CHRONIK der Kirche Seelitz (mit Bildern) - kirche

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Chronik
der
Kirche Seelitz
1. Jahrtausend
Die Rochlitzer Gegend in frühgeschichtlicher Zeit und ihre
Besiedlung
In der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts erfolgte die letzte große Verschiebung in den
Wohnsitzen der germanischen Völker. Das Gebiet östlich der Elbe und Saale wird
bis zur Weichsel zur menschenleeren Einöde.
Anfang des 7. Jahrhundert rückten die Slawen von Osten her in das verlassene
Land vor. Das Gebiet um Rochlitz war der südlichste Teil des sorbischen Gaues
Chutizi; die Hauptbevölkerung bildeten nun die Wenden.
Der Prediger Bonifazius gründete die Bistümer Erfurt, Passau, Eichstädt. Karl der
Große befestigte gewisse Punkte bei Magdeburg und Halle und am Ende des 9.
Jahrhunderts entstanden feste Plätze wie Merseburg, Naumburg, Weißenfels,
Rudelsburg und Saaleck.
929 unterwarf Heinrich I. die Slawen an der Elbe. Nach 955 wurde das eroberte
Gebiet in Grafschaften aufgeteilt.
In der Regierungszeit von Otto I.(936-973) fand eine planmäßige Christianisierung
der Slawen statt. 968 wurden die Bistümer Meißen, Zeitz, Merseburg, Magdeburg
gegründet. Die Rochlitzer Pflege fiel bis an die Chemnitz in kirchliche Verwaltung an
das Bistum Merseburg. 981 wurde das Bistum Merseburg aufgelöst, das besiedelte
Gebiet auf der rechten Muldenseite kam zu Meißen, Rochlitz zur linken an Zeitz.
996 setzte Kaiser Otto III. (983-1002) das westliche Rochlitzer Muldenufer
(occidentalen ripan Rochlinze) als Grenze des Meißner Bistums fest. Rochlitz
gehörte weiterhin zu Zeitz.
1000 wurde das Bistum Merseburg wiederhergestellt. Zeitz gab seinen Teil vom
alten Merseburger Gebiet, wozu Rochlitz gehörte, wieder an Merseburg ab; bis zur
Reformation gehörte das Rochlitzer Gebiet jetzt zum Bistum Merseburg.
Das Christentum hatte in der Zeit bereits mächtige Fortschritte gemacht.
Um 1000 entstand die Pfarrei Seelitz, die dem Bistum Meißen zugewiesen wurde.
Es existierte wahrscheinlich eine einfache Holzkirche.
In der Folgezeit wurde das Land um Rochlitz von den Deutschen in Besitz
genommen, die von Franken her in das Gebiet kamen.
Betrachtungen über das Alter der Kirche und den Ort Seelitz
Die Gegend um den Ort Seelitz ist geschichtlich sehr alt.
Prof. Clemenz Pfau verweist in seinen Buch "Grundzüge der älteren Geschichte des
Dorfes Seelitz und seiner Kirche" auf Fundstücke aus der Bronzezeit, die dieses
belegen, z. B. Kernstücke aus Feuerstein, Steinspäne, mitunter auch Reste von
geschliffenem Steingerät und prähistorische Scherben. Besonders viele fand man
im "Vogelsang".
Auch scheint der hier vorkommende Flurname "Steinacker" seinen Ursprung nicht
etwa in einer besonders steinigen Beschaffenheit des Bodens, sondern daher zu
haben, daß hier in vorchristlicher Zeit ein Opferstein gestanden hat.
In späterer Zeit wurden an dieser Stelle meist die Kirchen errichtet, was man auch
für die Gründung der Seelitzer Kirche annehmen muß.
Prof. Pfau: "Sie ist wahrscheinlich in der Nähe einer alten Kultstelle angelegt
worden, dort wo 'der Stein' stand; wo sich das Volk (Wenden) schon nach früherem
Brauch zusammenfand, denn der Steinacker liegt bei der Seelitzer Kirche,
südwestlich von hier, östlich am Zöllnitzer Weg.
Der Ausdruck 'Kreuzacker', der in einigen umliegenden Orten genannt wird, erinnert
an einen christlichen Brauch. Denn diese Grundstücke haben ihre Benennung im
Mittelalter wahrscheinlich von dort aufgestellten Kreuzen erhalten, nicht aber von
einer Kreuzform der Liegenschaften. In einigen katholischen Ländern herrscht ja
heute noch die alte Sitte, in den Fluren und Wegen Kreuze aufzustellen. Diesen
Brauch hat es sicher bei uns früher auch gegeben.
Der Standort der Kirche ist sehr bemerkenswert. Kein Gut grenzt unmittelbar an die
Kirche oder an den Kirchhof; auf drei Seiten wird sie umschlossen vom offenen
Feld; auf der vierten schiebt sich das Pfarrhaus zwischen Dorf und Kirche. Sie liegt
ziemlich auf der Grenze der Dorfflur, denn am Steinacker beginnt das Grenztal."
Nach Ansicht von Prof. Pfau muß diese Kirche als die älteste im östlichen
Muldengebiet gelten, in ältester Missionszeit gegündet.
Obwohl die Seelitzer Kirche im Mittelalter eine wichtige Rolle gespielt hat, so deutet
heute kaum noch etwas darauf hin, was aus dieser Zeit stammen könnte.
Allerdings ähnelt der Grundriß dem der Rochlitzer Kirchen und der Geithainer
Hauptkirche. Diese Grundrisse sind in der Hauptsache in frühester romanischer
Zeit, um 1000 entstanden.
Man nimmt an, daß anstelle vorheriger Holzbauten nun ein Bau auf steinerner
Gründung errichtet wurde.
Der Name Seelitz geht wahrscheinlich zurück auf ein zusammenhängendes
Flurstück, etwa ein Waldgebiet, das den Namen "Sihle" oder "Sehle" trug. Von der
slawischen Betrachtungsweise her bedeutet das soviel wie "Grün".
11. bis 15. Jahrhundert
Geschichtliches
Die Zeit vom 11. Jahrhundert an wurde als das Hochmittelalter, vom 13.
Jahrhundert an als das Spätmittelalter bezeichnet.
Im 11. Jahrhundert begann man, von einem "Reich der Deutschen" zu sprechen.
Seine Entstehung hatte sich über einen längeren Zeitraum vollzogen.
Es setzte ein bemerkenswertes Bevölkerungswachstum ein, eine Zeit der
Rodungen und des Landesausbaus begann. Neue Dörfer wurden gegründet und
seit dem 12. Jahrhundert zum ersten Mal auch Städte in großer Zahl.
Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert fanden die Kreuzzüge statt. Das waren
bewaffnete Pilgerfahrten, vor allem zur Befreiung und Sicherung der Heiligen
Stätten der Christenheit in Palästina.
Im 13. Jahrhundert versuchte das Papsttum neben der geistlichen auch die
weltliche Herrschaftsgewalt über die abendländische Christenheit für sich in
Anspruch zu nehmen. Damit kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den
herrschenden Königshäusern und dem Papst. Die aufstrebenden Nationalstaaten
behaupteten ebenfalls ihren Herrschaftsanspruch.
Bis zum Jahr 1254 herrschten die Staufer als Könige in Deutschland, im Jahre 1273
kam es durch die Wahl eines Königs aus dem Hause Habsburg zum Beginn des
Aufstiegs dieses Herrschaftshauses.
Im 14. Jahrhundert wütete in ganz Europa die Große Pest, später "Schwarzer Tod"
genannt. Es wird angenommen, daß ihr 25 %, wenn nicht gar 1/3 der gesamten
Bevölkerung zum Opfer fielen. Deutschland war vor allem 1349/50 betroffen. Die
mittelalterliche Medizin stand dieser Herausforderung mehr als hilflos gegenüber.
Die Verbreitung wurde durch die in Stadt und Land herrschenden hygienisch
unzureichenden Wohnverhältnisse gefördert. Die Auswirkungen dieser Katastrophe
zeigten sich in nahezu allen Lebensbereichen. Das Massensterben führte zu einer
Verknappung der menschlichen Arbeitskraft, verbunden mit dem Preisverfall bei
Grund und Boden und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Landflucht und
Wüstungen waren die Folge.
Seit der Mitte des 14. Jahrhundert begann sich eine tiefe Mißstimmung gegen die
Kirche und ihre Repräsentanten breit zu machen, vor allem gegen die immer
hemmungsloser betriebene Abgabenpolitik der päpstlichen Kurie, aber auch ganz
allgemein gegen die zunehmende Verweltlichung und sittliche Verwahrlosung
großer Teile des Klerus. Es kam zu Reformforderungen. Zum Sprachrohr
theologischer Kritik machte sich der Prediger Jan Hus. Nach seinen immer stärker
werdenden Angriffen gegen Papst und Kircheninstitutionen wurde er verfolgt und
hingerichtet. Das löste bei seinen Anhängern eine ungeheure religiöse und
nationale Bewegung aus, die sich dann zum offenen Krieg ausweitete
(Hussitenkriege 1419-1436).
Die Seelitzer Kirche im 11.- 15. Jahrhundert
Für das 12. Jahrhundert kann man auf ein Datum verweisen, welches für die Kirche
Seelitz von großer Wichtigkeit ist; am 7. Mai 1174 schenkte Graf Dedo von
Groitzsch-Rochlitz dem Kloster Zschillen (Wechselburg), das er 1168 gegründet
hatte, vier Seelitzer Hufen. In den Jahren 1196 und 1205 wurde die Schenkung von
den Päpsten Coelestin III. und Innocenz III. bestätigt.
Seelitz zählte nun zu den sieben besonderen Lehnskirchen der Propstei Zschillen;
neben Rochlitz, Geithain, Claußnitz, Wiederau, Hohenkirchen und Topfseifersdorf.
Außerdem hat die Kirche Seelitz das ganze Mittelalter hindurch unter dem
Archidiakonat Zschillen gestanden.
In den Schriften von Prof. Clemenz Pfau kommt zum Ausdruck, daß es in Seelitz
einst einen Ritterhof, vier Hufen umfassend, gegeben hat, der zur Zeit oder nach
der Zeit der dedonischen Schenkung aufgeteilt wurde. Dafür spricht auch die
Tatsache, daß Seelitz der Standort eines Heerwagens wurde, d. h. man hatte für
die personelle und materielle Ausstattung eines Pferdewagens für Kriegszwecke zu
sorgen.
Das Rittergut befand sich wahrscheinlich um die Seelitzer Kirche. Durch die
Gründung des Kloster Zschillens aber hatte diese an Bedeutung verloren und um
den erlittenen Verlust zu entschädigen, entschloß sich Dedos Familie dahingehend,
daß Rittergut aufzuteilen und den Hauptteil dem Pfarrgut zu zuschlagen (um 1250).
Um das Jahr 1430 fielen die Hussiten in unsere Gegend ein, sie verwüsteten und
brandschatzten Dörfer und Städte, viele Kirchen und kirchliche Gebäude wurden
geplündert und zerstört. (Das erklärt, daß gerade um 1500 in dieser Gegend eine
große Anzahl von Kirchenbauten entstand).
Auch die Seelitzer Kirche hat dabei großen Schaden erlitten. Sie soll ganz
niedergebrannt worden sein.
Nachdem man sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit einem Notbau
beholfen hatte, ergab sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Notwendigkeit zu
einem völligen Neubau.
Die Größe des Seelitzer Pfarrgebietes
Welche Ausdehnung die Kirchfahrt Seelitz im späten Mittelalter schon hatte, kann
man aus den Forschungen von Prof. Clemenz Pfau entnehmen. Er schreibt in
seinem Buch "Grundzüge der älteren Geschichte des Dorfes Seelitz und seiner
Kirche", daß in früheren Zeiten die Kirche Seelitz in Seitenhain in Lehen besessen
habe; daß das Dorf Zschoppelshain nach Seelitz pfarrte, bevor es später zu
Topfseifersdorf kam; das Krumbach bei Mittweida in frühester Zeit in Seelitz
eingepfarrt war; daß Kralapp an Seelitz zinspflichtig war; daß die Kirchen von
Lastau, Zettlitz, Milkau und Crossen und die damaligen Kapellen von Zschauitz,
Gepülzig und Rochlitz ein amtliches Abhängigkeitsverhältnis teils mittelbar, teils
unmittelbar von Seelitz hatten.
Wenn man das Gebiet der Kirchfahrt weiterhin betrachtet, muß man es im
Zusammenhang mit dem sogenannten "Seelitzer Lehn" sehen.
Lehn = zahlungspflichtige Höfe;
Versorgung des Altars, priesterlicher Dienst - Fürbitte für den Stifter,
Anstellung eines weiteren Priesters (Supstitut)
Im Jahr 1325 stiftete Markgraf Friedrich der Ernste, der Inhaber des Besitzes der
Dedoschen Familie in unserer Gegend zu der Zeit, ein Lehen zu einem besonderen
"Altar, der von neuem gemacht - Gott, seiner lieben Mutter Maria, uns und unserer
Nachkommen Seelen zur Seligkeit und Trost".
Dieses Lehen bestand in Einkünften aus 13 Dörfern (Kralapp, Stöbnig, Zschauitz,
Großmilkau, Beedeln, Pürsten, Steudten, Seebitzschen, Großstädten, Sachsendorf,
Zschaagwitz, Gröbschütz und Biesern). Die Einkünfte ruhten offenbar auf gewissen
Liegenschaften.
Man kann davon ausgehen, daß die Stiftungsurkunde zu diesem Lehen
wahrscheinlich
die
alten
Pfarrgebietsverhältnisse
der
Seelitzer
Kirche
wiederspiegelte, denn von den 13 Ortschaften, welche zum Seelitzer Lehen
geschlagen wurden, gehören 9 noch heute zur Kirchfahrt.
Das Seelitzer Lehen im damaligen Sinn bestand bis zum Ausgang des Mittelalters,
bevor es in der Reformationszeit eingezogen wurde, wobei das Pfarrgebiet seinen
heutigen Umfang erhielt.
Danach gehörten zur Seelitzer Kirchfahrt folgende Orte:
Bernsdorf, Biesern, Beedeln, Döhlen, Fischheim, Gröblitz, Gröbschütz, Städten,
Kolkau, Köttern, Neuwerder, Neudörfchen, Penna, Pürsten, Sachsendorf,
Seebitzschen, Steudten, Seelitz, Stöbnig, Theesdorf, Zaßnitz, Zetteritz, Zöllnitz
sowie 3 Rittergüter - Neutaubenheim, Zetteritz, Kolkau.
Übrigens liegen sämtliche Dörfer, die in die Kirche Seelitz pfarrten oder
nachweislich in früherer Zeit in einem amtllichen Abhängigkeitsverhältnis zu dieser
standen, nur auf der rechten Seite der Mulde. Das hängt mit der damaligen
Bistumsgrenze zusammen.
1928 wurden die Gemeinden Theesdorf nach Milkau und Zaßnitz nach Rochlitz
umgepfarrt, so daß heute 21 Orte zur Kirchfahrt Seelitz gehören.
16. Jahrhundert
Geschichtliches
Die Reformation
Reformation: bedeutet Erneuerung, innere Umgestaltung; Verbesserung - führte
zur Entstehung des Protestantismus
Im 15./16. Jahrhundert erfaßte eine auf Reformen in der Kirche und
Veränderungen in der Gesellschaft drängende Bewegung fast alle europäischen
Länder im Einflußbereich der katholischen Kirche.
Bereits Ende des 14. Jahrhunderts gewannen die Vorstellungen radikaler Reformer,
wie z. B. Jan Hus und anderer
größere gesellschaftliche Resonanz. Im 15.
Jahrhundert gab es Bemühungen, durch Reformkonzilien und innerkirchliche
Reformen (insbesondere in geistlichen Orden) Auswüchse in der katholischen
Kirche zu beseitigen. Es wurden auch Reformschriften verbreitet.
In Deutschland begann die Reformation mit Martin Luthers Thesenanschlag zu
Wittenberg (31.10.1517).
Die zunächst gegen Papst und katholische Kirche gerichtete Bewegung erfaßte
große Teile der Gesellschaft. Unterschiedliche Interessen, politische Forderungen
und Auffassungen führten 1521 zu einer Differenzierung. Neben dem bürgerlichgemäßigten Flügel (Luther) entstand ein radikal-bürgerlicher Flügel (H. Zwingli, A.
Karlstadt), der tiefgreifende Veränderungen in Theologie und Kirche erstrebte; und
eine radikale reformatorische Volksbewegung (Th. Münzer).
Wie vollzog sich nun in unserer Gegend der Übergang zur
Reformation?
Spezielle Nachrichten über Verhältnisse und Vorgänge in der Kirchfahrt sind
allerdings kaum vorhanden. Nur aus den Städten Rochlitz und Mittweida ist einiges
bekannt.
Es ist aber zu vermuten, daß die städtischen Ereignisse auch auf die
Landbevölkerung übergriffen.
1523 zeigte sich der reformatorische Geist immer stärker in Rochlitz. Es gab einige
lutherisch-reformatorisch gesinnte Prediger, die ständig mehr Anhänger fanden. Sie
gerieten aber mit dem damaligen, streng katholischen Herzog Georg in Konflikt. Der
ließ sie sogar verfolgen. Damit konnten die neuen, evangelischen Gedanken aber
nicht aufgehalten werden.
Studenten aus Rochlitz und Umgebung wollten nicht mehr in Leipzig, wo die alte
verknöcherte Kirchenlehre herrschte, sondern in Wittenberg studieren, angesehene
Bürgersfamilien (Matthesius, Leipnitz) neigten der Reformation zu.
Bewohner aus Stadt und Land gingen heimlich dahin, wo sie evangelische Prediger
hören konnten.
Auch aus Mittweida ist ähnliches bekannt.
Die 1527 in Seelitz entstandene Schule ist wahrscheinlich schon evangelisch
gewesen.
Das weitere Voranschreiten der Reformation in unserer Gegend wurde maßgeblich
durch das Wirken der evangelisch gesinnten Herzogin Elisabeth gefördert, die von
1537 bis 1543 auf dem Schloß Rochlitz residierte. Sie versuchte, evangelische
Prediger für Rochlitz zu gewinnen und fand den Prediger Antonius Musa, der später
der erste Rochlitzer Superintendent wurde. Durch ihn machte der Protestantismus
in unserer Gegend rasche Fortschritte.
1539 wurde durch angeordnete Kirchenvisitationen die Reformation im Rochlitzer
Bezirk offiziell eingeführt. Die Pfarrorte wurden zu Ephorien vereinigt. Seelitz kam
zur Ephorie Chemnitz, welcher es bis 1836 angehörte, und kam dann zur Ephorie
Rochlitz.
Der erste evangelische Pfarrer in Seelitz nach der Reformation war Wolfgang
Morgenstern (1544).
Der Bau der neuen Kirche
Wie schon erwähnt, wurde die Seelitzer Kirche durch hussitische Kriegshorden völlig
zerstört. Der Bau einer neuen Kirche machte sich erforderlich.
Bemerkenswert allerdings ist, daß der Kirchenbau in einer Zeit stattfand, die geprägt
war von großen politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Das erklärt vielleicht
auch den Umstand, daß sich die Bautätigkeit über viele Jahre hinzog.
Um 1500 wurde mit dem Bau
des Chores begonnen, das
Kirchenschiff soll 1516 vollendet
worden sein. 1517 setzte man
den Altar. Am Turm wurde von
1516 bis 1529 gearbeitet.
Bereits im Jahr 1519 schaffte
man die Glocken an, die an
einem besonderen Holzgerüst
neben der Kirche aufgehängt
wurden, (große und mittlere
Glocke, eine kleinere stammte
aus dem Jahre 1623).
Zwei in den Porphyr gehauene
Jahreszahlen
deuten
am
südlichen Eckpfeiler der Kirche
auf die Zeiten des Baues hin.
Etwa 1530 wurde die Kanzel errichtet
und der Taufstein stammt aus dem
Jahr 1550.
1560 wird die Kirchendecke verspündet und gemalt. Diese ist teilweise noch unter
der neuen vorhanden. Geplant war allerdings ursprünglich ein gotisches Gewölbe;
darauf deuten die vorhandenen Strebepfeiler hin. Es fehlten aber dazu dann die
nötigen Mittel.
1566 soll der Bau endlich vollendet worden sein.
Als Architekt wird der Anfang des 16. Jahrhunderts in
Rochlitz lebende Ratsherr Wolf Matthesius, ein
Steinmetzmeister, genannt.
Über
den
Bauherrn
gibt
es
widersprüchliche
Meinungen. Ein früherer Chronist behauptet, der
Zschillener Probst Jäger sei der Auftraggeber
gewesen; jedoch führt Prof. Clemenz Pfau als
Bauherren den damaligen Zetteritzer Rittergutsbesitzer
Tobias von Eckersberg an.
Aus welcher Zeit der Name "Annenkirche " für hiesige Kirche stammt, läßt sich nicht
zweifelsfrei erklären, denn im Mittelalter war von "Marienkirche" die Rede.
Prof. Pfau vermutet, daß er nach 1500 entstanden ist, während dieser Zeit erreichte
der sogenannte Annenkult seinen Höhepunkt.
Der Name kann aber auch mit dem damals in der Region betriebenen Bergbau
gekommen sein. Die heilige Anna galt als die Schutzpatronin der Bergleute.
Der Bergbau begann hier um 1512 und wurde bis ca. 1750 betrieben. Man fand
silberhaltiges Kupfererz.
Auch läßt sich die Behauptung, Seelitz sei ein Wallfahrtsort gewesen, nicht
beweisen. Tatsache ist aber, daß gerade von MIttweida her über einen starken
Zustrom von Pilgern berichtet wird, die in ihren Prozessionen die Altäre von Seelitz
besucht haben sollen. Besonders die Benennung "Jahrmarktsacker", unterhalb der
Kirche liegende Äcker, wird als ein Hinweis dafür angesehen.
Der Annenaltar
Altar = Ort der Vergegenwärtigung des Opfers Jesu Christi
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde in Sachsen der sogenannte Annenkult
betrieben, d. h. 1494 erwirkte Friedrich der Weise, daß der Annatag als hoher
Festtag gefeiert werden soll. Dieses Ereignis hatte auch Auswirkungen für die
Rochlitzer Gegend.
In Mittweida hatte man zu gleicher Zeit die Annenbruderschaft gegründet, der auch
ein Geistlicher der Seelitzer Kirche angehörte. Diese Bruderschaft wird als Stifterin
unseres schönen Annenaltars bezeichnet, denn er stammt aus der Zeit um 1500.
1885 hat ihn der damalige Pfarrer Herz übermalen lassen.
1986 bis 1997 wurde er restauriert und soll nach Abschluß der Bauarbeiten in der
Sakristei seinen Platz finden.
17. Jahrhundert
Geschichtliches
Das herausragendste Ereignis in diesem Jahrhundert war der Dreißigjährige Krieg,
welcher von 1618 bis 1648 ausgetragen wurde.
Dabei standen sich zwei Machtblöcke in Europa gegenüber. Auf der einen Seite der
habsburgische Mächteblock - Spanien und Österreich, die katholische Kirche, einige
italienische Fürsten, Polen und Litauen - und auf der anderen Seite eine
antihabsburgische Gruppierung - Niederlande, Schweden, später Frankreich,
zeitweise England - die meist unter Führung Schwedens und Frankreichs stand.
Bedingt durch die Existens zweier politischer, konfessioneller, militärisch
organisierter Lager, nämlich die protestantische Union und die katholische Liga der
Fürsten innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde er
meist auf deutschem Boden ausgetragen. Er war ein kontinentaler Religionskrieg;
es ging aber auch um die Ostseeherrschaft und um europäische Märkte.
Der "Fenstersturz zu Prag" am 23.5.1618 löste den Krieg aus, in dem sich die
böhmischen Stände gegen die habsburgische Herrschaft erhoben. Die
Aufständigen, denen die Union die Hilfe versagte, unterlagen in der Schlacht am
Weißen Berg bei Prag (1620). Über Böhmen brach eine Welle von Verfolgungen
und Hinrichtungen herein.
Unter Kaiser Ferdinand II. versuchten nun spanische Truppen und Truppen der
katholischen Liga die Kurpfalz zu erobern, (1621/25). Das Eingreifen Dänemarks,
das mit den Niederlanden und England verbunden war, stoppte das Vordringen der
Truppen nach Norddeutschland nur zeitweise.
Nach deren Sieg bei Lutter am Barenberg (1626) drangen kaiserliche Truppen mit
ihrem neuen Feldherren Wallenstein bis zur Ostsee vor und belagerten Stralsund.
Die kaiserliche Macht erreichte ihren Höhpunkt.
Der Machtzuwachs des Kaisers an der Ostsee veranlaßte Schweden zum
Eingreifen in den Krieg. 1630 gingen schwedische Truppen unter Gustav II. Adolf an
Land. Dieser fiel nach seinem triumphalen Erfolg bei Breitenfeld (1631), in der
Schlacht bei Lützen (1632). Wallenstein, der angesichts der schwedischen Erfolge
erneut gerufen werden mußte, versuchte den Krieg zu begrenzen, was allerdings
den Interessen der kaiserlichen Partei widersprach. 1634 wurde er ermordet.
In der Schlacht bei Nördlingen (1634) konnte das weitere Vordringen der Schweden
nach Süddeutschland verhindert werden.
Der Prager Sonderfriede (1635) schien den Krieg zu beenden.
Nach dem offiziellen Eingreifen Frankreichs folgte jedoch die letzte, besonders
verheerende Phase. Der Krieg zog sich bis zur Erschöpfung der Hilfsquellen aller
kämpfenden Parteien hin.
In verschiedenen deutschen Gebieten erhob sich die Bevölkerung gegen die
Terrorisierung durch die Soldateska.
1648 fand der Krieg durch den Westfälischen Frieden sein Ende.
Vor allem in den Kampf- und Durchzugsgebieten von Truppen waren furchtbare
Verwüstungen sowie hohe Menschenverluste durch eingeschleppte Seuchen,
Hunger und Kampfhandlungen entstanden.
Deutsche Territorien fielen wirtschaftlich gesehen weit hinter die anderer
europäischer Länder zurück.
Die Kirchfahrt Seelitz im Dreißigjährigen Krieg
Daß dieser Krieg auch Auswirkungen für die Kirchfahrt Seelitz hatte, läßt sich
anhand von Eintragungen in kirchlichen Akten erahnen.
Im ältesten Kirchenburch, von 1633 bis 1674 geführt, finden wir folgende
Aufzeichnungen auf Seite 2:
"Folgende 8 Jahre als Anno 1609, 1610, 1611, 1612, 1613, 1614, 1615, 1616
mangeln die Tauf... Register und sollen solche dem Schulmeister Christof Böhmen
gestohlen worden sein."
Ein weiterer Eintrag ist auf Seite 16 des Trauregisters vom Jahre 1644 vermerkt:
"Anno 1644 den 19. Juli, als der Churfürst von Sachsen, unser gnädigster Herr,
Chemnitz eingenommen, ist unverhofft von Chemnitz eine churfürstlich sächsische
Partei, welche erstlich nach Seelitz kommen, und sich des Schlosses zu Rochlitz
erkündet, weil ein schwedischer Capitän mit Völkern darauf gelegen und nochmals
das Schloß beritten, und weil mein Weib gleich in Wochen gelegen, und ich ein
Viertel Bier eingeführt habe, auch nicht zu Hause gewesen bin, als sind die Reiter
mit Gewalt ins Schulhaus eingebrochen, da denn ein Reiter, der Papier zu Patronen
benötigt gewesen und die Kirchenregister gleich in der Stube auf dem Simse
gelegen, dieselben runtergenommen und etzliche Bogen aus demselben gerissen"
......
Auf Seite 295 des gleichen Kirchenbuches, diesmal im Sterberegister, Monat
Februar 1637, finden wir folgenden Eintrag:
"Die Kirchenregister sind mir in diesem Jahre an Fastnachten von den ... Völkern als
General Götze nach Torgau gezogen, und ich nebst meinem Nachbarn von ihnen
übereilt, genommen und zerrissen worden, wie sie dann alles geplündert, die Kirche
nebst der Sacristei aufgeschlagenn, Altar, Taufstein und allen Kirchen .... geraubt,
ohne die Kelche, gottlob, welche ich vergraben gehabt, und weil sie Quartier in
Seelitz gehabet, habe ich solche mit Leib und Lebensgefahr bei Nacht in die Stadt
Rochlitz geholet, weil ich mich gleich mit meinem Weib und Kindern darinne aber die
... Wochen aufhalten mußten, denn das Schulhaus, ... und alles eingeschlagen und
verbrennet, das ich nicht eine Bank vielweniger sonsten was gefunden hab .... "
Auch im Kirchrechnungsbuch für die Jahre 1629 bis 1647 finden sich für das Jahr
1642 folgende Eintragungen:
"In diesem Jahr hat eine geraume Zeit wegen des schwedischen Kriegsvolkes,
sonderlich des Obristen Brauners, welcher aufen Schloße gelegen, das Amt nicht
können gehalten werden, weil sich jedermann in der Stadt aufgehalten."
"In diesem Jahre, als am 24. September sindt aus der Sacristei zwei stattliche große
zinnerne Leuchter, aufn Altar gehörig, zwei zinnerne Weinkannen, das Kelchlein von
die Kranken, der Chorrock von den schwedischen Völkern geraubt, die Sakristei
und der große eiserne Kasten erbrochen worden, ist auch der Stock erbrochen, das
Klingelsäcklein, das Tuch um den Predigtstuhl ... weggerissen und mitgenommen
worden."
All diese Eintragungen stammen von Wolfgang Heß, der von 1633 bis 1673
Kirchschullehrer und als solcher für die Führung der Kirchenbücher verantwortlich
war.
Wir können also daraus ersehen, daß durch die Einwirkungen des Krieges Schäden
sowohl am Schulhaus, wie auch an der Kirche entstanden sind.
Die Berichte über zerrissene Kirchenregister weisen darauf hin, daß aus den
Jahren vor 1633 welche existiert haben. Kirchrechnungen beginnen im Jahr 1600,
sie sind gut erhalten.
Seltsamerweise ist der wertvolle Annenaltar unversehrt geblieben.
Welche Schäden direkt am Kirchengebäude zu beklagen waren, ist nicht
aufgezeichnet worden. Pfarrer Schürer schreibt dazu in seiner Chronik im Jahre
1908:
"... Allerdings müssen die Feinde da in entsetzlicher Weise in der Kirche gehaust
haben, die Fenster wurden ihres herrlichen Maßwerkes beraubt, der gewölbte
Vorbau über dem Portal zertrümmert usw. Zahlreiche Bruchstücke davon liegen im
Pfarrhofe und zeugen noch heute von dem Vandalismus roher Horden."
In den Kirchrechnungsbüchern für die Jahre nach dem Krieg sind allerdings keine
größere
Ausgaben
für
Reparaturarbeiten,
nur
kleinere
Summen
für
Zimmererarbeiten und andere Handwerkerarbeiten genannt.
So muß wohl davon ausgegangen werden, daß Schäden nur notdürftig und
unzulänglich ausgebessert wurden, nicht zuletzt wegen des fehlenden Geldes.
Kirchliche Finanzen im 17. Jahrhundert
Einen interessanten Einblick in die kirchlichen Finanzen im 17. Jahrhundert geben
die vorhandenen Kirchrechnungsbücher, welche seit 1600 vorhanden sind.
Zum Beispiel finden wir folgende Eintragungen im ältestesten Buch auf Seite 1:
"Kirchrechnung der Kirchen zu Seelitz, angefangen
Michaelis 1600, inclusive und Michaelis 1601 exlusive
beschlossen.
Dieser Zeit Kirchveter:
George Gerlach zu Pedeln.
Simon Schilling zu Vischeim.
Merten Hentschel zu Sehlitz
und
Gregor Thate zu Biesern."
Einnahmen und Ausgaben werden in diesem Buch einzeln aufgeführt:
" Einnahmen
- Einnahme an erbetenem Gelde, so mit dem Seckel gesammelt.
2 ß 37 gr. 8 pf sind dis Jahr über im Stocke gesammelt.
- Einnahme Lehngeld
2 ß 43 gr 4 pf
Wenzel Helwig von seiner Oberschar zu Steitten
2ß
Peter Keßner von seinem Gutt zu Vischeim
und hat der Pfarrer des Orts von den Lehnen, so der Kirche zuständig alle
Zeit den dritten Teil und hierrüber ezliche Lehnen, die ihm alleine zustehen.
- Einnahme ganze Jahr Zinsen von ausgeliehenen Hauptsummen, beides so aus
Kleinodien erkauft und von den Kirchenvorrat ausgeliehen worden.
Sehlitz
24 gr Peter Schilling von 8 ß
36 gr Elias Hauskeller von 12 ß
Pürsten
24 gr Merten Hentschel von 8 ß usw."
Aus diesen Aufzeichnungen kommt zum Ausdruck, daß die Kirche z. B. auch Geld
verlieh; von den Zinsen dafür konnte sie ihre Ausgaben decken.
" Ausgaben
58 gr
vor Wachs zu Kerzen
3 ß 12 gr einem Schieferdecker, so die Kirche bestiegen
31 gr
für Schiefer
1 ß 19 gr von Kirchenfenstern zubessern ....
- Ausgabe Almosen
2 gr
einem vertriebenen Pfarrer
1 gr
einem gebrechlichen aus Straßburg
1 gr 6 h einer armen Frau aus Kolcka
1 gr
einem armen von Adel
1 gr
Abgebrannten von Bernsdorf
1 gr
einem lahmen Zimmermann aus Rochlitz ...
- Ausgaben von weiter verliehenen Hauptsummen
6ß
Michel Schilling zu Vischeim
1ß
Peter Schilling zu Seelitz
30 gr Hans Dathen zu Zetteritz ... "
Einen ganz interessanten Hinweis finden wir in folgendem Text:
"Summe aller Ausgaben off dies Jahr 47 ß 53 gr 7 pf, solche von obiger Einnahme
der 32 ß 32 gr 2 pf abgezogen, übertrifft die Ausgabe die Einnahme um 15 ß 21 gr
5 pf. So die Kirchveter mehr ausgegeben und mittels von den
neuen eingenommenen Zinsen verlegt worden."
Zahlungsmittel zu der Zeit: Groschen gr
Pfennige pf
Heller
h
Schock
ß
60 Groschen = 1 Schock
12 Pfennige = 1 Groschen
2 Heller
= 1 Pfennig
30 Groschen = 1 Taler
18. Jahrhundert
Geschichtliches
Die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg und das 18. Jahrhundert werden allgemein
als das Zeitalter des Absolutismus bezeichnet. Kennzeichnend für den
absolutistischen Regierungsstil war das sogenannte Kabinettssystem: Der Monarch
stützte sich auf Räte, die ein von den Zentralbehörden unabhängiges Kabinett Geheimer Rat, Staatsrat oder ähnliches genannt - bildeten. Mit Hilfe dieses
Gremiums betrieb er eine selbständige Diplomatie, griff in den Gang der Justiz ein,
erteilte "Kabinettsordres" mit Gesetzeskraft und erklärte Kriege, die meist
dynastischen Interessen oder der "Arrondierung" (Zusammenlegung) des
Territoriums dienten. Ausdruck der souveränen Verfügungsgewalt über das Land
sind auch die für das 18. Jahrhundert typischen Ländertauschprojekte und
rücksichtslose Teilungspraxis. Um ihre "Kabinettskriege" jederzeit führen zu können,
schufen die Fürsten stehende Heere. Zur Verwaltung des Landes gemäß ihren
Richtlinien bauten sie eine allein von ihnen abhängige Beamtenschaft auf. Immer
mehr
Lebensbereiche
wurden
als
öffentliche,
staatlich
zu
regelnde
Angelegenheiten begriffen.
Auch die Wirtschaft stand im Dienste des Staates.
Während der Absolutismus in Frankreich unter Ludwig XIV. (1643-1715) seine
modellhafte Ausprägung fand, konnte er sich in Deutschland nur auf der Ebene der
Landesfürsten durchsetzen, nachdem der Westfälische Friede 1648 die fürstliche
Landeshoheit reichsstaatlich festgeschrieben hatte. Die vorrangig zu lösende
Aufgabe, die verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden,
begünstigte die Ausbildung des absolutistischen Fürstenstaates, da der
Wiederaufbau nur durch intensive staatliche Planung und Lenkung zu leisten war.
Die mächtigsten Vertreter und bedeutesten Herrscherhäuser in dieser Zeit waren
die österreichischen Habsburger, das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, die
sächsischen Kurfürsten und die Hohenzollern in Brandenburg-Preußen.
Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) - regierte von 1740 bis 1780
Sie war die älteste Tochter von Kaiser Karl IV. Dieser hatte durch ein Hausgesetz
bestimmt, da er keine männlichen Nachfolger hatte, daß seine Tochter die
Gesamtnachfolge des Hauses Österreich antreten konnte. Dagegen erhoben
allerdings die Kurfürsten von Bayern und Sachsen Einspruch. Zu kriegerischen
Auseinandersetzungen kam es aber erst durch den Einmarsch Preußens in
Schlesien (Erster Schlesischer Krieg). Österreich verlor danach Schlesien. Der erste
Schlesische Krieg weitete sich durch das Eingreifen Frankreichs auf der Seite
Preußens zum Österreichischen Erbfolgekrieg aus (1740-1748).
Maria Theresia führte umfangreiche innere Reformen durch. Sie betraute die
Feldmarschälle Daim und Lacy mit Heeresreformen, eine große Staatsreform folgte.
Gegen den Willen der Stände, die ihre Steuerfreiheit verloren, setzte sie in
Österreich und Böhmen den absoluten Staat mit landesfürstlicher Bürokratie und
Zentralverwaltung durch. Sie führte neue Gewerbe ein, reformierte das Münzwesen
und das Bildungswesen. Schon zu Lebzeiten bewundert, gilt sie bis heute als eine
der bedeutendsten Herrscherinnen.
Friedrich II. (Friedrich der Große) (1712-1786)
Er war der Sohn Friedrich Wilhelm I. (des Soldatenkönigs). Nach seinem
Regierungsantritt 1740 nutzte Friedrich die durch den Tod Kaiser Karl IV.
eingetretene Schwächung der habsburgischen Monarchie zur Eroberung
Schlesiens. Er hoffte damit auf eine günstige Gelegenheit zur Ausbauung seiner
Machtstellung. Es gelang Friedrich 1742, Österreich zur Abtretung Schlesiens zu
zwingen. Um die eroberte Provinz zu behaupten, führte der König noch zwei weitere
Kriege mit wechselnden Bündnispartnern (1744-45 und 1756-63).
Dadurch war Preußen endgültig zur Großmacht in Europa aufgestiegen.
August der Starke (1670-1733)
wurde 1694 als Friedrich August I. Kurfürst von Sachsen.
Er war vielseitig begabt und politisch interessiert, aber unstet und leichtlebig. Als
Bewunderer Ludwig XIV. suchte er dessen Lebensstil nachzuahmen. 1697 wurde er
König von Polen.
An der Seite Rußlands und Dänemarks nahm er am Zweiten Nordischen Krieg teil.
(1700-1721)
August der Starke förderte sowohl in Sachsen als auch in Polen Handel und
Gewerbe, modernisierte die Armee und betrieb mit großem Eifer den künstlerischen
Aufbau seiner Residenzen Dresden und Warschau, in dem er die berühmtesten
Baumeister
seiner
Zeit
heranzog.
Auch
gründete
er
die
Meißner
Porzellanmanufaktur. Mit seinem aufwendigen Hofleben ruinierte er allerdings die
sächsischen Finanzen. Am Widerstand der lutherischen sächsischen Stände
scheiterte sein Versuch, eine absolutistische Zentralverwaltung zu errichten. Seine
unbestrittenste Leistung ist, daß in seiner Regierungszeit Dresden die führende
deutsche Kunst- und Kulturmetropole des Barock wurde.
Baulicher Zustand der Kirche zu Seelitz im 18. Jahrhundert
Ob nun durch Zerstörungen vom Dreißigjährigen Krieg her oder ob der "Zahn der
Zeit" ganz einfach am Kirchengebäude genagt hatte; der bauliche Zustand
derselben zu Beginn des Jahrhunderts war äußerst schlecht.
In einem Brief des damaligen Pfarrers Meiner aus dem Jahre 1741, mit den
Unterschriften des Kirchenvorstandes versehen, an den König heißt es:
"Allerdurchlauchtigster, Großmächtiger König, Allergnädigster Herr, Eurer
Königlichen Majestät müssen wir in unterthänigster Wehmut klagen, welcher Gestalt
das gesamte Schieferdach und der Kirchturm auf dem Gotteshause zu Seelitz durch
das Altertum, Winde und übler Witterung so beschädigt sey, daß das ganze
Gebäude zugleich in Regen und Schnee großen Schaden erleidet, mithin eine
starke Reparatur höchst nötig ist. ..."
Im weiteren Wortlaut des Briefes kommt zum Ausdruck, daß der Kirche das nötige
Geld dazu fehlt, die Reparatur ausführen zu können. Es wird weiterhin erwähnt, daß
der Bau des neuen Pfarrhauses (1739) eine Menge Geld verschlungen hat.
Man bittet den König, daß
"Zu diesen höchst nötigen starken Reparaturen 3 gewöhnliche Collekten und zwar
maßgeblich in der Inspektion Großenhayn, Zwickau und Grimma zu erstatten und
deswegen der Allergnädigste Befehle an die Herren Superintendenten dieser 3
Ephorien ergehen lassen ..."
Ob die Kirchgemeinde das Geld erhalten hat, kommt aus den nachfolgenden
Unterlagen nicht hervor. Wahrscheinlich nicht, denn in den folgenden Jahren (bis
1753) ist weiterer Schriftverkehr in den Akten zu finden, in welchem über die
Notwendigkeit einer Dachreparatur berichtet wird.
Das Pfarrhaus zu Seelitz
(nach Aufzeichnungen von Herrn Eike Berger 1989)
Das jetzige Pfarrhaus wurde 1739 erbaut, das beweist eine über der Tür in
Porphyrstein eingehauene Jahreszahl. Der Bau war notwendig geworden, weil das
alte Pfarrhaus 1735 abgebrannt war. Wie ist es dazu gekommen?
Aus den Akten der Superintendentur in Rochlitz geht folgendes hervor:
Die Magd Sophia Hoffmannin aus Gröblitz kam mit 17 Jahren in den Dienst des
Pfarrers Meiner. Des Pfarrer Meiners Sohn, Johann Benjamin Meiner, war zu der
Zeit Theologiestudent in Leipzig. Er und die Magd liebten sich. Sie trafen sich
heimlich in Colditz. Aus dem Jahre 1734 gibt es ein Protokoll aus dem Amtsgericht
Colditz. Darin heißt es:
"... Der Sohn des Pastor Meiner zu Seelitz hat sich zum wiederholten Malen mit
der Magd Hoffmannin fleischlich vereint und sind beide deswegen beim
Amtsgericht in Colditz in Arrest gewesen. Aus dieser Vereinigung ist die Magd
Hoffmannin schwanger geworden."
"... Die Pfarrfrau zu Seelitz, des jungen Meiners Mutter, hat die Hoffmannin
verleitet, daß sie einen Soldaten zum Schwängerungsvater im Beichtstuhle
angibt und versprach ihr 40 Taler dafür."
Die Magd beichtete falsch und wurde aus dem Dienst entlassen. Die 40 Taler
wurden von der Pfarrfrau aber nicht bezahlt.
Vorerst traf sich der Pfarrerssohn auch weiter mit ihr.
Die Magd versuchte durch eine Klage vor Gericht nun den Kindesvater richtig zu
stellen und klagt gleichzeitig gegen die Pfarrfrau wegen Verleitung zur falschen
Beichte und um die versprochenen 40 Taler.
Während des Prozesses, der über längere Zeit geht, wird die Pfarrfrau krank und
stirbt. In einem Brief an den Chemnitzer Superintendenten zu Chemnitz, Crüger, teilt
der Pfarrer Meiner ihm mit, daß seine Frau aus Kummer gestorben sei und bittet die
Klage abzuweisen, da die Verklagte nicht mehr lebe.
Anfang 1735 wird die Magd von der Einstellung des Verfahrens unterrichtet und
gleichzeitig trennt sich der Sohn des Pfarrers von ihr. All diese Ereignisse hat sie
wohl nicht verkraftet.
Am 5. März 1735 zündet sie das Pfarrhaus an. Der junge Johann Benjamin Meiner
flüchtet und wurde nie mehr gesehen.
Im November wird die Magd an den Feldern nach Rochlitz verbrannt und die Asche
über die Felder verstreut.
Vom Pfarrer Meiner heißt es im Kirchenbuch: "Er heiratete neu eine Frau aus
Colditz und lebte fortan vergnüglich bis zu seinem Tod 1746."
Der Kirchenbau
Bereits im Jahre 1753 wurden vom Wiederauer Zimmermeister Michael Mäßig und
vom Maurermeister David Schmidt aus Rochlitz Risse über den Kirchenbau
gezeichnet, wie aus den Akten der Superintendentur Rochlitz zu ersehen ist. Es
sollte nun nicht nur eine notdürftige Reparatur des Daches stattfinden, sondern eine
umfassende Reparatur des gesamten Kirchengebäudes einschließlich Turmbau
erfolgen.
Damit war aber die Kirchgemeinde nicht einverstanden, denn man sah die riesigen
Kosten, die so ein Bau verschlingen würde. Man muß auch bedenken, daß die
Bevölkerung zu der Zeit unter den Ereignissen des Siebenjährigen Krieges (17561763) sehr zu leiden hatte.
In einem Brief aus dem Jahre 1762 an das Amt Rochlitz lesen wir folgendes:
" ... ein neuer Kirchenbau bei gegenwärtigen schweren Kriegszeiten und
außergewöhnlicher Teuerung ganz und gar unmöglich ist, da wir durch die
häufigen Fuhren, übermäßigen Lieferungen, Wegnehmung des Viehs und anderer
unerschwinglicher Pflichten dergestalt ausgesogen und mitgenommen worden
sind, daß wir, wenn in uns gedrungen werden sollte, einen neuen Kirchenbau zu
machen, unseren armseligen und ehedem verschuldeten Besitz zu verlassen, da wir
itzo kaum das trocken Brot für uns und unsere Kinder haben...."
Doch das Amt Rochlitz und die Superintendentur drängte, die Vorbereitung des
Baues voranzubringen. Am 29. Juni 1763 erhielt die Kirchgemeinde einen Brief.
Darin heißt es:
" ... an die nach Seelitz eingepfarrten Gemeinden. Nachdem wir nun vor Erstattung
des untertänigsten Berichts, um das erforderliche Gutachten erteilen zu können, die
Beschaffenheit
des
Kirchengebäudes
und
Turmdaches,
mit
Zuziehung
unparteiischer Bau-Gewerken, in Augenschein zu nehmen, vor nötig erachten, und
hierzu den nachkünftigen 4. Juli angesetzt haben. Als wird solches denen nach
Seelitz eingepfarrten Gemeinden hierdurch bekannt gemacht, mit dem Bedeuten,
bestimmten Tages früh um 8 Uhr durch einige Abgeordneten aus jeder Gemeinde,
in der Pfarrwohnung zu erscheinen. Wonach sich zu achten."
Im Jahr 1765 war es nun endlich soweit. Man hatte mit dem Bau begonnen.
Der damalige Pfarrer Anton schreibt dazu im Kirchturmbericht:
"Eine Hauptreparatur war unumgänglich nötig. Die Kirchfahrt sah die dringende
Notwendigkeit auch wohl ein und war willig, diesen Bau vorzunehmen, nur konnte
man sich über die Art und Weise nicht einig werden. Endlich kam nach vielen und
kostbaren Prozessieren ein Regulativ zustande. Im Jahr 1765 wurde das alte Dach
des Turmes abgetragen und ein ganz feiner neuer Turm aufgeführt, welcher freilich
der Symetrie nach höher und wenigstens mit der Mauer dem Dache hätte gleich
sein sollen. Weil aber ein einziger unruhiger Kopf, Meister Christian Fröhlich, ein
einziges Dorf, Döhlen, aufwiegelte, wider diesen Turmbau unbefugt zu appellieren
und zu protestieren, so mußte man sich mit der Erhöhung in acht nehmen und wider
den entworfenen und approbierten Riß einen anderen, kleineren erwählen.
Am 23. Juli 1765 wurde dieser neue Turm gehoben und dabei durch eine Rede
aufgrund von Pred. Sal. 9,18 ('ein einziger Bube verderbet viel Gutes') und Lieder
Gott gedanket.
Den
10. August desselben Jahres wurden die Glocken in den neuen Turm
gehangen und am 5.
August 1766 Fahne und Knopf in Gegegenwart D.
Gühlings, Superintendent zu Chemnitz, aufgesetzt."
Tatsächlich kann man aus der Zeichnung des Turmes ersehen, daß es anders
geplant war. Man hatte sich dann aber zu der kleineren Variante entschlossen, weil
genannter Fröhlich seinen Einwand damit begründete, daß die Gewitter nicht über
die Kirche hinwegkämen, sich heftig über dem Dorf entladen würden und großen
Schaden anrichten könnten.
Über die Baulichkeit des kleinen Turmes, des sogenannten Meßturms, ist so gut wie
nichts bekannt. Er wird in den Akten kaum erwähnt. Man weiß nicht genau, wann er
errichtet wurde, wahrscheinlich beim Kirchbau um 1500 -1560, denn auf den
Zeichnungen für den Kirchenumbau ist er bereits eingezeichnet.
Lediglich findet sich in den "Sitzungsniederschriften der Baudeputierten" eine Notiz
aus dem Jahre 1769, die besagt, daß Knopf und Fahne von dem alten großen Turm
auf den kleinen Turm aufgesetzt werden sollten. Vorher müßten sie aber neu
gestrichen oder vergoldet werden.
Der Innenausbau
Über die Gestaltung des Innenausbaus konnte man sich sicherlich auch nicht gleich
einigen, ähnlich wie beim Turmbau.
Mit Datum vom 23. Mai 1767 findet sich ein Schriftstück in den Akten über eine
Zusammenkunft von Vertretern aller eingepfarrten Gemeinden. Den Anwesenden
wurden Veränderungen zum vorgelegten Riß des Wiederauer Meisters Michael
Mäßig erläutet und mit ihrer Unterschrift mußten diese ihr Einverständnis bekunden.
Das Schriftstück lautet:
"Demnach unter dem heutigen Datum, von Seiten der allhier Eingepfarrten
Deputierten der Kirchfahrt zu Seelitz, nebst denen beyden Bauaufsehern Gottlieb
Urban aus Gröblitz und Johann Sittner aus Stöbnig, und genügsamen Beytritt derer
sämtlicher Kirchgemeinden. Die
Abänderung des innerlichen Ausbaues der
allhiesigen Kirche, den von den Zimmermeister Mäßig von Wiederau gezeichneten,
und bey den Acten befindlichen allergnädigst approbierten Rißes betreff. dahin
erläutert werden, daß nehmlich
In der weiten Kirche, zu Erlangung mehreren Platzes und Stühle drey
Emporkirchen übereinander und auf jeder zwey Reihen Stühle angebracht
sollen werden, die an jetzo befindlichen Fenster aber stehen bleiben, jedoch
wenn es nötig, die oberen Schnirkel rausgebrochen werden.
In der engen Kirche vor dem Altar, an der Mitternacht-Seite soll, wo die alte
Sakristey befindlich eine adeliche Betstube angelegt werden und vorne
heraus vier Ellen breit durch
die Hauptmauer zwei Fenster zur Einsicht in
die Kirche gebrochen werden. Nebst der Betstube soll in der Sakristey ein
Unterschied und ein Vorgehäuse zur Anlegung der Treppe zur anderen
Betstube über der untersten bleiben.
Das obere Betstübchen soll ebenfalls oben drüber wie das unterste angelegt
und ein Platz zum Austritt oder Eingang gelaßen werden.
An der Mitternacht-Seite inwendig in der engen Kirche soll hinten bey dem Altar
ein verglaster Stuhl 4 Ellen lang und zwey Ellen breit gemacht werden. Von
den verglasten Stuhl, nach der Kirche zu, sollen Communion-Stühle gemacht,
die fordersten vier Stühle sollen zu Kirchväterstühlen gemacht werden.
In der Mittag-Seite auswendig auf den Kirchhof, wo an jetzo die Vorhalle
befindlich, soll
die neue Sakristey angelegt werden und die Treppe auf die
Kanzel, wo jetzo die Kirchentür, hinaufgehen auf die Kanzel, die Kanzel aber
etwas höher und zwey Ellen in die Kirche herüber gerückt werden. Durch die
Hauptmauer aber eine Tür nach dem Altar, wo der Priester hineingehet. Über
der neuen Sakristey soll eine adeliche Betstube gleich die der Sakristey hinauf
angelegt, der Austritt oder Eingang in gedachtes Betstübchen
auswendig
angebracht werden.
Inwendig an der Mittag-Seite vorne bey dem Altar gegenüber dem angedachten
verglasten Stuhl soll noch ein verglaster Stuhl, nach der weiten Kiche zu,
ebenfalls Communion, Trauungs- oder Trauerstühle mit der Proportion der
anderen Seite gemacht werden.
Was die Weiberstühle anlangt, sollen die selben nach dem allergnädisten
approbierten Riß sein Bewenden haben .
Weil in dem approbierten Riß die Decke nebst den Emporkirchen von Gips
angegeben, soll mit den selben ebenfalls eine Abänderung getroffen und statt
den selben eine Bretter gespundene, die Emporkirchen aber mit Tischlerarbeit
gemacht werden.
Mit dieser getroffenen Abänderung sind sämtliche Deputierten sowohl als auch die
ganze Kirchfahrt auf nochmaliges deutliches Vorlesen einig und zufrieden gewesen,
weshalb sie sich eigenhändig unterschrieben."
Wenn man diesen Text liest, kann man sich nur schwer vorstellen, wie es bisher in
der Kirche ausgesehen haben mag. Wieviel Plätze hatte das Kirchenschiff, wieviel
Emporen gab es? Darüber wissen wir nur sehr wenig.
Wir erfahren aber, daß sich die Sakristei ursprünglich auf der Nordseite befunden
hat. Es kommt außerdem zum Ausdruck, daß man einen Anbau über die alte
Sakristei und einen Anbau auf der anderen Seite der Kirche - für die neue Sakristei
und eine Betstube - errichten wollte. Damit erhielt die Kirche außer der Veränderung
des Turmes noch zusätzlich ein anderes Aussehen.
Eine Eingangstür in die Kirche hat sich offenbar dort befunden, wo nun der Aufstieg
zur Kanzel geplant war. Es ist anzunehmen, daß der Pfarrer vorher vom
Kirchenschiff aus auf die Kanzel gelangte.
Interessant ist auch zu erfahren, daß ursprünglich eine Gipsdecke geplant war.
Auch die Brüstungen der Emporen sollten aus Gips errichtet werden. Vielleicht ist
dieses Vorhaben aber am fehlenden Gelde gescheitert.
Über den Verlauf der Arbeiten mußten regelmäßige Berichte an das Amt nach
Rochlitz und die Superintendentur nach Chemnitz geschickt werden.
Außerdem wurden die eingepfarrten Bürger zu Frondiensten herangezogen, d. h.
sie mußten unentgeltlich Handlanger- und Hilfsleistungen erledigen. Die Bauern
mußten Fuhrdienste tätigen.
Die Seitenlogen - Betstuben der Rittergutsbesitzer
Aus den Akten der Superintendentur Rochlitz geht hervor, daß seit dem Jahre 1718
sogenannte Emporkirchen der adligen Rittergutsbesitzer bestanden haben.
Die Herren aus Kolkau und Zetteritz bestimmten in dem Jahr, daß zwei
übereinander zu bauende Kirchstände aufgestellt werden sollten und zwar an der
Stelle, "zur rechten Hand nach dem Altar zu, bei der Canzel, dort wo zwei Reihen
Stände befindlich, welche von undenklichen Zeiten her und noch itzo die
Communikanten männlichen Geschlechts, ingleichen die jenigen Personen, welche
mit einem üblen Gehör oder hohem Alter, geruhig besaßen".
Beim Innenausbau der Kirche war nun geplant, für die Adligen jeweils eine Betstube
an anderer Stelle zu errichten. Sie sollten an die Kirche angebaut und die Mauer
derselben durchbrochen werden.
Auf der Nordseite unten wurde die Betstube für Kolkau und darüber für
Neutaubeheim errichtet. Auf der Südseite über der neuen Sakristei sollte die
Betstube für das Rittergut Zetteritz entstehen. (übrigens wird dieser Raum heute als
Archiv genutzt)
Die Namen der Rittergutsbesitzer zu der Zeit waren:
Friedrich Wilhelm von Schleinitz auf Zetteritz
Christian Daniel Roch
auf Neutaubenheim
Daniel Kleeberg
auf Kolkau
Die Betstuben waren Privatbesitz der jeweiligen Rittergüter. Aus den Akten geht
hervor, daß sie etwas für den Bau bezahlt, allerdings bei weitem nicht die gesamten
Kosten dafür getragen haben.
Im Altarraum über den Fenstern der Logen befinden sich zwei Familienwappen der
ehemaligen Rittergutsbesitzer.
Die Kirchenstände
Der innere Ausbau der Kirche war nun soweit vorangekommen, daß man in den
Jahren 1769/70 an die Errichtung des neuen Gestühls im Kirchenschiff sowie den
Bau der Emporen gehen konnte.
Schon im Jahr 1767 wurden in den zur Kirchfahrt Seelitz gehörenden Gemeinden
der Bedarf an Plätzen ermittelt, d. h. es wurden sogenannte "Spezifikationen" an
das Pfarramt eingereicht. Man wußte danach, wieviele Plätze ungefähr benötigt
werden.
Es war festgelegt, daß die Frauen ihren Platz im Kirchenschiff erhalten, für die
Männer waren die Emporen vorgesehen.
Im Kirchenschiff errichtete man 475 Frauensitze. Diese teilte man in 4 Sätze,
welche durch einen Hauptgang, einen Quergang und 2 Seitengänge voneinander
getrennt wurden (Klasse A - D).
Auf die auf hölzernen Säulen und mit Holzbrüstung versehenen 3 Emporen
verteilten sich die 418 Männersitze (Klasse A - G).
Es erfolgte nun die "Verlösung" der "Stände" (Kirchenstühle). Die Sitzplätze wurden
numeriert und chronologisch geordnet in das sogenannte "Ständeregister" (ein in
Leder gebundenes, dickes Buch) eingetragen. Unter der entsprechenden Nummer
erfolgte der Eintrag der betreffenden Person - "Standverschreibung".
Ein Beispiel für einen Eintrag aus dem Jahre 1771:
"No 27 Elisabeth, Michael Heynes, B (Bauer)
in Benna (Penna) W (Weib)"
Später wurden die Einträge präzisiert. Ein Beispiel aus dem Jahre 1864:
Lit. G, 22 n Männerstand
"Meister Karl Heinrich Wündsch, Besitzer der Mühle
unter Zöllnitz, nach Vaters Tode als Besitzstand auf
das Mühlengrundstück gelöst den 12. Mai 1864"
Jedes Gemeindeglied erhielt zudem einen Standzettel.
Starb ein Gemeindeglied, mußte der ihm gehörende Stand neu gelöst werden. In
der Regel löste beim Tode der Mutter die Tochter bzw. die Schwiegertochter den
Stand; beim Tode des Vaters der Sohn bzw. Schwiegersohn. Es kam auch vor, daß
nach dem Tode eines Ehegatten der verbliebene Partner den Stand neu löste. Es
war praktisch so geregelt, daß immer nach einer Veränderung - meist nach Tod,
aber auch nach Wegzug - der entsprechende Stand neu gelöst werden mußte.
Bis 1842 betrug der Preis für einen "Weiberstand" 5 Groschen, für einen
"Männerstand" 6 Groschen;
bis 1877 kostete der "Frauenstand" 7 und der "Männerstand" 8 Groschen;
ab 1878 kostete jeder Stand eine Mark.
Die Bänke wurden nun auch mit den entsprechenden Namen versehen.
Einige wenige Beschriftungen stammen noch aus dem Jahr des Einbaus der
Bänke:
"No. 27 Elisabeth Heynin
No. 28 Maria Elisabeth Hahnin"
Laut
"Ständeregister"
wurden
diese
Plätze
später wieder
verlöst,
die
Namensschilder aktualisierte man aber nicht und so sind sie uns erhalten
geblieben.
Die meisten Plätze sind in späteren Jahren, je nachdem wann sie neu gelöst
wurden, neu beschriftet worden:
"No.
139
Johanna
(lt. Ständeregister 1834 verlöst)
No. 150 Johanna Sophie Krutzschin
(verl. 1842)"
Sophie
Donnerin
An manchen Plätzen befinden sich auch nur Ziffern. Diese Plätze verlöste man
zwar, nur die Namen brachte man nicht an den Bänken an.
Die Verlösung der Kirchenstände endete im Jahre 1895.
Die gesamte Anlage der Bänke wurde im Jahr 1976 verändert, weil man den Einbau
einer Warmluftheizung für die Kirche plante. Heute ist nur noch ein Teil des
Gesamtbankbestandes im Schiff erhalten.
Die Pläne der Warmluftheizung ließ man dann aber wieder fallen und so wurden die
Bänke
im
Jahr
1978
mit
einer
elektrischen
Bankheizung
versehen.
Der Bau des Altars und der Kanzel
Im Jahr 1771 erfolgte die Anschaffung des neuen Altars und der neuen Kanzel.
Beides wurde durch den Peniger Bildhauer Johann Gottfried Stecher geschaffen.
Im Vorfeld dieses Baues kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem
Pfarrer Anton und den eingepfarrten Gemeinden, welches die Akten belegen.
Stecher hatte Anschläge und Risse für Altar und Kanzel über 350 Taler geliefert.
Zur gleichen Zeit reichte Johann George Dost aus Oberlungwitz Risse über 300
Taler ein.
Die Gemeinden entschieden sich für den billigeren Dost, während Pfarrer Anton
sich für den Bildhauer Stecher entschied. Der Streit nahm immer härtere Formen an
und es kam dazu, daß die Gemeinden zwei Briefe an das Oberkonsistorium nach
Dresden sandten, in dem sie sich über den Pfarrer beschwerten:
"... im übrigen wir von ihm dieses Baues halber privatim, ja öffentlich von der Canzel
mit beleidigenden Worten hart angegriffen werden, so daß es unmöglich ist, sich
darbey zu beruhigen; so ergehet an Seine Exxellenz Hochwürden unser
untertänigstes Bitten, daß Canzel und Altar nach den von uns überreichten
Dostischen Risse und Anschlage gebauet werden möge ... weil die beste Zeit des
Jahres vergeht und wir bey längeren Verzug in Gefahr stehen, in diesem Jahr mit
der Kirchenreparatur nicht zu stunde kommen ... "
Schließlich setzte sich der Pfarrer doch durch und Stecher konnte Kanzel und Altar
bauen.
Pfarrer Herz beschrieb den Altar im Jahre 1880 wie folgt:
"Das Altar hat steinernen Unterbau, tuchene Polsterung des Fußbodens und der
Stufen, lederne Umkleidung des Tisches, durchbrochene Seitenwände und
hölzernen Aufsatz mit zwei Säulen. In der Mitte des Aufsatzes befindet sich ein
Holzschnitzwerk in Rahmen: Der gekreuzigte Christus, rechts die Holzfigur des
Johannes, links die des Petrus. Als Oberstück das Auge Gottes mit
Engelsgestalten und Gevölk umgeben, links und rechts davon, etwas
hervortretend 2 Engel mit Kreuz, Lanze und Essigschwamm, jeder ein
Wappenschild haltend, auf welchem das Monogramm Christi steht. Das Altar hat
verschiedenfarbigen, imitierten Marmoranstrich, weiße Farbe und vergoldete
Kapitäle. Unter dem Kruzifix stehen 2 Liederverse und zwischen denselben die
Worte 'Meum Jesum Fideliter Amo'. Auf der Rückseite ist ein Verzeichnis von
Deputierten aus dem Stiftungsjahr des Altar, welcher am 28. Dezember 1771
eingeweiht wurde, darunter steht neben lateinischen Worten der Name
Erbauers."
Die Kanzel beschrieb Pfarrer Herz wie folgt:
des
"Die Kanzel, in Tulpenform aus Holz gebildet, mit Randpolsterung, Bücherbrett
und Schalldeckel, auf welchem die Holzfigur des Evangelistemus steht, befindet
sich unter dem Triumpfbogen, hat von der Sakristei aus die Zugangstreppe und ist
1771 errichtet."
Der Taufstein
1773 wurde vom Peniger Bildhauer Johann Gottfried Stecher im Rokkoko-Stil die
Lesepulttaufe geschaffen.
Der Untersatz ist aus Stein, der Deckel aus Holz.
Im Jahr 1879 hat der damalige Pfarrer Herz den Taufstein mit weißer Farbe
übermalen und die Vergoldung erneuern lassen.
Beispiel aus den Kirchenakten des 18. Jahrhunderts
Bereits im Jahr 1751 wurde über die vollzogenen Amtshandlungen des Pfarrers
eine Statistik geführt:
"In dem durch Gottes Gnade und Seegen zurückgelegten 1751 Jahr nach Christi
Geburt sind in der Kirchen allhier gewesen an
Öffentlichen und privaten Communikanten 4338
Copulierten (getrauten) 16 Paar, (unter denen 1 Paar in der Stille)
Getaufte
48 Kinder als
27 Söhngen unterdenen
1 hochadl. und 1 Paar Zwillinge und
21 Tochtergen (darunter 1 unehel.)
Begrabene 67 Personen, 34 männl. und 33 weibl. Geschlecht
und zwar
26 Alte und Erwachsene nehmlich
13 Mannspersonen als
4 Junggesellen
6 Ehemänner
3 Wittwer und
13 Weibspersonen als
2 Jungfrauen
6 Eheweiber
5 Wittwen
41 Kinder "
19. Jahrhundert
Als geschichtlichen Einblick in das Deutschland des 19. Jahrhundert seien folgende
Ereignisse genannt: Zum einen die napoleonische Herrschaft, die mit den
Befreiungskriegen endete und die Reichsgründung 1871 nach der Beendigung des
deutsch-französischen Krieges 1870/71.
Napoleonische Herrschaft
Napoleon Bonaparte, Oberbefehlshaber der französischen Armee, war 1799 durch
einen Staatsstreich an die Macht gekommen.
1800 begann sein Siegeszug durch Europa. Er errang Siege in Italien und
Süddeutschland, Kaiser Franz II. mußte die Abtretung des linken Rheinufers an
Frankreich anerkennen. Damit machte sich eine Neuordnung des Deutschen
Reiches notwendig, weil die von der Abtretung betroffenen weltlichen Fürsten
entschädigt
werden
wollten.
Es
kam
1803
zum
sogenannten
Reichdeputationshauptschluß. Dieser war hauptsächlich durch die Mitwirkung
Napoleons zustande gekommen. Er wollte damit neben Österreich und Preußen ein
sogenanntes drittes Deutschland schaffen, von wo aus er eine bessere
Ausgangsposition für seine Machtpolitik gegen diese beiden Staaten hatte.
Der Reichsdeputationshauptschluß veränderte durch die teilweise Neuverteilung
bzw. die Neuschaffung von Kurstimmen, die endgültige Aufhebung der Reichskirche
und die Beendigung des katholischen Übergewichts in wichtigen Reichstagsgremien
die Reichsverfassung grundlegend und kündigte damit das Ende des Heiligen
Römischen Reiches Deutscher Nation an.
In Paris wurde 1806 der Rheinbund geschlossen. 16 deutsche Staaten
unterschrieben ihn. Damit sagten sie sich von Kaiser und Reich los und
unterstellten sich dem Protektorat des französischen Kaisers. Kaiser Franz II.
legte die Kaiserwürde nieder. Das Deutsche Reich war aufgelöst. Napoleon
festigte seine Macht über die deutschen Staaten. Auch Preußen und Sachsen
traten dem Rheinbund bei.
Aber nach und nach regte sich immer stärker eine Freiheitsbewegung. Jedoch
erst nach der vernichtenden Niederlage der französischen Großen Armee im
Rußlandfeldzug 1812 waren günstige Voraussetzungen für einen nationalen
Befreiungskampf gegen Napoleon geschaffen.
Im Dezember 1812 schloß General Graf York von Wartenberg, der Befehlshaber
des preußischen Hilfskorps der Großen Armee, mit einem russischen General
den Vertrag von Tauroggen, dem die Erhebung Preußens folgte.
Im März 1813 kam es zwischen dem preußischen König und dem russischen Zar
zu Allianzabsprachen.
Im Frühjahr 1813 führte Napoleon erneut ein den preußischen und russischen
Armeen zahlenmäßig überlegenes Heer nach Deutschland. Es zwang diese zum
Rückzug nach Schlesien. Im August erklärte auch Österreich Frankreich den
Krieg. Doch der alliierte Vorstoß gegen die französische Hauptarmee scheiterte
Ende August in Dresden. Der Beitritt Bayerns zur Koalition leitete die Auflösung
des Rheinbundes ein.
Ende September ergriff die Schlesische Armee unter Blücher die Initiative. In der
Völkerschlacht bei Leipzig siegte im Oktober das Koalitionsheer; Napoleon
entkam, doch seine Herrschaft in Deutschland war zusammengebrochen.
Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 und die Reichsgründung
Als Otto von Bismark Ministerpräsident von Preußen wurde, trieb er die Pläne zur
Einigung Deutschlands voran. Vor allem wollte er, daß Preußen dabei die führende
Macht wird. Dazu mußte Österreich, der Erzfeind ausgeschaltet werden. Das gelang
im Deutschen Krieg 1866. Als Ergebnis dieses Krieges entstand nördlich der
Mainlinie mit dem "Norddeutschen Bund", ein Bundesstaat aus 22 noch selbständig
gebliebenen Mittel- und Kleinstaaten sowie den Freien Städten Hamburg, Bremen
und Lübeck. Der Norddeutsche Bund stellte im Prozeß der deutschen Einigung eine
Zwischenstufe dar.
1866 gelang es Bismark dann in zähen Einzelverhandlungen, die süddeutschen
Staaten zu überreden, "Schutz- und Trutzbündnisse" abzuschließen und im Falle
einer militärischen Auseinandersetzung mit Frankreich ihre Truppen unter das
Kommando des preußischen Königs zu stellen.
1870 erklärte Frankreich Preußen den Krieg. Damit war das von Bismark
einkalkulierte Ereignis eingetreten, mit dem die letzte Phase des deutschen
Einigungsprozesses eingeleitet werden konnte. Für die süddeutschen Staaten war
der Bündnisfall auf Grund der Verträge von 1866 gegeben. Unter preußischem
Oberbefehl standen jetzt nicht nur preußisch-norddeutsche Armeen, sondern
ebenso die bayerischen, würthembergischen und badischen Truppen.
Die 1870 begonnene kriegerische Auseinandersetzung verlief in zwei voneinander
unabhängigen Phasen. Die eine gipfelte nach erfolgreichen Angriffsschlachten in
der Kapitulation der französischen Armee, die zweite begann mit der Ausrufung der
französischen Republik, nachdem Napoleon III. in deutsche Kriegsgefangenschaft
geraten war. Im Verlaufe des Krieges mußte Frankreich das Elsaß und Teile von
Lothringen abtreten.
Am 10. Mai 1871 wurde der Friedensvertrag in Frankfurt/Main geschlossen, in dem
festgelegt wurde, daß Frankreich 5 Milliarden Francs an Deutschland zahlen mußte.
Zuvor, am 18. Januar 1871, fand im Spiegelsaal des Versailler Schlosses die
Proklamierung des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser statt. Das
galt als entscheidender Akt der Gründung des Deutschen Reiches.
Bismark hatte es verstanden, noch während der Kriegshandlungen die
süddeutschen Staaten zum Beitritt des Norddeutschen Bundes zu bewegen. Somit
konnte der preußische König aus der Hand aller deutscher Fürsten die Kaiserkrone
entgegennehmen.
Die Auswirkungen der französischen Herrschaft auf Seelitz
Die
Bevölkerung
in
Deutschland
hatte
sehr
unter
der
französischen
Fremdherrschaft zu leiden. Hauptsächlich hatte sie die Versorgung der Truppen zu
übernehmen.
In den Akten finden sich zu diesem Problem Briefe, in dem der Pfarrer oder die
Gemeinde aufgefordert werden, nach genauen Mengenangaben die betreffenden
Leistungen zu erbringen.
Ein Verzeichnis vom 10. Mai 1814, welches der damalige Richter Johannes
Christian Hentschel anfertigte, gibt genauen Aufschluß darüber:
"Verzeichnis desjenigen, was ungefähr das Dorf Seelitz im Jahr 1813 an die
Franzosen liefern mußte und durch dieselben verloren hat."
Es folgt eine Aufstellung über geliefertes Korn, Hafer, Heu, Stroh, Brot, Branntwein,
Gemüse, Mehl, Kartoffeln und Fleisch.
Weiter heißt es dann:
"Sämtliche Requisitionen sind teils nach Rochlitz, Mittweida, Torgau und Leipzig,
teils im Orte selbst an die Franzosen gegeben worden.
An französischen Einquartierungen:
57 Offiziere, 1331 Mann, 576 Pferde, Hafer und Stroh für diesselben,
an requirierten Wagen: 2 Wagen mit völligem Zubehör,
an requirierten Vieh:
15 Kühe, 2 Pferde"
Es folgt dann eine Aufstellung über den erlittenen finanziellen Schaden, der eine
Summe von 7993 Talern ergibt.
Ephorie - Wechsel 1836
Seit dem Jahr 1539 hat Seelitz zur Ephorie Chemnitz gehört. Der Wechsel zum
Ephoralbezirk Rochlitz vollzog sich zum 1. Juli 1836.
In den Akten findet sich folgender Brief:
"Da vermöge Beschluß des Königlich Sächsischen Ministeriums des Kultus
und öffentlichen Unterrichts, vom und mit dem ersten Juli dieses Jahres an
unter anderen auch die zur Ephorie Chemnitz bisher gehörig gewesenen
Parochien Seelitz und Zettlitz von gedachter Ephorie getrennt werden und
von und mit dem gedachten Tage an zur Ephorie Rochlitz gehören."
Superintendentur und Justizamt
Rochlitz
Redlich
Brückner
Auswanderungen im Jahre 1838
Im Jahre 1838 sind aus verschiedenen Orten der Kirchgemeinde mehrere Personen
nach Amerika ausgewandert.
Ein direkter Hinweis, eventuelle Namenslisten oder eine Niederschrift über den
Vorgang, findet sich in den Akten nicht.
Lediglich schreibt der damalige Pfarrer Schmidt 1835 in einem Bericht über
"Wahrnehmung religiöser Zusammenkünfte in der Kirchfahrt zu Seelitz" an den
Superintendenten, daß der Sohn des Pfarrers Bürger den "Grund dazu gelegt".
In der Chronik des Pfarrers Schürer aus dem Jahre 1908 steht darüber folgendes:
"Der Sohn des hiesigen Pfarrers Bürger, Ernst Moritz Bürger, geboren 1806 in
Arnsfeld, der sich als Kandidat einige Zeit hier zur Unterstützung seines betagten
Vaters aufhielt, hatte eine lebendige, persönlich auffassende, erweckliche
Predigtweise, die von der rationalistisch trockenen Durchschnittshomiletik jener
Tage gewaltig abstach und ihm die Herzen im Sturm eroberte. Aber der Prediger
unterließ es auch nicht, die landeskirchlichen Zustände sehr abfällig zu kritisieren,
wahrscheinlich in der Weise der späteren lutherischen Freikirche, sogenannten
Missourier. Die Sympathie für ihn hielt auch an, als er 1833 als Diakonus nach
Rochsburg und 1834 als Pfarrer nach Lunzenau versetzt worden war. Ganze
Scharen pilgerten aus hiesiger Gemeinde allsonntäglich dahin, wo sie in dem Plane
bestärkt wurden, das `Babel der sächsischen Landeskirche` zu verlassen. und sich
einer Freikirche anzuschließen. Und als 1838 Bürger mit den `Stephanisten` nach
Nordamerika in den Staat Perry County auswanderte, ließen sich eine größere
Anzahl teils einzelner Personen, teils ganzer Familien aus Seelitz, Pürsten, Zöllnitz,
Biesern, Zaßnitz, Bernsdorf, Kolkau und Zetteritz verleiten, ihm dahin zu folgen."
67
Die Glocken
Am 21. Januar 1852 bekam die Kirche zu Seelitz 3 neue Glocken. Die alten aus
den Jahren 1519 und 1623 waren schadhaft geworden. Der Glockengießer Ulrich
aus Apolda riet der Gemeinde, die Glocken umgießen zu lassen.
Im "Vereinigten Wochenblatt" von 1852 lesen wir folgendes:
"Am 24. September vorigen Jahres holte derselbe die alten Glocken in Seelitz ab,
und es entstand für die Gemeinde eine eigentümlich stille, traurige Zeit, da kein
kirchliches Ereignis mit Glockenton begleitet wurde.
Endlich, am 21. Januar 1852 kam der ersehnte Tag, an welchem die neuen
Glocken in Seelitz eintreffen sollten. Die ganze umfangreiche Kirchfahrt von 24
Dörfern, sowie die Stadt Rochlitz und Umgegend, war an diesem Tage in
Bewegung. Um halb 11 vormittags trafen die neuen Glocken in Rochlitz ein, und
schon ihre äußerliche Form und Schönheit fiel höchst angenehm ins Auge.
Vor der Brücke in Rochlitz hatte sich die Kirchfahrt Seelitz versammelt, mit ihrem
Pfarrer, sämtliche 7 Schulen mit ihren Lehrern, die Kinder mit Fahnen und
Kränzen, die Gemeindevorstände, nebst einem Musikchore, die Glocken zu
begrüßen. Eine große Menschenmenge strömte von allen Seiten herbei, und
endlich erschienen die glänzenden Glocken auf zwei sechsspännigen Wagen
an der Seelitzer Seite der Brücke, wurden bewillkommt, unter Musik
bekränzt, und unter Begleitung eines immer stärker werdenden
Menschenstromes nach Seelitz hinausgeleitet. Dort angekommen, vor der
schönen Kirche auf dem
umfangreichen Kirchhofe aufgefahren, und von der
Menschenmasse dicht geschart, wurden die Glocken geweiht."
In der Tat war es ein großes Ereignis für die Kirchgemeinde. Am 22. Januar wurden
die Glocken in den Turm gebracht und am 23. Januar nachmittags um 15 Uhr
wurden sie das erste Mal geläutet.
Das Gewicht der Glocken war: Große Glocke
27 1/2 Zentner
Mittlere Glocke 12
Zentner
Kleine Glocke
Zentner
7
Alle drei waren aus Bronze gegossen.
Weiter heißt es im "Wochenblatt":
"Die Glocken geben ein starkes, volltönendes harmonisches Geläute und loben
den Meister, der sie formte und dem die ganze Gemeinde sich zum größten Dank
verpflichtet fühlt. Walte Gottes Gnade, daß diese schönen Glocken von
Geschlecht zu Geschlecht überliefert werden und Jahrhunderte lang zu ihnen
reden können."
Leider war das ein Wunsch, der nicht in Erfüllung ging. Im März 1917 mußten die
kleine und die mittlere Glocke auf behördliche Anordnung zerschlagen und als
Heeresbedarf abgeliefert werden. Ebenfalls geschah dieses 1941 mit der großen
Glocke.
Im Herbst 1997 fand der Restaurator Heinz Ernst in der südlichen Seitenloge einen
Granatsplitter aus Bronze, der sich dort verfangen hatte und von der
Bombenexplosion aus dem zweiten Weltkrieg stammte. Es war somit zu einer
"Rückkehr" der Glocke gekommen.
Zwei
der
jetzigen
Glocken
stammen aus dem Jahre 1920.
Sie wurden
von
der Firma
Schilling und Lattermann Apolda
hergestellt. Ihr Gewicht beträgt
900 bzw. 500 kg und sie
bestehen aus Stahlguß.
Im
Jahr
1981
bekam
die
Gemeinde wieder eine dritte
Glocke. Sie stammt aus der
Kirche
in
Zwönitz.
Abschaffung des Klingelbeutels (Cymbel) 1869
Im Jahre 1869 wurde der "Klingelbeutel" abgeschafft.
Dazu finden wir in den Akten eine Notiz des damaligen Pfarrers Herz:
"Der Kirchenvorstand zu Seelitz hat beschlossen, die gegenwärtige Form, in
welcher die
sonn- und festtägigen Kollektengelder in hießiger Kirche
eingenommen werden, zu beseitigen, und anstatt der bisher während des
Gottesdienstes umhergetragene "Klingelbeutel" besondere Becken zu beschaffen,
an die Kirchtüren zu stellen und die Gemeinde beim Ausgang aus der Kirche zur
Niederlegung der Gabe daselbst zu veranlassen.
Die neue Einrichtung soll versuchsweise auf ein Jahr getroffen, und wenn der
Ausfall ein bedeutender sein sollte, eventuell zurückgenommen werden.
Auch der Pfarrer, dem der Ertrag der Gelder am Ernte- und Kirchweihfeste
gesetzlich zusteht, will sich während des Versuchsjahres mit dem begnügen, was
die Gemeinde an diesen beiden Tagen auf dem Becken an den Kirchtüren ihm
freiwillig opfert."
Geplanter Umbau der Kirche
Seit dem Jahr 1891 regte sich in der Gemeinde der Wunsch zum Einbau einer
modernen Heizungsanlage in die Kirche. Man beauftragte die Firma Wagner aus
Chemnitz
zur
Erstellung
eines
Kostenanschlages.
Geplant
war,
eine
Niederdruckheizung zu errichten. Der damalige Kostenanschlag wies ca. 4100 Mark
aus.
Bald kam man aber zu der Gewißheit, daß dieser Heizungseinbau nicht ohne
größere Umbauarbeiten in der Kirche zu machen sei. Bis zum Jahre 1903 wurden
verschiedene Kostenanschläge und Zeichnungen vom Architekten Paul Lange aus
Leipzig erstellt, die einen gesamten innerlichen Umbau der Kirche vorsahen:
- Abbruch der III. Empore (zweite Empore sollte drei Sitzreihen erhalten, zweite
und dritte etwas erhöht)
- neues Gestühl im Kirchenschiff
- Einbau massiver Emportreppen
- Einbau Heizung
- Errichtung einer neuen Orgel
- Umbau der Kanzel
- Altarumbau
Im Jahr 1903 wurden dann in den Gemeinden diese Pläne diskutiert und fast
einstimmig abgelehnt. Die Gesamtsumme der Baumaßnahmen war mit ca. 30000
Mark veranschlagt worden. Damit war aber auch das Projekt der Heizungsanlage
hinfällig.
Eine Königlich Sächsische Kommission zur Erhaltung von Kirchendenkmälern hatte
dem Umbau ebenfalls nicht zugestimmt. Man beschloß aber, die Pläne für eine
neue Orgel in die Tat umzusetzen und beauftragte 2 Firmen zur Erstellung
entsprechender Kostenanschläge
Die Orgel
Im Jahr 1907 beschloß die Kirchgemeinde, eine neue Orgel anzuschaffen. Da sie
etwas tiefer angelegt werden sollte, brach man die alte Orgelempore ab und legte
eine neue, von der I. Empore aus, an. Dadurch wurde der von der alten Orgel
verdeckte gotischen Turmbogen und hinter diesem das Turmgewölbe sichtbar. Das
Orgelgehäuse von 1796 verwendete man wieder.
Die Orgel wurde von der Firma Alfred Schmeißer, Rochlitz gebaut. Zur Finanzierung
dieses Vorhabens nahm die Kirchgemeinde ein Darlehen beim damaligen
Landwirtschaftlichen Kreditverein des Königreiches Sachsen über die Summe von
12000 Mark auf.
1914 wurde vom Erbauer ein elektrischer Motor zum Antrieb des Magazingebläses
geliefert.
1917 beschlagnahmte der Staat die zinnernen Prospektpfeifen für Kriegszwecke;
1919 ersetzte man diese durch Zinkpfeifen.
1944 erlitt die Orgel Schäden aufgrund eines Mienenabwurfes in unmittelbarer
Nähe der Kirche.
1992 erfolgte eine Generalrenovierung durch die Firma Georg Wünning,
Großolbersdorf.
Übrigens ist die jetzige die dritte Orgel in der Geschichte der Kirche. Die erste Orgel
wurde Weihnachten 1693 eingeweiht. Es handelte sich dabei um ein kleines Werk
mit 8 Registern, ohne Pedal. Die Leistungen waren dementsprechend recht kläglich
für die große Kirche. Dananch dauerte es reichlich 100 Jahre, bis es zur
Anschaffung einer neuen Orgel kam. Im Jahr 1796 wurde dem Orgelbauer Gottlob
Hecker aus Pegau der Auftrag dazu erteilt; der Einbau erfolgte 1797. Diese hatte 30
Register und 1454 Pfeifen. Man bezahlte damals 1590 Taler dafür.
Das 20. Jahrhundert
Geschichtliches
Der Zeitabschnitt von 1890 bis zum Ende des 1. Weltkrieges 1918 wird in den
Geschichtsbüchern das "Zeitalter der Imperialismus" genannt. Er deutet auf das
diese Epoche charakterisierende Streben der europäischen Großmächte und der
neuen, außereuropäischen Großmächte (USA, Japan) hin, im Wettlauf miteinander
sich durch den Erwerb überseeischer Kolonien eine Weltmachtposition aufzubauen.
Dieses Streben gipfelte im I. Weltkrieg, der Millionen Tote und viel Leid über die
beteiligten Völker brachte. Nach der Beendigung dieses bis dahin verheerendsten
Krieges der Menschheitsgeschichte wurde in Deutschland die Republik ausgerufen,
der Kaiser dankte ab und ging ins Exil.
Danach folgte die Zeit der Weimarer Republik. Diese war der erste praktizierte
Versuch in der deutschen Geschichte, auf dem Boden des Deutschen Reiches eine
demokratische Staatsform zu errichten. Der Versuch ist gescheitert, die junge
Republik ging nach knapp 14 Jahren in der Hitlerdiktatur unter.
Adolf Hitler wurde am 30. Januar 1933 von Reichspräsident Hindenburg zum
Reichskanzler ernannt. Es gelang ihm, mit Hilfe der Reichsbrandverordnung und
des
Ermächtigungsgesetzes
in
wenigen
Monaten
alle
demokratischen
Einrichtungen auszuschalten und eine totalitäre Diktatur zu errichten.
Mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der 2.
Weltkrieg. Im ersten "Blitzkrieg" warf die deutsche Wehrmacht Polen nieder. Nach
"Blitzkriegen" gegen Dänemark und Norwegen überfiel Hitlerdeutschland die
neutralen Beneluxländer. 1940 kam es zur kampflosen Besetzung von Paris.
Im Juni 1941 begann der Überfall auf die Sowjetunion unter Bruch des DeutschSowjetischen Nichtangriffspaktes. Der deutsche Vormarsch blieb dann im Winter
1941 vor Moskau stecken. Zur gleichen Zeit erklärte Deutschland den USA den
Krieg. Mit dem offiziellen Kriegseintritt der USA war die Wende des Krieges
besiegelt. Nach der Niederlage der deutschen Wehrmacht bei Stalingrad begann
der Vormarsch der Roten Armee nach Westen.
Der amerikanisch-britische Bombenkrieg gegen Deutschland, der im Mai 1942
begonnen hatte, wurde 1943 verstärkt. Anfang 1944 hatten die Alliierten die
Luftherrschaft über Deutschland errungen.
Nach der Invasion in der Normandie im Juni 1944 wurden die deutschen Truppen
von Osten, Süden und Westen auf die Reichsgrenzen zurückgedrängt. Wenige
Tage nach dem Selbstmord Hitlers am 30. April erfolgte die bedingungslose
Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945.
Der vom nationalsozialistischen Deutschland entfesselte 2. Weltkrieg hat insgesamt
53 Millionen Menschenleben gekostet; in seinem Ergebnis wurde der zwischen
1867 und 1871 entstandene deutsche Nationalstaat zerstört; die Gebiete zwischen
Oder und Neiße wurden von Deutschland abgetrennt; vom verbliebenen Territorium
bezogen die Hauptsiegermächte USA und Sowjetunion den westlichen bzw.
östlichen Teil in ihre jeweiligen Einflußsphären ein.
Bald nach der Beendigung des Krieges entwickelte sich der weltpolitische
Gegensatz zwischen der Sowjetunion einerseits und den USA und den anderen
Westmächten andererseits, der dann 1946/47 im "Kalten Krieg" mündete. In
unzähligen regionalen Konflikten manifestierte sich dieser Gegensatz. Auf das
besiegte und besetzte Deutschland wirkte sich der "Kalte Krieg" besonders stark
aus.
Die sowjetische Deutschlandpolitik wurde von den USA als der Versuch angesehen,
ganz Deutschland in die sowjetische Einflußsphäre einzubeziehen, alle Aktionen
der Machtstabilisierung in der sowjetischen Besatzungszone wurden unter dieses
Blickwinkel gesehen. Die Sowjetunion wiederum beurteilte die von der USRegierung vorgeschlagene wirtschaftliche Vereinigung der Besatzungzonen zur
besseren Versorgung der Bevölkerung als gezielte Maßnahme des amerikanischen
Wirtschaftsimperialismus. So führte die Politik der Siegermächte 1949 zur
Gründung der BRD und der DDR.
Diese beiden Staaten entwickelten sich in der Folgezeit sehr unterschiedlich. In der
DDR mußte der Sozialismus aufgebaut werden, während sich die BRD mit Hilfe der
sozialen Marktwirtschaft zu einem wohlhabenden Staat entwickelte, der seine Reize
auf die DDR-Bewohner ausübte. Es kam zu großen Flüchtlingsströmen, die 1961
mit der Abriegelung des Übergangs in den Westen eingedämmt wurden. Die DDRFührung ließ die Grenze errichten.
In der DDR begann nach dem Mauerbau eine Phase der wirtschaftlichen und
politischen Stabilisierung. Die DDR-Bevölkerung, der die Möglichkeit zum
Überwechseln in die Bundesrepublik genommen worden war, begann sich stärker
als früher mit den Verhältnissen zu arrangieren. Wirtschaftliche Ergebnisse
machten die DDR nach der Sowjetunion zur stärksten Industriemacht im Ostblock.
Die DDR kämpfte um die Anerkennung als gleichberechtigter Staat neben der
Bundesrepublik. 1967 erließ sie das "Gesetz über die Staatsbürgerschaft der DDR".
1968 gab sie sich eine eigene Verfassung. Damit hatte sie sich als eigenständiger
deutscher Staat endgültig abgegrenzt.
Die BRD beschäftigte sich seit dieser Zeit mit der Frage, wie kann man ein
geregeltes Verhältnis zur DDR herstellen, trotz der staatlichen Teilung den
Zusammenhalt der deutschen Nation vor allem durch vermehrte Kontakte zwischen
den Menschen zu wahren? Das führte zur Entwicklung der Ostverträge, zum
Viermächteabkommen über Berlin und zum Grundlagenvertrag mit der DDR.
In den achtziger Jahren machte sich eine große Unzufriedenheit in allen Teilen der
DDR-Bevölkerung breit. Wirtschaftlich ging es stark bergab und jeder Kritik am
System wurde mit aller Härte begegnet. Die Menschen sehnten sich nach
Veränderungen.
Angefangen hat eine langsame Veränderung zweifellos mit der Reformpolitik von
Michail Gorbatschow. Seine Umwälzungen in der sowjetischen Gesellschaft blieben
nicht ohne Wirkung auf die DDR, was die Führung allerdings aufhalten wollte. Diese
Entwicklung konnte sie aber nicht mehr stoppen und so kam es zur sogenannten
"friedlichen Revolution".
Es begann mit der Öffnung der ungarischen Grenze nach Westen. Tausende
nutzten diesen Weg oder einen anderen über die Botschaften der DDR in Prag,
Warschau und Budapest, um die DDR zu verlassen. Die Massenflucht machte
deutlich, daß es der Partei- und Staatsführung auch 28 Jahre nach dem Bau der
Mauer nicht gelungen war, Zustimmung und Vertrauen zu gewinnen.
Das Volk forderte auf Massendemonstrationen nun umfassende politische
Reformen. Als diese Demonstrationen anhielten zeigte sich, daß die DDR-Führung
kein Konzept besaß, um der politischen Bewegung zu begegnen. Sie gab auf.
Auf weiteren Kundgebungen wurde inzwischen der Ruf nach einem geeinten
Deutschland immer lauter. Der Flüchtlingsstrom hielt an.
Im März 1990 kam es zum ersten freigewählten Parlament in der DDR. Aber es
sollte nicht lange bestehen; am 1. Juli trat die Wirtschaft-, Währungs- und
Sozialunion in Kraft, die D-Mark wurde in der DDR eingeführt.
Am 31. August wurde der Einigungsvertrag mit der BRD unterzeichnet.Die
Volkskammer hatte zuvor den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik für den 3.
Oktober 1990 beschlossen.
Der Kirchenkampf
Unter Kirchenkampf wird die Auseinandersetzung der evangelischen und
katholischen Kirche mit dem NS-Staat von 1933 bis 1945 verstanden.
Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918 kam es auch zu einer
Neuorientierung der Kirche, verschiedene theologische Neuansätze führten zu
kirchenpolitischen Auseinandersetzungen. Dem politischen Programm der NSDAP
besonders verpflichtet waren verschiedene deutsch-nationale Kreise, die sich 1932
als Glaubensbewegung Deutscher Christen (DC) konstituierten.
Nach der Machtergreifung zielte Hitler auf eine totale Gleichschaltung der Kirchen
mit dem NS-Staat. Die evangelischen Landeskirchen sollten zu einer einheitlichen
Reichskirche zusammengefaßt werden. Dieses Vorhaben scheiterte aber. Hitler
überließ die weiteren kirchenpolitischen Entscheidungen nun den zuständigen
Parteiorganen. Die Machtkämpfe innerhalb der Partei provozierten die
widersprüchlichsten Tendenzen der NS-Kirchenpolitik.
Das Kompetenzchaos innerhalb des Parteiapparates forderte die Kirchen zu
ständiger Reaktion und Neuorientierung heraus. Dadurch wurde eine einheitliche
Stellungnahme gegen den NS-Staat erschwert.
Die Bewegung der Deutschen Christen erlangte bei der NS-Regierung immer mehr
Ansehen. Bei den Kirchenwahlen 1933 bekamen sie zwei Drittel aller Stimmen. Als
Folge dieser Mehrheiten wurden die alten Kirchenleitungen abgelöst und mit DCBischöfen besetzt. Auch die Kirchenverwaltungen wurden im Sinne der DC
umgebaut, wobei der staatliche Gedanke des Führerprinzips und die Einführung
des Arierparagraphen maßgeblich waren.
Im Gegenzug dazu begann sich eine kirchliche Opposition zu formieren. Der
sogenannte Pfarrernotbund wurde gegründet. Der NS-Regierung gelang es aber,
die Vereinigung zu untergraben und nach einer schwerwiegenden Krise brach diese
Opposition auseinander. Die meisten Landeskirchen wurden nun in die
Reichskirche eingegliedert. Das wiederum führte zu einer Neuorientierung der
Opposition. Die sogenannte Bekennende Kirche (BK) wurde gegründet.
Das Anliegen der Bekennenden Kirche war nicht der Kampf gegen das NS-Regime,
sondern die Bekämpfung der "DC-Unkirche", auf der Grundlage der Heiligen Schrift
und der reformatorischen Bekenntnisse. Unterschiedliche Anschauungen innerhalb
der Bekennenden Kirche führten 1933 zu einer Spaltung. Damit kam es zu einer
Schwächung der Oppositionsbewegung. Die Nazis waren ihrem Ziel, völlige
staatliche Kontrolle und Entrechtung der Kirchen, einen weiteren Schritt näher
gekommen.
Der Kriegsausbruch stellte die Bekennende Kirche vor neue Herausforderungen.
Die ersten Kriegserfolge und -ziele Hitlers wurden von den Kirchen mitgetragen und
begrüßt. Im weiteren Kriegsverlauf, als sich endgültig der verbrecherische Charakter
des NS-Staates offenbarte, nahmen dann aber Pfarrer, Gemeindeglieder und
Persönlichkeiten im Rahmen ihrer christlichen Verantwortung aktiv bei der Planung
des Umsturzes teil.
Welche Auswirkungen hatte der Kirchenkampf auf unsere
Gemeinde?
Vorhandene Unterlagen belegen, daß die Auseinandersetzungen auch an Seelitz
nicht spurlos vorrüber gegangen sind.
Pfarrer zu dieser Zeit war Dr. phil. Wolfram.
Er gründete als Mitglied der NSDAP die Ortsgruppe der Deutschen Christen,
dessen Vorsitzender er war.
In einem Schreiben an den Landeskirchenausschuß schreibt er 1936:
"... Ich habe früher den DC angehört, habe mich aber dann nach vergeblichen
Versuchen, unerträgliche Mißstände zu beseitigen, wie viele Amtsbrüder aus
Gewissensgründen genötigt gesehen, auszuscheiden. Das geschah 1934. Dem
Notbund bin ich trotz weitgehender Übereinstimmung mit seinen Bestrebungen
nicht beigetreten, weil ich der Meinung war, es müsse zu einer Vereinigung
kommen und ein Sieg der einen Gruppe würde dauernden Widerspruch der
unterlegenen hervorrufen und damit einen wirklichen Frieden unmöglich machen..."
Wolfram bezeichnete sich als Anhänger der "Mitte". In dieser Stellung hatte er
trotzdem Anfeindungen abzuwehren.
Schlimmer ging es aber den Pfarrern und Superintendenten, die der Bekennenden
Kirche angehörten. Sie wurden vom Dienst suspendiert. Das traf zum Beispiel auch
den damaligen Superintendenten von Rochlitz, Meyer. Er verlor sein Amt im Herbst
1934. Der Deutsche Christ Schubert wurde als sein Nachfolger eingesetzt. Nach
Auseinandersetzungen mit Schubert konnte er sein Amt aber nach kurzer Zeit
wieder übernehmen. 1937 wurde er erneut suspendiert. Die Pfarrer der Ephorie
sandten ein Protestschreiben nach Berlin an den Reichsminister für kirchliche
Angelegenheiten, welches außer 5 Pfarrern alle unterschrieben.
Im Jahre 1938 senden die Pfarrer der Ephorie wiederum ein Protestschreiben an
den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, in dem sie sich über die Arbeit
der sächsischen Kirchenleitung beschwerten:
"Die gegenwärtige sächsische Kirchenleitung hat in ihrer Tätigkeit bewiesen, daß
sie einen eindeutigen nationalkirchlichen DC-Kurs steuert. ... Wir unterzeichneten
sächsischen Pfarrer können keiner Führung folgen, die die Grundlage unserer
Kirche verlassen hat und dadurch, daß sie für ihre kirchlichen Anschauungen den
Totalitätsanspruch innerhalb der Kirche erhebt, diese zerstört...."
Schäden an der Kirche durch den 2. Weltkrieg
Die Kirche zu Seelitz wurde im 2. Weltkrieg zweimal durch amerikanische
Fliegerbomben getroffen.
In einem Bericht des damaligen Pfarrers Baldeweg im Jahre 1952 an das
Landeskirchenamt Sachsen heißt es:
" Im letzten Kriege ist das Gotteshaus zweimal schwer beschädigt worden. 1944
wurde das
Dach - durch Minenabwurf unmittelbar vor der Friedhofsmauer -
abgedeckt und sämtliche Fenster zerstört. 1945 fiel eine Bombe direkt auf die
Kirche und riß dabei die Nordmauer, auch das Dach samt Gebälk, weithin auf.
Schwere Stürme im Winter 1945/46 brachten
dann noch die nordwestliche
Stirnmauer neben dem großen Turm zum Einsturz und verdoppelten den Umfang
des ursprünglichen Bombenschadens. Im Laufe von vier Jahren rissen Stürme
zweimal die provisorisch aufgenagelte Dachpappe wieder herunter.
Das
Dachgebälk ist weithin vermorscht. Die Kirchendecke ist total ersoffen. Der
Fußboden unter dem Bombenloch (große schwere Steinplatten) senkte sich im
Zuge von langen Wassereinbrüchen weithin bis zu 60 cm."
Ein Finanzierungsplan sieht zum damaligen Zeitpunkt Kosten für Gebälk, Turm und
Kirchendecke in Höhe von 53000 Mark vor. Bis 1954 erhielt man 5000 Mark
Staatsbeihilfe und 7000 Mark aus einem Hilfsfonds. Damit konnte der erste
Bauabschnit, der Kirchturm, in Angriff genommen werden. Durch Materialmangel
traten immer wieder Verzögerungen ein. 1956 konnte man endlich mit der
Reparatur des Turmdaches beginnen
Im Kirchturmbericht des Pfarrers Taut heißt es 1956:
"Mit Gottes Hilfe findet heute eine jahrelange Arbeit ihren Höhepunkt. Am 9.
September
1956 wird die Kugel des großen Turmes und eine Wetterfahne
feierlich unter Beisein der Kirchgemeinde aufgezogen.
... Erst in diesem Jahr, 11 Jahre nach dem Krieg, konnte mit den gründlichen
Reparaturarbeiten begonnen werden. Wir hoffen, daß späteren Generationen die
Schwierigkeiten erspart bleiben, die wir bei der Materialbeschaffung hatten. In
unserer Zeit ist es als Wunder zu bezeichnen, daß wir von den staatlichen
Behörden 200 m5 Zinkblech zugewiesen bekamen, daß wir den Schiefer erhielten
und sich zuverlässige Handwerker fanden, die diese Materialien verwendeten und
die Kirche damit vor dem Verfall retten konnten, soweit es in ihrer Macht steht.
Wir wissen nicht, wie wir das Geld aufbringen werden, das für diesen Bau noch
gebraucht wird."
1957 wurde dann die Reparatur des Daches des Kirchenschiffes vorgenommen.
Damit waren endlich die größten Schäden des Krieges beseitigt.
Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege
Auch in der Kirchgemeinde Seelitz haben die beiden Kriege sehr viele Opfer
gekostet:
1. Weltkrieg
91 gefallene oder vermißte Soldaten
2. Weltkrieg ca. 245
"
"
"
"
1921 wurde auf dem Friedhof an der Hofmauer des Pfarrgrundstückes ein Denkmal
für die gefallenen Soldaten des 1. Weltkrieges errichtet. Die Seelitzer
Steinmetzfirma Emil Thalheim hatte den Auftrag dafür erhalten und ausgeführt. Der
Preis war ca. 33.000 Mark, die durch Spenden aufgebracht wurden.
Am 9. Oktober 1921 hat man den Gedenkstein im Rahmen eines
Gedächtnisgottesdienstes feierlich eingeweiht.
Für die Gefallenen des 2. Welkrieges wurde 1959 ebenfalls ein Denkmal
aufgestellt. Den Auftrag zur Errichtung dieses Gedenksteines übernahm wiederum
die Firma Thalheim aus Seelitz.
Da in der DDR ein solches Denkmal nicht öffentlich aufgestellt werden durfte, fand
der Stein seinen Platz in der ehemaligen Feierhalle, die sich an der Westseite der
Kirche befand. Nach Abriß der Halle setzte man den Gedenkstein in die Vorhalle
der Kirche um.
1994 wurde das Denkmal wieder gut sichtbar für alle auf dem Friedhof aufgestellt,
ganz in der Nähe des Gedenksteines für die Gefallenen des 1. Weltkrieges.
Kirchliches Leben im Sozialismus
In der DDR war es nicht einfach, einen christlichen Glauben zu haben, ohne in
Konflikt mit dem Staat zu geraten.
Im Jahr 1956 schrieb dazu Pfarrer Taut in seinem Kirchturmbericht:
" ... Presse, Rundfunk, Schule, Film und Buch predigen den Abfall von Gott. In den
Betrieben wird offen aufgefordert, aus der Kirche auszutreten. Die Jugendweihe soll
die Konfirmation zerstören. Die Kinder werden zur Unwahrheit aufgefordert, sie
werden bedroht, daß sie keine Lehrstellen erhalten oder nicht die Oberschule
besuchen dürfen, wenn sie sich nicht jugendweihen lassen. War früher die
Konfirmation eine Fest, so ist heute ein jeder froh, wenn es endlich vorbei ist und
der Gewissensdruck durch die Entscheidung so oder so beseitigt ist ... "
Auch die kirchliche Arbeit wurde durch die Behörden sehr erschwert. Zum Beispiel
mußten Bibelstunden, wenn sie in Wohnungen von Gemeindegliedern stattfanden,
mit Angabe von Ort, Datum und Art der Veranstaltung jeden Monat vorher dem
Volkspolizeikreisamt gemeldet werden. Veranstaltungen konnten auch willkürlich
verboten werden, selbst wenn sie ordentlich angemeldet wurden, je nach Ermessen
der Mitarbeiter der staatlichen Organe. Das wurde dann damit begründet, ein
Recht auf Versammlungsfreiheit gebe es für Christen nicht.
Auch wurden oftmals die Kinder schikaniert, die die Christenlehre besuchten. In den
Akten findet sich zum Beispiel ein Brief aus dem Jahre 1961, in dem sich Pfarrer
Taut beim Kreisschulrat beschwerte, daß Kinder nach dem Unterricht willkürlich
unter Angabe von fadenscheinigen Gründen in der Schule festgehalten wurden, mit
dem Ziel, daß sie die nach dem Unterricht stattfindende Christenlehre versäumten
Bauarbeiten an der Kirche in der DDR-Zeit
Die Kirchgemeinde war stets bemüht, notwendige Bauarbeiten trotz größter
Schwierigkeiten im DDR-Alltag - fehlendes Material und mangelndes Geld durchführen zu lassen und damit die Kirche in gutem Zustand zu halten.
Nachdem 1957 äußerlich die Schäden des 2. Weltkrieges behoben waren, konnte
man 1959 die Innenrenovierung beginnen. Durch das kaputte Dach und damit
verbundenes jahrelanges Einregnen zeigten sich Decke und Balken über dem
Kirchschiff in einem sehr schlechten Zustand. Man wechselte nun die schadhaften
Bretter an der Decke und die vermorschten Balken auf dem Dachboden aus. Die
Decke wurde zudem neu gemalt. Leider sind bei den Bauarbeiten auch die
Beichtstühle im Altarraum entfernt worden.
1962 wurde das kleine Kirchendach über dem Altarraum und der Sakristei und 1964
die Nordseite des Kirchenschiffes neu mit Schiefern eingedeckt.
1975/76 fand eine umfassende Außenrenovierung des gesamten Kirchengebäudes
statt. Die Kirche erhielt neuen Putz und Farbe. Die Arbeiten wurden in sogenannter
"Feierabendtätigkeit" durchgeführt, (heute nennt man es Schwarzarbeit) d. h.
fleißige, handwerklich begabte Männer fanden sich nach der regulären Arbeitszeit
ein und bildeten eine "Feierabendbrigade".
Im Zuge dieser Baumaßnahmen riß man auch die Feierhalle an der Westseite der
Kirche ab.
1981 gründete der Kirchenbezirk Rochlitz eine sogenannte Baubrigade, deren Sitz
in Seelitz war. Die Baubrigade ist aufgebaut worden, "zur Selbsthilfe des
Kirchenbezirkes in der Durchführung dringender Bauaufgaben und zur Verhütung
von Folgeschäden". So hieß es in einem Merkblatt.
In den achtziger Jahren beschloß man, die beiden Kirchtürme zu erneuern.
Vorgesehen war, die Arbeiten mit Kupferblech auszuführen, da dieses eine längere
Haltbarkeit besitzt, als eine Schiefereindeckung. Das aber in der DDR mit normalen
Mitteln zu beschaffen, war unmöglich. Die Kirchgemeinde beschloß daher, mit Hilfe
von D-Mark an das begehrte Kupfer zu gelangen. Das Diakonische Werk in
Hannover wurde um Hilfe gebeten, im Rahmen einer Spendenaktion "Kupfer für
Seelitz", Geld zu sammeln. Die erbetene Hilfe erhielt man auch und so konnte der
kleine Turm 1984 und der große Turm 1989 mit Kupferblech gedeckt werden.
Pastoren in Seelitz seit der Reformation
1.
1544
Morgenstern, Wolfgang
Geboren 1481 in Mittweida,
gestorben 1550?
2.
1553
Ermscher (oder Irmscher), Augustinus
Geboren 1521 in Mittweida, soll, wie Pfarrer Anton erzählt, ein großer Kreuzträger
gewesen sein und mit seinen Eingepfarrten "in großem Verdruß gelebt haben".
Besonders mit dem Rittergutsbesitzer Caspar von Taubenheim hatte er Streit
wegen eines Hauses und Gartens.
Er starb 1577.
3.
1577
Müller, Johann
Geboren 1549 in Chemnitz,
Gestorben 1588?
4.
1588
Cellarius (Hauskeller), Elias
Geboren 1560 in Treben, ein Sohn des Pfarrers gleichen Namens in Treben
im Altenburgischen, bis 1588 Pfarrer in Midwitz.
"Hatte zur Ehe Anna, des Magisters Georg Halm, Pfarrer zu St. Thomä in
Leipzig, Tochter".
Er starb 1628.
5.
1629
Lechla, Georg
Geboren 1586 in Nerchau, wo sein Vater Diakon war. Der Schwiegersohn
des Pfarrers, Magister Paul Heinrich Schreyer war lange Pfarrsubstitut
(unterstützender Pfarrer) in Seelitz. Auch die Pastoren Andres in Zettlitz und
Probsthahn in Lastau waren Schwiegersöhne Lechlas.
Ein Sohn Lechlas, Johann, war Bürgermeister in Mittweida, ein anderer,
Gottfried, Landrichter in Wurzen.
Er starb am 15. Juli 1652.
6.
1652
Schreyer, Paul Heinrich
Geboren 1618 in Weißenfels, 1648 begann er als Substitut in Seelitz, bevor
er Pfarrer wurde. Er starb am 10. Juli 1660.
7.
1662
Müller, Johann
Geboren 1636 in Plauen, seit 1660 in Seelitz.
Er starb 1690.
8.
1690
Müller, Georg Jakob
Geboren 1663 in Seelitz; war der Sohn des vorhergehenden Pfarrers.
Er starb 1718.
9.
1718
Meiner, Johann Benjamin
Geboren 13. September 1673 in Arnsfeld, 1703 Pfarrer in Erlbach bei
Oberlungwitz.
Er starb am 22. September 1746 in Seelitz.
10.
1747
Schumacher, Heinrich August
Geboren 1715 in Grimma,
Ein Chronist schreibt über ihn: "... Den 1. November 1727 kam er in die
Fürstenschule, in welcher er als Extranus 5 1/2 Jahr gesessen. Den 26. Juni
1738 hat er in Leipzig unter Vorsitz D. Klausings disputiert, nachdem er
vorher den 17. Oktber 1737 von Wittenberg den Grad. Mag. angenommen.
Nun kam er nach Dresden und genoß sonderlich in des Oberhofpredigers
D. Marpergers und des Hofpredigers M. Hilners Häusern gute Aufnahme und
Wohltaten. 1741 wurde er als Pastor zu Anthausen, Eilenburger Diöcese,
bestimmt. 1747 erfolgte seine Beförderung nach Seelitz."
Er starb am 20. Juli 1753 in Seelitz.
11.
1753
Anton, Immanuel Friedlieb
Geboren 1723 in Sayda, wo sein Vater Diakon war,
1751 war er Diakon in Kaditz, hat in Leipzig und Halle studiert. Pfarrer
Schürer schreibt in seiner Chronik 1908 über ihn: "Er zeigt sich sehr
belesen, in Luthers Schriften, auch in der Profanliteratur, namentlich in den
lateinischen und griechischen Klassikern. Sein Stil ist nicht ohne den
schwülstigen Bombast seiner Zeit; aber ein redegewandter, gern gehörter
Prediger, in Philosophie und schönen Künsten wohl bewandert, soll er
gewesen sein. Auch ein guter Liturg muß er gewesen sein.
Unter seiner Leitung wurde die Kirche renoviert, weshalb auch sein Bild
hinter der Kanzel hängt. Mit seinem Kantor Fleischer, mit dem er in
schönster Harmonie vereint wirkte, bahnte er die Anschaffung einer neuen
Orgel an."
Er starb nach viertägiger Krankheit am 1. Juli 1795.
12.
1795
Hering, Daniel Gottlob
Geboren 1750 in Pirna, wo sein Vater Kaufmann war, 1773 Leipziger
Magister, 1777 Hospitalprediger in Pirna, 1779 Vesperprediger zu St.
Petri in Freiberg, bevor er Pfarrer in Seelitz wurde.
Er starb am 9. April 1807 in Seelitz.
13.
1807
Bürger, Christian Gottlieb Benjamin
Geboren 1756 in Bärnsdorf bei Moritzburg, wo seine Vorfahren Pfarrer
waren, 1789 Pfarrer in Langebrück, 1800 Pfarrer in Arnsfeld.
Pfarrer Schürer schreibt über ihn: "Er pflegte bei seinen seelsorgerischen
Besuchen zu reiten. ... In seinen letzten Jahren unterstützte ihn als
Substitut sein Sohn Ernst Moritz, später Pfarrer in Lunzenau."
Er starb am 20. April 1834 an Altersschwäche.
14.
1834
Schmidt, Theodor Friedrich
Geboren 1782 in Raben bei Belzig, wo sein Vater Pfarrer war, 1810
Zuchthausprediger in Torgau, 1811 Prediger an der Heilanstalt auf dem
Sonnenstein bei Pirna, 1818 Pfarrer in Collm.
Er starb am 28. Dezember 1846 in Seelitz an einem Schlaganfall.
15.
1847
Wolf, Karl Gottlob
Geboren 1799 in Oberlützschena bei Mügeln, Leipziger Thomaner, 1825
Pfarrer in Zöschau bei Oschatz, 1827 in Canitz bei Riesa, 1837 in
Podelwitz bei Leipzig, bevor er nach Seelitz kam, 1861 in Seelitz in den
Ruhestand versetzt.
Er starb 1866 in Dresden.
16.
1861
Herz, Friedrich Wilhelm Dr. phil.
Geboren 1820 in Leipzig, 1845 Rektor und Hilfsprediger in Ernstthal, 1850
Direktor des Progymnasiums und der Bürgerschule in Schneeberg, 1852
Pfarrer in Sohland an der Spree.
Über ihn schreibt Pfarrer Schürer 1908: "In welch mustergültiger Treue er
drei Jahrzehnte lang der hiesigen Gemeinde gedient hat, davon zeugen
nicht bloß die äußerst sauber geführten Kirchenbücher und Aktenstücke,
sondern die ganze Einrichtung des hiesigen Pfarramtes, der er seinen
Stempel aufgeprägt hat. Insbesondere sei hervorgehoben, daß er in den
Jahren 1867 bis 1875 Familienabende mit Vorträgen über die
verschiedensten Gebiete des Reiches Gottes, aber auch über Themen
gemeinnützigen Inhalts abgehalten hat, deren Erträge er zur Gründung
einer noch heute fleißig benutzten Parochialbibliothek verwendete. Sein
Andenken war lange bei der Gemeinde in hohen Ehren."
1891 ging er in den Ruhestand.
Er starb am 25. März 1892 in Niederlößnitz.
17.
1891
Zinßer, Wilhelm Christph Christian Karl
Geboren am 16. April 1836 in Lich bei Gießen, 1862 Pfarrverwalter,
1865 Pfarrer in Münster bei Lich (Hessen-Darmstadt), 1877 Pastor
und Direktor des evangelisch-lutherischen Vereinshauses für innere
Mission in Leipzig, bevor er nach Seelitz kam.
1906 wurde er in den Ruhestand versetzt, davor ernannte man ihn zum
Kirchenrat. Er lebte bis zu seinem Tode (1914) in Niederlößnitz.
18.
1907
Schürer, Erwin Theodor
Geboren am 29. September 1852 in Reichenbach, 1878 Hilfsgeistlicher
in Buchholz, 1879 Pfarrer in Grumbach bei Jöhstadt, 1883 in Oberchrinitz, 1889 in Lohmen.
Er starb 1926 in Postelwitz bei Schandau.
19.
1918
Weißflog, Friedrich Gustav
Geboren am 3. Juni 1864 in Annaberg, 1889 Hauslehrer,
1892 Hilfslehrer in Grumbach/Erzgebirge, dann Pfarrer in Hohberg
bei Wurzen, 1910 Diakon in Chemnitz, Feldgeistlicher im 1. Weltkrieg,
Er starb 1926 in Seelitz.
20.
1926
Wolfram, Christian Robert Hermann, Dr. phil.
Geboren am 11. September 1887 in Dittersbach, 1915 Hilfsgeistlicher
in Schönheide, 1915 Pfarrer in Markersbach/Pirna.
Er starb am 22. Februar 1940.
21.
1940
Ziegeler, Artur
Vor seiner Ernennung zum Pfarrer als Vikar in Seelitz tätig.
Er fiel am 12. Oktober 1941 in Jugoslawien.
22.
1942
Große, Joachim
Geboren 30. Juli 1911 in Bodenbach (Elbe), 1936 Hilfsgeistlicher in
Zöblitz/Erzgebirge; ihm wurde 1942 das unbesetzte Pfarramt über-
tragen, obwohl er zu dem Zeitpunkt bei der Wehrmacht war.
Er fiel am 1. April 1944 in Rumänien.
23.
1945
Baldeweg, Friedrich
Geboren am 6. Juli 1890 In Bauzen, trat im Oktober 1945 als erster
Pfarrer nach dem Krieg seinen Dienst an, zuvor war er 1. Pfarrer an
der Paulskirche in Plauen.
Er starb am 28. Januar 1953 in Jena.
24.
1954
Taut, Walter
Geboren am 25. Oktober 1926 in Rodewisch, Vikar in Heidenheim
(Würthemberg), begann 1954 als Vikar in Seelitz, bevor er Pfarrer
wurde, 1961 nach Sebnitz versetzt, zuletzt Diakonisches Werk Radebeul,
seit 1991 im Ruhestand.
25.
1962
Kupke, Martin
Geboren am 29. Januar 1937 in Guben, begann als Vikar, bevor er
Pfarrer wurde, ging nach 12 Jahren 1970 als Pfarrer nach Coswig,
dann Superintendent in Oschatz.
26.
1971
Keucher, Dieter
Geboren am 14. Juli 1946, begann als Vikar in Seelitz, dann Pfarrer,
ging 1979 in die Luthergemeinde nach Karl-Marx-Stadt.
27.
1980
Geipel, Gunter
Geboren am 2 September 1955, begann als Vikar, dann Pfarrer, 1992
ging er nach Unterwürschnitz/Vogtl.
28.
1993
Peikert, Gilbert
Geboren 06.04.1965 in Schwedt
Zeittafel zur Geschichte der Kirche
7. Jahrhundert
Besiedlung durch sorbische Slawen
Wynfreth (Bonifatius aus England) verbreitet mit seinem
Begleiter Ludiger das Christentum
um 981
Eventuelle Existenz einer Holzkirche, später Bau einer
romanischen Steinkirche
Ursprünglicher Name Marienkirche - Marienbild - Marienerscheinung,
später Annenkirche, vielleicht wegen des Bergbaues von
1512 bis ca. 1760
1004
Entstehung der Pfarrei Seelitz, die dem Bistum Meißen zugewiesen
wurde
1168
Gründung des Kloster Zschillens durch Dedo, Graf von Groitzsch Rochlitz - erste urkundliche Erwähnung von Seelitz;
Seelitz gehört zum Archidiakonat Zschillen
1174
Dedo von Groitzsch - Rochlitz schenkte dem Kloster Zschillen
vier Seelitzer Hufen
um 1200
Seelitzer Kirche erwähnt;
ältester Kirchenort östlich der Mulde; Sprengel mit 22 Ortschaften,
3 Rittergüter (Neutaubenheim, Zetteritz, Kolkau, ursprünglich auch
Seebitzschen und Seelitz - Seelitz wurde aufgeteilt)
1325
Markgraf Friedrich der Ernste stiftete ein Lehen zu einem besonderen Seelitzer Altar;
Entziehung des Lehns bei Anbruch der Reformation
um 1430
Zerstören hussitische Kriegshorden die Kirche
um 1500
Schenkung des Annenaltars durch Mittweidaer Bruderschaft
1500 - 1516
Beginn des neuen Kirchenbaues und Vollendung des Schiffes
im groben Ausbau
Bauherr wahrscheinlich der Zschillener Probst Jäger;
Architekt Wolf Matthesius
1516 - 1529
Turmbau
1517
Kanzel wird gesetzt
1519
Glocken an einem besonderen Holzgerüst aufgehängt
(große und mittlere Glocke, jeweils mit Inschrift versehen)
um 1530
Kanzelbrüstung mit spätgotischer Maßwerkverzierung
1550
Taufstein mit gotisierendem Ornament (Cappa)
1560
Kirchendecke verspündet und gemalt (teilweise unter der neuen
vorhanden)
1623
Kleine Glocke
1693
Erste Orgel errichtet
1711
30. Juli Blitzeinschlag, ohne jedoch zu zünden; Sparren wurden
zerschmettert
1739
Pfarrhaus erbaut auf den Resten des 1735 abgebrannten
1763 - 1765
Intensive Beratungen und Vorbereitungen für größere Reparaturen
und Baumaßnahmen
1765
Neuer großer Turm wird gehoben, Glocken werden aufgehangen,
Fahne und Knopf aufgesetzt
1770/71
Kompletter Innenausbau (Barock)
Emporen, Decke und Gestühl;
neuer Altar und Kanzel - errichtet von Johann Gottfried Stecher,
Penig
1773
Taufstein von Johann Gottfried Stecher, Penig
1797
Errichtung einer neuen Orgel
1819
Erneuerung von Knopf und Fahne auf dem großen Turm (ebenfalls
1853, 1893, 1956, 1989)
1822
12. Juli großer Dorfbrand, Pfarrhaus, Kirche und Schule entgingen
diesem
1836
Kirchspiel Seelitz wurde der Ephorie Rochlitz zugeteilt, vorher
gehörte es zur Ephorie Chemnitz
1852
Anschaffung von drei neuen Bronzeglocken
1853
Teilweise Renovierung im Inneren der Kirche
1869
Abschaffung des Klingelbeutels und Aufstellung von Becken für
das Einsammeln der Kollekte
1907
Bau einer neuen Orgel durch Alfred Schmeißer, Rochlitz
1917
Kleine und mittlere Glocke für Kriegszwecke zerschlagen und
abgeliefert
1920
Anschaffung von zwei neuen Glocken aus Stahlguß
1941
Große Glocke für Kriegszwecke abtransportiert
1944/45
Große Schäden am Kirchengebäude durch amerikanische
Sprengbomben
bis 1957
Umfassende Reparaturarbeiten am Kirchengebäude (restlose
Beseitigung der Kriegsschäden)
1975/76
Komplette Außenputzarbeiten
1981
Anschaffung einer dritten Glocke
1984 und 1989
Eindeckung des kleinen bzw. des großen Turmes mit Kupferblech
Quellenverzeichnis
- Neue Sächsische Kirchengalerie "Die Parochie Seelitz"
Schürer 1908
Verlag Arwed Strauch Leipzig
- "Zur Einführung der Reformation in den Ämtern Rochlitz und Kriebstein" (17. Heft der
Beiträge zur Sächsischen Kirchengeschichte)
Gerhard Planitz 1903
- "Grundzüge der älteren Geschichte des Dorfes Seelitz und seiner Kirche"
Clemenz Pfau 1902
- "Geschichte der Sachsen - vom germanischen Stamm bis zum Freistaat"
Oberlausitzer Verlag 1902
Gustav Niemetz
- "Deutsche Geschichte in Schlaglichtern"
Dr. Helmut Müller 1990
Meyers Lexikonverlag Mannheim/Zürich/Wien
- Akten der Kirche Seelitz
- Akten der Superintendentur Rochlitz, "Den Kirchenbau Seelitz betr. 1749 - 1765"
- "Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde"
Helmut Burkhard und Uwe Swarat
Brockhaus Verlag Wupperthal und Zürich 1993
- "Geschichte Sachsens im Mittelalter"
Karl-Heinz Blaschke 1990
- "Sächsisches Pfarrerbuch"
Pfarrer a. D. Reinhold Grünberg, Freiberg
Verlagsanstalt Ernst Maukisch, Freiberg 1940
Lesepulttaufe
1774 von Johann Gottfried Stecher
im Rokkokostil erbaut.
Seitenloge
(Betstube der Rittergutsbesitzer)
unten: Rittergut Kolkau
oben: Rittergut Neutaubenheim
Seitenloge
(Betstube der Rittergutsbesitzer)
unten: Sakristei
oben: Rittergut Zetteritz (heute Archiv)
Altar
1771 von Johann Gottfried Stecher erbaut,
Christusfigur aus Holz, davon rechts Johannes,
links Petrus, beide ebenfalls aus Holz.
Holzsäulen mit imitiertem Mamoranstrich.
Kirchenbänke
1770 errichtet,
im Original erhalten, allerdings wurde
der ursprünglich bestehende Unterbau
mit dem Einbau der Bankheizung 1978
entfernt.
Orgel
1907 von Alfred Schmeißer erbaut,
Orgelgehäuse von 1797 wiederverwendet,
1917 mußten die Zinn-Orgelpfeifen
für Kriegszwecke abgegeben werden,
1919 durch Zink-Pfeifen ersetzt,
1992 von der Firma Georg Wünning,
Großolbersdorf Generalreparatur.
Darstellung der heiligen Anna,
die ihre Tochter Maria und ihren
Enkel Christus trägt.
Darstellung der Mutter Maria,
die ihren Sohn Jesus auf dem Arm hält.
Grabstein von Gottfried Fleischer und Gattin,
Gottfried Fleischer war Kirchschullehrer
und Kantor in Seelitz von 1730 bis 1785.
Grabstein von Johanna Henrietta von Bünau,
1710 bis 1742,
Herkunft unbekannt.
Grabstein von Hans Wilhelm Stange
gestorben 1596,
Wolf Rudolf Stange, gestorben 1597.
Die Familie Stange besaß das Rittergut
Zetteritz von 1596 bis 1622.
Grabstein von Rudolf Stange,
Rittergutsbesitzer in Zetteritz,
gestorben 2. November 1601
Grabstein des Kaspar von Taubenheim
oder Moritz von Taubenheim,
Rittergutsbesitzer in Kolkau,
gestorben 2. September 1592.
Grabstein der Catharina von Taubenheim,
Verwandte der Rittergutsbesitzer
von Neutaubenheim und Kolkau,
gestorben 1605.
Grabstein des Joachim Friedrich von Werther,
(ein Nachkomme von ihm baute die Häuser
von Neuwerder),
Rittergutsbesitzer auf Neutaubenheim
von 1697 bis 1711.
Grabstein von Wolfgang Wilhelm Heß
Kirchschullehrer in Seelitz
von 1633 bis 1673
Grabstein von Gottlob Heinrich von Pöllnitz,
Rittergutsbesitzer in Kolkau von 1729 bis 1757.
Grabstein des Paul von Eckersberg
Rittergutsbesitzer in Zetteritz,
erwarb das Gut 1506.
Grabstein des Augustinus Irmscher,
Pfarrer in Seelitz von 1553 bis 1577.
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