Zoogamie in der Klasse der Liliopsida

Werbung
. . . • Stefan Reißmann • . . .
ÖKOLOGIE UND EVOLUTION
ZOOGAMER BLÜTEN
AM BEISPIEL
AUSGEWÄHLTER SIPPEN DER
MAGNOLIOPHYTINA
( AUSZUG )
© Stefan H. Reißmann 2000 AD
— 2 / 32 —
Vorbetrachtung
Einen der faszinierendsten Einblicke in die Entwicklungsgeschichte des Lebens und gleichzeitig
einen Berührungspunkt zwischen den beiden historischen Grunddisziplinen der Biologie,
Zoologie und Botanik, bietet die Blütenökologie und Bestäubungsbiologie. Unter den rezenten
Pflanzen- wie Tierarten finden sich mannigfache Formen welche auf einen Partner in dem
jeweilig anderen Reich der Lebewesen zwingend angewiesen sind, und deren Lebensweise und
Existenz ohne diesen Partner undenkbar wäre. Und der Kreis derjenigen Formen, welche im
Verlauf der Erdgeschichte in einem ständigen, sich steigernden, ausdifferenzierenden
Wechselspiel mit anderen Arten oder Organismengruppen entstanden ist nicht gering. So sind
die Bedecktsamer, die bereits von Anbeginn tierbestäubt waren, ohne eben jene tierischen
Bestäuber, Insekten, undenkbar. Andererseits konnten sich viele Tiergruppen erst durch oder
vielmehr mit dem Entstehen entsprechender Blüten entwickeln. So gäbe es keine Schmetterlinge
und keine Kolibris, wenn es keine zu ihren langen Schnäbeln oder Rüsseln passenden Blumen
gäbe. Gleichwohl wären diese Blumen ohne ihre Bestäuber, eben jene Schmetterlinge und
Kolibris, undenkbar. Nun ist es freilich so, daß jedweder Organismus mit seiner Umwelt in
Wechselwirkung steht und in ein Netz von Abhängigkeiten und Wirkungsgefügen verwoben ist.
Doch jene Beziehungen zwischen an bestimmte Blüten angepaßten Bestäuber, und an ganz
bestimmte Bestäuber angepaßte Blüten gibt ein Beispiel für eine ganz besondere Eigendynamik,
eine Entwicklung die auf wechselseitiger Merkmalsbstimmung beruht und zu gemeinsamer,
gleich- bzw. aufeinander zu gerichteter Differenzierung führt.
Nicht minder Interessantes findet sich jedoch unter den Fällen eher einseitiger oder
entgegengerichteter Differentiation, wo sich sogar Betrug und Täuschung als erfolgreiche
Strategien erwiesen.
In den folgenden Aufsätzen soll ein kleiner Einblick in die Strategien von Pflanzen gegeben
werden, ihre Bestäubung durch tierische Mittler sicherzustellen. Dazu haben wir neben einer
allgemeinen Einführung drei Gruppen der bedecktsamigen Pflanzen ausgewählt, an welchen
exemplarisch typische aber auch speziellere Merkmale in Bau und Lebensweise tierbestäubter
Pflanzen und ihre mögliche stammesgeschichtliche Entwicklung dargestellt werden sollen.
— 3 / 32 —
— 4 / 32 —
ZOOGAMIE IN DER KLASSE DER LILIOPSIDA
BESTÄUBUNGSBIOLOGIE
DER
UND
BLÜTENÖKOLOGIE
ORCHIDACEAE
Stefan H. Reißmann
Innerhalb der einkeimblättrigen Pflanzen findet man den Gipfel zoogamer Blütendifferentiation
unbestreitbar in der Ordnung der Knabenkrautartigen (Orchidales). Je nach System wird sie in
nur eine Familie Orchidaceae mit 3, 6 oder mehr Unterfamilien oder die drei Familien
Apostasiaceae, Cypripediaceae und Orchidaceae eingeteilt, wobei letztere fast alle Arten der
Orchidales enthält. Die Familie der Knabenkrautgewächse oder Orchideen (Orchideaceae)
umfaßt über zwanzigtausend Arten in rund 750 Gattungen und ist damit die größte Familie des
Pflanzenreiches. Ihre Vertreter kommen auf allen Kontinenten - außer Antarktika - in großer
Mannigfaltigkeit vor, wobei etwa 80% der Gattungen und rund 90% der Arten auf die Tropen
beschränkt sind.
Ihren Namen erhielt die Familie nach der in Mitteleuropa wohl artenreichsten Gattung, den
Knabenkräutern (Orchis). Diese verdanken ihre Benennung ihren Speicherknollen, von denen
jeweils eine dies- und eine vorjährige vorhanden sind, welche zusammen an die Hoden eines
maskuliden Hominiden gemahnen, wessenthalben sie mit dem griechischen Wort für Hoden - ορ
χισ (orchis) - bedacht wurden. Im übrigen leitet sich auch der deutsche Namen „Knabenkraut”
daher.
— 5 / 32 —
Systematik der Orchideenartigen
Bevor wir uns den Eigentümlichkeiten der Orchideen in Bau und Lebensweise zuwenden, noch
kurz eine Übersicht über die systematische Stellung und Untergliederung, wie sie im folgenden
verwandt werden soll.1 Die Untergliederung der Ordnung Orchidales in drei Familien, weil es
sich für die folgenden Ausführungen als günstig erweisen wird, und es mir gerechtfertigt
erscheint, die drei Hauptgruppen, welche sich mindestens in der Zahl ihrer Staubblätter deutlich
unterscheiden und damit zumindest die abgeleitetetn Cypripediaceae und Orchidaceae auch als
Monophyla gelten dürften, als eigenständige Familien aufzuführen.
In der obigen Graphik2, welche die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Orchideenartigen
umreißt, ist hingegen die andere grundsätzliche Klassifikationsmöglichkeit zur Anwendung
gekommen, bei der alle Orchideenartigen in einer Familie, den Orchidaceae vereinigt werden.
Selbige Klassifikation ist auch in Klammern angedeutet.
KLASSE
Liliatae / Liliopsida
UNTERKLASSE
Liliidae / Liliiflorae
ÜBERORDNUNG
Lilianae
ORDNUNG
Orchidales
FAMILIE
Apostasiaceae (? Unterfamilie Apostasioideae)
FAMILIE
Cypripediaceae (? Unterfamilie Cypripedioideae)
FAMILIE
Orchidaceae
UNTERFAMILIEN
Neottioideae
Orchidoideae
Epidendroideae
Vandoideae
Die vegetativen Organe der Orchideen
Alle in Europa vorkommenden Orchideen wachsen terrestrisch, d.h. auf dem Boden. Ihnen
gegenüber steht jedoch die große Mehrzahl der tropischen Arten, welche epiphytisch auf Bäumen
siedelt. Nichtsdestominder gibt es aber auch in den Tropen terrestrische Arten.
In Abhängigkeit von der Lebensweise sind auch die vegetativen Organe der Orchideen
unterschiedlich ausgeprägt. So sind bei bei den epiphytischen Arten oft Sproß, Blätter und sogar
Wurzeln sukkulent angeschwollen und dienen der Speicherung von Nährstoffen und Wasser. Bei
den Erdorchideen wird die Stoffspeicherung von Rhizomen und Knollen übernommen, Sproß
und Blätter hingegen dienen im allgemeinen der Photosynthese - eine Funktion, die bei vielen
1
2
nach D2 und D8
aus D5 (S.180)
— 6 / 32 —
tropischen Arten von entsprechend umgebildeten Wurzeln übernommen wird.1 Auch dienen die
Wurzeln bei Aufsitzer-Orchideen noch der Verankerung und als Luftwurzeln (Velamen radicum)
der Wasseraufnahme und -speicherung.
Wurzelhaare fehlen den meisten Orchideen. Dafür besitzen alle Arten eine endotrophe
Mykorrhiza, stehen also in einer symbiontischen oder auch parasitischen Beziehung zu einem
Pilz. Einige Orchideen sind sogar während ihres ganzen Lebens auf die Ernährung durch ‚ihren‘
Pilz angewiesen, was als „Saprophytismus“ bezeichnet wird. Grund für die zumindest zeitweilige
Abhängigkeit von einem Pilz ist die Endospermlosigkeit des Orchideensamens, welche eine
Ernährung des jungen Keimlings durch einen Wirtsorganismus erforderlich macht.
Die Orchideenblüte
Bekannt sind die Orchideen allerdings weniger ob ihrer mannigfaltigen Anpassungen an
unterschiedliche Lebensweisen und Ökosysteme, als vielmehr wegen ihrer reizvollen und
vielgestaltigen Blüten, welche insgemein als Paradestück der Evolution hin zur Zoogamie gelten
dürfen. Ihrer Mannigfaltigkeit vor allem ist wohl auch die große Zahl der Spezies zu verdanken,
denn die vegetativen Organe divergieren innerhalb bestimmter Lebensformtypen, wie z.B.
Epiphyten, nur eher geringfügig. Allerdings fällt auf, daß der Grundbauplan der Blüten innerhalb
der Familien nur geringfügig abgewandelt wird, und bei aller Vielfalt und einfallsreichen
Einrichtung beispielsweise Zahl und Anordnung der einzelnen Blütenorgane weitestgehend
erhalten bleiben.2
Zwischen den Familien gibt es allerdings einige markante Unterschiede im Bereich der
generativen
Organe,
hauptsächlich hinsichtlich der
Zahl
der
Staubblätter.
Konzentrieren will ich mich
allerdings auf die Familie der
Orchidaceae, deren Blütentypus
ich, von außen nach innen
fortschreitend, im folgenden
beschreiben
werde.
Davon
ausgehend sollen allerdings auch
die Eigentümlichkeiten der
anderen beiden Sippen zur
Sprache kommen.
1
D8 (S.414)
D8 (S. 415); Vgl. aber auch D5 (S.144), wo die Variabilität der Grundbausteine der Orchideenblüte hinsichtlich
Form wie Funktion betont, und herausgestellt wird, daß die vegetativen Organe abgesehen von ökologischen
Anpassungen relativ einförmig erscheinen.
2
— 7 / 32 —
PERIANTH
Das P e r i a n t h besteht - wie die typische Blüte der Liliengewächse - aus zwei Blütenkreisen
zu je drei Blütenblättern. Ursprünglich sind wohl die Blätter des äußeren Kreises nicht von denen
des inneren verschieden, so daß man beide Gruppen als Tepalen und die Blüte insgesamt als
Perigon ansprechen kann. Häufig ist allerdings auch ein deutlicher Unterschied in der Gestaltung
der Blätter des äußeren und inneren Blütenblattkreises erkenntlich, und daher auch gebräuchlich,
die Blätter des äußeren als Kelchblätter (Sepalen) und die des inneren als Kronblätter
(Petalen)zu bezeichnen. Wichtiger als diese terminologische Angelegenheit ist indes die
Tatsache, daß das mittlere Blütenblatt des inneren Kreises, welches ursprünglich nach oben weist,
im
allgemeinen
besonders
ausgebildet ist. Es wird dann als
Lippe (Labellum) bezeichnet und
bildet
ein
besonderes
Charakteristikum sowie eine
wesentliche
Grundlage
für
mannigfache Abwandlungen der
Orchideenblüte. Meist ist es
größer als die anderen Tepalen,
anders gefärbt und geformt und
häufig
in
einen
Sporn
ausgezogen.
ANDROECEUM
Das A n d r o e c e u m ist bei allen Orchideen mit Griffel und Narbe des
G y n o e c e u m s mehr oder minder zur sogenannten Säule (Gynostemium) verwachsen. Dieses
Organ steht in inniger Wechselbeziehung zu der hochdiffernzierten Bestäubungsspezifität und
bedingt damit auch direkt oder indirekt viele andere Anpassungen und Merkmale der
Orchideenblüten. Säule und Lippe sind zusammen in der Regel so organisiert, daß den
Bestäubern der unmittelbare Zugang zur Blüte oder zu den für sie attraktiven Duft- und
Nektarquellen verwehrt wird und sie so zu einem längeren Verweilen auf oder vor der Blüte
gezwungen sind, und überdies auch noch obligatorisch mit Narbenoberfläche und Staubbeuteln
in Kontakt kommen. Dem Gynostemium der Orchideen vergleichbare Einrichtungen finden sich
nur noch in sehr wenigen anderen Pflanzenfamilien.
Das A n d r o e c e u m bildeten ursprünglich wohl drei Staubblätter (Stamina), wie sie
heute noch bei den ursprünglichen Apostasiaceae zu finden sind. Von diesen drei Stamina befand
bzw. befindet sich eines in einem äußeren und die beiden anderen in einem inneren Kreis. Bei den
Cypripediaceae wurde daß mittlere des äußeren Kreises, bei den Orchidaceae, welche alle übrigen
Sippen der Orchidales in sich vereinen, die beiden des inneren Kreises reduziert, so daß letztere
nur noch über ein fertiles Stamen verfügen. Häufig aber finden sich bei ihnen noch zwei seitliche
Anhänge an der Säule, welche als Staminodien gedeutet werden können.
— 8 / 32 —
Eine derartige Reduktion des Androeceums setzt eine große Bestäubungssicherheit voraus,
welche zum einen durch die Organisation der Blüte im ganzen, zum anderen aber auch durch die
Art der Pollenübertragung gewährleistet wird. Während der Pollen bei den Apostasiaceae wie bei
den meisten, zumindest den relativ ursprünglichen Pflanzen mehlig ist, wird er bei den
abgeleiteteren Sippen vermittels Schleim zu Paketen verklebt. Sind es bei den Cypripediaceae
Pollentetraden, so wird bei den meisten Gattungen der Orchidaceae der gesamte Inhalt eines
Staubbeutelfaches (Theca) als Paket über eine Pore auf den Bestäuber übertragen. Dieses Paket,
Pollinium genannt, wird von erhärteten schleimigen Fäden, welche vom Tapetum abgeschieden
wurden, umschlossen. Gelangt ein solches Pollinium auf eine Narbe, löst deren Schleim das
Paket und alle Pollen können Pollenschläuche entwickeln. Mithin kann ein große Zahl von
Samenanlagen befruchtet werden.
Bei vielen abgeleiteten Orchideengattungen wird der Inhalt eines
Pollenfaches zwar gemeinsam als Pollinium auf einen Bestäuber
übertragen, ist jedoch in zahlreiche miteinander verbundene
Paketklümpchen unterteilt. Wenn dieser sektile Pollen von dem
Bestäuber mit einer anderen Narbe in Kontakt gebracht wird, brechen
jedoch nur einzelne Klümpchen ab, so daß mit dem Inhalt eines
Antherenfaches mehrere Blüten bestäubt werden können.
Neben der Staubbeutelpore befindet sich eine Klebscheibe, welche am
Bestäuber haften bleibt und zugleich das Pollinium aus dem Staubblatt
herauszieht. Die Viszidien werden an einem sogenannten Schnäbelchen
(Rostellum) gebildet. Bei ihm handelt es sich um einen schabelähnlichen
Fortsatz, der die dreiteilige Narbe in zwei fertile und einen sterilen
oberen Abschnitt teilt. Dieser sterile obere Narbenast bildet in den
meisten Fällen jenes mit den Staubbeutelöffnung in Verbindung stehende
Rostellum mit den Klebdrüsen (Viszidien). In manchen Gattungen sind aber
auch alle drei Narbensektoren fertil und es ist dennoch eine Klebscheibe
angelegt.
Vor den Klebscheiben weisen die Pollinien noch ein kleines Stielchen
(Caudicula) auf. Zusätzlich ist bei den stammesgeschichtlich fortgeschrittensten Orchideen
zwischen Klebscheibe und Pollinium an der Säule noch ein zellulärer Gewebestreifen, der Stipes,
differenziert, welcher die Verbindung zwischen Pollinium und Klebscheibe herstellt und sich bei
der Pollenreife löst. Diese Stielzone neigt sich, angeheftet an den Bestäuber, nach Verlassen der
Blüte nach vorn und senkt das Pollinarium so weit, daß es beim nächsten Blütenbesuch des
Bestäubers genau in der Höhe liegt, wo sich an der Säule die fertilen Narbenabschnitte befinden.
Da sowohl die Anheftung der Pollinien wie auch deren Senkung sehr artspezifisch sind und wohl
auch einen wesentlichen Faktor bei der Speziation darstellten und darstellen, ist es auch möglich,
daß ein und dieselbe Tierart, ja sogar ein und dasselbe Individuum gegenüber mehreren
Orchideenarten als Bestäuber wirkt.
— 9 / 32 —
Die aus Pollinarium, Caudicel, Stipes und Klebscheibe bestehende hochentwickelte
Pollenübertragungseinheit wird als Pollinarium bezeichnet.
GYNOECEUM
Anders als die männlichen haben die weiblichen Blütenorgane, das G y n o e c e u m , bei den
Orchideen keine so tiefgreifende, über die Verschmelzung beider zur Säule hinausgehende
Reorganisation erfahren. Die vielleicht bemerkenswerteste und und für das gesamte
Erscheinungsbild der Blüte bedeutsamste Eigentümlichkeit findet sich im Bereich des
dreiblättrigen Fruchtknotens (Ovariums). Er ist unterständig, coenocarp und teilweise,
insbesondere auch bei einigen ursprünglichen Formen, dreifächerig mit zentralwinkelständigen
Placenten, meist jedoch einfächerig mit parietalen Placenten. Meist verwindet sich der
Fruchtknoten um 180°, was als Resupination bezeichnet wird. Sie hat zur Folge, daß die Lippe auf
die Unterseite der Blüte, das heißt unterhalb des Gynostemiums verlagert wird, wodurch sie
Insekten und anderen Bestäubern zum Landeplatz werden kann. Sie bildet dann häufig unter der
Säule einen Sporn mit - oder auch ohne - Nektar aus. Es gibt aber auch etliche Arten, bei denen
sich der Fruchtknoten nicht verwindet und die Lippe nach oben zeigt. Dies ist insbesondere bei
Arten der Fall, die durch Tiere bestäubt
werden, welche nicht auf der Blüte landen,
wie Vögel oder Schwärmer. In diesen
Fällen kommt der Lippe vorzugsweise eine
Schauwirkung zu. Ebenso ist dies des
öfteren bei obligat autogamen Arten der
Fall. Außerdem gibt es auch Formen, bei
denen der Fruchtknoten um beispielsweise
90° oder 210° resupiniert. Der gleiche
Effekt wie der der Resupination des
Fruchknotens wird vereinzelt auch durch
eine Verwindung des Blütenstiels oder
durch ein „Überkippen“ der Blüte erzielt.
Fortpflanzung und Entwicklung
In Zusammenhang mit der Übertragung der Pollen in größeren Paketen steht die ungewöhnlich
große Zahl von Samenanlagen pro Blüte. Sie liegt im Durchschnitt bei etwa 1330 und erreicht
bei Cycnoches ventricosum sogar über 4 Millionen. Die große Zahl bedingt allerdings eine geringe
Größe der Samen. Orchideensamen gehören zu den kleinsten und leichtesten des
Pflanzenreiches; die meisten wiegen nur 3 bis 4 µg,, womit ihre Sinkgeschwindigkeit - sie werden
durch den Wind verbreitet - ähnlich gering und damit die Flugweite ähnlich groß ist wie die von
Pollen oder Sporen. Die Schwebefähigkeit wird noch durch einen großen Luftsack erhöht,
— 10 / 32 —
welcher bei Samenreife durch Vergrößerung und Lösen der Zellen des äußeren Integumentes vom
Nucellus, welche ihn dann umschließen, entsteht. Bei der Bienenragwurz (Ophrys apifera) konnte
eine Fernübertragung der Samen von über 400 km nachgewiesen oder zumindest wahrscheinlich
gemacht werden.1
Zur Zeit der Blütenentfaltung sind die Samenanlagen noch weitgehend undifferenziert. Ihre
endgültige Größe erreichen sie erst, nachdem Pollen auf die Narbe gelangt ist. Als Stimulans
dient Indolessigsäure, welche gleichzeitig das Welken der Blüte induziert. Die Pollenschläuche
wachsen sehr langsam, und es vergehen im allgemeinen Monate, ehe sie die Samenanlagen
erreichen. Das Endosperm, dessen Bildung durch die doppelte Befruchtung angeregt wird,
degeneriert bereits in einem frühen Entwicklungsstadium, so daß der reife Samen ohne
Nährgewebe ist - was seine Winzigkeit bedingt. Und selbst der Embryo ist in ihm noch
weitgehend undifferenziert.
Beides, die geringe Größe der endospermlosen Samen wie die Unvollkommenheit des Embryos,
mindern die Fähigkeit des letzteren zu einer eigenständigen Entwicklung erheblich, ja lassen sie
unmöglich werden. Bei allen Orchideenarten ist der junge Keimling auf eine Ernährung durch
einen Pilz (Mykotrophie) angewiesen, welcher in der Rinde der Wurzel siedelt (endotrophe
Mykorrhiza). Aufgrund dieser Abhängigkeit ist die Wahrscheinlichkeit gering, daß ein Same auf
geeignete Keimungsbedingungen trifft. Denn an dem Ort, wo er landet, muß, damit sich eine
neue Orchidee entwickeln kann, auch der als Wirt benötigte Pilz vorhanden sein, wobei nur eine
oder wenige Pilzarten jeweils als Wirt in Frage kommen. Mithin wird eine große Samenzahl
erforderlich, und der Kreis schließt sich: Weil viele Samen produziert werden, sind die einzelnen
Samen klein und damit die Wahrscheinlichkeit, daß ein Samen auf geeignete
Keimungsbedingungen trifft gering. Und weil sie gering ist, müssen viele Samen produziert
werden.
Aus dem Samen entwickelt sich zunächst ein kleiner kegelförmiger Vorkeim (Protokorm). In
diesem Stadium kann die Pflanze bis zu zwei Jahre verharren. Während dieser Entwicklungsphase
findet auch die Infektion mit dem Pilz statt. Entweder tritt der Pilz aktiv in den Keimling ein
oder die Infektion erfolgt über den Embryoträger (Suspensor). Die weitere Ausbreitung des
Pilzes in der jungen Pflanzen wird von dieser durch fungistatische Substanzen reguliert und
dirigiert. Durch die Mykorrhiza erhält die Pflanze vor allem Stickstoff, Mineralstoffe und
Wasser, aber auch lebenswichtige Enzyme, Hormone oder Vitamine.2 Dabei gewinnt die Pflanze
diese Stoffe, indem sie Pilzzellen verdaut. Inwieweit und wie die Orchidee ihrem Pilz seine
Dienste vergilt, ist umstritten. Möglicherweise spendet sie ihm neben einem geeigneten Milieu
auch Kohlenhydrate und andere organische Verbindungen.3
Mit der Entwicklung grüner Laubblätter gehen die Orchideen dazu über, Photosynthese zu
betreiben, und werden von der Mykorrhiza im allgemeinen unabhängig. Einige Arten bilden indes
keine chlorophyllhaltigen Organe aus und bleiben, parasitisch als sogenannte „Saprophyten“
lebend, zeitlebens von ihrem Wirtspilz abhängig.
D8 (S.417)
D8 (S.418), D2 (S.267)
3
D2 (S.267)
1
2
— 11 / 32 —
Charakteristik der Familie
Wie im einzelnen ausgeführt zeichnet sich die Familie der Orchideengewächse wie die Ordnung
der Orchideenartigen insgesamt durch eine Reihe außergewöhnlicher Merkmale in Bau und
Lenensweise aus. Aus ihnen lassen sich bestimmte Entwicklungszwänge und -folgen erkennen
oder sie lassen sich zumindest in Kausalketten und -kreise einordnen:1
Einschränkung der Möglichkeit eigenständiger Entwicklung ( Mykotrophie)
viele Samenanlagen
Übertragung ganzer Pollinien
(nur wenige Pollinien je Pflanze)
hohe Bestäubungssicherheit
(durch Koevolution mit bestimmten Bestäuberarten;
hat spezif. Anpassungen der Blüte, dar. Zygomorphie zur Folge)
Stammesgeschichte
Wie bereits aus der Systematik erkenntlich, haben die Orchidales gemeinsame Vorfahren mit den
Liliales. Wie die innerhalb der Blütenpflanzen beispiellose Hybridisierbarkeit zeigt, sind die
genetischen Barrieren zwischen den Arten und Gattungen relativ schwach ausgeprägt, was auf ein
entwicklungsgeschichtlich geringes Alter der Orchidales hindeutet.
Das älteste Fossil, was mit einiger Wahrscheinlichkeit als Orchidee eingestuft werden kann,
Eoorchica miocaenica (MEHL), stammt aus dem Miozän und ist etwa 15 Millionen Jahre alt.2 Es ist
allerdings davon auszugehen, daß sich die Orchideen bereits früher, wahrscheinlich zu Beginn des
Tertiärs vor rund 60 Millionen Jahren, aus dem Kreise der übrigen einkeimblättrigen
Bedecktsamer herauszudifferenzieren begannen. Für meisten anderen Familien der Bedecktsamer,
außer den höchstentwickelten, fanden sich Belege bereits in der Oberkreide, den 60 bis 100
Millionen Jahre alten Schichten.
Die Pfeile in der Graphik sind Bedingungspfeile im doppelten Sinn: Sie bezeichnen sowohl Folge wie
Voraussetzung bzw. Erfordernis, d.h. sowohl, daß etwas möglich, als auch, daß etwas nötig wird.
2
D2 (S. 258);
Van der Pijl & Dodson führen ein älteres Fossil, Protorchis monorchis, aus dem Eocaen als mögliche Orchidee an (D5:
S.146).
1
— 12 / 32 —
Heute sind die Sippen mit den ursprünglichsten Merkmalen, insbesondere die Apostasiaceae, auf
den indomalaiischen Raum konzentriert. Daher ist es wahrscheinlich, daß dies auch der
Ursprungs- und Entfaltungsraum der Ordnung ist.
Die Apostasiaceae liefern auch die besten Hinweise, wie die erste Orchideenblüte ausgesehen
haben könnte. Denn ihre Blüten zeigen sich noch sehr ursprünglich und erinnern in vielem an die
Blüten anderer ursprünglicherer Liliidae. So ist die Blüte der Vertreter der Gattung Neuwiedia
noch fast radiärsymmetrisch. An einer kleinen Säule finden sich, noch nicht vollständig mit dem
Griffel verwachsen, sondern an kurzen Staubfäden (Filamenten), drei Staubblätter. Die Säule
wird vom Griffel fortgesetzt.1
Blüten und Bestäuber
Da die Orchideenblüte in ihrem Grundbauplan deutliche, bereits fortgeschrittenere Anpassungen
an die Zoogamie, wie zum Beispiel die Reduktion der Staubblätter und die Verschmelzung von
Androeceum und Gynoeceum zur Säule, zeigt, und der größte Teil der Orchideen von
Hautflüglern (Hymenoptera) bestäubt wird, besteht weitgehende Einigkeit darüber, daß die
primären Bestäuber der Orchideen Hymenopteren waren. Wenngleich sich soziale Bienen
wahrscheinlich erst später entwickelten, so waren doch bereits im Eozän, vor 55 bis vor 35
Millionen Jahren, niedere Bienen und Wespen verbreitet und konnten als Bestäuber wirken.
Die rezenten Arten verteilen sich auf die Bestäuber schätzungsweise wie folgt:2
Bestäubergruppe
Hautflügler (Hymenoptera)
→ dar.:
Wespen
niedere Bienen
Holzbienen
Prachtbienen (Euglossini)
soziale Bienen
verschiedene Bienen
Fliegen
Nachtfalter
Tagfalter
Vögel
verschiedene
autogam (Selbstbestäubung)
1
2
Anteil der von den betreff.
Bestäubern bestäubten Arten
an allen Orchideenarten
60 %
5%
16 %
11 %
10 %
8%
10 %
15 %
8%
3%
3%
8%
3%
D8 (S.415)
D5 (S. 128)
— 13 / 32 —
Eine dergestalte Divergenz hinsichtlich der Bestäuber zeugt für eine anhaltende Evolution und
adaptive Radiation oder doch zumindest für die Juvenilität der Familie.
Die Bestäubungsmechanismen der Orchideen sind dabei in ihrem Grundprinzip einfach wie
elegant: Im Allgemeinen bewirkt das gleiche Verhalten des Bestäubers, das bei der einen Blüte die
Aufnahme der Pollinien zur Folge hatte, in der nächsten die Ablage der Pollinien auf der Narbe.
Je nachdem, an welche Bestäuber sie sich angepaßt haben bzw. mit welchen bestäubenden
Tiergruppen sie koevolvierten, zeigen Blumen ganz bestimmte Merkmale. Denn die Bestäuber
müssen angelockt werden, und Bestäuber anzulocken heißt, ihm attraktierende Signale zu
übermitteln. Damit etwas übermittelt werden kann, müssen aber Sender und Empfänger
aufeinander abgestimmt sein, d.h. - übertragen wie unter Umständen wörtlich - daß das Signal im
Wellenlängenbereich des Empfängers liegen muß, seine Amplitude nicht zu klein sein sollte und
es möglichst in der Welt des Empfängers mit irgendeiner postiven Bedeutung oder einem
anziehenden Reiz verbunden sein sollte. Daraus folgt, daß sich je nach bevorzugtem Empfänger,
d.h. Kommunikationspartner, auch die Sender unterscheiden. Hinsichtlich der Abstimmung von
Blütenmerkmalen auf die Sinnessysteme und Lebensweisen der als Pollinator wirkenden
Tiergruppen spricht man von Bestäubungssyndromen oder Bestäubungsklassen. Ein
Bestäubungssyndrom ist der Merkmalskomplex, welcher den von einer näher verwandten
Tiergruppe bestäubten Blumen gemein ist und sie funktionell kennzeichnet.
Die häufigsten bei Orchideen vorkommenden Bestäubungssyndrome werden in ihrem
allgemeinen Charakter auf Seite 23 tabellarisch dargestellt.1
IMMENBLUMEN
Die für die rezenten Orchideen bedeutsamste Bestäubergruppe sind die Hautflügler
(Hymenoptera). Überdies deuten Symmetrie und Form der Orchideenblüte darauf hin, daß sich
die Orchidales durch Adaptationen an die Bestäubung durch Bienen und Wespen aus dem Kreise
lilienartiger Einkeimblättriger herausdifferenzierten.
Allgemein werden Blumen, die sich an eine Pollination durch Hymenopteren angepaßt haben, als
melittophil oder Immenblumen bezeichnet2, weil der größte Teil der als Bestäuber fungierenden
Hymenopteren den Bienen zuzurechnen sind.
Wie bei allen an spezielle, meist wie sie selber höher differenzierte, Bestäuber angepaßte Blumen,
sind auch bei Immenblumen die von der Blüte ausgesandten Reize und die Sinne der
anzulockenden Bestäuber aufeinander abgestimmt: Hautflügler fliegen tagsüber, und so öffnen
sich auch die Immenblumen über Tage. Hymenopteren besitzen einen hochentwickelten
Geschmacks- und Geruchssinn, und melittophile Blumen verströmen Düfte, welche der
menschlichen Nase angenehm erscheinen. Bienen sind wie der Mensch zu einem trichromatischen
Farbensehen befähigt, wobei ihre entsprechenden Sinneszellen nicht Rot, Grün und Blau,
sondern Gelb, Blau und Ultraviolett als Grundfarben rezipieren. Damit liegen von uns als Rot
1
2
nach D3 (S.113)
altgriech. µελισσα (melissa) = Biene; Honig
— 14 / 32 —
wahrgenommene Farbtöne außerhalb des für sie sichtbaren Spektralbereiches, und mithin sind
Immenblumen niemals rein rot gefärbt.
Außerdem weisen melittophile Blüten auch allgemeinere Merkmale auf, wie beispielsweise eine
deutliche Zygomorphie. Der für sie typische Blütentyp ist die Röhrenblüte. Dabei ist bei ihnen
eine Landeplattform ausgebildet, denn Hymenopteren sind darauf angewiesen, auf der Blüte
landen zu können. Auch finden sich im allgemeinen Saftmale, vor allem in Form farbiger Linien.
Es reicht aber gemeinhin nicht, die Sinne der Bestäuber zu reizen, sondern ihnen muß auch etwas
angeboten werden, dessentwegen sie wiederholt und auch mit evolutiver Beständigkeit die Blüten
besuchen. Bei Bienen und ihren Verwandten besuchen die Weibchen Blüten, um für die Larven
Pollen zu sammeln, und beide Geschlechter suchen in ihnen Nektar für sich und und die
Weibchen auch für ihre Larven. Der eigentliche Orchideenpollen wird jedoch mehr oder minder
nie als Nahrung gesammelt, da er im Pollenfach recht gut geschützt und überdies zu Pollinien
verpackt ist. An seiner Statt bieten aber viele Orchideen Pseudo- oder Imitationspollen feil.
Eine besondere Beziehung hat sich zwischen einzelnen Sippen der Orchideen und den
P r a c h t b i e n e n ( E u g l o s s i n i ) entwickelt. Diese sind Verwandte der Hummeln
und kommen in fünf Gattungen mit etwa 180 Arten im tropischen Amerika vor. Ihr Größe ist
unterschiedlich, aber allesamt sind sie durch eine lange Zunge gekennzeichnet.
Orchideen der Subtriben Catasetinae, Stanhopeinae, die meisten Zygopetalinae und einige
Oncidiinae haben sich an eine Bestäubung durch männliche Euglossini angepaßt. Sie bieten
keinen Nektar mehr an, sondern, besonders morgens, starke harzähnliche Duftstoffe, welche die
Männchen der Prachtbienen stark anziehen. Diese sammeln die Dufttröpfchen dann von den
Blütenoberflächen der Orchideen auf und verstauen sie in ihren Hinterbeinen („Höseln“). Die
Bedeutung dieses Verhaltens harrt noch weiterer Klärung, allerdings könnten sie dazu dienen, daß
sich die Männchen, den dann von ihnen ausströmenden Gerüchen folgend, auf bestimmten
Schwarmbahnen oder Standplätzen sammeln und dadurch paarungswillige Weibchen anlocken.1
Allerdings dienen die Parfumstoffe selber, sofern sie denn nicht von den Prachtbienenmännchen
modifiziert werden, nicht als Sexualpheromon, denn dann müßten die Weibchen auch direkt zu
den Blüten fliegen.
Die Duftstoffe haben jeweils eine artspezifische Zusammensetzung, so daß jede Orchideenart
nur Männchen weniger Prachtbienenarten anlockt. Allerdings können die Prachtbienen auch
gleichzeitig bei verschiedenen Orchideen als Bestäuber fungieren, da die Pollinien in
Abhängigkeit von der Orchideenart meist an unterschiedlichen Stellen des Körpers befestigt
werden.2
1
2
C2 (S.190f.)
C6
— 15 / 32 —
H A U P T B E S T Ä U B E R
LEPIDOPTERA
DIPTERA
AVES
nahrungssuchen
de Bienen
männl.
Prachtbienen
Tagfalter
Nachtfalter
Nektarfliegen
Aasfliegen
tagsüber
morgens
tagsüber
nachts
tagsüber
tagsüber
süß
harzig
angenehm
süß, stark
süß oder
unangenehm
faulig
unterschiedlich.,
incl. UV, kein
reines Rot
unterschiedlich
leuchtend; rot,
gelb
weiß,
cremefarben,
blaßgrün
grün, gelb, braun,
purpurrot
matt,
braunpurpurn
Form
Röhrenblüte
unterschiedlich
Schlüssellochtypus
Schlüssellochtypus
schüsselförmig,
flach
Schüssel oder
Falle
Schlüssellochtypus oder
enge Schüssel
Landeplatz
+
+/-
+/-
(+) / -
+/-
+/-
-
vorhanden
+
-
+
++
+
-
++
verborgen
+/-
+
+
-
+/-
-
-
-
Fransen
Fransen, Schlitze
oder Fenster
Geruch
Farbe
Nektar
B L Ü T E N M E R K M A L E
HYMENOPTERA
Saftmale
+
sonstige
Merkmale
teilw. mit
Pseudopollen
-
— 16 / 32 —
Vögel
keiner
leuchtend;
rot, gelb, creme
+
-
SCHMETTERLINGSBLUMEN
Die Schmetterlinge (Lepidoptera) sind eine hochdifferenzierte Insektenordnung. Sie sind im
Adultstadium im höchsten Grade an nektarproduzierende Blüten als Nahrungsquelle angepaßt
ist. Vor allem sind ihre Mundwerkzeuge zu einem Rüssel (Proboscis) für die Nektaraufnahme
umgebildet, welcher mit Blüten des Schlüssellochtypus, die einen langen Sporn aufweisen,
koevolvierte.
Die Schmetterlingsblumen lassen sich in zwei deutlich geschiedene Syndrome untergliedern,
welche in der Aktivitätszeit ihrer Bestäuber begründet sind: Tag- und Nachtfalterblumen.
Tagfalterblumen
Die Tagfalter fliegen, wie der Name sagt, tagsüber und dementsprechend müssen auch die auf sie
als Bestäuber angewiesenen Blumen, welche auch als psychophil1 bezeichnet werden, ihre Reize
tagsüber zur Geltung bringen. So tragen sie leuchtende Farben, auch Rot, denn Schmetterlinge
können Rot sehen, und senden über Tage einen für menschliches Empfinden frischen und
angenehmen Duft aus. Der optische Reiz dürfte dabei der wichtigere sein.
Ihren Bestäubern bieten sie, verborgen in tiefen Nektarbehältern, reichlich Nektar dar.
Da Tagfalter nicht schweben können, weisen psychophile Blumen einen Landeplatz für sie auf.
Der Pollen wird meist entweder an den Füßen oder am Rüssel der Schmetterlinge angeheftet.
Nachtfalterblumen
Nachtfalterblumen werden auch als phalenophil bezeichnet. Sie sind nachts offen, und manche
schließen sich des Tags. In der Nacht produzieren sie auch starke Düfte, welche süß und nach
Muskat, oder auch nach Gemüse riechen. Gefärbt sind phalenophile Blumen weiß oder
cremefarben, oder, vor allem, wenn ihnen keine besondere Funktion zukommt, grün.
Wie Tagfalterblumen so produzieren auch Nachtfalterblumen reichlich Nektar, welchen sie
verborgen in tiefen Höhlungen oder Röhren ihren Bestäubern darbieten. Damit verbunden ist
eine große Distanz zwischen dem Nektar und den Sexualorganen.
Innerhalb der Merkmalssyndroms „Nachtfalterblume“ gibt es aber auch noch große
Unterschiede, welche mit der Morphologie und dem Verhalten unterschiedlicher
Nachtschmetterlinge zusammenhängen. Blumen, die von Eulenfaltern (Noctuidae) oder
ähnlichen Schmetterlingen bestäubt werden, erlauben diesen eine Landung auf der Blüte, da jene
nicht vor ihr schweben können. Sie weisen kürzere Nektarröhren auf und neigen dazu, den Pollen
an die Füße der Schmetterlinge zu heften.
Im Gegensatz zu den Eulen können die Schwärmer (Sphingidae) wie Kolibris im Schwirrflug vor
der Blüte in der Luft stehen. So landen sie auch nicht, um Nektar zu saugen, sondern tun dies im
Fluge. Mithin haben schwärmerbestäubte, sphingophile Blumen auch keine speziellen
Landeplätze entwickelt, und die Lippe erfüllt bei ihnen, wenn überhaupt, nur eine Funktion als
Schauorgan aber nicht als Landebahn. Die Nektarröhren sind bei sphingophilen Blüten länger,
und der Pollen wird – zwangsläufig – am Rüssel angeklebt.
1
altgr. ψυχη (psyche) = Schmetterling; Atem, Leben, Seele
— 17 / 32 —
VOGELBLUMEN
Den Merkmalen schmetterlingsbestäubter, v.a. psychophiler Blumen ähneln die der von Vögeln
bestäubten, sogenannten ornithophilen.1 So sind Vogelblumen stets kräftig, vor allem rot, gefärbt
und bergen in tiefen verstärkten Behältern reichlich Nektar. Allerdings sind ornithophile Blumen
meist fester und stabiler als Schmetterlingsblumen und duften in der Regel nicht, da der
Geruchssinn bei Vögel nur gering entwickelt und von untergeordneter Bedeutung ist. Auch sind
die Blüten oft hängend angeordnet, da Vögel auf ihnen selber nicht landen können. Die Pollinien
werden normalerweise auf dem Vogelschnabel angebracht. Damit hängt zusammen, daß die
Pollinien vieler von Kolibris bestäubter Orchideen dunkel, schiefern oder grünlich gefärbt sind,
was die Gefahr mindert, von den Vögeln als Fremdkörper erkannt und abgestreift zu werden.
In allen tropischen Gebieten gibt es auf Blütenbesuch spezialisierte Vogel. In der Neuen Welt
sind es Kolibris und Zuckervögel, in der Alten die Nektarvögel. Besonders ausgeprägt ist
Vogelbestäubung in höheren Regionen, wo es kühler und Insekten rarer sind. Bei den Orchideen
ist Vogelbestäubung deswegen von größerer Bedeutung. Denn ihre größte Vielfalt und
Variabilität zeigen die Orchideen in kühlen feuchten Nebelwäldern, die primären Bestäuber der
Familie hingegen, die Bienen, sind eher in trockenen sonnigen Gebieten beheimatet.
FLIEGENBLUMEN
Als Fliegen- oder myophile Blumen werden alle diejenigen bezeichnet, welche von Zweiflügler
(Diptera) bestäubt werden. Allerdings gibt es in Korrespondenz zur Vielfalt der Dipteren
innerhalb dieser Bestäubungsklasse deutliche Unterschiede hinsichtlich des Anlockungs- und
Bestäubungsmechanismus. So haben sich manche Gruppen der Diptera, wie zum Beispiel die
Schwebfliegen, an eine Futtersuche in Blüten angepaßt. Andere aber werden nur durch Täuschung
zu Bestäubungsdiensten verleitet.
Auf bestimmte Blüten spezialisierte Zweiflügler ähneln häufig in Körperbau wie Verhalten
Bienen. Mücken verhalten sich wie winzige Falter und können in sehr weit zu den Polen hin
gelegenen Gebieten an deren Stelle treten.
Andere Dipteren, insbesondere viele kleine Fliegen und Stechmücken haben eine ambivalente
Eignung als Bestäuber. Zum einen suchen sie in Blüten nach Nektar, und könnten so für
Bestäubungsdienste rekrutiert werden, zum anderen aber haben sie eine besondere Beziehung zu
den Fruchtkörpern von Pilzen, auf denen sie ihre Eier ablegen damit sich in und von jenen ihre
Larven nähren. Dies kann und wird nun such durch Blumen ausgenutzt, welche den Fliegen mehr
oder minder spezifisch einen geeigneten Eiablageplatz vorgaukeln.
Das gilt auch für die Blumen, die sich an Aasfliegen als Bestäuber angepaßt haben. Aas- oder
Scmeißfliegen suchen für Ernährung und Eiablage verrottende Substanzen, Dung oder Aas auf.
Dies wird von Blumen ausgenutzt, welche in Farbe und Gestank faules Fleisch oder andere faule
Substanzen nachahmen. Ihre Farbe ist meist matt- oder schmutziggelb, und der von ihnen
2
1
2
gr. ορνισ (ornis) = Vogel
gr. µυια (myia) = Fliege
— 18 / 32 —
ausgehende Gestank reicht nach Verwesendem. Nektar bieten sie selten an, und in den meisten
Fällen sind sie als Fallen konstruiert. Dergleichen Blumen, welche verrottende Substanzen, Aas
oder Dung nachahmen, um Zweiflügler anzulocken, werden als sapromyophil1 bezeichnet.
Im Gegensatz zu ihnen weisen die myophilen Blumen im engeren Sinne flache, oberflächliche
Nektarien auf, sind offen und verströmen süße Düfte.
KÄFERBLUMEN
Die Bestäubung durch Käfer, auch als Cantharophilie2 bezeichnet, gilt als recht ursprüngliches
Merkmal. Für die hochdifferenzierte Familie der Orchideen mit ihren bereits sehr spezifischen
Anpassungen an die Zoogamie spielen sie keine bedeutende Rolle, zumal sie oft auch Blütenteile
fressen und sich mithin nicht an die von der Blüte vorgebahnten Wege halten.
Wo von einer Bestäubung von Orchideen durch Käfer berichtet wurde, wirken sie in der Regel
bestenfalls als Kopollinatoren in Gemeinschaft mit anderen Kerbtieren.
Allerdings kann hier eine besondere Bestäubungsstrategie Erwähnung finden, welche die
mediterran verbreitete Gattung der Zungenstendel (Serapias) entwickelt hat. die Serapias-Arten
bieten Insekten weder Duft noch Nektar an, sondern eine Übernachtungsmöglichkeit. Allerdings
kehren auch bei ihnen vor allem Bienen, vorzugsweise Mauerbienen (Osmia) und Langhornbienen
(Eucera).
FLEDERTIER-, WIND- & WASSERBLUMEN
Auf Chiropterophilie, Anemophilie und Hydrophilie innerhalb der Orchidales gibt es keine
Hinweise.
Hingegen wurde von möglichen Orchideenbestäubungen durch Schnecken, Ameisen, Frösche
oder Echsen berichtet. Doch ist es äußerst unwahrscheinlich, daß sie bei Orchideen als Bestäuber
im eigentlichen Sinne wirken, und spezielle Anpassungen von Blüten an solche Bestäuber sind bei
Orchideen nicht bekannt geworden.
SELBSTBESTÄUBUNG
Unter den Orchideen gibt es etliche obligat wie auch zahlreiche fakultativ autogame Spezies. Bei
manchen Arten öffnen sich die reduzierten Blüten nicht einmal mehr und die Bestäubung findet
bereits in der Knospe statt (Kleistogamie).
1
2
gr. σαπρος (sapros) = faul, welk, morsch
gr. κανθαρος (kantharos) = Käfer
— 19 / 32 —
Bestäubung durch Täuschung
Außer den oben erwähnten sapromyophilen Blumen sind noch eine ganze Reihe weiterer Pflanzen
dazu übergegangen, Bestäuber anzulocken ohne ihnen die erwartete oder überhaupt eine
Gegenleistung anzubieten. Gerade die Orchideen zeigten sich sehr einfallsreich, antropomorph
gesprochen, wenn es darum ging, mit falschen Versprechungen Bestäuber anzulocken. Van der
Pijl und Dodson äußerten sogar, daß bei den Orchideen eher die Täuschung die Grundlage für
die Beziehung zwischen ihrer Blume und den Bestäubern bildete als der Nektar. 1 Begünstigend
wirkte dabei möglicherweise der Umstand, daß bei den meisten Orchideenarten die
Individuendichte relativ gering und daher die Wahrscheinlichkeit, das die Bestäuber individuell
oder stammesgeschichtlich jene Blüten zu meiden lernen eher gering ist.
VORTÄUSCHUNG VON NAHRUNG
Die einfachste Form der Täuschung ist, bei potentiellen Bestäubern den Eindruck zu erwecken,
für ihn stände Nahrung bereit. Zu diesem Zwecke präsentieren die Blumen falsche Nektarien
(Schein-Nektarien) oder Trug-Saftmale und verströmen insgemein süße, frische, honigähnliche
Düfte, welche Bienen und Fliegen anziehen. Oder sie weisen oben beschriebene Kennzeichen
sapromyophiler Pflanzen auf.
Die von den Pflanzen erzeugten Stimuli lassen sich in drei Klassen einteilen: Geruch
(olfaktorisch), Aussehen (optisch) und Oberflächenbeschaffenheit (taktil). Die verschiedenen
Stimuli greifen in ihren anziehenden und verhaltensauslösenden Wirkungen ineinander und
ergänzen sich gegenseitig. Geruch und Aussehen, oder zumindest eines von beidem, sind die
primären Stimuli und bewirken die einleitende Attraktion. Die taktilen Reize sind bei der
Landung nötig, und für die Vollendung der Täuschung.
MIMIKRY
Besonders faszinierend sind die Fälle der Täuschung, bei denen andere Organismen nachgeahmt
werden, um Bestäuber anzulocken. Man kann dies als Mimikry2 bezeichnen, wobei es sich exakt um
Beispiele für die Bates’sche Mimikry handelt. An ihr sind drei Klassen von Akteuren beteiligt:
Vorbild, Nachahmer und Getäuschter. Sofern es um Bestäubung geht, sind die Getäuschten bzw.
Zu-täuschenden die Bestäuber. Im häufigsten Falle ahmt dabei eine Blume, die keinen oder wenig
Nektar oder Pollen anbietet eine andere Blüte nach, welche reichlich Nektar oder Pollen anbietet
und häufiger sein sollte. Ein Beispiel dafür ist das Rote Waldvögelein (Cephalanthera rubra),
welches eine Glockenblume imitiert.3 Nicht immer ist die Mimikry für uns Menschen
offensichtlich, doch kommt es lediglich darauf an, daß der Bestäuber mit seinen
Sinnesfähigkeiten keinen Unterschied zwischen Nachahmer und Bestäuber erkennt und, ab und
D5 (S.140): „Deceit appears to be at the foundation of the flower-pollinator relationship in the orchids rather
than nectar.“
2
engl. mimicry = Nachahmung
1
3
C1
— 20 / 32 —
zu, auch die Blüten der Nachahmer anfliegt. Ein Problem dabei ist freilich die
Bestäubungssicherheit: Die Nachahmer dürfen nie so häufig sein, daß die Bestäuber
ontogenetisch oder phylogenetisch lernen, sie zu meiden; doch damit ist die Wahrscheinlichkeit
sehr gering, daß ein Bestäuber zweimal hintereinander eine Blüte der nachahmenden Spezies
aufsucht. Die Bestäubungssicherheit erhöht sich allerdings, wenn Wege gefunden werden, daß der
betreffende Pollen nur bei Pflanzen der gleichen Art abgegeben wird. Mit ihren Pollinarien
kommen die Orchideen diesem Ziel ziemlich nahe.
Etwas sicherer ist es freilich, etwas nachzuahmen, was selber keine Pollen bildet und keine Narbe
aufweist. Diesen Weg haben zum Beispiel die sapromyophilen Pflanzen eingeschlagen.
Aber jenseits der Nachahmung von Nahrung oder Nahrungsproduzenten finden sich bei
Orchideen noch zwei bis drei weitere Formen der Mimikry, die höchst bemerkenswert sind:
Pseudokopulation, Pseudoantagonismus und möglicherweise Pseudoparasitismus.
PSEUDOKOPULATION
Bei der Pseudokopulation oder Scheinbegattung ahmt die Blüte die Weibchen bestimmter
Insekten in Duft, Erscheinungsbild und Oberflächenbeschaffenheit nach. Insbesondere imitiert
es die von ihnen abgegebenen Sexualpheromone und lockt so die Männchen, welche bei vielen
Insektenarten eher als die Weibchen schlüpfen, an und verleitet sie im Zusammenwirken aller drei
Klassen von Stimuli dazu, auf ihr zu landen und die Kopulation zu versuchen.
Die Scheinbegattung hat sich als Bestäubungsmechanismus unabhängig
voneinander in vier sehr verschiedenen Genera der Orchideen entwickelt,
welche in unterschiedlichen Teilen der Welt beheimatet sind. Zwei von
ihnen werden zu den höchstdifferenzierten gerechnet. Außerdem sind
ursprüngliche wie abgeleitete Formen zweier grundsätzlich verschiedener
Insektentypen beteiligt.
Am bekanntesten und besten untersucht ist das Phänomen an bei den
Ragwurz-Arten (Ophrys) Europas und des Mittelmeerraumes, aber es
tritt auch bei Cryptostylis in Australien und Trichoceros sowie Trigonidium im
tropischen Amerika auf. Indes ist es nicht auf die Orchideen beschränkt,
sondern kommt auch in der Familie der Sandmandelgewächse
(Combretaceae) vor, wenngleich es dort weniger gut dokumentiert ist.1
Obgleich die Pseudokopulation so phantastisch anmutet, eine
außerordentlich subtile Abstimmung der Blütenmerkmale auf die von
Sinneswelt der Bestäuber und eine detaillierte Imitation der von den
Insektenweibchen ausgehenden Reize erfordert, kann es doch für die
Orchideen
nicht
allzu
schwierig
gewesen
sein,
diesen
Bestäubungsmechanismus hervorzubringen. Denn immerhin gelten die
Orchideen insgesamt mit Recht als phylogenetisch jung; und Ophrys
beispielsweise wird innerhalb der Orchidaceae als relativ ursprüngliche
1
D5 (S.139)
— 21 / 32 —
Gruppe angesehen. Aber, wie die weite Verbreitung mannigfaltiger Einrichtungen zur Täuschung
der Bestäuber bei den Orchideen zeigt, verfügt die Familie offenbar über besonders günstige
Voraussetzungen zur Entwicklung von auf Mimikry basierenden Bestäubungsmechanismen.1
Entdeckt und erstmals beschrieben wurde das Phänomen 1916 von Pouyanne an Ophrys speculum
in Algerien. Die R a g w u r z e ( O p h r y s ) sind eine hauptsächlich mediterran verbreitete
Gattung mit rund dreißig Arten, welche aber bis Norwegen, Schweden, England und Rußland
ausstrahlt. Von Ferne recht unscheinbar, fallen bei näherer Betrachtung die sonderbar
gestalteten Blüten auf, welche in ihrer Erscheinung durch die vorgewölbte, samtig behaarte und
eigentümlich gezeichnete Lippe dominiert werden.
Bestäubt werden Ragwurze je nach Art von Dolchwespen, Grabwespen, Langhornbienen oder
Sandbienen. Bei den ersten drei Gruppen richten die auf der Lippe gelandeten
Hautflüglermännchen sich mit dem Kopf zur Säule hin aus, die Sandbienen (Andrena) aber setzen
sich bei den an eine Bestäubung durch sie angepaßten Blüten mit dem Abdomen zur Blütenmitte
auf die Lippe.
Die primäre Wirkung der Ophrys-Blüten geht von denen meist am Unterrand der Lippe
ausgeschiedenen Duftstoffe aus, welche den von den weiblichen Bienen und Wespen in ihren
Abdominaldrüsen produzierten Pheromonen ähneln. Ihr wirksamen Bestandteile sind im
wesentlichen ätherische Öle, vor allem Terpenoide. Vom Winde verweht, locken jene Duftstoffe
die Männchen bestimmeter Hymenopterenarten aus der Ferne zur Blüte, welche sie gegen den
Wind relativ zielgerichtet anfliegen. Allerdings ist die Wirkung der von der Blüte produzierten
Duftstoffe ist nur wenig speziesspezifisch.
Wenn sich das Männchen bis auf etwa 20 cm2 der Blüte genähert hat, ändert es jählings sein
Verhalten und stürzt sich blitzschnell und schnurstracks, als wollte es sie angreifen, auf die
Blüte. Für diese Verhaltensänderung geben optische Signale den Ausschlag. Besonders wichtig
sind, im Falle der Fliegenragwurz, aber auch vieler anderer Spezies, die dunkle Farbe und die
gestreckte Form der Lippe. Verstärkt wird die Wirkung bei vielen Arten noch durch einen
bläulich schimmernden Schillerfleck, welcher an die über dem Rücken zusammengelegten Flügel
der Weibchen erinnert. Er ensteht durch eine vollständige Reflexion des Lichtes an der
subepidermalen Zellschicht. die ansonsten mit Trichomen versehenen und samtig wirkenden
Epidermiszellen sind am Schillerfleck überdies glatt – wie auch weibliche Hymenopteren keine
behaarten Flügel haben.
Nach der harten Landung stimulieren Tastreize das Männchen, auf sich auf der Lippe
zurechtzurücken, auszurichten und zu versuchen, die Kopulation einzuleiten. Dazu preßt es sich
dicht auf die Lippe und sein Hinterleib reibt mit dem vorgestreckten Geschlechtsapparat gegen
das Labellum und tastet suchend auf ihm herum. Dabei stößt es unter Vibrationen mit seinem
Kopf gegen die Klebkörper und nimmt so die Pollinien auf. Nach etlichen vergeblichen
Kopulationsversuchen klingt die Erregung ab und das schematische Reiz-Reaktions-Verhalten
endet. Der Hautflügler reibt sich an Kopf und Fühlern und biegt so die Pollenpakete etwas
1
2
D5 (S.140)
Werte für Dolchwespe Argogorytes spec. bei Fliegenragwurz (Ophrys insectifera) angegeben in C3 (S.108).
— 22 / 32 —
herunter, wodurch sie in eine für das Einführen in die Narbe der nächsten Blüte günstige
Position gebracht werden. Dann fliegt es weg.
Die stimulierenden taktilen Reize gehen im wesentlichen von den mechanischen Eigenschaften
der Behaarung, ihrer je nach Lippenregion unterschiedlichen Länge, Biegsamkeit, Spannkraft und
ihrer Strichrichtung, aus, welche mit dem Behaarungsmuster der Grabwespenweibchen im
wesentlichen übereinstimmen. Aber auch während der Pseudokopulation bedarf es wohl einer
weiteren olfaktorischen Stimulation; zumindest ist sie in ihrer Supernormalität für die oft
minutenlange Ausdauer der Männchen verantwortlich.
Damit eine Beziehung wie die zwischen den Ophrys-Arten und ihren Bestäubern sich entwickeln
und fortdauern kann, müssen gewisse äußere Bedingungen gewährleistet sein. so müssen die
Biotope der Pflanze und der bestäubenden Kerfe übereinstimmen, andere Blumen, welche den
Bestäubern Pollen und Nektar bieten, müssen vorhanden sein und es bedarf eines angeborenen
oder in der Umwelt lokalisierten Synchronisationsfaktors, denn bspw. müssen die Ragwurze ihre
Blüten entfalten, wenn die männlichen Bestäuber geschlüpft sind oder schlüpfen, ihre Weibchen
aber noch nicht. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, daß sich die Ragwurze ein
Merkmal des Lebenszyklus der als Bestäuber fungierenden Hymenopteren zunutze machen, daß
mir etwas rätselhaft erscheint. Und zwar schlüpfen bei diesen die Männchen geraume Zeit – etwa
einen Monat – vor den Weibchen, was als Proterandrie bezeichnet wird. Die Hauptblütezeit der
Ragwurze liegt nun erstreckt sich nun über diesen Zeitraum zwischen dem Schlüpfen der
Männchen und dem der Weibchen der Bestäuberart, so daß sie mit ihren Lockstoffen auf weiter
Flur konkurrenzlos dastehen. Aber auch nach dem Schlüpfen der Weibchen verirrt sich noch das
ein oder andere Hautflüglermännchen auf eine Ragwurzblüte, da die Düfte doch recht anziehend
wirken und die Zahl der Männchen die der Weibchen übersteigt. Warum aber die männlichen
Bestäuberhymenopteren viel eher Schlüpfen als ihre Weibchen, darauf vermag ich keine schlüssige
Antwort zu geben. Denn je später ein Männchen schlüpft, desto geringer wird die
Wahrscheinlichkeit, daß es stirbt, noch ehe es zur Paarung schreiten konnte. Dies sollte
eigentlich eine Synchronisation des Schlüpftermins von Männchen und Weibchen bewirkt haben.
— 23 / 32 —
Eine mögliche Erklärung könnte allerdings sein, daß es für die Eltern mit einer geringeren
Investition verbunden ist, wenn die Larvalzeit der Männchen kürzer ist, und aufgrund der
Überzahl der Männchen erscheint die Investition in weibliche Nachkommen aus
evolutionsbiologischer Perspektive rentabler.
Doch zurück zu den Blumen. Eine so enge Beziehung
wie zwischen die der Ragwurze zu ihren Bestäubern,
die natürlich einseitig ist, bedeutet aber neben einer
gewissen Bestäubungssicherheit vor allem auch eine
nahezu völlige Abhängigkeit der Orchideen von einem
oder wenigen Bestäuberarten. Wo diese fehlen, kann
im allgemeinen auch die Pflanze nicht gedeihen, da sie
nicht zur Fortpflanzung kommt; und überhaupt ist
ein solches Blume-Bestäuber-Verhältnis sehr
störanfällig. Allerdings gibt es einen Ausweg, den
beispielsweise die Bienenragwurz (Ophrys apifera) an
der
Nordund
Nordwestgrenze
ihres
Verbreitungsgebietes beschreitet: Sie geht fakultativ
zur Selbstbestäubung über. Wurden ihre Blüten von
keinem Pollinator besucht, so fallen die Pollenpakete
nach einiger Zeit aus ihren Staubfächern heraus. Sie
hängen dann an ihren bogig gekrümmten Stielen und
baumeln direkt vor der Narbe, ohne sie jedoch zu
berühren. Bereits etwa eine Stunde später hat sich das
Stielchen soweit herabgebogen, daß die Pollinien die
Narbe berühren – und die Autogamie ist vollzogen.
PSEUDOANTAGONISMUS
Dieser Bestäubungsmechanismus wird von Orchideen der Gattung Oncidium aus den
Küstengebieten Ecuadors berichtet. Als Bestäuber fungieren die männlichen Bienen der Gattung
Centris. Diese weisen ein ausgeprägtes Territorialverhalten auf: Sie errichten Reviere und suchen
durch Angriff und Stoßen alle anderen fliegenden Insekten, welche sich in dieses wagen, zu
vertreiben.
Die Blüten von Onicidium hängen in gebogenen Trauben , und die leiseste Windhauch läßt sie
tanzen. Geschieht dies im Revier einer Centris-Biene, so werden die Blüten von dieser attackiert,
obgleich die Blüten für das menschliche Auge keinerlei Ähnlichkeit mit einem Insekt aufweisen.
Hält die Brise an, so greift die Biene eine Blüte nach der anderen an. Dabei geht sie äußerst
präzis zu Werke; kaum einmal verfehlt die Biene eine Blüte. Bei ihren Attacken stößt die Biene
nur in die Blüte hinein, landet jedoch nie. Dies genügt jedoch, um die Viscidien samt der
anhängenden Pollinien an die Stirn (Frons), zwischen die Kompleaugen geklebt zu bekommen.
Sofort senkt sich daraufhin der Stipes und bringt so die Pollinien genau vor dem Kopf der Biene
— 24 / 32 —
in Position, so daß sie bei dem wahrscheinlich unmittelbar danach erfolgenden Angriff der
nächsten Blüte an deren Narbe abgegeben werden kann. Problematisch ist indes, daß diese
nächste Blüte mit außerordentlich großer Wahrscheinlichkeit der gleichen Pflanze zugehören
dürfte, und so zwar keine Selbstbestäubung im strengen Sinne stattfände, zumal auch die
verschiedenen Blüten einer Pflanze geringfügige mutationsbedingte Unterschiede in ihrem
Erbgut aufweisen dürften, doch eine Form von Inzucht läge auf jeden Fall vor.
Die Weibchen von Centris zeigen kein dem der Männchen gleichendes Verhalten, obgleich sie in
mit Heftigkeit auf Oncidium-Blüten reagieren. Vielmehr landen sie stets auf diesen und suchen
sich einen Weg in ihr Inneres zu bahnen. Auch wurden die weiblichen Centris am häufigsten auf
Blüten der Familie Malphigiaceae gesehen, welche vielen Arten von Oncidium in Farbe und Form
ähneln. Merkwürdig ist auch, daß männliche Centris beobachtet wurden, welche augenscheinlich
ihr Terriorium auf die Infloreszenzen von Oncidium zentriert hatten.1 Möglicherweise harren sie
dort auf Weibchen, wenngleich sie dann vielmehr noch bei den Malphigiaceae zu finden sein
müßten, und die Angriffsflüge vielleicht weniger auf Vertreibung denn auf Paarung ausgerichtet
wären.2
PSEUDOPARASITISMUS
1946 wurde von Fordham berichtet, daß die Dolchwespe Campsomeris tasmaniensis auf dem
haarigen Labellum von Calochilus campestris Stechbewegungen vollführt hätte, die denen glichen,
welche weibliche Dolchwespen zeigen, wenn sie ihre Eier auf oder in Larven anderer Insekten
legen, von denen sich die Larven der Dolchwespen dann endoparasitisch ernähren.3
Doch ist unklar, ob es sich bei dem beobachteten Tier überhaupt um ein Weibchen gehandelt
hat, und so bleibt es mehr als unsicher, ob dieser Bestäubungsmechanismus bei Orchideen
vorkommt. Im übrigen könnte es sich bei jener Beobachtung, war das Tier männlichen
Geschlechtes, auch um einen weiteren Fall von Pseudokopulation handeln.
Allerdings wurden bei anderen Pflanzenfamilien ähnliche Mechanismen gefunden, welche auf dem
Eiablageverhalten der Bestäuber beruhten. Dabei handelt es sich entweder um reinen Betrug oder
um symbiotisch Beziehungen, bei denen sich die Larven der Bestäuber in den verblühten
Blütenteilen entwickeln.
1
D5 (S.141f.)
Dies ist nur eine ungestützte Hypothese. Insbesondere fehlt mir auch jegliche Informationen über das Verhalten
von männlichen gegenüber weiblichen Centris, wenn diese in ihr Revier eindringen.
3
D5 (S.142)
2
— 25 / 32 —
Die Evolution der Orchideenblüte
Die Orchideen weisen in Bau wie Lebensweise eine ganze Reihe außergewöhnlicher oder doch
zumindest sehr eigentümlicher Einrichtungen auf., wie bspw. Gynostemium, Mykorrhiza,
Pollinie, endospermlose Samen und so weiter. Dabei scheinen sich diese Merkmale gegenseitig zu
bedingen; es fällt schwer, eines zu benennen, welches mit einiger Berechtigung an den Anfang der
Entwicklung gestellt werden könnte.
So werfen wir einen Blick auf die ursprünglichsten der heute lebenden Orchideenartigen. Diese
finden wir in der Familie der Apostasiaceae, insbesondere in der von Hinterindien bis Neuguinea
verbreiteten Gattung Neuwiedia. Ihre Vertreter sind wenige Decimeter hohe Erdbewohner mit
einem dünnen Rhizom. Ihre kleinen, traubig angeordneten Blüten sind noch weitgehend
radiärsymmetrisch, nur schwach ist eines der sechs Perigonblätter als Lippe zu erahnen. Auch
Pollinien sind noch keine ausgebildet, vielmehr werden die Bestäuber mit dem mehligen Pollen
bepudert. Den Samen, welche eine feste Schale besitzen, fehlt das bei den meisten Orchideen
vorhandene aufgeblasene zweite Integument. Ob bei ihnen eine Mykorrhiza vorkommt, ist
bislang unbekannt. So fehlen ihnen fast alle für die Orchideen typischen Merkmale, bis auf zwei:
Die Zahl der Staubblätter ist von sechs wie bei ursprünglichen Lilienartigen auf drei reduziert,
und diese sind mit dem Griffel teilweise zu einer Säule verwachsen.1
Legten also die Reduktion der Staubblätter und ihre Verwachsung mit dem Griffel den
Grundstein für die weitere Evolution und Radiation der Orchideen? Dies mutet etwas seltsam
an. Denn eine Verminderung der Zahl der Stamina dürfte nur einen nennenswerten Effekt haben,
wenn sie auch mit einer Reduktion der Zahl produzierter Pollen verbunden ist. Dann allerdings
sinkt mit ihr der Aufwand für die Pollenproduktion pro Blüte, wobei die freiwerdenden
Ressourcen bspw. in eine größere Zahl an Blüten oder aber in vegetative Organe investiert
werden können. Zugleich aber schwindet die Wahrscheinlichkeit, daß Pollen aus dieser Blüte auf
eine andere übertragen wird. Darum kann eigentlich eine solche Entwicklung nur begünstigt sein,
wenn die Bestäubungssicherheit erhöht ist. Doch die Blütenform, die ja noch nicht nennenswert
zygomorph ist, sondern fast radiärsymmetrisch, deutet bei Neuwiedia nicht darauf hin. Und in der
zweiten Neuerung, der Verschmelzung von Androeceum und Gynoeceum zu einem
Gynostemium, läßt sich, in dem sich bei Neuwiedia zeigenden Anfangsstadium, kein derartiger
Nutzen erkennen. Möglicherweise sendet aber Neuwiedia spezifische olfaktorische Reize aus,
welche die Bestäubung sicherzustellen helfen, bekannt ist mir darüber indes nichts.
Weniger geheimnisumwoben als ihr Ursprung erscheint die weitere Entwicklung der Orchideen.
In vieler Hinsicht kann man sie sich sicherlich unter anderem durch stete, sich gegenseitig
verstärkende
Wechselwirkung
bestimmter
Merkmale
getrieben,
ähnlich
einem
Selbstorganisationsprozeß vorstellen. Zum Beispiel: Sind viele Samenanlagen in einer Pflanze
vorhanden, erzielen diejenigen pollenspendenden Individuen die meisten Nachkommen, welche
den meisten Pollen auf andere Pflanzen zu bringen verstehen (wobei die Anzahl der
1
Der Umstand, das alle rezenten Orchideenartigen eine Säule besitzen, ist auch der Hauptgrund, warum sie oft
allesamt in eine Familie gestellt werden. Vgl. D8 (S.420).
— 26 / 32 —
Samenanlagen als Obergrenze nivellierend wirkt, d.h. es lohnt sich zunächst nicht, mehr Pollen
auf die Narbe einer anderen Pflanze zu übertragen, als in ihr Samenanlagen vorhanden sind).
Dadurch gelange Individuen zu mehr Nachkommen, welche ihren Pollen den Bestäubern in
Paketen übergeben, womit sich auch die Erbanlagen für diese Eigenschaft ausbreiten. Wenn mehr
Pollen mit einem Schlag übertragen werden, haben wiederum auch die Pflanzen, welche
mindestens so viele Samenanlagen wie empfangene Pollenkörner, die ja auch unter Umständen
von mehreren anderen Pflanzen stammen können, im Gynoeceum aufweisen, eine höhere
Nachkommenzahl, zumindest in Form von Samen, als solche welche aufgrund weniger
Samenanlagen den Pollen nicht voll ausnutzen können. So könnten sich die Herausbildung von
Pollinien und die Vermehrung der Samenanlagen gegenseitig gesteigert haben. Problematisch
erscheint allerdings die mit Samenanlagenvermehrung verbundene Reduktion der Samengröße,
durch die die Vermehrung der Samenzahl auf Kosten der Entwicklungsfähigkeit des einzelnen
Samens und damit des Anteils der keimenden an der Gesamtzahl der Samen ging. Allerdings ist
im Samen gewissermaßen eine Option auf die Zukunft angelegt: Er kann sehr lange
keimungsfähig bleiben und mithin auf günstige Bedingungen warten. Dies mag den Erfolg der
Strategie begründet haben.
Ein ähnliches evolutives Wechselspiel mag der Koevolution von Blüten und Bestäubern, wie es
sich beispielhaft bei Kolibris oder Schwärmern und den an sie angepaßten Blüten zeigt, zugrunde
gelegen haben. Un es ist auch gar nicht so schwer, sich die Evolution von Trugblumen, wie den
Ragwurzen, vorzustellen. Bei dieser Entwicklung standen sicherlich von der Blüte ausgehende
Geruchsreize am Anfang. Einzelne Blüte einer ursprünglichen Art, die vielleicht bereits vorher
ihre Bestäuber durch Täuschung lockte, oder aber auch Nektar anbot, produzierten Duftstoffe,
welche den Sexualpheromonen bestimmter Hymenopterenweibchen ähnelten. Gelegentlich
verirrten sich Männchen der Hautflügler in Erwartung eines Weibchens auf die Blüten, wobei sie
Blüten umso häufiger aufsuchten, je ähnlicher deren Geruch dem der Weibchen war, und je
ähnlicher die Blüten den Weibchen sahen, da sie sonst häufiger bereits vor der Landung ihren
Irrtum erkannten. Dies hatte zur Folge, daß sie Pollen bevorzugt von zwischen den Blüten
übertrugen, welche die weiblichen Sexualpheromone und die äußere Erscheinung der Weibchen
am überzeugendsten nachahmten. Mithin selektierte sich eine Entwicklungslinie hin zu immer
verfeinerterer Imitation jener Duftstoffe und der Blütengestalt heraus. Doch damit Pollen
übertragen werden konnte, mußte er erst einmal am Überträger befestigt werden, wozu die
Hautflügler mit der Säule in Berührung kommen mußten. Dies wurde begünstigt, wenn sie sich
lange auf der Blüte aufhielten, sofern sie auch in deren Mitte gelangten. Nun kann man sich
vorstellen, daß zufällig das ein oder andere Männchen, betört von dem olfaktorischen Stimulus,
versuchte, die Kopulation einzuleiten, und dabei beispielsweise mit dem Kopf an die Viscidien
stieß. Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Verhalten ist umso höher, je ähnlicher die von der
Blüte ausgehenden Reize denen der Weibchen sind, welche bei den Männchen die Kopulation
stimulieren. Dies führte zu einer Selektion der Blüten auch hinsichtlich der
Oberflächenbeschaffenheit, wie z.B. ihrer Behaarung. So läßt sich eigentlich recht einfach ein
plausibles graduelles Szenario schaffen, welches die Entwicklung der Pseudokopulation darstellt.
— 27 / 32 —
Im Gegensatz zu dem anderen Szenario handelt es sich hier, in der dargestellten Form, nicht um
eine Koevolution, d.h. ich gehe davon aus, daß die Entstehung der Pseudokopulation als
Bestäubungsstrategie sich auf die als Bestäuber dienenden Hautflügler weitgehend neutral, und in
der Tendenz für die irregeleiteten Individuen eher negativ als positiv, auswirkt. Mithin handelt es
sich um eine einseige Anpassung, bei der die Hautflügler mit ihren Sinnesleistungen als nicht
(oder schwach negativ) rückgekoppelte Selektionsfaktoren wirken. Auch muß für das
geschilderte Szenario postuliert werden, daß sich die männlichen Hautflügler oder die
entsprechenden Hautflüglerarten überhaupt gegenüber den Ursprungsarten der Pflanzen wie den
Blüten der mimetischen Pflanzen jenseits der Pseudokopulation indifferent verhalten. Denn
hätten sie nicht nur die Blüten der Ursprungsart aufgesucht, welche sie für Weibchen hielten,
sondern auch andere, bspw. um Nektar zu suchen, hätte jene Evolution zur Pseudokopulation
nicht stattfinden können.
So phantastisch die Pseudokopulation auch anmutet, ihr Ursprung ist sicher nicht im Himmel
zu suchen1, sondern läßt sich offenkundig recht unschwer plausibel erklären. Rätselhaft dagegen
bleibt, wie sich die Orchideen herauszudifferenzieren begannen; was genau den Grundstein zu
ihrem eigentümlichen Merkmalskomplex, ihrer heutigen Mannigfaltigkeit und mithin ihrem
nicht geringen evolutiven Erfolg2 gelegt hat.
1
D5 (S.140): „Pseudocopulation, therefore, has not „fallen out heaven“ as a whole, as is often poetically stated.“
Wobei „evolutiver Erfolg“ ein sehr fragwürdiger Begriff ist, da man ihn mit Individuenzahl, Artenzahl etc. und
mithin mit völlig verschiedenen Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit eines Art oder Variabilität eines
Grundbauplans in Verbindung bringen kann.
2
— 28 / 32 —
— 29 / 32 —
BIBLIOGRAPHIE
BIOLOGIE
(A1)
(A2)
(A3)
ALLGEMEIN
Das große Buch des Allgemeinwissens - Natur (Stuttgart 1996)
HERDER-Lexikon der Biologie (Freiburg 1983 ff.)
VOGEL, G., ANGERMANN, H.: dtv-Atlas zur Biologie(München 1984 [1995,1996])
ALLGEMEINE BOTANIK
Umfassende Werke
(B1)
(B2)
(B3)
(B4)
(B5)
LÜTTGE, U.; KLUGE, M.; BAUER, G.: Botanik
(Weinheim 1999)
OBERDORFER, E. : Pflanzensoziologische Exkursionsflora (1979)
STICHMANN, W. & STICHMANN-MARNY, U. : Der neue Kosmos Pflanzenführer (Stuttgart
1999)
SITTE, P.; ZIEGLER,H.; EHRENDORFER, F.; BRESINSKY, A.: Strasburger - Lehrbuch der
Botanik für Hochschulen (Stuttgart 1998)
VOGELLEHNER, D.: Morphologie
und
Systematik
der
Kormophyten
mit
Bestimmungsübungen (Freiburg 2000)
Blütenökologie
(C1) BARRETT, S.C.H.: Mimikry bei Pflanzen
in: Signale und Kommunikation (Heidelberg 1993)
(C2) BARTH, F.G.:Biologie einer Begegnung (Stuttgart 1982)
(C3) BERTSCH, A.: Blüten – lockende Signale (Ravensburg 1975)
(C4) HESS, D.:Die Blüte
(Stuttgart 1983)
(C5) KUGLER, H.: Einführung in die Blütenökologie
(C6) ZIZKA, G. & SCHNECKENBURGER, S. (Hrsg.): Blütenökologie – faszinierendes Miteinander
von Pflanzen und Tieren (Frankfurt a.M. 1999)
— 30 / 32 —
SPEZIELLE BOTANIK
Orchidaceae
(D1) BARTHEL, P.H.: Orchideen – erkennen und schützen (Stuttgart 1993)
(D2) BUTTLER, K.P.: Orchideen (München 1986, 1996)
(D3) DRESSLER, R.L.: Die Orchideen (Stuttgart 1987)
(D4) NILSSON, S.; MOSSBERG, B.: Orchideen Mittel- und Nordeuropas (Stuttgart 1987)
(D5) VAN DER PIJL, L. & DODSON, C.H.: Orchid Flowers – Their Pollination and Evolution
(Miami 1969)
(D6) PRESSER, H.: Die Orchideen Mitteleuropas und der Alpen (Landsberg 1995)
(D7) SAUER, F.: Orchideen Europas – nach Farbfotos erkannt (Karlsfeld)
(D8) URANIA- Pflanzenreich. Blütenpflanzen 2
(Leipzig, Jena, Berlin 1994)
Araceae
(E1)
(E2)
KRAUSE, D. & WERTHMÜLLER, K. (1991): Der gefleckte Aronstab. Morphologie, Anatomie
und Blühmechanismus von Arum Maculatum. Mikrokosmos 80,238-0
SCHULTE, H. (1969): Die Infloreszenskolben von Arum Maculatum. Ber. Dt. Bot. Ges.
82,643-650
— 31 / 32 —
Herunterladen