auf ca. 560°C erwärmte Keramik und die umzusetzender Edukte (Kohlenwasserstoffe, NO) adsorbieren auf dem Katalysator. Wenn dessen Oberfläche vollständig bedeckt ist, ist die maximale Geschwindigkeit erreicht. Üblicherweise wird die Menge des Abgaskatalysators so dimensioniert, dass aus der Abgasmenge, die bei einer Kfz-Geschwindigkeit von 100 km h-1 entsteht, die Schadstoffe praktisch vollständig aus dem vorbeiströmenden Gas adsorbiert und umgesetzt werden können. Da der Kraftstoffverbrauch und die Abgasmenge mit steigender Geschwindigkeit stark ansteigen, wird oberhalb von 100 km h-1 der Anteil der umgesetzten Schadstoffe immer geringer (Hinweis: Auch beim Starten eines Kfzs funktioniert der Abgaskatalysator nicht, da er noch nicht die Betriebstemperatur von ca. 500°C erreicht hat). 132 Die Abbildung zeigt schematisch ein Energiediagramm bei der Katalyse: Zunächst wird der Stoff adsorbiert. Dabei wird die Adsorptionsenthalpie (โ๐๐ ๐ป(๐ด)) frei, dann findet die chemische Reaktion statt (Aktivierungsenergie, ๐ธ๐ ) und schließlich wird ๐ต desorbiert (−โ๐๐ ๐ป(๐ต)) 133 14. Grundlagen der Spektroskopie Definition Spektroskopie: Überführung von Molekülen von einem energiearmen Zustand in einen energiereicheren Zustand, wobei die notwendige Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung zugeführt wird. Die absorbierte Frequenz entspricht den unterschiedlichen Energieniveaus des Moleküls, die wiederum Rückschlüsse auf die Struktur zulassen. Definition optischer Spektroskopie: Unter der optischen Spektroskopie werden Verfahren verstanden, bei denen Wechselwirkungen von Licht mit Materie untersucht werden. Diese Wechselwirkungen sind für jede Molekülsorte charakteristisch, so dass man damit die verschiedenen Stoffe identifizieren kann (qualitative Analyse). Zudem hängen die Wechselwirkungen von der Stoffmenge ab, so dass deren Menge bestimmt werden kann (quantitative Analyse). Elektromagnetische Strahlung (Photon): Das Photon (von griechisch „Licht“) ist die elementare Anregung des quantisierten elektromagnetischen Feldes (Lichtwelle). Anschaulich gesprochen sind Photonen das, woraus elektromagnetische Strahlung besteht, daher wird gelegentlich auch die Bezeichnung Lichtteilchen verwendet. Tatsächlich ist Licht beides – Welle und Teilchen, denn Photonen sind quantenmechanische Objekte (= WelleTeilchen-Dualismus). Das bedeutet, dass Photonen beides gleichzeitig sind. Je nachdem, welche seiner Eigenschaften man misst, zeigt es sich mehr als Teilchen oder mehr als Welle. →Eine elektromagnetische Welle besteht aus gekoppelten elektrischen und magnetischen Feldern, die senkrecht-aufeinander stehen. 134 Elektromagnetisches Spektrum: Die Abbildung zeigt das elektromagnetische Spektrum mit den verschiedenen Einheiten (Energie, Frequenz, Wellenzahl und Wellenlänge), die mit den Gleichungen (siehe unten) errechnet werden. Sichtbares Licht Wellenlänge, ๐ /nm Frequenz, ๐ in s−1 Energie, E in eV Wellenzahl, ๐๏ฟฝ in cm−1 Sichtbares Licht: Licht ist eine elektromagnetische Welle, die Wellenlänge des sichtbaren Lichtes zwischen 400 nm (blau) und 700 nm (rot) liegt. Licht kleinerer Wellenlänge als 400 nm wird als Ultraviolett (UV-Licht) bezeichnet, Licht mit größerer Wellenlänge als 700 nm wird als Infrarot (IR-Licht) bezeichnet. Newton (1675) hat als erster beschrieben, dass (weißes) Sonnenlicht mit Hilfe eines Glasprismas in Licht verschiedener Farben zerlegt werden kann und er bezeichnete diese Auffächerung des weißen Lichtes als ''Spektrum'' (lat. Erscheinung). Man versteht heute unter dem Spektrum die Größe der Absorption oder Emission einer Substanz in Abhängigkeit von der Wellenlänge. Infrarot Rot Gelb Grün Blau Newton 1675 Ultraviolett Ritter 1801 135 Die Wellenlängen der heute bekannten elektromagnetischen Wellen reichen von km bis fm. Die Wellenlängen, Frequenz und Energie der Strahlung hängen wie folgt zusammen: ๐ธ =โโ๐ und erhält man ๐ =๐โ๐ 1 ๐ธ = โโ๐โ๐ d.h. die Energie eines Lichtquants ist proportional zur Frequenz und umgekehrt proportional zur Wellenlänge. Die Größe ๐๏ฟฝ = 1/๐ wird Wellenzahl genannt, anschaulich gibt sie die Zahl der Wellenlängen pro Längeneinheit (z.B. cm−1) an. Beispiel. Gelbes Licht (Na): ๐ = 589 nm Energie des Lichtquants: โ๐ 6,6 โ 10−34 Js 3 โ 108 ms −1 = ๐ธ= 589 โ 10−9 m ๐ = 3,4 โ 10−19 J = 2,1eV (1eV = 1,6 โ 10−19 J) ๐ธ 3,4 โ 10−19 J =๐= = 5,2 โ 1014 s−1 โ 6,6 โ 10−34 Js Impuls des Lichtquants: ๐ธ = ๐๐ 2 ๐ธ = โ๐ Zusammenfassung: ๐= โ๐ ; ๐2 Energie: Frequenz: Wellenzahl ๐ = ๐๐ = โ๐ โ = ๐ ๐ ๐ธ = โ๐ ๐ = ๐/๐ Einheit s−1 ๐๏ฟฝ = 1/๐ Einheit cm−1 Mit ๐0 = 3 โ 108 ms −1 = Lichtgeschwindigkeit โ = 6,6 โ 10−34 Js = Plancksche Wirkungsquantum ๐= Frequenz, λ = Wellenlänge Umrechnung der Energieeinheiten: 1 eV ist die Energie, die ein Elektron aufnimmt wenn es durch eine elektrische Potentialdifferenz von 1 Volt beschleunigt 136 wird. Die Ladung eines Elektrons ist ๐(๐ธ๐๐๐๐ก๐๐๐) = 1,6 โ 10−19 As 1eV = 1,6 โ 10−19 As โ 1 V = 1,6 โ 10−19 VAs = 1,6 โ 10−19 J 1 eV Oder: 1 J = 1,6โ10−19 = 6,2 โ 1018 eV 14.1. Arten der Spektroskopie I) Absorptions- und Emissionsspektroskopie Für die Absorption und Emission von Strahlung ( ≡ Photonen), gilt die Energiebilanz: Emission: Absorption: ๐ธ2 − ๐ธ1 = โ๐ ๐ธ1 + โ๐ = ๐ธ2 Wobei E1 jeweils der Grundzustand, E2 der angeregte Zustand ist. Kirchhoff entdeckte 1859, dass bei Atomen die Absorptions- und Emissionswellenlängen gleich sind (Dies gilt im Allgemeinen nicht bei Molekülen) (Erste Entdeckung von Elementen mit Hilfe der Spektralanalyse von Kirchhoff und Bunsen 1860: Cs und Rb). Zur Beobachtung von Emissionsspektren führt man den Atomen Energie zu, z.B. thermische Energie (Na-Atome in der Flamme eines Bunsenbrenners) oder durch elektrische Entladung (Hg-Dampflampen). Messung der Intensität der emittierten Strahlung in Abhängigkeit der Wellenlängen ergibt das Emissionsspektrum. 137 Messung der Intensität der absorbierten Strahlung in Abhängigkeit der Wellenlänge ergibt das Absorptionsspektrum. Bei Atomen ist das Absorptions- und Emissionsspektrum gleich. Bei Molekülen erfolgt die Emission der Strahlung bei einer niedrigeren Energie (größerer Wellenlänge). Diesen Prozess nennt man Fluoreszenz. Bei größeren Molekülen, insbesondere wenn sie in einem Lösungsmittel vorliegen, gibt es im Vergleich zu den Verhältnissen bei Atomen sehr viele erlaubte Energiezustände, so dass an Stelle von einzelnen Linien im Spektrum eine (oder mehrere) Absorptionsbanden beobachtet werden. II) Polarisiert (linear, zirkular) Erweiterung eines Absorptionsspektrometers: Erzeugung des polarisierten Lichts durch einen Polarisator; Analyse des polarisierten Lichts durch einen Analysator. Messung von z.B. chiralen Molekülen; Meßprinzip: bei gleicher Anordnung der Durchlassrichtungen von Polarisator und Probenmolekülen kann das polarisierte Licht die Probe ungehindert passieren; bei gekreuzter Anordnung wird das Lichts vollständig ausgelöscht. 138 -> Einbeziehung von orientierungsabhängigen Komponenten III) Zeitaufgelöste Spektroskopie Nach Absorption von Licht durch ein Molekül kann eine Abfolge von chemischen Reaktionen in Gang gesetzt werden („Photochemie“). Die zeitaufgelöste Spektroskopie erlaubt es, diese Reaktionen zu identifizieren und ihren Ablauf zu verfolgen (= Information über die Kinetik einer Reaktion). Dabei wird ausgenutzt, dass sich bei lichtinduzierten Änderungen in der Struktur des Moleküls sowohl die Absorption des Moleküls „seine Farbe“ wie auch die Eigenschwingungen in charakteristischer Weise ändern. Prinzip: Nach Anregung der zu untersuchenden Probe mit einem möglichst-kurzem Lichtpuls wird die Änderung der Absorption/Emission/Transmission gemessen und gegen die Zeit aufgetragen (Nobelpreise 1968 und 1999). 14.2 Häufig verwendete Anregungsenergien Mößbauerspektroskopie: (entwickelt von R. Mößbauer, Nobelpreis 1961). Bei der Mößbauerspektroskopie (oder auch Gammastrahlen-Resonanzspektroskopie) werden zur Anregung Gammaquanten mit verschiedenen Energien benutzt. Damit kann bei verschiedenen Materialien, deren Atome in der Lage sind, solche Gammaquanten zu absorbieren, ein hochauflösendes Transmissionsspektrum aufgenommen werden. Wird eine Probe mit einer entsprechend modulierten äußerst durchdringenden Gammastrahlung durchleuchtet, so lässt sich ein materialtypisches Spektrum erzeugen. Obwohl eine ganze Reihe von Elementen Isotope besitzen, die den Mößbauereffekt zeigen, kommen für praktische Anwendungen nur wenige in Betracht. Die für die Festkörperchemie 139 wichtigsten Isotope sind: 57Fe, 119Sn, 121Sb und 151Eu. Hauptanwendung in der Biochemie ist die Bestimmung des Oxidationszustandes von Eisen-Kofaktoren in Proteinen. Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS): Dies ist ein Überbegriff über eine Vielzahl von Methoden, die eine Absorption der Röntgenstrahlung im Bereich einer Absorptionskante messen. Hat ein Röntgen-Quant ausreichend viel Energie, kann es ein Elektron aus einem kernnahen Orbital herausschlagen; bei dieser Energie steigt daher die Absorption der Röntgenstrahlung stark an. Im speziellen ist es möglich ist, die Nahordnung um ein Atom elementspezifisch zu untersuchen. Dabei können z.B. interatomare Abstände, Art, Anordnung und Anzahl der Nachbaratome bestimmt werden. Weiterhin lassen sich Informationen über die elektronischen Zustände gewinnen. Hier spielen vor allem die Oxidationsstufe, die Art der Bindung und die Besetzung von Energiezuständen eine wesentliche Rolle. Photoelektronenspektroskopie (PES/XPS) beruht auf dem äußeren Photoeffekt, bei dem Photoelektronen durch elektromagnetische Strahlung aus einem Festkörper gelöst werden. Sie wird zur Oberflächenanalyse, bei der die quantitative Zusammensetzung der obersten Atomlagen einer Oberfläche für alle Elemente (mit Ausnahme von Wasserstoff und Helium) bestimmt werden kann. Außerdem können Informationen über die chemische Struktur aus den Bindungszuständen der Atome erhalten werden (Nobelpreis für K. Siegbahn 1981) Infrarotspektroskopie (IR): Die Infrarotspektroskopie (heute werden fast ausschließlich Fourier-Transform-IR Geräte benutzt (FT-IR)) ist eine weit verbreitete Analysetechnik zur Identifikation und Analyse von Atomen und Molekülen. Die Methode stützt sich auf die mikroskopische Interaktion von Infrarotlicht mit einer chemischen Substanz während eines Absorptionsprozesses und resultiert in einem Bandenmuster, welches für jede Probe einzigartig ist und sich daher wie ein „molekularer Fingerabdruck“ verhält. Grundlage dafür sind die Anregung von Molekülschwingungen und Molekülrotationen (siehe Kapitel 3.5) und die Tatsache, dass jede Molekülschwingung/rotation spezifisch für die jeweilige Bindung ist. Paramagnetische Elektronenresonanz- (ESR) bzw. Kernresonanzspektroskopie (NMR): (Nobelpreise: Physik 1952, Chemie 1991 und 2003) Beide Methoden beruhen auf der magnetischen Resonanz, einer resonanten Wechselwirkung zwischen dem magnetischen Moment von Atomkernen (bzw. ungepaarter Elektronen im Falle der EPR) der Probe, die sich in einem starken statischen Magnetfeld befindet, mit einem hochfrequenten magnetischen Wechselfeld. Grundlage hierfür ist der sogenannte Zeeman-Effekt (Nobelpreis 1902), der die Aufspaltung von Spektrallinien in einem äußeren Magnetfeld beobachtete. Die Aufspaltungen haben ihren Ursprung in der Wechselwirkung des Magnetfeldes mit den magnetischen Momenten innerhalb des Atoms, die vom Bahndrehimpuls und vom Spin des Elektrons erzeugt werden: Elektronen oder Kerne treten in schwache Wechselwirkung mit dem äußeren Magnetfeld, Übergänge zwischen den Energieniveaus (= Spinumkehr) werden durch elektromagnetische Strahlung mit sehr kleiner Frequenz induziert, d.h. bei großen Wellenlängen im Mikrowellen (ESR) bis hin zum Radiowellenbereich (NMR). 140 Es sind daher in der NMR nur solche Isotope zugänglich, die im Grundzustand einen von Null verschiedenen Kernspin und damit ein magnetisches Moment besitzen. Zum Beispiel: 1H; 2D; 13 C; 15N; 17O; usw. Achtung: Die natürliche Häufigkeit von z.B. 13C ist 1,1%, daher sind auch alle natürlichen Kohlenstoff-haltigen Moleküle mit der NMR zugänglich. Auf der anderen Seite sind nur solche Proben ESR-aktiv, bei denen der Elektronenspin nicht null ist. Zum Beispiel: Radikale, Übergangsmetalle, usw. Anwendungen NMR: - zerstörungsfreier Nachweis der chemischen Inhaltsstoffen einer Probe (qualitativ und quantitativ) - Bestimmung von Molekülstrukturen (bis hin zu Proteinen und anderen Biomolekülen) - Dynamik von Molekülen - Wechselwirkungen zwischen Molekülen Spezialanwendung: Kernspintomographie (MRS) wird häufig in der Medizin verwendet und bezeichnet ein NMR-Verfahren, mit dem NMR-aktive Atome (besonders Wasser) ortsaufgelöst in einem Volumenelement durchgeführt werden können (Nobelpreis Medizin 2003). Damit können verschiedene chemische Substanzen im lebenden Gewebe aufgrund ihrer chemischen Verschiebung identifiziert und quantifiziert werden. 14.3. Mikroskopische Interpretation Was passiert mit einem Molekül nach der Lichtabsorption? Bei der Absorption wird ein Elektron des Moleküls in einen energetisch höheren Zustand angehoben. Das Molekül befindet sich in einem angeregten Zustand, der mit einem * gekennzeichnet wird. Die Anregungsenergie verliert das angeregte Molekül nach einiger Zeit wieder und kehrt dabei in seinen Grundzustand zurück. Diese Rückkehr kann nach verschiedenen Mechanismen erfolgen: 1. Thermische Desaktivierung (Anregungsenergie wird in Bewegungsenergie (Wärme) umgewandelt. hν M ๏ฃง๏ฃง๏ฃง๏ฃง๏ฃง →M * Anregung ( Absorption) 2. Emission von Strahlung (Fluoreszenz) (Anregungsenergie wird als Licht ausgesendet). 3. Photochemische Reaktion (Anregungsenergie wird für chemische Reaktion benutzt) z.B. Photosynthese. 4. Energietransfer (Anregungsenergie wird auf ein anderes Molekül übertragen). 141 Genauere quantenmechanische Betrachtung: - Molekülorbitale (MO): Bei Ausbilden einer kovalenter Bindung zwischen Atomen wandeln sich die beteiligen Atomorbitale (AO) in MO um. Eine wichtige Grundregel der Molekülorbital-Theorie besagt, dass die Anzahl der resultierenden Molekülorbitale gleich der Anzahl der wechselwirkenden Atomorbitale sein muss. -> 2 AO ergeben 2 MO, eins davon ist bindend; eins anti-bindend. Diese werden nach ihrer Energie nach mit den zur Verfügung stehenden Elektronen gefüllt (Pauli-Prinzip). - HOMO, LUMO: HOMO und LUMO sind Abkürzungen für “highest occupied molecular orbital” und “lowest unoccupied molecular orbital” nach dem MO-Schema. Nur diese beiden Orbitale sind für Photochemie bzw. für optische Spektroskopie interessant, da optische Anregung nur Änderungen in diesen Orbitalen hervorrufen können. - Wechselwirkung Licht <-> Materie: Übergänge zwischen definierten Energieniveaus (Herleitung aus der Quantenmechanik), siehe auch Kapitel 3.5. - Rotations- und Schwingungsniveaus: Energiedifferenz zwischen zwei Rotationsübergängen ist viel geringer als zwischen zwei Schwingungsübergängen. Es ist zu beachten, dass alle Rotations- und Schwingungsniveaus nach der Boltzmann-Verteilung besetzt werden. - Elektronische Übergänge: Auch hier ist zu beachten, dass alle elektronischen Niveaus nach der Boltzmann-Verteilung besetzt werden. Bei Raumtemperatur sind jedoch fast alle Moleküle im elektronischen Grundzustand. 142 - Optische Absorption und Fluoreszenz: Wird ein Molekül optisch angeregt, und deaktiviert anschließend unter Aussenden von Licht, so spricht man von Photolumineszenz. Bedingung für die Absorption von elektromagnetischer Strahlung ist die Parallelität des Übergangsdipolmoments des Moleküls mit der Schwingungsebene der elektrischen Feldkomponente des Photons. Das angeregte Molekül verweilt nach der Absorption eine bestimmte Zeit im angeregten Zustand. Diese Zeit wird im Allgemeinen als Lebensdauer bezeichnet. Da bei diesem Prozess keine Spinänderung erfolgt, ist diese Lebensdauer in der Regel recht kurz (einige Pikosekunden). Nach dem Verweilen im angeregten Zustand kann die Anregungsenergie sowohl strahlend (Fluoreszenz) als auch in einem nichtstrahlend (z. B. Schwingungsrelaxation) abgegeben werden, woraufhin anschließend der Fluorophor in seinen Grundzustand zurückkehrt. Bei beiden Kanälen ist zu beachten, dass die Gesamtenergie, die vom System abgegeben wird, aufgrund der Energieerhaltung immer gleich der Anregungsenergie ist. Daraus ergibt sich unmittelbar, dass die Wellenlänge des emittierten Photons in der Regel nie kleiner sein kann, also immer gleich groß oder größer ist als die des absorbierten Photons. Die Wahrscheinlichkeit, mit der die Anregung eines Fluorophors tatsächlich zur Emission eines Fluoreszenzphotons führt, nennt man seine Quantenausbeute. 143 14.4. Konzentrationsabhängigkeit der Absorption Wird monochromatisches Licht durch eine absorbierende Lösung geschickt, so wird dessen Intensität geschwächt. Die Intensität ist hier die spektrale Intensität ๐ผ๐ bei der Wellenlänge ๐ nach der spektralen Zerlegung des Lichts im Spektrometer. ๐ธ๐๐๐๐๐๐ ๐ผ๐๐ก๐๐๐ ๐๐กä๐ก = ๐๐๐๐ก โ ๐น๐ä๐โ๐ Einheit: W m–2 Von links fällt das Licht der Intensität ๐ผ0 auf die Küvette, innerhalb der Küvette nimmt die Intensität kontinuierlich ab und nach rechts tritt Licht der Intensität ๐ผ๐ก aus. Für die Abnahme der Lichtintensität d ๐ผ gilt: d๐ผ = − α ๐ ๐ผ d๐ฅ Dabei ist α eine Proportionalitätskonstante, ๐ die Konzentration des absorbierenden Stoffes, ๐ผ die Intensität beim Eintritt in die Schicht der Dicke d๐ฅ. Wird die Gleichung von der Eintrittsintensität ๐ผ0 bis zur transmittierten Intensität ๐ผ๐ก (entsprechend von ๐ฅ = 0 bis ๐ฅ = โ) integriert ๐ผ๐ก โ d๐ผ ๏ฟฝ = −๐ผ๐ ๏ฟฝ d๐ฅ ๐ผ ๐ผ0 ergibt sich 0 144 ln ๐ผ๐ก = −๐ผ๐โ ๐๐๐๐ ๐ผ๐ก = ๐ผ0 exp(−๐ผ๐โ) ๐ผ0 Wir verwandeln den natürlichen in den dekadischen Logarithmus ln ๐ฅ = 2,303 lg ๐ฅ und erhalten: ๐ผ ๐ผ0 ๐โ lg = ๐ผ๐ก 2,303 Man nennt die Größe ๐ผ lg ๐ผ0 ≡ ๐ด (๐ด๐๐ ๐๐๐๐๐๐ง) ๐ก (früher: Extinktion) und wir erhalten mit dieser Definition aus der obigen Gleichung ๐ผ ๐ผ0 ๐โ lg = ๐ด = ๐ผ๐ก 2,303 Man nennt ε ≡ α/2,303 den dekadischen Absorptionskoeffizienten (früher Extinktionskoeffizienten) der Substanz und erhält damit: lg ๐ผ0 ≡ ๐ด = ๐๐โ ๐ผ๐ก Diese Gleichung nennt man das Lambert-Beer'sche Gesetz. Die Absorbanz ist dimensionslos, der Absorptionskoeffizient hat die Einheit M−1cm−1. Sein Zahlenwert hängt von der Wellenlänge ab. Von Bouguer (1729) und von Lambert (1760) wurde gefunden, dass die Abnahme der Intensität proportional zur Intensität und zur Schichtdicke ist: d โ ๐ผ = ๐๐๐๐ ๐ก. ๐ผ d ๐ฅ. Beer (1852) zeigte, dass der Proportionalitätsfaktor proportional zur Konzentration des absorbierenden Stoffes ist: ๐๐๐๐ ๐ก. = ๐ผ โ ๐. Bei diesen Betrachtungen haben wir vernachlässigt, dass die Lichtintensität auch an den Glaswänden der Küvette abnimmt (durch Reflexion), und dass das Lösungsmittel auch absorbieren kann. Da man nur die Eigenschaften der gelösten Substanz messen will, geht man folgendermaßen vor: Man misst zunächst die Extinktion des Lösungsmittels und dann die der Lösung. ๐ด (๐ฟ) ๐ด (๐ฟ) ๐ด (๐) ๐ด (๐ฟ๐) = ๐ด (๐) + ๐ด (๐ฟ๐) = Absorbanz Lösung = Absorbanz Substanz = Absorbanz Lösungsmittel 145 Für die Extinktion der Substanz ergibt sich: ๐ด(๐) = ๐ด(๐ฟ) − ๐ด(๐ฟ๐) = lg Transmission: ๐ = ๐ผ0 ๐ผ๐ก (๐ฟ๐) ๐ผ0 − lg = lg ๐ผ๐ก (๐ฟ) ๐ผ๐ก (๐ฟ๐) ๐ผ๐ก (๐ฟ) ๐ก๐๐๐๐ ๐๐๐ก๐ก๐๐๐๐ก๐ ๐ผ๐๐ก๐๐๐ ๐๐กä๐ก ๐ผ๐ก = ๐ธ๐๐๐ก๐๐๐ก๐ก๐ ๐๐๐ก๐๐๐ ๐๐กä๐ก ๐ผ0 (wird manchmal auch an Stelle der Absorption benutzt) In der Praxis geht man so vor, dass man zuerst eine Küvette mit dem Lösungsmittel misst (Referenz) und dann eine zweite gleichartige Küvette mit der Lösung. Das Photometer zeigt dann automatisch die Absorbanz der gelösten Substanz (๐ธ(๐)) an: Für die Gültigkeit des Lambert-Beer-Gesetzes ist es wichtig, dass sich die Konzentration von ๐ bei der Lichteinstrahlung nicht ändert, d.h. dass die Desaktivierungsgeschwindigkeit von ๐∗ sehr groß ist gegenüber der Zahl der pro Zeit eintreffenden Quanten (siehe Kapitel 14.3). Falls dies nicht so ist, wird der Grundzustand ๐ entvölkert, d.h. die Konzentration ๐ nimmt ab. Dies tritt bei Anregung mit hohen Lichtintensitäten auf (z.B. Laser) und wird bei der zeitaufgelösten Spektroskopie ausgenutzt. Der Absorptionskoeffizient hat die anschauliche Bedeutung eines Stoßquerschnitts pro Mol, d.h. er beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Photon absorbiert wird. Dies erkennt man auch an den Einheiten von α bzw. ε. Einheit: โ cm3 −1 −1 3 ๐ cm = = 10 = 103 cm2 mol−1 mol cm mol cm Häufig wird ε auch in dieser Einheit angegeben. Hier erkennt man auch direkt, dass es sich um eine Querschnittsfläche pro mol handelt. Umrechnung der Lichtintensität in Zahl der Photonen pro Zeit (๐ก) und Fläche (๐น): ๐ฟ๐๐โ๐ก๐๐๐ก๐๐๐ ๐๐กä๐ก = = ๐ธ๐๐๐๐๐๐ ๐๐โ๐ ๐๐๐ ๐๐ข๐๐๐ก๐๐ โ ๐ธ๐๐๐๐๐๐ ๐๐๐ ๐๐ข๐๐๐ก = ๐๐๐๐ก ๐น๐ä๐โ๐ ๐๐๐๐ก โ ๐น๐ä๐โ๐ ๐ธ ๐ก๐น = ∑ ๐๐ ๐๐ ๐ก๐น Bei monochromatischem Licht (Laser) haben alle Photonen die gleiche Energie und wir erhalten: ๐ผ= ๐๐ ๐ก๐น 14.5. Optische Spektroskopie 146 Aufbau eines Photometers Ein Photometer besteht aus Lichtquelle, Monochromator (Prisma oder Gitter), Blende, Küvettenhalter, Lichtintensitätsmessgerät (Photozelle, Sekundär-elektronenvervielfacher) und der zugehörigen Steuer- und Auswertungselektronik. Beim Einstrahlphotometer werden die Referenzküvette und die Messküvette nacheinander in den Strahlengang geschoben. Beim Zweistrahlphotometer wird der Strahl durch einen rotierenden Spiegel entweder auf die Referenz- oder die Messküvette gelenkt und fällt danach auf den Photodetektor. Das Differenzsignal wird dann verstärkt und angezeigt. Die absorbierte Lichtintensität ist gegeben durch (14.1) ๐ผ (๐๐๐ ๐๐๐๐๐๐๐ก) = ๐ผ0 − ๐ผ๐ก Setzen wir Gl. 14.1 in das Lambert-Beersche Gesetz ein, erhalten wir (14.2) ๐ผ(๐๐๐ ๐๐๐๐๐๐๐ก) = ๐ผ0 − ๐ผ0 exp(−๐ผ๐โ) = ๐ผ0 [1 − exp(−๐ผ๐โ)] (14.3) Für die Extinktion der Substanz ergibt sich: ๐ด(๐) = ๐ด(๐ฟ) − ๐ด(๐ฟ๐) = lg ๐๐๐๐๐ ๐๐๐ ๐ ๐๐๐: ๐ = ๐ผ0 ๐ผ0 ๐ผ๐ก (๐ฟ๐) − lg = lg ๐ผ๐ก (๐ฟ) ๐ผ๐ก (๐ฟ๐) ๐ผ๐ก (๐ฟ) ๐ก๐๐๐๐ ๐๐๐ก๐ก๐๐๐๐ก๐ ๐ผ๐๐ก๐๐๐ ๐๐กä๐ก ๐ผ๐ก = ๐ธ๐๐๐ก๐๐๐ก๐ก๐ ๐๐๐ก๐๐๐ ๐๐กä๐ก ๐ผ0 wird manchmal auch an Stelle der Absorbanz benutzt. In der Praxis geht man so vor, dass man zuerst eine Küvette mit dem Lösungsmittel misst (Referenz) und dann eine zweite gleichartige Küvette mit der Lösung. Das Photometer zeigt dann automatisch die Absorbanz der gelösten Substanz (E(S) an. 147 14.6. Optische Absorption von Biomolekülen - Aminosäuren: Nur die aromatischen AS absorbieren über 200 nm. Absorptionsmaxima Trp ca. 280 nm; Tyr ca. 270 nm; Phe ca. 260 nm. - DNA: Alle vier Basen absorbieren über 200 nm mit einem Maxima bei ca. 260 nm. - organische Kofaktoren: NAD+ 250 nm / NADH 250/330 nm Riboflavin ca. 450 nm Porphyrine (z.B. Häm) ca. 530 nm Chlorophyll ca. 440nm / 690 nm Carotenoide ca. 500 nm 148 15. Elektrochemie 15.1 Elektrische Größen und Definitionen Elektrische Erscheinungen wurden schon sehr früh beobachtet, z.B. Reiben von Bernstein mit Katzenfell, Blitze usw. Es wurde gefunden, dass es zwei Arten von elektrischen Ladungen gibt, die willkürlich als positive bzw. negative Ladungen bezeichnet wurden. Es wurde beobachtet, dass gleichartige Ladungen sich abstoßen, ungleichartige Ladungen sich anziehen. Quantitativ wurde dies von Coulomb untersucht, der dabei das folgende Gesetz gefunden hat: Die Kraft zwischen zwei punktförmigen geladenen Teilchen im Vakuum ist: ๐1 ⊕ ๐2 ๐ โ 1 ๏ฟฝ๐นโ ๏ฟฝ = 4 ๐๐ 0 ๐1 ๐2 (15.1) ๐2 Darin ist: ๏ฟฝ๐นโ ๏ฟฝ der Betrag der Kraft zwischen den Teilchen, anziehend (positiv) wenn ๐1und ๐2 verschiedene Vorzeichen haben, abstoßend (negativ) wenn sie gleiche Vorzeichen haben. Einheit: 1 C = 1 Coulomb = 1 As = 1 Ampere โ 1 Sekunde ๐ Abstand der Ladungen. Einheit von ε0 aus Gl. ๐1 , ๐2 Ladung von Teilchen 1 bzw. 2, Einheit Coulomb 15.1: ε0 = 8,854 โ 1012 C 2 N−1 m−2 „elektrische Feldkonstante“ C2N−1m−2 = C2J−1m−1 = oder ‘Permittivität des Vakuums’ CV−1m−1 = A2s4kg−1m−3 Befindet sich zwischen den Ladungen Materie (z.B. Luft, Wasser) so wird die Kraft abgeschwächt. Man findet ๏ฟฝ๐นโ ๏ฟฝ = (15.2) 1 ๐1 ๐2 4 ๐๐0 ๐ ๐ 2 ๐ =‘relative Permittivität’ (dimensionslos) = 78 (für H 2 O ) Früher wurde ε die "Dielektrizitätskonstante" genannt. Beispiel: Kraft, die ein Na+ - und Cl− -ion im Vakuum im Abstand von 10 nm auf einander ausüben (Elementarladung ๐ = 1,6 โ 10−19 ๐ถ) : 1 1,6 โ 10−19 ๐ถ โ 1,6 โ 10−19 ๐ถ ๏ฟฝ๐นโ ๏ฟฝ = (10−8 )2 m2 4 ๐ 8,8 โ 10−12 ๐ถ 2 J −1 m−1 149 = 2,3 โ 10−12 J m−1 [J m−1 = N m m−1 = N] Die Anziehungskraft der beiden Ionen in Wasser ist um den Faktor 78 geringer Potentielle Energie, Arbeit, Elektrisches Potential, elektrische Feldstärke Führen wir diesem System Arbeit zu, d.h. ziehen wir die positive und negative Ladung auseinander, so erhöht sich dessen potentielle Energie. Umgekehrt, falls durch die Wirkung der Anziehungskraft, die Ladungen näher zusammenkommen, erniedrigt sich die potentielle Energie. Def.: Die potentielle Energie ist gleich der negativen Arbeit, die von der Wechselwirkungskraft verrichtet wird. (Arbeit: d๐ = ๐นd๐, ๐น = ๐๐๐โ๐ ๐๐๐ค๐๐๐๐๐ข๐๐๐ ๐๐๐๐๐ก, ๐น ist positiv, wenn anziehend). (15.3) 1 ๐1 ๐2 d๐ธ๐๐๐ก = −d๐ = −๐นd๐ = − d๐ 4๐๐0 ๐ 2 Wir bringen die Ladung ๐1 aus Entfernung ∞ bis zur Entfernung ๐: ๐ธ(๐) ๏ฟฝ d๐ธ๐๐๐ก = − ๐ธ(∞) (15.4) ๐ ๐1 ๐2 1 ๏ฟฝ d๐ 4๐๐0 ๐ 2 ∞ ๐ธ๐๐๐ก (๐) − ๐ธ๐๐๐ก (∞) = − 1 ๐ 1 ๐1 ๐2 ๐1 ๐2 ๏ฟฝ− ๏ฟฝ๏ฟฝ = 4๐๐0 ๐ ∞ 4๐๐0 ๐ ๐ธ๐๐๐ก (∞) = 0 (Definition) 1 ๐1 ๐2 ๐ธ๐๐๐ก (๐) = = potentielle Energie des Systems 4๐๐0 ๐ (15.5) Wir definieren nun als elektrisches Potential, φ, die potentielle Energie pro Ladung. Zur Anschauung führen wir in Gedanken folgendes Experiment durch: Wir nehmen eine positive elektrische Ladung z.B. ein Na+ −Ion. Dieses befindet sich im Abstand ∞ von dem Ort, dessen 150 Potential wir bestimmen wollen. ๐ธ๐๐๐ก (∞) ist per Definition Null. Die Ladung wird dann von ∞ zum Ort ๐ gebracht, und wir berechnen oder messen nach Gleichung (15.5) die potentielle Energie. Division durch die Größe der verwendeten Ladung ergibt das elektrische Potential. Def.: Elektrisches Potential: ๐ธ๐๐๐ก ๐๐๐ก๐๐๐ก๐๐๐๐๐ ๐ธ๐๐๐๐๐๐ φ= = ๐1 ๐ฟ๐๐๐ข๐๐ (15.6) Entsprechend der Definition ist die Einheit des elektrischen Potentials JC−1 oder Volt, V. Das elektrische Potential der Punktladung ๐2 ist nach den Gleichungen 15.5 und 15.6: (15.7) 1 ๐2 φ= 4๐๐0 ๐ Beispiel.: Das elektrische Potential im Abstand 10 nm von einem Na+ −Ion ist also: 1 J = 1 V As 1 ๐ถ = 1 As 1,6 โ 10−19 ๐ถ φ= = 0,14 J๐ถ −1 −12 2 −1 −1 −8 4๐ 8,8 โ 10 ๐ถ J m 10 m = 0,14 V 1 Mit dem elektrischen Potential kann man für die potentielle Energie nach Gl. 15.6 auch schreiben (15.8) ๐ธ๐๐๐ก = ๐1 φ Physikalisch wichtig sind die Änderungen der potentiellen Energie. Die Wahl des Nullpunktes ist (wie beim chemischen Potential) willkürlich und spielt bei der Berechnung von Änderungen keine Rolle. (15.9) ๐ธ๐๐๐ก (2) ๏ฟฝ ๐ธ๐๐๐ก (1) φ2 d๐ธ๐๐๐ก = ๐1 ๏ฟฝ dφ → ๐ธ๐๐๐ก (2) − ๐ธ๐๐๐ก (1) = ๐1 (φ2 − φ1 ) = ๐ = ๐ด๐๐๐๐๐ก φ1 φ2 − φ1 ist die elektrische Potentialdifferenz, die man üblicherweise Spannung, ๐, nennt. (15.10) φ2 − φ1 = ๐ Damit erhalten wir für die elektrische Arbeit: ๐ = ๐1 ๐ (15.11) und mit ๐1 = ๐ผ ๐ก erhalten wir für die Arbeit: (15.12) ๐ =๐๐ผ๐ก Häufig benutzt man auch den Begriff elektrische Feldstärke, ๐ธ, die folgendermaßen definiert ist: (15.13) ๏ฟฝโ ๐ฒ๐๐๐๐ ๐ญ ๏ฟฝ๐ฌโ = = 151 ๐ณ๐๐ ๐๐๐ ๐ธ๐ Einheiten: 1 ๐๐๐ค๐ก๐๐ = NC−1 = Jm−1 C−1 = V A s m−1 A−1 s −1 = Vm−1 1 ๐ถ๐๐ข๐๐๐๐ ๐ธ๏ฟฝโ ist ein Vektor mit der gleichen Richtung wie die Kraft, ๐นโ . Nach dem Coulomb´schen Gesetz ergibt sich nach Gl. 15.2 und 15.13 für das von der Ladung ๐2 erzeugte elektrische Feld: (15.14) 1 ๐2 ๏ฟฝ๐ธ๏ฟฝโ ๏ฟฝ = 4๐๐0 ๐ 2 Man kann somit die Kraft auf die Ladung ๐1auch folgendermaßen beschreiben: (15.15) ๐นโ = ๐1 ๐ธ๏ฟฝโ Beispiele für elektrische Felder Richtung von ๐ฌ von + nach - Berechnung des Betrags von ๐ธ an der Oberfläche eines Ions: ๏ฟฝ๐ธ๏ฟฝโ ๏ฟฝ = ๐ 1,6 โ 10−19 ๐ถ ๐ถ J ๐ด๐ V V = = = = ๏ฟฝ ๏ฟฝ 4๐๐0 ๐ 2 4๐ โ 8,8 โ 10−12 ๐ถ 2 J−1 m−1 โ (59 โ 10−12 m)2 ๐ถ 2 J−1 m−1 m2 ๐ถm ๐ด๐ m m für Li + ( r 59 = = pm ) , K + ( r 138 pm ) und Cl− ( r = 181pm ) : Mit ๐ = ๐ ergibt sich: ๏ฟฝ๐ธ๏ฟฝโ (Li+ )๏ฟฝ = 4,2 โ 1011 Vm−1 Daraus folgt, dass die Kraft auf ein anderes Ion + 10 −1 ๏ฟฝโ ๏ฟฝ๐ธ (K )๏ฟฝ = 7,6 โ 10 Vm nach Gl. 15.14 bei Li+ um den Faktor 10 größer ist als bei Cl− . ๏ฟฝ๐ธ๏ฟฝโ (Cl− )๏ฟฝ = 4,3 โ 1010 Vm−1 Dipole 152 ๏ฟฝโ. Das Dipolmoment ist definiert als ๐โ = ๐d (15.16) Die Richtung des Dipolmoments zeigt definitionsgemäß von – nach +, ๏ฟฝโ d ist der Verbindungsvektor zwischen negativer und positiver Ladung. Die Größe der positiven und negativen Ladung ist gleich d.h. ๐+ = ๐− = ๐. In der Organischen Chemie verwendet man die umgekehrte Richtung. Das Dipolment zeigt hier in Richtung größerer Elektronendichte. Plattenkondensator Inhomogenes elektrisches Feld Homogenes elektrisches Feld Homogenes Feld: Die elektrischen Feldlinien haben im betrachteten Volumenelement die gleiche Richtung und gleiche Dichte Dipole im homogenen elektrischen Feld Die Richtung des Dipolmoments bildet den Winkel b mit dem elektrischen Feld. Auf die + Ladung wirkt die Kraft ๐นโ+ = ๐+ ๐ธ๏ฟฝโ , auf die - Ladung wirkt die Kraft ๐นโ− = ๐− ๐ธ๏ฟฝโ . Der Betrag beider Kräfte ist gleich groß, ihre Richtung entgegengesetzt. Dies bewirkt ein Drehmoment auf den Dipol der Größe: ๏ฟฝ๏ฟฝโ = ๐โ × ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝโ ๐ ๐ธ = |๐โ| โ ๏ฟฝ๐ธ๏ฟฝโ ๏ฟฝ โ sin ๐ฝ Wenn ๐ฝ = 0, dann sin ๐ฝ = 0, dann wirkt keine Kraft mehr auf den Dipol. Bringt man einen elektrischen Dipol in ein homogenes elektrisches Feld, dreht sich der Dipol bis er in Feldrichtung ausgerichtet ist (minimale Energie des Dipols im Feld). Der Dipol wandert nicht in Feldrichtung. 153 Dipole im inhomogenen, elektrischen Feld Wir betrachten die Lage von drei Dipolen. A: Der Abstand beider Ladungen des Dipols von der positiven Ladung ist gleich groß. Damit ist ๐นโ+ = −๐นโ− . Die resultierende Kraft ๏ฟฝ๏ฟฝโ ≠ 0. Der Dipol ist Null ๐นโ๐๐๐ = 0 und ๐ dreht sich in die Feldrichtung. B: Der Abstand beider Ladungen des Dipols von der positiven Ladung ist verschieden ๏ฟฝ๐นโ+ ๏ฟฝ > ๏ฟฝ๐นโ− ๏ฟฝ. Der Dipol dreht sich und richtet sich in Feldrichtung aus und wandert gleichzeitig in Richtung der positiven Ladung (höhere elektrische Feldstärke). ๏ฟฝ๏ฟฝโ ≠ 0. ๐นโ๐๐๐ ≠ 0 und ๐ C: Der Abstand beider Ladungen des Dipols von der positiven Ladung ist verschieden Damit sind auch die Kräfte verschieden. ๏ฟฝ๐นโ− ๏ฟฝ > ๏ฟฝ๐นโ+ ๏ฟฝ. Der Dipol ist bereits in Feldrichtung ausgerichtet. Er wandert in Richtung der positiven Ladung aber dreht ๏ฟฝ๏ฟฝโ = 0. sich nicht. ๐นโ๐๐๐ ≠ 0 und ๐ Bringt man einen elektrischen Dipol in ein inhomogenes, elektrisches Feld, so dreht sich der Dipol bis er genau in Feldrichtung ausgerichtet ist und wandert in Richtung der höheren Feldstärke. 154 Die Struktur von Wasser und der Einfluss gelöster Ionen Struktur von Eis: Jedes H2 O ist über 4 H-Brücken mit den anderen H2 O verknüpft. Der kleinste O–OAbstand ist 0,24 nm. Beim Schmelzen wird er größer 0,29 nm (bei 1,5°C), 0,3 nm (bei 83°C). Im Eis gibt es 4 nächste Nachbarn, im flüssigen H2 O 4,4 (bei 1,5°C) 4,9 (bei 83°C), d.h. es erfolgt ein Zusammenbruch der Fernordnung beim Schmelzen, teilweise auch ein Zusammenbruch der Nahordnung. Diese beiden Effekte erlauben eine dichtere Packung der H2 O-Moleküle im flüssigen Zustand. In Kombination mit der Zunahme des mittleren Abstandes ist dies die Erklärung für das Dichtemaximum bei 4°C. Struktur von Wasser: Im flüssigen Wasser befinden sich größere Netzwerke von Wassermolekülen, die über Wasserstoff-Brückenbindungen assoziiert sind. Daneben liegen auch unassoziierte Moleküle vor, die sich in einem Gleichgewicht mit den Netzwerken befinden. Diese ungewöhnliche Struktur ist Ursache für eine Reihe ungewöhnlicher Eigenschaften des flüssigen Wassers. Löst man Ionen im Wasser, so lagern sich die Wasserdipole an die Ionen an. Die Wassermoleküle direkt am Ion bilden die sogenannte erste Hydrathülle, die sehr fest gebunden und stark orientiert sind. Daran schließt sich eine weitere ("sekundäre") Hydrathülle an, deren Dipole nur partiell orientiert sind. Diese geht ohne scharfe Grenze in die Struktur der ungestörten Wasserstruktur über. Die erste Hydrathülle enthält bei den meisten Ionen 4 Wassermoleküle in tetraedrischen Anordnung, da dadurch die tetraedrische Anordnung der ungestörten Wasserstruktur (engl. ("bulk water") am wenigsten gestört wird. Die Abbildung zeigt eine anschauliche (links) und schematische (rechts) Darstellung der Umgebung eines hydratisierten Ions. 155 Will man einen NaCl-Kristall in Wasser auflösen, so muss eine Energie von der Größenordnung der Gitterenergie (750 kJmol−1 ) aufbringen. Die geschieht durch Anlagerung der Wasserdipole an die Ionen auf der Kristalloberfläche, die dadurch in Lösung gehen können. Durchschlagsfeldstärke in Luft: Erreicht die Luft eine Feldstärke von 106 Vm−1, so tritt ein elektrischer Überschlag auf (Funken, Blitz). Beispiel: Steckdose ๐ = 220 ๐, Abstand der Pole ๐ = 1 ๐๐ ergibt für die Feldstärke zwischen den Polen: 220V ๐ธ = −2 = 2,2 โ 104 Vm−1 10 m Nähert man die Pole an z.B. 1mm →= 2,2 โ 105 Vm−1 Beim Abstand von 0,2 mm Funkenüberschlag, daher ๐ธ > 106 Vm−1 . 15.2. Elektrolyte und Faraday`sche Gesetze Werden Salze in Wasser gelöst, leiten die entstehenden Lösungen den elektrischen Strom. Bei der Auflösung dissoziieren die Stoffe in Ionen und die Ionen werden durch Anlagerung einer Hydrathülle stabilisiert. Na Cl(fest) + Wasser → 156 Gegenüber der Bindung im Kristall, ist die Coulomb’sche Wechselwirkung durch das Wasser stark geschwächt. 1 ๐1 ๐2 ๏ฟฝ๐นโ ๏ฟฝ = 4๐๐ ๐ , mit ๐๐ป2 ๐ = 78 ๐2 0 ๐ป2 ๐ Legt man an eine solche Lösung eine elektrische Spannung an, so wandern die Ionen im elektrischen Feld und reagieren an den Elektroden mit den Elektronen. Strommessgerät Bsp.: CuCl2 -Lösung, Pt-Elektroden. Wir legen eine Spannung an: dann werden die Cu2+ zum –Pol wandern, die Cl− zum +Pol. I Definition: –Pol die Kathode. Bei der Elektrolyse wandern die positiven Ionen (Kationen) zur Kathode. +Pol die Anode. Bei der Elektrolyse wandern die negativen Ionen (Anionen) zur Anode. Im Zuleitungsdraht und in den Elektroden fließen Elektronen, in der Lösung nur Cu2+ und Cl− , d.h. an der Phasengrenze Elektrode/Elektrolyt findet ein Wechsel der Ladungsträger statt und dies ist mit einer chemischen Reaktion gekoppelt. Kathode: Anode: Gesamtreaktion: Cu2+ (Lösung) + 2 ๐ − (Elektrode) 2 Cl− (Lösung) Cu2+ + 2 Cl− → → → Cu (Elektrode) Cl2 (Gas) + 2 ๐ − Cu + Cl2 Diese Reaktion ist eine Zersetzung des gelösten Stoffes. Man nennt diesen Vorgang Elektrolyse. Die Faraday'schen Gesetze Die Elektrolyse wurde von Faraday für viele Stoffe genauer untersucht, und dabei das 1. und 2. Faraday'sche Gesetz gefunden. Diese sind eine Konsequenz der Erhaltung der elektrischen Ladung: 157 - Fließt im äußeren Stromkreis die Ladung ๐ (๐๐ขß๐๐) = ๐๐ = ๐ผ ๐ก, so muss die gleiche Ladung auch durch die Zelle fließen. - An der Kathode wird die Ladung aber nur durch Cu2+ -Ionen in die Lösung gebracht. Also muss hier gelten: (15.17) ๐๐๐๐๐๐ (๐พ๐๐กโ๐๐๐) = ๐Cu2+ โ ๐งCu2+ โ ๐ ๐Cu2+ = ๐งCu2+ = ๐ = mit ๐Cu2+ = ๐Cu2+ โ ๐๐ด ๐ ๐๐ด = Stoffmenge (mol) = Avogadrokonstante erhält man aus Gl. 15.17: ๐๐๐๐๐๐ (๐พ๐๐กโ๐๐๐) = Zahl der abgeschiedenen Cu2+ -Ionen Zahl der Ladungen der Cu2+ -Ionen Elementarladung = 1,6 . 10−19C und ๐ ๐ = ๐๐ถ๐ข ๐ถ๐ข ๐Cu2+ = Masse der abgeschiedenen Cu2+ ๐Cu2+ = Molmasse (15.18) ๐๐ถ๐ข2+ โ ๐ง 2+โ ๐๐ด โ ๐ ๐๐ถ๐ข2+ ๐ถ๐ข Entsprechend ergibt sich für die Anode: ๐๐ถ๐− ๐๐๐๐๐๐ (๐ด๐๐๐๐) = โ ๐ง − โ ๐๐ด โ ๐ ๐๐ถ๐− ๐ถ๐ (15.19) und wir erhalten allgemein für beliebige Ionensorten ๐: (15.20) Da die elektrische Ladung erhalten bleibt, gilt (a=außen): ๐๐ = ๐ผ ๐ก = ๐๐๐๐๐๐ ๐๐ = ๐ผ ๐ก = ๐๐ ๐ง ๐ ๐ = ๐๐ ๐ง๐ ๐น ๐๐ ๐ ๐ด Man schreibt für die Größe ๐๐ด ๐ = ๐น = 6 โ 1023 mol−1 โ 1,6 โ 10−19 ๐ถ = 96500 ๐ถmol−1 ๐น =Faradaykonstante = Ladung von 1 mol Elektronen Mit dieser Gleichung (15.20) berechnet man den Zusammenhang zwischen Strom und Stoffmenge bei der Elektrolyse. Gl. 15.20 ist die Zusammenfassung des 1. und des 2. Faraday'sche Gesetzes. Abhängigkeit Strom – Spannung bei der Elektrolyse: 158 Bei kleinen Spannungen: kein Strom. I Bei hoher Spannung: linearer Zusammenhang Strom – Spannung (Ohm‘sches Gesetz) โ๐ผ 1 =๐ฟ= โ๐ ๐ Extrapolation des linearen Bereiches auf den Strom ๐ผ = 0 ergibt die Zersetzungsspannung, ๐ธ๐ง für die jeweilige Verbindung Beispiel: Berechnung der Masse von Aluminium, wenn bei der Elektrolyse von AlCl3 ein Strom von 5 A für eine halbe Stunde fließt. (15.20) ๐๐ ๐ผ๐ก= ๐ง๐น ๐๐ ๐ ๐ผ ๐ก ๐(Al) 5A โ 0,5h โ 27g โ mol−1 = ๐งAl ๐น 3 โ 96500Cmol−1 5A โ 0,5 โ 3600s โ 27gmol−1 = 3 โ 96500 Asmol−1 = 0,84g ๐(Al) = ๐ง(Al) = 3 ๐(Al) = 1h = 3600 s 1C = 1As 27 g mol−1 15.3 Leitfähigkeit von Elektrolyten ๐ ๐ผ 1 Der elektrische Widerstand ist definiert als ๐ = ๐ผ , die elektrische Leitfähigkeit ist ๐ฟ = ๐ = ๐ . Der Widerstand hängt von der Geometrie der Anordnung ab. Man findet: โ ๐ = ๐ ๐ด, ๐ = spezifischer Widerstand, โ = Länge des Leiters, ๐ด = Querschnittsfläche des Leiters Entsprechend findet man für die Leitfähigkeit ๐ผ ๐ด = ๐ฟ = ๐ โ , ๐ = spezifische Leitfähigkeit ๐ ๐ ๐ผ = ๐ ๐ด โ (15.21) Die spezifische Leitfähigkeit setzt sich aus den Anteilen der Kationen und der Anionen zusammen und ist proportional zur Konzentration des Salzes. Dividiert man durch ๐ so erhält man: (15.22) 159 ๐ ๐ =Λ= molare Leitfähigkeit des Elektrolyte v+ |E| v− ๏ฟฝ u− = |E| u+ = Λ + = ๐ง+ ๐ข+ ๐น Λ − = ๐ง− ๐ข− ๐น Man bezeichnet entsprechend (15.23) als die molare Leitfähigkeit des Kations bzw. des Anions (๐ง+ , ๐ง− Ladungszahl Kation, Anion, ๐ข+ , ๐ข− Beweglichkeit Kation, Anion, v+ , v− Geschwindigkeiten Kation und Anion). Damit ergibt sich (15.24) Λ = ๐+ Λ + + ๐− Λ − (stöchiometrische Koeffizienten) Man nennt Gl. 15.24 das 1. Kohlrausch’sche Gesetz oder das Gesetz von der unabhängigen Wanderung der Ionen. Bsp.: Λ 0 (Na+ ) = 50 Ω−1 cm2 mol−1 Λ 0 (Cl− ) = 76 Ω−1 cm2 mol−1 Λ + 50 cm2 mol ๐ด ๐ข0Na+ = ๐ง 0Na ๐น = 96500 Ω mol ๐ด s ๐ Na+ = 5,2 โ 10−4 cm2 s๐ ๐ฃ0Na+ = ๐ข0Na ๐ธ = 5,2 โ 10−4 cm2 s๐ ๐ โ 1 cm ≈ 5 โ 10−4 cm s Legt man eine Spannung von 1 V an zwei Elektroden, deren Abstand 1 cm ist, so wandern die in der Lösung befindlichen Na+ -Ionen in 1 s etwa 5 โ 10−4 cm weit. Der Abstand zweier Wassermoleküle ist etwa 3 โ 10−8 cm, d.h. auf einem Weg von 1 cm liegen 1 cm ๐ = 3โ10−8 cm = 3 โ 107 Wassermoleküle. In 1 s legt das Na+ einen Weg von 5 โ 10−4 cm zurück. 5โ10−4 cm Dabei wandert das Na+ -Ion an ๐ = 3โ10−8 cm ≈ 2 โ 104 Molekülen H2 O vorbei. 160 Das Proton wandert nicht als H3 O+ durch die Lösung. Es hat einen anderen Transportmechanismus. „Wanderung“ von H + im elektrischen Feld. ⇒ Erklärt die hohe Beweglichkeit (und Leitfähigkeit) von H + -Ionen ("Grotthus-Mechanismus"). 161 15.4 Elektroden 15.4.1 Vorgänge an der Elektrode Taucht man einen Metallstab in eine Lösung, so kann entweder das Metall in Lösung gehen, oder es können sich Metallionen abscheiden: Vorgänge an der Elektrode (Halbzelle): d.h. an den Elektroden laufen chemische Reaktionen ab. Parallel zu dem chemischen Vorgang werden die Phasen (Metall und Lösung) gegeneinander aufgeladen: Ist das Silbermetall negativ geladen, so wird die weitere Abgabe von Ag + in die Lösung verlangsamt bis sich schließlich ein Gleichgewicht eingestellt hat (chemisch + elektrisch = elektrochemisches Gleichgewicht). Anstelle des chemischen Potentials, das man bei den Gleichgewichten in einer Phase (d.h. φ = konst) benutzt, muss man hier für die Berechnung das elektrochemische Potential benutzen, das folgendermaßen definiert ist: 162 ๐๏ฟฝ๐ = ๐๐ + ๐ง๐ ๐น φ (15.25) = elektrochemisches Potential ๐๐ = chemisches Potential ๐ง๐ = ๐น = Ladung des Ions ๐ (→๐ง๐ ๐น = Ladung von 1 mol Teilchen ๐) ๐๏ฟฝ๐ φ = Faradaykonstante elektrisches Potential der Phase Für ungeladene Stoffe ist ๐ง๐ = 0, und das elektrochemische Potential geht in das chemische Potential über. Das elektrochemische Potential enthält zusätzlich die Arbeit, die notwendig ist, um 1 Mol Ionen vom elektrischen Potential 0 auf ๐ zu bringen. Je nach Vorzeichen von ๐ง๐ und φ, ist diese Arbeit positiv oder negativ. • Die chemische Reaktion findet nur an der Phasengrenze ๐๐|๐ฟö statt. • Durch die chemische Reaktion findet eine elektrische Aufladung der beiden Phasen gegeneinander statt, dies verhindert den weiteren Ablauf der Reaktion: wir haben elektrochemisches Gleichgewicht. Für ein elektrochemisches Gleichgewicht gilt allgemein: ๏ฟฝ ๐๐ ๐๏ฟฝ๐ = 0 15.4.2 Elektrochemische Zelle Man baut zwei Halbzellen (Metall und Lösung) zusammen: Schematische Darstellungen: 163 Die Salzbrücke erlaubt den Ladungstransport zwischen den Halbzellen und verhindert die Vermischung der Lösung. Sie besteht aus einem Keramikdiaphragma oder aus einer KNO3 −Lösung, die mit Agar verfestigt ist. ๐ซ๐๐๐ง = ๐๐๐ง − ๐๐๐ง๐๐๐ ๐ซ๐๐๐ฎ = ๐๐๐ฎ − ๐๐๐ฎ๐๐๐ ๐ซ๐๐๐ฎ = ๐๐๐ฎ − ๐๐๐ฎ๐๐๐ ๐ฌ = ๐ซ๐๐๐ฎ − ๐ซ๐๐๐ง ๐ซ๐๐๐ข๐๐ ≈ ๐ 164 Wichtige Befunde: • • Innerhalb einer Phase ist φ konstant (wenn kein Strom fließt) • Chemische Reaktion nur an den Phasengrenzen • Potentialsprünge an den Grenzen zwischen Salzbrücke und Lösungen sind klein und werden vernachlässigt. • Die Messung elektrischer Potentialdifferenzen erfolgt immer zwischen zwei Phasen gleicher chemischer Zusammensetzung, d.h. Voltmeter ist an zwei Cu-Drähte angeschlossen. Potentialsprünge nur an den Phasengrenzen Eine Kombination aus zwei verschiedenen Elektroden nennt man eine elektrochemische Zelle. Eine Elektrode im Kontakt mit der Lösung heißt entsprechend 'Halbzelle'. An der Stelle, an der die beiden verschiedenen Lösungen aneinander grenzen, treten Diffusionspotentiale auf. Diese kann man aber durch geeignete Maßnahmen verringern bzw. ganz unterdrücken (Salzbrücken mit Salzen, bei denen Anion und Kation gleiche Beweglichkeit haben. Die Zellspannung einer elektrochemischen Zelle ist φ๐๐๐โ๐ก๐ − φ๐๐๐๐๐ = ΔφCu − ΔφZn = ๐ธ Wenn kein Strom fließt, nennt man diese Spannung die Elektromotorische Kraft, EMK, der Zelle. Das Diffusionspotential an der Grenzfläche zweier Lösungen wird vernachlässigt: ΔφDiff ≈ 0 Symbolische Schreibweise: senkrechter Strich Zn Zn 2+ Cu 2+ Cu ๏ฃผ Phasengrenzen: ๏ฃด ๏ฃฝ ๏ฃด Salzbrücke mit Fritte: poröse Wand, verhindert Durchmischung, + Pt, H 2 H ๏ฃพ erlaubt elektrischen Kontakt, zwei senkrechte Striche 15.4.3 Wasserstoff – Elektrode und Spannungsreihe Das Potential einer Halbzelle kann nicht direkt gemessen werden. Man kombiniert daher eine Halbzelle mit einer zweiten Halbzelle, z.B. einer H2 -elektrode. Linke Seite: H2 -Elektrode; rechte Seite: beliebige Halbzelle Pt, H 2 H + Zn 2+ Zn Pt, H 2 H + Cu 2+ Cu 165 Man setzt willkürlich das elektrische Potential der H2 -Elektrode unter Standardbedingungen = Null und definiert als Elektrodenpotential einer beliebigen Halbzelle die EMK, die in Kombination mit der H2 -Elektrode gemessen wurde. Standardelektrodenpotential: Reaktion, die in Tabelle angegeben wird ๐ธ0/ ๐ Zn2+ + 2 ๐ − → Zn Cu2+ + 2 ๐ − → Cu – 0,763 + 0,34 eigentlich ablaufende Reaktion Zn2+ + H2 → 2 H+ + Zn Cu2+ + H2 → 2 H+ + Cu Das Minus-Zeichen von ๐ธ 0 deutet an, dass bei Zn die Reaktion in umgekehrter Richtung läuft wie geschrieben, bei Cu (+Zeichen) läuft Reaktion in der angegebenen Richtung. Die gemessene EMK der Zelle ergibt sich formal dann so: ๐ธ = โφCu|CuSO4 − โφZn|ZnSO4 = ๏ฟฝโφ Cu|CuSO4 − โφH2 ๏ฟฝH+ ๏ฟฝ − ๏ฟฝโφ Zn|ZnSO4 − โφH2 ๏ฟฝH+ ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ธCu|CuSO4 (15.26) ๐ธZn|ZnSO4 Man nennt ๐ธ das Elektrodenpotential der entsprechenden Reaktion. Unter Standardbedingungen wird es ๐ธ 0 „Standardelektrodenpotential“ genannt. Man erkennt, dass bei der Kombination von zwei Halbzellen (Elektroden) zu einer Zelle das Elektrodenpotential der H2 Elektrode ('Referenzelektrode') wieder heraus fällt. โφCu|CuSO4 ECu|CuSO4 ist also die elektrische Potentialdifferenz an der Grenzfläche Cu|CuSO4 . ist das Elektrodenpotential, d.h. die Differenz der elektrischen Potentialdifferenzen Cu|CuSO4 und Pt H2 |H + . Anordnung der Halbzellen im Zellschema: 1. 2. Ist eine Halbzelle die H2 -Elektrode, so steht diese immer auf der linken Seite. 3. Standardpotential ๐ธ 0 auf der rechten Seite. Bei allen anderen Kombinationen von Halbzellen steht die Halbzelle mit positiverem Die Standard EMK der Zelle errechnet sich wie folgt: ๐ธ 0 = ๐ธ 0 (๐๐๐โ๐ก๐ ) − ๐ธ 0 (๐๐๐๐๐ ) = ๐ธ๐0 − ๐ธ๐0 166 Die Standardelektrodenpotentiale liegen geordnet nach ihrer Größe tabelliert vor. Man nennt dies die 'Elektrochemische Spannungsreihe' Halbzelle Elektrodenreaktion Metallionenelektroden Standardelektrodenpotential Chemisch Biochemisch ๐ธ0 ๐ Li+ |Li Rb+ |Rb K + |K Cs + |Cs Ca2+ |Ca Na+ |Na Mg 2+ Mg Al3+ |Al Zn2+ |Zn Fe2+ |Fe Cd2+ |Cd Ni2+ |Ni Pb2+ |Pb Cu2+ |Cu Ag + |Ag Au+ |Au Li+ + e− โ Li Rb+ + e− โ Rb K + + e− โ K Cs + + e− โ Cs Ca2+ + 2e− โ Ca Na+ + e− โ Na Mg 2+ + 2e− โ Mg Al3+ + 3e− โ Al Zn2+ + 2e− โ Zn Fe2+ + 2e− โ Fe Cd2+ + 2e− โ Cd Ni2+ + 2e− โ Ni Pb2+ + 2e− โ Pb Cu2+ + 2e− โ Cu Ag + + e− โ Ag Au+ + e− โ Au -3,05 -2,93 -2,92 -2,92 -2,87 -2,71 -2,36 -1,66 -0,76 -0,44 -0,40 -0,23 -0,13 +0,34 +0,80 +1,42 H + |H2 , Pt OH − |O2 , Pt I − |I2 , Pt Cl− |Cl2 , Pt F − |F2 , Pt H2 O|Pt 2H + + 2e− โ H2 O2 + 2 H2 O + 4e− โ 4 OH − I2 + 2e− โ 2 I − Cl2 + 2e− โ 2 Cl− F2 + 2e− โ 2 F − O2 + 4 H + + 4e− โ 2 H2 O 0,00 +0,40 +0,54 +1,36 +2,85 +1,229 SO2− 4 |PbSO4 |Pb I − |Ag I|Ag Cl− |AgCl|Ag Cl− |Hg 2 Cl2 |Hg PbSO4 + 2e− โ Pb + SO2− 4 Ag I + e− โ Ag + I − AgCl + e− โ Ag + Cl− Hg 2 Cl2 + 2e− โ 2 Hg + 2Cl− -0,28 -0,15 +0,22 +0,27 Cr 3+ , Cr 2+ |Pt Fe3+ , Fe2+ |Pt Ce4+ , Ce3+ |Pt NADPH, NADP + |Pt Chinhydron|Pt Cr 3+ + e− โ Cr 2+ Fe3+ + e− โ Fe2+ Ce4+ + e− โ Ce3+ NADP + + H + + 2e โ NADPH -0,41 +0,77 +1,61 -0,105 +0,90 ๐ธ 0′ ๐ Gaselektroden -0,421 +0,816 Elektroden 2. Art Redoxelektroden -0,324 167 Vergleich: Thermodynamik Elektrochemie chem. Pot. ๐๐ = ๐๐0 + ๐ ๐ ln๐๐ elektrochem. Pot. ๐๏ฟฝ๐ = ๐๐ + ๐ง๐ ๐น๐ Δ๐ ๐บ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ โ๐บ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๏ฟฝ๐ = ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐ + ๐ง๐น๐ธ ๐ = Stoffindex, ๐ = Aktivität, ๐ง๐ = Ladungszahl des Ions ๐, ๐น = Faradaykonstante, φ =elektrisches Potential = = ๐ ๐ ๏ฟฝ ๐๐ ๐๐0 + ๐ ๐ln ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐ ๐ โ๐ ๐บ 0 + ๐ ๐ln ๏ฟฝ ๐๐ ๐ ๐ chem. Gleichgewicht: Δ๐ ๐บ = 0 ๐ Δ๐ ๐บ 0 = −๐ ๐ln ๏ฟฝ(๐๐ )๐บ๐๐ ๐ = −๐ ๐ln๐พ 0 ๐ 0 ๐ ๐ = โ๐ ๐บ + ๐ ๐ln ๏ฟฝ ๐๐ ๐ + ๐ง๐น๐ธ ๐ = Δ๐ ๐บ + ๐ง๐น๐ธ elektrochemisches Gleichgewicht: โ๐บ = 0 Δ๐ ๐บ = −๐ง๐น๐ธ Δ๐ ๐บ Δ๐ ๐บ 0 ๐ ๐ ๐ ๐ธ=− =− − ln ๏ฟฝ ๐๐ 1 ๐ง๐น ๐ง๐น ๐ง๐น ๐ ๐ ๐ = ๐ธ0 − ln ๏ฟฝ ๐๐ 1 ๐ง๐น Δ๐ ๐บ 0 = −๐ง๐น๐ธ 0 ๐ Δ๐ ๐บ = Freie Reaktionsenthalpie, Δ๐บ = Freie Reaktionsenthalpie + elektrische Arbeit im Gleichgewicht ๐๐ = stöchiometrischer Koeffizient des Stoffes ๐, ๐ธ = EMK der elektrochemischen Zelle, ๐ง = Betrag des stöchiometrischen Faktors der Elektronen, ∏๐ ๐๐๐๐ = ๐ = stöchiometrisches Produkt, ∏๐ ๏ฟฝ๐๐๐1 ๏ฟฝ = ๐พ 0 = Gleichgewichtskonstante ๐บ๐ 1. โ๐ ๐บ 0 = −๐ง๐น๐ธ 0 = −๐ ๐ln๐พ 0 2. ๐ธ 0 = ๐ ๐ ๐ง๐น ln๐พ 0 3. Δ๐ ๐บ = −๐ง๐น๐ธ „Berechnung der Gleichgewichtskonstanten aus der Standard EMK“ Zusammenhang der Freien Reaktionsenthalpie EMK Weitere Zusammenhänge zwischen ๐ฌ๐ und thermodynamischen Größen: dโ๐ ๐บ 0 ๏ฟฝ ๏ฟฝ = −โ๐ ๐ 0 d๐ ๐ โ๐ ๐ป 0 = โ๐ ๐บ 0 + ๐โ๐ ๐ 0 dโ๐ ๐บ 0 dโ๐ธ 0 ๏ฟฝ ๏ฟฝ = −๐ง๐น ๏ฟฝ ๏ฟฝ = −โ๐ ๐ 0 d๐ ๐ d๐ ๐ dโ๐ธ 0 โ๐ ๐ป 0 = ๐ง๐นโ๐ธ 0 + ๐๐ง๐น ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ ๐ 168 15.4.3 Verschiedene Elektroden Wasserstoffstandardelektrode Messbar sind nur die Potentialdifferenzen zwischen zwei Halbzellen. Verschiedene Halbzellen können beliebig miteinander kombiniert werden. Zur Tabellierung wählt man eine Halbzelle Referenz. Dies ist die Normal Wasserstoff Elektrode oder Standard Wasserstoffelektrode. Pt H 2 ( gas,1bar ) H + ( aq ) , a = 1 Schema: H2 löst sich in Platin. An der Grenzfläche Pt|Lösung läuft die Reaktion ab: 2H + (aq) + 2e(Metall) → H2 (Pt) → H2 (aq) → H2 (gas) Man kombiniert beliebige Halbzellen mit der Standardwasserstoffelektrode und tabelliert diese Werte. Ordnet man diese Werte nach steigender EMK, so erhält man die sog. Spannungsreihe. Diese gibt die Standardredoxpotentiale der verschiedenen Halbzellen (Edukte und Produkte jeweils in den Standardzuständen) ๏ฟฝ๐๐ = 1 bar, ๐ ๐ = 1 M, ๐ฅ = 1๏ฟฝ gegenüber der Standardwasserstoffelektrode an, der man das Standardpotential ๐ธH2 = 0 zuordnet. n Beispiel: p Pt H 2 ( gas,1bar ) H + ( aq ) , a = 1 Ag + ( aq ) Ag ( s ) Reaktion: Faktor 2 + p: 2 Ag + 2 e → 2 Ag 0 n: 2 H + + 2 e → H 2 p −n: 2 Ag + + 2 e − 2 H + − 2 e → 2 Ag − H 2 umordnen 2 Ag + + H 2 Standardpotential 0,8 V → 2 Ag + 2 H + (p − n) 0,8 V Nernst’sche Gleichung: 169 ๐ธ = ๐ธ๐ − ๐ธ๐ = ๐ธAg − ๐ธH2 = ๐ธAg = Silber/Silberchloridelektrode 0 ๐ธAg 2 ๐ฅAg ๐ ๐ ๐ ๐ 0 − ln = ๐ธAg + ln{Ag + } + 2 2๐น {Ag } ๐น Pt|H2 |H+ (๐๐)โKCl, AgCl|AgCl|Ag Auch hier findet an der Ag-Elektrode die folgende Reaktion statt Ag + + ๐ → Ag Nernst’sche Gleichung: 0 ๐ธAg = ๐ธAg − ๐ฅAg ๐ ๐ ๐ ๐ 0 ln = ๐ธAg + ln{Ag + } + {Ag } ๐น ๐น In Gegenwart von Cl− Ionen fällt jedoch das Ag + als Silberchlorid aus und wir haben das Gleichgewicht {Ag + }{Cl− } + − AgCl → Ag + Cl , ๐พ = ๐ฅAgCl ๐ฅAgCl = 1 (reiner Stoff) und wir erhalten: ๐พ๐ฟ = {Ag + }{Cl− } das Löslichkeitsprodukt des AgCl. Daraus ergibt sich für {Ag + } ๐พ {Ag + } = {Cl๐ฟ−} Dies setzen wir in die Nernst’sche Gleichung ein und erhalten ๐ ๐ ๐พ๐ฟ ๐ ๐ ๐ ๐ 0 0 ๐ธAg = ๐ธAg + ln − = ๐ธAg + ln๐พ๐ฟ − ln{Cl− } {Cl } ๐น ๐น ๐น Wir fassen zusammen ๐ ๐ 0 0 + ln๐พ๐ฟ = ๐ธAg/AgCl ๐ธAg ๐น ๐ ๐ 0 ๐ธAg/AgCl = ๐ธAg/AgCl − ln{Cl− } ๐น Da diese Elektrode sehr einfach zu handhaben ist, wird sie sehr häufig als Referenzelektrode bei Messungen eingesetzt. Man nennt sie eine Elektrode zweiter Art, weil das Potential nicht von der Konzentration des an der Elektrode reagierenden Ions (das Ag + ), sondern von der eines zweiten Ions (des Cl− )kontrolliert wird. Elektroden zweiter Art haben ein sehr reproduzierbares Potential. Verschiedene Zellen: Daniell-Zelle Cu 2+ ( aq ) + Zn ( f ) → Cu ( f ) + Zn 2+ ( aq ) 170 0 0 )− ๐ธ = ๐ธCu − ๐ธZn = (๐ธCu − ๐ธZn • • ๐ ๐ ๐ ln ๏ฟฝ ๐๐ ๐ 2๐น ๐ ๐ง = 2 (2 Elektronen werden von Zn zu Cu transportiert) ∏๐ ๐๐๐๐ = ๐๏ฟฝZn2+ ๏ฟฝ๐ฅ(Cu) ๐๐ = stöchiometrischer Faktor ๐(Cu2+ )๐ฅ(Zn) Allgemein setzt man die Aktivitäten ein. Hat man reinen Stoff (wie z.B. Cu und Zn) vorliegen, gilt ๐๐ = ๐ฅ๐ = 1. Der Stoffmengenanteil ist für reine Stoffe immer ๐ฅ๐ = 1. Damit folgt: 0 0 − ๐ธZn − ๐ธ = ๐ธCu ๐ ๐ ๐(Zn2+ ) ln 2๐น ๐(Cu2+ ) Für die Aktivitäten kann man näherungsweise die Konzentrationen der Stoffe einsetzen (bei verdünnten Lösungen): ๐ ๐ ๐น = 8,314 V As mol−1 K−1 300K 96500 As mol−1 = 0,0258 V Manchmal verwendet man den lg an Stelle des ln. Dabei gilt: ln๐ฅ = 2,303 lg๐ฅ. Man erhält dann: 2,303 ๐ ๐ ๐(Zn2+ ) 0,059 V ๐(Zn2+ ) 0 lg =๐ธ − lg ๐ธ=๐ธ − 2๐น ๐(Cu2+ ) 2 ๐(Cu2+ ) 0 Hinweis: In der Allgemeinen Chemie verwendet man die Nernst’Gleichung in der Form: ๐ ๐ ๐ธ = ๐ธ 0 + ๐ง๐น ln ๐(๐๐ฅ) ๐(๐๐ฅ) = Aktivität der oxidierten Spezies ๐(๐ ๐๐) ๐(๐ ๐๐) = Aktivität der reduzierten Spezies Beispiel: Cu2+ + 2๐ → ๐ถ๐ข 0 ๐ธCu = ๐ธCu + 0,059 V ๐(Cu2+ ) lg 2 ๐ฅCu 0 + ๐ธZn = ๐ธZn 0,059 V ๐(Zn2+ ) lg 2 ๐ฅZn Zn2+ + 2๐ → ๐๐ 0 0 ๐ธ = ๐ธCu − ๐ธZn = ๐ธCu − ๐ธZn + = 0 ๐ธCu − 0 ๐ธZn 0,059 V ๐(Cu2+ ) 0,059 V ๐(Zn2+ ) lg − lg 2 ๐ฅCu 2 ๐ฅZn 0,059 V ๐(Cu2+ )๐ฅZn + lg 2 ๐ฅCu ๐(Zn2+ ) 0 0 = ๐ธCu − ๐ธZn − 0,059 V ๐(Zn2+ ) lg 2 ๐(Cu2+ ) 171 Gegeben ist die folgende elektrochemische Zelle. n p Cu Cu Cl2 ( aq ) Mn Cl2 ( aq ) , HCl ( aq ) MnO 2 Pt Wie lauten die Halbzellreaktionen, die Gesamtreaktion, die Nernst’sche Gleichung? Man stellt zumindest die Halbzelle mit dem positiven Potential aus der Tabelle mit den Standardpotentialen fest und nennt diese p, die negative wird mit n bezeichnet. Reaktionen ๐ ๐ MnO2 + 4H Cu2+ (๐๐) + (๐๐) 2+ (๐๐) + 2๐ → Mn + 2๐ → Cu(๐) Faktor 1 1 + 2H2 O ๐ − ๐: MnO2 (๐) + 4H + (๐๐) + 2๐ − Cu2+ (๐๐) − 2๐ → Mn2+ (๐๐) + 2H2 O − Cu(๐) ๐๐๐๐๐๐๐๐๐๐ก: MnO2 (๐) + 4H + (๐๐) + Cu(๐) → Mn2+ (๐๐) + 2H2 O + Cu2+ (๐๐) ๐ธ0 1,23 V 0,34 V 0,89 V Der stöchiometrische Faktor der Elektronen muss in beiden Halbzellen immer gleich sein. Es ergibt sich: ๐ง = 2 Das stöchiometrische Produkt aus der Reaktionsgleichung ergibt für die Gesamtreaktion: ๐ = ๏ฟฝ(๐๐ )๐๐ = ๐ {Mn2+ }๐ฅH2 2 O {Cu2+ } ๏ฟฝ๐ฅMnO2 ๏ฟฝ{H + }4 ๐ฅCu ๐ ist nicht die Gleichgewichtskonstante! Die Konzentrationen in den Halbzellen können beliebig gewählt werden. Nernst’sche Gleichung: ๐ ๐ ๐ธ๐ − ๐ธ๐ = ๐ธ๐0 − ๐ธ๐0 − 2๐น ln 2 ๏ฟฝMn2+ ๏ฟฝ๐ฅH ๏ฟฝCu2+ ๏ฟฝ 2O ๐ฅMnO2 {H+ }4 ๐ฅCu oder 0,059 V {Mn2+ }๐ฅH2 2 O {Cu2+ } ๐ธ=๐ธ − lg 2 ๐ฅMnO2 {H + }4 ๐ฅCu 0 In einer elektrochemischen Zelle läuft immer die gleiche Reaktion ab wie in einer Lösung. Sie ist nur zwei Teilreaktionen separiert. 172 Konzentrationszelle Man kann Halbzellen miteinander kombinieren, die sich nur in der Konzentration eines Reaktanten unterscheiden. n p Beispiel: Ag Ag NO3 ( c1 ) Ag NO3 ( c 2 ) Ag Reaktion: Faktor Standardpotential p Ag ( c 2 ) + e → Ag 1 0,8 V n Ag + ( c1 ) + e → Ag 1 0,8 V + p – n Ag + ( c 2 ) + e − Ag + ( c1 ) − e → Ag − Ag Ag + ( c 2 ) → Ag + ( c1 ) 0 Nernst’sche Gleichung: ๐ธ = ๐ธ๐ − ๐ธ๐ = − {๐2 } ๐ ๐ ๐ฅAg ๐ ๐ ๐ฅAg ๐ ๐ {๐2 }๐ฅAg ๐ ๐ {๐2 } ln − ๏ฟฝ− ln ๏ฟฝ= ln = ln = 0,059 V โ lg {๐1 } {๐1 } {๐1 } ๐ฅAg {๐1 } ๐น {๐2 } ๐น ๐น ๐น Wenn ๐2 > ๐1 dann ist ๐ธ > 0, d.h. Ag + wird von Lösung 2 nach Lösung 1 transportiert. Wenn ๐2 = 10−3 ๐ und ๐1 = 10−4 ๐, ergibt sich aus der Nernst Gleichung 10−3 ๐ธ = 0,059 V lg −4 = 0,059 V lg10 = 0,059 V = 59 mV 10 d.h. ein Konzentrationsverhältnis von 10 gibt eine Potentialdifferenz von 59 mV. 15.4.4 Rezept zur Aufstellung der Nernst'schen Gleichung Bei der Standardmethode zur Aufstellung der Nernst'schen Gleichung setzt man voraus, dass man die an den beiden Elektroden ablaufenden Reaktionen ('Halbreaktionen') kennt, und man geht dann so vor: a) b) c) Die Halbreaktionen aufschreiben, die an den Elektroden stattfinden, beide in Reduktionsrichtung (wie in Tabelle), zuerst die mit höherem ๐ธ 0 , dann die mit niedrigerem ๐ธ 0 . Multiplikation der stöchiometrischen Gleichungen mit einem Faktor, der so errechnet wird, dass die Zahl der Elektronen in beiden Halbreaktionen gleich ist (Gesetz der Ladungserhaltung). Subtraktion der stöchiometrischen Gleichungen der beiden Reaktionen ๏ − ๏ (die mit höherem ๐ธ๐0 – die mit niedrigerem ๐ธ๐0 ) = Gesamtreaktion 173 d) e) f) Subtraktion der Standard EMK der Halbzellen ergibt die Standard EMK der Zelle Einsetzen der Gesamtreaktion in die Nernst'sche Gleichung Berechnung der EMK mit den gegebenen Werten der Konzentrationen Beispiel: Reaktion Faktor p 2 Ag+ + 2 e → 2 Ag n Cu2+ + 2 e → Cu p − n: 2 Ag+ +2 e − Cu2+ − 2 e → 2 Ag − Cu Umordnen: 2 Ag+ + Cu → 2 Ag + Cu2+ 2 1 ๐ธ 0 /V + 0,80 ๐ธ๐0 + 0,34 ๐ธ๐0 ๐ − ๐ = 0,80 − (+ 0,34), ๐ธ๐0 − ๐ธ๐0 = ๐ธ 0 = 0,46 Der Faktor wird so bestimmt, dass die Elektronen bei der Differenzbildung p − n wegfallen. ๐ธ๐0 ist das höhere, ๐ธ๐0 das geringere Standardpotential. Damit ist die Gesamtreaktionsgleichung, der stöchiometrische Faktor der Elektronen ๐ง in der Gesamtreaktion, und die Standard EMK bestimmt. Die Nernst'sche Gleichung lautet: ๐ธ๐ − ๐ธ๐ = ๐ธ = ๐ธ 0 − ๐ ๐ ln ๏ฟฝ{๐๐ }๐๐ ๐ง๐น ๐ Darin ist ∏๐{๐๐ }๐๐ das stöchiometrische Produkt der Gesamtreaktion. Für das Beispiel ergibt sich: 2 {Cu2+ } ๐ ๐ ๐ฅAg ๐ธ=๐ธ − ln ๐ง๐น {Ag + }2 ๐ฅCu mit 0 (๐ง = 2) ๐ฅAg = 1, ๐ฅCu = 1, ๐(Cu(NO3 )2 ) = 0,2๐, ๐(AgNO3 ) = 0,1๐ und ๐ธ 0 = ๐ธ๐0 − ๐ธ๐0 0 0 = ๐ธAg − ๐ธCu = 0,46 V ergibt sich schließlich: 174 ๐ธ= 0 ๐ธAg − 0 ๐ธCu ๐ ๐ {Cu2+ } 59 mV 0,2 0 − ln = ๐ธ − lg = 0,46V − 0,038 V = 0,422 V (0,1)2 2๐น {Ag + }2 2 15.4.5 Anwendungen pH Messung mit Glaselektrode Zur Messung der H + -Konzentration werden heute praktisch immer Glaselektroden benutzt. Das sind elektrochemische Ketten, die folgendermaßen aufgebaut sind: Symbolische Schreibweise der Kette: Diaphragma Glasmembran + Hg | Hg2Cl2 | KCl || H (unbekannt) || H+(bekannt) Technische Ausführung KCl | Hg2Cl2 | Hg Prinzip ๐ฏ๐+ ๐ฏ๐+ ๐ฏ๐+ ๐ฏ+ bekannt ๐ฏ๐+ Diaphragma 175 ๐ฏ๐+ Glasmembran In zwei Lösungen mit den H + -Konzentrationen H๐ฅ+ (unbekannte Konzentration) und H๐+ (gepufferte Lösung mit bekanntem pH-Wert, üblicherweise pH 7) tauchen je eine Kalomelelektrode (Hg|Hg 2 Cl2 ) ein. Dabei sind die Elektroden mit 3 M KCl −Lösung gefüllt. Über ein Diaphragma (eine Fritte aus Keramik oder durch ein Platinröhrchen) sind die Elektroden elektrisch leitend miteinander verbunden. Zwischen den beiden Lösungen befindet sich eine sehr dünne Glasmembran. Für die Herleitung des Zusammenhangs zwischen gemessener Spannung (EMK) und pH kann man annehmen, dass die Glasmembran semipermeabel für H + -Ionen ist, d.h. sie lässt nur H + -Ionen hindurch. Ist z.B. H๐+ größer als H๐ฅ+ , so werden H + -Ionen durch die Membran nach außen wandern und dabei die Lösung mit der unbekannten H + -Konzentration positiv aufladen. Dieser Vorgang kommt zum Stillstand, wenn die Potentialdifferenz so groß geworden ist, dass sie einen weiteren Einstrom von H + verhindert. Wir haben dann ein elektrochemisches Gleichgewicht zwischen beiden Lösungen erreicht. Es gilt dann: (15.27) ๐๏ฟฝ๐ฅ = ๐๏ฟฝ๐ (15.28) ๐๐ฅ + ๐ง๐นφ๐ฅ = ๐๐ + ๐ง๐นφ๐ ๐ง = +1 ๐๐ฅ0 + ๐ ๐ln[๐ป + ]๐ฅ + ๐นφx = ๐๐0 + ๐ ๐ln[๐ป+ ]๐ + ๐นφ๐ Wir ordnen und erhalten, da ๐๐ฅ0 = ๐๐0 (15.29) (15.30) ๐ ๐ [H + ]๐ ln + φ๐ฅ − φ๐ = Δφ = [H ]๐ฅ ๐น Diese Potentialdifferenz wird über die beiden Kalomel-Elektroden abgeleitet und mit einem Voltmeter gemessen. Potentialdiagramm der Kette 176 φ Δφ ≈0 H๐ฅ+ H๐+ Δφ Die Potentialdifferenzen an den Kalomelelektroden hängen nur von der KCl − Konzentration ab, sie sind daher gleich groß und fallen bei der Differenzbildung heraus. Das Diffusionspotential am Diaphragma (Fritte) wird vernachlässigt, d.h. die gemessene EMK hängt nur von der Potentialdifferenz an der Glasmembran ab. (15.31) + ๐ ๐ [H ]๐ ln + ๐ธ= [H ]๐ฅ ๐น 2,3 ๐ ๐ ๏ฟฝlg[๐ป + ]๐ − lg[๐ป + ]๐ฅ ๏ฟฝ ๐น 2,3 ๐ ๐ = ๏ฟฝpH๐ฅ − pH๐ ๏ฟฝ ๐น = pH๐ฅ = ๐ฆ = (15.32) ๐น ๐ธ + pH๐ 2,3๐ ๐ ๐ ๐ฅ + ๐ Durch Messung von ๐ธ lässt sich der unbekannte pH-Wert ermitteln, sofern man den pH-Wert der Pufferlösung pH๐ kennt, da die Steigung der Geraden bekannt ist (a = 16,95 V–1). In Wirklichkeit ist die Glasmembran nicht für H+-Ionen durchlässig, sondern der Ladungstransport im Inneren des Glases erfolgt durch Na + - Ionen. An der Oberfläche werden Na + - ionen durch H+-Ionen ausgetauscht. Dadurch entstehen an beiden Seiten der Glasmembran (in den so genannten Quellschichten) elektrische Potentialdifferenzen. Eine Berechnung führt zu einer Gleichung, die in erster Näherung so aussieht wie unsere Gleichung 15.32 für ๐ฌ. Da die Gleichung also nicht ganz exakt ist, verwendet man für die Auswertung von Messdaten die Form der Gleichung, legt aber durch zwei Eichmessungen die beiden Konstanten a und b fest. Ein so umkalibriertes Voltmeter nennt man pH-Meter. Vorgehensweise: Messung von ๐ธ mit einem Eichpuffer pH 7. Dann sollte ๐ธ nach Gl 15.31 gleich Null sein und man verstellt an 177 einem Potentiometer den Nullpunkt des Voltmeters bis Null angezeigt wird. Dann erfolgt Messung bei pH 6 oder pH 8. Nach Gleichung 15.31 sollte dann ± 59 mV gemessen werden. Man variiert die Spreizung der Skala an einem zweiten Potentiometer so, dass der Eichmesswert erhalten wird. Potentialerzeugung an der Glasmembran An der Glasoberfläche befindet sich eine hydratisierte Silikatschicht ("Quellschicht"). Die Kationen in dieser Schicht (meist Na+ ) können sich mit den Protonen austauschen bis das elektrochemische Potential der Protonen in der wässrigen Lösung gleich dem in der Quellschicht geworden ist. Dies führt zum Aufbau einer elektrischen Potentialdifferenz, deren Größe von der Konzentration der H + in der Lösung abhängt. Dieser Austausch geschieht auf beiden Seiten der Glasmembran und die Differenz dieser beiden Potentialsprünge ist die nach Gl. 15.32 gemessene EMK. Glas Lösung Elektroden-Reaktionen und Ladungsträger bei der pH–Messung mit der Einstab-Messkette 178 Ladungsträger (von links nach rechts durch die Kette): Im Zuleitungsdraht zur Hg-Elektrode :๐ Im Hg :๐ An der Grenzfläche Hg/Hg 2 Cl2 : Hg 2+ 2 − An der Grenzfläche Hg 2 Cl2 /KCl : Cl In der KCl −Lösung und Fritte In der Messlösung An der Grenzfläche Messlösung/Glasmembran Im Glas An der Grenzfläche Glas/Puffer In der KCl − Lösung An der Grenzfläche KCl −/Hg 2 Cl2 An der Grenzfläche Hg 2 Cl2 /Hg Im Hg Im Zuleitungsdraht : K + und Cl− : alle vorhandenen Ionen : H+ : Na+ : H+ : K + und Cl− : Cl− : Hg 2+ 2 :๐ :๐ Ob ein Austausch der Kationen des Glases mit den Protonen der Lösung stattfindet, hängt von der Art des Glases ab. Es gibt heute Spezialgläser, die entweder H + oder sehr selektiv andere Ionen wie z.B. Na+ oder K + usw. austauschen können. Es steht eine ganze Reihe solcher ionenselektiver Glaselektroden zur Verfügung, mit denen man nach der gleichen Methode, die Konzentration der verschiedensten Ionen bestimmen kann z.B. Na+ , K + , Ca2+ , Cu2 NH4+ , Cl− , Br − , usw. Das Problem bei der Entwicklung von solchen ionenselektiven Sensoren ist immer eine möglichst hohe Selektivität für das untersuchte Ion zu erhalten, da im Prinzip natürlich andere Ionen auch ausgetauscht werden können und dadurch die Messung stören. 15.4.6 Das Diffusionpotential (richtig: Diffusionspotentialdifferenz) 179 Grenzen zwei Lösungen unterschiedlicher Konzentration aneinander, so gleichen sich die Konzentrationen auf Grund der Diffusion der Moleküle aus, wobei die Diffusionsgeschwindigkeit von der Größe der diffundierenden Teilchen abhängt (siehe Kapitel 13). Grenzen zwei Elektrolytlösungen unterschiedlicher Konzentration aneinander, findet auch eine Vermischung durch Diffusion statt (Bsp. NaCl-Lösungen unterschiedlicher Konzentration). 180 ๐๐ > ๐๐ ๐ ๐ Da die Na+ − Ionen schneller wandern als die Cl− − Ionen, wandern die positiven Ladungen voraus. Dadurch wird ein Unterschied in der elektrischen Ladungsdichte senkrecht zu der Grenzfläche hervorgerufen (positiv in der Lösung mit der geringeren Konzentration Na+ eilen voraus), negativ in der mit der höheren Konzentration. Die unterschiedlichen Ladungsdichten führen zu einer elektrischen Potentialdifferenz zwischen den Lösungen. Damit verknüpft ist ein elektrisches Feld. Dieses führt zu einer Verlangsamung der Geschwindigkeit der Na+ und zu einer Vergrößerung der Geschwindigkeit der Cl− − Ionen. Nach einer kurzen Anlaufzeit sind beide Geschwindigkeiten gleich geworden, so dass beide Ionen dann gleich schnell diffundieren. Die hierbei entstandene elektrische Potentialdifferenz nennt man das Diffusionspotential. (eigentlich Diffusionspotentialdifferenz oder Diffusions-spannung). Diffusionspotentiale entstehen an der Grenzfläche zwischen zwei Lösungen, die Ionen unterschiedlicher Beweglichkeit enthalten: • Gleiche Elektrolyte in unterschiedlicher Konzentrationen • Lösungen, die verschiedene Salze enthalten • Halbleiter (feste Lösungen) unterschiedlicher Zusammensetzung Ein einfaches Ergebnis für das Diffusionspotential erhält man, wenn nur ein Ion wandert, z.B. wenn die beiden Lösungen durch eine semipermeable Membran getrennt sind. Man erhält dann ๐ ๐ ๐2 ๐2 โφ๐ท๐๐๐ = ln = 0,059 V lg ๐น ๐1 ๐1 d.h. das gleiche Ergebnis wie bei einer Konzentrationszelle. 181 15.4.7 Erzeugung Nervenimpuls Zellmembranen bestehen aus Lipiden und Proteinen und diese Membranen lassen Ionen unterschiedlich schnell passieren, d.h. sie sind nicht streng semipermeabel, sondern haben unterschiedliche Permeabilitätskoeffizienten für die verschiedenen Ionen. Man muss dann die Nernst Gleichung für Δφ erweitern und erhält die sog. „Goldman Gleichung“ ๐ ๐ ๐๐ [๐พ + ]๐2 + ๐๐ [๐ด− ]๐1 Δφ = ln ๐น ๐๐ [๐พ + ]๐1 + ๐๐ [๐ด− ]๐2 ๐๐ = [๐พ + ]๐2 = [๐พ + ]๐1 = [๐ด− ]๐1 = [๐ด− ]๐2 = Permeabilitätskoeffizient des Ions ๐ Konzentrationen der Kationen Konzentrationen der Kationen Konzentrationen der Anionen Konzentrationen der Anionen auf Seite 2 auf Seite 1 auf Seite 1 auf Seite 2 Wir betrachten ein vereinfachtes Beispiel, bei dem wir die Anionen völlig vernachlässigen und nur zwei Kationen Na+ und K + berücksichtigen. Wir erhalten dann ๐ ๐ ๐K [K + ]2 + ๐Na [Na+ ]2 Δφ = ln ๐น ๐K [K + ]1 + ๐Na [Na+ ]1 ๐K = ๐Na = [K + ]2 = [K + ]1 = [Na+ ]2 = [Na+ ]1 = Permeabilitätskoeffizient des K + Permeabilitätskoeffizient des Na+ K + −Konzentration K + −Konzentration Na+ −Konzentration Na+ −Konzentration auf Seite 2 auf Seite 1 auf Seite 2 auf Seite 1 Die Ionenkonzentration in Zellen (Beispiel Muskelzellen) sind: Na+ K+ Cl− usw. intrazellulär (๐) extra zellulär (๐) 12 mM 155 mM 4 mM 145 mM 4 mM 120 mM Im Ruhezustand sind die Zellmembranen praktisch nur für K + durchlässig, d.h. ๐K โซ ๐Na . Dann wird aus der Goldman Gleichung: Δφ ≈ ๐ ๐ ๐K [K + ]๐ ๐ ๐ [K + ]๐ 4mM ln = ln + = 0,059 V lg + [K ]๐ ๐น ๐K [K ]๐ ๐น 155mM 182 = −93 mV Für verschiedene Zellen liegt das Potential zwischen (80–90) mV innen negativ gegenüber außen. Bei erregbaren Zellen (Nerven, Muskeln) kann durch die Erregung (sensorischer Reiz) ein Na+ −Ionenkanal geöffnet werden. Damit verändern sich die Permeabilitätskoeffizienten und es gilt: ๐Na+ โซ ๐K+ Wir erhalten dann bei gleichen Ionenkonzentrationen in der Zelle: ๐ ๐ ๐Na [Na+ ]๐ ๐ ๐ [Na+ ]๐ 145 mM ln = ln = 0,059 V lg [Na+ ]๐ ๐น 12 mM ๐น ๐Na [Na+ ]๐ = 63 mV Δφ ≈ Durch die Öffnung der Na+ −Kanäle ergibt sich ein Na+ −Ausstrom, der zu einer Umladung der Membran („Depolarisation“) auf 63 mV führt. Nach kurzer Zeit (ms–Bereich) werden die Na+ −Kanäle wieder geschlossen und es stellt sich wieder das ursprüngliche K + −Potential ein. Man nennt eine solche Änderung ein Aktionspotential. Es dient zur Steuerung von Zellaktivitäten (Muskeln), Informationsübertragung und Informationsverarbeitung. Δφ aus: Grundriß der Neurophysiologie R.F. Schmidt (1974)S.39 183 15.4.8. Photosynthese Energieumsatz bei Lichtabsorption Energieumsatz bei chemischen Reaktionen 184 Chemische Reaktion läuft ab Bsp. CH 4 + 2O 2 → CO 2 + 2H 2 O Chemische Reaktion läuft nicht ab Bsp. 6 CO 2 + 6 H 2 O → C6 H12 O6 + 6 O 2 Lichtabsorption und chemische Reaktion („Photochemie“) Photosynthese Bei der Photosynthese sind zwei photochemische Reaktionen hintereinander geschaltet, da die Energie eines Lichtquants für die gewünschte Reaktion nicht ausreicht. 8 hυ Gesamtreaktion: 2 H 2 O + 2 NADP + ๏ฃง๏ฃง๏ฃง→ 2 NADPH + O 2 + 2 H + 185 Redoxpotentiale Bei der Photosynthese (wie auch bei allen andere photochemischen Reaktionen) wird nur ein Teil der absorbierten Lichtenergie in chemisch gespeicherte Energie umgewandelt. Ein Teil wird in Wärme umgewandelt, ein weiterer Teil als Fluoreszenzlicht abgestrahlt. Die Energetik einer chemischen Reaktion kann man auch mit Hilfe der Redoxpotentiale der beteiligten Stoffe beschreiben. Es gilt: โ๐ ๐ฎ๐′ = −๐๐ญ๐ฌ๐′ Die wichtigsten Energie umwandelnden Prozesse in der Biologie sind die Photosynthese und die Atmung. Bei der Photosynthese werden mit Hilfe der Energie absorbierter Photonen Elektronen vom Wasser zum NADP+ transportiert. โ๐ โ๐ Das Redoxpotential ๐ธ 0′ ist das biochemische Standardpotential, das sich von chemischen Standardpotential ๐ธ 0′ dadurch unterscheidet, dass der Standard pH-Wert pH = 7 und nicht pH = 0 ist. Die Lichtenergie wird verwendet, um das Elektron vom Redoxpotential des Wassers (๐ธ 0′ = 0,8 V) in mehreren Schritten durch Absorption von zwei Lichtquanten auf das Redoxpotential des NADP+ anzuheben (๐ธ 0′ = −0,3 V). Das gebildete NADPH wird bei den Dunkelprozessen („Calvin-Zyklus“) zur Reduktion des CO2 in Zucker eingesetzt. Bei der Atmung wird zunächst NADH gebildet und dieses wird in einer Reihe von Redoxschritten durch Sauerstoff oxidiert, wobei Wasser gebildet wird. Mechanismus der Photosynthese: 186 http://www.chemie-interaktiv.net/ff.htm (auf der Seite die letzte Animation) 15.4.9 Batterien Am häufigsten werden elektrochemische Systeme zur Stromerzeugung verwendet. Unter einer Batterie verstand man früher eine Anordnung, die mehrere elektrochemische Zellen in Parallelschaltung (Erhöhung der Stromstärke bei konstanter Spannung) oder Reihenschaltung (Erhöhung der Spannung bei konstanter Stromstärke) enthält. Beispiel: Autobatterie (12 V) enthält 6 in Reihe geschaltete elektrochemische Zellen des Typs Pb|H2 SO4 |PbO2 , die jeweils 2 V erzeugen. Heute verwendet man den Ausdruck Batterie auch für eine einzelne elektrochemische Zelle. Man unterscheidet nicht wiederaufladbare und wieder aufladbare Batterien (Akkumulatoren). Bei den letzteren lässt sich durch Anlegen einer Spannung von außen die Stromrichtung und die Richtung der chemischen Reaktion umkehren. Dadurch werden die Edukte wieder zurückgebildet und die Batterie kann wieder verwendet werden. Batterien bestehen aus den folgenden Teilen: 1. Zwei verschiedene Stoffe ("aktive Massen"), zwischen denen eine chemische Reaktion stattfinden kann. Damit die Reaktion nicht direkt (ohne Stromfluss) ablaufen kann, müssen die beiden Stoffe räumlich voneinander getrennt sein. Man verwendet hier einen "Separator" 2. Ein Elektrolyt, der die beiden aktiven Massen elektrisch leitend verbindet. 3. Zwei elektrische Ableitungen (Metall- oder Kohlestifte), die die Elektronen, die bei den Redoxreaktionen entstehen nach außen zum Verbraucher leiten. Für alle Batterien sind die folgenden Überlegungen wichtig: 187 - - - Elektrochemische Reaktionen finden an der Grenzfläche zwischen dem Elektrodenmaterial und dem Elektrolyten statt. Die Zahl der ausgetauschten Elektronen und damit die verfügbare Stromstärke sind proportional zur Größe der Kontaktfläche. Daher wird die Fläche der Elektroden möglichst groß gemacht und es werden mikroporöse Elektrodenmaterialien verwendet. Dadurch wird die Kontaktfläche nochmals sehr stark vergrößert. Um den Innenwiderstand der Zelle möglichst klein zu halten, verwendet man Elektrolyte mit hoher Leitfähigkeit und macht den mit Elektrolyt gefüllten Abstand zwischen den "aktiven Massen" möglichst gering. Verwendet man wässrige Elektrolyte muss man beachten, dass Wasser nur ein geringes "Stabilitätsfenster" hat. Legt man an eine wässrige Lösung eine Spannung von > 1,2 V, so findet eine Zerlegung in H2 und O2 statt. (Beispiel: Hoffmann'scher Zersetzungsapparat mit verdünnter H2 SO4 und ๐๐ก −Elektroden). Diese Reaktion ist immer eine Konkurrenzreaktion, wenn man wässrige, elektrochemische Zellen hat, die eine Zellspannung > 1,2 V haben. Um diese Reaktion zu unterdrücken verwendet man Elektrodenmaterialien, bei denen die Abscheidung von H2 bzw. O2 kinetisch gehemmt ist. Für die praktische Verwendung sind die folgenden Angaben wichtig: 1. ๐๐๐ฅ๐๐๐๐๐ ๐ฟ๐๐๐ข๐๐๐ ๐๐๐๐๐ง๐๐กä๐ก = ๐๐ฟ = ∑ ๐ง๐น ๐๐ ๐๐๐ ๐ ๐๐๐๐ก๐๐๐ ๐๐๐๐๐ ๐๐ก๐ง๐๐๐๐ ๐ฟ๐๐๐ข๐๐ ๐ธ๐๐ข๐๐ก๐ ๐๐ =∑ ๐๐๐ ๐ ๐ ๐๐๐ ๐ธ๐๐ข๐๐ก๐ ๐ง๐น ๐ธ๐๐ข๐๐ก๐|๐๐ |๐๐ ๐ง = |๐๐ | ๐ ๐กö๐โ๐๐๐๐๐ก๐๐๐ ๐โ๐๐ ๐น๐๐๐ก๐๐ ๐๐๐ ๐ธ๐๐๐๐ก๐๐๐๐๐ 2. Maximale spezifische Energie= maximale Ladungskapazität โ ๐ธ๐๐พ ๐๐๐ธ = ๐๐ฟ โ ๐ธ Beispiel für ๐๐ฟ und ๐๐๐ธ an Hand des Bleiakkus Edukte: PbO 2 + Pb + 2H 2SO 4 , ๐ง = 2, ๐๐ฟ = ๐ธ = 2V 2 โ 96500 As mol−1 2 โ 96500 As mol−1 = ๏ฟฝ๐(PbO2 ) + ๐(Pb) + 2๐(H2 SO4 )๏ฟฝ (39 + 207 + 196)gmol−1 = 300 As g −1 = 83,5 Ah kg −1 ๐๐๐ธ = ๐๐ฟ โ ๐ธ = 83,5 Ah kg −1 โ 2๐ = 167 ๐โkg −1 2. Zyklenzahl: Zahl der möglichen Lade/Entladevorgänge ___________________________________________________________________________ 188 Bleiakku ( Pb H 2SO 4 PbO 2 ) Reaktion + Pol: PbO 2 + H 2SO 4 + 2 H + + 2 e → PbSO 4 + 2 H 2O – Pol: PbSO 4 + 2 H + + 2 e → Pb + H 2SO 4 Gesamt: Entladung ๏ฃง๏ฃง๏ฃง๏ฃง → 2 PbSO 4 + 2 H 2 O PbO 2 + Pb + 2 H 2SO 4 ←๏ฃง๏ฃง๏ฃง ๏ฃง Ladung ๐ ๐ ๐ธ = ๐ธ 0 − 2๐น ln Faktor Standardpotential ๐ธ 0 /V 1 ๐ธ๐0 = +1,69 1 ๐ธ๐0 = −0,36 ๐ง = 2 ๐ธ 0 = ๐ธ๐0 − ๐ธ๐0 = 1,95 V ๐ฅ 2 (PbSO4 )๐ฅ 2 (H2 O) ๐ฅ(PbO2 )๐ฅ(Pb){H2 SO4 }2 PbSO4, PbO2 und Pb sind reine Stoffe, d.h. ๐ฅ๐ = 1. Wir setzen (näherungsweise) auch ๐ฅH2 O ≈ 1 und erhalten ๐ธ = ๐ธ0 + ๐ ๐ ๐น ln{H2 SO4 } ≈ 2,04 V Bei der Entladung wird H2 SO4 verbraucht, durch Messung der H2 SO4 -Konzentration kann man den Ladezustand einer Autobatterie feststellen. Man misst hierzu die Dichte der Batterieflüssigkeit. Es ist kein Separator notwendig, da an beiden Elektroden das gleiche Produkt nämlich Pb2+ entsteht. ๐๐ฟ = 83,5 Ahkg −1 , ๐๐๐ธ = 167 Whkg −1 Von der theoretisch möglichen spezifischen Energie (๐๐๐ธ) werden nur ca. 20 % erreicht. Die Zyklenzahl liegt bei ca. 1000. Verwendung vor allem als Starterbatterie in Kfz. Erste Beschreibung des Bleiakkus von G. Planté, 1859 Lithium-Ionen Akku Lithium hat ein stark negatives Standardpotential und könnte daher Zellen mit einer hohen Spannung liefern. Man kann jedoch keine wässrigen Elektrolyte verwenden, da sich das Wasser bei diesen Potentialdifferenzen zersetzt. Zusätzlich ist die Verwendung von metallischem Lithium anwendungstechnisch schwierig (Sicherheit). Der entscheidende 189 Schritt war metallisches Lithium zu vermeiden und ein Elektrodenmaterial zu verwenden, in das Li+ und Elektronen eingelagert werden können. Dies ist ein analoges Vorgehen wie bei der Metallhydridelektrode. Als Material für die negative Elektrode wählt man Graphit, in dessen Schichtstruktur die kleinen Li+ eingelagert werden. Gleichzeitig können Elektronen im Graphit aufgenommen werden, so dass formal (aber nicht wirklich) Li-Atome entstehen. Als Material für die positive Elektrode werden Oxide des Typs LiMeO2 verwendet, wobei Me für Co, Ni Mn oder auch Mischungen aus diesen Metallen steht. Reaktion Faktor + Pol: Li ( CoO 2 )2 + e + Li + → 2 LiCoO 2 1 – Pol : C6 + Li + + e → C6 Li 1 Entladung ๏ฃง๏ฃง๏ฃง๏ฃง → 2 LiCoO 2 + C6 Gesamt: C6 Li + Li ( CoO 2 ) ←๏ฃง๏ฃง๏ฃง ๏ฃง ๐ง = 1 Ladung Standardpotential ๐ธ 0 /V ๐ธ๐0 ≈ 1,12 ๐ธ๐0 ≈ −2,8 ๐ธ 0 = ๐ธ๐0 − ๐ธ๐0 = 3,92 Allgemein schreibt man den Ladungs-/Entladungsvorgang folgendermaßen: Entladung ๏ฃง๏ฃง๏ฃง๏ฃง → LiMeO 2 + C n C n Li x + Li1− x MeO 2 ←๏ฃง๏ฃง๏ฃง ๏ฃง Ladung Der Index ๐ bei C soll andeuten, dass es sich um eine Einlagerungsverbindung von Li in C handelt, wobei C in sehr großem Überschuss vorhanden ist, d.h. es ist keine stöchiometrische Beziehung zwischen Li und C vorhanden. Maximal kann 1 Li auf 6 C-Atome eingelagert werden. Dies führt dann zur Angabe LiC6 . Der Index ๐ฅ beschreibt die Stöchiometrie der Li+ −Umsatzes. Hierbei kann das Li+ nicht völlig aus dem MeO2 entfernt werden. Praktisch lässt sich nur etwa die Hälfte entfernen, d.h.๐ฅ = 0,5. Dies führt dann zur Angabe Li(CoO2 )2 oder Li0,5 CoO2 . Die Redoxpotentiale hängen natürlich von der Menge des eingelagerten Li im Graphit bzw. Li+ im Metalloxid ab. Die Zellspannung des Lithiumionenakkus liegt daher je nach Ladezustand zwischen 4,2 bis 3 V. Als Elektrolyt können bei dieser Zelle nicht mehr wässrige Lösungen verwendet werden. Man setzt als Lösungsmittel Ethylencarbonat (Propylencarbonat) in Mischung mit Dimethylcarbonat (Diethylcarbonat) ein und löst darin Li-Salze mit großen Anionen (Bsp. LiPF6 , LiBF4 , LiN(SO2 CF3 )2 . An den Oberflächen der beiden Elektroden bilden sich durch chemische Reaktionen mit dem Elektrolyten Deckschichten, die nicht elektronenleitend sind, aber die "nackten" Li-Ionen hindurch lassen. Die Bildung dieser nicht löslichen Deckschichten ist für die Funktion dieses Akkus sehr wichtig: Verwendet man an Stelle von Li andere Alkalimetalle (Na, K) bilden die entsprechenden Reaktionsprodukte keine unlöslichen Deckschichten und die Elektroden lösen sich im Lösungsmittel auf. 190 Schematische Darstellung der Vorgänge: O Co O 191 16. Phasengleichgewichte Einkomponentensysteme 16.1 Dampfdruck von Flüssigkeiten Wir betrachten ein Einstoffsystem z.B. Wasser. Das Wasser kann verdampfen, in der gasförmigen Phase über dem Wasser befindet sich nur Wasserdampf (keine Luft!) Im Gleichgewicht ist die Zahl der pro Zeit verdampfender Wassermoleküle gleich der kondensierenden Wassermoleküle und der Dampfdruck und die Temperatur ändern sich nicht. Für die Freie Enthalpie dieses Systems gilt: (16.1) d๐บ = Vd๐ − ๐d๐ + ๐๐๐ d๐๐น + ๐๐๐๐ d๐๐๐๐ chemisches Potential der Flüssigkeit ๐๐๐ ๐๐๐๐ chemisches Potential des Gases Wir halten ๐ und ๐ konstant: d๐ = 0, d๐ = 0 Die Massenbilanz ergibt: ๐๐๐๐ ๐๐๐ก = ๐๐๐๐ + ๐๐๐ Wir differenzieren und erhalten: 0 = d๐๐๐๐ + d๐๐๐, d๐๐๐ = −d๐๐๐๐ (16.2) Im Gleichgewicht gilt: d๐บ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = 0, d. h. ๐๐๐๐ = ๐๐๐ d๐๐๐๐ (16.4) Mit 16.2 erhalten wir aus 16.1: d๐บ = ๏ฟฝ๐๐๐๐ − ๐๐๐ ๏ฟฝd๐๐๐๐ (16.3) ๐ d.h. die chemischen Potentiale in Flüssigkeit und Dampf sind gleich. Wenn man die Temperatur verändert, so ändert sich der Dampfdruck (und die chemischen Potentiale). Man kann jetzt fragen, wie die Änderungen von ๐ und ๐ sein müssen, damit ein Gleichgewicht („Koexistenz“) zwischen beiden Phasen aufrecht erhalten bleibt. 192 Um das Gleichgewicht zu erhalten, muss die Änderung des chemischen Potentials der Flüssigkeit gleich der des Dampfes sein d.h.: (16.5) d๐๐๐ = d๐๐๐๐ (16.6) ๐๐๐๐ ๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐ ๐๐๐๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ = ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ Mit Gleichungen aus Kapitel 11.4 (Druck- bzw. Temperaturabhängigkeit von μ) ergibt sich: (16.7) V๐,๐๐ d๐ − ๐๐,๐๐ d๐ = V๐,๐๐๐ d๐ − ๐๐,๐๐๐ d๐ V๐,๐๐ , V๐,๐๐๐ Molvolumen Flüssigkeit, Gas ๐๐,๐๐ , ๐๐,๐๐๐ molare Entropie Flüssigkeit, Gas Wir verwenden im Folgenden immer molare Größen und lassen zur Vereinfachung den Index ๐ weg. (16.8) ๏ฟฝ๐๐๐๐ − ๐๐๐ ๏ฟฝd๐ = ๏ฟฝV๐๐๐ − V๐๐ ๏ฟฝd๐ d๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ ๐๐๐๐ฅ = ๐๐๐๐ −๐๐๐ V๐๐๐ −V๐๐ (16.9) Die Entropie kann man durch die Enthalpie ersetzen. Im Gleichgewicht gilt: ๐๐๐ = ๐๐๐๐ ๐ป๐๐ − ๐๐๐๐ = ๐ป๐๐๐ − ๐๐๐๐๐ ๐ป๐๐๐ − ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐ป๐๐ = ๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๏ฟฝ๐๏ฟฝ๐๐๐ −๏ฟฝ๐๏ฟฝ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ Verdampfungs- Verdampfungsenthalpie entropie Wir setzen 16.10 in 16.9 ein: d๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป ๏ฟฝ ๏ฟฝ = d๐ ๐๐๐๐ฅ ๐๏ฟฝV๐๐๐ − V๐๐ ๏ฟฝ โ๐ฃ๐๐ ๐ป = ๐โ๐ฃ๐๐ ๐ (16.10) ‘Clausius-Clapeyron’sche Gleichung’ (16.11) Vereinfachung: Das Molvolumen eines idealen Gases ist V๐๐๐ ≈ 22,4 Lmol−1 das Molvolumen einer Flüssigkeit ist V๐๐ ≈ 20 โ 10−3 Lmol−1 d.h. V๐๐๐ − V๐๐ ≈ V๐๐๐ (16.12) 193 und wir erhalten aus 16.11: (16.13) d๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป ๏ฟฝ ๏ฟฝ ≈ d๐ ๐๐๐๐ฅ ๐๏ฟฝV๐๐๐ ๏ฟฝ Wenn sich der Dampf wie ein ideales Gas verhält, so gilt V๐๐๐ = โ๐ฃ๐๐ ๐ป๐ d๐ ≈ ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ ๐๐๐๐ฅ ๐ ๐ 2 oder „vereinfachte Cl.-Cl.-Gleichung“ ๐ ๐ ๐ und man erhält aus 16.13: (16.14) d๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป dln๐ = = ๐ ๐ 2 ๐d๐ d๐ Man kann diese Gleichung dann integrieren (Voraussetzung: โ๐ฃ๐๐ ๐ป = ๐๐๐๐ ๐ก. ≠ ๐(๐)): ๏ฟฝ dln๐ = ln๐ = − ๐ฆ โ๐ฃ๐๐ ๐ป 1 ๏ฟฝ 2 d๐ ๐ ๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป 1 + ๐๐๐๐ ๐ก ๐ ๐ ๐ ๐ฅ+๐ (16.15) 1 d.h. man erhält eine Gerade, wenn man ln๐ gegen ๐ aufträgt. Die Clausius-Clapeyron’sche Gleichung (16.11) gilt für Gleichgewichte zwischen allen Phasen (fest-flüssig, flüssig-gasförmig, fest-gasförmig). Für das Gleichgewicht fest-gasförmig gelten die gleichen Vereinfachungen wie für flüssig-gasförmig, so dass man analog zu 16.14 erhält: (16.16) dln๐ โ๐ ๐ข๐ ๐ป = d๐ ๐ ๐ 2 Mit โ๐ ๐ข๐ ๐ป =‘Sublimationsenthalpie’ Für das Gleichgewicht fest-flüssig gilt (16.17) 194 d๐ โ๐ ๐โ ๐ป = d๐ ๐๏ฟฝV๐๐ − V๐ ๏ฟฝ Mit โ๐ ๐โ ๐ป = ‘Schmelzenthalpie“, V๐ = Molvolumen Festkörper Die Molvolumina der festen und flüssigen Phase sind sehr ähnlich, daher kann diese Gleichung nicht weiter vereinfacht werden. Im Allgemeinen ist V๐๐ > V๐๐๐ ๐ก , Wasser ist hier eine Ausnahme (Eis schwimmt auf Wasser, d.h. das Molvolumen V๐ ist größer als V๐๐ ). Die Differenz V๐๐ − V๐ bestimmt die Steigung der Schmelzdruckkurve. Für den Zusammenhang zwischen den Phasenumwandlungsenthalpien gilt: (16.18) โ๐ ๐ข๐ ๐ป = โ๐ฃ๐๐ ๐ป + โ๐ ๐โ ๐ป Zustandsdiagramm des Wassers: Die Absenkung des Gefrierpunktes gegenüber dem Tripelpunkt um 0.01 K ist auf 2 Effekte zurückzuführen: 1) Erhöhung des Druckes von 611 Pa (nur Wasserdampf) auf 101325 Pa (Gesamtdruck: Wasserdampf + Luft): -0,0074 K 2) Löslichkeit von Luft in Wasser: -0,0024 K Wasserdampf in Luft (Begriffe): Absolute Feuchtigkeit: ^ Partialdruck des Wasserdampfes in Luft oder Masse H2O pro m3 Luft Maximale Feuchtigkeit: ^ Gleichgewichtspartialdruck des Wasserdampfes (aus der ClausiusClapeyron’sche Gleichung) bei der Temperatur der Luft. 195 (=Sättigungspartialdruck) Bei Überschreitung entsteht flüssiges Wasser. Relative Feuchtigkeit: Taupunkt: ๐๐๐ ๐๐๐ข๐ก๐ ๐น๐๐ข๐โ๐ก๐๐๐๐๐๐ก = ๐๐๐ฅ๐๐๐๐๐ ๐น๐๐ข๐โ๐ก๐๐๐๐๐๐ก Temperatur, bei der absolute Feuchtigkeit gleich der maximalen Feuchtigkeit wird. 16.2 Gibbs’sches Phasengesetz Hat man ein Gemisch aus mehreren Stoffen (Komponenten), die verschiedene Phasen bilden, so gibt die Phasenregel an, wie viele Variablen (Freiheiten) man ändern kann, ohne dass eine der Phasen verschwindet. (16.19) ๐+๐น =๐พ+2 ๐ = Phasen ๐น = Freiheiten = Zahl der Variationsmöglichkeiten, ohne dass eine Phase verschwindet, z.B. ๐ฅ๐ in jeder Phase, sowie ๐ und ๐ ๐พ = Komponenten = Zahl der Stoffe, aus denen das System mindestens aufgebaut werden muss. 16.3 Zweikomponenten Systeme Dampfdruckerniedrigung Wird ein Stoff in einem Lösungsmittel (z.B. Glukose in H2O)gelöst, so beobachtet man eine Erniedrigung des Dampfdrucks des Lösungsmittels. Empirisch: Die Erniedrigung des Dampfdrucks ist proportional dem Molenbruch des gelösten Stoffes: โ๐ = ๐1 ๐ฅ2 (Raoult’sches Gesetz) (16.20) Herleitung des Raoult’schen Gesetzes: Index 1: Lösungsmittel Index 2: gelöster Stoff Der gelöste Stoff befindet sich nur in der flüssigen Mischphase. Das Lösungsmittel ist in beiden Phasen vorhanden. 196 Wir betrachten das Gleichgewicht des Lösungsmittels (1) zwischen der flüssigen Phase F und der Gasphase (Dampf). Im Gleichgewicht muss gelten: (16.21) ๐1๐๐ = ๐1๐๐๐ In den flüssigen Mischphase gilt: (16.22) 0 ๐1๐๐ = ๐1๐๐ + ๐ ๐ln๐ฅ1 Wir betrachten das System bei ๐ = konst. Wie verändert sich der Dampfdruck, wenn ๐ฅ1 geändert wird (das Gleichgewicht soll aufrechterhalten werden)? (16.23) d๐1๐๐ = d๐1๐๐๐ (16.24) ๐๐1๐๐ ๐๐1๐๐ ๐๐1๐๐๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ = ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๏ฟฝ d๐ฅ ๐๐ ๐ ๐๐ ๐ ๐๐ฅ ๐ V1๐๐๐ d๐ = V1๐น d๐ + ๐ ๐dln๐ฅ V1๐๐๐ = Molvolumen des Dampfes, V1๐๐ = Molvolumen der reinen Flüssigkeit ๏ฟฝV1๐๐๐ − V1๐๐ ๏ฟฝd๐ = ๐ ๐dln๐ฅ d๐ ๐ ๐ = , dln๐ฅ V1๐๐๐ − V1๐๐ = = ๐ ๐ , V1๐๐๐ ๐ ๐๐ =๐ ๐ ๐ ๐๐๐ก V1๐๐๐ = mit V1๐๐๐ โซ V1๐๐ erhalten wir: ๐ ๐ ๐๐โ๐๐๐ก๐๐ ๐ค๐๐: ๐ (16.25) 197 d๐ = dln๐ฅ = dln๐ ๐ Wir betrachten jetzt die Dampfdruckänderung, wenn wir zum reinen Stoff 1 (d.h. ๐ฅ1 = 1) den Stoff 2 zugeben (d.h. beliebiges ๐ฅ1 ) ๐ฅ1 ๐1 ๏ฟฝ dln๐ฅ = ๏ฟฝ dln๐ ๐10 ๐1 1 ln๐ฅ1 = ln ๐0 ๐1 = ๐ฅ1 ๐10 ๐10 = Dampfdruck des reinen Lösungsmittels 1 (16.26) Mit ๐ฅ1 = 1 − ๐ฅ2 , (๐ฅ2 = Molenbruch des gelösten Stoffes) erhalten wir ๐1 = (1 − ๐ฅ2 )๐10 = ๐10 − ๐ฅ2 ๐10 ๐ฅ2 ๐10 = ๐10 − ๐1 (16.27) Wir nennen ๐10 − ๐1 = โ๐ ‘Dampfdruckerniedrigung’ und erhalten das Raoult’sche Gesetz: (16.28) โ๐ ๐ฅ2 = 0 ๐1 Betrachtet man reale Lösungen muss man in der Ableitung für ๐ฅ1 = ๐1 (Aktivität) und ๐ฅ2 = ๐2 setzen. 16.4 Siedepunkterhöhung Wir betrachten das Gleichgewicht zwischen Gas (Dampf) und Lösung. Jetzt ist aber der Druck konstant und die Temperatur kann sich ändern. Gleichgewicht: 0 + ๐ ๐ln๐ฅ1 ๐1๐๐๐ = ๐1๐๐ 0 ๐1๐๐ (16.29) ๐1๐๐๐ = + ๐ ln๐ฅ1 ๐ ๐ Wir betrachten die Änderung der Temperatur und der Stoffmenge, wobei das Gleichgewicht erhalten bleiben soll. (16.30) 198 0 ๐1๐๐ ๐1๐๐๐ d๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐๏ฟฝ ๏ฟฝ + ๐ dln๐ฅ ๐ ๐ 0 ๐ป1๐๐ ๐ป1๐๐๐ dln๐ฅ − 2 =− +๐ d๐ ๐ ๐2 0 ๐ป1๐๐๐ − ๐ป1๐๐ dln๐ฅ =− ๐ ๐ 2 d๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป =− ๐ ๐ 2 ๐ฅ ๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป ln๐ฅ1 = โ๐ฃ๐๐ ๐ป 1 ๐ ๐ ๐ 2 1 ๏ฟฝ๐ − ๐ 0 ๏ฟฝ 1 ๐ ๐ d๏ฟฝ ๏ฟฝ (16.31) Integration von reinem Lösungsmittel ๐ฅ = 1, ๐๐๐๐๐๐ = ๐ 0 (reines Lösungsmittel) bis zur Lösung ๐ฅ = ๐ฅ1 , ๐๐๐๐๐๐ = ๐ (Lösung) 1 ∫๐ฅ=1 dln๐ฅ = − ∫๐ 0 Wir hatten hergeleitet: ๏ฟฝ d๐ ๐ป ๏ฟฝ = − ๐2 ๐ (H = molare Enthalpie) ๐ป1๐๐๐ = molare Enthalpie Dampf (Stoff 1) 0 ๐ป1๐๐ = molare Enthalpie Flüss. (Stoff 1) 0 ๐ป1๐๐๐ − ๐ป1๐๐ = โ๐ฃ๐๐ ๐ป = molare Verdampfungsenthalpie (16.32) d๐ (16.33) 1 Da ๐ฅ1 < 1 folgt ๏ฟฝ๐ − ๐ 0 ๏ฟฝ < 0 und daraus folgt ๐ < ๐ 0 , d.h. wir beobachten eine Siedepunkterhöhung. Vereinfachung: ๐ฅ1 = 1 − ๐ฅ2 Für ๐ฅ2 โช 1 gilt die Näherung: ln๐ฅ1 = ln(1 − ๐ฅ2 ) ≈ −๐ฅ2 (16.34) (16.35) โ๐ฃ๐๐ ๐ป 1 1 โ๐ฃ๐๐ ๐ป ๐ 0 − ๐ −๐ฅ2 = ๏ฟฝ − 0๏ฟฝ = ๐ ๐ ๐ ๐ ๐๐ 0 Mit ๐ ≈ ๐ 0 ergibt sich ๐ − ๐0 = (16.36) ๐ ๐ 02 ๐ฅ โ๐ฃ๐๐ ๐ป 2 Die Siedepunkterhöhung (๐ − ๐ 0 ) ist proportional dem Molenbruch des gelösten Stoffes ๐ฅ2 . Umrechnen von ๐ฅ2 in molale Konzentration: 199 ๐2 = =๐ ๐2 ๐1 ๐1 = Masse Lösungsmittel = ๐1 ๐1 ๐1 = Molmasse Lösungsmittel ๐2 ๐2 = ๐2 ๐1 ๐1 1 ๐1 (16.37) Einsetzen von 16.37 in Molenbruch ergibt: ๐2 ๐2 ๐1 ๐1 ๐ฅ2 = = ๐1 + ๐2 ๐1 + ๐2 (16.38) Einsetzen von 16.39 und 16.38 in 16.36 ergibt: (16.40) Wir verwenden die Näherung: ๐2 โช ๐1 : ๐ฅ2 ≈ ๐2 ๐1 ๐ − ๐0 = (16.39) ๐ ๐ 02 ๐1 ๐ โ๐ฃ๐๐ ๐ป 2 Man nennt ๐ ๐ 02 ๐1 โ๐ฃ๐๐ ๐ป 0 = ๐ธ๐ = ‘ebullioskospische Konstante’ und erhält ๐ − ๐ = ๐ธ๐ โ ๐2 (16.41) 16.5 Gefrierpunktserniedrigung Wir betrachten das Gleichgewicht des Stoffes 1 zwischen der festen, reinen Phase und Stoff 1 in der Lösung. Die Rechnung geht analog wie vorher, jedoch taucht der Enthalpieunterschied flüssig - fest auf: โ๐ ๐โ ๐ป = ๐ป๐๐ − ๐ป๐ Es ergibt sich für Schmelzpunktserniedrigung: (16.42) ๐ ๐ 02 ๐ ๐ 02 ๐1 ๐−๐ =− ๐ฅ =− ๐ โ๐ ๐โ ๐ป 2 โ๐ ๐โ ๐ป 2 0 Mit ๐ ๐ 02 ๐1 โ๐ ๐โ ๐ป = ๐ธ๐ = ‘kryoskopische Konstante’ ergibt sich (16.43) ๐ − ๐ 0 = ๐ธ๐ โ ๐2 200 16.6 Osmotischer Druck Das Volumen auf der rechten Seite bleibt konstant. Wenn Wasser von links nach rechts wandert, so erhöht sich rechts der Druck, der gemessen wird. Die Temperatur ist konstant. Der Druck ๐0 , der auf der Phase mit reinem Wasser ausgeübt wird, ist konstant. Wir betrachten eine Lösung, die über eine nur für H2 O durchlässige semipermeable Membran mit reinem Wasser in Kontakt steht. Beobachtung: Wasser fließt über die Membran in die Lösung und, falls diese sich nicht ausdehnen kann (starre Wand), so erhöht sich der Druck von ๐0 auf ๐. Der Wasserfluss findet so lange statt bis die chemischen Potentiale des Wassers in beiden Phasen gleich sind: 0 ๐๐ค 0 0 ๐๐ค = ๐๐ค = ๐๐ค + ๐ ๐ln๐ฅ๐ค ๐ ๐ค = = chemisches Potential des reinen Wassers bei ๐0 chemisches Potential des Wassers in der Lösung Wenn eine Änderung der chemischen Potentiale auftritt, so muss gelten (falls das Gleichgewicht erhalten bleibt) 0 d๐๐ค = d๐๐ค Wir halten ๐ = konst. und ๐ = konst., dann ändert sich das chemische Potential des reinen 0 Wassers auf der linken Seite unseres experimentellen Aufbaus nicht und es gilt ๐๐๐ค = 0. Auf der rechten Seite ändern sich ๐ und ๐ฅ. ๐ = ๐ 0 + ๐ ๐ln๐ฅ dln๐ฅ 0 = ๏ฟฝ ๐๐ ๏ฟฝ d๐ + ๏ฟฝ ๐๐ฅ ๏ฟฝ d๐ฅ (16.45) ๐๐ ๐,๐ ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐ ๐ ๐,๐ฅ ๐๐ฅ ๐,๐ d๐ฅ = ๐๐ค d๐ + ๐ ๐dln๐ฅ๐ค (16.46) ๐๐ค = partielles Molvolumen des Wassers in der Lösung Integration von Druck ๐0 auf der Seite des reinen ≈ ๐๐ค0 = Molvolumen des reinen Wassers bis zum Druck ๐ in der Lösung und Wassers entsprechend von ๐ฅ = 1 (reines Wasser) bis ๐ฅ in der Lösung ergibt: ๐๐๐ค ๐๐๐ค 201 ๐ ๐ฅ ๐0 ๐ฅ=1 ๏ฟฝ ๐๐ค d๐ = − ๏ฟฝ ๐ ๐dln๐ฅ๐ค ๐๐ค (๐ − ๐ 0) = −๐ ๐ln๐ฅ๐ค Man nennt (๐ − ๐0 ) = Π den osmotischen Druck und erhält dann: Π=− (16.47) (16.48) (16.49) ๐ ๐ ln๐ฅ๐ค ๐๐ค Meistens gibt man den Molenbruch des gelösten Stoffes an (๐ฅ2 ). Es gilt ๐ฅ๐ค + ๐ฅ2 = 1 ln๐ฅ๐ค = ln(1 − ๐ฅ2 ) Wenn ๐ฅ2 โช 1, so kann man eine Näherung für ln(1 − ๐ฅ2 ) benutzen (Reihenentwicklung) und erhält (16.50) ln๐ฅ๐ค ≈ −๐ฅ2 Damit ergibt sich: (16.51) Falls man die Konzentration in molL−1 angeben will, kann man umrechnen: (16.52) ๐ ๐ Π= ๐ฅ ๐๐ค 2 ๐ฅ2 = ๐2 = ๐2 ๐2 , ๐2 โช ๐๐ค → ๐ฅ2 ≈ ๐๐ค + ๐2 ๐๐ค ๐2 ๐ , ๐2 ≈ ๐๐ค ๐๐ค ๐ =≈ ๐๐ค ๐๐ค Volumen der Lösung (16.53) Aus 16.52 und 16.53 folgt ๐ฅ2 = ๐2 ๐๐ค und wir erhalten aus 16.51: (16.54) Sind mehrere Stoffe gelöst mit den Konzentrationen ๐๐ , so gilt: (16.55) Π = ๐2 ๐ ๐ Π = ๐ ๐ ๏ฟฝ ๐๐ 202 und man nennt ∑ ๐๐ die ‘Osmolaritat’ der Lösung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dissoziierende Stoffe entsprechend ihrer Teilchenzahl eingehen. 1 M NaCl ^ 2 M Teilchen 1 M Na2SO4 ^ 3 M Teilchen usw. Beispiel: Der osmotische Druck einer 1 molaren Lösung berechnet sich folgendermaßen: Π = ๐2 ๐ ๐ = 1 mol (1๐ฟ = 10−3 ๐3 ) ๐ฟ 8,314 Pa m3 mol−1 K −1 298K = 24,78 โ 105 Pa ≈ 25 bar 16.7 Verteilungsgleichgewicht Wir betrachten zwei nicht mischbare Lösungsmittel, ๐ด und ๐ต, in denen sich ein Stoff ๐ถ löst. Beispiel: H 2 O / CCl4 und J 2 . Im Gleichgewicht muss das chemische Potential des Stoffes ๐ถ in beiden Phasen gleich sein ๐ด ๐ต ๐(๐ถ) = ๐(๐ถ) ๐ด ๐(๐ถ) = chem. Potential von ๐ถ in Lösungsmittel ๐ด ๐ต ๐(๐ถ) = chem. Potential von ๐ถ in Lösungsmittel ๐ต Für die Konzentrationsabhängigkeit des chemischen Potentials gilt: ๐๐ = ๐๐0 + ๐ ๐ln๐ฅ๐ Setzt man dies ein, ergibt sich: ๐๐0๐ด = ๐ ๐ln๐ฅ๐๐ด = ๐๐0๐ต = ๐ ๐ln๐ฅ๐๐ต ๐ ๐ln๐ฅ๐๐ด − ๐ ๐ln๐ฅ๐๐ต = ๐๐0๐ต − ๐๐0๐ด ๐ฅ๐๐ด ๐๐0๐ต − ๐๐0๐ด ln ๐ต = ๐ ๐ ๐ฅ๐ ๐ฅ๐๐ด ๐๐0๐ต − ๐๐0๐ด = exp ๏ฟฝ ๏ฟฝ = ๐(๐) ๐ ๐ ๐ฅ๐๐ต ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ๏ฟฝ hängt nicht von Konzentration ab, d.h. konst =๐พ 203 d.h. das Verhältnis der Konzentrationen in beiden Phasen ist konstant. Es hängt aber von der Temperatur ab. Die Konzentrationen kann man statt in Molenbrüchen auch in molaren Konzentration angeben ๐ถ๐๐ด =๐พ ๐ถ๐๐ต "๐๐๐๐๐ ๐ก′๐ ๐โ๐๐ ๐๐๐๐ก๐๐๐๐ข๐๐๐ ๐๐๐ ๐๐ก๐ง" Beispiel: Verteilung Farbstoff (Methylrot) zwischen Wasser und Essigsäuremethylester: Essigsäuremethylester C H 2O CHMR2O EM MR Wichtig für Trennverfahren: „Ausschütteln“, „Extrahieren“ Das zweite Lösungsmittel sollte möglichst wenig löslich im ersten sein. Beispiel: Anreicherung lipophiler Stoffe in Membranen. 204 16.8 Der Dampfdruck über Mischungen Im Kapitel 16.3. hatten wir das Raoult’sche Gesetz hergeleitet. Dabei hatten wir vorausgesetzt, dass nur ein Stoff einen signifikanten Dampfdruck besitzt. Wenn beide Stoffe, die in der flüssigen Phase vorhanden sind, auch in der Gasphase vorhanden sind, so gilt das Raoult’sche Gesetz für beide Stoffe. Beispiel: Benzol und Toluol bilden eine ideale Mischung. p T = konst p 0 B pgs pB p 0T = Dampfdruck reines Toluol Partialdrucke Partialdrucke: ๐๐ = ๐ฅ๐ ๐๐0 (11.30) ๐๐ต = ๐ฅ๐ต ๐๐ต0 = (1 − ๐ฅ๐ )๐๐ต0 (11.31) pT 0 xT ๐ฅ๐ ๐ฅ๐ต Molenbruch von Benzol bzw. Toluol in der flüssigen Phase 1 Gesamtdruck: ๐๐๐ = ๐๐ + ๐๐ต Bei realen Mischungen treten Abweichungen von der Raoult’schen Geraden auf. Henry’sche Konstante Abweichungen von Raoult können nach oben auftreten (d.h. die ๐ด-Teilchen gehen leichter aus der Flüssigkeit in die Gasphase als im idealen Fall (sie werden von den ๐ต-Teilchen ‘nicht gemocht’). Dampfdruck reines A • • hier ist A der gelöste Stoff A hier ist A das Lösungsmittel Abweichungen können auch nach unten auftreten (๐ด-Teilchen werden von den ๐ตTeilchen in Flüssigkeit ‘festgehalten’). In der Nähe ๐ฅ๐ด ≈ 1 ist ๐ด das Lösungsmittel, ๐ต der gelöste Stoff. In der Nähe des reinen Stoffes ๐ด (๐ฅ๐ด nur wenig kleiner als 1) gibt es aber immer einen Konzentrationsbereich, in dem das Raoult'sche Gesetz gilt (schraffierter Bereich). 205 Ist die Konzentration von ๐ด gering (๐ด = gelöster Stoff im Lösungsmittel ๐ต), so findet man bei realen Mischungen immer einen Konzentrationsbereich von ๐ด, in dem der Dampfdruck proportional zur Konzentration ist: Man nennt dies das ‘Henry’sche Gesetz’ (punktierter Bereich). ๐๐ด = ๐พ๐ด ๐ฅ๐ด ๐พ๐ด = Proportionalitätskonstante = ‘Henry’sche Konstante’ (11.32) Partialdampfdruck eines Azeton / CHCl3Mischung und Bestimmung von K CHCl 3 und ๐พ๐ด๐ง๐๐ก๐๐ durch Extrapolation → ๐0 (Azeton) = 460 mbar ๐พ๐ด๐ง๐๐ก๐๐ = 220 mbar → ๐0 (CHCl3) = 380 mbar K CHCl3 = 240 mbar Das Henry’sche Gesetz gilt auch, wenn eine Komponente bei der betrachteten Temperatur als Gas, die andere als Flüssigkeit vorliegt. ๐พ beschreibt dann die Löslichkeit des Gases in der Flüssigkeit. Beispiel: ๐พ= ๐(O2 ) ๐ฅ(O2 ) Henry’sche Konstanten für die Löslichkeit von Gasen in Wasser bei 298 K H2 N2 O2 CO2 K/mbar 7,12 . 107 8,68 . 107 4,40 . 107 1,67 . 106 Beispiel: Berechnung der Konzentration von O2 in Wasser, das im Gleichgewicht mit Luft ist (๐O2 ≈ 200 mbar). ๐O2 ๐ฅO2 = ๐พ O2 200 mbar = 4,4โ107 mbar = 4,5 โ 10−6 , Umrechnung in mol L−1: 206 ๐ฅO2 = ๐O2 ๐O2 ≈ , ๐H2 O + ๐O2 ๐H2 O ๐= ๐H02O = 18cm3 mol−1 ๐ O2 ๐ O2 ๐ฅO2 4,5 โ 10−6 ≈ = = = 2,5 โ 10−4 molL−1 ๐ ๐H2 O ๐H02 O ๐H02O 18 โ 10−3 Lmol−1 207 17. Anhang Bedeutung der Standardreaktion (Beispiel): Zn ( s ) + 2 HCl ( aq ) → ZnCl2 ( aq ) + H 2 ( gas ) In Worten: Ein mol festes, reines Zn reagiert mit 2 mol reiner HCl (wässrige Lösung, 1 mol kg-1, ideales Verhalten, vollständig dissozziert) zu 1 mol ZnCl2 (wässrige Lösung 1 mol kg −1 , ideales Verhalten, vollständig dissoziiert) und 1 mol H2 (reines, ideales Gas) (ai = vollständig dissoziiert, ao = undissoziiert in Wasser) โ r H ๏ค= ∑υ โ H i f ๏ค ๏ฉ i = โ f H ๏ค ( Zn Cl2 (ai) ) + โ f H ๏ค๏ฉ ( H 2 ( g ) ) − 2 โ f H ๏ค ( H Cl ( ai ) ) − โ f H ๏ค ( Zn ( s ) ) โ f H ๏ค ( Zn,s ) = 0 โ f H๏ค ( H 2 ( g ) ) = 0 โ f H ๏ค ( H Cl ( ai ) ) = โ f H ๏ค ( H + ( ao ) ) + โ f H ๏ค ( Cl− ( ao ) ) = 0 − 167 kJ mol−1 โ f H ๏ค ( Zn Cl2 ( ai ) ) =โ f H ๏ค ( Zn 2+ ( ao ) ) + 2 โ f H ๏ค ( Cl− ( ao ) ) =− 154 kJ mol−1 + 2 ⋅ ( −167 kJ mol−1 ) = −488 kJ mol โ r H ๏ค =( −488 + 0 − ( −167 ) − 0 ) kJ mol−1 =−321 kJ mol−1 208 Der biochemische Standardzustand , 0, Der biochemische Standardzustand ΔG 0 , ΔH ist wie der chemische Standardzustand ΔG ๏ค , ΔH ๏ค definiert. Ausnahmen: 1. [ H + ] = 10−7 M (ideale Lösung) statt [ H + ] = 1 M (ideale Lösung) 2. Statt Spezieskonzentrationen werden Summenkonzentrationen verwendet. Bsp.: Chemische Reaktionsgleichung mit Molekülspezies: H ADP 2− + H 2 PO −4 → H ATP3− + H 2 O Dabei gilt Erhaltung der Ladung, Erhaltung der Zahl der Atome. Biochemische Reaktionsgleichung: ADP + Pi → ATP Darin bedeutet ADP die Summe aller Molekülspezies, d.h. alle Protonierungsstufen und evtl. Mg 2+ Komplexe, Pi bedeutet anorganisches Phosphat alle Protonierungsstufen. Bsp.: [ ADP ] =ADP3− + H ADP 2− + H 2 ADP + H ADP Mg Daraus folgt: , ΔG 0 hängt vom pH–Wert und den Ionenkonzentrationen ab. 209 Formelsammlung PC I 1. x= i ni p = i, ∑ ni p ni , V c= i m M = V VM = ρ Ni mi = N A Mi n Ni V 1 ci = i = → = V NA V N i ci N A ni = 2. pV = n RT, p V= 4 3 πr → d = 2 r 3 Vm = RT a ๏ฃถ ๏ฃซ RT ๏ฃฌ p + V 2 ๏ฃท ( Vm − b ) = m ๏ฃธ ๏ฃญ pVκ = p 0 V0κ , κ = cp cV , T0 ๏ฃซ V ๏ฃถ =๏ฃฌ ๏ฃท T ๏ฃญ V0 ๏ฃธ R CV p= konst → W = −p ( V2 − V1 ) 3. dW = −p dV V n RT p= →W= −n RT ln 2 V V1 dW = c v dT →W = c V ( T2 − T1 ) 4. E =ε N A =U − U 0 =N A ( ε kin + ε pot ) , R kB = NA 3 1 ๏ฃซ Mv 2x ๏ฃถ ๏ฃซ Mv 2 ๏ฃถ ๏ฃซ M ๏ฃถ2 2 ๏ฃซ M ๏ฃถ2 , f v = 4 π ⋅ ⋅ v ⋅ exp f (= vx ) ๏ฃฌ ⋅ exp − ) ( ๏ฃฌ ๏ฃท ๏ฃฌ− ๏ฃท ๏ฃฌ ๏ฃท ๏ฃท ๏ฃญ 2πRT ๏ฃธ ๏ฃญ 2πRT ๏ฃธ ๏ฃญ 2RT ๏ฃธ ๏ฃญ 2RT ๏ฃธ 1 1 ( id. Gas ) , = ε pot 0= ε kin mv 2 , = ε ( pro Freiheitsgrad ) k BT 2 2 MAMB 3 RT 8 RT 8 RT = v 2A ,= vA , = v relativ = , μ MA π MA πμ MA + MB 1 ε= F ⋅ k BT, 2 F= F ( Trans ) + F ( Rot ) + 2 F ( Schwingung ) σ AB = π ( rA + rB ) , 2 N ( A ) N ( B) ZAB = σ AB v relativ V V 210 5. U − U 0 = E kin + E pot , H = U + pV dU = dQ + dW = dQ − pdV dH =dQ + dW + d ( pV ) =dQ + Vdp , ๏ฃซ dQ ๏ฃถ ๏ฃซ dU ๏ฃถ ๏ฃซ dH ๏ฃถ = cv , = ๏ฃฌ ๏ฃท ≡ cv → ๏ฃฌ ๏ฃท ๏ฃฌ ๏ฃท cp ๏ฃญ dT ๏ฃธ v ๏ฃญ dT ๏ฃธ V ๏ฃญ dT ๏ฃธ p Kreisprozesse: Heß’scher Satz, Kirchoff’scher Satz 6. dQ dU + pdV dH − Vdp = = T T T d= S G ≡ H − TS, dG= Vdp − SdT โSMix = − R ∑ x i ln x i , = S k B ln โฆ , i Tw − Tk ηCarnot = Tk Nutzen η( allgemein ) = , Aufwand 7. โ r H= ∑ν H= ∑ν โ H i i i f โ f H ๏ค298 i i โ rS = ∑ νiSi Tabellen: i โ r G= ∑ν μ = ∑ν โ G i i i f S๏ค298 โ f G ๏ค298 i i โ r cp = ∑ νicpi , dξ = ν i dn i ๏ฃซ dµ ๏ฃถ ๏ฃซ dµ ๏ฃถ −Sm , ๏ฃฌ ๏ฃท = Vm ๏ฃฌ ๏ฃท = ๏ฃญ dT ๏ฃธp ๏ฃญ dp ๏ฃธT μ i μ i ๏ค + RT ln a i , = a i → x i (reineStoffe und Wasser) , a i → โrG = ∑ ν iμ i = ∑ νiμ ๏ค + RT ln i i πa νi i i ci p (Lösungen) , a i → 0i (Gase) 0 c p = โ r G ๏ค + RT ln Q ↑ keine Glgew.konz. ↑ 211 โrG๏ค = −RT ln π (a ) νi i i ↑ Gl = −RT ln K ๏ค Glgew.konz. ↑ โ r G ๏ค =โ r H − Tโ rS, โ r G ๏ค =โ r H ๏ค − Tโ rS๏ค Berechnung von Gleichgewichtskonstanten: A + B → 2C K= [ C]2 [ A ][ B] Gegeben Anfangswerte der Konzentrationen: A 0 , B0 , C0 Die Änderung bei Gleichgewichtseinstellung wird über Reaktionsvariable berechnet. dn i = ν i dξ Reaktionsvariable wird errechnet aus einer Anfangskonzentration und einer Gleichgewichtskonzentration. Wir nennen dξ = x Tabelle: A B C A0 B0 C0 dn A = ν A dξ dn B = ν Bdξ dn C = ν C dξ Anfang Änderung Gleichgewicht K gegeben = −x = −x = 2x A0 − x B0 − x C0 + 2 x x wird berechnet Gleichgewichtskonzentrationen dξ gegeben (aus Anfang- und Endkonzentration) = α K wird berechnet [ HA ] diss α2 [ ] = →K HA 0 [ HA ]0 (1 − α ) 8. T–Abhängigkeit von K 0 ๏ฃซ d ln K 0 ๏ฃถ โ r H 0 ๏ฃฌ ๏ฃท = ๏ฃญ dT ๏ฃธp RT 2 unbestimmte Integration: ln K 0 m= − โr H0 RT 212 1 T Bestimmte Integration: K2 โr H0 0 ∫ d ln K = R K1 ln T2 1 ∫T 2 dT T1 K 02 โr H0 ๏ฃฎ 1 1 ๏ฃน = − − K10 R ๏ฃฏ๏ฃฐ T2 T1 ๏ฃบ๏ฃป In dieser Gleichung stehen 5 unbekannte Größen, 4 müssen gegeben sein, die 5 wird ausgerechnet. 9. T-Abhängigkeit von Dampfdruck p D und Sublimationsdruck pS (Clausius-ClapeyronGleichung) ๏ค d ln p D โ vap H ๏ฃผ = ๏ฃด dT RT 2 ๏ฃด โ H ๏ค − โ H ๏ค = โ H ๏ค ๏ฃฝ sub vap fus d ln pS โ sub H ๏ค ๏ฃด = dT RT 2 ๏ฃด๏ฃพ ln p − โ vap H ๏ค R 1 T Integration und Berechnung wie bei K ๏ค 10. Phasengleichgewichte (Mehrstoffsystem, Index Lösungsmittel:1, Index gelöster Stoff: 2, T = konstant) Dampfdruckerniedrigung μ1 ( fl ) = μ1 ( gas ) . . .. . Raoult: p1 = x1p10 oder p0 − p x2 = 1 0 1 p1 p10 = Dampfdruck reiner Stoff 1 Siedepunktserhöhung μ1 ( fl ) = μ1 ( gas ) . . . . . โT = E ec2 Gefrierpunktserniedrigung μ1 ( fest ) = μ1 ( fl ) Osmotischer Druck μ1๏ค ( p๏ค , rein ) = μ 2 ( p, x1 ) . . . . . โT =−E k c 2 . . . . . π= p − p 0 RT π= x2 Vm π = c 2 RT analog ideales Gas Henry: p1 = K H x1 213 11. Elektrisches Potential und Feld: E pot 1 Q1Q 2 = φ = , E pot , Q1 4πε 0 r W Q1= U UIt = Q1 ( φ2 − φ= 1) mi Q= I= t zi F 1 Mi U 1 ๏ฌ =R =σ , κ= , I A σ 12. κ c ๏ต๏ฒ ๏ต๏ฒ F E= Q1 = Λ = ν+Λ+ + ν−Λ− , Λ = Λ0 − k c โG =−zFE =โH − TโS โG 0 = −zFE 0 = −RT ln K 0 E E0 − = RT ln π a iνi i zF ai ci x i , Schema für Aufstellung von E pi Membranpotential: 13. v = โφ = RT [ ]1 ln zF [ ]2 1 d [A] = Defintion ν A dt a b v = k [ A ] [ B] .............. Reaktionsordnung: ( a+b ) 14. 15. dA = k → A=A 0 − kt dt 0. Ordnung: − 1. Ordnung: dA ln 2 − = kA → A=A 0 exp ( −kt ) , = τ dt k 2. Ordnung: dA 1 1 − = kA 2 → = + kt, dt A A0 = τ 1 A0k Mechanismus: Ablauf einer chemischen Reaktion durch eine Folge von Reaktionsschritten 1. und 2. Ordnung 214 k2 ๏ฃง๏ฃง→ ES ๏ฃง๏ฃง E + S ←๏ฃง๏ฃง →E + P k1 M−M: k −1 ]0 , K M = ν max k 2 [ E= d [ ES] = k1 [ E ] [S] − k −1 [ ES] − k 2 [ ES] dt v [S] d [P] = v= max dt KM + S [E0 ] = k −1 + k 2 k1 Gesamtkonzentration Folgereaktionen, Parallelreaktionen 16. T-Abhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten E d ln k = a2 dT RT Ea „Arrhenius Gleichung“ 1 ∫ d ln k = R ∫T 2 E 1 dt → ln k = − a + konst R T ln k ๏ฃซ E ๏ฃถ = k k 0 exp ๏ฃฌ − a ๏ฃท ๏ฃญ RT ๏ฃธ − 1 T 17. Diffusion = J dn = Definition des Flusses, dt A dc J= −D = stationäre Diffusion dx dc d 2c = D= instationäre Diffusion, dt dx 2 k BT k 0T = D = fR 6πrη 18. Ea R = D โx 2 2โt Spektroskopie, Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie dI = −αc I0 dx, I = I0 exp ( −α c ๏ฌ ) Absorption: Lambert-Beer: A = lg ε = hν, I0 = ε c ๏ฌ, I ε= α 2,303 ε =Absorptionskoeffizient c = νλ Lichtintensität: = I dE = dt A ∑ ε dN i ε =Energie eines Photons i dt A 215 Wenn nur Photonen einer Frequenz(Wellenlänge) vorhanden sind, gilt: I= εN tA E E2 Wärme Fluoreszenz Photochemie Energietransfer hν M ๏ฃง๏ฃง๏ฃง๏ฃง → M* Absorption M* Rückkehr in Grundzustand E1 M Mathe: dy = x n dx, Für n = −1 gilt: E2 hν − Anregung E 2 − E1 = ε = hν 19. M* y = E1 1 x n +1 + konst n +1 y ln x + konst = = a ln b ln b a , ax 2 + bx + c= 0 = ln a + ln b ln ab → x1/ 2= −b ± b 2 − 4ac 2a 216 P. W. Atkins, “Physikalische Chemie”, dritte, korrigierte Auflage, Wiley-VCH, Weinheim, 2001 217