Hazrat Mirza Bashir-ud-Din Mahmood Ahmad Licht auf das Weltgeschehen Die Sure Al-Qaf (Übersetzung und Kommentar) VERLAG DER ISLAM 2005 Die Bedeutung der 18. Sure Das 18. Kapitel des Qur-ân, Sura Al-Kahf befasst sich ausdrücklich mit den christlichen Völkern unserer Zeit. Es enthält Prophezeiungen über die Zerstörung der mächtigen Nationen, wie Gog und Magog, und über die Zerstörungen der falschen Propaganda gegen den Islam. Der Prophet Muhammad sagte: „Wer die zehn ersten und zehn letzten Verse dieser Sura auswendig lernt, der wird vor dem bösen Einfluss des Dajjal, Antichrist, immun bleiben.” Dies ist ein Hinweis auf den Inhalt auf den Inhalt der Sura, die sich besonders der Lehrsätze des Christentums annimmt und jene Lehren widerlegt, die Jesus zu Unrecht zugeschrieben werden. Die Muslime werden in dieser Sura davor gewarnt, sich in die Fußstapfen der Juden zu begeben und somit Gottes Zorn und Missfallen auf sich zu laden. Ferner wird die Lage der heutigen muslimischen Völker geschildert und festgestellt, warum Gott ihnen die Warnung gab. Die Sura befasst sich sodann mit dem Aufstieg und Niedergang der christlichen Völker und auch mit der kläglichen Lage der Muslime, die sich aus eigenem Verschulden das Missfallen Gottes auf sich luden. Die Sura geht auf die Geschichte der Frühchristen zurück, da sie die wahren Empfänger und Erhalter der Botschaft Christi waren und Gottes Wohlgefallen gefunden hatten. Die „Gefährten in der Höhle“ (Vers 10) sind die Frühchristen, die unsägliche Verfolgungen erleiden mussten ihres Glaubens willen. Die Juden hatten bereits vor dem Erscheinen des Propheten Muhammad den rechten Weg verlassen, und ihr frevelhaftes Benehmen hatte Gottes Missfallen nach sich gezogen. Dann kamen die Christen an die Reihe. Sie waren Empfänger der Gnaden Gottes, aber nur so lange, als sie auf dem rechten Weg blieben. Ihre Nachkommen jedoch erwiesen sich nicht mehr der Gnade Gottes würdig, und so verloren sie ihren ehrenvollen Platz bei Gott, den die Frühchristen dank ihres Glaubens und ihrer Gottesfürchtigkeit und Frömmigkeit genossen hatten. Die „zwei Gärten” (Vers 33) beziehen sich auf diese Lage. Der erste „Garten” könnte die Periode der Wohlhabenheit des jüdischen Volkes, der zweite die Periode des Fortschritts der christlichen Völker darstellen, oder aber die beiden „Gärten” könnten sich auf die zwei Epochen der christlichen Völker beziehen, die eine während der Zeit des Propheten und die andere in unserer Zeit. Zwei Epochen des Christentums Die Sura spricht sodann von dem Missbrauch der „Gärten” durch die Nachkommen Israels, die die Gnaden nicht als solche betrachteten, sondern ihre Wohlhabenheit ihrem eigenen Verdienst zuschreiben und Gott in den Hintergrund stellen wollten und auf ihre Brüder, die Ismaeliten – die muslimischen Völker –, verächtlich herabblickten. Gott hörte die Bitte dieser Verlassenen und gab ihnen noch bessere und größere Gärten, als Er den Juden und den Christen gegeben hatte. Aber auch die Ismaeliten als Erben der göttlichen Gnade und Wohltaten würden mit der Zeit vom Pfade der Rechtschaffenheit abweichen und sich das Missfallen Gottes zuziehen. Gott würde sie strafen durch die Hände der christlichen Völker – eine wohlverdiente Demütigung für die Missachtung der göttliche Gnaden. Die verderbten „Anhänger des Islam” hätten die Züchtigung durch Gog und Magog zu erleiden, die sich dereinst über die ganze Erde ausbreiten und sie beherrschen würden. Gog und Magog lebten selbst zu der Zeit des Propheten, aber sie waren in einem Zustand des Schlafes. Die Sura erwähnt die Gründe, warum diese Völker von ihrer weltweiten Ausbreitung und Beherrschung abgehalten waren. Die Sura nennt einen Dhul-Qarnän (Vers 84), der diesen Völkern im Wege stehen sollte. Damit wirft sie Licht auf die materielle und geistige Entwicklung der christlichen Völker sowohl während der ersten Periode ihrer Geschichte als auch in der letzten Zeit, in der Macht, Wohlhabenheit und materieller Fortschritt sie vom Pfade der Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit abweichen lassen würden. Die „Gefährten in der Höhle” sind die Frühchristen während ihrer Periode der Schwäche, und die Namen Gog und Magog stellen sie in ihrer Blüte während unserer Zeit dar. Sie sind eigentlich keine wahren Christen, da sie dem wahren Geist ihres Glaubens fremd sind. Die Sura schließt mit einer Zusicherung an die Muslime, dass Gott die Kräfte der Religionslosigkeit, die durch Gog und Magog losgelassen werden, zerbrechen und für die Befreiung der Muslime durch einen zweiten Dhul-Qarnän sorgen wird. Kurzum, die Sura spricht von zwei Epochen des Christentums. In der ersten Epoche führten die Christen ein Leben nach Grundsätzen der Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, und in der zweiten Epoche gaben sie sich ausschließlich der Suche des materiellen Wohls und der irdischen Güter hin. Zwischen diesen beiden Epochen der geistigen Glorie der Christen und ihres Niedergangs wurde die Satzung des Islam eingeführt; und als selbst die Muslime den rechten Pfad der Gottesfürchtigkeit und Tugend aufgaben, wurde ihre politische Macht durch die christlichen Völker verfinstert. Später jedoch würde der Islam wieder unversehrt aufgehen. Unsere Zeit ist die für diese Wiederbelebung des Islam bestimmte Zeit. Die zehn ersten Verse dieser Sura, deren Lektüre der Prophet besonders empfahl, sprechen von einem Volk, das behauptet, Gott habe Sich einen Sohn genommen, die letzten zehn Verse von Völkern, die ihre ganze Zeit, Energie und Mühe zur Erwerbung der materiellen Güter hingeben und von ihren Erfindungen und Entdeckungen derart eingenommen sind, dass sie glauben, sie könnten sogar das Geheimnis der Schöpfung ergründen. Aber je größer ihre Erfindungen und Entdeckungen, desto gewisser wird ihre Erkenntnis, dass die Geheimnisse der Natur und die Werke und Wunder Gottes kein Ende nehmen. Wie treffend ist diese Beschreibung unserer Zeit! Die Sura nimmt gewissermaßen den Kommentar über die Ideen und den falschen Ehrgeiz der heutigen Völker vorweg. Die zehn ersten und die zehn letzten Verse sind eine Anklageschrift gegen die falschen Lehrsätze des heutigen christlichen Glaubens, wie z.B. das Dogma des Gottessohnes usw., aber auch gegen ihre materialistischen Neigungen. In Anbetracht der außerordentlichen Bedeutung, die dieser Sura des Qur-ân heute zukommt, wollen wir sie ausführlich behandeln und den Inhalt Vers für Vers studieren. Dann werden wir erkennen, wie großartig ihre Prophezeiungen sind, wie großartig ihre Erfüllung ist. Zwei Warnungen Es folgt eine Behandlung der 18. Sura des Qur-ân (Al-Kahf). Kahf heißt Höhle, und der Name der Sura geht auf die Leute in der Höhle – As-hâb-ul-Kahf (Vers 10) zurück. Der Erläuterungen der Verse lassen wir jeweils deren wörtliche Übersetzung vorausgehen: 1. Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen. 2. Aller Preis gehört Allah, Der zu Seinem Diener das Buch herabsandte und nichts Krummes darein legte – 1 3. Als Wegweiser , damit es strenge Strafe von Ihm androhe und den Gläubigen, die gute Werke tun, die frohe Botschaft bringe, dass ihnen ein schöner Lohn wird, 4. Worin sie weilen werden immerdar; 5. Und damit es jene warne, die da sagen: „Allah habe Sich einen Sohn beigesellt.” Das arabische Wort Qayyim (Wegweiser) im Vers 3 benennt die doppelte Funktion des Qur-ân: Er wacht über die früheren Schriften, indem er die Irrtümer und Fehler, die sich mit der Zeit in die alten Lehren eingeschlichen hatten, ans Licht bringt, und er wacht über die kommenden Generationen, indem er für den geistigen Fortschritt aller Völker sorgt und ihnen zur Erreichung ihres letzten Lebensziels verhilft. Es ist bemerkenswert, dass der Qur-ân zunächst von einer Warnung spricht (Vers 3), dann von einer frohen Botschaft, und abermals von einer Warnung (V. 5). Die Warnungen und die Verheißung beziehen sich auf drei wichtige Perioden der Geschichte des Islam. Die erste Warnung gilt den Ungläubigen Mekkas zur Zeit des Propheten, die in der Tat für ihre feindseligen Handlungen gegen die Muslime büßen mussten. Der schöne Lohn wurde den Muslimen verheißen, denen nach der Niederlage ihrer Feinde die Gnaden Gottes zuteil wurden; und diesen Lohn durften die Muslime für eine lange Zeit genießen, so lange, als sie die Bedingungen dieses Lohnes erfüllten: gute Werke tun. Ihre Macht und ihr Prestige in der Welt dauerten gerade so lange, als sie den Lehren des Qur-ân getreu handelten und der Welt Sicherheit und Frieden schenkten. Die zweite Warnung (V. 5) gilt den christlichen Völkern, die nach dem Untergang der muslimischen Völker zur Macht und Glorie gelangen sollten. Dass es sich um die christlichen Völker handelt, geht hervor aus den Worten, die da sagen, Allah habe Sich einen Sohn beigesellt. Die Strafe für die Missetaten der Völker der letzten Zeit, die der Vers 5 androht, wird ebenfalls kommen, wie die zwei anderen Prophezeiungen über die Vernichtung der früheren Feinde des Islam in Arabien und den Aufstieg der Muslime in Erfüllung gegangen sind. Die Anzeichen dieser kommenden Strafe sind heute jedem klar und dürfen nicht übersehen werden. 1 Auch: Wächter „Sohn Gottes” 6. Sie haben keinerlei Kenntnis davon, noch hatten es ihre Väter. Groß ist das Wort, das aus ihrem Munde kommt. Sie sprechen nichts als Lüge. Die Behauptung, Gott habe Sich einen Sohn genommen, ist ein großes Wort, da es der menschlichen Natur widerspricht, dem Intellekt zuwiderläuft und in den Augen Gottes Blasphemie ist. Es kommt der Beleidigung des menschlichen Verstandes gleich, zu behaupten, ein schwacher und hilfloser Mensch sei Gott oder Sohn Gottes. Irregeführte und verleitete Kirchenführer waren es, die diesen Lehrsatz erfanden, und kein Jota Sinn oder Verstand erhärtet ihn. Obwohl sie sich der Tatsache völlig bewusst waren, dass die Jünger Jesu sowie die Frühchristen strikte an die Einheit Gottes glaubten, haben sie sich nicht gescheut, von diesem geraden Wege abzuweichen. Den nachkommenden Christen nützte weder die schöne Lehre des Islam über die Einheit Gottes noch der Glaube ihrer eigenen Väter. Sie fuhren fort, auf diesem Lehrsatz zu bestehen und ohne irgendwelchen Sinn einem Irdischen Gottheit zuzuschreiben. Der Qur-ân zeigt, dass Jesus nicht lehrte, er sei Gott oder Sohn Gottes. Tatsache ist, dass dieser seltsame Lehrsatz nicht einmal in den Evangelien dokumentiert wird. Die Bibel hat wohl den Ausdruck „Sohn Gottes” gebraucht in Bezug auf Jesus, aber er ist nicht der einzige gewesen, der so genannt wurde. Als Beispiel kann man anführen (2. Mose 4:22): „So spricht Jehova: Mein Sohn, mein erstgeborener, ist Israel.” (Siehe auch 1. Moses 6:2, Joh. 10:35, usw.) 7. So wirst du dich vielleicht noch zu Tode grämen aus Kummer über sie, wenn sie dieser Rede nicht glauben. Dass hier die Rede von den christlichen Völkern ist, liegt auf der Hand. Der Prophet hatte große Besorgnis ihretwegen, und sein Kummer über ihre Lage, da sie einem fürchterlichen Glaubensfehler anheim gefallen waren, und seine Sorge um ihr geistiges Wohl hätten ihn beinahe getötet. Aber welch eine Undankbarkeit! Dieselben Völker, um derentwegen er äußerst besorgt war, fanden es angebracht, ihn zur Zielscheibe des Hohnes und der Beschimpfung zu machen. Nie wurde selbstlose Liebe und Güte so schlecht bezahlt! Völker, so weit fortgeschritten in Naturwissenschaften und Technik, wären in Glau- benssachen so zurückgeblieben und rückständig? Zweck des Lebens 8. Siehe, Wir schufen alles, was auf Erden ist, zu einem Schmuck für sie, auf dass Wir sie prüfen, wer unter ihnen der Beste im Wirken ist. Der Vers weist auf die wissenschaftlich grundlegende Tatsache hin, dass nichts in diesem Universum ohne Zweck und ohne Nutzen geschaffen wurde. Alles, was Gott geschaffen hat, trägt zur Schönheit des menschlichen Lebens bei; es gibt nichts, das nicht ein Körnchen Gutes enthielte. Die Muslime haben diese großartige Wahrheit vergessen, die christlichen Völker unserer Zeiten aber haben sie verstanden und sich in die Naturgeheimnisse vertieft, um sich die großen Eigenschaften der Elemente zunutzen zu machen. So wurden die westlichen Völker zu den fortschrittlichsten Völkern der Erde. Es ist jedoch zu bedauern, dass sie nur einen Teil dieser Lehre verstanden haben; den andern haben auch sie übersehen, nämlich die Worte auf dass Wir sie prüfen, wer unter ihnen der Beste im Wirken ist. Ohne Zweifel haben sie Fortschritte in Wissen und Naturwissenschaften gemacht – hat das alles aber auch zur Besserung des Menschen und damit zum friedlichen Verhalten beigetragen? Zwar wird im Westen das Individuum geachtet und im allgemeinen gut behandelt, doch sitzt der Respekt vor dem Menschen nicht tief genug, um einen entsprechenden Einfluss auf die Beziehungen zu anderen Völkern auszuüben. So haben Wissen und Fortschritt nicht nur nicht den Frieden gebracht, sondern im Gegenteil dazu beigetragen, das Leben erbärmlich zu machen. 9. Und siehe, Wir werden alles, was auf ihr ist, in dürren Wüstenstaub verwandeln. Alles auf der Welt ist vergänglich. Wenn die Menschen die Gaben der Natur nicht einem höheren Ziel zuzuführen verstehen, dann bleibt nicht anderes übrig, als sie zu vernichten. Die Erfindungen und Entdeckungen, die die Welt hätten zu einem Paradies machen lassen sollen, werden leider zu selbstsüchtigen Zwecken der Zerstörung anderer angewendet und nicht in den Dient der Menschheit im allgemeinen gestellt. Also erfüllen sie nicht den Zweck, als Schmuck des menschlichen Lebens und der Erde zu werden. Daher sollen die Werke dieser Völker, die nicht wissen, wie mit den Naturgaben umzugehen, zunichte gemacht werden. Man darf diesen Vers nicht dahin auslegen, dass alles ohne Ausnahme vernichtet werden soll. Es handelt sich nur um das, was missbraucht wurde. Die „Gefährten der Höhle” 10. Meinst du wohl, die Gefährten in der Höhle und der Inschrift seien ein Wunder unter Unseren Zeichen? Die große Frage, wer sind die Gefährten in der Höhle, hat viele Kommentatoren seit Jahrhunderten beschäftigt. Von den verschiedenen Überlieferungen, die Licht auf diese Frage werfen, greifen wir die wichtigsten heraus. Ibn Ishâq, der große Historiker, erzählt von jenen Frühchristen, die allen Verfolgungen durch den Kaiser Decius zum Trotz ihren Glauben an den einigen und einzigen Gott hochhielten und von Kummer und Sorge erfüllt waren über das Schwanken ihrer weniger beständigen Glaubensbrüder. Diesen Unerschütterlichen nun setzte Decius eine Frist, ihren monotheistischen Glaubenssatz preiszugeben, und begab sich auf eine Reise. Als er zurückkehrte, hatten die widerspenstigen Christen Zuflucht in einer Höhle gesucht. Nun befahl der Kaiser, die jungen Leute vor seinen Thron zu führen. In ihrer Todesnot begannen die Christen in der Höhle zu beten und versanken schließlich in tiefen Schlaf. Des Kaisers Leute fanden zwar die Höhle, doch wagte sich niemand hinein. Da ließ der Kaiser den Eingang vermauern und versiegeln. In einer anderen Erzählung kommt ein Jünger Jesu in eine Stadt, deren Herrscher von jedem Neuankömmling verlangte, sich vor dem Götzenbild beim Stadteingang niederzuwerfen. Der Jünger weigert sich, den Götzen anzubeten, und beginnt gegen den Götzendienst zu predigen, so dass viele Leute seine Botschaft annehmen. In der nun einsetzenden Verfolgung müssen die Christen Zuflucht in einer Höhle nehmen. Ähnliches wird in anderen Überlieferungen berichtet. Auch die Erzählung von Gibbon über die „Sieben Schlafenden” liefert einen wichtigen Anhaltspunkt, der das Geheimnis über die Gefährten der Höhle zu lüften hilft. Er schreibt: Als der Kaiser Decius die Christen verfolgte, versteckten sich sieben junge Leute des Adels von Ephesus in einer geräumigen Berghöhle. Der Tyrann ließ den Höhleneingang durch eine Menge von Steinen versiegeln, auf das die Insassen zugrundegingen. Die Jünglinge fielen in einen langen, tiefen Schlaf, der 187 Jahre dauerte. Nach dieser Zeit kamen Arbeiter des Adolius, dem der Berg gehörte, und entfernten die Steine vor dem Höhleneingang. Die Jünglinge, vom Sonnenschein geweckt, glaubten nichts anderes, als dass sie wenige Stunden geschlafen hätten. Sie hatten Hunger und schickten Jamblichus in die Stadt, um Brot zu kaufen. Dieser aber fand sich in dem veränderten Land nicht zurecht. Alles war ihm fremd, und er wunderte sich ob des großen Kreuzes auf dem Haupttor von Ephesus. Seine Sprache und seine Tracht fielen dem Bäcker auf, dem er eine uralte Münze aus der Zeit des Kaisers Decius in Zahlung geben wollte. Eine Untersuchung brachte das wunderbare Geschehen an den Tag. Der Bischof von Ephesus, die Priester, die Richter, das Publikum und sogar der Kaiser Theodosius eilten zur Höhle der Sieben Schlafenden, um ihren Segen zu empfangen. Kaum dass die Jünglinge ihre Geschichte erzählt hatten, starben sie eines sanften Todes. Auch wenn uns Heutigen solche Überlieferungen als Legenden im Ohr klingen, die eher malerischer Poesie und frommer Gesinnung entsprangen als nachweisbarem historischem Geschehen, so können wir den tiefer strömenden Quell der Wahrheit doch nicht überhören. Die verfolgten Frühchristen Die Geschichte der Sieben Bewohner der Höhle symbolisiert die Geschichte der frühen Verfolgungen und den darauf folgenden Aufstieg und die Verbreitung des Christentums. Unsere Forschung zeigt, dass die Katakomben in Rom der Standort der „Höhle” waren, und ein Studium der frühen Geschichte des Christentums verleiht dieser Annahme Gewicht. Die Beschreibung der Bewohner der Höhle durch Ibn Ishâq und andere Historiker erhärtet das Ergebnis unserer Forschung. Folgende Tatsachen lassen sich aus den Erzählungen erkennen: 1. Die Frühchristen glaubten fest an die Einheit Gottes. Für ihren Glauben erlitten sie große Verfolgungen. 2. Zur Zeit des Kaisers Decius flüchteten sich einige Frühchristen in eine Höhle. 3. Die Verfolger waren Anhänger der Vielgötterei und wollten die Frühchristen zum Götzendienst zwingen. 4. Die jungen „Gefährten der Höhle” kamen aus der Höhle heraus zur Zeit eines Herrschers, der Nandusis oder, nach Gibbon, Theodosius hieß. Die Verfolgungen hatten bereits ihren Anfang genommen während der Zeit des verruchten Kaisers Nero, der Rom in Brand gesteckt und dazu die Laute gespielt haben soll. Nach Tacitus hat Nero die Christen grausamen Folterungen ausgesetzt, um die Schuld am Brand von Rom auf sie abzuwälzen. Er ließ sie aufhängen, verbrennen und hungrigen Hunden vorwerfen. Auch Petrus soll durch diesen grausamen Kaiser den Tod gefunden haben. Die Reliquien von Petrus und Paulus wurden im Jahre 258 in die Katakombe überführt. Unter den Grabmälern, die in der letzten Zeit in den Katakomben aufgedeckt worden sind, sind einige von den Jüngeren, deren Namen in den Evangelien Erwähnung finden und mit denen Petrus gelebt haben soll. (Vgl. Encyclopaedia Britannica, Everyman’s Encyclopaedia, und Gibbons Roman Empire unter Peter, Catacombs and Nero, sowie Story of Rome von Norwood Young.) Die Verfolgung dauerte während der Herrschaft von Domitian fort. Es waren aber nicht nur die Tyrannen wie Nero und Domitian, die die Christen verfolgten, sondern auch andere „große und gute” Fürsten wie Trajan und Marcus Aurelius, die die harmlosen Gläubigen mit Tod, Exil und Gefängnis bestraften. Nach einer 40jährigen Pause wurde die Verfolgung unter Kaiser Decius wieder aufgenommen und erreichte einen neuen Höhepunkt. Decius wollte die Religion und die Institutionen des alten Roms wieder herstellen, und zu diesem Zweck begann er eine systematische Ausrottung der Christenheit. Die Verordnungen des Diokletian im Jahre 303 jedoch überschritten alle bisherigen Maßnahmen. Die Kirchen wurden in allen Provinzen des Reiches heruntergerissen, die heiligen Schriften öffentlich verbrannt und das Vermögen der Kirche beschlagnahmt. Den Christen wurde der Staatsschutz verweigert. (Siehe Roman Empire von Gibbon.) Die hilflosen Christen mussten irgendwo Zuflucht suchen, um den grausamen und unmenschlichen Verfolgungen zu entrinnen. Eine nä- here Betrachtung der Katakomben (im Qur-ân als „Höhle” bezeichnet) zeigt, dass diese sich hervorragend eigneten für Flüchtlinge, die sie längere Zeit bewohnen sollten. Sie hatten darin Schulen und Kirchen gebaut und ihre Heiligen begraben. Selbst wenn manche Berichte über die Benutzung der Katakomben während der Verfolgungszeiten übertrieben sein sollten, bleibt kein Zweifel darüber, dass sie von Zeit zu Zeit dazu benutzt wurden, sich der Wut und dem Hass der Heiden zu entziehen. Die Gläubigen, vor allem die Geistlichen, konnten sich darin verstecken, bis der Sturm vorüber war. Im Gewirr der Gänge, die sich kreuz und quer, auf und ab über Hunderte von Kilometern hinziehen, war es den Verfolgern nicht leicht, die Flüchtlinge aufzuspüren. In der Regel besaßen die Katakomben mehrere Eingänge, die miteinander durch Bruchsteine verbunden waren. Die Inschriften auf den Grabsteinen lassen klar erkennen, dass die Frühchristen strikte an die monotheistische Lehre glaubten. Kein einziges Wort deutet auf ihren Glauben an Jesus als Gott oder Sohn Gottes hin. Er wird nur als Hirt und Prophet dargestellt. Auch wird Maria nirgends anders als eine rechtschaffene Frau dargestellt. Auch die Geschichte des Volkes des Propheten Jona sowie die der Sintflut finden wiederholt Erwähnung in den Inschriften. Es scheint auch, dass die Christen Wachhunde besaßen, die beim Herannahen von Fremden an den Eingängen anschlugen. Kurzum, die Geschichte der Bewohner in der Höhle ist die Geschichte des Kampfes der Frühchristen gegen Götzendienst und Vielgötterei und ihrer Verfolgungen und zeigt, wie weit ihre Nachfolger sich von den grundlegenden Lehrsätzen des frühen Christentums entfernten. Der Standort der „Höhle” ist an sich nicht wichtig, doch die vorhandenen Tatsachen lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Einzelheiten eher auf die Katakomben in Rom zutreffen. Ähnlich wie das Wort „Höhle” ist auch das Wort „Inschrift” Gegenstand verschiedener phantasievoller Beschreibungen der Kommentatoren gewesen. Wenn wir von den vielen dargebotenen Bedeutungen des Wortes absehen, bleibt die Tatsache bestehen, dass „Höhle” und „Inschrift” zwei bedeutsame Aspekte der christlichen Religion darstellen. Sie wurde gegründet als eine Religion der Entsagung und endete, durch das Verhalten der späteren Christen, mit einer Religion der völligen Hingabe an das Weltliche, des Geschäfts und des Handels in einer Welt, in der das Schriftliche eine wichtige Rolle spielt. Die monotheistischen Christen 11. Als die Jünglinge in der Höhle Zuflucht nahmen und sprachen: „Unser Herr, gewähre uns Barmherzigkeit von Dir aus und bereite uns einen Weg in unserer Sache.” 12. Also versiegelten Wir die Ohren in der Höhle auf eine Anzahl von Jahren. Nach diesen Versen haben die Insassen der Höhle zu Gott gebetet, damit Er sie aus ihrer bedrängten Lage herausführe. Vers 12 besagt, dass sie für eine lange Zeit von den Geschehnissen der Außenwelt vollkommen abgeschnitten waren. 13. Dann erweckten Wir sie, auf dass Wir erführen, welche von den beiden Scharen die Zeit ihres Verweilens am besten berechnet hatte. Es gab zwei Parteien unter den Frühchristen: Jene, die den Götzendienst rundweg ablehnten und sich strikte an den Grundsatz der Einheit Gottes hielten, begaben sich in die Höhle; die anderen, die die Vorsicht als das bessere Teil der Tapferkeit betrachteten, hielten ihren Glauben geheim und ersparten sich die Verfolgungen. Die beiden Scharen können auch die Verfolgten und die Verfolger darstellen. 14. Wir wollen dir ihre Geschichte der Wahrheit gemäß berichten: Sie waren Jünglinge, die an ihren Herrn glaubten, und Wir ließen sie zunehmen an Führung. 15. Und wir stärkten ihre Herzen, als sie aufstanden und sprachen: „Unser Herr ist der Herr der Himmel und der Erde. Nie werden wir einen Gott anrufen außer ihm: sonst würden wir ja eine Ungeheuerlichkeit aussprechen. 16. Dieses unser Volk hat Götter statt ihn angenommen. Warum bringen sie dann nicht eine klaren Beweis dafür? Und wer verübt größeren Frevel, als wer eine Lüge gegen Allah erdichtet? 17. Und wenn ihr euch nun von ihnen und dem, was sie statt Allah anbeten, zurückzieht, so suchet Zuflucht in der Höhle; euer Herr wird Seine Barmherzigkeit über euch breiten und euch einen tröstlichen Ausweg aus eurer Lage weisen.” Der Vers 14 zeigt, dass während der Zeit des Propheten Muhammad seltsame Geschichten über die Insassen der Höhle in Umlauf waren. In Wahrheit handelte es sich um Jünglinge, die ihr Alles aufs Spiel setzten für ihren Glauben an Gott; die Verfolgungen vermochten ihren Glauben nur noch zu festigen. Gott hatte ihre Herzen gestärkt, so dass sie alle Drohungen und Folterungen mit wahrhaftem Mut ertragen konnte. Dieses unser Volk im Vers 16 bedeutet die römischen Götzendiener, die tatsächlich an viele Götter glaubten. Vers 17 macht klar, dass die monotheistischen Christen nicht vereinzelt und zerstreut lebten, sondern in einer organisierten Gemeinde zusammengeschweißt waren. Als sie von der „Höhle” redeten, meinten sie einen bestimmten Zufluchtsort. Diese Höhle wurde schon früher wahrscheinlich auch von den römischen Sklaven als Zufluchtsort benutzt. Aus dem Vers geht ferner hervor, dass die bedrängte Gemeinde sich ihren Verfolgern entzog, als die Folterungen unerträglich geworden. Zurückziehen kann auch als Folge des Boykotts betrachtet werden, mit dem die Römer die Frühchristen als gesellschaftlichen Faktor auszuschalten suchen. 18. Und du hättest sehen können, wie die Sonne, da sie aufging, sich von ihrer Höhle rechtshin wegneigte, und da sie unterging, sich von ihnen linkshin abwandte; und sie waren in einem Hohlraum inmitten. Das gehört zu den Zeichen Allahs. Wen Allah leitet, der ist rechtgeleitet; doch wen Er irregehen lässt, für den wirst du auf keine Weise ein Helfer und Führer finden. Dieser Vers beschreibt die Lage der Höhle, die offenbar nordwestlich gelegen war. Die Katakomben zu Rom entsprechen dieser Beschreibung: sie sind geräumig und dunkel, nur selten dringt Licht hinein. Hieronymus, der im 4. Jahrhundert die Katakomben besuchte, sagt: „Nur gelegentlich dringt das Licht hinein, um das Grauen der Dunkelheit zu lindern.” (Enc. Brit., 11th ed. Vol. 5, p. 491) Durch den Hinweis auf die nördliche Lage der Höhle beabsichtigte Gott, die Muslime vor einer Gefahr aus Norden zu warnen. Die Muslime aber missachteten diese Warnung und wurden unter sich uneins. Einerseits waren es die Intrigen der Abbasiden von Bagdad und ihre unziemlichen Hilfegesuche an das Byzantinische Reich, andererseits die Intrigen der Mohren in Spanien zusammen mit dem Vatikan, welche zu dem allmählichen Zerfall der Muslime führten. Die Solidarität des Islam erlitt einen schweren Schlaf durch diese inneren Zerwürf- nisse. 19. Du könntest sie für wach halten, indes sie schlafen; und Wir werden sie auf die rechte Seite und auf die linke sich umdrehen lassen, während der Hund seine Vorderpfoten auf der Schwelle ausstreckt. Hättest du sie so erblickt, du würdest dich gewiss vor ihnen zur Flucht gewandt haben und wärest mit Grausen vor ihnen erfüllt gewesen. Hier macht der Qur-ân einen sinnvollen Abstecher, indem er die Geschichte der Frühchristen einstweilen verlässt, um einige Merkmale der Christen der Zeit des Propheten zu erwähnen. Dieser bedeutungsvolle Stil ist zu dem Qur-ân eigen. Der Vers macht die Muslime darauf aufmerksam, dass die christlichen Völker in den nördlichen Regionen sich ein einem schlafähnlichen Zustand befanden, aber bald würden sie erwachen und sich auf der ganzen Erde ausbreiten und die Welt beherrschen. Die Muslime aber bemerkten die Gefahr nicht, die sich in dem Byzantinischen Reich verbarg. Sie waren nicht einmal imstande, sich gegen die Angriffe der Römer zu wehren. Die Worte während ihr Hund seine Vorderpfoten auf der Schwelle ausstreckt beziehen sich auf die große Vorliebe der christlichen Völker für Hunde. Im bildlichen Sinne stellen sie das Byzantinische Reich dar, das damals über Europa Wache hielt auf den beiden Seiten des Marmarameeres. Das Marmarameer gleicht einem Hund mit ausgestreckten Vorderpfoten. Bis die Türken dieses Land im 15. Jahrhundert eroberten, hatte bereits eine große politische Erweckung unter den christlichen Völkern der nordischen Regionen stattgefunden. Der letzte Satz des Verses spricht von der Zeit der großen politischen Macht der christlichen Völker. Und wie haben sich diese Worte erfüllt! Die Tatsache, dass ehemals schlafende Nationen auf der ganzen Welt die politische Herrschaft erlangten und dass dies im Einklang mit den Worten des Qur-ân geschah, der Jahrhunderte vorher diese Tatsache vorausgesagt hatte, liefert einen unwiderleglichen Beweis für den göttlichen Ursprung dieses Buches. Keine noch wildeste Phantasie hätte damals den Aufstieg dieser Völker voraussehen können. Erwachen der westlichen Völker 20. Und so erweckten Wir sie, damit sie einander befragen möchten. Ein Sprecher unter ihnen sprach: „Wie lange habt ihr verweilt?” Sie sprachen:„ Wir verweilten einen Tag oder einen Teil eines Tages.” Andere sprachen: „Euer Herr kennt am besten die Zeit, die ihr verweilt habt. Nun entsendet einen von euch mit dieser eurer Silbermünze zur Stadt; und er soll sehen, wer von ihren Bewohnern die reinste Speise hat, und soll euch davon Vorrat bringen. Er muss aber geschickt sein und soll ja keinem über euch Kunde geben. Auch dieser Vers spricht von den christlichen Völkern des Westens, und zwar nachdem sie sich auf der ganzen Welt ausgebreitet hatten. So erweckten Wir sie bezieht sich auf den großartigen Aufstieg, der den christlichen Völkern beschieden sein sollte. Es gehört zu dem Merkmal des Stils des Qur-ân, dass er kommende Dinge manchmal in der Form der Vergangenheit spricht, um das sichere Eintreffen der Ereignisse zu unterstreichen. Wie lange habt ihr verweilt? Die schlafenden Völker werden mit einmal merken, es sei höchste Zeit für sie, sich zu rühren und ihre Trägheit abzuschütteln. Die Erweckung kam zur Zeit der Kreuzzüge, als die Fürsten von England, Frankreich, und Deutschland sich zusammenschlossen, als ganz Europa zum Angriff gegen die Muslime schritt, um ihnen das Heilige Land zu entreißen. Was die Zeit der Trägheit und Schlafes der christlichen Völker anbelangt, so hat der Qur-ân anderswo diese Zeit mit 1000 Jahren angegeben (20:103-104, wo die Zahl zehn vorkommt, welche zehn Jahrhunderte bedeutet. Ebenfalls spricht der Qur-ân hier von Blauäugigen, was auf die germanischen Völker zutraf). Es ist eine geschichtliche Tatsache, dass die Grundlage für die britische Herrschaft im Osten zu Anfang des 17. Jahrhunderts gelegt wurde, als eine britische Handelsgesellschaft die Genehmigung erhielt, ihre erste Firma in Surat zu gründen, und begann, in der Bucht von Bengalen Handel zu treiben (vgl. March of Man, herausgegeben von Enc. Brit. Society). Das ereignete sich 1000 Jahre nach dem Auftreten des Propheten Muhammad, der im Jahre 611 seine Mission aufnahm. Die Wurzel der britischen Herrschaft in den nachfolgenden Jahrhunderten ist in jenem erfolgreichen Versuch zu sehen, im Osten Fuß zu fassen. Andere europäische Mächte folgten ihnen nach. Das arabische Wort für Vorrat bedeutet sämtliche Rohstoffe, die als Nahrungsmittel dienen. Und soll euch davon Vorrat bringen bezieht sich auf den Import der Nahrungsmittel aus dem Osten, insbesondere Weizen, den die europäischen Völker während beinahe 200 Jahren aus Indien importiert haben. Die europäischen Handelsleute waren in ihren Handelsbeziehungen ganz besonders diplomatisch und geschmeidig. Er muss aber geschmeidig sein bezieht sich eben auf diese Eigenschaft. 21. Denn wenn sie von euch erfahren sollten, sie werden euch steinigen oder euch zu ihrem Glauben zurückbringen, und ihr werdet dann nimmermehr glücklich sein.” Sollten aber die Leute im Osten die wahren Absichten der Handelsgesellschaften erfahren, dann würden sich die westlichen Völker dort nicht festigen können. 22. Und so entdeckten Wir sie (den Menschen), damit sie erkennen möchten, dass Allahs Verheißung wahr ist und dass über die „Stunde” kein Zweifel ist. (Und gedenke der Zeit) als die Leute untereinander stritten über sie und sprachen: „Bauet ein Gebäude über ihnen.” Ihr Herr wusste sie am besten. Jene, deren Ansicht obsiegte, sprachen: „Wir wollen unbedingt ein Bethaus über ihnen errichten.” Dieser Vers macht klar, dass die Völker, die im Hintergrund lebten, dereinst bis an die Enden der Welt bekannt sein würden im Einklang mit der Prophezeiung über das Erwachen der westlichen Völker (Vers 19) und die Herrschaft der christlichen Nationen in den Letzten Tagen. Aber auch die „Stunde” wird bestimmt eintreffen, vor der diese Völker gewarnt worden waren. Mit den Worten Wir wollen unbedingt ein Bethaus über ihnen errichten kommt der Qur-ân wieder auf die Geschichte der in der Höhle wohnenden Frühchristen zurück und spricht über die Gewohnheit ihrer Nachfolger, Kirchen nach den Namen ihrer verstorbenen Heiligen zu bauen. Das tun weder die Muslime noch die Juden, sondern allein die Christen; sie begraben sogar ihre Toten im Kirchhof. Es sei bemerkt, dass auch die Katakomben viele solcher Kirchen ans Licht gebracht haben. Die Zahl der Bewohner der „Höhle” 23. Manche sagen: „(Sie waren ihrer) drei, ihr vierter war ihr Hund”, und (andere) sagen: „(Sie waren) fünf, ihr sechster war ihr Hund”, indem sie herumraten im Dunkel, und (wieder andere) sagen: „(Sie waren) sieben, ihr achter war ihr Hund.” Sprich: „Mein Herr kennt am besten ihre Zahl. Niemand weiß sie, außer einigen wenigen.” So streite nicht über sie, es sei denn durch zwingendes Beweisen, und suche nicht Kunde über die bei irgendeinem von ihnen. Über die Zahl der Bewohner der Höhle wurde viel diskutiert. Der obenstehende Vers bezeichnet diese Diskussion als sinnlos, da niemand ihre genaue Zahl kenne. Es handelt sich hier wiederum um die verfolgten Frühchristen, die von Zeit zu Zeit vor den römischen Kaisern Zuflucht in der Höhle fanden, und deren Zahl etliche Tausende betrug. Auf jeden Fall sind die Mutmaßungen über die genaue Zahl nur dazu getan, den Wirrwarr noch zu vermehren. Die heutigen „muslimischen” Völker 24. Und sprich nie von einer Sache: „Ich werde es morgen tun”, Dieser Vers spricht von der Zeit der Weltherrschaft der christlichen Völker. Die Nachfahren der Muslime – also die heute lebenden – werden davor gewarnt, die christlichen Völker angesichts ihrer materiellen Überlegenheit mit materiellen Mitteln zu bekämpfen. Die Übermacht, ja Allmacht der westlichen Völker unsrer Zeit schildert ein bekannter Traditionsspruch des Propheten mit den Worten: „Niemand wird sie erfolgreich zu bekämpfen vermögen.” (Muslim, Band 4, Kapitel über Dajjal). Statt zu prahlen und großartige Pläne zu schmieden, sollten die muslimischen Völker besser auf den Ruf desjenigen hören, den Gott in der Letzten Zeit erwecken würde, um sie aus dem Sumpf der Verzweiflung herauszuführen. Indessen werden sie – auch das geht aus dem Vers hervor – mit ihrem Zerfall jede Initiative zu tätigem Handeln oder nützlichem Tun verlieren, sich bloßen Träumereien hingeben und den überlegenen Gegnern mit eitlen Worten drohen. Viel wird ihre Rede von ihrer Zukunft sein, aber wenig werden sie tun, um ihr Los zu bessern. Trifft das nicht allzu genau auf die heutige Lage der muslimischen Völker zu? 25. Es sei denn: „So Allah will.” Und gedenke deines Herrn, wenn du es vergessen hast, und sprich: „Ich hoffe, mein Herr wird mich noch näher als dies zum rechten Wege führen.” Trotz der überwältigenden Macht der westlichen Völker sollten die Muslime völliges Vertrauen in die Verheißungen Gottes haben, Der den Islam niemals im Stich lassen werde und Verhältnisse und Umstände herbeiführen werde, die den Islam wieder erhöhen und an die Spitze tragen werden. 309 Jahre 26. Und sie blieben dreihundert Jahre lang in ihrer Höhle, noch neun hinzugefügt. Wie lange dauerten die Verfolgungen, die die Frühchristen in die Höhle bannten? Es waren 309 Jahre, und diese Zeitspanne kann geschichtlich nachgewiesen werden. Wie allgemein bekannt, begann die Christenverfolgung im 28. Jahre der christlichen Zeitrechnung und dauerte bis zur Bekehrung des Kaisers Konstantin im Jahre 337 (Enc. Brit., 4th edition, vol. 5). Bei kritischer Betrachtung erweisen sich diese Daten allerdings als ungenau. Die Forschung hat gezeigt, dass Konstantin nicht im Jahre 337, wie allgemein angenommen wurde, sondern schon 309 das Christentum annahm. Dass der gegenwärtige christliche Kalender Unstimmigkeiten aufweist, wird auch von den christlichen Gelehrten zugegeben (vgl. „Chronology” und „Daily Bible Illustrations” von Erzbischof Ushers und Dr. Kitto, wo gezeigt wird, dass die Kreuzigung 28 Jahre später als allgemein angenommen stattfand). Wenn man 28 Jahre von 337 abzieht, erreicht man das Jahr der Bekehrung von Konstantin, nämlich 309, in welchem die Christenverfolgungen ihr Ende nahmen. Also werden die Daten des Qur-ân über die Dauer der Christenverfolgungen selbst von den christlichen Geschichtsforschern bestätigt. Der Vers will aber auch die Muslime auf ihre bevorstehenden Verfolgungen vorbereiten und sie mahnen, Ausdauer und Mut an den Tag zu legen. 27. Sprich: „Allah weiß am besten, wie lange sie verweilten.” Sein sind die Geheimnisse der Himmel und der Erde. Wie sehend ist Er! und wie hörend! Sie haben keinen Helfer außer Ihm, und Er teilt Seine Befehlsgewalt mit keinem. Dieser Vers sagt, dass die Mutmaßungen der Menschen über die Dauer des Aufenthaltes der Bewohner in der Höhle durch spätere Forschungen korrigiert und die Angaben des Qur-ân bestätigt werden. 28. Und verlies, was dir von dem Buche deines Herrn offenbart ward. Da ist keiner, der Seine Worte verändern könnte, und du wirst außer Ihm keine Zuflucht finden. Das bis jetzt Gesagte ist nicht einfach eine Erzählung interessanter Begebenheiten, sondern birgt eine tiefere Bedeutung und ist auch als Vorwarnung an die Muslime zu nehmen, die stets auf Schwierigkeiten gefasst sein müssen. Nach einem Spruch des Propheten Muhammad enthält die Geschichte von den Bewohnern der Höhle eine Anspielung auf die Gefährten des Verheißenen Messias (oder Imam Mahdis), der 1300 Jahre nach dem Propheten erscheinen sollte. Damit werden gewisse Prophezeiungen über die Muslime verkündet, die zur Zeit des Verheißenen Messias den Islam wieder beleben und den Frühchristen gleichen werden. Von der Wiedergeburt des Islam 29. Halte dich zu denen, die ihren Herrn anrufen des Morgens und des Abends, im Trachten nach Seinem Wohlgefallen; und lass deine Blicke nicht über sie hinauswandern, indem du nach dem Gepränge des irdischen Lebens begehrst; und gehorche nicht dem, dessen Herz Wir achtlos machten der Erinnerung an Uns, der seinen bösen Gelüsten folgt und dessen Fall ein äußerster ist. Auch dieser Vers verleiht der These Gewicht, dass wir es hier mit wichtigen Prophezeiungen zu tun haben. Zur Zeit der Herrschaft der christlichen Völker werden sich gewisse Muslime zu einer Gemeinde zusammentun, die Tag und Nacht durch Gebete und sonstige Aufopferung den Tag der Wiedergeburt des Islam näher bringen wird. Ihnen werden die anderen, so genannten Muslime gegenübergestellt, die die Glorie und Herrschaft des Islam durch materielle Mittel zu errichten suchen. Der Vers macht darauf aufmerksam, dass nicht durch materielle und politische Mittel, sondern durch Gebete und Ausdauer die geistige Herrschaft des Islam wiederhergestellt wird. Die so genannten Muslime werden, diesem Vers zufolge, die geistige Seite ihres Glaubens vernachlässigen, die Liebe zur Welt wird sie beherrschen, und sie werden sich völlig dem Trachten nach dem weltlichen Gewinn hingeben. Ihre Probleme würden jedoch nur durch eine völlige Umwandlung ihres Lebenswandels gelöst. 30. Und sprich: „Die Wahrheit ist es von eurem Herrn: darum lass den gläubig sein, der will, und den ungläubig sein, der will.” Siehe, Wir haben für die Frevler ein Feuer bereitet, dessen Zelt sie umschließen wird. Wenn sie dann um Hilfe schreien, so wird ihnen geholfen werden mit Wasser gleich geschmolzenem Blei, das die Gesichter verbrennt. Wie schrecklich ist der Trank, und wie schlimm ist das (Feuer) als Lagerstatt! Die Wahrheit ist es von eurem Herrn zeugt von der unwiderruflichen Natur der Voraussage über die Wiederherstellung der Glorie des Islam. Weiter besagt der Vers, dass zur Zeit des Verheißenen Messias (oder Imam Mahdis) der Islam nicht durch Waffengewalt verbreitet werden wird, wie manche Muslime irrtümlicherweise glauben werden, sondern durch friedliche Verkündigung, was auch seiner Lehre entspricht. Der letzte Teil des Verses beantwortet die Frage im ersten Teil: Wie wird es möglich sein, angesichts der fast unüberwindlichen feindlichen Kräfte gegen den Islam, dessen Glorie wiederherzustellen? Der Qur-ân sagt, dass es die Sache Gottes ist, für die Zerstörung und Zerstreuung der Kräfte zu sorgen, die dem Islam feindlich gesinnt sind. Die islamfeindlichen Völker werden ihre scheinbar unwiderstehliche Macht einbüßen. Himmlische Strafe in der Form von Kriegen wird sie ereilen. Ihre Versuche, den Frieden zu erlangen, werden scheitern, da ihren Handlungen nicht Aufrichtigkeit, sondern Selbstsucht zugrunde liegen wird. Darum werden sie statt Frieden Bomben und Gewehre erhalten. 31. Wahrlich, die da glauben und gute Werke tun – wahrlich, Wir lassen den Lohn derjenigen, die gute Werke tun, nicht verloren gehen. Dem eitlen Streben der Großmächte nach Frieden wird der kleine, winzige, bedeutungslos erscheinende Beitrag der Anhänger des Verheißenen Messias und Imam Mahdis gegenübergestellt. Diese werden siegen, obwohl sie weder weltliche Macht noch den Ruhm besitzen, aber ihre Handlungen werden ihren hohen Zielen entsprechen, und sie werden einen unerschütterlichen Glauben an Gott besitzen. 32. Sie sind es, die Gärten der Ewigkeit besitzen werden, durch welche Ströme fließen. Darinnen werden sie geschmückt sein Armspangen von Gold und gekleidet in grüne Gewänder aus feiner Seide und schwerem Brokat, darin lehnend auf erhöhtem Sitzen. Wie herrlich der Lohn und wie schön die Stätte der Rast! Sollten die oben erwähnten Schmuckstücke sich auf dieses Leben beziehen, dann bedeuten sie die Macht, zu der die neuen Muslime durch den Verheißenen Messias gelangen werden. Im Hinblick auf das Leben im Jenseits stellen sie die geistigen Gaben dar, die die Rechtschaffenen bei Gott empfangen werden als Zeichen dafür, dass ihr Streben in der Welt nicht verloren ging. Wie herrlich der Lohn! bedeutet, dass die Muslime sich durch ihre Machtstellung nicht verführen lassen werden, dass sie der Lohn nicht vom Pfade der Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit abbringen wird. Wie schön die Stätte der Rast! Die Muslime werden bei der Wiedergeburt des Islam in der Lage sein, der ganzen Welt Frieden und Ruhe und Ordnung zu schenken, da mit der Verwirklichung der Lehren des Qur-ân über den Weltfrieden Krieg und Unruhe dem Frieden und der Ordnung weichen werden. Das Bildnis des Rebengartens 33. Und stelle ihnen das Gleichnis von zwei Männern: für den einen von ihnen schufen Wir zwei Rebengärten und umgaben sie mit Dattelpalmen, und dazwischen legten Wir Kornfelder an. Das Gleichnis beschreibt die Lage der muslimischen und christlichen Völker in der Letzten Zeit. Es stellt die Muslime auf ihrem Tiefpunkt, die Christen auf ihrem Höhepunkt dar. Es ist angebracht, dass wir uns bei der Deutung dieses Gleichnisses an die ihm gemäße Methode halten. Bekanntlich sind Traumgesichter und Gleichnisse nicht von ihren bloßen Worten abzuleiten, denn ihre Sprache ist nicht die gewöhnliche. Garten deutet hier auf irdische Güter, Kinder und Wohlfahrt; manchmal bezeichnet dieses Wort Truppenbestände und Armeehauptquartiere. Reben bedeuten Vorräte in Fülle; Dattelpalme steht für die Ausübung der Befehlsgewalt über die Massen; Korn bedeutet für einen Herrscher die Erweiterung seines Reiches, für andere Leute bedeutet es Arbeit. Strom (Vers 34) versinnbildlicht einen hervorragenden Mann, Früchte sind Ehrungen, Ruhm und Auszeichnungen gleichzusetzen (siehe Ta´tir-al-Anâm). Das Gleichnis spricht von zwei Männern; dem einen wurden während zweier verschiedener Perioden zwei Gärten beschieden, d.h. Gott hatte ihm Reichtümer und Kinder geschenkt. Wir umgaben sie mit Dattelpalmen heißt, dass dieser Mann seine Güter und Reichtümer mit militärischen Mitteln beschützen würde. Dazwischen legten Wir Kornfelder an bedeutet, dass zwischen den zwei „Gärten” gewöhnliches Gute liegen würde, das zu beschützen man sich nicht so viel Mühe geben würde. 34. Beide Gärten brachten ihre Früchte hervor und versagten in nichts. Und in ihrer Mitte ließen Wir einen Strom fließen. 35. Und es ward ihm Frucht. Er sprach zu seinem Gefährten, indem er prahlerisch mit ihm redete: „Ich bin reicher als du an Besitz und mächtiger an Gefolgschaft.” Was bedeutet nun dieses Gleichnis als Ganzes? Die ersten Verse der Sura hatten besagt, dass die Botschaft des Islam an die Mekkaner ausgerichtet worden war und dass der Prophet sich nun anschickte, sich an die Christen zu wenden. Dann erzählte die Sura die Verfolgungen der Frühchristen und dass ihre Nachfolger vom Pfade des Einen Gottes abwichen und sich dem materiellen Gewinn hingegeben hatten. Das Bildnis weist eine starke Ähnlichkeit mit demjenigen des Rebengartens der Evangelien auf (Mk 12:1-12; Mt 21:33-46; Lk 20:9-19). Es spricht von zwei Völkern – Muslimen und Christen. Der Inhaber des Gartens sind die christlichen Völker, und die Rebengärten stellen ihre weltliche Macht dar. Ihre „Rebengärten” sind „umgeben” von Dattelpalmen, d.h. ihre bewaffneten Streitkräfte bewahren ihre Interessen. Aufstieg der christlichen Völker Das Gleichnis spricht von zwei Gärten, d.h. die Christen würden im Verlauf ihrer bewegten Geschichte zweimal einen Aufstieg erleben. Der erste Aufstieg ging der Ankunft des Islam voraus, während der zweite zu Beginn des 17. Jahrhunderts eintrat, als die christlichen Völker Europas große Fortschritte machten und zur Erlangung einer bisher unerreichten Macht ansetzten, einer Macht, die im 19. Jahrhundert den Höhepunkt erreichte. Die Periode zwischen den zwei Zeiten des Aufstiegs lässt sich mit einem Kornfeld vergleichen, das jeder Gefahr ausgesetzt ist. Zu dieser Zeit kam der Islam in der Form eines großen Stromes, der die Erde fruchtbar macht. Ein großer Mann der Wahrheit – Der Prophet Muhammad – erschien auf der Weltbühne; dessen Ankunft stellte das größte Ereignis im religiösen Leben der Menschheit dar. Er gab der Welt neue Begriffe, neue Ideen und neue Werte und hinterließ den Qur-ân als unvergänglichen Führer der Menschheit. Und es ward ihm Furcht: Die christlichen Völker werden weiterhin wissenschaftliche Entdeckungen und Erfindungen machen, und folglich werden sich ihre Güter, ihre Macht und ihre Wohlhabenheit mehren. Ich bin reicher als du an Besitz und mächtiger an Gefolgschaft: Die christlichen Völker werden ihre materielle Vorzugslage und politische Macht der Rückständigkeit und Armut der muslimischen Völker jener Zeit gegenüberstellen, und dies irrtümlicherweise als Beweis für die Wahrheit ihrer religiösen Glaubenssätze auffassen. 36. Und er betrat seinen Garten, während er sündig gegen die eigene Seele war. Er sprach: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser je zugrunde gehen wird. Reichtum und Luxus werden die christlichen Völker verleiten; so stolz werden sie auf ihren Fortschritt sein, dass sie sich einbilden, dieser Zustand währe ewig. Während er sündig gegen die eigene Seele war: Sie werden sich in ein falsches Sicherheitsgefühl und in Selbstzufriedenheit einlullen lassen; dabei wird in der Tat ihre Seele Schaden erleiden. 37. Noch glaube ich, dass die „Stunde” heraufkommen wird. Selbst wenn ich zu meinem Herrn zurückgebracht werde, so werde ich ganz gewiss einen besseren Aufenthalt als diesen finden.” Die Christen werden sich in zwei Richtungen spalten. Die eine Richtung werde das zweite Leben und die Auferstehung überhaupt ablehnen und das Leben hienieden als das letzte Ziel des menschlichen Daseins betrachten. Auferstehung, Jenseits und Paradies werden ihr gleichbedeutend sein wie die nationale Wiedergeburt und ihre Wohlfahrt. Die andere Richtung vertrete zwar den Glauben an das Jenseits, aber zufolge ihres Glaubens an den Kreuztod Christi würde sie sich als erlöst fühlen, während die Nichtchristen zu ewigen Verdammung verurteilt seien. Dankbarkeit an Gott 38. Sein Gefährte sprach zu ihm, indem er sich mit ihm auseinander- setzte: „Glaubst du denn nicht an Ihn, Der dich aus Erde erschaffen hat, dann aus einem Samentropfen, dann dich zu einem vollkommenen Manne bildete? Der arme, unterdrückte Muslim macht seinen prahlenden christlichen Freund auf das Dasein Gottes aufmerksam, Den der Christ im Rausch seiner Wohlhabenheit vergessen hat. Der Christ wird an den Staub erinnert, aus dem Gott den Menschen erschaffen und zu dem er zurückkehren wird. Die irdischen Güter sind doch so vergänglich. 39. Was jedoch mich betrifft – Allah ist mein Herr allein, und nie will ich meinem Herrn etwas anderes zu Seite stellen. Selbst wenn der Muslim heute arm und mittellos ist und keinen Anteil an den guten Dingen der Welt hat, bleibt er Gott dankbar, während der Christ, der so viele Gaben von Gott empfing, Ihm nicht Dank weiß. Durch den Glaubenssatz der Trinität ist er sogar vom Glauben an die Einheit Gottes stark abgewichen. 40. Warum hast du nicht damals, las du deinen Garten betratest, gesagt: „Wie Allah will; es gibt keine Macht, außer bei Allah?” Wenn du mich auch geringer siehst als dich selbst an Besitz und Nachkommenschaft, Die Rede des Muslim geht weiter. Er empfindet Mitleid für den Christen. Das Herz eines wahren Muslim ist voll der Milch menschlicher Güte. 41. So wird vielleicht mein Herr mir Besseres geben als deinen Garten und wird auf ihn Donnerkeile vom Himmel niedersenden, so dass er zu einem öden, schlüpfrigen Grunde wird. Die Worte vom Himmel zeigen, dass die militärische Macht der christlichen Völker im 20. Jahrhundert durch keine irdischen Mittel zu bekämpfen sein wird. Gott Selbst werde Maßnahmen ergreifen, die Kräfte der Gottlosigkeit und des Unglaubens zu brechen, damit eine bessere Ära der Menschlichkeit, des Friedens und des Glückes heranbreche. Die unwiderstehliche Macht von Gog und Magog wurde durch den Propheten Muhammad mit den Worten veranschaulicht: „Niemand wird sie erfolgreich zu bekämpfen vermögen.” (vgl. Vers 24). 42. Oder sein Wasser versiegt in den Boden so tief, dass du nimmer imstande bist es zu finden.” Der materielle Garten der heutigen westlichen Völker beruht ja auf dem Quellbrunn (Wasser) ihrer Talente und ihrer intellektuellen Errungenschaften, die den materiellen Fortschritt gewährleisten und den „Garten” gedeihend und grün erhalten. Dieses Wasser werde dereinst versiegen, und das dem Menschen anvertraute Gut wird von Gott zurückverlangt, da der Mensch sich dieses Vertrauen nicht würdig erwies. 43. Da ward seine Furcht verwüstet, und er begann die Hände zu ringen ob all dessen, was er für den (Garten) ausgegeben, dessen Spaliere mit ihm eingestürzt waren. Er sprach: „Hätte ich doch meinem Herrn niemanden zu Seite gestellt!” Alle Bestrebungen nach dem materiellen Gewinn und Fortschritt werden zu nichts Wirklichem führen. Das Ende der Macht und des Prestiges wird nahen, und vielleicht überraschend schnell. In der Stunde des Elends und der Betrübnis werden die „christlichen” Völker beklagen, dass sie so viel Mühe und Geld aufgewendet hatten um der trügerischen Welt willen. Dessen Spaliere mit ihm eingestürzt waren: Diese Völker werden große und hohe Bauten errichten. Doch werden sie einstürzen und alles dem Erdboden gleichmachen. Die Reue in der letzten Minute werde wenig nützen. Aus diesem Vers wird übrigens auch klar, dass Garten hier nicht wörtlich zu nehmen ist, denn ein Garten stürzt nicht mit den Spalieren ein. 44. Und er hatte keine Schar, ihm zu helfen gegen Allah und er konnte sich selbst nicht wehren. 45. In solchem Falle (kommt) Schutz nur von Allah, dem Wahren. Er ist der Beste im Belohnen und der Beste, was den Ausgang anlangt. Die christlichen Völker werden dereinst zur Einsicht gelangen, dass ihnen in der Stunde des Elends ihre Glaubenssätze, wie der des Sühneopfers, nicht helfen können. Sei werden erkennen müssen, dass sie in ihrem Gottesglauben andere Wesen Ihm gleichstellten. Alle Macht und alle Befugnis ist dem Einen Gott eigen, Der die Taten der Menschen belohnen oder bestrafen wird. Das irdische Leben 46. Gib ihnen das Gleichnis vom irdischen Leben: Es ist wie das Wasser, das Wir vom Himmel niedersenden, mit dem die Pflanzen der Erde sich sättigen, und dann werden sie dürre Spreu, die der Wind verweht. Allah hat Macht über alle Dinge. Wiederum wird die Vergänglichkeit des irdischen Lebens betont. Ein Leben, das ausschließlich nach dem materiellen Gewinn strebt und den Geist des Menschen – den wahren Glauben an Gott – vernachlässigt, mag den Schein eines schönen Leben haben, aber am Ende erweist es sich als nichts. Es ist nur die geistige Seite des Lebens, die dem Menschen letzten Endes taugt. Völker in der Glanzzeit ihrer Glorie und Macht beginnen zu wähnen, dass ihre Glorie ewig dauernden Charakters sei. Aber es dauert nur so lange, bis der Verfall einsetzt. Dann werden Ruhm und Macht vom Winde der Widerwärtigkeit wie Grashalme verweht und zerstreut. Die einst mächtigen Völker verfallen der Vergessenheit, als ob sie nie da gewesen wären. 47. Besitz und Kinder sind Schmuck irdischen Lebens. Die bleibenden guten Werke aber sind lohnender bei deinem Herrn und hoffnungsvoller. Reichtum soll nicht die Erinnerung an Gott zurückdrängen. Man erzielt bleibende Ergebnisse, indem man sein Geld für die Förderung des Guten und Rechtschaffenen ausgibt. Durch den Einsatz ihres Lebens für die Menschheit können die Menschen ewigen Ruhm erlangen. In der Regel werden auch die Nachkommen der Rechtschaffenen teilhaft am Ruhm ihrer Vorväter. „Nation wider Nation” 48. Und (gedenke) des Tags, da Wir die Berge vergehen lassen werden, und du wirst die (Völker der) Erde (gegeneinander) hervorkommen sehen, und Wir werden sie versammeln und werden keinen von ihnen zurücklassen. Berge heißen die Großen (in der heutigen Zeit könnte man dieses Wort mit „Großmächte” übersetzen), und Erde bezieht sich auf die armen Schichten der Menschheit. Dieser Vers besagt, dass die Zeit der Vernichtung von Gog und Magog dann eintreffen wird, wenn die Großmächte sich gegeneinander stellen werden. Oder in den Worten der Bibel: „Es wird sich Nation wider Nation erheben und Königreich wider Königreich, und es werden Hungersnöte und Seuchen sein und Erdbeben an verschiedenen Orten.” (Matthäus 24:7) Die Welt werde dereinst in zwei Lager geteilt, die einander feindlich gesinnt seien, da sie zwei verschiedenen, ja grundsätzlichen Ideologien folgen werden. Mit anderen Worten wird der Kampf zwischen Kapitalismus und Kommunismus angedeutet. 49. Und sie werden vor deinem Herrn aufgestellt werden in Reihen: „Nun seid ihr zu Uns gekommen, so wie Wir euch erstmals erschufen. Ihr aber wähntet, Wir würden euch nie einen Tag der Erfüllung bestimmen.” Mächtige Völker, die sich des ihnen anvertrauten Gutes nicht würdig erwiesen, werden vor Gott geführt, indem sie jeder Macht beraubt sein und sich erniedrigt fühlen werden. Ihr aber wähntet … heißt, dass die Völker im Rausch ihrer Macht sich der Illusion hingeben werden, Gott habe keine Befugnisse mehr und allein sie verwalteten und lenkten die Geschicke der Natur, und nie würden sie zur Rechenschaft gezogen. Dieser Vers führt das Thema im Vers 36 weiter aus, wo es steht: Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser je zugrunde gehen wird. 50. Und das Buch wird (ihnen) vorgelegt, und du wirst die Schuldigen in Ängsten sehen ob dessen, was darin ist; und sie werden sprechen: „O wehe uns! was für ein Buch ist das! Es lässt nichts aus, klein oder groß, sondern hält alles aufgezeichnet.” Und sie werden alles gegenwärtig finden, was sie getan; und dein Herr tut keinem Unrecht. Erst wenn Gott die Bestrafung der sündigen Völker verfügt hat, wird diesen die Leere ihrer Illusion klar werden, und sie werden bange darob, dass die Zivilisation und die Kultur, auf sie so stolz waren, gefährdet sind. Das Sündenregister wird nichts auslassen, sondern alles enthalten. Auch wenn die Strafe streng sein wird, dürfe niemand glauben, dass sie übermäßig sei. Vielmehr werde die Strafe nichts anderes sein als die natürliche Folge der begangenen Missetaten. In der Tat bestraft sich der Mensch selbst, indem er Missetaten begeht. Es liegt dem Barmherzigen fern, jemanden Unrecht zu tun. Er ist immer zur Verzeihung und zur Vergebung geneigt, und alle Seine Attribute überragt dasjenige der Barmherzigkeit. Weltfrieden in unserer Zeit 51. Und (gedenke der Zeit) da Wir zu den Engeln sprachen: „Bezeuget Adam Ehrerbietung”, und sie bezeugten Ehrerbietung. Nur Iblis nicht. Er war einer der Jinn, so war er ungehorsam gegen den Befehl seines Herrn. Wollt ihr nun ihn und seine Nachkommenschaft zu Freunden nehmen statt Mich, und sie sind eure Feinde? Schlimm ist der Eintausch für die Frevler. Der Qur-ân warnt an mehreren Stellen die Missetäter, die die Propheten Gottes verwerfen, und ruft ihnen den Fall Adams in Erinnerung, damit die Menschen sich vor dem ewigen Feind, Satan, hüten und nicht übereilig einen himmlischen Boten abweisen. 52. Ich nahm sie nicht zu Zeugen bei der Schöpfung der Himmel und der Erde, noch auch bei ihrer eigenen Schöpfung; nie ja nehme Ich die Verführer zum Beistand. Sollten die Menschen wähnen, Satan könnte sie auf seinen Wegen glücklich machen, dann irren sie. Satan und seine Gefährten haben nichts mit der Erschaffung des Weltalls, also nichts mit dem Zweck des menschlichen Lebens zu tun. Alle Fähigkeiten und Instinkte des Menschen sind eine Gabe und eine Schöpfung Gottes, Der damit das Gute in der Welt fördert. Daher soll die vorübergehende, kurzlebige, materielle Herrschaft der Gottlosen nicht zur Annahme verleiten, Gott habe nichts mehr mit der Lenkung des Weltalls zu tun, er habe sie dem Satan und seinen Gefährten überlassen. Triumph und den Sieg des Bösen in der Welt sind – gemessen an der Ewigkeit – nur flüchtige Erscheinungen. Schließlich wird der Mensch zu seinem Schöpfer zurückkehren. Diese Verse, und die ganze Sura, befassen sich hauptsächlich mit den heutigen Zuständen. Politiker und Reformer aller Art überschreien sich im Ruf nach einer neuen Weltordnung. Aber diesen falschen Führern der Menschheit wird es nicht gelingen, wahren, dauernden Frieden zu schaffen. Diese großartige Aufgabe kann nicht ohne göttliche Hilfe erfüllt werden. Er tut das durch die Wege und Mittel, die Seiner unfehlbaren Weisheit entsprechen. Wie in der Vergangenheit, so wird auch in unserer Zeit eine gesunde Weltordnung auf den Überresten der alten, verfaulten Ordnung erstehen, und die Menschen werden sich von ihren moralischen und sozialen Krankheiten erholen. Nicht irdische Mittel dienen diesem Zweck; der allweise Plan Gottes allein wird dafür sorgen, indem Er einen neuen Adam erweckt. 53. Und (gedenke) des Tages, da Er sprechen wird: „Rufet die herbei, von denen ich vorgabt, sie seien Meine Teilhaber.” Dann werden sie sie rufen, doch sie werden ihnen nicht antworten; und Wir werden eine Schranke zwischen sie setzen. Das arabische Wort für Schranke (Maubiq) hat in diesem Vers zwei Bedeutungen: Barriere und Zerstörung. Die verschiedenen Völker der gegebenen Zeit würden Barrieren gegeneinander errichten (hohe Zolltarife, den Eisernen Vorhang), und durch verheerende Kriege würden sie sich gegenseitig vernichten. Nach der zweiten Deutung: Wenn die Völker in der Stunde des göttlichen Strafgerichts Hilfe bei ihren Göttern suchen werden, wird eine Schranke zwischen sie und ihre Götter gelegt, so dass ihre Hilferufe die Götter nicht erreichen werden. 54. Und die Schuldigen sollen das Feuer sehen und ahnen, dass sie hineinstürzen werden; und sie sollen kein Entrinnen daraus finden. Das Wort Feuer hier steht für Krieg. Die schuldigen Nationen werden einen fürchterlichen Krieg nahen sehen. Vergebens werden sie versuchen, ihm Einhalt zu gebieten. Die letzten zwei Weltkriege haben dem Westen bereits viel von seiner politischen Macht und seinem Prestige genommen und seine Zivilisation erschüttert. Nun sieht er und die Welt einem dritten Krieg entgegen. Das vollkommene Buch 55. Wahrscheinlich, Wir haben in diesem Qur-ân für die Menschen Gleichnisse aller Art ausführlich erläutert, doch von allen Dingen ist der Mensch am streitsüchtigsten. Der Qur-ân hat alle Belange des moralischen und geistigen Lebens des Menschen ausführlich durchleuchtet, aber die Menschen, insbesondere diejenigen, von denen oben die Rede war, weigern sich, den göttlichen Plan anzunehmen und der göttlichen Führung zu folgen. Der Mensch ist streitsüchtig; statt seinen Verstand weiter zu entwickeln, missbraucht er seine intellektuellen Fähigkeiten und vergeudet sie in sinnloser Argumentation. Er verfällt dem Skeptizismus und dem Zweifel und sucht selbst bei den einfachsten Wahrheiten Lücken, um etwas daran auszusetzen. 56. Und nichts hindert die Menschen daran, zu glauben, als die Führung zu ihnen kam, und ihren Herrn um Verzeihung zu bitten, sie warteten denn, bis das Spiel der Früheren über sie käme, oder die Strafe ihnen offen vor Augen gestellt wurde. Obwohl der Qur-ân den Zweck des menschlichen Lebens und die Mittel, denselben zu erfüllen, in aller Klarheit dargelegt hat, so dass dem rechtdenkenden, wahrheitsliebenden Menschen nichts anders bleibt, als die Wahrheit anzunehmen, lehnen sich die Ungläubigen gegen die göttliche Leitung auf. So halsstarrig sind sie, dass sie durch nichts als die göttliche Strafe belehrt werden können. Das Beispiel der Früheren bezieht sich die totale Vernichtung der Ungläubigen, während die Strafe ihnen offen vor Augen gestellt würde ein Ereignis anzeigt, das die Ungläubigen aus ihrem Schlaf aufrütteln soll. Nie zuvor war es notwendiger als heute, dass die Menschen sich zu Gott wenden und um Verzeihung für ihre Missetaten bitten. Warnung an die Völker 57. Und Wir schicken die Gesandten ja nur als Bringer froher Botschaft und als Warner. Die aber, die Ungläubig sind, streiten mit Falschheit, damit sie dadurch die Wahrheit widerlegen. Und sie verspotten meine Zeichen und das, womit sie gewarnt werden. Gott zeigt den Ungläubigen die Zeichen, damit sie die Wahrheit erkennen, sie annehmen und sich vor der himmlischen Strafe schützen mögen. Aber sie treiben ihren Spott damit und stellen sie als die Schrullen eines unwissenden und aber gläubigen Volkes hin. Was aber die einfältigen Theorien ihrer eigenen Philosophen und Sozialdenker anbelangt, so akzeptieren sie diese ohne weiteres als Offenbarungen. 58. Und wer ist ungerechter als der, der an die Zeichen seines Herrn gemahnt wurde, er wandte sich aber ab von ihnen und vergas, was seine Hände vorausgeschickt hatten? Wahrscheinlich, Wir haben Schleier über ihre Herzen gelegt, so dass sie es nicht begreifen, und Taubheit in ihre Ohren. Und selbst wenn du sie zum rechten Weg rufst, werden sie nie den rechten Weg einschlagen. Diese Spötter und Spaßtreiber lehnen das Wort Gottes in Verachtung ab, wissen aber nicht, dass ihre Pläne und Machenschaften nur moralisches Chaos, wirtschaftliche Misstände und internationale Rivalitäten hervorrufen. Sie haben den Weltfrieden zerstört. Einerseits sind ihre eignen Anstrengungen völlig gescheitert, anderseits behaupten sie, die Befolgung einer religiösen Lehre und die göttliche Führung vermöchten sie nicht aus dem Wirrwarr zu retten. Dies ist ein Widerspruch. Können diese Völker anderes erwarten, wenn sie nicht Gebrauch machen von der Vernunft, die Gott ihnen beschert, als dass ihre Fähigkeiten verdorren? 59. Dein Herr aber ist der Vergebungsreiche, voll der Barmherzigkeit. Wollte Er sie zur Rechenschaft ziehen für das, was sie verdienen, dann würde Er gewiss ihre Bestrafung beschleunigen. Allein sie haben eine festgesetzte Frist, gegen die sie keine Zuflucht finden werden. Aber Gott ist barmherzig und liebevoll. Er vernichtet ein sündiges Volk nicht ohne weiteres. Er lässt es vorerst warnen durch einen Propheten, und nur wenn die Leute auf ihrer Sünde beharren, straft Er sie. 60. Und diese Städte! Wir zerstören sie, als sie Frevel beginnen. Und Wir setzten eine Frist zu ihrer Zerstörung. Die westlichen Völker sind nicht die ersten, die weltlichen Ruhm und materiellen Reichtum erlangen. Auch frühere Völker, die ebensoviel Macht und Einfluss besaßen, erhielten ihre Warnung durch die Propheten. Aber sie erwiesen sich als zu eingebildet (und immer sagten sie, sie seien gebildet und aufgeklärt!), als dass sie auf die Stimme Gottes gehöret hätten. Die Folge war die himmlische Strafe. Die westlichen Völker sind heute wohl die mächtigsten und einflussreichsten auf der Welt. Sie haben im Rausch ihrer Macht die verschiedenen Warnungen der Natur außer acht gelassen und sich völlig dem materiellen Gewinn, den fleischlichen Begierden und dem körperlichen Genuss hingegeben. Die ganzen Sura richtet sich an diese wie eine Warnung, denn der Tag der Abrechnung naht. Die geistige Reise Mose 61. Und (gedenke der Zeit) da Moses zu seinem Jünger sprach: „Ich will nicht aber rasten, als bis ich den Zusammenfluss der beiden Meere erreicht habe, und sollte ich jahrhundertlang wandern.” Mit diesem Vers beginnt das wichtigste Kapitel über die Isra (geistige Nachtreise) Moses. Zweimal in ihrer bewegen Geschichte haben die Christen die führende Rolle an sich gerissen. Bereits der Vers 33 nimmt mit dem Ausdruck „zwei Gärten” Bezug auf diese zwei Epochen. Die erste Zeitspanne reicht von der Bekehrung Konstantins, der das Christum zur Staatsreligion erhob, bis zur Ankunft des Propheten Muhammad. Die zweite Epoche umfasst die letzten Jahrhunderte bis auf den heutigen Tag, jene Zeit also, in der die westlichen Völker Afrika und fast ganz Asien unterjochten. Zwischen den beiden „Gärten”, so hieß es im Vers 34, ließen Wir einen Strom fließen. Dieser Strom bedeutet die Geburt des Propheten Muhammad und seinen Aufstieg. In dieser Zwischenzeit trug das Antlitz der Welt den Stempel Muhammad und seiner Anhänger. Um der Erzählung einen geschichtlichen Hintergrund zu geben, befasst sich der Qur-ân ausführlich mit der geistigen Reise Mose. Bekanntlich verkündet eine Prophezeiung im 5. Buch Mose 18:18 die Ankunft eines Propheten wie Moses, und auch der Qur-ân bezieht sich auf diese biblischen Voraussage (73:16). Einige Verse später in dieser Sura Nr. 18 ist die Rede von Dhul-Qarnän, und die Tatsache, dass der Qur-ân den Bericht über die geistige Reise Mose gerade zwischen den Bericht über die Bewohner der Höhle und den Bericht über DhulQarnän – die beide die Perioden der christlichen Macht kennzeichnen – eingeschoben hat, spricht dafür, dass der Prophet der Prophezeiung Mose in der Zwischenzeit erschienen musste. Ist die Anordnung der Verse im Qur-ân nicht ein Wunder? Es gibt farbige Erzählungen über die „Reise” Mose die Licht auf deren wahre Natur werfen, auch wenn es sich bei den meisten um Mutmaßungen handelt. Wer war der „Jüngere”,, der Moses begleitete, und wer war der „Diener Allahs”, den Moses aufsuchte? Wir müssen Rückschau auf die vorhergehende Sura (Nr. 17) halten, die von der damals bevorstehenden Flucht (Hijrat) des Propheten Muhammad aus seiner Heimatstadt Mekka nach Medina berichtete und die für die Muslime daraus resultierenden Erfolge voraussagte – ungeachtet des erbitterten Widerstands der Juden und Christen. In der gegenwärtigen Sura wird nun die Reise Mose erzählt, um die Prophe- zeiungen über die Zukunft des Islam zu bekräftigen. Es herrscht die falsche Meinung, dass diese Reise Mose ein physisches Erlebnis gewesen sei, aber diese Ansicht ist nicht stichhaltig. Es handelt sich um eine Version – geistige Reise –, wie sämtliche Begleitumstände zeigen. Im Falle einer wirklichen Reise hätte die Bibel sie erwähnen müssen. Die Bibel spricht wohl von seiner Reise nach Midian, aber jene Reise unternahm Moses ohne Begleitung und blieb 40 Tage von seinem Volke abwesend. Diese kurze Abwesenheit genügte, dass sein Volk sich von Gott wandte, um sich der Anbetung des goldenen Kalbes hinzugeben. Eine viel längere Reise – wie es der Fall bei der geistigen Reise sein müsste – hätte in diesem wankelmütigen und glaubensschwachen Volk ein solches geistigen Chaos zur Folge gehabt, dass die Bibel voll von der Erzählung der Ereignisse sein müsste. Man muss auch die Tatsache vor Augen halten, dass die Propheten Gottes unter ihrem Volk wirken und sich nicht außer Landes begeben, es sei denn, um einen fernen Teil ihres Volkes aufsuchen. Das war der Fall bei Jesus, der nach der Kreuzigung sich nach Kaschmir begab, da viele Stämme des Hauses Israels – mehr als in Palästina – in jener Gegend wohnten. Der Zusammenfluss der Meere Der Ausdruck Zusammenfluss der beiden Meere spricht ebenfalls von der wahren Natur der Reise. Es gibt keinen Ort auf der Weil, der so heißt. Die der Wohnstatt Mose am nächste liegenden Stellen, wo Meere am nächsten liegenden Stellen, wo Meere ineinander zusammenfließen, sind: Bâb al-Mandab, Verbindungspunkt des Roten Meeres und des Indischen Ozeans; die Meerenge der Dardanellen, die das Ägäische Meer mit dem Marmara-Meer verbindet; und Al-Bahrain, wo der Persische Golf und der Indische Ozeans sich treffen. Allein die Dardanellen kommen für eine Zusammenkunft zwischen Moses und dem Diener Gottes (Vers 66) in Frage, denn sie liegen in der gleichen Richtung wie Kanaan, das Endziel für Moses, das er zu seinen Lebzeiten nicht erreichen konnte. Aber alle diese drei Punkte liegen ungefähr 1600 km entfernt von dem Ort, wo Moses wohnte, eine Entfernung, die zu jener Zeit in nicht weniger als einem Jahr hätte bewältig werden können. Daraus kann nichts anderes geschlossen werden, als dass es sich um eine imaginäre Reise handelt, an deren Ende nicht ein geographisches, sondern ein geistiges Ziel steht. In der nachfolgenden Erzählung hat man diesen Umstand wohl im Auge zu behalten, damit die Dinge in der richtigen Perspektive erscheinen. 62. Doch als sie den Zusammenfluss der beiden Meer erreicht hatten, da vergaßen sie ihren Fisch; und er nahm seien Weg (und) entschlüpfte ins Meer. 63. Und als sie weitergegangen waren, sprach er zu seinem Jünger: „Bring uns unseren Imbiss. Wir haben wahrlich auf dieser unserer Reise viel Mühsal gelitten.” 64. Er antwortet: „Herr du nicht gesehen, als wir auf dem Felsen rasteten und ich den Fisch vergaß – und keiner als Satan machte es mich vergessen, seiner zu erwähnen –, da nahm er seinen Weg ins Meer auf wundersame Weise.” 65. Er sprach: „Das ist´s, was wir suchten.” Da kehrten sie beide um und schritten zurück auf ihren Spuren. Da in der Traumdeutung allgemein das Meer einen großen, gerechten Herrscher symbolisiert, muss unter dem Zusammenfluss der beiden Meere ein friedlicher Zusammenschluss zweier Herrscher verstanden werden. Der im gleichen Vers 62 erwähnte Fisch steht für die Bethäuser der Gläubigen und für rechtschaffenes Leben. Nun lässt sich die Version leicht erklären. In jenem Zeitpunkt, wo sich die religiösen Satzungen des Mose und Muhammads berührten, das heißt, als die islamischen Gesetze die Mosaischen ablösten und fortsetzten, nämlich zu Lebzeiten Muhammads, waren die Bethäuser in Vergessenheit geraten. Mit andern Worten: Bei den Juden und Christen war nicht länger die wahre Rechtschaffenheit anzutreffen. Der „Jünger” im Vers 63 kann Josua, Sohn des Nun, gewesen sein; © Verlag Der Islam, 2005 ISBN 3-921458-XX-Y http://www.ahmadiyya.de/shop.html aber die Beschreibung trifft eher auf Jesus zu, Made with denn dieser war der Jünger Mose in dem Sinne, dass er als der letzte Prophet unter dem von Moses eingeführten Gesetz kam, aber nicht um das Gesetz und die Propheten auflösen, sondern um sie zu erfüllen. (Mt 5:17) Der Imbiss steht für Müdigkeit. Der Vers will sagen, dass die Juden und Christen den Propheten Muhammad nicht annehmen werden, sondern ihre „Reise” weiter verfolgen und es nicht wahrhaben wollen, dass die Frist für die Satzung des Mose nun zu Ende ist. Nach müßiger Wartezeit werden sie sich fragen, ob der verheißene Prophet (5. Mose 18:18) nicht doch erschienen sei, ohne dass sie ihn erkannt hätten. Moses und Jesus stehen hier und im nachfolgenden Vers für Juden und Christen. Wenn wir im Vers 64 für das Traumgesicht Felsen die übliche Deutung „sündiges Leben” einsetzen, entschleiert sich der tiefe Hintergrund fast von selbst: Juden und Christen ruhen auf dem Pfuhl der Sünde, sie weichen ab vom Pfade der Rechtschaffenheit; tugendhafter Wandel ist nicht länger der Beachtung wert, sie lassen ihn gänzlich fahren. Der Diener Gottes 66. Dann fanden sie einen Unserer Diener, dem Wir Unsere Barmherzigkeit verliehen und den Wir Wissen gelehrt hatten von Uns Selbst. In seiner Vision sucht Moses den Diener Gottes auf, da ihm dieser an Wissen weit überlegen ist. Der Diener Gottes ist der Mittelpunkt und der Held der ganzen Geschichte und personifiziert den Propheten Muhammad. An nicht weniger als acht verschiedenen Stellen spricht der Qur-ân vom Propheten Muhammad als dem Diener Gottes. Die Auszeichnung Diener Gottes birgt die höchste Würde eines Irdischen vor Gott. Dass der Prophet Muhammad sich einer besonderen Barmherzigkeit Gottes erfreute, wird an einer weitern Stelle im Qur-ân bestätigt, der ihn als „eine Barmherzigkeit für alle Welten” bezeichnet (21:108). Was das Wissen und die geistige Höhe anbelangt, so wurden sie dem Propheten in außergewöhnlichem Maße verliehen, wie der Qur-ân es an verschiedenen Stellen bezeugt. Moses hatte eine Manifestation Gottes in Form eines Feuers erlebt, er von Midian nach Ägypten unterwegs war. Gottes hatte ihm immerhin von einem anderen Propheten berichtet, der aus der Reihe der Brüder Israels (d.h. aus den Ismaeliten) hervorgehen würde. Moses war begreiflicherweise neugierig und wollte den „Propheten der Prophezeiung” sehen. Also zeigte ihm Gott den kommenden Propheten in einer Vision. Der gelehrte „Diener Gottes”, auch bekannt unter dem Namen Khizr, war niemand anderer als der Prophet Muhammad, dessen Ankunft Gott bereits mit einer Prophezeiung durch Moses angekündigt hatte. (Vgl. auch 7:144.) 67. Moses sprach zu ihm: „Darf ich dir folgen, auf dass du mich belehrest über den rechten Weg, wie du ihn gelehrt worden bist?” 68. Er antwortete: „Du vermagst nimmer bei mir auszuharren in Geduld. 69. Und wie vermöchtest du geduldig zu sein bei Dingen, die über dein Begreifen sind?” Ein Vergleich Ein Vergleicht wird gezogen zwischen dem geistigen Rang der zwei Propheten, Moses und Muhammad. Das Gespräch zwischen den beiden unterstreicht diesen Unterschied. Vers 68 weist darauf hin, dass der Prophet Muhammad und die Muslime einer viel strengeren Geduldprobe unterzogen würden als Moses und seine Anhänger. Sogar die Frühchristen gaben während ihrer Verfolgung den Anhängern Mose ein Beispiel. Aber ob sie auch geistig hoch genug entwickelt waren, stelle Jesus selbst in Frage (Mt 17:17). Die Zweifelssucht Mose – durch immerwährendes Fragen gekennzeichnet – wird dem felsenfesten Vertrauen Muhammads gegenübergestellt. Der klaffende Unterschied in der Wesenart der beiden Propheten spiegelt sich auch in ihren Anhängern. Während die Israeliten Moses immerfort mit unnötigen Fragen belästigen, pflegen die Muslime in dieser Hinsicht größte Vorsicht und Zurückhaltung. Sie warteten, bis der Prophet den Zeitpunkt für gekommen fand, ihnen von neuen religiösen Dingen zu erzählen. Ihr Benehmen entsprach ganz und gar der Ermahnung im Qur-ân: „Und überhaste dich nicht mit dem Qur-ân, ehe seine Offenbarung dir vollständig zuteil geworden, sondern spricht: O mein Herr, mehre mich an Wissen!” (20:115) Im Vers 69 wird der Grund angeben, warum die Israeliten den Propheten Muhammad leugneten. Sie bilden sich ein, das auserwählte Volk Gottes zu sein und lebten ganz nach strengen Vorurteilen und vorgefassten Meinungen. Sie konnten sich niemanden außerhalb Israels vorstellen, der göttliche Offenbarungen empfangen könnte. 70. Er sprach: „Du wirst mich, so Allah will, geduldig finden, und ich werde gegen keinen deiner Befehle ungehorsam sein.” 71. Er sprach: „Wohlan, wenn du mir flogen willst, so frage mich nach nichts, bis ich selbst zu dir darüber rede.” Es ist klar, da? Der Qur-ân es den Juden – und Christen – zur Pflicht macht, die Botschaft Muhammads anzunehmen. Ein Ausspruch des Propheten Muhammads sagt das deutlich: „Wären Moses und Jesus am Leben, sie hätten unweigerlich mir folgen müssen.” (Kathir, Band II., S. 246). Wirtschaftslehre des Islam 72. So schritten sie beide fürbass, bis sie in ein Boot stiegen, in das er ein Loch hineinschlug. (Moses) sprach: „Schlugst du ein Loch hinein, um seine Mannschaft zu ertränken? Fürwahr, du hast etwas Schreckliches getan!” Nun beginnt die eigentliche Erzählung von den Erlebnissen Mose auf seiner Reise. Die Vorfälle haben eine tiefe Bedeutung, und der Leser muss auf die bilderreiche Sprache der Vision gefasst sein. Zunächst stellen wir fest, dass Moses es nicht fertigbrachte, sein Schweigen zu bewahren, sondern die erste Gelegenheit benutzte, seinen Lehrer zur Rede zu stellen. Boot steht für weltliche Güter. Der Qur-ân unterstützt diese Interpretation an einer anderen Stelle (17:67). Die Anhänger Mose und Muhammads sollten zu gegebener Zeit weltliche Güter erlangen. Der Prophet Muhammad schlug ein Loch in das Boot seiner Anhänger; das Geld sollten sich nicht in wenigen Händen sammeln, sondern immer im Umlauf bleiben, und so zu einer gerechten Umlauf bleiben, und so zu einer gerechten Verteilung der Güter führen. Zakât, welche diesen Zweck erfüllt, ist bekanntlich Vorschrift im Islam. Weiter steht der Islam für einen zinsfreien Handel ein; mit seinem Gesetz über die Erbschaft geht er noch einen Schritt weiter in der gleichen Richtung. Ferner verbietet er Glückspiele, und trifft Maßnahmen, um das Los der Arbeiter zu bessern. Die materialistischen Juden und Christen konnten die Weisheit dieser wirtschaftlichen Vorschriften nicht einsehen und nannten die Verteilung der Güter rücksichtlose Verschwendung. Ihre eigene Wirtschaftsordung neigt dazu, die Reichen noch reicher zu machen und das Geld in wenigen Händen anhäufen zu lassen. Dass Moses gegen das Loch im Boot protestierte, kann nicht anderes bedeuten, als dass seine Anhänger den materiellen Reichtum über alles schätzen. 73. Er antwortet: „Habe ich nicht gesagt, du würdest es nimmer vermögen, bei mir auszuharren in Geduld?” Der Diener Gottes erteilt hier Moses eine Rüge: Solange die Juden ihre Liebe zur Welt nicht aufgeben, werden sie nicht imstande sein, die Lehre des Islam anzunehmen. 74. (Moses) sprach: „Stelle mich nicht zur Rede ob meines Vergessens und sei deswegen nicht streng mit mir.” 75. So zogen sie weiter, bis sie einen Jüngling trafen, den er erschlugt. (Moses) sprach: „Hast du einen unschuldigen Menschen erschlagen, ohne dass (er) einen andern (erschlagen)? Fürwahr, du hast etwas Entsetzliches getan!” 76. Er antwortet: „Habe ich dir nicht gesagt, du würdest es nimmer vermögen, bei mir auszuharren in Geduld?” 77. (Moses) sprach: „Wenn ich dich hernach noch über etwas befragen, so begleite mich nicht weiter; von mir aus wärest du dann zu entschuldigen.” Der Jüngling verkörpert Unwissenheit, Kraft und Liebe zu sinnlichem Vergnügen. Das Erschlagen des Knaben heißt, dass der Diener Gottes, der Propheten Muhammad, durch seine Lehre den fleischlichen Leidenschaften und sinnlichen Begierden den Kampf bis zum Letzten ansagen würde, während die Juden und Christen gerade an dieser Lehre viel aussetzen würden. Vers 77 weist darauf hin, dass die Juden sich wiederholt des Vertragsbruches gegenüber dem Propheten Muhammad schuldig machen und den endgültigen Bruch gegenseitiger Beziehungen herbeiführen würden. Der Materialismus 78. So zogen sie weiter, bis sie zum Volk einer Stadt gelangen und Gastfreundschaft von ihrem Volk erbaten, diese aber weigerten sich, sie zu bewirten. Nun fanden sie dort eine Mauer, die einzustürzen drohte, und er richtete sie auf. (Moses)sprach: „Wenn du es gewollt, du hättest eine Belohnungen dafür erhalten können.” Volk einer Stadt steht für eine oder mehrere Nationen, und Gastfreundschaft erbeten heißt jemand um Mitarbeit für eine gute Sache zu bitten. Dass die Juden Moses und Propheten Muhammad ihre Mitarbeit verweigerten (im Falle Moses erklärten sie sich nicht bereit, mit ihm nach Kanaan zu ziehen); steht geschichtlich fest. Auch die Christen konnten sich nicht bereit finden, einer einfachen Aufforderung des Qur-âns nachzukommen (3:65), die sie aufforderte, durch das Bekenntnis zum Einen Gott mit den Muslimen eine gewisse Einigung zu erzielen. Nach Ta`tir al-Anam, einem wissenschaftlichen Werk der Traumdeutung, stellt eine Mauer mit einem Riss einen Führer oder einen Gelehrten dar, der sein Vermögen verloren hat; die Wiederaufrichtung der Mauer bedeutet die Wiederherstellung des Vermögens. Danach werden die religiösen Führer der Juden und Christen vorübergehend jeden Einfluss auf ihre Anhänger verlieren, ihn aber wieder zurückgewinnen. Im letzten Teil des Verses kommt zum Ausdruck, dass die materialistische Neigung der Juden und Christen dereinst so groß würde, dass sie alles nur für Geld täten und ohne materielle Gegenleistung zu keinem Dienst bereit wären. Die Deutung der Vorfälle 79. Er sprach: „Dies ist die Trennung zwischen mir und dir. Doch will ich die die Deutung von dem sagen, was du nicht in Geduld zu ertragen vermöchtest. Wenn der rechtschaffene Diener Gottes – der Prophet Muhammad – einsehen müsste, dass er die Anhänger Mose nicht dazu überreden kann, mit ihm für die Sache der Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit zusammenzuarbeiten, wen im Gegenteil die Juden sich feindselig gegen ihn erweisen würden, dann würde er sich gezwungen sehen, alle Bande mit ihnen abzuschneiden und seine Sache allein weiterzuverfolgen. 80. Was das Boot anlangt, so gehörte es armen Leuten, die auf dem Meer arbeiteten, und ich wollte es schadhaft machen, denn hinter ihnen war ein König, der jedes Boot kaperte. Arme Leute sind die Demütigen im Herzen, die trotz ihrer gehobenen Stellung sich nicht scheuen, sich der Sache der Bedürftigen anzunehmen. König stellt die Liebe zum Weltlichen dar. Die stolzen und eingebildeten Söhne der Dunkelheit, die sich nicht gern an philanthropischen Werken beteiligen, sind ganz und gar der Liebe zum Weltlichen verfallen. Darum schlug der Prophet Muhammad ein Loch in das Boot seines Volkes. Er legte Vorschriften fest, die den übermäßigen Hang zum Materiellen durch die Liebe zum Jenseits ausglichen. So sollen die Muslime an den Bedürften und Armen Barmherzigkeit üben, statt sie auszubeuten und zu tyrannisieren. 81. Und was den Jüngling anlagt, so waren seine Eltern Gläubige, und wir fürchteten, er möchte Schmach über sie bringen durch Widersetzlichkeit und Unglauben. Wie bereits erklärt, bedeutet das Töten des Knaben die Verminderung der bösen Folgen der Unwissenheit, der übermäßigen Macht und der ungebändigten körperlichen Kraft. Seine Eltern sind Körper und Seele des Menschen, der Quellbrunn aller moralischen Eigenschaften des Menschen. Indem die wilden Triebkräfte und die ungebändigten Leidenschaften in ihrer Wirkung vermindert wurden, blieben Körper und Seele des Menschen – seine Eltern - davor verschont, in Unglauben und Widersetzlichkeit zu geraten. Diese Vision Mose zeigt, dass dem Menschen großartige Fähigkeiten und Kräfte innewohnen, die ihn zu Taten großer Tugend veranlassen können, vorausgesetzt, dass er seine Kräfte beherrscht und sich nicht von ihnen beherrschen lässt. Selbst seine Unwissenheit ist ein Ansporn zur Entfaltung seiner inneren Kräfte. Um der wilden Triebkraft und der Leidenschaften Herr zu werden, muss man die Lehre befolgen, die Gott durch den Propheten Muhammad offenbarte. 82. So wünschen wir, dass ihr Herr ihnen zum Tausch (ein Kind) gebe, besser als dieser an Lauterkeit und näher in (kindlicher) Zuneigungen. Die Lehre des Islam ist dazu angetan, im Menschen eine neue Geburt seines Seins herbeizuführen, damit er seine sinnlichen Begierenden nicht überhand nehmen lasse und den Zweck seines Daseins aufs beste erfülle. 83. Und was nun die Mauer anlangt, so gehörte sie zwei Waisenknaben in der Stadt, und darunter lag ein Schatz für sie, und ihre Vater war ein Rechtschaffener gewesen; so wünschte dein Herr, dass sie ihre Volljährigkeit erreichen und ihren Schatz heben möchte, als eine Barmherzigkeit von deinen Herrn; und ich tat es nicht aus eigenem Ermessen. Das ist die Deutung dessen, was du nicht in Geduld zu ertragen vermochtest.” Mauer sind die Großen der Juden, nämlich Moses, Jesus, Abraham. Schatz ist der Wissensschatz an Gotteserkenntnis, der diesen Großen zuteil wurde. Gott hatte im Qur-ân die ewige Lehre von Moses und Jesus und anderen Propheten aufbewahrt, da die Juden durch ihre Weltliebe sie bereits verloren hatten. Dass die ewiggültigen Teile der früheren Propheten im Qur-ân enthalten sind, entspricht der Barmherzigkeit Gottes. Ich tat es nicht aus eignem Ermessen zeigt, dass die Aufbewahrung der früheren ewigen Wahrheiten durch den Qur-ân dem Plan Gottes entspricht und nichts Menschliches ist. Zusammenfassend sei festgestellt, was durch die Erzählung der Vision Mose besonders hervorgehoben wird. 1. Es war der Plan Gottes, dass der Prophet Muhammad erscheinen sollte, nachdem die Christen von der wahren Lehre Jesu abgewichten waren. 2. Die Anhänger Mose – Juden sowohl wie Christen – sollten diese Lehre annehmen, aber diese Annahme könnte erst nach längerer Zeit erfolgen, da die beiden Lehren in mancher Hinsicht voneinander verschieden sind. 3. Trotz langem, ermüdendem Hin- und Herreisen werden die Juden und Christen die innere Ruhe nicht finden; dann werden sie sich darüber Rechenschaft ablegen müssen, ob sie ihre Glaubenssätze, die längst überholt sind, auch weiterhin behalten können. 4. Wenn sie zu dieser Einsicht gelangen, werden sie sich gemäß den Prophezeiungen im Qur-ân entschließen, den Islam anzunehmen und ihr Leben nach den Grundsätzen dieser Lehre zu richten und so das wahre Glück und den Frieden zu erlangen, was ihnen für Jahrhunderte nicht möglich gewesen war. Die geistige Reise Mose enthält nützliche Aufschlüsse über die Zukunft und diente als Vorstufe für die Ankunft des Islam durch den Propheten Muhammad. Wer ist Dhul-Qarnän? Die nun folgenden Verse berichten ausführlich über die Person des Dhul-Qarnän. Es stellt sich die Frage, warum der Qur-ân sich mit dieser Person so eingehend befasst hat. Rekapitulieren wir das bisher Gesagte. Die Sura spricht von den beiden Epochen, die den materiellen Fortschritt der christlichen Völker kennzeichnet. Wir erfahren von den „Bewohnern der Höhle” (Kahf = Cave). Die Frühchristen waren tatsächlich wahre Anhänger ihres Glaubens und ließen sich auch nach ihrer politischen Machtergreifung einigermaßen von ihren Glaubenssätzen leiten, obwohl sie inzwischen vieles von ihrem religiösen Eifer eingebüßt hatten. Diese Ära reichte bis zur Ankunft des Propheten Muhammad. Der Geschichte der Bewohner der Höhle folgt die Erzählung von der Reise Mose, welche das Auftreten des Propheten Muhammad darstellt und zeigt, dass seine Ankunft das Ende der ersten Epoche der materiellen Wohlfahrt und der Herrschaft der christlichen Völker kennzeichnen würde. Diese würde ein zweites Mal die Herrschaft erlangen, aber der Wiederaufstieg zu weltlicher Macht würde Hand in Hand gehen mit ihrem geistigen Verfall. Die heiligen Schrift stellen dieses Ergebnis dar durch den phänomenalen Aufstieg der Gog und Magog, eines der Hauptthemen dieser Sura. Da nun, politisch gesehen, Gog und Magog und Dhul-Qarnän untrennbar sind – indem sie zur gleichen Zeit erschienen –, kommt die Sura ausführlich auf Dhul-Qarnän zu sprechen. Gog und Magog sind die Namen gewisser Stämme, die im äußersten Nordwesten Asiens und in Osteuropa wohnten. Die Fruchtbarkeit Asiens verleitete sie immer wieder zu Angriffen auf die Regionen im Süden und Südwesten Asiens. Wären diese Überfälle erfolgreich gewe- sen, so hätten diese Völker sich in Asiens niedergelassen und sich inmitten der verschiedenen Völker und Rassen Asiens assimiliert, genau wie die plündernden Arier vor ihnen. Das wäre sicher geschehen, und die Geschichte der Menschheit hätte einen anderen Verlauf genommen, wenn nicht Dhul-Qarnän, wie wir bald erfahren werden, eine mächtige Barriere gegen die Fremdlinge errichtet hätte, so dass sie sich in Asien nicht ausbreiten konnten, sondern sich nach Westen wandten und sich in die verschiedenen Gegenden Europa zerstreuten. Drang nach Osten Im damaligen Europa begann als Christentum die heidnischen „Religionen” allmählich zu verdrängen, und ihm wandten sich die neu verdrängen, und ihm wandten sich die neu zugewanderten Völkerstämme zu. Aber ihre Sehnsucht nach den asiatischen Ländern ließ nicht nach, und sie unternahmen erneute Versuche, im Osten Fuß zu fassen. Diese wurden zwar einstweilen vereitelt durch die Schutzmaßnahmen des Dhul-Qarnän, wiederholten sich aber von Generation zu Generation in verschärftem Maße, bis sich der Drang nach Osten schließlich, im 17. Jahrhundert, zur leidenschaftliche Feindschaft gegenüber den asiatischen Völkern auswuchs. Die Anstrengungen, den Vormarsch dieser Völker nach Asien zu verhindern, hatten auch das Auftreten des Dajjal zur Folge, welcher ein zweiter Name für Gog und Magog ist. Da Gog und Magog und DhulQarnän vieles miteinander zu tun haben, erwähnt der Qur-ân diesen im Zusammenhang mit dem zweiten Aufstieg der christlichen Völker, d.h. in unserer Zeit; diese Völker verkörpern heute Gog und Magog. Bevor man auf die Frage nach Dhul-Qarnän eingeht, muss in Erinnerung gerufen werden, dass der Qur-ân kein Gesichtsbuch ist. Was er an historischen Daten enthält, dient nicht bloß dem Zwecke der geschichtlichen Feststellung, sondern die so genannten Gesichten im Qur-ân sind ebenso Prophezeiungen über die Zukunft, und darin bildet die Geschichte von Dhul-Qarnän keine Ausnahme. Es handelt sich nicht bloß um die Erzählung der militärischen Heldentaten eines großen und edlen Eroberers der Vergangenheit, sondern die Erzählung enthält prophetische Hinweise auf eine zweite Persönlichkeit, einen zweiten Dhul-Qarnän, der dereinst Geschichte machen sollte, einen Weltreformator, der in unsere Zeit auftreten würde. Die muslimischen Schriften enthalten zahlreiche Hinweise auf diesen Reformator, der als „der Verheißene Messias und Mahdi” bezeichnet wird, so z.B. in Buchari, Ibn Maja. Die Erzählung von Dhul-Qarnän hat somit neben der geschichtlichen eine geistige Bedeutung, die in die Zukunft weist und auf die wir zurückkommen werden. Der geschichtliche Dhul-Qarnän – Kyros Der geschichtliche Dhul-Qarnän war der Gründer des Persischen Reiches, und er hatte Persien von den Medern befreit. Dieses Reich stellte die zwei Hörner des Widders dar in der bekannten Vision Daniels (Daniel 8:6). In Übereinstimmung mit der Vision Daniels erwähnt der Qur-ân, die drei Reisen des Dhul-Qarnän (Daniel 8:4). Dies führt und zur Annahme dass Dhul-Qarnän (wörtlich: Herr der zwei Hörner, Herr der zwei Jahrhunderte, Generationen usw.) zum Eigennahmen eines Königs von Medien und Persien geworden ist; die Beschreibung im Qur-ân passt am besten auf Kyros. Er kam auf den Thron Persien nach dem Tod seines Vaters und eroberte Medien – ein größerer Reich als Persien -, und somit wurde der zweite Teil der Vision Daniels erfüllt: „… und siehe, ein Widder stand vor dem Fluss, der hatte zwei Hörner; und die zwei Hörner waren hoch, und das eine war höher als das andere, und das höhere stieg zuletzt empor.” (8:3) Der Qur-ân erwähnte vier Merkmale des Dhul-Qarnän: er war ein rechtschaffener Diener Gottes, der göttliche Offenbarung empfing; er war ein großer Feldherr und ein gütiger und gerechter Herrscher; er behandelte die eroberten Völker mit äußerster Gütigkeit; er kam auf seinem Eroberungszug nach dem Westen an einen Ort, wo die Sonne in einem Quell von schlammigem Wasser unterging; dann ging er nach Osten und eroberte weite Gebiete; schließlich zog er in eine andere Region, bewohnt von einem primitiven Volk, wo Gog und Magog im Begriff waren, durch Überfälle große Unordnung zu stiften. Also errichtete er eine Schranke, um die Angriffspläne von Gog und Magog zu vereiteln. Auch die Bibel bestätigt diese Beschreibung von Dhul-Qarnän im Qur-ân. Dass er ein rechtschaffener, gottesfürchtiger Mensch war, geht aus Jesaja 44:28; 45:1-3; Esra 1:1-2 und 2. Chronika 36:22- 23 hervor (siehe auch Jewish encyclopaedia, vol. 4, p. 404 und Enc. Biblica, vol. 1, col. 980). Die oben angeführten biblischen Stellen bestätigen auch, dass er ein großer Feldherr und Herrscher über weite Gebiete war. Die Angaben des Qur-ân und der Bibel werden durch die Geschichtswissenschaft erhärte (siehe Historians´ History of the Wold, unter Cyrus). Die Geschichte berichtet uns, dass Kyros ein großes Reich im Osten und westen errichtete, welches sich von den Gewässern des Schwarzen Meeres im Westen bis zu den Grenzen von Afghanistan, Samarkand und Bukhara im Osten erstreckte. Nachdem Kyros die Herrschaft über Persien und Medien erlangen hatte, stachelte Krösus, der König von Lydien, die Herrscher Babyloniens, Ägyptens und Spartas gegen ihn auf. Aber Krösus erlitt nach wenigen Tagen eine vernichtende Niederlage, und so wurde Kyros der Weg zu seinen weiteren Eroberungen bis zur Küste des Schwarzes Meeres eröffnet. Er eroberte Babylonien, Ninive und die griechischen Kolonien, welches sich im Norden von Kleinasien bis zum Marmarameer erstreckt hatte. So erreichte er den Quell von schlammigem Wasser, wie der Qur-ân das Schwarze Meer genannt hat. Über seine Eroberungen im Osten verweisen wir auf die Historians´ History of the World (vol.2, unter Cyrus). Nach dem Qur-ân richtete Dhul-Qarnän sein Augenmerk auf ein, zwischen den östlichen und westlichen Teilen seines Reiches liegende Region 2, bewohnt von einem primitiven Volk, das ständig von Gog und Magog bedroht wurde. Er errichtete eine Schranke, um die Angriffe von außen zu verhindern. Gog und Magog Wer waren Gog und Magog? Die Bibel berichtet: „Menschensohn, richte dein Angesicht gegen Gog vom Lande Magog, den Fürsten von Rosch, Mesech und Tubal, und weissage wider ihn und sprich: so spricht der Herr, Jehova: Siehe ich will an dich, Gog, Fürst von Rosch, Mesech und Tubal. Und ich werde dich herumlenken und Haken in deine Kinnbacken legen… Perser, Äthiopier und Put mit ih2 Es handelt sich um das Gebiet zwischen dem Kaspischen Meer und dem Hochgebirge von Kaukasus, heute auf russischem Gebiet nen…” (Hesekiel 38:2-5). Nach diesem Bericht waren Russland (Rosch), Moskau (Mesech) und Tobolsk (Tubal), alle im Norden, die Heimat dieser Völker. Die biblische Darstellung von Gog und Magog ist von der Geschichte bestätigt worden. Magog war der zweite Sohn Japhats (1. Mose 10:2). Nach Hesekiel 39:6 waren Magog ein nordisches Volk, ihr Führer war Gog, und in der Offenbarung werden Gog und Magog als ein Sammelbegriff vom Bösen dargestellt. Josephus identifiziert sie mit den Skythen. Nach Jerôme (Jewish Encyclopaedia, vol. 6, p. 19) lebten Magog in der Nähe des Kaspischen Meeres, die die gleiche nordische Region ist, wo die Skythen wohnten. Herodotus berichtet, diese Nomaden (die Skythen) seien durch das natürliche Tor zwischen dem Kaukasus und dem Kaspischen Meer, den Pass von Darband gekommen (siehe Jewisch Encyclopaedia unter Gog und Magog und Historians´ History of the World, vol. 2, p. 582). Es ist bereits anhand der Bibel gezeigt worden, dass Gog und Magog Persien erobert hatten, und es ist eine wohlbekannte geschichtliche Tatsache, dass „Persien in die Hände der Skythen oder des Kaisers von Medien fiel, welcher Ekbatana (Hauptstadt von Medien) regierte, von welchem es durch Kyros den Großen befreit wurde.” (Historians´ History of the World, vol. 2, p. 589) Daraus geht hervor, dass die Skythen oder Gog und Magog die Gebiete im Norden und Nordosten vom Schwarzen Meer besetzt hatten und dass sie diese Gebiete über den Darband-Pass erreicht und erobert hatten und somit über Persien herrschten, bis sie durch Kyros zurückgedrängt wurden. Die Derbent-Mauer Nach dem Qur-ân errichtete Dhul-Qarnän eine Schranke gegen die Überfälle der Gog und Magog. Es besteht eine Mauer am gleichen Ort, wo nach Herodotus der Pass stand, durch welchen die Skythen ihre Überfälle auf Persien ausübten, die berühmte Derbent- (oder Darband)-Mauer. Auch die Encyclopadia Britannica berichtet von dieser Mauer, die Persien vor fremden Angriffen schützte. Es wird irrtümlicherweise allgemein angenommen, dass diese Mauer durch Alexan- der den Großen gebaut wurde. Für diesen war es jedoch nicht möglich, diese Mauer zu bauen. Er hatte zwar Darius im Sommer 330 v. Chr. besiegt, hatte aber genug zu tun, eine Armeerevolte zu unterdrückten. Nachher marschierte er gegen Kabul (Afghanistan), wo er noch eine andere Revolte gewärtigen musste. Erst im Winter 329 v. Chr. konnte er nach Indien marschieren. Sein Zug nach Indien vollzog sich mit einer solchen Geschwindigkeit, dass manche Historiker die Durchführbarkeit überhaupt anzweifeln. Jedenfalls wird anerkannt, dass er geradewegs und ohne Zwischenhalte nach Indien zog. Nach Persien kehrte er 324 v. Chr. zurück, von wo er, nach einer weiteren Revolte, die Rückreise antrat, auf der er im folgenden Jahre starb. Dies zeigt, dass ihm sein Eroberungszug keinen Zeit übrig ließ, sich einem Projekt von dem Ausmaße der genannten Mauer zu widmen. Die Annahme, die Mauer sei von Alexander gebaut worden, beruht auf dem Irrtum, dass einige Kommentatoren Dhul-Qarnän mit Alexander verwechselt haben. Wenn nicht Alexander diese Mauer bauen ließ, so beweist es keinswegs, dass Kyros deren Urheber war. Im Angesicht des Fehlens unumstrittener und eindeutiger geschichtlicher Daten können wir uns nur auf den Indizienbeweis stützten. Das Folgende untermauert unsere Schlussfolgerung: Darius bestieg den Thron Persiens nach dem Tode des Sohnes von Kyros. Dieser hatte in einem Traumgesicht gesehen, dass Darius Europa und Asien überschatten würde. Darius lag es daran, die Macht der Skythen zu stürzen, also ging er über Griechenland und griff die Skythen von der europäischen Seite an. Das war offensichtlich ein großer Umweg, denn die Skythen wohnten nicht weit entfernt im Norden. Dieser Umstand lässt unweigerlich auf das Vorhandsein einer Mauer folgern, die ihm den direkten Vormasch versperrte. Darius blieb also nichts übrig, als die Skythen von Europa aus anzugreifen. Ohne diese große Barriere hätte er nicht die Tausende von Kilometern lange Reise unternommen und sein eigenes Land entblößt. Die Mauer bedeutete für Persien einen großen Schutz und Schild gegen Angriffe. Es ist bekannt, dass die Skythen bis zur Zeit Kyros unaufhörlich gegen Persien vorstießen, aber nach seiner Machtergreifung ließen diese Angriffe nach, weil Kyros die Mauer errichtet hatte; und diese Mauer kann nicht anders gewesen sein als die berühmte DerbentMauer, irrtümlich Alexander-Mauer genannt. 84. Und sie fragen dich nach Dhul-Qarnän. Sprich: „Ich will euch etwas von seiner Geschichte erzählen.” 85. Wir setzten ihn fest auf Erden und gaben ihm die Mittel zu allem. Bereits ist erwähnt worden, dass Kyros über jedes Mittel verfügte, das ihm seine Eroberungen ermöglichte und dass er sich in hohem Maße der Gnaden und Gaben Gottes erfreuen durfte. „Ort des Sonnenuntergangs” 86. So folgte er einem Wege, 87. Bis er den Ort des Sonnenuntergangs ereichte; er fand sie in einem Quell von schlammigem Wasser untergehen, und nahebei fand er ein Volk. Wir sprachen: „O Dhul-Qarän, entweder strafe oder behandle sie mit Güte.” Ort des Sonnenuntergangs steht für die westlichen Teile des Reiches des Kyros oder die nordwestliche Grenze Kleinasiens und bezieht sich auf das Schwarze Meer, denn es bildete die nordwestliche Grenze seines Reiches. Vers 87 spricht von dem Feldzug, den Kyros gegen seine Feinde im Westen unternahm. Die Geschichte stellt fest, das Kyros unmittelbar nach der Eroberung Mediens von Ost-Babylonien, Ägypten und Lydien angegriffen wurde; Sparta, die größte militärische Macht Griechenlandes, hatte sich an dieser Allianz angeschlossen. Krösus marschierte zuerst gegen Kyros, und zwar im Frühling 546, wurde aber geschlagen und in seine eigene Hauptstadt zurückgetrieben. Im Herbst des gleiches Jahres wurde das Reich Lydiens zu einer persischen Provinz (Encyclopaedia Britannica und Historians´ History of the World, unter Cyrus). Quell von schlammigem Wasser ist eine zutreffende Beschreibung vom Schwarzen Meer. 88. Er sprach: „Wer da frevelt, den werden wir sicherlich bestrafen; dann soll er zu seinem Heer zurückgebracht werden, und er wird ihn mit furchtbarer Strafe strafen. Kyros war fromm und gottesfürchtig. Sein Glaube an den Jüngsten Tag und an das Leben im Jenseits ist aus diesem Vers ersichtlich. Er war ein Anhänger Zoroasters, und die zoroastrische Lehre hat das Le- ben im Jenseits mehr betont als irgendeine andere religiöse Lehre vor dem Islam. 89. Wer aber gläubig ist und das Gute tut, dem wird herrlicher Lohn werden; und Wir werden zu ihm (Worte) der Erleichterung Unseres Gebotes sprechen.” Kyros behandelt die unterworfenen Völker mit Güte und Nachsicht. Die Geschichtsbücher berichten von Kyros als einem außerordentlichen gerechten und gütigen Herrscher, der die Wohlfahrt der Völker unter seiner Herrschaft vor seine eigenen Wünsche stellte. „Ort des Sonnenaufganges” 90. Darauf folgte er einem Wege, 91. Bis er den Ort des Sonnenaufgangs erreichte; er fand sie über einem Volk aufgehen, dem Wir keinen Schutz gegen sie gemacht hatten. Hier ist nun die Rede von der zweiten Expendition Kyros, die ihn nach dem Osten führte, und zwar nach Afghanistan und Belutschistan. Dem Wir keinen Schutz gegen sie gemacht hatten zeigt, dass es sich um ein Volk handelt, das in sehr primitiven Verhältnissen lebte. Ihre Wohnstätten waren nicht aus Ziegelstein gebaut, sondern sie bestanden aus Zelten und Hütten. Wir haben hier eine treffende Beschreibung des unfruchtbaren und dürren und trockenen Bodens, der das Wüsten- und Felsenland Belutschistan kennzeichnet. 92. Also (war es); und Wir umfassen mit Wissen, wie es um ihn bestellt war. Kyros genoss bei seinen Feldzügen göttlichen Schutz. Dies entspricht auch der biblischen Darstellung: „Ich selbst gehe vor dir her und ebne die Berge ein.” (Jesaja 45:2). 93. Hierauf folgte er einem Weg. 94. Bis er zwischen die beiden Berge gelangte; er fand an ihrem Fuß ein Volk, das kaum ein Wort verstehen konnte. Der Qur-ân spricht hier von dem dritten Feldzug Kyros im Norden Persiens, dem Gebiet zwischen dem Kaspischem Meer und dem Kaukaus-Gebirge. Das Volk in diesem Gebiet sprach nicht die gleiche Sprache wie Kyros, aber da es in der unmittelbaren Nachbarschaft Persiens wohnte und stets mit Persien und den Persern und Medern zu tun hatte, konnte es ein bisschen von der persischen Sprache verstehen, wenn dies auch mit großer Mühe. Die Region, in der die Mauer errichtet wurde, grenzte an Persien und wurde später ein Teil Persiens. Heute gehört sie zu Russland. Die beiden Berge sind zwei Barrieren. Der Derbent-Pass, wo die Mauer errichtet wurde, ging vom Kaspischen Meer bis zum KaukausGebirge, welche beide natürliche Fortsetzungen des Bollwerks bildeten. Kyros baut die Schranke 95. Sie sprachen: „O Dhul-Qarnän, Gog und Magog stiften Unordnung im Lande; sollen wir dir nun Tribut zahlen unter der Bedingung, dass du zwischen uns und ihnen eine Schranke errichtest?” 96. Er antwortete: „Die Macht, die mein Herr mir dafür gegeben hat, ist besser, doch ihr mögt mir den Arm leihen, so will ich zwischen euch und ihnen eine starke Schranke errichten. Das genannte Volk (Vers 94) wohnt am Weg, auf dem die Gog und Magog ihre verheerenden Raubzüge gegen Persien unternahmen, und es war verständlicherweise an der Errichtung einer Mauer interessiert. Also baten die Leute Kyros, für sie eine solche zu bauen. Kyros verfügte wohl über die notwendige Mittel und die Ausrüstung für diese gigantische Arbeit, aber das Volk musste dazu die Arbeiter bereitstellen. 97. Bringt mir Eisenstücke.” Als er die Kluft zwischen den beiden Boll3 werken ausgefüllt hatte, sprach er: „Blaset!” Als er feurig gemacht hatte, sprach er: „Bringt mir geschmolzenes Kupfer, ich will es darüber gießen!” 98. So vermochten sie (Gog und Magog) nicht, sie (die Schranke) zu erklimmen, noch konnten sie sie durchlöchern. Da der Pass auch den Handelsreisenden offen stehen sollte, ließ Kyros Tore in die Mauer einbauen, die aus einer korrosionsfesten Legie3 Dem Kaspischen Meer und dem Kaukasus-Gebirge. rung von Kupfer und Eisen hergestellt wurden. Das Bauwerk erfüllte seinen Zweck: Die Einfälle der Gog und Magog hörten auf, denn sie vermochten die mächtige, neun Meter hohe und über drei Meter dicke Mauer nicht zu überwinden. So bildete sie einen wirksamen Schutz der persischen Grenze. Der Wettlauf zwischen den Völkern 99. Er sprach: „Das ist die Gnade meines Herrn; doch wenn die Verheißung meines Herrn in Erfüllung geht, Er wird sie zu Staub zerbrechen, und die Verheißung meines Herrn ist wahr.” Kyros, der Gottesfürchtige und Rechtschaffene, gedenkt seines Herrn. Er hat nicht aus eigner Macht und Kraft die Mauer errichtet, sondern durch die Gnade Gottes. Seine Errungenschaften bezeichnete er nicht als sein Verdienst, sondern er schrieb sie der Gnade und der Barmherzigkeit Gottes zu. Wenn die Verheißung meines Herrn in Erfüllung geht, würden Gog und Magog sich wiederum nach dem Südwesten ausbreiten; dann würde die Mauer ihren Vormarsch nicht mehr aufhalten können. An einer anderen Stelle im Qur-ân erfahren wir (21:97), dass Gog und Magog ihre Fühler nach der ganzen Welt ausstrecken werden. Im bildlichen Sinne könnte das Zerbrechen der Mauer auch den politischen Untergang der muslimischen Völker, namentlich der Türken in Europa, bedeuten. Die Schwächung der Macht der Türkei öffnete den christlichen Völkern Europas das Tor zur Eroberung des Ostens. 100. An jenem Tage werden Wir die einen von ihnen wie Wogen gegen die anderen anstürmen lassen, und die Trompete wird geblasen werden. Dann werden Wir sie versammeln allzumal. Der Vers stellt eindeutig und klar fest, dass zur Zeit der Machtergreifung durch Gog und Magog es einen Wettlauf zwischen den Völkern der Erde geben wird. Sie werden sich gegeneinander vereinigen. Nation wird gegen Nation sein und Königreich gegen Königreich. Hass, Bosheit und Sittenverderbnis werden die Zeiten kennzeichnen. Der Aufstieg der Gog und Magog – oder der westlichen Völker – wird auch im 21:97 vorausgesagt, wo es heißt, dass diese Völker die Oberhand erlangen werden. Durch ihre Seemacht werden sie sich rasch auf der Welt verbreiten. Wenn sie den Höhepunkt ihrer Macht erlangt und die Huldigung der Völker der Erde empfangen haben, dann wird die Verheißung Gottes in Erfüllung gehen. Die angedrohte Strafe wird unversehens und urplötzlich hereinbrechen; überrascht und entsetzt werden sie aus dem unerwarteten Ende ihres Machttraumes erwachen. Nach diesem Vers und die Stellen 21:97-98 werden Gog und Magog nicht durch ein Loch in irgendeiner Mauer kommen, sondern in Dampfern über die Wogen der Meere. Diese Prophezeiung des Qur-ân hat ihre wunderbare Erfüllung in unserer Zeit gefunden. Die westlichen Völker haben alle Höhen materieller Macht erklommen. Groß ist ihr Aufstieg gewesen, und nach dem Gesetz der Natur und der Voraussage der heiligen Schriften wird ihr Untergang sich dementsprechend vollziehen. 101. Und vor Augen stellen Wir an jenem Tage den Ungläubigen die Hölle, 102. Ihnen, deren Augen vor Meiner Mahnung verhüllt waren und die nicht einmal hören konnten. Es werden schreckliche Zeiten sein, wenn es einmal soweit ist. Gott wird namentlich bei den westlichen Völkern in Vergessenheit geraten, und die Liebe zum Mammon wird die Liebe zu Gott ersetzen. Den Schöpfer werden sie dermaßen vergessen haben, dass sie alle ihre Errungenschaften ihrem eigenen Geschick und Können zuschreiben werden. Die nicht einmal hören konnten besagt, dass ihre Herzen so verrostet sein werden, dass sie jede Beziehung zum Wort Gottes verlieren und nicht einmal bereit sein werden, es anzuhören. Der Vers 102 berichtet vom irdischen Glanz der Gog und Magog, aber auch von ihrer Gottlosigkeit, Stolz auf ihre politische Macht und militärische Überlegenheit, werden sie sich einem Leben des Vergnügens und der Sünde hingeben. Aber der Zorn Gottes wird ihren Untergang herbeiführen. Wie wir bei der Vision Mose geschehen haben, werden sie sich in ihrer großen Verzweiflung an Gott wenden und, nachdem sie ihre Fehler erkannt haben, werden sie zu dem Zusammenfluss der zwei Meere zurückkommen und den Propheten Muhammad anerkennen. Die folgende biblische Prophezeiung bildet einen passenden Abschluss zu der Erzählung von Gog und Magog und deutet den Zeitpunkt ihres Aufstiegs an: Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnis losgelassen werden und wird ausgehen, die Nationen zu verführen, die an den vier Ecken der Erde sind, den Gog und den Magog, sie zum Kriege zu versammeln, deren Zahl wie der Sand des Meeres ist (Offenbarung 20:7-8). „Tausend Jahre” berechnet nach dem islamischen Kalender, ergibt die Zahl 1622. Diese biblische Stelle zusammen mit Hezekiel 38 und 39 zeigt eindeutig, dass der Aufstieg der Gog und Magog seinen Anfang im 17. Jahrhundert nehmen und zu unserer Zeit seinen Höhepunkt erreicht haben muss. Wie bereits erwähnt, sind die sogenannten Erzählungen im Qur-ân nicht bloße Geschichten, sondern sie dienen einem tiefen Zweck. Die Frage erhebt sich: Warum hat der Qur-ân der Geschichte von DhulQarnän einen solchen bedeutenden Platz eingeräumt, obwohl sie als geschichtliche Tatsache für unsere materielle oder geistige Wohlfahrt von geringem Nutzen ist? Im Heiligen Buch ist sie wegen ihrer geistigen Bedeutung für die Menschheit so ausführlich erzählt. Die Geschichten im Qur-ân sind auch Prophezeiungen. Die einen sind bereits in Erfüllung gegangen, namentlich durch die Person des Propheten Muhammad, die anderen harren ihrer Erfüllung in der Zukunft. Gleich verhält es sich mit der Erzählung von Dhul-Qarnän. Neben dem geschichtlichen Dhul Qarnän war auch ein zweiter Dhul-Qarnän in unserer Zeit zu erwarten. Dieser zweite Dhul- Qarnän, der die Prophezeiung erfüllte, ist der Gründer der Ahmadiyya-Bewegung des Islam, Hazrat Mirza Ghulam Ahmad von Qadian, der merkwürdigerweise persischer Abstammung ist wie der erste Dhul-Qarnän. Wie der große persische Kaiser Kyros sein Land vor den verheerenden Überfallen der Gog und Magog durch die Errichtung einer mächtigen und starken Schranke schützte, so wird der zweite Dhul-Qarnän die Seele und den Geist der Menschheit vor den Angriffen durch die Nachkommen der Gog und Magog schützen, gegen die Angriffe auf die wahre Religion und die Seele der Menschheit. Der zweite Dhul-Qarnän wird die großartige Aufgabe durch die Hilfe Gottes erfüllen. Die Aufgaben, mit denen die beiden Dhul-Qarnän betraut wurden, weisen eine auffallende Ähnlichkeit auf. Der große Kyros war Dhul-Qarnän in dem Sinne, dass er Herrscher über zwei Reiche (Medien und Persien) war, und der Prophet Ahmed, der Verheißene Messias unserer Zeiten, ist Dhul-Qarnän in dem Sinne, dass er in zwei Jahrhunderten lebte, und zwar im 19. und 20. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung, im 13. und 14. Jahrhundert des muslimischen Kalenders, im 55. und 56. Jahrhundert nach dem jüdischen Kalender und im 19. und 20. Jahrhundert nach dem Hindu-Kalender. 103. Wähnen die Ungläubigen etwa, sie könnten Meine Diener zu Beschützen nehmen statt Mich? Wahrscheinlich, Wir haben den Ungläubigen die Hölle zur Gaststätte bereitet. Der Vers spricht von den Völkern, die Menschenwesen anbeten, wie die Christen, die Jesus als Heiland und Sohn Gottes betrachten. Dieser Vers verleiht der These Gewicht, dass auch bei den vorangehenden Versen die Rede von christlichen Völkern des Westens gewesen ist. 104. Sprich: „Sollen Wir euch die nennen, die in ihren Werken die größten Verlierer sind? 105. Die, deren Mühe verloren ist in irdischem Leben; und sie denken, sie täten gar Gutes.” Diese Völker kennen als einziges Ziel ihres Lebens die Förderung des materiellen Wohlstandes und Bequemlichkeit des irdischen Lebens. Sie sind stets bestrebt, die weltlichen Vorteile für sich zu sichern und neue Entdeckungen und Erfindungen zu machen, damit sie mehr und mehr den körperlichen Komfort erhöhen können. Diese äußerst einseitig betonte Haltung ist heute zu einer Sucht des materiellen und körperlichen Wohls geworden und ist stark ausgeprägt bei den westlichen Völkern; die Vernachlässigkeit der geistigen, religiösen, sittlichen und moralischen Seite des Lebens kümmert sie wenig. Und noch mehr: Sie denken, sie täten gar Gutes. 106. Das sind jene, die die Zeichen ihres Herrn und die Begegnung mit ihm leugnen. Darum sind ihre Werke nichtig, und am Tage der Auferstehung werden Wir ihnen kein Gewicht geben. 107. Dies ist ihr Lohn – die Hölle –, weil sie ungläubig waren und Spott trieben mit Meinen Zeichen und Meinen Gesandten. All ihr Tun gilt ausschließlich dem Leben hienieden. Das künftige Leben geht sie nichts an. Darum werden ihnen ihre Werke, ihre Erfindungen und Entdeckungen nichts nützen am Letzten Tag. Wer Gott in diesem Leben den Rücken kehrt, der kann auch im Jenseits nichts erwarten als die Strafe für sein ausgesprochen einseitig betontes sinnliches Leben. Gottes Wohlgefallen hat er nicht verdient. Der Unglaube, die Missetaten unserer Zeit, und vor allem das überhebliche Gehaben gegenüber Gottes Zeichen und Warnungen wird die Menschen ins Verderben führen. 108. Wahrscheinlich, jene, die da glauben und gute Werke tun, sie werden des Paradieses Gärten zur Gaststätte haben, 109. Darin sie weilen werden immerdar; von diesen werden sie keinen Wechsel begehren. Aus der Asche des Unglaubens und der Religionslosigkeit wird der Islam emporsteigen. Auf den Trümmern der heute mächtigen Völker wird die Grundlage einer neuen, besseren und dauerhaften Weltordnung aufgebaut werden. Die gläubigen Anhänger des Islam, die für das Kommen besserer Zeiten hart gearbeitet haben, werden ihren Lohn empfangen und die Früchte ihrer gesegneten Arbeit ernten können. 110. Sprich: „Wäre das Meer Tinte die Worte meines Herrn, wahrlich, das Meer würde versiegen, ehe die Worte meines Herrn zu Ende gingen, auch wenn Wir noch ein gleiches zur Hilfe brächten.” Die westlichen Völker rühmten sich ihrer großen Erfindungen und wissenschaftlichen Entdeckungen und geben sich der Illusion hin, sie hätten sogar das Geheimnis der Schöpfung ergründet. Das ist jedoch eitle Prahlerei. Gottes Geheimnisse sind so unerschöpflich und so unergründlich, dass trotz den großartigen Fähigkeiten, die Er dem Menschen gegeben hat, all die wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften und Entdeckungen, alle Versuche, das Weltall, den Raum und die Atmosphäre zu „bezwingen”, nicht mehr bedeuten als ein Tropfen im Meer. Das Vers deutet auch darauf hin, dass in unserer Zeit die Publizität und die Verbreitung der Schriften große Ausmaße annehmen würde und dass Bücher über jegliches Gebiet in großer Zahl geschrieben und verbreitet würden; aber trotz alldem wird das Meer der Naturgeheimnisse unergründet bleiben. 111. Sprich: „Ich bin nur ein Mensch wie ihr, doch mir ist es offenbart worden, dass euer Gott ein Einiger Gott ist. Möge denn der, der auf die Begegnung mit seinem Herrn hofft, gute Werke tun und keinen anderen einbeziehen in den Dienst an seinem Herrn.” Der letzte Vers dieser Sura lässt den Propheten Muhammad sprechen: „Ich bin nur ein Mensch.” Trotzdem Gott durch ihn die wunderbaren Geheimnisse der Zukunft enthüllt hat, die vom Wiederaufstieg und Verfall der westlichen Völker sprechen und die die Herrschaft des Islam voraussagen, ist und bleibt er ein Mensch, und wird nicht zu Göttlichen, Übermenschlichem oder gar zum „Sohn Gottes”. Sein Menschensein und die Tatsache, dass er Träger der göttlichen Botschaft ist, ist sein größter Verdienst. Anbetung falscher Götter führt die Menschen zu keinem dauerhaften Glück. Allein die Anerkennung des Einen Gottes und das Sichfügen in Seinen Willen gewährleistet wahren Erfolg, der die menschliche Seele befriedigt. Der Prophet Muhammad sagte, dass die tägliche Rezitation der ersten 10 und der letzten 10 Verse dieser Sura einen vor den bösen Einflüssen des Dajjal bewahren würde. Dies zeigt, dass Dajjal und Gog und Magog eigentlich die Bezeichnung für die gleichen Völker sind: Dajjal steht für ihre religiöse (oder antireligiöse) Propaganda, während Gog und Magog ihre materielle und politische Übermacht bezeichnet. Schlusswort Die Lektüre dieser Sura zeigt, dass der Qur-ân unmöglich ein Menschenwerk sein kann. Es liegt nicht im Bereich des Menschen, über solche Dinge zu schreiben, die das tiefe Geheimnis der kommenden Weltordnung darstellen. Die Sura rekapituliert in wenigen Versen die Geschichte der Völker der Erde und gibt Hinweise auf den Lauf der Dinge in den kommenden Jahrhunderten, die sich größtenteils bereits erfüllt haben. Der letzte Akt bleibt noch, und dieser soll in der Vorherrschaft des Islam gipfeln. Dass dem zweiten Dhul-Qarnän die Aufgabe anvertraut worden ist, die Rettungsaktion für die Seele und den Geist des Menschen auf weltweiter Basis einzuleiten, spricht ebenfalls für die die Wahrheit des Islam. Leute, die glauben, Gott sei an der Ordnung der Dinge nicht interessiert, irren sich, und ihr Irrtum wird ihnen offenbar, wenn sie diese Sura studieren und selbst feststellen können, das Gott einen bestimmten Plan verfolgt. Er zwingt niemand, aber auch niemand kann Seinen Plan bezwingen. Er schaut und wartet, ist langmütig und hat Zeit. Schließlich wird sein Plan obsiegen. Sein Reich ist über Himmel und Erde. Der heutige Aufruhr unter den Nationen gibt dem aufmerksamen Beobachter Nahrung zum Nachdenken. Es sind keine Zufälle, die sich auf der Weltbühne ereignen. Alles entspricht dem weisen Plan des Herrn des Weltalls. Fern liegt es uns, die Zukunft schwarz zu malen. Im Gegenteil, wir sehen dem Ende der schlechten Zeiten entgegen. Aber wenn einige Prophezeiungen des Wortes Gottes die Zerstörung und Vernichtung einer Ordnung voraussagen, so beweist das nur, dass es Gottes Wort ist, das in Erfüllung geht. Der Verkünder dieser Tatsachen ist nur ein Werkzeug Gottes. Ihm kann kein Vorwurf gemacht werden, vielmehr gebührt ihm Dank und Anerkennung. Viel schlimmer wäre es, wenn man von solchen Dingen überhaupt nichts wüsste, denn dann hätte man keine Gelegenheit, sich zu retten. Jetzt kann man sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, indem man den vom Qur-ân erwähnten Weg befolgt und sich als sein Diener dem Willen Gottes unterstellt. Das ist der wahre Gottesdienst, in welchem das Heil der Menschheit liegt. Wir glauben, dass die Zeit bald kommt, in der die Menschheit erleichtert aufatmen wird. © Verlag Der Islam, 2005 ISBN 3-921458-XX-Y http://www.ahmadiyya.de/shop.html Made with