Klimawandel – Herausforderung für Rheinland

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BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland,
Landesverband Rheinland-Pfalz e.V.
Tagung: „Klimawandel –
Herausforderung für Rheinland-Pfalz“
08.11.2003 in
Bingen/Rhein
Klimawandel – Herausforderung für Rheinland-Pfalz aus
der Sicht der Forstwirtschaft
Von Forstdirektor Dr. Gerhard Hanke, Waldalgesheim
1. Waldfläche und Waldflächenbilanz
Rheinland-Pfalz ist das Bundesland mit dem höchsten Waldanteil. 42 % der Landesfläche – diese sind mehr als 828 000 ha *)– sind mit Wald bedeckt. Allerdings sind die
Regionen des Landes sehr unterschiedlich bewaldet. So liegt der Waldflächenanteil in
dem waldarmen Landkreis Alzey-Worms bei nur 4,6 %, dagegen kann der Landkreis
Süd-West-Pfalz mit einem Waldflächenanteil von 63,4 % aufwarten. In den kreisfreien
Städten schwankt der Waldflächenanteil zwischen 0,3 % in Frankenthal und 64,3 % in
der Stadt Kaiserslautern.
Im 19. Jahrhundert waren viele Regionen in Rheinland-Pfalz fast gänzlich entwaldet.
Dies trifft vor allem für die Eifel, Hunsrück und den Westerwald zu. Starke Übernutzung
der Wälder durch die Landwirtschaft und der hohe Holzverbrauch durch die Bevölkerung
sowie die beginnende Industrialisierung waren Gründe für die Entwaldung weiter Teile
des heutigen Rheinland-Pfalz.
Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts startete die preußische Forstverwaltung große
Aufforstungsaktivitäten in Eifel, Hunsrück und Westerwald. Vorwiegend Nadelbäume,
insbesondere Fichte und Kiefer wurden angepflanzt, die relativ schnell eine hohen Holzertrag versprachen. Die Aufforstung mit anspruchsvollen Baumarten war auf Grund der
devastierten Böden praktisch nicht möglich.
So hat die Waldfläche in Rheinland-Pfalz durch Aufforstungen von landwirtschaftlichen
Grenzertragsböden und Brachen seit 1950 stetig zugenommen. Vor allem in den ländlich
strukturierten Regionen von Rheinland-Pfalz können wir eine deutliche Zunahme der
Waldflächen feststellen. Insgesamt hat sich die Waldfläche in Rheinland-Pfalz seit 1950
um 9,3 % erhöht. Die Waldverluste, insbesondere durch die Anlage von Wohn- und
Industriegebieten oder von Straßen und Bahnlinien haben überwiegend in den wenig
bewaldeten Bereichen statt gefunden.
*) Gesamtfläche ist höher als die Waldfläche
Die Waldflächenverluste wurden zwar mehr als kompensiert, allerdings hat die Waldflächenzunahme nicht in den stark besiedelten Bereichen, sondern eher in den dünn
besiedelten Regionen des Landes zugenommen. Mit den Waldverlusten ging ein Stück
Wald -und Lebensqualität in den urbanisierten Bereichen verloren.
Die Wälder in Rheinland-Pfalz waren ursprünglich Buchenwälder und Buchen- EichenMischwälder, die 90 % der Landesfläche bedeckten.
Übernutzung der Wälder zu Zeiten der Industrialisierung und Zerstörung durch beide
Weltkriege ( Reparationshiebe) sowie der daraus resultierende Nadelbaumanbau zur
Wiederbewaldung hatten das Gewicht deutlich zu Gunsten des Nadelbaumanteils,
insbesondere der Fichte und der Kiefer, verschoben.
Landesweit kommen 50 Baumarten vor, von denen 40 Baumarten eine direkte forstwirtschaftliche Rolle spielen und den Wald in Rheinland-Pfalz prägen. Heute bestehen
die Wälder zu 57 % aus Laub- und zu 43 % aus Nadelbäumen. Die Baumartenverteilung
in Rheinland-Pfalz geht aus dem Schaubild hervor.
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2.
Klima
Rheinland-Pfalz ist geprägt vom Rhein mit seinen größeren und kleineren Nebenflüssen
( Ahr, Mosel, Nahe, Lahn und Sieg unter anderen ). Der Norden des Landes liegt
geographisch in der Deutschen Mittelgebirgsschwelle, der Süden im Südwestdeutschen
Mittelgebirgs-Stufenland. Das Rheinische Schiefergebirge - vom Rhein in Nord-Süd
Richtung durchschnitten – bestimmt den geologischen Aufbau im Norden. Eifel, Westerwald, Hunsrück und Taunus bilden die vier Naturräume dieses Mittelgebirgsstocks.
Der südliche Teil des Landes, die Pfalz, wird vom Pfälzer Wald und der Oberrheinischen
Tiefebene beherrscht. Zwischen dem Rheinischen Schiefergebirge und der Pfalz
erstrecken sich die fruchtbaren und damit waldarmen Acker – und Weinbaugebiete
Rheinhessens, des Saar– Nahe– Berg– und Hügellands und des Westrichs.
Rheinland-Pfalz liegt in einer Zone gemäßigten Klimas. Die Niederschläge sind fast
gleichmäßig über das Jahr verteilt. Der Westen Deutschlands liegt in einer Zone
ozeanischen Klimas. Die Tagesschwankungen der Temperatur sind relativ gering. Die
durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei 9 Grad. In den Hochlagen der Mittelgebirge,
Westerwald, Hunsrück und Eifel liegt die Jahrestemperatur ein bis zwei Grad niedriger.
Die Regionen in der Pfalz weisen sehr unterschiedliche Jahresniederschläge auf. So fällt
am Ostrand der Gebirge wie dem Pfälzer Wald erheblich weniger Regen.
Hier finden sich bedeutende Weinbauregionen, auch an die Mittelgebirge im nördlichen
Landesteil, Hunsrück und Eifel, schließen sich in Lee die trockeneren Weinbaugebiete
an.
3. Die Hälfte des Waldes gehört den Gemeinden
Die Besitzstruktur ist in Rheinland-Pfalz im Vergleich zum Bundesdurchschnitt durch
einen sehr hohen Körperschaftswaldanteil von insgesamt 48 % ( Bundesdurchschnitt
rund 20 % ) gekennzeichnet. Der Staatswaldanteil beträgt 26 % ( ohne 3 % Bundesforsten ) und der Privatwaldanteil hat einen Anteil von 23 %.
Der hohe Gemeindewaldanteil von 48 % stellt eine Besonderheit in Deutschland dar.
Rund 2000 Körperschaften besitzen zusammen eine Waldfläche ( forstliche Betriebsfläche ) von 416 200 ha (durchschnittlich 208 ha/Gemeinde oder Stadt ).
Zum Privatwald ( rund 199 000 ha ) gehört in Rheinland-Pfalz der Wald der Privatpersonen und Kirchen sowie der altrechtlichen Waldeigentumsgemeinschaften
( Gemeinschaftswald: z.B. Hauberge, Haubergsgenossenschaft, Waldinteressentenschaften, Gehöfeschaften ). Im Durchschnitt bewirtschaften die privaten Forstbetriebe
eine Fläche zwischen einem und zwei ha.
Die starke Besitzersplitterung beeinträchtigt die Bewirtschaftung der Wälder erheblich.
Allerdings gibt es in Rheinland-Pfalz auch größeren privaten Waldbesitz; z. B. der Fürst
zu Wied bei Neuwied ( Westerwald ), Graf Hatzfeld bei Wissen an der Sieg (Westerwald) und die Ahrenberg - Düsseldorf GmbH ( Eifel ) besitzen große Waldflächen, die
eine eigene selbstständige Bewirtschaftung ermöglichen.
Auch das Land Rheinland-Pfalz ist selbst ein großer Waldbesitzer. 208 500 ha werden
vom Land Rheinland-Pfalz bewirtschaftet. Insofern kommt dem Land Rheinland-Pfalz
im Rahmen seiner Vorbildfunktion eine große Bedeutung für die kommunalen und
privaten Waldbesitzer sowie für eine naturnahe Waldbewirtschaftung der Wälder zu.
4. Naturnahe Waldbewirtschaftung
Das Konzept der naturnahen Waldbewirtschaftung ist die beste Strategie zur Sicherung
eines leistungsfähigen Naturhaushaltes und zur Befriedigung aller gesellschaftlichen
Bedürfnisse in Verbindung mit der Produktion wertvollen Holzes.
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Naturnahe Waldbewirtschaftung orientiert sich mit ihrer Pflege- und Nutzungsstrategie
an den natürlichen Abläufen in den Waldökosystemen.
Ziel ist ein artenreicher, stabiler und gesunder Waldaufbau, der den einzigartigen ,
ökologisch verträglichen Rohstoff Holz produziert und Lebensräume für Tiere und
Pflanzen bietet. Im Staatswald des Landes Rheinland-Pfalz, aber auch in großen Teilen
des Privaten- und Kommunalwaldes sind die Prinzipien der naturnahen Waldbewirtschaftung keine beliebige Zukunftsversion mehr, sondern im Alltag gelebte Wirklichkeit.
Viele Forstbetriebe in Rheinland-Pfalz sind durch die verschiedensten Organisationen
„ zertifiziert“ und erfüllen damit höchste Umweltansprüche.
5. „ Wiebke ″ erzwingt Bewusstseinswandel
Noch nie ist in der Geschichte der Wälder von Rheinland-Pfalz ein derartiges Schadensereignis bekannt geworden, wie im Frühjahr 1990 durch die verheerenden Orkane Daria,
Vivian und vor allem Wiebke. Mit hohen Windgeschwindigkeiten fegten die Stürme im
Januar und Februar 1990 über den Rheinland-Pfälzischen Wald. Zum Teil wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h gemessen.
Stellte die Aufarbeitung des Schadholzes hohe Ansprüche an die Forstwirte und
Revierleiter, so galt es, für die Wiederaufforstung eine langfristige Konzeption zu entwickeln, da auf den Schadflächen die Waldzustände der nächsten 100 oder 150 Jahre
begründet werden. Konsequenzen aus den Stürmen ergaben sich insbesondere hinsichtlich der Baumartenwahl und der Zusammensetzung. Vor allem die Fichte wurde in
weiten Teilen des Landes Rheinland-Pfalz auf den Stauwasser beeinflussten Böden von
den Stürmen praktisch „hinweggefegt“. Es bestand bei den Forstleuten kein Zweifel
mehr, das die Fichte, obwohl wirtschaftlich eine interessante Baumart, mit vielen Risiken
behaftet war. Dabei wurden folgende waldbauliche Grundsätze entwickelt, die
allgemeine Anerkennung bei allen Waldbesitzarten fanden:
- Eine Aufforstung kann nur nach einer genauen Standortskartierung stattfinden;
- Die Fichte wird nach den Erfahrungen der Orkanschäden zu Gunsten der Laubbäume
drastisch zurückgehen;
- „ Monokulturen ″ dürfen nicht mehr begründet werden; Reinbestände- auch bei
Laubbäumen – werden zu Gunsten von Mischbeständen gemieden; rechtzeitige
Einleitung von Umbaumaßnahmen von Reinbeständen in Mischbeständen sollen die
Waldstabilität erhöhen;
- auf Stauwasser beeinflussten Standorten bieten nur Laubbäume einen sicheren Stand
vor Windwürfen;
- die Schlagräumung muss erheblich reduziert werden, um die Bodenfruchtbarkeit zu
erhalten; das „Verbrennen“ des Schlagabraumes, früher durchaus üblich, ist zu
unterlassen;
- Belassung von „Sukzessionsflächen“ , Anlage von Wildäsungsflächen und Reduzierung der zum Teil überhöhten Rot- und Rehwildbestände sind bei einem naturnahen
Waldbau unerlässlich;
- Förderung der sogenannten „Nebenbaumarten“ , wie zum Beispiel Esche, Bergahorn,
Kirsche, Linde, Eberesche.
Durch die vielfältigen, standortgerechten Baumartenmischungen sollen alle Waldfunktionen verbessert werden. Waldbau wird künftig ein naturnahes Handeln erfordern.
Erfreulich in diesem Zusammenhang war sicherlich auch, dass die Städte und Gemeinden
die Notwendigkeit des Waldbauumbaues erkannt und auch die entsprechenden Finanzierungsmittel für die Wiederaufforstung der Windwurfflächen bereitgestellt haben. Das
Land Rheinland-Pfalz hat den Paradigmenwechsel im Waldbau durch großflächige
Fördermaßnahmen flankierend unterstützt. Inzwischen ist ein neuer, naturnaher Wald mit
vielen tausend ha im Landeswald, Kommunal- und Privatwald entstanden.
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6. Klimawandel – Erfahrungen aus der Waldgeschichte
Am Ende der Eiszeit gab es nur wenige geschützte Stellen, an denen kleine Gruppen von
Bäumen über Jahrtausende hinweg die Möglichkeit zum überwintern hatten.
Hierzu zählen Buchen, Eichen, Kiefern, Fichten, Birken und Weiden, die Urväter unserer
heutigen wichtigsten Baumarten, die sich, als die Gletscher sich zurück zogen und der
Boden sich mit neuem Grün überzog, langsam wieder ihre alten Plätze zurück eroberten.
Mit dem Ende der Eiszeit begann auch die eigentliche Geschichte unserer Wälder. Die
Vegetation in Mitteleuropa bestand noch überwiegend aus Flechten, Sanddornbüschen,
Strauchweiden und Zwergbirken ( Kraut- und Zwergstrauch- Vegetation ), also Pflanzen,
die an das kalte Klima gewöhnt waren. Auch die Silberwurz war stark verbreitet. Es
waren dann die widerstandsfähigen und anspruchslosen Pionierbaumarten, nämlich die
Birken und die Kiefern, die Aspen und die Weiden, die sich am stärksten verbreiteten.
Vor allem die Berg- oder Krummholzkiefer (auch Latsche genannt), war es seit der
Gletscherzeit gewohnt, in langen strengen Wintern unter der Schneelast begraben zu sein.
Aber selbst die früh reifende Waldkiefer mit rasch folgenden Samenjahren benötigte
mindestens 1000 Jahre, bis sie eine Strecke von mehr als 100 km überwunden hatte.
Die Geschichte der Waldentwicklung und der Wanderung der Baumarten ist die Epoche
vom Spätglacial ( ca. 8 000 v. Chr. ) bis zur Gegenwart. Den Zeitabschnitt der ausgedehnten Kiefern- und Birkenwälder nennt man „ Kiefern- Birken- Zeit“ ( 8 000 bis 6 600
v. Chr. ). Es handelt sich hierbei nicht um Wälder im heutigen Sinne, sondern es waren
mehr inselartig zerstreute Baumgruppen bzw. vereinzelt stehende Bäume, wie wir sie
heute noch in vielen schwedischen Landschaften antreffen.
Bei der darauf folgenden stärkeren Erwärmung im Mesolithikum ( mittlere Steinzeit:
etwa 6 000 v. Chr. ) breitete sich die Haselnuss stark aus, die in den offenen Kieferbeständen dank der großen Samenerzeugung mit Leichtigkeit Fuß fassen konnte. Sie
wurde schnell zur vorherrschenden Art in vielen Teilen Mitteleuropas ( Haselreiche
Kiefern- und Eichenmischwälder ).
Kiefer und Birke wanderten weiter nach Norden und Osten. Auf die Haselzeit ( HaselKiefern- Zeit ) folgte dann die Zeit des Eichenmischwaldes ( etwa ab 5 400 v. Chr. ).
Dabei handelte es sich um einen Eichenwald, der wenig mit Linden und Ulmen
( gelegentlich auch mit Eschen, in den Gebirgen zum Teil mit Fichten ) durchsetzt war.
Alle diese Baumarten kehrten aus ihren westeuropäischen Refugien zurück, wohin sie
sich während der Eiszeit zurückgezogen hatten. Der Eichenmischwald prägte noch unser
Waldbild bis zum Ende der Bronzezeit (etwa 2 000 bis 600 v. Chr. ), in der auch bereits
die ersten Rodungen erfolgten. Der Haselstrauch spielte damals nur noch die Rolle des
Unterholzes. Ihm folgten aus den Südosteuropäischen Gebieten die Fichte und die Tanne.
Als letzte Baumart gesellte sich die Buche dazu. Sie waren durch die Eiszeit am
weitesten abgedrängt worden und hatten von allen Bäumen die längsten Strecken zurück
zu legen. Im Gegensatz zu ihren Vorläufern stellten Fichten, Tannen und Buchen mehr
Anforderungen an Klima und Feuchtigkeit.
Vor allem die Klimaverschlechterung ( sinkende Temperaturen, höhere Niederschläge)
in der Eisenzeit, die etwa 800 v. Chr. begann, ließ die Buche zur dominierenden Baumart
werden ( Buchenwälder und buchenreiche Mischwälder; Buchenzeit ). Die Fichte hingegen besiedelte die Hochlagen der Mittelgebirge und den Alpenraum. So vergingen
Jahrtausende, bevor die ersten Waldpioniere allerorts wieder ansässig waren.
Mit Hilfe der Pollenanalyse konnte die Geschichte der Waldentwicklung in der Nacheiszeit geklärt werden. Die Widerstandsfähigkeit der Pollenkörner gegen äußere Einflüsse,
aber auch die für jede Pflanzenart bzw. Pflanzengattung charakteristische Formen der
Pollenkörner ermöglichen noch nach Tausenden von Jahren Rückschlüsse, z. B. auf die
Zusammensetzung der Vegetation und indirekt auch auf das Klima.
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Mit Beginn einer planmäßigen Forstwirtschaft vor gut 200 Jahren wurde das Waldbild unabhängig von den Klimaveränderungen – maßgeblich verändert. Große
Waldverwüstungen in den Revolutionsjahren um 1848 waren die Regel. Eichenbestände
wurden abgeholzt, die Planung und die Anlage großer Waldungen im Stile einer
nachhaltigen Nutzung begann in Eifel und Hunsrück durch die preußische und in der
Pfalz durch die bayrische Staatsforstverwaltung. Innerhalb von rund 100 Jahren wird die
Holznutzung pro Jahr und ha um nahezu das dreifache gesteigert. Allerdings mit dem
Nachteil: das Laubholz wurde zu Gunsten des Nadelholzes auf weiten Flächen zurück
gedrängt.
7. Klimawandel und phänologische Untersuchungen – Auswirkungen auf den Wald
In den letzten Jahrzehnten des 20 Jahrhunderts wurden die Gefahren eines globalen
Klimawandels zunehmend als Problem entdeckt. „ Klimawandel bringt in den Alpen
Berge zum rutschen“, waren Schlagzeilen in der Tagespresse, die die Aufmerksamkeit
der Bevölkerung erregten und die besondere Problematik des Klimawandels in den
Alpen deutlich machten. Für die Forstwirtschaft stellt sich die Frage, ob und wie auf den
Klimawandel reagiert werden muss. Sollten die Kulturen von Heute im Verlauf des
nächsten Jahrhunderts einem stark verändertem Klima ausgesetzt sein, dann muss sich
die forstliche Planung darauf einstellen. Alle namhaften Wissenschaftler und
Berechnungen weisen auf deutliche Klimaänderungen in diesem Jahrhundert hin. Im
Vergleich mehrer Klimamodelle und von Szenarien mit unterschiedlichen Annahmen
über die künftige Technologieentwicklung und das Wachstum von Bevölkerung und
Ökonomie ergibt sich folgendes:
- Im Mittel wird für das Jahr 2030 eine Temperaturänderung von 0,7 Grad gegenüber
1990 errechnet und bis zum Jahre 2100 ein Temperaturanstieg von plus 3 Grad. Die
Unsicherheiten über die Entwicklung der Emissionen und die Differenzen zwischen
der Beschreibung des Klimasystems durch verschiedene Modelle tragen dabei in etwa
die gleiche Größenordnung zu der großen Spanne in den Simulationsergebnissen bei.
Trotzdem ist fest zu halten, das der Klimawandel sich mit hoher Wahrscheinlichkeit
im 21 Jahrhundert fortsetzen wird und zwar mit höheren Änderungsraten als im 20
Jahrhundert. Zur Erinnerung: Die Durchschnittstemperatur in Rheinland-Pfalz beträgt
derzeit 9 Grad C im Jahresmittel!
- Die errechneten Niederschlagsänderungen zeigen auch für die Zukunft große
Variabilität.
In Europa weisen alle Modellergebnisse auf ein Nord- Süd- Gefälle mit höheren
Niederschlägen im Norden und geringeren im Süden hin.
Die aus unterschiedlichen Modellansätzen resultierende Unsicherheit kann mit der
errechneten mittleren Niederschlagsänderung ab 50 Grad Nördliche Breite in Europa
aufgezeigt werden. Verschiedene Modellrechnungen gehen bei einer Erhöhung der
Temperatur um 1 Grad von einer reduzierten Niederschlagsmenge von 5 % bis 10 %
im Vergleich zum heutigen Jahresniederschlag aus.
Das Wärmeklima und die Wasserbilanz eines Standorts wirken auf vielfältige Weise
auf die Baumphysiologie. Die Sensitivität der einzelnen Arten gegenüber den
klimatischen Standortfaktoren mit Bezug auf Wachstum, Reproduktion und Fähigkeit
Stress – Situationen zu überdauern, ist ein Bestimmungsfaktor ihrer Verbreitungsgrenzen, Anbaueignung und Produktionspotenzial. Im folgenden werden die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen dargelegt, auf die Verhältnisse von
Rheinland-Pfalz übertragen und eine Prognose über die künftige Waldentwicklung in
Rheinland-Pfalz gegeben:
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7. 1 Verlängerung der Vegetationszeit
Von den 60ziger Jahren zu den 90ziger Jahren des 20.Jahrhunderts wurde ein Trend
zu einem durchschnittlich 6 Tage früherem Datum des Blattaustriebs im Frühjahr
gefunden, während die herbstliche Blattverfärbung und der Blattfall eine Tendenz zu
späterem Auftreten ( plus 4,8 Tage ) zeigten.
Somit hat sich die Vegetationsperiode unserer Waldbäume um durchschnittlich 10,8
Tage verlängert. Mit einem weiteren Anstieg der Vegetationszeit bei steigenden
Temperaturen ist weiterhin zu rechnen.
7.2 Anwachsen der photosynthetischen Produktionsleistung und somit der
Holzproduktion
In Rheinland-Pfalz werden derzeit in allen Besitzarten Jahr für Jahr ca. 3 Millionen
Festmeter Holz eingeschlagen, die ist weniger als der jährliche Zuwachs, der wohl
bei ca. 3,2 bis 3,5 Millionen Festmeter liegen dürfte. Verlängert sich die Vegetationszeit der Bäume, ist damit ein Holzzuwachs von 5 – 10 % verbunden, wie es
Wissenschaftler ausweisen. Dann beträgt der Holzzuwachs pro Jahr im optimalen
Falle 3,85 Millionen Festmeter. Mit der Steigerung des Holzvorrates ist auch eine
Erhöhung der Nutzungsmöglichkeiten und damit auch eine verbesserte
Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe verbunden. Wachsen tatsächlich 350 000
Festmeter pro Jahr mehr nach und können diese auch genutzt werden, bedeutet dies
einen Wertzuwachs von 17,5 Millionen Euro pro Jahr bezogen auf die Gesamtfläche
von Rheinland-Pfalz ( 1 Festmeter = 50 Euro ). Dies ist natürlich nur der Verkaufswert, von dem die Werbungskosten abgezogen werden müssten.
7.3 Kohlenstoffspeicher erhöht sich
Mehr Holzzuwachs bringt aber auch kurzfristig für den Umweltschutz und damit die
Klimaverbesserung bessere Voraussetzungen. In den Rheinland-Pfälzischen Wäldern
sind fast 140 Millionen Tonnen Kohlenstoff oder 500 Millionen Tonnen Kohlendioxid gespeichert. Eine – im optimalen Falle erhöhte Produktionsleistung um 10 % ergibt somit eine erhöhte Speicherkapazität der Rheinland-Pfälzischen Wälder um
14 Millionen Tonnen Kohlenstoff oder 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid.
7.4 Das Baumartenverhältnis in Rheinland-Pfalz wird sich gravierend
verändern
Wie im Vorhinein bereits dargelegt, weisen die verschiedenen Baumarten eine
Sensitivität gegenüber den klimatischen Faktoren ( Wärme, Wasser, Standort usw. )
aus und reagieren damit unterschiedlich auf Wachstum, Reproduktion und die
Fähigkeit Stresssituationen zu überdauern. Insgesamt kann daher unter der
Voraussetzung einer weiteren Klimaverschiebung zum wärmeren hin folgendes
gesagt werden:
Gewinner: wärmeliebende und anspruchslose Baumarten
Verlierer: weniger wärmeliebende Baumarten und anspruchsvolle
Baumarten mit höheren Ansprüchen an Standort und Niederschlag
Die Pollenanalyse hat uns bereits gezeigt, dass in der frühen Wärmezeit mit einem
Trocken-Warmen Klima Eichenmischwälder dominierten. Diese Weiterentwicklung
wurde auch als Kiefern-Hasel-Zeit bezeichnet. Insofern dürften die Traubeneiche,
die Haselnuss insbesondere, der wärmeliebende Speierling, ebenso wie die Kirsche
und auch die Linden an Fläche und Ausbreitung zunehmen.
Bei den Nadelbaumarten gibt es sicherlich keine Zweifel, das die anspruchslose
Waldkiefer mit der Baumart Douglasie zusätzliche Verbreitungsgebiete einnehmen
werden. Insbesondere die durch die Eiszeit verdrängte Douglasie hat sich in den
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letzten 50 Jahren in Rheinland-Pfalz als Baumart besonders in den trocken –
warmen Regionen von Mosel, Nahe, Lahn und Ahr bewährt.
Genauso wissen wir aus der Pollenanalyse, dass in der Zeit um Christi Geburt eine
Klimaverschlechterung einsetzte und die Buchenwälder sowie buchenreiche Mischwälder begünstigte. Die Ausbreitung von Fichte und Kiefer begann in RheinlandPfalz vor gut 200 Jahren durch die preußische und bayrische Forstverwaltung mit
dem Ziel, die devastierten Heideböden in Eifel und Hunsrück sowie im Westerwald
wieder aufzuforsten, in Kultur zu bringen und einen Beitrag zur Verbesserung der
Landeskultur zu leisten. Genauso stellen wir aber in den letzten Jahren fest, dass die
Baumart Fichte auf den für sie schwierigen Standorten in den vom Weinbauklima
beeinflussten Regionen an Rhein, Mosel, Ahr und Pfälzer Wald zurückgegangen ist.
Trockenschäden sowie Sekundärbefall durch verschiedene Borkenkäferarten haben
in den vergangenen Jahrzehnten zu einem starken Rückgang der Fichte in der Fläche
geführt. Die Windwürfe vom Frühjahr 1990 haben ebenfalls die waldbaulichen
Anbaugrenzen der Fichte auf den Stauwasser beeinflussten Böden in Hunsrück, Eifel
und Westerwald gezeigt. Die Fichte wird dort nur überleben können, wo sie auf gute
standörtliche Voraussetzungen trifft, die diese Baumart verträgt. Ganz sicher ist aber,
dass sie in den wärmeren Regionen von Rheinland-Pfalz nahezu ganz verschwinden
wird. Im Gegensatz dazu könnten die Baumarten Douglasie und Kiefer den Platz der
Fichte auf bestimmten Standorten einnehmen.
Dies sind aber waldbauliche Entscheidungen der Waldbesitzer, die derzeit nicht
beurteilt werden können.
Im Rhein-Main-Gebiet auf der hessischen Seite kann bereits eine Waldveränderung
durch den Klimawandel festgestellt werden. Dort ist bereits eine deutliche
Verschiebung hin zu den weniger anspruchsvollen Baumarten festzustellen. Die
Chancen und Risiken der Baumarten im Rhein-Main-Gebiet werden natürlich sehr
unterschiedlich beurteilt. So befindet sich die Buche klimatisch am Rande ihres
Verbreitungsgebietes. Die klimatischen Bedingungen im Rhein-Main-Gebiet liegen
für die Trauben- und Stieleiche im Rahmen der Ansprüche und Belastungsgrenzen
beider Eichenarten. Die Baumart Kiefer mit ihrer großen Variabilität ist eine
Baumart, die sich mit am Besten an das Klima anpassen kann. Die Fichte ist im
Rhein-Main-Gebiet nicht standortgerecht und wird auch dort nicht mehr weiter
angebaut. Dies gilt auch z.B. für die Lärche.
Aus den bisherigen Erfahrungen und waldbaulichen Ergebnissen wird eine Prognose
über die künftige Verbreitung der wichtigsten Baumarten in Rheinland-Pfalz
gegeben.
Unberücksichtigt muss natürlich bleiben, in wieweit diese Entwicklung menschlich
gesteuert wird. Sicher ist aber, dass die Fichte an Fläche verlieren wird. Dies gilt auch
für die Baumart Buche. Die wärmeliebenden Baumarten Kiefer, Vogelkirsche,
Speierling , Mehlbeere, Traubeneiche und die Birke als Pionierbaumart werden an
Fläche gewinnen.
Dies gilt natürlich auch für die Douglasie auf den ihr zusagenden Standorten und die
Kiefer.
7.5 Wirtschaftliche Auswirkungen
Für die Waldbesitzer in Rheinland-Pfalz bedeutet der Ausfall der Fichte auf mittlere
Sicht, einen Rückgang der Einnahmen und den Verlust einer wirtschaftlich interessanten Baumart, die die Fichte in vielen Jahrzehnten für die Waldbesitzer in
Rheinland-Pfalz gewesen ist. Viele Gemeinden im Westerwald, Eifel und Hunsrück
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haben vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg viele Infrastrukturmaßnahmen durch
den Wald finanzieren können. Aus der Sicht des Naturschutzes ist es sicherlich
positiv zu betrachten, dass durch die Veränderung des Klimas der Wald sich langsam
einem natürlichen Wald annähern wird. Der Einfluss des Klimas und die Steigerung
der Temperaturen werden den Waldbau viel stärker beeinflussen als wir das heute
noch für möglich halten. Die natürlichen Waldgesellschaften in Rheinland-Pfalz
werden sich sicherlich weg von der Buche hin zu Eichenmischwäldern mit wärmeliebenden Baumarten verändern.
7.6 .Verschiebung der Höhenlage in den Mittelgebirgen
Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist eine Verschiebung der Höhenlage in den
Mittelgebirgen zu erwarten. Dies hat Bedeutung für den Anbau verschiedener
Baumarten. Wärme liebende Baumarten können somit auch bisher für sie nicht
erreichbare Mittelgebirgsstandorte erreichen. Gleichzeitig wird sich damit das
Artenspektrum verändern. Baumarten die bisher mit kälteren Temperaturen besser
zurecht kamen, werden weiter in die Höhenlagen der Mittelgebirge verdrängt.
7.7
Waldwirtschaft wird unberechenbarer
Zwar gibt es immer noch größere Unsicherheiten bezüglich zukünftiger Niederschlagssummen und Trockenheitsereignisse, allerdings haben die vergangenen Jahre
bereits dem Wald längere Trockenperioden und geringere Niederschlagsmengen
beschert. Weiterhin hat, so konnten wir dies in den letzten Jahrzehnten beobachten,
die Anzahl der Stürme und Schäden deutlich zugenommen. Die sogenannten
„zufälligen Nutzungen“ in den Rheinland- Pfälzischen Wäldern, die durch Wind,
Trockenheit, Forstinsekten und sonstigen Schäden entstanden sind, haben ebenfalls
nachweislich deutlich an Bedeutung gewonnen.
Insofern rechnen wir weiter durch die Trockenheit mit einem Rückgang der Fichte
und Buche und damit aller Baumarten, die auf größere Niederschläge angewiesen
sind und auf längere Trockenperioden empfindlich reagieren. Selbstverständlich
nimmt mit längeren Trockenperioden wie im Sommer 2003 die Gefährdung durch
Waldbrände deutlich zu. Dies ist ebenfalls ein Aspekt, der nicht unbeachtet bleiben
darf.
Von den zu erwartenden Stürmen in den nächsten Jahrzehnten sind natürlich alle
Baumarten betroffen. Allerdings wird die Fichte mit ihrer besonderen Fähigkeit
„Flachwurzeln“ auszubilden, besonders schwer von den Stürmen betroffen sein. Für
die Waldbesitzer bedeutet dies in letzter Konsequenz, dass durch abiotische und
biotische Schäden geschädigtes Holz geringere Holzpreise nach sich ziehen wird. Die
geregelte Forstwirtschaft wird mehr und mehr zu einer „Katastrophenwirtschaft“. Die
Schadensereignisse häufen sich und damit wird die Chance von Pionierbaumarten
größer, die frei werdenden Flächen zu besiedeln. Bereits die Windwürfe vom
Frühjahr 1990 haben dazu geführt, dass die Waldbesitzer in Rheinland-Pfalz nicht
mehr alle Flächen aufgeforstet, sondern einen wesentlichen Teil der Waldflächen der
natürlichen Sukzession überlassen haben. Welche Baumarten die frei werdenden
Flächen besiedelt haben, ist von Standort zu Standort unterschiedlich. In Hunsrück
und Eifel war es vor allem die Birke, die als Pionierbaumart die Windwurfflächen
schnell wieder besiedelte. Für alle Waldbesitzer ergibt sich aus der neuen Situation
die Konsequenz, ihren Waldbau möglichst schadensfrei auszurichten. Ohne einen
naturnahen Waldbau, der sich weit von der Philosophie der „Bodenreinertragslehre“
und damit der Fichtenmonokultur entfernt hat, wird es keinen sicheren Waldbau
geben können.
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7.8
Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxidgases und Änderung der
Säurebilanz von Böden/Stressfaktoren
Die Änderungen in den klimatischen Standortfaktoren werden zudem in Wechselwirkungen mit möglichen Änderungen des chemischen Klimas stehen. Der Anstieg
des atmosphärischen Kohlendioxidgehaltes und Änderungen im Eintrag von
Nährelementen, welche die Säurebilanz der Böden beeinflussen und von oxidativen
Stressoren, werden einen Einfluss auf den künftigen Wald haben.
7.9 Weitere Entwicklung
Abschließend können wir heute natürlich noch nicht beurteilen wie sich der weitere
Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxidgases auf die Baumarten auswirkt. Wir
haben in den letzten 25 Jahren gelernt, dass wir es mit einem „Waldsterben“ auf
breiter Fläche zu tun haben.
Die Waldzustandserhebungen in Rheinland-Pfalz zeigen deutlich, das die Waldschäden zunehmen, fast zwei drittel der Bäume geschädigt sind und unsere Laubbaumarten, die Buche und die Eichen am stärksten betroffen sind. Es gibt aber auch
Schäden, die nicht so augenscheinlich sind wie Blatt- und Nadelverluste der Bäume.
Die Schadstoffe bewirken im Boden die Auswaschung von Bodennährstoffen und
eine zunehmende Bodenversauerung. Diese Tatsache wurde durch Bodenzustandserhebungen in Rheinland-Pfalz belegt, die sicherlich Besorgnis erregend sind: Mehr
als 70 % der Waldböden in Rheinland-Pfalz sind tiefreichend versauert. Wenn der
Eintrag an Luftschadstoffen anhält, droht eine fortschreitende Versauerung in tiefere
Bodenschichten. Dann ist das Grund- und Quellwasser – und damit die Qualität
unseres Trinkwassers – gefährdet.
In wie weit unsere Waldbäume diesen Stressfaktoren standhalten könne, muss
in weiteren Untersuchungen sicherlich abgeklärt werden.
7.10 Milde Winter erhöhen Wildbestände
In den vergangenen Jahrzehnten wurde ein starker Anstieg des Schwarzwildes in
unseren Wäldern sowie des Rot- und Rehwildes festgestellt. Zwar spielt das
Schwarzwild als „Waldschädling“ keine Rolle, doch können wir an Hand des
Schwarzwildes feststellen, dass die milden Winter, bessere Äsungsmöglichkeiten,
zusätzliche Deckung in aufgelassenen Weinbergen, weitere Deckungsmöglichkeiten
durch Aufforstungen und Sukzessionsflächen zu einer Verzehnfachung der
Wildbestände in Rheinland-Pfalz geführt haben ( Vergleich Jahr: 1970).
Die Reproduktionsrate des Wildes wird erhöht. Die milden Winter führen nicht zu
einer sonst üblichen Mortalität.
Insofern können wir auch eine Erhöhung der Rot- und Rehwildbestände in RheinlandPfalz in den letzten Jahrzehnten feststellen. Gerade das Rotwild in verschiedenen
Regionen des Waldes führt zu erheblichen Verbiss- und Schälschäden, die örtlich einen
naturnahen Waldbau unmöglich machen. In diesem Falle sind die Waldbesitzer, sofern
sie Verpächter sind und Jäger gemeinsam mit den Jägern aufgerufen, für einen artenreichen und gesunden Wildbestand im Interesse des Waldes und der Natur zu sorgen.
Allerdings sind auch in diesem Falle noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen
erforderlich, um die Zusammenhänge zwischen der Klimaänderung und erhöhtem
Wildbeständen aufzuklären.
8.) Zusammenfassung und Ergebnisse
Vor allem die wärmeliebende und anspruchsvolle Baumart Traubeneiche wird genau
so an Fläche gewinnen, wie die Kirsche, Speierling, Haselnuss und Birke. Bei den
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Nadelbäumen wird mit Sicherheit die Fläche der Fichte weiter zurückgehen. Wir
können davon ausgehen, dass die Kiefer und die Douglasie Waldfläche gewinnen
werden.
Selbstverständlich können nicht alle Zusammenhänge durch die Klimaveränderung
und ihre Auswirkungen auf die Rheinland-Pfälzischen Wälder derzeit mit der
wissenschaftlichen Genauigkeit belegt werden. Sicher ist aber, dass sich das Baumartenspektrum unserer Wälder verändern wird. Wärme liebende Laub- und Nadelbäume
werden „Gewinner“ der Klimaveränderung sein. Vor allem die wärme liebende Traubeneiche wird genauso an Waldfläche gewinnen, wie die Kirsche, Linde, Speierling und die
Haselnuss. Bei den Nadelbäumen wird mit Sicherheit die Fläche der Fichte zurück
gehen. Wir können davon ausgehen, dass die Kiefer und die Douglasie diesen Platz
weitestgehend einnehmen werden. Genauso können wir von einer erhöhten Vegetationszeit um fast 11 Tage für die Baumarten ausgehen, was eine erhöhte Holzproduktion von
ca. 350 000 fm je Jahr in Rheinland-Pfalz im optimalen Falle ausmachen wird. Damit ist
gleichzeitig eine erhöhte Speicherung von Kohlenstoff gebunden. Für die Waldbesitzer
bedeutet dies eine erhöhte Nutzungsmöglichkeit.
Die Forstwirtschaft in Rheinland-Pfalz wird unberechenbarer. Vermehrte Stürme,
geringere Niederschläge und sonstige Schadensereignisse werden zu instabilen Wäldern
führen. Abiotische und biotische Schäden sind die Folge. Hiervon wird insbesondere die
Baumart Fichte betroffen sein. In wie weit sich der Anstieg des atmosphärischen
Kohlendioxidgases und die Änderung der Säurebilanz von Böden und damit weitere
Stressfaktoren für unsere Bäume auf die Waldvegetation auswirken werden, kann
hinlänglich noch nicht beurteilt werden. Sicher ist aber, dass die milderen Temperaturen
zu erhöhten Wildbeständen von Schwarz- Rot- und Rehwild sowie anderen Wildarten
führen werden. Unabhängig davon gibt es für alle Waldbesitzer und Forstleute keine
Alternative zu einem naturnahen Waldbau. Der naturnahe Waldbau mit all seinen Konsequenzen und die Ausrichtung auf die natürlichen Gegebenheiten sowie die Berücksichtigung der waldbaulichen Faktoren sind mehr denn je unverzichtbar, wenn wir stabile
Wälder aufbauen wollen. Der forstliche Königsweg wird weiter in Richtung Mischkulturen laufen. Wir werden von einem strukturarmen einförmigen Waldbild wegkommen und ein sehr strukturreiches, aus vielen Baumarten bestehendes Waldbild, schaffen.
Mehr denn je wird die Natur und das Klima unseren Waldbau in Rheinland-Pfalz
bestimmen.
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9.) Literaturverzeichnis
Allgemeine Zeitung: „Klimawandel bringt in den Alpen Berge zum Rutschen“,
Allgemeine Zeitung Mainz vom Donnerstag, den 30.Oktober 2003,
Seite 26
Badeck, Franz-W.: „ Sollte die Forstwirtschaft mit dem Klimawandel rechen?“,
Allgemeine Forstzeitschrift, Nr. 26/2000, Seite 1401 und 1402
Erlbeck, Reinold, Haseder Ilse E., Stinglwagner , Gerhard, K.F.:
„Das Kosmoswald- und Forstlexikon, Kosmosverlag, 2te Auflage
2002, Seite 874 – 876.
Hanke, Dr., Gerhard: „ Wiebke – Eine Katastrophe für den Wald“ Heimatjahrbuch 1992,
Landkreis Mainz-Bingen, herausgegeben von der Kreisverwaltung
Mainz - Bingen und den Heimatfreunden, Seite 114 – 118
Hachenberg, Dr., Friedrich: „ 2000 Jahre Waldwirtschaft am Mittelrhein“,
Selbstverlag des Landesmuseums Koblenz, 1992
Leonhardt, Joachim: „ Wald- und Forstwirtschaft in Rheinland-Pfalz“, Informationen aus
dem Landesverband Rheinland-Pfalz der Schutzgemeinschaft
Deutscher Wald, Nr. 6/2003, Seite 17 und 18
Mantel, Prof. Dr., Kurt: „Wald und Forst in der Geschichte – ein Lehr- und Handbuch,
Verlag M.H. Schaper, Alsfeld – Hannover, 1990
Mitscherlich, Prof. Dr., Gerhard: „ Vom Nutzen des Waldes in Vergangenheit und
Gegenwart“, Schriftenreihe Wald und Umwelt der
Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. (ohne
Datum)
Schulze, Ernst-Detlef,: „ Bedeutung der Wälder für den globalen CO2-Haushalt“,
Allgemeine Forstzeitschrift, Nr. 2/2001, Seite 56 und 55
Schwindt, Dr., Werner: „ Der Eifelwald im Wandel der Jahrhunderte“,
herausgegeben vom Eifelverein Düren, 1984
Rheinland-Pfalz: „ Kohlendioxidspeicher Wald“, Arbeitshilfe für die forstliche Praxis,
herausgegeben vom Ministerium für Umwelt und Forsten, 1999, Seite
IV – 33 und ff.
Mitteilungen der Hessischen Landesforstverwaltung:
Gefährdung der Wälder im Rhein-Main-Gebiet Band 35, 1999, S. 76 u. ff.
11
Prognose über die künftige Verbreitung der wichtigsten Baumarten in
Rheinland-Pfalz
Baumart
Zunahme
Abnahme
________________________________________________________________
Fichte
---
Kiefer
+
Douglasie
+
Traubeneiche
++
Birke
Buche
++
Speierling, Elsbeere, Vogelkirsche
++
--
Erläuterung:
Zunahme : +
Starke Zunahme: ++
Abnahme: Starke Abnahme: - Sehr starke Abnahme: - - -
12
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