Chronik der Kirche Seelitz 1. Jahrtausend Die Rochlitzer Gegend in frühgeschichtlicher Zeit und ihre Besiedlung In der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts erfolgte die letzte große Verschiebung in den Wohnsitzen der germanischen Völker. Das Gebiet östlich der Elbe und Saale wird bis zur Weichsel zur menschenleeren Einöde. Anfang des 7. Jahrhundert rückten die Slawen von Osten her in das verlassene Land vor. Das Gebiet um Rochlitz war der südlichste Teil des sorbischen Gaues Chutizi; die Hauptbevölkerung bildeten nun die Wenden. Der Prediger Bonifazius gründete die Bistümer Erfurt, Passau, Eichstädt. Karl der Große befestigte gewisse Punkte bei Magdeburg und Halle und am Ende des 9. Jahrhunderts entstanden feste Plätze wie Merseburg, Naumburg, Weißenfels, Rudelsburg und Saaleck. 929 unterwarf Heinrich I. die Slawen an der Elbe. Nach 955 wurde das eroberte Gebiet in Grafschaften aufgeteilt. In der Regierungszeit von Otto I.(936-973) fand eine planmäßige Christianisierung der Slawen statt. 968 wurden die Bistümer Meißen, Zeitz, Merseburg, Magdeburg gegründet. Die Rochlitzer Pflege fiel bis an die Chemnitz in kirchliche Verwaltung an das Bistum Merseburg. 981 wurde das Bistum Merseburg aufgelöst, das besiedelte Gebiet auf der rechten Muldenseite kam zu Meißen, Rochlitz zur linken an Zeitz. 996 setzte Kaiser Otto III. (983-1002) das westliche Rochlitzer Muldenufer (occidentalen ripan Rochlinze) als Grenze des Meißner Bistums fest. Rochlitz gehörte weiterhin zu Zeitz. 1000 wurde das Bistum Merseburg wiederhergestellt. Zeitz gab seinen Teil vom alten Merseburger Gebiet, wozu Rochlitz gehörte, wieder an Merseburg ab; bis zur Reformation gehörte das Rochlitzer Gebiet jetzt zum Bistum Merseburg. Das Christentum hatte in der Zeit bereits mächtige Fortschritte gemacht. Um 1000 entstand die Pfarrei Seelitz, die dem Bistum Meißen zugewiesen wurde. Es existierte wahrscheinlich eine einfache Holzkirche. In der Folgezeit wurde das Land um Rochlitz von den Deutschen in Besitz genommen, die von Franken her in das Gebiet kamen. Betrachtungen über das Alter der Kirche und den Ort Seelitz Die Gegend um den Ort Seelitz ist geschichtlich sehr alt. Prof. Clemenz Pfau verweist in seinen Buch "Grundzüge der älteren Geschichte des Dorfes Seelitz und seiner Kirche" auf Fundstücke aus der Bronzezeit, die dieses belegen, z. B. Kernstücke aus Feuerstein, Steinspäne, mitunter auch Reste von geschliffenem Steingerät und prähistorische Scherben. Besonders viele fand man im "Vogelsang". Auch scheint der hier vorkommende Flurname "Steinacker" seinen Ursprung nicht etwa in einer besonders steinigen Beschaffenheit des Bodens, sondern daher zu haben, daß hier in vorchristlicher Zeit ein Opferstein gestanden hat. In späterer Zeit wurden an dieser Stelle meist die Kirchen errichtet, was man auch für die Gründung der Seelitzer Kirche annehmen muß. Prof. Pfau: "Sie ist wahrscheinlich in der Nähe einer alten Kultstelle angelegt worden, dort wo 'der Stein' stand; wo sich das Volk (Wenden) schon nach früherem Brauch zusammenfand, denn der Steinacker liegt bei der Seelitzer Kirche, südwestlich von hier, östlich am Zöllnitzer Weg. Der Ausdruck 'Kreuzacker', der in einigen umliegenden Orten genannt wird, erinnert an einen christlichen Brauch. Denn diese Grundstücke haben ihre Benennung im Mittelalter wahrscheinlich von dort aufgestellten Kreuzen erhalten, nicht aber von einer Kreuzform der Liegenschaften. In einigen katholischen Ländern herrscht ja heute noch die alte Sitte, in den Fluren und Wegen Kreuze aufzustellen. Diesen Brauch hat es sicher bei uns früher auch gegeben. Der Standort der Kirche ist sehr bemerkenswert. Kein Gut grenzt unmittelbar an die Kirche oder an den Kirchhof; auf drei Seiten wird sie umschlossen vom offenen Feld; auf der vierten schiebt sich das Pfarrhaus zwischen Dorf und Kirche. Sie liegt ziemlich auf der Grenze der Dorfflur, denn am Steinacker beginnt das Grenztal." Nach Ansicht von Prof. Pfau muß diese Kirche als die älteste im östlichen Muldengebiet gelten, in ältester Missionszeit gegündet. Obwohl die Seelitzer Kirche im Mittelalter eine wichtige Rolle gespielt hat, so deutet heute kaum noch etwas darauf hin, was aus dieser Zeit stammen könnte. Allerdings ähnelt der Grundriß dem der Rochlitzer Kirchen und der Geithainer Hauptkirche. Diese Grundrisse sind in der Hauptsache in frühester romanischer Zeit, um 1000 entstanden. Man nimmt an, daß anstelle vorheriger Holzbauten nun ein Bau auf steinerner Gründung errichtet wurde. Der Name Seelitz geht wahrscheinlich zurück auf ein zusammenhängendes Flurstück, etwa ein Waldgebiet, das den Namen "Sihle" oder "Sehle" trug. Von der slawischen Betrachtungsweise her bedeutet das soviel wie "Grün". 11. bis 15. Jahrhundert Geschichtliches Die Zeit vom 11. Jahrhundert an wurde als das Hochmittelalter, vom 13. Jahrhundert an als das Spätmittelalter bezeichnet. Im 11. Jahrhundert begann man, von einem "Reich der Deutschen" zu sprechen. Seine Entstehung hatte sich über einen längeren Zeitraum vollzogen. Es setzte ein bemerkenswertes Bevölkerungswachstum ein, eine Zeit der Rodungen und des Landesausbaus begann. Neue Dörfer wurden gegründet und seit dem 12. Jahrhundert zum ersten Mal auch Städte in großer Zahl. Zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert fanden die Kreuzzüge statt. Das waren bewaffnete Pilgerfahrten, vor allem zur Befreiung und Sicherung der Heiligen Stätten der Christenheit in Palästina. Im 13. Jahrhundert versuchte das Papsttum neben der geistlichen auch die weltliche Herrschaftsgewalt über die abendländische Christenheit für sich in Anspruch zu nehmen. Damit kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den herrschenden Königshäusern und dem Papst. Die aufstrebenden Nationalstaaten behaupteten ebenfalls ihren Herrschaftsanspruch. Bis zum Jahr 1254 herrschten die Staufer als Könige in Deutschland, im Jahre 1273 kam es durch die Wahl eines Königs aus dem Hause Habsburg zum Beginn des Aufstiegs dieses Herrschaftshauses. Im 14. Jahrhundert wütete in ganz Europa die Große Pest, später "Schwarzer Tod" genannt. Es wird angenommen, daß ihr 25 %, wenn nicht gar 1/3 der gesamten Bevölkerung zum Opfer fielen. Deutschland war vor allem 1349/50 betroffen. Die mittelalterliche Medizin stand dieser Herausforderung mehr als hilflos gegenüber. Die Verbreitung wurde durch die in Stadt und Land herrschenden hygienisch unzureichenden Wohnverhältnisse gefördert. Die Auswirkungen dieser Katastrophe zeigten sich in nahezu allen Lebensbereichen. Das Massensterben führte zu einer Verknappung der menschlichen Arbeitskraft, verbunden mit dem Preisverfall bei Grund und Boden und landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Landflucht und Wüstungen waren die Folge. Seit der Mitte des 14. Jahrhundert begann sich eine tiefe Mißstimmung gegen die Kirche und ihre Repräsentanten breit zu machen, vor allem gegen die immer hemmungsloser betriebene Abgabenpolitik der päpstlichen Kurie, aber auch ganz allgemein gegen die zunehmende Verweltlichung und sittliche Verwahrlosung großer Teile des Klerus. Es kam zu Reformforderungen. Zum Sprachrohr theologischer Kritik machte sich der Prediger Jan Hus. Nach seinen immer stärker werdenden Angriffen gegen Papst und Kircheninstitutionen wurde er verfolgt und hingerichtet. Das löste bei seinen Anhängern eine ungeheure religiöse und nationale Bewegung aus, die sich dann zum offenen Krieg ausweitete (Hussitenkriege 1419-1436). Die Seelitzer Kirche im 11.- 15. Jahrhundert Für das 12. Jahrhundert kann man auf ein Datum verweisen, welches für die Kirche Seelitz von großer Wichtigkeit ist; am 7. Mai 1174 schenkte Graf Dedo von Groitzsch-Rochlitz dem Kloster Zschillen (Wechselburg), das er 1168 gegründet hatte, vier Seelitzer Hufen. In den Jahren 1196 und 1205 wurde die Schenkung von den Päpsten Coelestin III. und Innocenz III. bestätigt. Seelitz zählte nun zu den sieben besonderen Lehnskirchen der Propstei Zschillen; neben Rochlitz, Geithain, Claußnitz, Wiederau, Hohenkirchen und Topfseifersdorf. Außerdem hat die Kirche Seelitz das ganze Mittelalter hindurch unter dem Archidiakonat Zschillen gestanden. In den Schriften von Prof. Clemenz Pfau kommt zum Ausdruck, daß es in Seelitz einst einen Ritterhof, vier Hufen umfassend, gegeben hat, der zur Zeit oder nach der Zeit der dedonischen Schenkung aufgeteilt wurde. Dafür spricht auch die Tatsache, daß Seelitz der Standort eines Heerwagens wurde, d. h. man hatte für die personelle und materielle Ausstattung eines Pferdewagens für Kriegszwecke zu sorgen. Das Rittergut befand sich wahrscheinlich um die Seelitzer Kirche. Durch die Gründung des Kloster Zschillens aber hatte diese an Bedeutung verloren und um den erlittenen Verlust zu entschädigen, entschloß sich Dedos Familie dahingehend, daß Rittergut aufzuteilen und den Hauptteil dem Pfarrgut zu zuschlagen (um 1250). Um das Jahr 1430 fielen die Hussiten in unsere Gegend ein, sie verwüsteten und brandschatzten Dörfer und Städte, viele Kirchen und kirchliche Gebäude wurden geplündert und zerstört. (Das erklärt, daß gerade um 1500 in dieser Gegend eine große Anzahl von Kirchenbauten entstand). Auch die Seelitzer Kirche hat dabei großen Schaden erlitten. Sie soll ganz niedergebrannt worden sein. Nachdem man sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mit einem Notbau beholfen hatte, ergab sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Notwendigkeit zu einem völligen Neubau. Die Größe des Seelitzer Pfarrgebietes Welche Ausdehnung die Kirchfahrt Seelitz im späten Mittelalter schon hatte, kann man aus den Forschungen von Prof. Clemenz Pfau entnehmen. Er schreibt in seinem Buch "Grundzüge der älteren Geschichte des Dorfes Seelitz und seiner Kirche", daß in früheren Zeiten die Kirche Seelitz in Seitenhain in Lehen besessen habe; daß das Dorf Zschoppelshain nach Seelitz pfarrte, bevor es später zu Topfseifersdorf kam; das Krumbach bei Mittweida in frühester Zeit in Seelitz eingepfarrt war; daß Kralapp an Seelitz zinspflichtig war; daß die Kirchen von Lastau, Zettlitz, Milkau und Crossen und die damaligen Kapellen von Zschauitz, Gepülzig und Rochlitz ein amtliches Abhängigkeitsverhältnis teils mittelbar, teils unmittelbar von Seelitz hatten. Wenn man das Gebiet der Kirchfahrt weiterhin betrachtet, muß man es im Zusammenhang mit dem sogenannten "Seelitzer Lehn" sehen. Lehn = zahlungspflichtige Höfe; Versorgung des Altars, priesterlicher Dienst - Fürbitte für den Stifter, Anstellung eines weiteren Priesters (Supstitut) Im Jahr 1325 stiftete Markgraf Friedrich der Ernste, der Inhaber des Besitzes der Dedoschen Familie in unserer Gegend zu der Zeit, ein Lehen zu einem besonderen "Altar, der von neuem gemacht - Gott, seiner lieben Mutter Maria, uns und unserer Nachkommen Seelen zur Seligkeit und Trost". Dieses Lehen bestand in Einkünften aus 13 Dörfern (Kralapp, Stöbnig, Zschauitz, Großmilkau, Beedeln, Pürsten, Steudten, Seebitzschen, Großstädten, Sachsendorf, Zschaagwitz, Gröbschütz und Biesern). Die Einkünfte ruhten offenbar auf gewissen Liegenschaften. Man kann davon ausgehen, daß die Stiftungsurkunde zu diesem Lehen wahrscheinlich die alten Pfarrgebietsverhältnisse der Seelitzer Kirche wiederspiegelte, denn von den 13 Ortschaften, welche zum Seelitzer Lehen geschlagen wurden, gehören 9 noch heute zur Kirchfahrt. Das Seelitzer Lehen im damaligen Sinn bestand bis zum Ausgang des Mittelalters, bevor es in der Reformationszeit eingezogen wurde, wobei das Pfarrgebiet seinen heutigen Umfang erhielt. Danach gehörten zur Seelitzer Kirchfahrt folgende Orte: Bernsdorf, Biesern, Beedeln, Döhlen, Fischheim, Gröblitz, Gröbschütz, Städten, Kolkau, Köttern, Neuwerder, Neudörfchen, Penna, Pürsten, Sachsendorf, Seebitzschen, Steudten, Seelitz, Stöbnig, Theesdorf, Zaßnitz, Zetteritz, Zöllnitz sowie 3 Rittergüter - Neutaubenheim, Zetteritz, Kolkau. Übrigens liegen sämtliche Dörfer, die in die Kirche Seelitz pfarrten oder nachweislich in früherer Zeit in einem amtllichen Abhängigkeitsverhältnis zu dieser standen, nur auf der rechten Seite der Mulde. Das hängt mit der damaligen Bistumsgrenze zusammen. 1928 wurden die Gemeinden Theesdorf nach Milkau und Zaßnitz nach Rochlitz umgepfarrt, so daß heute 21 Orte zur Kirchfahrt Seelitz gehören. 16. Jahrhundert Geschichtliches Die Reformation Reformation: bedeutet Erneuerung, innere Umgestaltung; Verbesserung - führte zur Entstehung des Protestantismus Im 15./16. Jahrhundert erfaßte eine auf Reformen in der Kirche und Veränderungen in der Gesellschaft drängende Bewegung fast alle europäischen Länder im Einflußbereich der katholischen Kirche. Bereits Ende des 14. Jahrhunderts gewannen die Vorstellungen radikaler Reformer, wie z. B. Jan Hus und anderer größere gesellschaftliche Resonanz. Im 15. Jahrhundert gab es Bemühungen, durch Reformkonzilien und innerkirchliche Reformen (insbesondere in geistlichen Orden) Auswüchse in der katholischen Kirche zu beseitigen. Es wurden auch Reformschriften verbreitet. In Deutschland begann die Reformation mit Martin Luthers Thesenanschlag zu Wittenberg (31.10.1517). Die zunächst gegen Papst und katholische Kirche gerichtete Bewegung erfaßte große Teile der Gesellschaft. Unterschiedliche Interessen, politische Forderungen und Auffassungen führten 1521 zu einer Differenzierung. Neben dem bürgerlichgemäßigten Flügel (Luther) entstand ein radikal-bürgerlicher Flügel (H. Zwingli, A. Karlstadt), der tiefgreifende Veränderungen in Theologie und Kirche erstrebte; und eine radikale reformatorische Volksbewegung (Th. Münzer). Wie vollzog sich nun in unserer Gegend der Übergang zur Reformation? Spezielle Nachrichten über Verhältnisse und Vorgänge in der Kirchfahrt sind allerdings kaum vorhanden. Nur aus den Städten Rochlitz und Mittweida ist einiges bekannt. Es ist aber zu vermuten, daß die städtischen Ereignisse auch auf die Landbevölkerung übergriffen. 1523 zeigte sich der reformatorische Geist immer stärker in Rochlitz. Es gab einige lutherisch-reformatorisch gesinnte Prediger, die ständig mehr Anhänger fanden. Sie gerieten aber mit dem damaligen, streng katholischen Herzog Georg in Konflikt. Der ließ sie sogar verfolgen. Damit konnten die neuen, evangelischen Gedanken aber nicht aufgehalten werden. Studenten aus Rochlitz und Umgebung wollten nicht mehr in Leipzig, wo die alte verknöcherte Kirchenlehre herrschte, sondern in Wittenberg studieren, angesehene Bürgersfamilien (Matthesius, Leipnitz) neigten der Reformation zu. Bewohner aus Stadt und Land gingen heimlich dahin, wo sie evangelische Prediger hören konnten. Auch aus Mittweida ist ähnliches bekannt. Die 1527 in Seelitz entstandene Schule ist wahrscheinlich schon evangelisch gewesen. Das weitere Voranschreiten der Reformation in unserer Gegend wurde maßgeblich durch das Wirken der evangelisch gesinnten Herzogin Elisabeth gefördert, die von 1537 bis 1543 auf dem Schloß Rochlitz residierte. Sie versuchte, evangelische Prediger für Rochlitz zu gewinnen und fand den Prediger Antonius Musa, der später der erste Rochlitzer Superintendent wurde. Durch ihn machte der Protestantismus in unserer Gegend rasche Fortschritte. 1539 wurde durch angeordnete Kirchenvisitationen die Reformation im Rochlitzer Bezirk offiziell eingeführt. Die Pfarrorte wurden zu Ephorien vereinigt. Seelitz kam zur Ephorie Chemnitz, welcher es bis 1836 angehörte, und kam dann zur Ephorie Rochlitz. Der erste evangelische Pfarrer in Seelitz nach der Reformation war Wolfgang Morgenstern (1544). Der Bau der neuen Kirche Wie schon erwähnt, wurde die Seelitzer Kirche durch hussitische Kriegshorden völlig zerstört. Der Bau einer neuen Kirche machte sich erforderlich. Bemerkenswert allerdings ist, daß der Kirchenbau in einer Zeit stattfand, die geprägt war von großen politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Das erklärt vielleicht auch den Umstand, daß sich die Bautätigkeit über viele Jahre hinzog. Um 1500 wurde mit dem Bau des Chores begonnen, das Kirchenschiff soll 1516 vollendet worden sein. 1517 setzte man den Altar. Am Turm wurde von 1516 bis 1529 gearbeitet. Bereits im Jahr 1519 schaffte man die Glocken an, die an einem besonderen Holzgerüst neben der Kirche aufgehängt wurden, (große und mittlere Glocke, eine kleinere stammte aus dem Jahre 1623). Zwei in den Porphyr gehauene Jahreszahlen deuten am südlichen Eckpfeiler der Kirche auf die Zeiten des Baues hin. Etwa 1530 wurde die Kanzel errichtet und der Taufstein stammt aus dem Jahr 1550. 1560 wird die Kirchendecke verspündet und gemalt. Diese ist teilweise noch unter der neuen vorhanden. Geplant war allerdings ursprünglich ein gotisches Gewölbe; darauf deuten die vorhandenen Strebepfeiler hin. Es fehlten aber dazu dann die nötigen Mittel. 1566 soll der Bau endlich vollendet worden sein. Als Architekt wird der Anfang des 16. Jahrhunderts in Rochlitz lebende Ratsherr Wolf Matthesius, ein Steinmetzmeister, genannt. Über den Bauherrn gibt es widersprüchliche Meinungen. Ein früherer Chronist behauptet, der Zschillener Probst Jäger sei der Auftraggeber gewesen; jedoch führt Prof. Clemenz Pfau als Bauherren den damaligen Zetteritzer Rittergutsbesitzer Tobias von Eckersberg an. Aus welcher Zeit der Name "Annenkirche " für hiesige Kirche stammt, läßt sich nicht zweifelsfrei erklären, denn im Mittelalter war von "Marienkirche" die Rede. Prof. Pfau vermutet, daß er nach 1500 entstanden ist, während dieser Zeit erreichte der sogenannte Annenkult seinen Höhepunkt. Der Name kann aber auch mit dem damals in der Region betriebenen Bergbau gekommen sein. Die heilige Anna galt als die Schutzpatronin der Bergleute. Der Bergbau begann hier um 1512 und wurde bis ca. 1750 betrieben. Man fand silberhaltiges Kupfererz. Auch läßt sich die Behauptung, Seelitz sei ein Wallfahrtsort gewesen, nicht beweisen. Tatsache ist aber, daß gerade von MIttweida her über einen starken Zustrom von Pilgern berichtet wird, die in ihren Prozessionen die Altäre von Seelitz besucht haben sollen. Besonders die Benennung "Jahrmarktsacker", unterhalb der Kirche liegende Äcker, wird als ein Hinweis dafür angesehen. Der Annenaltar Altar = Ort der Vergegenwärtigung des Opfers Jesu Christi Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde in Sachsen der sogenannte Annenkult betrieben, d. h. 1494 erwirkte Friedrich der Weise, daß der Annatag als hoher Festtag gefeiert werden soll. Dieses Ereignis hatte auch Auswirkungen für die Rochlitzer Gegend. In Mittweida hatte man zu gleicher Zeit die Annenbruderschaft gegründet, der auch ein Geistlicher der Seelitzer Kirche angehörte. Diese Bruderschaft wird als Stifterin unseres schönen Annenaltars bezeichnet, denn er stammt aus der Zeit um 1500. 1885 hat ihn der damalige Pfarrer Herz übermalen lassen. 1986 bis 1997 wurde er restauriert und soll nach Abschluß der Bauarbeiten in der Sakristei seinen Platz finden. 17. Jahrhundert Geschichtliches Das herausragendste Ereignis in diesem Jahrhundert war der Dreißigjährige Krieg, welcher von 1618 bis 1648 ausgetragen wurde. Dabei standen sich zwei Machtblöcke in Europa gegenüber. Auf der einen Seite der habsburgische Mächteblock - Spanien und Österreich, die katholische Kirche, einige italienische Fürsten, Polen und Litauen - und auf der anderen Seite eine antihabsburgische Gruppierung - Niederlande, Schweden, später Frankreich, zeitweise England - die meist unter Führung Schwedens und Frankreichs stand. Bedingt durch die Existens zweier politischer, konfessioneller, militärisch organisierter Lager, nämlich die protestantische Union und die katholische Liga der Fürsten innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wurde er meist auf deutschem Boden ausgetragen. Er war ein kontinentaler Religionskrieg; es ging aber auch um die Ostseeherrschaft und um europäische Märkte. Der "Fenstersturz zu Prag" am 23.5.1618 löste den Krieg aus, in dem sich die böhmischen Stände gegen die habsburgische Herrschaft erhoben. Die Aufständigen, denen die Union die Hilfe versagte, unterlagen in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag (1620). Über Böhmen brach eine Welle von Verfolgungen und Hinrichtungen herein. Unter Kaiser Ferdinand II. versuchten nun spanische Truppen und Truppen der katholischen Liga die Kurpfalz zu erobern, (1621/25). Das Eingreifen Dänemarks, das mit den Niederlanden und England verbunden war, stoppte das Vordringen der Truppen nach Norddeutschland nur zeitweise. Nach deren Sieg bei Lutter am Barenberg (1626) drangen kaiserliche Truppen mit ihrem neuen Feldherren Wallenstein bis zur Ostsee vor und belagerten Stralsund. Die kaiserliche Macht erreichte ihren Höhpunkt. Der Machtzuwachs des Kaisers an der Ostsee veranlaßte Schweden zum Eingreifen in den Krieg. 1630 gingen schwedische Truppen unter Gustav II. Adolf an Land. Dieser fiel nach seinem triumphalen Erfolg bei Breitenfeld (1631), in der Schlacht bei Lützen (1632). Wallenstein, der angesichts der schwedischen Erfolge erneut gerufen werden mußte, versuchte den Krieg zu begrenzen, was allerdings den Interessen der kaiserlichen Partei widersprach. 1634 wurde er ermordet. In der Schlacht bei Nördlingen (1634) konnte das weitere Vordringen der Schweden nach Süddeutschland verhindert werden. Der Prager Sonderfriede (1635) schien den Krieg zu beenden. Nach dem offiziellen Eingreifen Frankreichs folgte jedoch die letzte, besonders verheerende Phase. Der Krieg zog sich bis zur Erschöpfung der Hilfsquellen aller kämpfenden Parteien hin. In verschiedenen deutschen Gebieten erhob sich die Bevölkerung gegen die Terrorisierung durch die Soldateska. 1648 fand der Krieg durch den Westfälischen Frieden sein Ende. Vor allem in den Kampf- und Durchzugsgebieten von Truppen waren furchtbare Verwüstungen sowie hohe Menschenverluste durch eingeschleppte Seuchen, Hunger und Kampfhandlungen entstanden. Deutsche Territorien fielen wirtschaftlich gesehen weit hinter die anderer europäischer Länder zurück. Die Kirchfahrt Seelitz im Dreißigjährigen Krieg Daß dieser Krieg auch Auswirkungen für die Kirchfahrt Seelitz hatte, läßt sich anhand von Eintragungen in kirchlichen Akten erahnen. Im ältesten Kirchenburch, von 1633 bis 1674 geführt, finden wir folgende Aufzeichnungen auf Seite 2: "Folgende 8 Jahre als Anno 1609, 1610, 1611, 1612, 1613, 1614, 1615, 1616 mangeln die Tauf... Register und sollen solche dem Schulmeister Christof Böhmen gestohlen worden sein." Ein weiterer Eintrag ist auf Seite 16 des Trauregisters vom Jahre 1644 vermerkt: "Anno 1644 den 19. Juli, als der Churfürst von Sachsen, unser gnädigster Herr, Chemnitz eingenommen, ist unverhofft von Chemnitz eine churfürstlich sächsische Partei, welche erstlich nach Seelitz kommen, und sich des Schlosses zu Rochlitz erkündet, weil ein schwedischer Capitän mit Völkern darauf gelegen und nochmals das Schloß beritten, und weil mein Weib gleich in Wochen gelegen, und ich ein Viertel Bier eingeführt habe, auch nicht zu Hause gewesen bin, als sind die Reiter mit Gewalt ins Schulhaus eingebrochen, da denn ein Reiter, der Papier zu Patronen benötigt gewesen und die Kirchenregister gleich in der Stube auf dem Simse gelegen, dieselben runtergenommen und etzliche Bogen aus demselben gerissen" ...... Auf Seite 295 des gleichen Kirchenbuches, diesmal im Sterberegister, Monat Februar 1637, finden wir folgenden Eintrag: "Die Kirchenregister sind mir in diesem Jahre an Fastnachten von den ... Völkern als General Götze nach Torgau gezogen, und ich nebst meinem Nachbarn von ihnen übereilt, genommen und zerrissen worden, wie sie dann alles geplündert, die Kirche nebst der Sacristei aufgeschlagenn, Altar, Taufstein und allen Kirchen .... geraubt, ohne die Kelche, gottlob, welche ich vergraben gehabt, und weil sie Quartier in Seelitz gehabet, habe ich solche mit Leib und Lebensgefahr bei Nacht in die Stadt Rochlitz geholet, weil ich mich gleich mit meinem Weib und Kindern darinne aber die ... Wochen aufhalten mußten, denn das Schulhaus, ... und alles eingeschlagen und verbrennet, das ich nicht eine Bank vielweniger sonsten was gefunden hab .... " Auch im Kirchrechnungsbuch für die Jahre 1629 bis 1647 finden sich für das Jahr 1642 folgende Eintragungen: "In diesem Jahr hat eine geraume Zeit wegen des schwedischen Kriegsvolkes, sonderlich des Obristen Brauners, welcher aufen Schloße gelegen, das Amt nicht können gehalten werden, weil sich jedermann in der Stadt aufgehalten." "In diesem Jahre, als am 24. September sindt aus der Sacristei zwei stattliche große zinnerne Leuchter, aufn Altar gehörig, zwei zinnerne Weinkannen, das Kelchlein von die Kranken, der Chorrock von den schwedischen Völkern geraubt, die Sakristei und der große eiserne Kasten erbrochen worden, ist auch der Stock erbrochen, das Klingelsäcklein, das Tuch um den Predigtstuhl ... weggerissen und mitgenommen worden." All diese Eintragungen stammen von Wolfgang Heß, der von 1633 bis 1673 Kirchschullehrer und als solcher für die Führung der Kirchenbücher verantwortlich war. Wir können also daraus ersehen, daß durch die Einwirkungen des Krieges Schäden sowohl am Schulhaus, wie auch an der Kirche entstanden sind. Die Berichte über zerrissene Kirchenregister weisen darauf hin, daß aus den Jahren vor 1633 welche existiert haben. Kirchrechnungen beginnen im Jahr 1600, sie sind gut erhalten. Seltsamerweise ist der wertvolle Annenaltar unversehrt geblieben. Welche Schäden direkt am Kirchengebäude zu beklagen waren, ist nicht aufgezeichnet worden. Pfarrer Schürer schreibt dazu in seiner Chronik im Jahre 1908: "... Allerdings müssen die Feinde da in entsetzlicher Weise in der Kirche gehaust haben, die Fenster wurden ihres herrlichen Maßwerkes beraubt, der gewölbte Vorbau über dem Portal zertrümmert usw. Zahlreiche Bruchstücke davon liegen im Pfarrhofe und zeugen noch heute von dem Vandalismus roher Horden." In den Kirchrechnungsbüchern für die Jahre nach dem Krieg sind allerdings keine größere Ausgaben für Reparaturarbeiten, nur kleinere Summen für Zimmererarbeiten und andere Handwerkerarbeiten genannt. So muß wohl davon ausgegangen werden, daß Schäden nur notdürftig und unzulänglich ausgebessert wurden, nicht zuletzt wegen des fehlenden Geldes. Kirchliche Finanzen im 17. Jahrhundert Einen interessanten Einblick in die kirchlichen Finanzen im 17. Jahrhundert geben die vorhandenen Kirchrechnungsbücher, welche seit 1600 vorhanden sind. Zum Beispiel finden wir folgende Eintragungen im ältestesten Buch auf Seite 1: "Kirchrechnung der Kirchen zu Seelitz, angefangen Michaelis 1600, inclusive und Michaelis 1601 exlusive beschlossen. Dieser Zeit Kirchveter: George Gerlach zu Pedeln. Simon Schilling zu Vischeim. Merten Hentschel zu Sehlitz und Gregor Thate zu Biesern." Einnahmen und Ausgaben werden in diesem Buch einzeln aufgeführt: " Einnahmen - Einnahme an erbetenem Gelde, so mit dem Seckel gesammelt. 2 ß 37 gr. 8 pf sind dis Jahr über im Stocke gesammelt. - Einnahme Lehngeld 2 ß 43 gr 4 pf Wenzel Helwig von seiner Oberschar zu Steitten 2ß Peter Keßner von seinem Gutt zu Vischeim und hat der Pfarrer des Orts von den Lehnen, so der Kirche zuständig alle Zeit den dritten Teil und hierrüber ezliche Lehnen, die ihm alleine zustehen. - Einnahme ganze Jahr Zinsen von ausgeliehenen Hauptsummen, beides so aus Kleinodien erkauft und von den Kirchenvorrat ausgeliehen worden. Sehlitz 24 gr Peter Schilling von 8 ß 36 gr Elias Hauskeller von 12 ß Pürsten 24 gr Merten Hentschel von 8 ß usw." Aus diesen Aufzeichnungen kommt zum Ausdruck, daß die Kirche z. B. auch Geld verlieh; von den Zinsen dafür konnte sie ihre Ausgaben decken. " Ausgaben 58 gr vor Wachs zu Kerzen 3 ß 12 gr einem Schieferdecker, so die Kirche bestiegen 31 gr für Schiefer 1 ß 19 gr von Kirchenfenstern zubessern .... - Ausgabe Almosen 2 gr einem vertriebenen Pfarrer 1 gr einem gebrechlichen aus Straßburg 1 gr 6 h einer armen Frau aus Kolcka 1 gr einem armen von Adel 1 gr Abgebrannten von Bernsdorf 1 gr einem lahmen Zimmermann aus Rochlitz ... - Ausgaben von weiter verliehenen Hauptsummen 6ß Michel Schilling zu Vischeim 1ß Peter Schilling zu Seelitz 30 gr Hans Dathen zu Zetteritz ... " Einen ganz interessanten Hinweis finden wir in folgendem Text: "Summe aller Ausgaben off dies Jahr 47 ß 53 gr 7 pf, solche von obiger Einnahme der 32 ß 32 gr 2 pf abgezogen, übertrifft die Ausgabe die Einnahme um 15 ß 21 gr 5 pf. So die Kirchveter mehr ausgegeben und mittels von den neuen eingenommenen Zinsen verlegt worden." Zahlungsmittel zu der Zeit: Groschen gr Pfennige pf Heller h Schock ß 60 Groschen = 1 Schock 12 Pfennige = 1 Groschen 2 Heller = 1 Pfennig 30 Groschen = 1 Taler 18. Jahrhundert Geschichtliches Die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg und das 18. Jahrhundert werden allgemein als das Zeitalter des Absolutismus bezeichnet. Kennzeichnend für den absolutistischen Regierungsstil war das sogenannte Kabinettssystem: Der Monarch stützte sich auf Räte, die ein von den Zentralbehörden unabhängiges Kabinett Geheimer Rat, Staatsrat oder ähnliches genannt - bildeten. Mit Hilfe dieses Gremiums betrieb er eine selbständige Diplomatie, griff in den Gang der Justiz ein, erteilte "Kabinettsordres" mit Gesetzeskraft und erklärte Kriege, die meist dynastischen Interessen oder der "Arrondierung" (Zusammenlegung) des Territoriums dienten. Ausdruck der souveränen Verfügungsgewalt über das Land sind auch die für das 18. Jahrhundert typischen Ländertauschprojekte und rücksichtslose Teilungspraxis. Um ihre "Kabinettskriege" jederzeit führen zu können, schufen die Fürsten stehende Heere. Zur Verwaltung des Landes gemäß ihren Richtlinien bauten sie eine allein von ihnen abhängige Beamtenschaft auf. Immer mehr Lebensbereiche wurden als öffentliche, staatlich zu regelnde Angelegenheiten begriffen. Auch die Wirtschaft stand im Dienste des Staates. Während der Absolutismus in Frankreich unter Ludwig XIV. (1643-1715) seine modellhafte Ausprägung fand, konnte er sich in Deutschland nur auf der Ebene der Landesfürsten durchsetzen, nachdem der Westfälische Friede 1648 die fürstliche Landeshoheit reichsstaatlich festgeschrieben hatte. Die vorrangig zu lösende Aufgabe, die verheerenden Folgen des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden, begünstigte die Ausbildung des absolutistischen Fürstenstaates, da der Wiederaufbau nur durch intensive staatliche Planung und Lenkung zu leisten war. Die mächtigsten Vertreter und bedeutesten Herrscherhäuser in dieser Zeit waren die österreichischen Habsburger, das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, die sächsischen Kurfürsten und die Hohenzollern in Brandenburg-Preußen. Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) - regierte von 1740 bis 1780 Sie war die älteste Tochter von Kaiser Karl IV. Dieser hatte durch ein Hausgesetz bestimmt, da er keine männlichen Nachfolger hatte, daß seine Tochter die Gesamtnachfolge des Hauses Österreich antreten konnte. Dagegen erhoben allerdings die Kurfürsten von Bayern und Sachsen Einspruch. Zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam es aber erst durch den Einmarsch Preußens in Schlesien (Erster Schlesischer Krieg). Österreich verlor danach Schlesien. Der erste Schlesische Krieg weitete sich durch das Eingreifen Frankreichs auf der Seite Preußens zum Österreichischen Erbfolgekrieg aus (1740-1748). Maria Theresia führte umfangreiche innere Reformen durch. Sie betraute die Feldmarschälle Daim und Lacy mit Heeresreformen, eine große Staatsreform folgte. Gegen den Willen der Stände, die ihre Steuerfreiheit verloren, setzte sie in Österreich und Böhmen den absoluten Staat mit landesfürstlicher Bürokratie und Zentralverwaltung durch. Sie führte neue Gewerbe ein, reformierte das Münzwesen und das Bildungswesen. Schon zu Lebzeiten bewundert, gilt sie bis heute als eine der bedeutendsten Herrscherinnen. Friedrich II. (Friedrich der Große) (1712-1786) Er war der Sohn Friedrich Wilhelm I. (des Soldatenkönigs). Nach seinem Regierungsantritt 1740 nutzte Friedrich die durch den Tod Kaiser Karl IV. eingetretene Schwächung der habsburgischen Monarchie zur Eroberung Schlesiens. Er hoffte damit auf eine günstige Gelegenheit zur Ausbauung seiner Machtstellung. Es gelang Friedrich 1742, Österreich zur Abtretung Schlesiens zu zwingen. Um die eroberte Provinz zu behaupten, führte der König noch zwei weitere Kriege mit wechselnden Bündnispartnern (1744-45 und 1756-63). Dadurch war Preußen endgültig zur Großmacht in Europa aufgestiegen. August der Starke (1670-1733) wurde 1694 als Friedrich August I. Kurfürst von Sachsen. Er war vielseitig begabt und politisch interessiert, aber unstet und leichtlebig. Als Bewunderer Ludwig XIV. suchte er dessen Lebensstil nachzuahmen. 1697 wurde er König von Polen. An der Seite Rußlands und Dänemarks nahm er am Zweiten Nordischen Krieg teil. (1700-1721) August der Starke förderte sowohl in Sachsen als auch in Polen Handel und Gewerbe, modernisierte die Armee und betrieb mit großem Eifer den künstlerischen Aufbau seiner Residenzen Dresden und Warschau, in dem er die berühmtesten Baumeister seiner Zeit heranzog. Auch gründete er die Meißner Porzellanmanufaktur. Mit seinem aufwendigen Hofleben ruinierte er allerdings die sächsischen Finanzen. Am Widerstand der lutherischen sächsischen Stände scheiterte sein Versuch, eine absolutistische Zentralverwaltung zu errichten. Seine unbestrittenste Leistung ist, daß in seiner Regierungszeit Dresden die führende deutsche Kunst- und Kulturmetropole des Barock wurde. Baulicher Zustand der Kirche zu Seelitz im 18. Jahrhundert Ob nun durch Zerstörungen vom Dreißigjährigen Krieg her oder ob der "Zahn der Zeit" ganz einfach am Kirchengebäude genagt hatte; der bauliche Zustand derselben zu Beginn des Jahrhunderts war äußerst schlecht. In einem Brief des damaligen Pfarrers Meiner aus dem Jahre 1741, mit den Unterschriften des Kirchenvorstandes versehen, an den König heißt es: "Allerdurchlauchtigster, Großmächtiger König, Allergnädigster Herr, Eurer Königlichen Majestät müssen wir in unterthänigster Wehmut klagen, welcher Gestalt das gesamte Schieferdach und der Kirchturm auf dem Gotteshause zu Seelitz durch das Altertum, Winde und übler Witterung so beschädigt sey, daß das ganze Gebäude zugleich in Regen und Schnee großen Schaden erleidet, mithin eine starke Reparatur höchst nötig ist. ..." Im weiteren Wortlaut des Briefes kommt zum Ausdruck, daß der Kirche das nötige Geld dazu fehlt, die Reparatur ausführen zu können. Es wird weiterhin erwähnt, daß der Bau des neuen Pfarrhauses (1739) eine Menge Geld verschlungen hat. Man bittet den König, daß "Zu diesen höchst nötigen starken Reparaturen 3 gewöhnliche Collekten und zwar maßgeblich in der Inspektion Großenhayn, Zwickau und Grimma zu erstatten und deswegen der Allergnädigste Befehle an die Herren Superintendenten dieser 3 Ephorien ergehen lassen ..." Ob die Kirchgemeinde das Geld erhalten hat, kommt aus den nachfolgenden Unterlagen nicht hervor. Wahrscheinlich nicht, denn in den folgenden Jahren (bis 1753) ist weiterer Schriftverkehr in den Akten zu finden, in welchem über die Notwendigkeit einer Dachreparatur berichtet wird. Das Pfarrhaus zu Seelitz (nach Aufzeichnungen von Herrn Eike Berger 1989) Das jetzige Pfarrhaus wurde 1739 erbaut, das beweist eine über der Tür in Porphyrstein eingehauene Jahreszahl. Der Bau war notwendig geworden, weil das alte Pfarrhaus 1735 abgebrannt war. Wie ist es dazu gekommen? Aus den Akten der Superintendentur in Rochlitz geht folgendes hervor: Die Magd Sophia Hoffmannin aus Gröblitz kam mit 17 Jahren in den Dienst des Pfarrers Meiner. Des Pfarrer Meiners Sohn, Johann Benjamin Meiner, war zu der Zeit Theologiestudent in Leipzig. Er und die Magd liebten sich. Sie trafen sich heimlich in Colditz. Aus dem Jahre 1734 gibt es ein Protokoll aus dem Amtsgericht Colditz. Darin heißt es: "... Der Sohn des Pastor Meiner zu Seelitz hat sich zum wiederholten Malen mit der Magd Hoffmannin fleischlich vereint und sind beide deswegen beim Amtsgericht in Colditz in Arrest gewesen. Aus dieser Vereinigung ist die Magd Hoffmannin schwanger geworden." "... Die Pfarrfrau zu Seelitz, des jungen Meiners Mutter, hat die Hoffmannin verleitet, daß sie einen Soldaten zum Schwängerungsvater im Beichtstuhle angibt und versprach ihr 40 Taler dafür." Die Magd beichtete falsch und wurde aus dem Dienst entlassen. Die 40 Taler wurden von der Pfarrfrau aber nicht bezahlt. Vorerst traf sich der Pfarrerssohn auch weiter mit ihr. Die Magd versuchte durch eine Klage vor Gericht nun den Kindesvater richtig zu stellen und klagt gleichzeitig gegen die Pfarrfrau wegen Verleitung zur falschen Beichte und um die versprochenen 40 Taler. Während des Prozesses, der über längere Zeit geht, wird die Pfarrfrau krank und stirbt. In einem Brief an den Chemnitzer Superintendenten zu Chemnitz, Crüger, teilt der Pfarrer Meiner ihm mit, daß seine Frau aus Kummer gestorben sei und bittet die Klage abzuweisen, da die Verklagte nicht mehr lebe. Anfang 1735 wird die Magd von der Einstellung des Verfahrens unterrichtet und gleichzeitig trennt sich der Sohn des Pfarrers von ihr. All diese Ereignisse hat sie wohl nicht verkraftet. Am 5. März 1735 zündet sie das Pfarrhaus an. Der junge Johann Benjamin Meiner flüchtet und wurde nie mehr gesehen. Im November wird die Magd an den Feldern nach Rochlitz verbrannt und die Asche über die Felder verstreut. Vom Pfarrer Meiner heißt es im Kirchenbuch: "Er heiratete neu eine Frau aus Colditz und lebte fortan vergnüglich bis zu seinem Tod 1746." Der Kirchenbau Bereits im Jahre 1753 wurden vom Wiederauer Zimmermeister Michael Mäßig und vom Maurermeister David Schmidt aus Rochlitz Risse über den Kirchenbau gezeichnet, wie aus den Akten der Superintendentur Rochlitz zu ersehen ist. Es sollte nun nicht nur eine notdürftige Reparatur des Daches stattfinden, sondern eine umfassende Reparatur des gesamten Kirchengebäudes einschließlich Turmbau erfolgen. Damit war aber die Kirchgemeinde nicht einverstanden, denn man sah die riesigen Kosten, die so ein Bau verschlingen würde. Man muß auch bedenken, daß die Bevölkerung zu der Zeit unter den Ereignissen des Siebenjährigen Krieges (17561763) sehr zu leiden hatte. In einem Brief aus dem Jahre 1762 an das Amt Rochlitz lesen wir folgendes: " ... ein neuer Kirchenbau bei gegenwärtigen schweren Kriegszeiten und außergewöhnlicher Teuerung ganz und gar unmöglich ist, da wir durch die häufigen Fuhren, übermäßigen Lieferungen, Wegnehmung des Viehs und anderer unerschwinglicher Pflichten dergestalt ausgesogen und mitgenommen worden sind, daß wir, wenn in uns gedrungen werden sollte, einen neuen Kirchenbau zu machen, unseren armseligen und ehedem verschuldeten Besitz zu verlassen, da wir itzo kaum das trocken Brot für uns und unsere Kinder haben...." Doch das Amt Rochlitz und die Superintendentur drängte, die Vorbereitung des Baues voranzubringen. Am 29. Juni 1763 erhielt die Kirchgemeinde einen Brief. Darin heißt es: " ... an die nach Seelitz eingepfarrten Gemeinden. Nachdem wir nun vor Erstattung des untertänigsten Berichts, um das erforderliche Gutachten erteilen zu können, die Beschaffenheit des Kirchengebäudes und Turmdaches, mit Zuziehung unparteiischer Bau-Gewerken, in Augenschein zu nehmen, vor nötig erachten, und hierzu den nachkünftigen 4. Juli angesetzt haben. Als wird solches denen nach Seelitz eingepfarrten Gemeinden hierdurch bekannt gemacht, mit dem Bedeuten, bestimmten Tages früh um 8 Uhr durch einige Abgeordneten aus jeder Gemeinde, in der Pfarrwohnung zu erscheinen. Wonach sich zu achten." Im Jahr 1765 war es nun endlich soweit. Man hatte mit dem Bau begonnen. Der damalige Pfarrer Anton schreibt dazu im Kirchturmbericht: "Eine Hauptreparatur war unumgänglich nötig. Die Kirchfahrt sah die dringende Notwendigkeit auch wohl ein und war willig, diesen Bau vorzunehmen, nur konnte man sich über die Art und Weise nicht einig werden. Endlich kam nach vielen und kostbaren Prozessieren ein Regulativ zustande. Im Jahr 1765 wurde das alte Dach des Turmes abgetragen und ein ganz feiner neuer Turm aufgeführt, welcher freilich der Symetrie nach höher und wenigstens mit der Mauer dem Dache hätte gleich sein sollen. Weil aber ein einziger unruhiger Kopf, Meister Christian Fröhlich, ein einziges Dorf, Döhlen, aufwiegelte, wider diesen Turmbau unbefugt zu appellieren und zu protestieren, so mußte man sich mit der Erhöhung in acht nehmen und wider den entworfenen und approbierten Riß einen anderen, kleineren erwählen. Am 23. Juli 1765 wurde dieser neue Turm gehoben und dabei durch eine Rede aufgrund von Pred. Sal. 9,18 ('ein einziger Bube verderbet viel Gutes') und Lieder Gott gedanket. Den 10. August desselben Jahres wurden die Glocken in den neuen Turm gehangen und am 5. August 1766 Fahne und Knopf in Gegegenwart D. Gühlings, Superintendent zu Chemnitz, aufgesetzt." Tatsächlich kann man aus der Zeichnung des Turmes ersehen, daß es anders geplant war. Man hatte sich dann aber zu der kleineren Variante entschlossen, weil genannter Fröhlich seinen Einwand damit begründete, daß die Gewitter nicht über die Kirche hinwegkämen, sich heftig über dem Dorf entladen würden und großen Schaden anrichten könnten. Über die Baulichkeit des kleinen Turmes, des sogenannten Meßturms, ist so gut wie nichts bekannt. Er wird in den Akten kaum erwähnt. Man weiß nicht genau, wann er errichtet wurde, wahrscheinlich beim Kirchbau um 1500 -1560, denn auf den Zeichnungen für den Kirchenumbau ist er bereits eingezeichnet. Lediglich findet sich in den "Sitzungsniederschriften der Baudeputierten" eine Notiz aus dem Jahre 1769, die besagt, daß Knopf und Fahne von dem alten großen Turm auf den kleinen Turm aufgesetzt werden sollten. Vorher müßten sie aber neu gestrichen oder vergoldet werden. Der Innenausbau Über die Gestaltung des Innenausbaus konnte man sich sicherlich auch nicht gleich einigen, ähnlich wie beim Turmbau. Mit Datum vom 23. Mai 1767 findet sich ein Schriftstück in den Akten über eine Zusammenkunft von Vertretern aller eingepfarrten Gemeinden. Den Anwesenden wurden Veränderungen zum vorgelegten Riß des Wiederauer Meisters Michael Mäßig erläutet und mit ihrer Unterschrift mußten diese ihr Einverständnis bekunden. Das Schriftstück lautet: "Demnach unter dem heutigen Datum, von Seiten der allhier Eingepfarrten Deputierten der Kirchfahrt zu Seelitz, nebst denen beyden Bauaufsehern Gottlieb Urban aus Gröblitz und Johann Sittner aus Stöbnig, und genügsamen Beytritt derer sämtlicher Kirchgemeinden. Die Abänderung des innerlichen Ausbaues der allhiesigen Kirche, den von den Zimmermeister Mäßig von Wiederau gezeichneten, und bey den Acten befindlichen allergnädigst approbierten Rißes betreff. dahin erläutert werden, daß nehmlich In der weiten Kirche, zu Erlangung mehreren Platzes und Stühle drey Emporkirchen übereinander und auf jeder zwey Reihen Stühle angebracht sollen werden, die an jetzo befindlichen Fenster aber stehen bleiben, jedoch wenn es nötig, die oberen Schnirkel rausgebrochen werden. In der engen Kirche vor dem Altar, an der Mitternacht-Seite soll, wo die alte Sakristey befindlich eine adeliche Betstube angelegt werden und vorne heraus vier Ellen breit durch die Hauptmauer zwei Fenster zur Einsicht in die Kirche gebrochen werden. Nebst der Betstube soll in der Sakristey ein Unterschied und ein Vorgehäuse zur Anlegung der Treppe zur anderen Betstube über der untersten bleiben. Das obere Betstübchen soll ebenfalls oben drüber wie das unterste angelegt und ein Platz zum Austritt oder Eingang gelaßen werden. An der Mitternacht-Seite inwendig in der engen Kirche soll hinten bey dem Altar ein verglaster Stuhl 4 Ellen lang und zwey Ellen breit gemacht werden. Von den verglasten Stuhl, nach der Kirche zu, sollen Communion-Stühle gemacht, die fordersten vier Stühle sollen zu Kirchväterstühlen gemacht werden. In der Mittag-Seite auswendig auf den Kirchhof, wo an jetzo die Vorhalle befindlich, soll die neue Sakristey angelegt werden und die Treppe auf die Kanzel, wo jetzo die Kirchentür, hinaufgehen auf die Kanzel, die Kanzel aber etwas höher und zwey Ellen in die Kirche herüber gerückt werden. Durch die Hauptmauer aber eine Tür nach dem Altar, wo der Priester hineingehet. Über der neuen Sakristey soll eine adeliche Betstube gleich die der Sakristey hinauf angelegt, der Austritt oder Eingang in gedachtes Betstübchen auswendig angebracht werden. Inwendig an der Mittag-Seite vorne bey dem Altar gegenüber dem angedachten verglasten Stuhl soll noch ein verglaster Stuhl, nach der weiten Kiche zu, ebenfalls Communion, Trauungs- oder Trauerstühle mit der Proportion der anderen Seite gemacht werden. Was die Weiberstühle anlangt, sollen die selben nach dem allergnädisten approbierten Riß sein Bewenden haben . Weil in dem approbierten Riß die Decke nebst den Emporkirchen von Gips angegeben, soll mit den selben ebenfalls eine Abänderung getroffen und statt den selben eine Bretter gespundene, die Emporkirchen aber mit Tischlerarbeit gemacht werden. Mit dieser getroffenen Abänderung sind sämtliche Deputierten sowohl als auch die ganze Kirchfahrt auf nochmaliges deutliches Vorlesen einig und zufrieden gewesen, weshalb sie sich eigenhändig unterschrieben." Wenn man diesen Text liest, kann man sich nur schwer vorstellen, wie es bisher in der Kirche ausgesehen haben mag. Wieviel Plätze hatte das Kirchenschiff, wieviel Emporen gab es? Darüber wissen wir nur sehr wenig. Wir erfahren aber, daß sich die Sakristei ursprünglich auf der Nordseite befunden hat. Es kommt außerdem zum Ausdruck, daß man einen Anbau über die alte Sakristei und einen Anbau auf der anderen Seite der Kirche - für die neue Sakristei und eine Betstube - errichten wollte. Damit erhielt die Kirche außer der Veränderung des Turmes noch zusätzlich ein anderes Aussehen. Eine Eingangstür in die Kirche hat sich offenbar dort befunden, wo nun der Aufstieg zur Kanzel geplant war. Es ist anzunehmen, daß der Pfarrer vorher vom Kirchenschiff aus auf die Kanzel gelangte. Interessant ist auch zu erfahren, daß ursprünglich eine Gipsdecke geplant war. Auch die Brüstungen der Emporen sollten aus Gips errichtet werden. Vielleicht ist dieses Vorhaben aber am fehlenden Gelde gescheitert. Über den Verlauf der Arbeiten mußten regelmäßige Berichte an das Amt nach Rochlitz und die Superintendentur nach Chemnitz geschickt werden. Außerdem wurden die eingepfarrten Bürger zu Frondiensten herangezogen, d. h. sie mußten unentgeltlich Handlanger- und Hilfsleistungen erledigen. Die Bauern mußten Fuhrdienste tätigen. Die Seitenlogen - Betstuben der Rittergutsbesitzer Aus den Akten der Superintendentur Rochlitz geht hervor, daß seit dem Jahre 1718 sogenannte Emporkirchen der adligen Rittergutsbesitzer bestanden haben. Die Herren aus Kolkau und Zetteritz bestimmten in dem Jahr, daß zwei übereinander zu bauende Kirchstände aufgestellt werden sollten und zwar an der Stelle, "zur rechten Hand nach dem Altar zu, bei der Canzel, dort wo zwei Reihen Stände befindlich, welche von undenklichen Zeiten her und noch itzo die Communikanten männlichen Geschlechts, ingleichen die jenigen Personen, welche mit einem üblen Gehör oder hohem Alter, geruhig besaßen". Beim Innenausbau der Kirche war nun geplant, für die Adligen jeweils eine Betstube an anderer Stelle zu errichten. Sie sollten an die Kirche angebaut und die Mauer derselben durchbrochen werden. Auf der Nordseite unten wurde die Betstube für Kolkau und darüber für Neutaubeheim errichtet. Auf der Südseite über der neuen Sakristei sollte die Betstube für das Rittergut Zetteritz entstehen. (übrigens wird dieser Raum heute als Archiv genutzt) Die Namen der Rittergutsbesitzer zu der Zeit waren: Friedrich Wilhelm von Schleinitz auf Zetteritz Christian Daniel Roch auf Neutaubenheim Daniel Kleeberg auf Kolkau Die Betstuben waren Privatbesitz der jeweiligen Rittergüter. Aus den Akten geht hervor, daß sie etwas für den Bau bezahlt, allerdings bei weitem nicht die gesamten Kosten dafür getragen haben. Im Altarraum über den Fenstern der Logen befinden sich zwei Familienwappen der ehemaligen Rittergutsbesitzer. Die Kirchenstände Der innere Ausbau der Kirche war nun soweit vorangekommen, daß man in den Jahren 1769/70 an die Errichtung des neuen Gestühls im Kirchenschiff sowie den Bau der Emporen gehen konnte. Schon im Jahr 1767 wurden in den zur Kirchfahrt Seelitz gehörenden Gemeinden der Bedarf an Plätzen ermittelt, d. h. es wurden sogenannte "Spezifikationen" an das Pfarramt eingereicht. Man wußte danach, wieviele Plätze ungefähr benötigt werden. Es war festgelegt, daß die Frauen ihren Platz im Kirchenschiff erhalten, für die Männer waren die Emporen vorgesehen. Im Kirchenschiff errichtete man 475 Frauensitze. Diese teilte man in 4 Sätze, welche durch einen Hauptgang, einen Quergang und 2 Seitengänge voneinander getrennt wurden (Klasse A - D). Auf die auf hölzernen Säulen und mit Holzbrüstung versehenen 3 Emporen verteilten sich die 418 Männersitze (Klasse A - G). Es erfolgte nun die "Verlösung" der "Stände" (Kirchenstühle). Die Sitzplätze wurden numeriert und chronologisch geordnet in das sogenannte "Ständeregister" (ein in Leder gebundenes, dickes Buch) eingetragen. Unter der entsprechenden Nummer erfolgte der Eintrag der betreffenden Person - "Standverschreibung". Ein Beispiel für einen Eintrag aus dem Jahre 1771: "No 27 Elisabeth, Michael Heynes, B (Bauer) in Benna (Penna) W (Weib)" Später wurden die Einträge präzisiert. Ein Beispiel aus dem Jahre 1864: Lit. G, 22 n Männerstand "Meister Karl Heinrich Wündsch, Besitzer der Mühle unter Zöllnitz, nach Vaters Tode als Besitzstand auf das Mühlengrundstück gelöst den 12. Mai 1864" Jedes Gemeindeglied erhielt zudem einen Standzettel. Starb ein Gemeindeglied, mußte der ihm gehörende Stand neu gelöst werden. In der Regel löste beim Tode der Mutter die Tochter bzw. die Schwiegertochter den Stand; beim Tode des Vaters der Sohn bzw. Schwiegersohn. Es kam auch vor, daß nach dem Tode eines Ehegatten der verbliebene Partner den Stand neu löste. Es war praktisch so geregelt, daß immer nach einer Veränderung - meist nach Tod, aber auch nach Wegzug - der entsprechende Stand neu gelöst werden mußte. Bis 1842 betrug der Preis für einen "Weiberstand" 5 Groschen, für einen "Männerstand" 6 Groschen; bis 1877 kostete der "Frauenstand" 7 und der "Männerstand" 8 Groschen; ab 1878 kostete jeder Stand eine Mark. Die Bänke wurden nun auch mit den entsprechenden Namen versehen. Einige wenige Beschriftungen stammen noch aus dem Jahr des Einbaus der Bänke: "No. 27 Elisabeth Heynin No. 28 Maria Elisabeth Hahnin" Laut "Ständeregister" wurden diese Plätze später wieder verlöst, die Namensschilder aktualisierte man aber nicht und so sind sie uns erhalten geblieben. Die meisten Plätze sind in späteren Jahren, je nachdem wann sie neu gelöst wurden, neu beschriftet worden: "No. 139 Johanna (lt. Ständeregister 1834 verlöst) No. 150 Johanna Sophie Krutzschin (verl. 1842)" Sophie Donnerin An manchen Plätzen befinden sich auch nur Ziffern. Diese Plätze verlöste man zwar, nur die Namen brachte man nicht an den Bänken an. Die Verlösung der Kirchenstände endete im Jahre 1895. Die gesamte Anlage der Bänke wurde im Jahr 1976 verändert, weil man den Einbau einer Warmluftheizung für die Kirche plante. Heute ist nur noch ein Teil des Gesamtbankbestandes im Schiff erhalten. Die Pläne der Warmluftheizung ließ man dann aber wieder fallen und so wurden die Bänke im Jahr 1978 mit einer elektrischen Bankheizung versehen. Der Bau des Altars und der Kanzel Im Jahr 1771 erfolgte die Anschaffung des neuen Altars und der neuen Kanzel. Beides wurde durch den Peniger Bildhauer Johann Gottfried Stecher geschaffen. Im Vorfeld dieses Baues kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Pfarrer Anton und den eingepfarrten Gemeinden, welches die Akten belegen. Stecher hatte Anschläge und Risse für Altar und Kanzel über 350 Taler geliefert. Zur gleichen Zeit reichte Johann George Dost aus Oberlungwitz Risse über 300 Taler ein. Die Gemeinden entschieden sich für den billigeren Dost, während Pfarrer Anton sich für den Bildhauer Stecher entschied. Der Streit nahm immer härtere Formen an und es kam dazu, daß die Gemeinden zwei Briefe an das Oberkonsistorium nach Dresden sandten, in dem sie sich über den Pfarrer beschwerten: "... im übrigen wir von ihm dieses Baues halber privatim, ja öffentlich von der Canzel mit beleidigenden Worten hart angegriffen werden, so daß es unmöglich ist, sich darbey zu beruhigen; so ergehet an Seine Exxellenz Hochwürden unser untertänigstes Bitten, daß Canzel und Altar nach den von uns überreichten Dostischen Risse und Anschlage gebauet werden möge ... weil die beste Zeit des Jahres vergeht und wir bey längeren Verzug in Gefahr stehen, in diesem Jahr mit der Kirchenreparatur nicht zu stunde kommen ... " Schließlich setzte sich der Pfarrer doch durch und Stecher konnte Kanzel und Altar bauen. Pfarrer Herz beschrieb den Altar im Jahre 1880 wie folgt: "Das Altar hat steinernen Unterbau, tuchene Polsterung des Fußbodens und der Stufen, lederne Umkleidung des Tisches, durchbrochene Seitenwände und hölzernen Aufsatz mit zwei Säulen. In der Mitte des Aufsatzes befindet sich ein Holzschnitzwerk in Rahmen: Der gekreuzigte Christus, rechts die Holzfigur des Johannes, links die des Petrus. Als Oberstück das Auge Gottes mit Engelsgestalten und Gevölk umgeben, links und rechts davon, etwas hervortretend 2 Engel mit Kreuz, Lanze und Essigschwamm, jeder ein Wappenschild haltend, auf welchem das Monogramm Christi steht. Das Altar hat verschiedenfarbigen, imitierten Marmoranstrich, weiße Farbe und vergoldete Kapitäle. Unter dem Kruzifix stehen 2 Liederverse und zwischen denselben die Worte 'Meum Jesum Fideliter Amo'. Auf der Rückseite ist ein Verzeichnis von Deputierten aus dem Stiftungsjahr des Altar, welcher am 28. Dezember 1771 eingeweiht wurde, darunter steht neben lateinischen Worten der Name Erbauers." Die Kanzel beschrieb Pfarrer Herz wie folgt: des "Die Kanzel, in Tulpenform aus Holz gebildet, mit Randpolsterung, Bücherbrett und Schalldeckel, auf welchem die Holzfigur des Evangelistemus steht, befindet sich unter dem Triumpfbogen, hat von der Sakristei aus die Zugangstreppe und ist 1771 errichtet." Der Taufstein 1773 wurde vom Peniger Bildhauer Johann Gottfried Stecher im Rokkoko-Stil die Lesepulttaufe geschaffen. Der Untersatz ist aus Stein, der Deckel aus Holz. Im Jahr 1879 hat der damalige Pfarrer Herz den Taufstein mit weißer Farbe übermalen und die Vergoldung erneuern lassen. Beispiel aus den Kirchenakten des 18. Jahrhunderts Bereits im Jahr 1751 wurde über die vollzogenen Amtshandlungen des Pfarrers eine Statistik geführt: "In dem durch Gottes Gnade und Seegen zurückgelegten 1751 Jahr nach Christi Geburt sind in der Kirchen allhier gewesen an Öffentlichen und privaten Communikanten 4338 Copulierten (getrauten) 16 Paar, (unter denen 1 Paar in der Stille) Getaufte 48 Kinder als 27 Söhngen unterdenen 1 hochadl. und 1 Paar Zwillinge und 21 Tochtergen (darunter 1 unehel.) Begrabene 67 Personen, 34 männl. und 33 weibl. Geschlecht und zwar 26 Alte und Erwachsene nehmlich 13 Mannspersonen als 4 Junggesellen 6 Ehemänner 3 Wittwer und 13 Weibspersonen als 2 Jungfrauen 6 Eheweiber 5 Wittwen 41 Kinder " 19. Jahrhundert Als geschichtlichen Einblick in das Deutschland des 19. Jahrhundert seien folgende Ereignisse genannt: Zum einen die napoleonische Herrschaft, die mit den Befreiungskriegen endete und die Reichsgründung 1871 nach der Beendigung des deutsch-französischen Krieges 1870/71. Napoleonische Herrschaft Napoleon Bonaparte, Oberbefehlshaber der französischen Armee, war 1799 durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen. 1800 begann sein Siegeszug durch Europa. Er errang Siege in Italien und Süddeutschland, Kaiser Franz II. mußte die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich anerkennen. Damit machte sich eine Neuordnung des Deutschen Reiches notwendig, weil die von der Abtretung betroffenen weltlichen Fürsten entschädigt werden wollten. Es kam 1803 zum sogenannten Reichdeputationshauptschluß. Dieser war hauptsächlich durch die Mitwirkung Napoleons zustande gekommen. Er wollte damit neben Österreich und Preußen ein sogenanntes drittes Deutschland schaffen, von wo aus er eine bessere Ausgangsposition für seine Machtpolitik gegen diese beiden Staaten hatte. Der Reichsdeputationshauptschluß veränderte durch die teilweise Neuverteilung bzw. die Neuschaffung von Kurstimmen, die endgültige Aufhebung der Reichskirche und die Beendigung des katholischen Übergewichts in wichtigen Reichstagsgremien die Reichsverfassung grundlegend und kündigte damit das Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation an. In Paris wurde 1806 der Rheinbund geschlossen. 16 deutsche Staaten unterschrieben ihn. Damit sagten sie sich von Kaiser und Reich los und unterstellten sich dem Protektorat des französischen Kaisers. Kaiser Franz II. legte die Kaiserwürde nieder. Das Deutsche Reich war aufgelöst. Napoleon festigte seine Macht über die deutschen Staaten. Auch Preußen und Sachsen traten dem Rheinbund bei. Aber nach und nach regte sich immer stärker eine Freiheitsbewegung. Jedoch erst nach der vernichtenden Niederlage der französischen Großen Armee im Rußlandfeldzug 1812 waren günstige Voraussetzungen für einen nationalen Befreiungskampf gegen Napoleon geschaffen. Im Dezember 1812 schloß General Graf York von Wartenberg, der Befehlshaber des preußischen Hilfskorps der Großen Armee, mit einem russischen General den Vertrag von Tauroggen, dem die Erhebung Preußens folgte. Im März 1813 kam es zwischen dem preußischen König und dem russischen Zar zu Allianzabsprachen. Im Frühjahr 1813 führte Napoleon erneut ein den preußischen und russischen Armeen zahlenmäßig überlegenes Heer nach Deutschland. Es zwang diese zum Rückzug nach Schlesien. Im August erklärte auch Österreich Frankreich den Krieg. Doch der alliierte Vorstoß gegen die französische Hauptarmee scheiterte Ende August in Dresden. Der Beitritt Bayerns zur Koalition leitete die Auflösung des Rheinbundes ein. Ende September ergriff die Schlesische Armee unter Blücher die Initiative. In der Völkerschlacht bei Leipzig siegte im Oktober das Koalitionsheer; Napoleon entkam, doch seine Herrschaft in Deutschland war zusammengebrochen. Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 und die Reichsgründung Als Otto von Bismark Ministerpräsident von Preußen wurde, trieb er die Pläne zur Einigung Deutschlands voran. Vor allem wollte er, daß Preußen dabei die führende Macht wird. Dazu mußte Österreich, der Erzfeind ausgeschaltet werden. Das gelang im Deutschen Krieg 1866. Als Ergebnis dieses Krieges entstand nördlich der Mainlinie mit dem "Norddeutschen Bund", ein Bundesstaat aus 22 noch selbständig gebliebenen Mittel- und Kleinstaaten sowie den Freien Städten Hamburg, Bremen und Lübeck. Der Norddeutsche Bund stellte im Prozeß der deutschen Einigung eine Zwischenstufe dar. 1866 gelang es Bismark dann in zähen Einzelverhandlungen, die süddeutschen Staaten zu überreden, "Schutz- und Trutzbündnisse" abzuschließen und im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit Frankreich ihre Truppen unter das Kommando des preußischen Königs zu stellen. 1870 erklärte Frankreich Preußen den Krieg. Damit war das von Bismark einkalkulierte Ereignis eingetreten, mit dem die letzte Phase des deutschen Einigungsprozesses eingeleitet werden konnte. Für die süddeutschen Staaten war der Bündnisfall auf Grund der Verträge von 1866 gegeben. Unter preußischem Oberbefehl standen jetzt nicht nur preußisch-norddeutsche Armeen, sondern ebenso die bayerischen, würthembergischen und badischen Truppen. Die 1870 begonnene kriegerische Auseinandersetzung verlief in zwei voneinander unabhängigen Phasen. Die eine gipfelte nach erfolgreichen Angriffsschlachten in der Kapitulation der französischen Armee, die zweite begann mit der Ausrufung der französischen Republik, nachdem Napoleon III. in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war. Im Verlaufe des Krieges mußte Frankreich das Elsaß und Teile von Lothringen abtreten. Am 10. Mai 1871 wurde der Friedensvertrag in Frankfurt/Main geschlossen, in dem festgelegt wurde, daß Frankreich 5 Milliarden Francs an Deutschland zahlen mußte. Zuvor, am 18. Januar 1871, fand im Spiegelsaal des Versailler Schlosses die Proklamierung des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser statt. Das galt als entscheidender Akt der Gründung des Deutschen Reiches. Bismark hatte es verstanden, noch während der Kriegshandlungen die süddeutschen Staaten zum Beitritt des Norddeutschen Bundes zu bewegen. Somit konnte der preußische König aus der Hand aller deutscher Fürsten die Kaiserkrone entgegennehmen. Die Auswirkungen der französischen Herrschaft auf Seelitz Die Bevölkerung in Deutschland hatte sehr unter der französischen Fremdherrschaft zu leiden. Hauptsächlich hatte sie die Versorgung der Truppen zu übernehmen. In den Akten finden sich zu diesem Problem Briefe, in dem der Pfarrer oder die Gemeinde aufgefordert werden, nach genauen Mengenangaben die betreffenden Leistungen zu erbringen. Ein Verzeichnis vom 10. Mai 1814, welches der damalige Richter Johannes Christian Hentschel anfertigte, gibt genauen Aufschluß darüber: "Verzeichnis desjenigen, was ungefähr das Dorf Seelitz im Jahr 1813 an die Franzosen liefern mußte und durch dieselben verloren hat." Es folgt eine Aufstellung über geliefertes Korn, Hafer, Heu, Stroh, Brot, Branntwein, Gemüse, Mehl, Kartoffeln und Fleisch. Weiter heißt es dann: "Sämtliche Requisitionen sind teils nach Rochlitz, Mittweida, Torgau und Leipzig, teils im Orte selbst an die Franzosen gegeben worden. An französischen Einquartierungen: 57 Offiziere, 1331 Mann, 576 Pferde, Hafer und Stroh für diesselben, an requirierten Wagen: 2 Wagen mit völligem Zubehör, an requirierten Vieh: 15 Kühe, 2 Pferde" Es folgt dann eine Aufstellung über den erlittenen finanziellen Schaden, der eine Summe von 7993 Talern ergibt. Ephorie - Wechsel 1836 Seit dem Jahr 1539 hat Seelitz zur Ephorie Chemnitz gehört. Der Wechsel zum Ephoralbezirk Rochlitz vollzog sich zum 1. Juli 1836. In den Akten findet sich folgender Brief: "Da vermöge Beschluß des Königlich Sächsischen Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts, vom und mit dem ersten Juli dieses Jahres an unter anderen auch die zur Ephorie Chemnitz bisher gehörig gewesenen Parochien Seelitz und Zettlitz von gedachter Ephorie getrennt werden und von und mit dem gedachten Tage an zur Ephorie Rochlitz gehören." Superintendentur und Justizamt Rochlitz Redlich Brückner Auswanderungen im Jahre 1838 Im Jahre 1838 sind aus verschiedenen Orten der Kirchgemeinde mehrere Personen nach Amerika ausgewandert. Ein direkter Hinweis, eventuelle Namenslisten oder eine Niederschrift über den Vorgang, findet sich in den Akten nicht. Lediglich schreibt der damalige Pfarrer Schmidt 1835 in einem Bericht über "Wahrnehmung religiöser Zusammenkünfte in der Kirchfahrt zu Seelitz" an den Superintendenten, daß der Sohn des Pfarrers Bürger den "Grund dazu gelegt". In der Chronik des Pfarrers Schürer aus dem Jahre 1908 steht darüber folgendes: "Der Sohn des hiesigen Pfarrers Bürger, Ernst Moritz Bürger, geboren 1806 in Arnsfeld, der sich als Kandidat einige Zeit hier zur Unterstützung seines betagten Vaters aufhielt, hatte eine lebendige, persönlich auffassende, erweckliche Predigtweise, die von der rationalistisch trockenen Durchschnittshomiletik jener Tage gewaltig abstach und ihm die Herzen im Sturm eroberte. Aber der Prediger unterließ es auch nicht, die landeskirchlichen Zustände sehr abfällig zu kritisieren, wahrscheinlich in der Weise der späteren lutherischen Freikirche, sogenannten Missourier. Die Sympathie für ihn hielt auch an, als er 1833 als Diakonus nach Rochsburg und 1834 als Pfarrer nach Lunzenau versetzt worden war. Ganze Scharen pilgerten aus hiesiger Gemeinde allsonntäglich dahin, wo sie in dem Plane bestärkt wurden, das `Babel der sächsischen Landeskirche` zu verlassen. und sich einer Freikirche anzuschließen. Und als 1838 Bürger mit den `Stephanisten` nach Nordamerika in den Staat Perry County auswanderte, ließen sich eine größere Anzahl teils einzelner Personen, teils ganzer Familien aus Seelitz, Pürsten, Zöllnitz, Biesern, Zaßnitz, Bernsdorf, Kolkau und Zetteritz verleiten, ihm dahin zu folgen." 67 Die Glocken Am 21. Januar 1852 bekam die Kirche zu Seelitz 3 neue Glocken. Die alten aus den Jahren 1519 und 1623 waren schadhaft geworden. Der Glockengießer Ulrich aus Apolda riet der Gemeinde, die Glocken umgießen zu lassen. Im "Vereinigten Wochenblatt" von 1852 lesen wir folgendes: "Am 24. September vorigen Jahres holte derselbe die alten Glocken in Seelitz ab, und es entstand für die Gemeinde eine eigentümlich stille, traurige Zeit, da kein kirchliches Ereignis mit Glockenton begleitet wurde. Endlich, am 21. Januar 1852 kam der ersehnte Tag, an welchem die neuen Glocken in Seelitz eintreffen sollten. Die ganze umfangreiche Kirchfahrt von 24 Dörfern, sowie die Stadt Rochlitz und Umgegend, war an diesem Tage in Bewegung. Um halb 11 vormittags trafen die neuen Glocken in Rochlitz ein, und schon ihre äußerliche Form und Schönheit fiel höchst angenehm ins Auge. Vor der Brücke in Rochlitz hatte sich die Kirchfahrt Seelitz versammelt, mit ihrem Pfarrer, sämtliche 7 Schulen mit ihren Lehrern, die Kinder mit Fahnen und Kränzen, die Gemeindevorstände, nebst einem Musikchore, die Glocken zu begrüßen. Eine große Menschenmenge strömte von allen Seiten herbei, und endlich erschienen die glänzenden Glocken auf zwei sechsspännigen Wagen an der Seelitzer Seite der Brücke, wurden bewillkommt, unter Musik bekränzt, und unter Begleitung eines immer stärker werdenden Menschenstromes nach Seelitz hinausgeleitet. Dort angekommen, vor der schönen Kirche auf dem umfangreichen Kirchhofe aufgefahren, und von der Menschenmasse dicht geschart, wurden die Glocken geweiht." In der Tat war es ein großes Ereignis für die Kirchgemeinde. Am 22. Januar wurden die Glocken in den Turm gebracht und am 23. Januar nachmittags um 15 Uhr wurden sie das erste Mal geläutet. Das Gewicht der Glocken war: Große Glocke 27 1/2 Zentner Mittlere Glocke 12 Zentner Kleine Glocke Zentner 7 Alle drei waren aus Bronze gegossen. Weiter heißt es im "Wochenblatt": "Die Glocken geben ein starkes, volltönendes harmonisches Geläute und loben den Meister, der sie formte und dem die ganze Gemeinde sich zum größten Dank verpflichtet fühlt. Walte Gottes Gnade, daß diese schönen Glocken von Geschlecht zu Geschlecht überliefert werden und Jahrhunderte lang zu ihnen reden können." Leider war das ein Wunsch, der nicht in Erfüllung ging. Im März 1917 mußten die kleine und die mittlere Glocke auf behördliche Anordnung zerschlagen und als Heeresbedarf abgeliefert werden. Ebenfalls geschah dieses 1941 mit der großen Glocke. Im Herbst 1997 fand der Restaurator Heinz Ernst in der südlichen Seitenloge einen Granatsplitter aus Bronze, der sich dort verfangen hatte und von der Bombenexplosion aus dem zweiten Weltkrieg stammte. Es war somit zu einer "Rückkehr" der Glocke gekommen. Zwei der jetzigen Glocken stammen aus dem Jahre 1920. Sie wurden von der Firma Schilling und Lattermann Apolda hergestellt. Ihr Gewicht beträgt 900 bzw. 500 kg und sie bestehen aus Stahlguß. Im Jahr 1981 bekam die Gemeinde wieder eine dritte Glocke. Sie stammt aus der Kirche in Zwönitz. Abschaffung des Klingelbeutels (Cymbel) 1869 Im Jahre 1869 wurde der "Klingelbeutel" abgeschafft. Dazu finden wir in den Akten eine Notiz des damaligen Pfarrers Herz: "Der Kirchenvorstand zu Seelitz hat beschlossen, die gegenwärtige Form, in welcher die sonn- und festtägigen Kollektengelder in hießiger Kirche eingenommen werden, zu beseitigen, und anstatt der bisher während des Gottesdienstes umhergetragene "Klingelbeutel" besondere Becken zu beschaffen, an die Kirchtüren zu stellen und die Gemeinde beim Ausgang aus der Kirche zur Niederlegung der Gabe daselbst zu veranlassen. Die neue Einrichtung soll versuchsweise auf ein Jahr getroffen, und wenn der Ausfall ein bedeutender sein sollte, eventuell zurückgenommen werden. Auch der Pfarrer, dem der Ertrag der Gelder am Ernte- und Kirchweihfeste gesetzlich zusteht, will sich während des Versuchsjahres mit dem begnügen, was die Gemeinde an diesen beiden Tagen auf dem Becken an den Kirchtüren ihm freiwillig opfert." Geplanter Umbau der Kirche Seit dem Jahr 1891 regte sich in der Gemeinde der Wunsch zum Einbau einer modernen Heizungsanlage in die Kirche. Man beauftragte die Firma Wagner aus Chemnitz zur Erstellung eines Kostenanschlages. Geplant war, eine Niederdruckheizung zu errichten. Der damalige Kostenanschlag wies ca. 4100 Mark aus. Bald kam man aber zu der Gewißheit, daß dieser Heizungseinbau nicht ohne größere Umbauarbeiten in der Kirche zu machen sei. Bis zum Jahre 1903 wurden verschiedene Kostenanschläge und Zeichnungen vom Architekten Paul Lange aus Leipzig erstellt, die einen gesamten innerlichen Umbau der Kirche vorsahen: - Abbruch der III. Empore (zweite Empore sollte drei Sitzreihen erhalten, zweite und dritte etwas erhöht) - neues Gestühl im Kirchenschiff - Einbau massiver Emportreppen - Einbau Heizung - Errichtung einer neuen Orgel - Umbau der Kanzel - Altarumbau Im Jahr 1903 wurden dann in den Gemeinden diese Pläne diskutiert und fast einstimmig abgelehnt. Die Gesamtsumme der Baumaßnahmen war mit ca. 30000 Mark veranschlagt worden. Damit war aber auch das Projekt der Heizungsanlage hinfällig. Eine Königlich Sächsische Kommission zur Erhaltung von Kirchendenkmälern hatte dem Umbau ebenfalls nicht zugestimmt. Man beschloß aber, die Pläne für eine neue Orgel in die Tat umzusetzen und beauftragte 2 Firmen zur Erstellung entsprechender Kostenanschläge Die Orgel Im Jahr 1907 beschloß die Kirchgemeinde, eine neue Orgel anzuschaffen. Da sie etwas tiefer angelegt werden sollte, brach man die alte Orgelempore ab und legte eine neue, von der I. Empore aus, an. Dadurch wurde der von der alten Orgel verdeckte gotischen Turmbogen und hinter diesem das Turmgewölbe sichtbar. Das Orgelgehäuse von 1796 verwendete man wieder. Die Orgel wurde von der Firma Alfred Schmeißer, Rochlitz gebaut. Zur Finanzierung dieses Vorhabens nahm die Kirchgemeinde ein Darlehen beim damaligen Landwirtschaftlichen Kreditverein des Königreiches Sachsen über die Summe von 12000 Mark auf. 1914 wurde vom Erbauer ein elektrischer Motor zum Antrieb des Magazingebläses geliefert. 1917 beschlagnahmte der Staat die zinnernen Prospektpfeifen für Kriegszwecke; 1919 ersetzte man diese durch Zinkpfeifen. 1944 erlitt die Orgel Schäden aufgrund eines Mienenabwurfes in unmittelbarer Nähe der Kirche. 1992 erfolgte eine Generalrenovierung durch die Firma Georg Wünning, Großolbersdorf. Übrigens ist die jetzige die dritte Orgel in der Geschichte der Kirche. Die erste Orgel wurde Weihnachten 1693 eingeweiht. Es handelte sich dabei um ein kleines Werk mit 8 Registern, ohne Pedal. Die Leistungen waren dementsprechend recht kläglich für die große Kirche. Dananch dauerte es reichlich 100 Jahre, bis es zur Anschaffung einer neuen Orgel kam. Im Jahr 1796 wurde dem Orgelbauer Gottlob Hecker aus Pegau der Auftrag dazu erteilt; der Einbau erfolgte 1797. Diese hatte 30 Register und 1454 Pfeifen. Man bezahlte damals 1590 Taler dafür. Das 20. Jahrhundert Geschichtliches Der Zeitabschnitt von 1890 bis zum Ende des 1. Weltkrieges 1918 wird in den Geschichtsbüchern das "Zeitalter der Imperialismus" genannt. Er deutet auf das diese Epoche charakterisierende Streben der europäischen Großmächte und der neuen, außereuropäischen Großmächte (USA, Japan) hin, im Wettlauf miteinander sich durch den Erwerb überseeischer Kolonien eine Weltmachtposition aufzubauen. Dieses Streben gipfelte im I. Weltkrieg, der Millionen Tote und viel Leid über die beteiligten Völker brachte. Nach der Beendigung dieses bis dahin verheerendsten Krieges der Menschheitsgeschichte wurde in Deutschland die Republik ausgerufen, der Kaiser dankte ab und ging ins Exil. Danach folgte die Zeit der Weimarer Republik. Diese war der erste praktizierte Versuch in der deutschen Geschichte, auf dem Boden des Deutschen Reiches eine demokratische Staatsform zu errichten. Der Versuch ist gescheitert, die junge Republik ging nach knapp 14 Jahren in der Hitlerdiktatur unter. Adolf Hitler wurde am 30. Januar 1933 von Reichspräsident Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Es gelang ihm, mit Hilfe der Reichsbrandverordnung und des Ermächtigungsgesetzes in wenigen Monaten alle demokratischen Einrichtungen auszuschalten und eine totalitäre Diktatur zu errichten. Mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 begann der 2. Weltkrieg. Im ersten "Blitzkrieg" warf die deutsche Wehrmacht Polen nieder. Nach "Blitzkriegen" gegen Dänemark und Norwegen überfiel Hitlerdeutschland die neutralen Beneluxländer. 1940 kam es zur kampflosen Besetzung von Paris. Im Juni 1941 begann der Überfall auf die Sowjetunion unter Bruch des DeutschSowjetischen Nichtangriffspaktes. Der deutsche Vormarsch blieb dann im Winter 1941 vor Moskau stecken. Zur gleichen Zeit erklärte Deutschland den USA den Krieg. Mit dem offiziellen Kriegseintritt der USA war die Wende des Krieges besiegelt. Nach der Niederlage der deutschen Wehrmacht bei Stalingrad begann der Vormarsch der Roten Armee nach Westen. Der amerikanisch-britische Bombenkrieg gegen Deutschland, der im Mai 1942 begonnen hatte, wurde 1943 verstärkt. Anfang 1944 hatten die Alliierten die Luftherrschaft über Deutschland errungen. Nach der Invasion in der Normandie im Juni 1944 wurden die deutschen Truppen von Osten, Süden und Westen auf die Reichsgrenzen zurückgedrängt. Wenige Tage nach dem Selbstmord Hitlers am 30. April erfolgte die bedingungslose Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945. Der vom nationalsozialistischen Deutschland entfesselte 2. Weltkrieg hat insgesamt 53 Millionen Menschenleben gekostet; in seinem Ergebnis wurde der zwischen 1867 und 1871 entstandene deutsche Nationalstaat zerstört; die Gebiete zwischen Oder und Neiße wurden von Deutschland abgetrennt; vom verbliebenen Territorium bezogen die Hauptsiegermächte USA und Sowjetunion den westlichen bzw. östlichen Teil in ihre jeweiligen Einflußsphären ein. Bald nach der Beendigung des Krieges entwickelte sich der weltpolitische Gegensatz zwischen der Sowjetunion einerseits und den USA und den anderen Westmächten andererseits, der dann 1946/47 im "Kalten Krieg" mündete. In unzähligen regionalen Konflikten manifestierte sich dieser Gegensatz. Auf das besiegte und besetzte Deutschland wirkte sich der "Kalte Krieg" besonders stark aus. Die sowjetische Deutschlandpolitik wurde von den USA als der Versuch angesehen, ganz Deutschland in die sowjetische Einflußsphäre einzubeziehen, alle Aktionen der Machtstabilisierung in der sowjetischen Besatzungszone wurden unter dieses Blickwinkel gesehen. Die Sowjetunion wiederum beurteilte die von der USRegierung vorgeschlagene wirtschaftliche Vereinigung der Besatzungzonen zur besseren Versorgung der Bevölkerung als gezielte Maßnahme des amerikanischen Wirtschaftsimperialismus. So führte die Politik der Siegermächte 1949 zur Gründung der BRD und der DDR. Diese beiden Staaten entwickelten sich in der Folgezeit sehr unterschiedlich. In der DDR mußte der Sozialismus aufgebaut werden, während sich die BRD mit Hilfe der sozialen Marktwirtschaft zu einem wohlhabenden Staat entwickelte, der seine Reize auf die DDR-Bewohner ausübte. Es kam zu großen Flüchtlingsströmen, die 1961 mit der Abriegelung des Übergangs in den Westen eingedämmt wurden. Die DDRFührung ließ die Grenze errichten. In der DDR begann nach dem Mauerbau eine Phase der wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung. Die DDR-Bevölkerung, der die Möglichkeit zum Überwechseln in die Bundesrepublik genommen worden war, begann sich stärker als früher mit den Verhältnissen zu arrangieren. Wirtschaftliche Ergebnisse machten die DDR nach der Sowjetunion zur stärksten Industriemacht im Ostblock. Die DDR kämpfte um die Anerkennung als gleichberechtigter Staat neben der Bundesrepublik. 1967 erließ sie das "Gesetz über die Staatsbürgerschaft der DDR". 1968 gab sie sich eine eigene Verfassung. Damit hatte sie sich als eigenständiger deutscher Staat endgültig abgegrenzt. Die BRD beschäftigte sich seit dieser Zeit mit der Frage, wie kann man ein geregeltes Verhältnis zur DDR herstellen, trotz der staatlichen Teilung den Zusammenhalt der deutschen Nation vor allem durch vermehrte Kontakte zwischen den Menschen zu wahren? Das führte zur Entwicklung der Ostverträge, zum Viermächteabkommen über Berlin und zum Grundlagenvertrag mit der DDR. In den achtziger Jahren machte sich eine große Unzufriedenheit in allen Teilen der DDR-Bevölkerung breit. Wirtschaftlich ging es stark bergab und jeder Kritik am System wurde mit aller Härte begegnet. Die Menschen sehnten sich nach Veränderungen. Angefangen hat eine langsame Veränderung zweifellos mit der Reformpolitik von Michail Gorbatschow. Seine Umwälzungen in der sowjetischen Gesellschaft blieben nicht ohne Wirkung auf die DDR, was die Führung allerdings aufhalten wollte. Diese Entwicklung konnte sie aber nicht mehr stoppen und so kam es zur sogenannten "friedlichen Revolution". Es begann mit der Öffnung der ungarischen Grenze nach Westen. Tausende nutzten diesen Weg oder einen anderen über die Botschaften der DDR in Prag, Warschau und Budapest, um die DDR zu verlassen. Die Massenflucht machte deutlich, daß es der Partei- und Staatsführung auch 28 Jahre nach dem Bau der Mauer nicht gelungen war, Zustimmung und Vertrauen zu gewinnen. Das Volk forderte auf Massendemonstrationen nun umfassende politische Reformen. Als diese Demonstrationen anhielten zeigte sich, daß die DDR-Führung kein Konzept besaß, um der politischen Bewegung zu begegnen. Sie gab auf. Auf weiteren Kundgebungen wurde inzwischen der Ruf nach einem geeinten Deutschland immer lauter. Der Flüchtlingsstrom hielt an. Im März 1990 kam es zum ersten freigewählten Parlament in der DDR. Aber es sollte nicht lange bestehen; am 1. Juli trat die Wirtschaft-, Währungs- und Sozialunion in Kraft, die D-Mark wurde in der DDR eingeführt. Am 31. August wurde der Einigungsvertrag mit der BRD unterzeichnet.Die Volkskammer hatte zuvor den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik für den 3. Oktober 1990 beschlossen. Der Kirchenkampf Unter Kirchenkampf wird die Auseinandersetzung der evangelischen und katholischen Kirche mit dem NS-Staat von 1933 bis 1945 verstanden. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918 kam es auch zu einer Neuorientierung der Kirche, verschiedene theologische Neuansätze führten zu kirchenpolitischen Auseinandersetzungen. Dem politischen Programm der NSDAP besonders verpflichtet waren verschiedene deutsch-nationale Kreise, die sich 1932 als Glaubensbewegung Deutscher Christen (DC) konstituierten. Nach der Machtergreifung zielte Hitler auf eine totale Gleichschaltung der Kirchen mit dem NS-Staat. Die evangelischen Landeskirchen sollten zu einer einheitlichen Reichskirche zusammengefaßt werden. Dieses Vorhaben scheiterte aber. Hitler überließ die weiteren kirchenpolitischen Entscheidungen nun den zuständigen Parteiorganen. Die Machtkämpfe innerhalb der Partei provozierten die widersprüchlichsten Tendenzen der NS-Kirchenpolitik. Das Kompetenzchaos innerhalb des Parteiapparates forderte die Kirchen zu ständiger Reaktion und Neuorientierung heraus. Dadurch wurde eine einheitliche Stellungnahme gegen den NS-Staat erschwert. Die Bewegung der Deutschen Christen erlangte bei der NS-Regierung immer mehr Ansehen. Bei den Kirchenwahlen 1933 bekamen sie zwei Drittel aller Stimmen. Als Folge dieser Mehrheiten wurden die alten Kirchenleitungen abgelöst und mit DCBischöfen besetzt. Auch die Kirchenverwaltungen wurden im Sinne der DC umgebaut, wobei der staatliche Gedanke des Führerprinzips und die Einführung des Arierparagraphen maßgeblich waren. Im Gegenzug dazu begann sich eine kirchliche Opposition zu formieren. Der sogenannte Pfarrernotbund wurde gegründet. Der NS-Regierung gelang es aber, die Vereinigung zu untergraben und nach einer schwerwiegenden Krise brach diese Opposition auseinander. Die meisten Landeskirchen wurden nun in die Reichskirche eingegliedert. Das wiederum führte zu einer Neuorientierung der Opposition. Die sogenannte Bekennende Kirche (BK) wurde gegründet. Das Anliegen der Bekennenden Kirche war nicht der Kampf gegen das NS-Regime, sondern die Bekämpfung der "DC-Unkirche", auf der Grundlage der Heiligen Schrift und der reformatorischen Bekenntnisse. Unterschiedliche Anschauungen innerhalb der Bekennenden Kirche führten 1933 zu einer Spaltung. Damit kam es zu einer Schwächung der Oppositionsbewegung. Die Nazis waren ihrem Ziel, völlige staatliche Kontrolle und Entrechtung der Kirchen, einen weiteren Schritt näher gekommen. Der Kriegsausbruch stellte die Bekennende Kirche vor neue Herausforderungen. Die ersten Kriegserfolge und -ziele Hitlers wurden von den Kirchen mitgetragen und begrüßt. Im weiteren Kriegsverlauf, als sich endgültig der verbrecherische Charakter des NS-Staates offenbarte, nahmen dann aber Pfarrer, Gemeindeglieder und Persönlichkeiten im Rahmen ihrer christlichen Verantwortung aktiv bei der Planung des Umsturzes teil. Welche Auswirkungen hatte der Kirchenkampf auf unsere Gemeinde? Vorhandene Unterlagen belegen, daß die Auseinandersetzungen auch an Seelitz nicht spurlos vorrüber gegangen sind. Pfarrer zu dieser Zeit war Dr. phil. Wolfram. Er gründete als Mitglied der NSDAP die Ortsgruppe der Deutschen Christen, dessen Vorsitzender er war. In einem Schreiben an den Landeskirchenausschuß schreibt er 1936: "... Ich habe früher den DC angehört, habe mich aber dann nach vergeblichen Versuchen, unerträgliche Mißstände zu beseitigen, wie viele Amtsbrüder aus Gewissensgründen genötigt gesehen, auszuscheiden. Das geschah 1934. Dem Notbund bin ich trotz weitgehender Übereinstimmung mit seinen Bestrebungen nicht beigetreten, weil ich der Meinung war, es müsse zu einer Vereinigung kommen und ein Sieg der einen Gruppe würde dauernden Widerspruch der unterlegenen hervorrufen und damit einen wirklichen Frieden unmöglich machen..." Wolfram bezeichnete sich als Anhänger der "Mitte". In dieser Stellung hatte er trotzdem Anfeindungen abzuwehren. Schlimmer ging es aber den Pfarrern und Superintendenten, die der Bekennenden Kirche angehörten. Sie wurden vom Dienst suspendiert. Das traf zum Beispiel auch den damaligen Superintendenten von Rochlitz, Meyer. Er verlor sein Amt im Herbst 1934. Der Deutsche Christ Schubert wurde als sein Nachfolger eingesetzt. Nach Auseinandersetzungen mit Schubert konnte er sein Amt aber nach kurzer Zeit wieder übernehmen. 1937 wurde er erneut suspendiert. Die Pfarrer der Ephorie sandten ein Protestschreiben nach Berlin an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, welches außer 5 Pfarrern alle unterschrieben. Im Jahre 1938 senden die Pfarrer der Ephorie wiederum ein Protestschreiben an den Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, in dem sie sich über die Arbeit der sächsischen Kirchenleitung beschwerten: "Die gegenwärtige sächsische Kirchenleitung hat in ihrer Tätigkeit bewiesen, daß sie einen eindeutigen nationalkirchlichen DC-Kurs steuert. ... Wir unterzeichneten sächsischen Pfarrer können keiner Führung folgen, die die Grundlage unserer Kirche verlassen hat und dadurch, daß sie für ihre kirchlichen Anschauungen den Totalitätsanspruch innerhalb der Kirche erhebt, diese zerstört...." Schäden an der Kirche durch den 2. Weltkrieg Die Kirche zu Seelitz wurde im 2. Weltkrieg zweimal durch amerikanische Fliegerbomben getroffen. In einem Bericht des damaligen Pfarrers Baldeweg im Jahre 1952 an das Landeskirchenamt Sachsen heißt es: " Im letzten Kriege ist das Gotteshaus zweimal schwer beschädigt worden. 1944 wurde das Dach - durch Minenabwurf unmittelbar vor der Friedhofsmauer - abgedeckt und sämtliche Fenster zerstört. 1945 fiel eine Bombe direkt auf die Kirche und riß dabei die Nordmauer, auch das Dach samt Gebälk, weithin auf. Schwere Stürme im Winter 1945/46 brachten dann noch die nordwestliche Stirnmauer neben dem großen Turm zum Einsturz und verdoppelten den Umfang des ursprünglichen Bombenschadens. Im Laufe von vier Jahren rissen Stürme zweimal die provisorisch aufgenagelte Dachpappe wieder herunter. Das Dachgebälk ist weithin vermorscht. Die Kirchendecke ist total ersoffen. Der Fußboden unter dem Bombenloch (große schwere Steinplatten) senkte sich im Zuge von langen Wassereinbrüchen weithin bis zu 60 cm." Ein Finanzierungsplan sieht zum damaligen Zeitpunkt Kosten für Gebälk, Turm und Kirchendecke in Höhe von 53000 Mark vor. Bis 1954 erhielt man 5000 Mark Staatsbeihilfe und 7000 Mark aus einem Hilfsfonds. Damit konnte der erste Bauabschnit, der Kirchturm, in Angriff genommen werden. Durch Materialmangel traten immer wieder Verzögerungen ein. 1956 konnte man endlich mit der Reparatur des Turmdaches beginnen Im Kirchturmbericht des Pfarrers Taut heißt es 1956: "Mit Gottes Hilfe findet heute eine jahrelange Arbeit ihren Höhepunkt. Am 9. September 1956 wird die Kugel des großen Turmes und eine Wetterfahne feierlich unter Beisein der Kirchgemeinde aufgezogen. ... Erst in diesem Jahr, 11 Jahre nach dem Krieg, konnte mit den gründlichen Reparaturarbeiten begonnen werden. Wir hoffen, daß späteren Generationen die Schwierigkeiten erspart bleiben, die wir bei der Materialbeschaffung hatten. In unserer Zeit ist es als Wunder zu bezeichnen, daß wir von den staatlichen Behörden 200 m5 Zinkblech zugewiesen bekamen, daß wir den Schiefer erhielten und sich zuverlässige Handwerker fanden, die diese Materialien verwendeten und die Kirche damit vor dem Verfall retten konnten, soweit es in ihrer Macht steht. Wir wissen nicht, wie wir das Geld aufbringen werden, das für diesen Bau noch gebraucht wird." 1957 wurde dann die Reparatur des Daches des Kirchenschiffes vorgenommen. Damit waren endlich die größten Schäden des Krieges beseitigt. Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege Auch in der Kirchgemeinde Seelitz haben die beiden Kriege sehr viele Opfer gekostet: 1. Weltkrieg 91 gefallene oder vermißte Soldaten 2. Weltkrieg ca. 245 " " " " 1921 wurde auf dem Friedhof an der Hofmauer des Pfarrgrundstückes ein Denkmal für die gefallenen Soldaten des 1. Weltkrieges errichtet. Die Seelitzer Steinmetzfirma Emil Thalheim hatte den Auftrag dafür erhalten und ausgeführt. Der Preis war ca. 33.000 Mark, die durch Spenden aufgebracht wurden. Am 9. Oktober 1921 hat man den Gedenkstein im Rahmen eines Gedächtnisgottesdienstes feierlich eingeweiht. Für die Gefallenen des 2. Welkrieges wurde 1959 ebenfalls ein Denkmal aufgestellt. Den Auftrag zur Errichtung dieses Gedenksteines übernahm wiederum die Firma Thalheim aus Seelitz. Da in der DDR ein solches Denkmal nicht öffentlich aufgestellt werden durfte, fand der Stein seinen Platz in der ehemaligen Feierhalle, die sich an der Westseite der Kirche befand. Nach Abriß der Halle setzte man den Gedenkstein in die Vorhalle der Kirche um. 1994 wurde das Denkmal wieder gut sichtbar für alle auf dem Friedhof aufgestellt, ganz in der Nähe des Gedenksteines für die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Kirchliches Leben im Sozialismus In der DDR war es nicht einfach, einen christlichen Glauben zu haben, ohne in Konflikt mit dem Staat zu geraten. Im Jahr 1956 schrieb dazu Pfarrer Taut in seinem Kirchturmbericht: " ... Presse, Rundfunk, Schule, Film und Buch predigen den Abfall von Gott. In den Betrieben wird offen aufgefordert, aus der Kirche auszutreten. Die Jugendweihe soll die Konfirmation zerstören. Die Kinder werden zur Unwahrheit aufgefordert, sie werden bedroht, daß sie keine Lehrstellen erhalten oder nicht die Oberschule besuchen dürfen, wenn sie sich nicht jugendweihen lassen. War früher die Konfirmation eine Fest, so ist heute ein jeder froh, wenn es endlich vorbei ist und der Gewissensdruck durch die Entscheidung so oder so beseitigt ist ... " Auch die kirchliche Arbeit wurde durch die Behörden sehr erschwert. Zum Beispiel mußten Bibelstunden, wenn sie in Wohnungen von Gemeindegliedern stattfanden, mit Angabe von Ort, Datum und Art der Veranstaltung jeden Monat vorher dem Volkspolizeikreisamt gemeldet werden. Veranstaltungen konnten auch willkürlich verboten werden, selbst wenn sie ordentlich angemeldet wurden, je nach Ermessen der Mitarbeiter der staatlichen Organe. Das wurde dann damit begründet, ein Recht auf Versammlungsfreiheit gebe es für Christen nicht. Auch wurden oftmals die Kinder schikaniert, die die Christenlehre besuchten. In den Akten findet sich zum Beispiel ein Brief aus dem Jahre 1961, in dem sich Pfarrer Taut beim Kreisschulrat beschwerte, daß Kinder nach dem Unterricht willkürlich unter Angabe von fadenscheinigen Gründen in der Schule festgehalten wurden, mit dem Ziel, daß sie die nach dem Unterricht stattfindende Christenlehre versäumten Bauarbeiten an der Kirche in der DDR-Zeit Die Kirchgemeinde war stets bemüht, notwendige Bauarbeiten trotz größter Schwierigkeiten im DDR-Alltag - fehlendes Material und mangelndes Geld durchführen zu lassen und damit die Kirche in gutem Zustand zu halten. Nachdem 1957 äußerlich die Schäden des 2. Weltkrieges behoben waren, konnte man 1959 die Innenrenovierung beginnen. Durch das kaputte Dach und damit verbundenes jahrelanges Einregnen zeigten sich Decke und Balken über dem Kirchschiff in einem sehr schlechten Zustand. Man wechselte nun die schadhaften Bretter an der Decke und die vermorschten Balken auf dem Dachboden aus. Die Decke wurde zudem neu gemalt. Leider sind bei den Bauarbeiten auch die Beichtstühle im Altarraum entfernt worden. 1962 wurde das kleine Kirchendach über dem Altarraum und der Sakristei und 1964 die Nordseite des Kirchenschiffes neu mit Schiefern eingedeckt. 1975/76 fand eine umfassende Außenrenovierung des gesamten Kirchengebäudes statt. Die Kirche erhielt neuen Putz und Farbe. Die Arbeiten wurden in sogenannter "Feierabendtätigkeit" durchgeführt, (heute nennt man es Schwarzarbeit) d. h. fleißige, handwerklich begabte Männer fanden sich nach der regulären Arbeitszeit ein und bildeten eine "Feierabendbrigade". Im Zuge dieser Baumaßnahmen riß man auch die Feierhalle an der Westseite der Kirche ab. 1981 gründete der Kirchenbezirk Rochlitz eine sogenannte Baubrigade, deren Sitz in Seelitz war. Die Baubrigade ist aufgebaut worden, "zur Selbsthilfe des Kirchenbezirkes in der Durchführung dringender Bauaufgaben und zur Verhütung von Folgeschäden". So hieß es in einem Merkblatt. In den achtziger Jahren beschloß man, die beiden Kirchtürme zu erneuern. Vorgesehen war, die Arbeiten mit Kupferblech auszuführen, da dieses eine längere Haltbarkeit besitzt, als eine Schiefereindeckung. Das aber in der DDR mit normalen Mitteln zu beschaffen, war unmöglich. Die Kirchgemeinde beschloß daher, mit Hilfe von D-Mark an das begehrte Kupfer zu gelangen. Das Diakonische Werk in Hannover wurde um Hilfe gebeten, im Rahmen einer Spendenaktion "Kupfer für Seelitz", Geld zu sammeln. Die erbetene Hilfe erhielt man auch und so konnte der kleine Turm 1984 und der große Turm 1989 mit Kupferblech gedeckt werden. Pastoren in Seelitz seit der Reformation 1. 1544 Morgenstern, Wolfgang Geboren 1481 in Mittweida, gestorben 1550? 2. 1553 Ermscher (oder Irmscher), Augustinus Geboren 1521 in Mittweida, soll, wie Pfarrer Anton erzählt, ein großer Kreuzträger gewesen sein und mit seinen Eingepfarrten "in großem Verdruß gelebt haben". Besonders mit dem Rittergutsbesitzer Caspar von Taubenheim hatte er Streit wegen eines Hauses und Gartens. Er starb 1577. 3. 1577 Müller, Johann Geboren 1549 in Chemnitz, Gestorben 1588? 4. 1588 Cellarius (Hauskeller), Elias Geboren 1560 in Treben, ein Sohn des Pfarrers gleichen Namens in Treben im Altenburgischen, bis 1588 Pfarrer in Midwitz. "Hatte zur Ehe Anna, des Magisters Georg Halm, Pfarrer zu St. Thomä in Leipzig, Tochter". Er starb 1628. 5. 1629 Lechla, Georg Geboren 1586 in Nerchau, wo sein Vater Diakon war. Der Schwiegersohn des Pfarrers, Magister Paul Heinrich Schreyer war lange Pfarrsubstitut (unterstützender Pfarrer) in Seelitz. Auch die Pastoren Andres in Zettlitz und Probsthahn in Lastau waren Schwiegersöhne Lechlas. Ein Sohn Lechlas, Johann, war Bürgermeister in Mittweida, ein anderer, Gottfried, Landrichter in Wurzen. Er starb am 15. Juli 1652. 6. 1652 Schreyer, Paul Heinrich Geboren 1618 in Weißenfels, 1648 begann er als Substitut in Seelitz, bevor er Pfarrer wurde. Er starb am 10. Juli 1660. 7. 1662 Müller, Johann Geboren 1636 in Plauen, seit 1660 in Seelitz. Er starb 1690. 8. 1690 Müller, Georg Jakob Geboren 1663 in Seelitz; war der Sohn des vorhergehenden Pfarrers. Er starb 1718. 9. 1718 Meiner, Johann Benjamin Geboren 13. September 1673 in Arnsfeld, 1703 Pfarrer in Erlbach bei Oberlungwitz. Er starb am 22. September 1746 in Seelitz. 10. 1747 Schumacher, Heinrich August Geboren 1715 in Grimma, Ein Chronist schreibt über ihn: "... Den 1. November 1727 kam er in die Fürstenschule, in welcher er als Extranus 5 1/2 Jahr gesessen. Den 26. Juni 1738 hat er in Leipzig unter Vorsitz D. Klausings disputiert, nachdem er vorher den 17. Oktber 1737 von Wittenberg den Grad. Mag. angenommen. Nun kam er nach Dresden und genoß sonderlich in des Oberhofpredigers D. Marpergers und des Hofpredigers M. Hilners Häusern gute Aufnahme und Wohltaten. 1741 wurde er als Pastor zu Anthausen, Eilenburger Diöcese, bestimmt. 1747 erfolgte seine Beförderung nach Seelitz." Er starb am 20. Juli 1753 in Seelitz. 11. 1753 Anton, Immanuel Friedlieb Geboren 1723 in Sayda, wo sein Vater Diakon war, 1751 war er Diakon in Kaditz, hat in Leipzig und Halle studiert. Pfarrer Schürer schreibt in seiner Chronik 1908 über ihn: "Er zeigt sich sehr belesen, in Luthers Schriften, auch in der Profanliteratur, namentlich in den lateinischen und griechischen Klassikern. Sein Stil ist nicht ohne den schwülstigen Bombast seiner Zeit; aber ein redegewandter, gern gehörter Prediger, in Philosophie und schönen Künsten wohl bewandert, soll er gewesen sein. Auch ein guter Liturg muß er gewesen sein. Unter seiner Leitung wurde die Kirche renoviert, weshalb auch sein Bild hinter der Kanzel hängt. Mit seinem Kantor Fleischer, mit dem er in schönster Harmonie vereint wirkte, bahnte er die Anschaffung einer neuen Orgel an." Er starb nach viertägiger Krankheit am 1. Juli 1795. 12. 1795 Hering, Daniel Gottlob Geboren 1750 in Pirna, wo sein Vater Kaufmann war, 1773 Leipziger Magister, 1777 Hospitalprediger in Pirna, 1779 Vesperprediger zu St. Petri in Freiberg, bevor er Pfarrer in Seelitz wurde. Er starb am 9. April 1807 in Seelitz. 13. 1807 Bürger, Christian Gottlieb Benjamin Geboren 1756 in Bärnsdorf bei Moritzburg, wo seine Vorfahren Pfarrer waren, 1789 Pfarrer in Langebrück, 1800 Pfarrer in Arnsfeld. Pfarrer Schürer schreibt über ihn: "Er pflegte bei seinen seelsorgerischen Besuchen zu reiten. ... In seinen letzten Jahren unterstützte ihn als Substitut sein Sohn Ernst Moritz, später Pfarrer in Lunzenau." Er starb am 20. April 1834 an Altersschwäche. 14. 1834 Schmidt, Theodor Friedrich Geboren 1782 in Raben bei Belzig, wo sein Vater Pfarrer war, 1810 Zuchthausprediger in Torgau, 1811 Prediger an der Heilanstalt auf dem Sonnenstein bei Pirna, 1818 Pfarrer in Collm. Er starb am 28. Dezember 1846 in Seelitz an einem Schlaganfall. 15. 1847 Wolf, Karl Gottlob Geboren 1799 in Oberlützschena bei Mügeln, Leipziger Thomaner, 1825 Pfarrer in Zöschau bei Oschatz, 1827 in Canitz bei Riesa, 1837 in Podelwitz bei Leipzig, bevor er nach Seelitz kam, 1861 in Seelitz in den Ruhestand versetzt. Er starb 1866 in Dresden. 16. 1861 Herz, Friedrich Wilhelm Dr. phil. Geboren 1820 in Leipzig, 1845 Rektor und Hilfsprediger in Ernstthal, 1850 Direktor des Progymnasiums und der Bürgerschule in Schneeberg, 1852 Pfarrer in Sohland an der Spree. Über ihn schreibt Pfarrer Schürer 1908: "In welch mustergültiger Treue er drei Jahrzehnte lang der hiesigen Gemeinde gedient hat, davon zeugen nicht bloß die äußerst sauber geführten Kirchenbücher und Aktenstücke, sondern die ganze Einrichtung des hiesigen Pfarramtes, der er seinen Stempel aufgeprägt hat. Insbesondere sei hervorgehoben, daß er in den Jahren 1867 bis 1875 Familienabende mit Vorträgen über die verschiedensten Gebiete des Reiches Gottes, aber auch über Themen gemeinnützigen Inhalts abgehalten hat, deren Erträge er zur Gründung einer noch heute fleißig benutzten Parochialbibliothek verwendete. Sein Andenken war lange bei der Gemeinde in hohen Ehren." 1891 ging er in den Ruhestand. Er starb am 25. März 1892 in Niederlößnitz. 17. 1891 Zinßer, Wilhelm Christph Christian Karl Geboren am 16. April 1836 in Lich bei Gießen, 1862 Pfarrverwalter, 1865 Pfarrer in Münster bei Lich (Hessen-Darmstadt), 1877 Pastor und Direktor des evangelisch-lutherischen Vereinshauses für innere Mission in Leipzig, bevor er nach Seelitz kam. 1906 wurde er in den Ruhestand versetzt, davor ernannte man ihn zum Kirchenrat. Er lebte bis zu seinem Tode (1914) in Niederlößnitz. 18. 1907 Schürer, Erwin Theodor Geboren am 29. September 1852 in Reichenbach, 1878 Hilfsgeistlicher in Buchholz, 1879 Pfarrer in Grumbach bei Jöhstadt, 1883 in Oberchrinitz, 1889 in Lohmen. Er starb 1926 in Postelwitz bei Schandau. 19. 1918 Weißflog, Friedrich Gustav Geboren am 3. Juni 1864 in Annaberg, 1889 Hauslehrer, 1892 Hilfslehrer in Grumbach/Erzgebirge, dann Pfarrer in Hohberg bei Wurzen, 1910 Diakon in Chemnitz, Feldgeistlicher im 1. Weltkrieg, Er starb 1926 in Seelitz. 20. 1926 Wolfram, Christian Robert Hermann, Dr. phil. Geboren am 11. September 1887 in Dittersbach, 1915 Hilfsgeistlicher in Schönheide, 1915 Pfarrer in Markersbach/Pirna. Er starb am 22. Februar 1940. 21. 1940 Ziegeler, Artur Vor seiner Ernennung zum Pfarrer als Vikar in Seelitz tätig. Er fiel am 12. Oktober 1941 in Jugoslawien. 22. 1942 Große, Joachim Geboren 30. Juli 1911 in Bodenbach (Elbe), 1936 Hilfsgeistlicher in Zöblitz/Erzgebirge; ihm wurde 1942 das unbesetzte Pfarramt über- tragen, obwohl er zu dem Zeitpunkt bei der Wehrmacht war. Er fiel am 1. April 1944 in Rumänien. 23. 1945 Baldeweg, Friedrich Geboren am 6. Juli 1890 In Bauzen, trat im Oktober 1945 als erster Pfarrer nach dem Krieg seinen Dienst an, zuvor war er 1. Pfarrer an der Paulskirche in Plauen. Er starb am 28. Januar 1953 in Jena. 24. 1954 Taut, Walter Geboren am 25. Oktober 1926 in Rodewisch, Vikar in Heidenheim (Würthemberg), begann 1954 als Vikar in Seelitz, bevor er Pfarrer wurde, 1961 nach Sebnitz versetzt, zuletzt Diakonisches Werk Radebeul, seit 1991 im Ruhestand. 25. 1962 Kupke, Martin Geboren am 29. Januar 1937 in Guben, begann als Vikar, bevor er Pfarrer wurde, ging nach 12 Jahren 1970 als Pfarrer nach Coswig, dann Superintendent in Oschatz. 26. 1971 Keucher, Dieter Geboren am 14. Juli 1946, begann als Vikar in Seelitz, dann Pfarrer, ging 1979 in die Luthergemeinde nach Karl-Marx-Stadt. 27. 1980 Geipel, Gunter Geboren am 2 September 1955, begann als Vikar, dann Pfarrer, 1992 ging er nach Unterwürschnitz/Vogtl. 28. 1993 Peikert, Gilbert Geboren 06.04.1965 in Schwedt Zeittafel zur Geschichte der Kirche 7. Jahrhundert Besiedlung durch sorbische Slawen Wynfreth (Bonifatius aus England) verbreitet mit seinem Begleiter Ludiger das Christentum um 981 Eventuelle Existenz einer Holzkirche, später Bau einer romanischen Steinkirche Ursprünglicher Name Marienkirche - Marienbild - Marienerscheinung, später Annenkirche, vielleicht wegen des Bergbaues von 1512 bis ca. 1760 1004 Entstehung der Pfarrei Seelitz, die dem Bistum Meißen zugewiesen wurde 1168 Gründung des Kloster Zschillens durch Dedo, Graf von Groitzsch Rochlitz - erste urkundliche Erwähnung von Seelitz; Seelitz gehört zum Archidiakonat Zschillen 1174 Dedo von Groitzsch - Rochlitz schenkte dem Kloster Zschillen vier Seelitzer Hufen um 1200 Seelitzer Kirche erwähnt; ältester Kirchenort östlich der Mulde; Sprengel mit 22 Ortschaften, 3 Rittergüter (Neutaubenheim, Zetteritz, Kolkau, ursprünglich auch Seebitzschen und Seelitz - Seelitz wurde aufgeteilt) 1325 Markgraf Friedrich der Ernste stiftete ein Lehen zu einem besonderen Seelitzer Altar; Entziehung des Lehns bei Anbruch der Reformation um 1430 Zerstören hussitische Kriegshorden die Kirche um 1500 Schenkung des Annenaltars durch Mittweidaer Bruderschaft 1500 - 1516 Beginn des neuen Kirchenbaues und Vollendung des Schiffes im groben Ausbau Bauherr wahrscheinlich der Zschillener Probst Jäger; Architekt Wolf Matthesius 1516 - 1529 Turmbau 1517 Kanzel wird gesetzt 1519 Glocken an einem besonderen Holzgerüst aufgehängt (große und mittlere Glocke, jeweils mit Inschrift versehen) um 1530 Kanzelbrüstung mit spätgotischer Maßwerkverzierung 1550 Taufstein mit gotisierendem Ornament (Cappa) 1560 Kirchendecke verspündet und gemalt (teilweise unter der neuen vorhanden) 1623 Kleine Glocke 1693 Erste Orgel errichtet 1711 30. Juli Blitzeinschlag, ohne jedoch zu zünden; Sparren wurden zerschmettert 1739 Pfarrhaus erbaut auf den Resten des 1735 abgebrannten 1763 - 1765 Intensive Beratungen und Vorbereitungen für größere Reparaturen und Baumaßnahmen 1765 Neuer großer Turm wird gehoben, Glocken werden aufgehangen, Fahne und Knopf aufgesetzt 1770/71 Kompletter Innenausbau (Barock) Emporen, Decke und Gestühl; neuer Altar und Kanzel - errichtet von Johann Gottfried Stecher, Penig 1773 Taufstein von Johann Gottfried Stecher, Penig 1797 Errichtung einer neuen Orgel 1819 Erneuerung von Knopf und Fahne auf dem großen Turm (ebenfalls 1853, 1893, 1956, 1989) 1822 12. Juli großer Dorfbrand, Pfarrhaus, Kirche und Schule entgingen diesem 1836 Kirchspiel Seelitz wurde der Ephorie Rochlitz zugeteilt, vorher gehörte es zur Ephorie Chemnitz 1852 Anschaffung von drei neuen Bronzeglocken 1853 Teilweise Renovierung im Inneren der Kirche 1869 Abschaffung des Klingelbeutels und Aufstellung von Becken für das Einsammeln der Kollekte 1907 Bau einer neuen Orgel durch Alfred Schmeißer, Rochlitz 1917 Kleine und mittlere Glocke für Kriegszwecke zerschlagen und abgeliefert 1920 Anschaffung von zwei neuen Glocken aus Stahlguß 1941 Große Glocke für Kriegszwecke abtransportiert 1944/45 Große Schäden am Kirchengebäude durch amerikanische Sprengbomben bis 1957 Umfassende Reparaturarbeiten am Kirchengebäude (restlose Beseitigung der Kriegsschäden) 1975/76 Komplette Außenputzarbeiten 1981 Anschaffung einer dritten Glocke 1984 und 1989 Eindeckung des kleinen bzw. des großen Turmes mit Kupferblech Quellenverzeichnis - Neue Sächsische Kirchengalerie "Die Parochie Seelitz" Schürer 1908 Verlag Arwed Strauch Leipzig - "Zur Einführung der Reformation in den Ämtern Rochlitz und Kriebstein" (17. Heft der Beiträge zur Sächsischen Kirchengeschichte) Gerhard Planitz 1903 - "Grundzüge der älteren Geschichte des Dorfes Seelitz und seiner Kirche" Clemenz Pfau 1902 - "Geschichte der Sachsen - vom germanischen Stamm bis zum Freistaat" Oberlausitzer Verlag 1902 Gustav Niemetz - "Deutsche Geschichte in Schlaglichtern" Dr. Helmut Müller 1990 Meyers Lexikonverlag Mannheim/Zürich/Wien - Akten der Kirche Seelitz - Akten der Superintendentur Rochlitz, "Den Kirchenbau Seelitz betr. 1749 - 1765" - "Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde" Helmut Burkhard und Uwe Swarat Brockhaus Verlag Wupperthal und Zürich 1993 - "Geschichte Sachsens im Mittelalter" Karl-Heinz Blaschke 1990 - "Sächsisches Pfarrerbuch" Pfarrer a. D. Reinhold Grünberg, Freiberg Verlagsanstalt Ernst Maukisch, Freiberg 1940 Lesepulttaufe 1774 von Johann Gottfried Stecher im Rokkokostil erbaut. Seitenloge (Betstube der Rittergutsbesitzer) unten: Rittergut Kolkau oben: Rittergut Neutaubenheim Seitenloge (Betstube der Rittergutsbesitzer) unten: Sakristei oben: Rittergut Zetteritz (heute Archiv) Altar 1771 von Johann Gottfried Stecher erbaut, Christusfigur aus Holz, davon rechts Johannes, links Petrus, beide ebenfalls aus Holz. Holzsäulen mit imitiertem Mamoranstrich. Kirchenbänke 1770 errichtet, im Original erhalten, allerdings wurde der ursprünglich bestehende Unterbau mit dem Einbau der Bankheizung 1978 entfernt. Orgel 1907 von Alfred Schmeißer erbaut, Orgelgehäuse von 1797 wiederverwendet, 1917 mußten die Zinn-Orgelpfeifen für Kriegszwecke abgegeben werden, 1919 durch Zink-Pfeifen ersetzt, 1992 von der Firma Georg Wünning, Großolbersdorf Generalreparatur. Darstellung der heiligen Anna, die ihre Tochter Maria und ihren Enkel Christus trägt. Darstellung der Mutter Maria, die ihren Sohn Jesus auf dem Arm hält. Grabstein von Gottfried Fleischer und Gattin, Gottfried Fleischer war Kirchschullehrer und Kantor in Seelitz von 1730 bis 1785. Grabstein von Johanna Henrietta von Bünau, 1710 bis 1742, Herkunft unbekannt. Grabstein von Hans Wilhelm Stange gestorben 1596, Wolf Rudolf Stange, gestorben 1597. Die Familie Stange besaß das Rittergut Zetteritz von 1596 bis 1622. Grabstein von Rudolf Stange, Rittergutsbesitzer in Zetteritz, gestorben 2. November 1601 Grabstein des Kaspar von Taubenheim oder Moritz von Taubenheim, Rittergutsbesitzer in Kolkau, gestorben 2. September 1592. Grabstein der Catharina von Taubenheim, Verwandte der Rittergutsbesitzer von Neutaubenheim und Kolkau, gestorben 1605. Grabstein des Joachim Friedrich von Werther, (ein Nachkomme von ihm baute die Häuser von Neuwerder), Rittergutsbesitzer auf Neutaubenheim von 1697 bis 1711. Grabstein von Wolfgang Wilhelm Heß Kirchschullehrer in Seelitz von 1633 bis 1673 Grabstein von Gottlob Heinrich von Pöllnitz, Rittergutsbesitzer in Kolkau von 1729 bis 1757. Grabstein des Paul von Eckersberg Rittergutsbesitzer in Zetteritz, erwarb das Gut 1506. Grabstein des Augustinus Irmscher, Pfarrer in Seelitz von 1553 bis 1577.