2010 - Dr. Falk Pharma GmbH

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Abstracts
Aktuelle Viszeralmedizin
Bewährtes und Neues für Praxis
und Klinik
Essen
Bremerhaven
24. April 2010
Berlin
13. Februar 2010
Samstag, 3. Juli 2010
8.15 – 16.30 Uhr
Veranstaltungsort:
Philharmonie
Huyssenallee 53
45125 Essen
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. G. Gerken, Essen
Prof. Dr. M. Rünzi, Essen
Prof. Dr. W. E. Schmidt, Bochum
Essen
3. Juli 2010
Halle
21. August 2010
Siegen
17. April 2010
Mainz
20. November 2010
Mannheim
6. November 2010
Augsburg
23. Oktober 2010
Programm
8.15 Uhr
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. G. Gerken, Essen
1. Ösophagus/Magen/Darm
Vorsitz:
Prof. Dr. M. Rünzi, Essen
Prof. Dr. A. Tromm, Hattingen
8.30 Uhr
Refluxösophagitis (ohne Abstract)
Prof. Dr. G. Holtmann, Essen
8.45 Uhr
Sprue-Syndrom (ohne Abstract)
PD Dr. P. Hoffmann, Essen
9.00 Uhr
Helicobacter pylori und Ulkuskrankheit
Prof. Dr. J. Labenz, Siegen
9.15 Uhr
Reizdarmsyndrom
Prof. Dr. T. Frieling, Krefeld
9.30 Uhr
Reisediarrhö
Prof. Dr. B. Lembcke, Gladbeck
9.45 Uhr
Evidenzbasierte Therapie chronisch entzündlicher
Darmerkrankungen
PD Dr. J. Wehkamp, Stuttgart
10.00 Uhr
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen –
Perspektiven molekularer Therapiestrategien
Prof. Dr. E. Cario, Essen
10.15–10.30 Uhr
Kaffeepause
2. Gastroenterologische Onkologie
Vorsitz:
Prof. Dr. M. Betzler, Essen
Prof. Dr. M. Heike, Dortmund
10.45 Uhr
Barrett-Karzinom: aktuelle Diagnostik und stadiengerechte
Therapie
PD Dr. P. Hilgard, Mülheim/Ruhr
1
11.00 Uhr
Diagnostik und Therapie des Cholangiokarzinoms
PD Dr. T. Zöpf, Düsseldorf
11.15 Uhr
Gallengangskarzinome: wann und wie operieren?
Prof. Dr. G. Otto, Mainz
11.30 Uhr
Pankreaskarzinom: wann welche Chemotherapie?
Prof. Dr. A. Knuth, Zürich
11.45 Uhr
Pankreaskarzinom: wann welche Operation?
Prof. Dr. W. Uhl, Bochum
12.00 Uhr
Leberzellkarzinom: Diagnostik und lokal ablative
Verfahren (SIRT, TACE, RFA)
Prof. Dr. J. F. Schlaak, Essen
12.15 Uhr
Leberzellkarzinom: Wann Resektion, wann Transplantation?
(ohne Abstract)
PD Dr. J. Treckmann, Essen
12.30 Uhr
Palliative und adjuvante Therapie des Kolonkarzinoms
Prof. Dr. T. Höhler, Recklinghausen
12.45–13.45 Uhr
Mittagspause mit Imbiss
3. Aktuelle Hepatologie
Vorsitz:
Prof. Dr. T. Griga, Dortmund
Dr. E. Zehnter, Dortmund
13.45 Uhr
Erhöhte Leberwerte – was tun? Welche Algorithmen sind
sinnvoll?
Prof. Dr. K.P. Maier, Stuttgart
14.00 Uhr
Fokale Leberveränderungen: welche Bildgebung?
Prof. Dr. G. Antoch, Essen
14.15 Uhr
Medikamenten-toxische Leberschäden
Prof. Dr. A. Canbay, Essen
14.30 Uhr
Leitliniengerechte Therapie der Hepatitis B
Dr. D. Hüppe, Herne
14.45 Uhr
Behandlung der Hepatitis B bei immunsupprimierten
und onkologischen Patienten (ohne Abstract)
PD Dr. S. Beckebaum, Essen
15.00 Uhr
Leitliniengerechte Therapie der Hepatitis C (ohne Abstract)
Prof. Dr. M. Reiser, Marl
2
15.15 Uhr
Perspektiven der Hepatitis C 2011plus
Prof. Dr. R. Thimme, Freiburg
15.30 Uhr
Autoimmune Lebererkrankungen
Prof. Dr. C.P. Strassburg, Hannover
4. State-of-the-Art Lecture
Vorsitz:
Prof. Dr. G. Gerken, Essen
16.00 Uhr
Lebertransplantation 2010: Indikationen, Ergebnisse
einschließlich Leberlebendspende-Transplantation
(ohne Abstract)
Prof. Dr. A. Paul, Essen
16.30 Uhr
Zusammenfassung und Schlusswort
Prof. Dr. W.E. Schmidt, Bochum
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden siehe Seiten 77–79
3
Helicobacter pylori und Ulkuskrankheit
J. Labenz
Medizinische Klinik, Ev. Jung-Stilling-Krankenhaus, Siegen
Indikationen zur Helicobacter-pylori-Eradikation
Helicobacter pylori (HP) spielt eine wichtige Rolle in der Pathogenese der genuinen
peptischen Ulkuskrankheit des Duodenums und des Magens, der Entstehung des
distal der Kardia lokalisierten Magenkarzinoms und des gastralen MALT-Lymphoms.
Im vergangenen Jahr erschien die deutsche S3-Leitlinie mit entsprechenden
Empfehlungen (Fischbach et al., Z Gastroenterol 2009; www.dgvs.de). Notwendige
Voraussetzung zur HP-Eradikation ist der sichere Nachweis der Infektion durch
entsprechende Tests. Als Ausnahme von dieser Empfehlung kann beim MALTLymphom eine Eradikationstherapie in Einzelfällen auch ohne Keimnachweis
durchgeführt werden. Eine Übersicht der aktuellen Indikationen findet sich in
Tabelle 1. Die Empfehlung, dass auch eine asymptomatische HP-Infektion eine
mögliche Indikation ist, erlaubt die Behandlung in jedem Fall. Dies ist insbesondere
vor dem Hintergrund wichtig, dass sich die Datenlage zur Magenkarzinomprophylaxe
durch HP-Eradikation ständig ändert. In einer kürzlich publizierten Metaanalyse von
6 Präventionsstudien konnte eine signifikante relative Risikoreduktion um 35% durch
eine HP-Eradikation errechnet werden. Auch hat die HP-Eradikation bei Patienten
mit funktioneller Dyspepsie langfristig einen gewissen therapeutischen und einen
sicheren präventiven Effekt.
5
Tab. 1: Gewichtete Indikationen zur HP-Eradikation
Indikation
muss
Peptische Ulkuskrankheit akut
X
Peptische Ulkuskrankheit anamnestisch
X
MALT-Lymphom des Magens
X
Magenkarzinomprophylaxe
sollte
kann
sollte nicht
X
+
(bei Risikofaktoren )
Funktionelle Dyspepsie
X
Nicht-untersuchte Dyspepsie*
X
Asymptomatische HP-Gastritis
X
Idiopathische thrombozytopenische Purpura
X
Morbus Ménétrier
X
Lymphozytäre Gastritis
X
Eisenmangelanämie
X
(nach adäquater Diagnostik)
+
korpusdominante bzw. Pangastritis, Verwandtschaft 1. Grades zu Magenkarzinom-
patient, Adenome oder hyperplastische Magenpolypen
*Test-and-Treat-Strategie (nicht-invasiver HP-Test, gefolgt von einer Eradikationstherapie bei Testpositiven)
Durchführung einer Helicobacter-pylori-Eradikation
Tripel-Therapien, bestehend aus einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) und der
Kombination des Makrolidantibiotikums Clarithromycin mit Amoxicillin (sog. französische Tripel-Therapie) oder einem Imidazol (in Deutschland zumeist Metronidazol)
(sog. italienische Tripel-Therapie) für mindestens 1 Woche, sind der aktuelle und
empfohlene Standard. Die Frage, welche Therapie vorzuziehen ist, kann nicht
apodiktisch beantwortet werden, da sie maßgeblich vom Risiko einer möglichen
Resistenz von HP gegen Metronidazol bestimmt wird. Ist dieses Risiko nicht erhöht
(z. B. durch eine frühere Exposition von Metronidazol), kann man aus Gründen der
Wirksamkeit und der besseren Verträglichkeit in Deutschland durchaus die
italienische Variante vorziehen.
Die Erst- und Zweitlinientherapie einer HP-Infektion können empirisch durchgeführt
werden, spätestens ab dem 2. Therapieversagen sollte vorab eine Resistenzbestimmung erfolgen. Gemäß der Leitlinie der DGVS empfiehlt sich das in den
Tabellen 2 und 3 skizzierte Vorgehen. In Kürze erfolgt vermutlich die europäische
6
Zulassung der Vierfach-Therapie bestehend aus einem PPI und einer Kombination
aus Bismutsubzitrat, Tetrazyklin und Metronidazol (in einer Pille). Diese Therapie
über 10 Tage war in der Zulassungsstudie signifikant und klinisch relevant wirksamer
als eine französische Tripel-Therapie über 7 Tage.
Tab. 2: Geeignete Therapieschemata zur Erstlinientherapie der HP-Infektion
Name
Tag
Schema
Dosierung
Italienische TT
1–7
PPI*
1–0–1
1–7
Clarithromycin 250–500 mg
1–0–1
1–7
Metronidazol 400–500 mg
1–0–1
1–7
PPI*
1–0–1
1–7
Clarithromycin 500 mg
1–0–1
1–7
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
1–5
PPI*
1–0–1
1–5
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
6–10
PPI*
1–0–1
6–10
Clarithromycin 500 mg
1–0–1
6–10
Metronidazol 500 mg
1–0–1
1–7
PPI*
1–0–1
1–7
Clarithromycin 250–500 mg
1–0–1
1–7
Metronidazol 400 mg
1–0–1
1–7
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
Französische TT
Sequenzialtherapie
Vierfach-Therapie
*Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg,
Rabeprazol 20 mg; TT = Tripel-Therapie
7
Tab. 3: Empfohlene Zweitlinientherapie (empirisch ohne Resistenzbestimmung)
Name der
Option
Tag
Schema
Dosierung
1
1–10
PPI*
1–0–1
1–10
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
1–10
Levofloxacin 500 mg
1–0–0
Erstlinientherapie
Italienische TT/Sequenzialtherapie
Penicillinallergie:
Rifabutin statt Amoxicillin
2
Französische TT
1
1–10
PPI*
1–0–1
1–10
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
1–10
Rifabutin 150 mg
1–0–1
1–10
PPI*
1–0–1
1–10
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
1–10
Levofloxacin 500 mg
1–0–0
Penicillinallergie:
Rifabutin statt Amoxicillin
2
3
Alle Schemata
1–10
PPI*
1–0–1
1–10
Amoxicillin 1000 mg
1–0–1
1–10
Rifabutin 150 mg
1–0–1
1–10
PPI*
1–0–1
1–10
Amoxicillin 750–1000 mg
1–1–1
1–10
Metronidazol 400–500 mg
1–1–1
1–14
PPI** 40 mg
1–1–1
1–14
Amoxicillin 750–1000 mg
1–1–1
*Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg,
Rabeprazol 20 mg
**Es liegen nur Studien mit Esomeprazol und Omeprazol vor
Ulkuskrankheit: Pathogenese
Die wichtigsten Ursachen eines peptischen Ulkus sind die Infektion mit HP und die
Einnahme ulzerogener Pharmaka, speziell von NSAR einschließlich ASS. In
Einzelfällen kommen aber auch andere (seltene) Ulkusursachen in Betracht wie eine
massiv verstärkte Säureproduktion (z. B. Zollinger-Ellison-Syndrom), Tumorer-
8
krankungen, Morbus Crohn und andere entzündliche Erkrankungen, Non-HP-Infektionen (z. B. Helicobacter heilmannii, Zytomegalie), Strahlenschäden, mechanische
Schäden (z. B. im 2. Schnürring einer Hernie oder nach endoskopischer Resektion)
und Durchblutungsstörungen.
Von besonderer Relevanz scheint auch das idiopathische Ulkusleiden zu sein,
definiert als peptisches Ulkus ohne Nachweis bekannter auslösender Ursachen,
speziell einer HP-Infektion und der Einnahme ulzerogener Pharmaka. In einer
prospektiven Kohortenstudie mit 7-Jahres-Nachbeobachtung konnte gezeigt werden,
dass Patienten mit Blutung aus einem idiopathischen Ulkus hinsichtlich Rezidivneigung und Mortalität eine ausgesprochen schlechte Prognose haben.
Ulkuskrankheit: Akuttherapie
PPI sind die Standardmedikamente in der Behandlung eines Ulcus pepticum.
Zahlreiche Studien haben die Überlegenheit zu H2-Rezeptorantagonisten hinsichtlich
der Heilungsraten sowohl bei Ulcera duodeni als auch bei Ulcera ventriculi belegt.
Handelt es sich um ein HP-assoziiertes Ulkus, ist unabhängig von anderen
ulzerogenen Faktoren eine HP-Eradikation absolut indiziert. Eine Fortsetzung der
antisekretorischen Therapie nach Abschluss der HP-Therapie ist bei unkomplizierten
Ulzera in Abwesenheit einer Komedikation mit ulzerogenen Medikamenten (ASS,
NSAR) nicht erforderlich.
Ein unkompliziertes, allein durch NSAR induziertes Ulkus würde vermutlich auch
allein nach Absetzen der auslösenden Noxe abheilen. In Ermangelung entsprechender wissenschaftlicher Daten wird man dennoch in dieser Situation medikamentös
behandeln. Bei dieser Indikation sind PPI den H2-Rezeptorantagonisten und
Misoprostol überlegen, eine Steigerung der PPI-Dosis über das Äquivalent von
20 mg Omeprazol hinaus führt nicht zu besseren Behandlungsergebnissen.
Handelt es sich weder um ein HP- noch um ein NSAR-assoziiertes Ulkus, ist die
wichtigste Maßnahme die Klärung der zugrunde liegenden Ätiologie. In dieser
Situation wird ex juvantibus ein PPI verordnet. Das weitere Vorgehen richtet sich
dann nach der Ätiologie und kann beispielsweise auch die Kombination aus
Medikamenten zur Behandlung der Grundkrankheit mit einem PPI sein, wie es beim
Morbus Crohn mit gastroduodenalen Ulzera empfohlen wird.
9
Ulkuskrankheit: Prophylaxe
Im Fall einer unkomplizierten oder auch komplizierten HP-Ulkuskrankheit des
Magens und des Duodenums ist die Eradikation der Infektion Therapie der Wahl.
Hierdurch kann die Rezidivrate drastisch gesenkt werden.
Ist eine NSAR-Therapie indiziert und liegt zumindest ein Risikofaktor (s. Tab. 4) für
die Entwicklung einer gastrointestinalen Komplikation vor, ist eine präventive
Strategie indiziert. Prinzipiell kommen als Optionen der Wechsel von einem nichtselektiven NSAR auf einen Hemmer der Cyclooxygenase-2 (sog. Coxibe) in Betracht
oder die begleitende Verordnung eines Medikaments mit Schutzwirkung (H2-Rezeptorantagonist, PPI, Misoprostol). H2-Rezeptorantagonisten in einfacher Standarddosis reduzieren nur das Risiko für Ulcera duodeni, nicht für Ulcera ventriculi,
während die doppelte Standarddosis auch das gastrale Ulkusrisiko günstig
beeinflusst. In Fällen mit besonders hohem gastrointestinalen Risiko, beispielsweise
bei Status nach Blutung aus einem NSAR-Ulkus, kann auch die Kombination aus
einem Coxib und einem PPI angezeigt sein. In der Prävention gastroduodenaler
Ulzera unter NSAR (einschließlich Coxibe) sind PPI wirksamer als Plazebo und als
H2-Rezeptorantagonisten (in einfacher Standarddosis) und vergleichbar in der
Effektivität zu Misoprostol bei besserer Verträglichkeit. Eine Dosis-WirkungsBeziehung ist für die PPI-Therapie in der Ulkusprävention nicht belegt.
10
Tab. 4: Risikoeinschätzung für die NSAR-Toxizität des Gastrointestinaltrakts
Hohes Risiko
1. Anamnestisch kompliziertes Ulkus, insbesondere wenn kurz zurückliegend
2. Multiple (> 2) Risikofaktoren (s. nächste Zeilen)
Moderates Risiko (1–2 Risikofaktoren)
1. Alter > 65 Jahre
2. Hoch dosierte NSAR-Therapie
3. Anamnestisch unkompliziertes Ulkus
4. Begleitende Medikation mit ASS (auch niedrig dosiert), Glukokortikoiden oder
Antikoagulanzien
Niedriges Risiko
1. Keine Risikofaktoren
HP ist ein additiver und unabhängiger Risikofaktor, der gesondert betrachtet werden
muss.
Niedrig dosiertes ASS (80–325 mg pro Tag) wird häufig zur Prävention
kardiovaskulärer Ereignisse eingesetzt. Diese Therapie erhöht das Risiko für
gastroduodenale Ulzera und Blutungen. Das Risiko wird durch eine konkomitierende
HP-Infektion und ein Alter über 70 Jahre erhöht. Dementsprechend besteht bei
Patienten mit entsprechenden Risikofaktoren und insbesondere bei Patienten, die
bereits ein gastrointestinales Ereignis unter ASS hatten, eine Indikation zur
Prävention. In der Primärprävention kann die Ulkusinzidenz durch Komedikation mit
einem PPI in Standarddosis signifikant gesenkt werden. Eine Dosissteigerung des
PPI verbessert den Behandlungserfolg nicht. Eine effektive Primärprävention ist auch
durch eine hoch dosierte Therapie mit Famotidin 2 x 20 mg möglich. In der
Sekundärprävention (nach einer Ulkusblutung) ist mittelfristig auch eine HP-Eradikation allein genügend wirksam, langfristig muss aber eine PPI-Komedikation
erfolgen, die auch einer Hochdosis-H2-Blocker-Therapie überlegen ist.
Bei Patienten unter ASS + Clopidogrel ist eine Ulkusprophylaxe mit einem PPI
indiziert, allerdings können PPI die Wirksamkeit von Clopidogrel reduzieren. Klinisch
bedeutsam ist dieser Effekt vermutlich nur für Patienten mit genetisch determinierter
Minderfunktion des CYP2C19-Isoenzyms (ca. 25% der Bevölkerung). Es ist denkbar,
dass das Interaktionsrisiko durch Auswahl eines PPI mit geringer Affinität zum
Enzym und die zeitversetzte Einnahme von Clopidogrel und PPI gesenkt werden
kann, auch wenn verlässliche Daten hierzu bisher fehlen.
11
Das idiopathische Ulkus mit Blutung hat eine schlechte Prognose hinsichtlich
Rezidivblutung und Mortalität. Aus diesem Grund sollte bei jedem Patienten mit nicht
geklärter bzw. klärbarer Ulkusgenese eine PPI-Langzeittherapie erfolgen.
12
Reizdarmsyndrom
T. Frieling
Medizinische Klinik II, HELIOS Klinikum Krefeld
Definition, Häufigkeit und Ursachen
Funktionelle Darmerkrankungen sind Erkrankungen, bei denen sich mit den
gängigen Routineverfahren keine ausreichenden strukturellen oder biochemischen
Veränderungen finden lassen (1). Diese Definition wird durch die Tatsache relativiert,
dass beim Einsatz spezieller Untersuchungstechniken häufig doch organische
Veränderungen nachgewiesen werden können. Als Beispiel sei das postinfektiöse
Reizdarmsyndrom genannt, bei dem die spezifische histologische Aufarbeitung
vermehrte Entzündungszellen (z. B. Mastzellen) in der Submukosa nachweisen
kann, die in der konventionellen HE-Färbung nicht darstellbar sind (2–4). Auch
ergeben sich Überschneidungen zum Mastzellmediatorsyndrom, bei dem eine
Mastzellüberempfindlichkeit durch Mutationen im C-kit-Rezeptor vermutet wird (5).
Auf die Bedeutung von Entzündungsmediatoren weist die interessante Beobachtung
hin, dass enterische Nervenzellen durch Dickdarmbiopsatüberstände von Reizdarmpatienten aktiviert werden (6).
Funktionelle Verdauungsstörungen gehören zu den häufigsten internistisch-gastroenterologischen Erkrankungen. So berichteten in Deutschland etwa 18% der
Befragten innerhalb eines Jahres an Sodbrennen, Völlegefühl, Übelkeit oder
Durchfall gelitten zu haben (7). Aktuelle epidemiologische Untersuchungen geben die
Prävalenz funktioneller Darmerkrankungen in Deutschland mit 12,5% für den
Reizdarm und mit 22% für funktionelle Unterbauchschmerzen an (8).
Funktionelle Verdauungserkrankungen wurden früher unter dem Begriff Motilitätsstörungen subsumiert, wobei ihre Definitionen empirisch und relativ rudimentär sind.
So
werden
funktionelle
Verdauungskrankheiten
zzt.
noch
überwiegend
symptomenbezogen definiert, wie etwa beim Reizdarmsyndrom, bei dem Bauchbeschwerden in Zusammenhang mit Stuhlgangveränderungen als Symptomen-Cluster
vorausgesetzt werden. Diese Definitionen wurden im Wesentlichen aus von
Psychologen
initiierten
Symptomen-Clustering
epidemiologischen
streng
genommen
Studien
nur
für
entwickelt,
das
wobei
das
Reizdarmsyndrom
nachgewiesen wurde. Die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) hat auf Initiative und in Zusammenarbeit mit der Deutschen
13
Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) aus diesem Grund
aktualisierte S3-Leitlinien für das Reizdarmsyndrom erarbeitet. Die hier enthaltene
neue Definition des Reizdarmsyndroms stellt einen Paradigmenwechsel dar, da die
strenge Assoziation zwischen Bauchschmerzen und Stuhlgangveränderungen nicht
mehr gegeben sein muss (Tab. 1).
Tab. 1: Definition des Reizdarmsyndroms nach S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
Definition Reizdarmsyndrom (S3-Leitlinie DGVS 2010)
Die Krankheit des Reizdarmsyndroms (RDS; Irritable Bowel Syndrome, IBS)
liegt vor, wenn alle 3 Punkte erfüllt sind:
•
Bei chronischen, d. h. länger als 3 Monate anhaltenden Beschwerden
(z. B. Bauchschmerzen, Blähungen), die von Patient und Arzt auf den Darm
bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangveränderungen
einhergehen.
•
Die Beschwerden sollen begründen, dass der Patient Hilfe sucht und/oder
sich sorgt und so stark sein, dass die Lebensqualität hierdurch relevant
beeinträchtigt wird.
•
Vorausetzung ist, dass keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Veränderungen vorliegen, welche wahrscheinlich für diese
Symptome verantwortlich sind.
Pathophysiologie
Die neueren wissenschaftlichen Ergebnisse zeigen, dass Motilitätsstörungen eine
eher untergeordnete Rolle in der Pathophysiologie des Reizdarmsyndroms spielen.
Entscheidender sind komplexe Störungen des autonomen und enterischen bzw.
zentralen Nervensystems, des Immunsystems, der Modulation gastrointestinaler
Funktionen durch verschiedene Neurotransmitter, unter denen das Serotonin eine
wichtige Rolle spielt. So weisen hochrangig publizierte Forschungsergebnisse auf die
Bedeutung postinfektiöser Veränderungen, morphologischer und funktioneller
Nervenveränderungen (Neuroplastie), subklinischer Schleimhautentzündungen mit
Erhöhung von Mastzellen und intraepithelialen Lymphozyten, von Entzündungen der
Nervenganglien, von veränderten präinflammatorischen
Zytokinprofilen, einer
vermehrten Schleimhautdurchlässigkeit („leacky mucosa“) bzw. einer veränderten
14
Reiztransduktion mit Erhöhung der enterochromaffinen Zellen (ECC) und Störungen
des Serotonin-Reuptake-Transporters (SERT) hin. Hierbei zeigen sich interessante
Parallelen zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.
Die neuen Forschungsergebnisse zeigen, dass Grundlagenforschung auch bei
funktionellen Erkrankungen unentbehrlich ist. Nur hierdurch können die pathophysiologischen
Erkenntnisse
als
Grundlage
für
Krankheitsdefinitionen
und
Symptomenerklärung gewonnen werden. Es deutet sich bereits jetzt an, dass das
Kollektiv der Reizdarmpatienten wie auch anderer funktioneller Verdauungskrankheiten wahrscheinlich aus einer sehr heterogenen Ansammlung verschiedener
Subgruppen mit unterschiedlichen Pathophysiologien besteht.
Die Not der Patienten zur richtigen Diagnose zu kommen
Viele Patienten mit Reizdarmsyndrom werden durch die Ärzte in Kliniken und Praxen
oft nicht als Reizdarmsyndrom diagnostiziert und häufig nicht als Kranke
wahrgenommen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und sind u. a. durch Unkenntnis
über die Komplexität des Krankheitsbildes bzw. mangelnde Akzeptanz und
unzureichende Beschäftigung mit funktionellen Darmerkrankungen bedingt. Trotz
ihrer erheblichen klinischen und sozioökonomischen Bedeutung werden funktionelle
Verdauungserkrankungen in den Vergütungssystemen des Deutschen Gesundheitswesens immer noch unzureichend abgebildet. Dies erstaunt, da die Fachgesellschaften entsprechende Empfehlungen und Leitlinien über Diagnostik und Therapie
erarbeitet und publiziert haben. Eine aktuelle S3-Leitlinie über das Reizdarmsyndrom
wurde kürzlich von der DGVS und der DGNM im Rahmen einer Konsensuskonferenz
erarbeitet und wird in Kürze publiziert. Diese völlig unzureichende bzw. nicht
existente Abbildung neurogastroenterologischer Leistungen im Vergütungssystem
von EBM, GOÄ und DRG bedingt, dass es mittlerweile kaum noch niedergelassene
Gastroenterologen(-innen) gibt, die aufgrund der unzureichenden Vergütung
Funktionsuntersuchungen anbieten. Hinzukommt, dass die Neurogastroenterologie,
im Gegensatz zu anderen Ländern, an den Deutschen Hochschulen praktisch nicht
mehr vertreten ist, sodass der wissenschaftliche und klinische Nachwuchs bröckelt.
Dieses Missverhältnis zwischen epidemiologischem Bedarf der Versorgung einer
großen Patientenzahl einerseits und den aufgrund fehlender Vergütung völlig
unzureichenden diagnostischen und therapeutischen Einrichtungen andererseits ist
nicht akzeptabel. Hier sind die Fachgesellschaften gefordert Lösungen zu erarbeiten.
15
Neue therapeutische Möglichkeiten
Die Behandlung des Reizdarmsyndroms muss symptomenorientiert erfolgen und
stützt sich auf die 3 Säulen Allgemeinmaßnahmen/Diätetik, psychotherapeutische
Behandlung/Entspannungsübungen und die medikamentöse Therapie. In der Regel
ist ein multimodaler und individueller Therapieansatz zu wählen, da sich häufig
psychische Auffälligkeiten, mehrere Symptome und funktionelle Beschwerden in
anderen Organsystemen finden. Entscheidend ist hierbei ein intaktes und
vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis. Die Beschreibung funktioneller Darmerkrankungen als prinzipiell organische Erkrankungen ist für viele Patienten nützlich
und hilft die Angst als „eingebildeter Kranker“ abgestempelt zu werden, zu nehmen.
Therapieziel ist häufig nicht die Beschwerdefreiheit, sondern das Lernen mit den
Beschwerden umzugehen.
In Deutschland und Europa ist, bis auf das Phytotherapeutikum Iberogast® zzt. kein
Medikament speziell für die Therapie des Reizdarmsyndroms zugelassen (Tab. 2).
Die neuen 5HT3-Rezeptorantagonisten (Alosetron) und partiellen 5-HT4-Rezeptoragonisten (Tegaserod) wurden vom Markt genommen bzw. sind nur unter
strengen Auflagen einsatzfähig. Charakteristisch für das Reizdarmsyndrom sind die
Symptomenüberlappung zu anderen funktionellen Darmerkrankungen und die hohe
Plazeborate von über 60%, die klinisch genutzt werden sollte. Mittlerweile ist
Prucaloprid (Resolor®) der Firma Movetis, das als Koloprokinetikum über eine
selektive Stimulation der 5-HT4-Rezeptoren die Obstipation vermindert (9), für
obstipierte Frauen, nicht aber explizit für den Reizdarm auch in Deutschland
zugelassen. In den USA steht das für das obstipationsdominante Reizdarmsyndrom
zugelassene Lubiproston (Amitiza®) der Firma Takeda (10), das spezifische
Chloridkanäle (CIC-2) an der apikalen Seite des Epithels stimuliert, zur Verfügung.
Neue Erkenntnisse über unterschwellige Entzündungen bzw. über Subgruppen von
Patienten mit postinfektiösem Reizdarmsyndrom lassen prinzipiell den Einsatz von
antiinflammatorischen Substanzen, die auch bei den chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen eingesetzt werden, sinnvoll erscheinen. Hier liegen erste
Erfahrungen mit 5-ASA-Präparaten, Kortison bzw. Mastzellstabilisatoren in kleineren
Patientenkollektiven vor, eine verlässliche Aussage kann aber noch nicht getroffen
werden. Auch Probiotika erscheinen rational begründbar, wobei hinzukommt, dass
die Bakterienflora im Darm zahlreiche physiologische Stoffwechselvorgänge
beeinflussen kann. Hier sind weitere Studien abzuwarten, wobei zu berücksichtigen
ist, dass die Probiotika durchaus unterschiedliche Wirkungen haben können.
16
Tab. 2: Therapiemöglichkeiten bei funktionellen Magen-Darm-Beschwerden
Allgemeinmaßnahmen
•
Gewichtsreduktion
•
körperliche Aktivität
•
Diätetik
•
Suche nach medikamentösen Ursachen
•
Aufklärung über mögliche Mechanismen
•
„kleine Psychotherapie“
Quellmittel und Laxanzien
•
Quellmittel (Flohsamen, lösliche Ballaststoffe)
•
Osmotische Laxanzien (nicht-resorbierbare Mono- und Disaccharide,
salinische Laxanzien, Polyethylenglykole)
•
Aktive Laxanzien (Diphenylmethanderivate, konjugierte Anthrachinonderivate)
Prokinetika
•
Prucaloprid (Resolor®), zugelassen für Frauen mit Obstipation
Sekretionsfördernde Medikamente
•
Steigerung der Chloridsekretion Lubiproston (Amitiza®), zugelassen für
obtipationsdominantes RDS
Stuhlfestigende Maßnahmen
•
Flohsamen, lösliche Ballaststoffe
•
Loperamid
•
Tinctura opii
•
Trizyklische Antidepressiva (Schmerz und imperativer Stuhldrang)
•
Gallensäurenbinder
•
Clonidin 5–25 μg (diabetische Diarrhö)
Modulation der rektoviszeralen Sensomotorik
•
Trizyklische Antidepressiva
Entblähende Substanzen
•
oberflächenaktive Substanzen (Dimethylpolysiloxan)
•
Phytotherapeutika (Iberi
Amara/Kamille/Kümmel/Fenchel/Anis/Minze/Melisse/Angelika/Asa foetida),
Iberogast®, zugelassen für RDS
•
Probiotika
17
Literatur:
1.
Drossmann DA (2006). Rome III. The functional gastrointestinal disorders. Allen
Press, Inc. Lawrence, KS, USA.
2.
Guilarte M, Santos J, de Torres I, Alonso C, Vicario M, Ramos L, Martínez C,
Casellas F, Saperas E, Malagelada JR. Diarrhoea-predominant IBS patients
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18
Reisediarrhö
B. Lembcke
Medizinischen Klinik, St. Barbara-Hospital, Gladbeck
Etwa 20–50% aller Reisenden in Entwicklungsländer akquirieren eine Reisediarrhö,
definiert als • 3 ungeformte Stuhlentleerungen (Stuhlform wird durch Aufnahmebehältnis determiniert) pro Tag, meistens verbunden mit Übelkeit, Erbrechen,
Tenesmen, Blutbeimengungen und Fieber. Im Allgemeinen treten Symptome bereits
am Anfang der Reise auf; ursächlich sind in erster Linie kontaminierte Nahrungsmittel bei schlechten Hygieneverhältnissen, seltener kontaminiertes Wasser. 80% der
Reisediarrhö-Episoden werden auf bakterielle Erreger zurückgeführt. Besondere
Situationen, in denen virale Infektionen dominieren, sind solche mit hoher
Personendichte auf engem Raum (z. B. Kreuzfahrten). Etwa 10% der ReisediarrhöInfektionen werden durch Parasiten verursacht.
Risikoregionen: Es werden Gebiete mit hohem (40%), mittlerem (15%) und geringem
Risiko (4%) für infektiöse Diarrhöen unterschieden.
Hochrisikogebiete sind Afrika (ohne Südafrika), Süd- und Zentralamerika (außer
Chile und Argentinien), der mittlere Osten, Süd- und Südostasien und Ozeanien.
Ein mittleres Infektionsrisiko besteht in der Karibik, Südafrika, Argentinien, Chile,
Osteuropa, Russland, China und Portugal.
Individuelle Risikofaktoren, die eine Reisediarrhö begünstigen, sind weibliches
Geschlecht, junges Alter, Abenteuerreisen, Aufenthaltsdauer, Immunsuppresssion,
Hyp-/Anazidität und (!) – Aufenthalt in 5-Sterne-Hotels.
Prävention: Grundsätzlich sind als prophylaktische Maßnahmen (i) gezielte
Nahrungsmittelhygiene, (ii) die Einnahme nicht-antibiotischer Substanzen, (iii) eine
Antibiotikaprophylaxe und (iv) die Impfung zu nennen.
Die traditionelle „rule of prophylaxis“: Boil it, peel it, cook it, - or forget it hat sich
nicht wirklich durchgesetzt, d. h. sie wird oft nicht beachtet. Darüber hinaus ließen
sich in Restaurants in Mittelamerika auch in gekochten, heiß servierten Gerichten
noch coliforme Bakterien nachweisen. Die höchste Erkrankungsrate wiesen
diejenigen Reisenden auf, die privat untergebracht waren. Dementsprechend sollte
19
vermehrt auf forcierte Hygiene geachtet werden. Unter den nicht-antibiotischen
Substanzen haben Probiotika eine nachgewiesene Wirksamkeit, die jedoch nicht
einheitlich alle Regionen betrifft. Prophylaktische Antibiotikagaben sind wirksam,
sollten aber eine spezielle Indikation haben (s. u.). Eine spezielle Impfung gegen die
Reisediarrhö ist nicht etabliert, allerdings wird spekuliert, dass der Choleraimpfstoff
WC/rBS (Dukoral®) kreuzreaktiv eine Wirksamkeit auch gegen ETEC haben könnte.
Diesbezüglich liegt die Wirksamkeit jedoch bei < 50%.
Pathophysiologie und Klinik
Bei sekretorischen und entzündlichen Durchfällen persistiert die Diarrhö auch bei
Nahrungskarenz.
Häufigste bakterielle Erreger der Reisediarrhö sind enteropathogene E. coli, in erster
Linie ETEC (enterotoxinbildende E. coli), EAEC (enteroaggregative E. coli) sowie
EIEC (enteroinvasive E. coli).
Akute nicht-inflammatorische Diarrhö: kurze Inkubationszeit, oft toxinbedingt
(typische Beispiele: Staphylococcus-aureus-Toxin im Softeis, ETEC), keine Erregerinvasion, selten Erbrechen, selten Fieber. Bei Kindern sind 25% der akuten
Enteritiden durch Viren bedingt. Oft übersehen: Lambliasis (Giardia lamblia):
diagnostische Aussagekraft von Duodenalbiopsie und Duodenalsaft (warm zu
untersuchen!) > ELISA > Stuhlmikroskopie.
Akute inflammatorische Diarrhö: Campylobacter jejuni (Hähnchen u. a. Fleisch),
Enteritis-Salmonellen (endemisch, Eier!), EHEC [biologische Landwirtschaft; Milch]),
Amöben, Shigellen (sehr selten). Fieber, oft mit Erbrechen, Calprotectin im Stuhl ++.
Blut bei EHEC, Shigellen, Amöben und schweren Verläufen.
Bei derartig ausgeprägter Symptomatik ist immer eine umfassende mikrobiologische
Abklärung erforderlich, da z. T. komplikationsreich, Zweiterkrankungen (z. B. Leberabszess, hämolytisch-urämisches Syndrom [HUS] bei Kindern) und infektionsepidemiologische Bedeutung (Meldepflicht).
Die Reisediarrhö verläuft in der Regel mild; nur 1% der Betroffenen muss ein
Krankenhaus aufsuchen. Bei selbstlimitierendem Verlauf beträgt die mittlere
Erkrankungsdauer etwa 96 Stunden. Beide Aspekte sind insbesondere bei der Frage
einer Antibiotikaprophylaxe zu berücksichtigen. Im Regelfall ist zudem keine
20
Erregeridentifizierung möglich; grundsätzlich sind aber nur bakterielle Erreger
antibiotikaempfindlich.
Neben
der
Tolerierung
des
Spontanverlaufs
unter
symptomatischer Therapie sind daher die „Standby-Therapie“ (meistens wirksam:
Cipro-/Nor-, Ofloxazin, Azitromycin, Rifaximin, oft auch noch Doxycyclin, Cotrim) und
die individuelle Antibiotikaprophylaxe als Alternativen anzusehen.
Die generelle Empfehlung beinhaltet dabei eindeutig die Standby-Medikation; eine
Antibiotikaprophylaxe wird nur in außergewöhnlichen Fällen (z. B. diplomatische
Konferenz, Künstlerauftritt u. ä.) sowie bei Grunderkrankungen mit erhöhtem
Infektionsrisiko angeraten (z. B. Immunsuppression, alte Menschen, Endoprothesen,
Diabetes, BII-Resektion, Achlorhydrie, CED-Patienten, Patienten mit reaktiver
Arthritis in der Anamnese). Neben den oben genannten therapeutisch relevanten
Antibiotika kommen auch Bismutsubsalizylat (in Europa nicht für diese Indikation
zugelassen) und Rifaximin präventive Bedeutung zu.
Eigenmedikation „Standby“: Die praktisch häufige Frage des Einsatzes von
Loperamid/Lopedium bei der Reisediarrhö kann dahingehend beantwortet werden,
dass ein Einsatz bei der nicht-dysenterischen Diarrhö (kein Fieber, kein schleimigblutiger Durchfall) angezeigt, das Vorliegen derartiger Warnzeichen jedoch in der
Praxis als Kontraindikation anzusehen ist. Eine Alternative hierzu ist Saccharomyces
boulardii. Schwere wässrige Diarrhöen können durch den Enkephalinasehemmer
Racecadotril (Tiorfan®) abgemildert werden, ein genereller Einsatz in der
Reisemedizin wird jedoch nicht empfohlen. Ein wirksamer Sekretionshemmer ist
Zaldaridmaleat (Calmodulinantagonist), die Substanz ist aber noch nicht zugelassen.
Die symptomatische Therapie der akuten Diarrhö beinhaltet den adäquaten
Flüssigkeitsersatz durch eine orale Rehydratationslösung, die (nach WHO) 90 mval
Na+, 20 mval K+, 80 mval Cl-, 30 mval HCO3- und 111 mmol Glukose/l enthält. Da die
intestinale Resorptionsleistung des Na+-gekoppelten Glukosetransportes durch die
sekretorische Diarrhö nicht gestört ist, kann diese Rehydration durchaus oral
erfolgen, sofern dem nicht Erbrechen entgegensteht.
Wann Antibiotika?
Die unkomplizierte Salmonellose, Campylobacter- oder Yersinieninfektion bedürfen
ebenso wie die ETAC-, EHEC- (!) und EPEC-Infektion keiner Antibiotikatherapie.
21
Komplizierte (septische) Verläufe oder extraintestinale Infektionen (Salmonellen,
Campylobacter, Yersinien) sollten jedoch konsequent behandelt werden. Der
unkritische Antibiotikaeinsatz hat in den letzten Jahren allerdings zu einer
bedenklichen Zunahme an Resistenzen bei den Salmonellenisolaten geführt. Die
Shigelleninfektion und die durch Clostridium-difficile-Toxin induzierte Diarrhö
bedürfen grundsätzlich der antibiotischen Therapie. Neben den nicht seltenen
Nebenwirkungen der antibiotischen Therapie und der Resistenzentwicklung ist
darauf hinzuweisen, dass toxinbedingte Diarrhöen (präformiert) sowie virale und
parasitäre Diarrhöen nicht auf Antibiotika ansprechen. Auch bei fieberhaftem Verlauf
sollte differenzialdiagnostisch bedacht werden, dass eine Malaria Fieber und
Durchfälle verursachen kann, Gleiches gilt für de Amöbenruhr. In beiden Situationen
besteht durch die Antibiotikaeinnahme eine Gefährdung durch eine signifikante
Verzögerung der wahren Diagnose.
22
Evidenzbasierte Therapie chronisch entzündlicher Darmerkrankungen
J. Wehkamp
Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie, Stuttgart
Individuelle Therapieentscheidungen sind in der Medizin unverzichtbar und Basis des
ärztlichen Handelns. Auch heute noch relativ neu ist die Entwicklung, sich dabei auf
Leitlinien zu berufen. Diese Richtlinien können keine feststehenden, unumstößlichen
Regeln sein, sondern müssen als fließender Prozess verstanden werden. Die
Empfehlungen werden von „menschlichen“ Experten gemacht und basieren sowohl
auf der aktuellen Datenlage unterschiedlicher Qualität als auch auf der Interpretation
und Einschätzung dieser Daten. Die Wirksamkeit, insbesondere aber auch die
Risiken
der
einzelnen
Therapiekonzepte
werden
im
Ländervergleich
ganz
unterschiedlich bewertet. Am meisten erregen sich die Gemüter aktuell noch an der
Frage, ob früh aggressiv, wie in der Rheumatologie, oder eher langsam eskalierend
therapiert
werden
soll.
Die
Erarbeitung
der
Leitlinien
und
damit
einer
evidenzbasierten Therapie durch die DGVS (Deutsche Gesellschaft für Verdauungsund Stoffwechselkrankheiten) und die ECCO (European Crohn’s and Colitis
Organisation) sind aktuell das wichtigste Forum für diese Debatte und haben so für
zukünftige Therapieentscheidungen eine entscheidende Funktion. Die unterschiedlichen Sichtweisen, teilweise auch Streit darüber, sollten somit als wichtige
Chance und Motor zukünftiger Innovationen verstanden werden. Ein weiterer
„Motor“, der die Notwendigkeit zukünftiger Entwicklungen deutlich macht, ist der
auffällige Gegensatz zwischen der Entwicklung beim Krankheitsverständnis und
vieler aktueller Therapien. Einerseits besteht weitgehend Übereinkunft, dass die
Pathogenese wesentlich auf einer Barrierestörung der Darmmukosa gegenüber
luminalen Bakterien beruht. Dies wurde in den letzten Jahren durch Evidenz aus den
unterschiedlichsten Gebieten, insbesondere der Genetik, Mikrobiologie, Morphologie
und der angeborenen Immunologie belegt. Andererseits ist die evidenzbasierte
Therapie, mit Ausnahme der wenigen Indikationen für Anti- oder Probiotika, nach wie
vor gegen die Effektoren des adaptiven Immunsystems gerichtet. Glücklicherweise
haben wir in den letzten Jahren, besonders durch sogenannte Biologika (wie die antiTNF-Antikörper),
wichtige
weitere
Therapieoptionen
hinzugewonnen.
Diese
Therapien sind mittlerweile klar etabliert, debattiert wird nur die Frage, wann sie im
23
Krankheitsverlauf eingesetzt werden sollen. Trotz dieses Fortschritts ist jedoch auch
deutlich geworden, dass wir bei Blockade des adaptiven Immunsystems eine Reihe
von unerwünschten Nebenwirkungen in Kauf nehmen müssen. In diesem Vortrag
werden die wichtigsten Punkte der aktuellen Leitlinien und evidenzbasierten Therapie
vorgestellt und diskutiert. Gleichzeitig hoffen wir, dass die evidenzbasierte Therapie
von heute nicht stehen bleibt, sondern sich weiter zugunsten der Patienten ändern
wird. Unsere Aufgabe wird es sein, in den nächsten Jahren den Gegensatz zu
überbrücken und zusätzlich zum jetzigen Angebot der Immunblockade Therapien
anzubieten, welche das protektive, angeborene Immunsystem gegen Bakterien
stärken und somit die Entzündung im Vorfeld verhindern können.
24
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen – Perspektiven
molekularer Therapiestrategien
E. Cario
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinikum Essen
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind in Schüben verlaufende chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), deren Inzidenz und Prävalenz zugenommen haben.
Dysregulationen in der vernetzten Triade „Immunabwehr-Bakterien-Genetik“ sind
zentraler Angelpunkt in der CED-Pathogenese und führen zu komplexen Defekten in
der mukosalen Barrierehomöostase des Gastrointestinaltrakts (1). Im letzten
Jahrzehnt sind bedeutende und biologisch faszinierende Fortschritte bei der
Aufklärung der multikausalen Pathogenese der CED durch die genomweiten
Assoziationsstudien (GWAS) gemacht worden (2). So wurden u. a. NOD2/CARD15,
IL23R und ATG16L1 als genetische Risikomarker für den M. Crohn identifiziert. Das
International IBD Genetics Consortium hat vor Kurzem mehr als 50 Genhits allein bei
Colitis ulcerosa identifiziert (3). Einige wesentliche Gene aus dem TH17-Signalweg
stellen sich als universelle Risikofaktoren für CED dar. In der postgenomischen
Phase hat nun die zell- und molekularbiologische sowie immunologische
Detailklärung der CED-assoziierten Gendysfunktionen und ihre pathophysiologische
Relevanz Vorrang. Ziel ist die Integration der GWAS-Daten in die funktionelle
Biologie, um so individuelle Risikofaktoren und klinisch aussagekräftige Biomarker zu
identifizieren.
Nicht alle Patienten weisen jedoch Mutationen in diesen Suszeptibilitätsgenen auf.
Die pathophysiologische Heterogenität des Krankheitsbildes CED legt nahe, dass
verschiedene
Patientensubgruppen
mit
unterschiedlichen
Geno-/Phänotypen
bestehen. Die Signalvernetzung diverser Gene der angeborenen Immunität und
Entzündungskaskaden beeinflusst wechselseitig den Krankheitsverlauf und die
Therapieansprechbarkeit entscheidend mit (4). Nach den relativ breiten GWAS
stehen nun Cluster-Analysen von Patientensubkohorten und -subphänotypen sowie
das „fine mapping“ der Loci an. Es werden aufschlussreiche Ergebnisse von
detaillierten Analysen epigenetischer Muster und Kontrollprozesse bzw. deren
mögliche Fehlregulation bei CED erwartet.
25
Trotz anfänglicher vielversprechender Ergebnisse im Tierversuch sind viele klinische
Studien in den letzten Jahren oftmals erfolglos geblieben (5). Gründe für den Mangel
an Wirksamkeit waren vor allem Kohorten-Heterogenität, inadäquate Statistik sowie
ineffiziente Kenntnis der Pharmakokinetik und -dynamik der neuen Wirkstoffe.
Verbesserte Entwicklungen im Bereich der Applikationsformen (durch z. B.
Nanopartikel [6]) eröffnen neue Therapieoptionen.
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26
2010
2010
Fokussierung
Fokussierung auf
auf Funktion
Funktion und
und biologische
biologische
Relevanz
Relevanz der
der zentralen
zentralen CED-Genhits
CED-Genhits
Barrierefunktion
TH1ļ
TH1ļTH2
Angeborene
Immunitä
Immunität
TH17, Autophagie
Inflammasome
IL23R, ATG16L1
IRGM…
NOD2
1988 1996
2001
ZwillingsZwillingsstudien
Genomweite
Kopplungsanalysen
2007
Kandidatengene
Genomweite
Assoziationsstudien
> 50 bestä
bestätigte
CEDCED-Loci
2008
Human
Microbiome
Project
2010
¾Fokus: zentrale Targets/Signalwege,
biologische Funktion/Cluster
¾Subkohorten – Subphänotypen
¾„fine mapping“ der Loci
¾Epigenetische Muster
27
Barrett-Karzinom: aktuelle Diagnostik und stadiengerechte
Therapie
P. Hilgard
Medizinische Klinik, Ev. Krankenhaus Mülheim, Mülheim/Ruhr
Einleitung und Pathogenese
Das Eponym Barrett-Ösophagus geht auf den in den 50er-Jahren des letzten
Jahrhunderts in England tätigen Chirurgen Norman Rupert Barrett zurück, der als
erster das Vorkommen von Zylinderepithel im unteren Ösophagus systematisch
untersuchte, auch wenn seine Schlussfolgerungen und Hypothesen bezüglich dieses
Phänomens zunächst inkorrekt waren. Während er selbst das Phänomen als
mögliche Normvariante beschrieb, bei der ein Teil des Magens durch einen
kongenital bedingt zu kurzen Ösophagus in den Thorax hineingezogen wird, stellte
eine andere Arbeitsgruppe kurze Zeit später den Zusammenhang des Vorkommens
von Zylinderepithel im distalen Ösophagus mit einer Refluxösophagitis her – der
Name Barrett-Ösophagus blieb dennoch bis heute erhalten.
Eine zentrale Bedeutung in der Pathogenese des Barrett-Ösophagus und der damit
im Zusammenhang stehenden Karzinogenese hat die Magensäure. So wird heute
davon ausgegangen, dass die säureassoziierte Schädigung des Plattenepithels im
distalen
Ösophagus
zur
Aktivierung
multipotenter
Stammzellen
in
tieferen
Schleimhautschichten führt, die dann unter magensaftbedingter Säureexposition
fehlerhaft ausdifferenzieren. Während dieses Vorgangs können durch die Säure
zusätzlich Strangbrüche in der DNA entstehen und so die Tumorentwicklung
induziert werden. Ein einmal entstandener pathologischer Zellklon kann säurebedingt
in seinem Wachstum durch die Aktivierung von antiapoptotischen Signaltransduktionswegen wie dem NFțB-Pathway begünstigt werden.
Aktuelle Diagnostik
Im Mittelpunkt der Diagnose des Barrett-Ösophagus und Barrett-Karzinoms steht die
Endoskopie. Die Diagnose des Barrett-Ösophagus erfolgt auf der Basis des
endoskopischen Aspekts, der zur Entnahme von Stufenbiopsien führen sollte. Beim
Nachweis von dysplastischen Zellveränderungen wird empfohlen, diese Stufenbiopsien nach einem zeitlichen Intervall von 4–6 Wochen mit konsequenter
Säuresuppression erneut zu entnehmen, um das Vorhandensein entzündlicher
28
Zellveränderungen, die als Dysplasien fehlgedeutet werden können, auszuschließen.
Karzinomverdächtige noduläre Läsionen innerhalb eines Barrett-Ösophagus werden
vor
evtl.
Stufenbiopsien
entweder
diagnostisch
(ggf.
auch
therapeutisch)
mukosektomiert oder, je nach Größe, gezielt biopsiert. Die Histologie liefert dann die
definitive Diagnose.
Im Gegensatz dazu ist die Bedeutung der Histologie für die Diagnose des BarrettÖsophagus ein Punkt anhaltender kontroverser Diskussionen. Neben dem
Vorhandensein von Zylinderepithel wird seit Beginn der 1990er-Jahre das
Vorkommen von intestinaler Metaplasie mit spezialisierten Becherzellen im
Zylinderepithel zur Diagnose gefordert. Obwohl weiter davon ausgegangen wird,
dass das Vorkommen intestinaler Metaplasie innerhalb des Zylinderepithels mit der
Entwicklung von Dysplasien und letztlich des Adenokarzinoms assoziiert ist, wird die
Bedeutung für die Diagnosestellung zunehmend relativiert. Zum einen ist heute klar,
dass die metaplastischen Zellen auch nur fokal vorkommen und damit zu einem
„sampling error“ führen können, zum anderen wurde durch histochemische und
genetische Untersuchungen gezeigt, dass für die Entwicklung eines Adenokarzinoms
prädisponierende molekulare Veränderungen auch in Zylinderepithel ohne Nachweis
von intestinaler Metaplasie mit Becherzellen vorkommen können. Da neueste
klinische Untersuchungen dies zu bestätigen scheinen, fordern verschiedene
Fachgesellschaften nur noch den Nachweis von Zylinderepithel, nicht aber den von
Becherzellen (= intestinale Metaplasie) zur Diagnose eines Barrett-Ösophagus.
Nach einmal gestellter histologischer Diagnose mit Nachweis von Zylinderepithel
werden in Abhängigkeit des Nachweises von Dysplasien („low-grade“ oder „highgrade“ intraepitheliale Neoplasien = IEN) sowohl die Intervalle der endoskopischen
Kontrollen mit Entnahme von Stufenbiopsien als ggf. auch die endoskopische
Therapie festgelegt. So sollten nach den deutschen Empfehlungen bei fehlendem
Nachweis von IEN in Abhängigkeit vom Vorhandensein eines short- (< 3 cm) oder
long-segment (> 3 cm) Barrett-Ösophagus die Kontrollintervalle 3 oder 4 Jahre
betragen. Bei Nachweis von low-grade IEN sind jährliche endoskopische Kontrollen
notwendig, während der Nachweis von high-grade IEN oder nodulären Läsionen
innerhalb des Barrett-Ösophagus eine endoskopische Therapie zur Folge hat (s. u.).
Ergänzend zur routinemäßigen Entnahme von 4-Quadranten-Stufenbiopsien können
verschiedene endoskopische Färbe- und Magnifikationsverfahren zum Einsatz
kommen, wobei das narrow-band imaging (NBI) und/oder die Zoomendoskopie mit
Essigsäure mittlerweile die größte Verbreitung haben. Diese Verfahren können
29
helfen, dys- bzw. neoplastische Areale innerhalb der Barrett-Zylinderepithelschleimhaut makroskopisch zu erkennen und vor den Quadrantenbiopsien gezielt zu
biopsieren.
Die Endosonographie hat bei der Diagnostik des Barrett-Karzinoms nur in den
höheren Tumorstadien Bedeutung, da sie beim Frühkarzinom nur im Ausnahmefall
zusätzliche therapierelevante Informationen beisteuert. Beim fortgeschrittenen
Barrett-Karzinom hingegen liefert die Endosonografie mit dem lokalen Staging und
dem Lymphknotenstatus für die Planung einer kurativen Therapie (Operation ±
neoadjuvante Chemotherapie) entscheidende Informationen. Ergänzend erfolgt zum
Staging
vor
kurativer
Therapie
des
Barrett-Karzinoms
die
radiologische
Schnittbilddiagnostik des Thorax und des Abdomens sowie, aufgrund der hohen
Tendenz dieser Tumoren eine peritoneale Aussaat zu entwickeln, eine diagnostische
Laparoskopie. Die Bedeutung des PET-CT zum Staging dieser Tumoren bzw. als
Parameter des Ansprechens einer neoadjuvanten Therapie wird kontrovers
diskutiert.
Therapie des Barrett-Karzinoms
Die Therapie des Barrett-Karzinoms erfolgt stadiengerecht und muss beim kurativen
Ansatz auch die Therapie des verbleibenden nicht neoplastischen Barrett-Areals
einschließen. Bei high-grade IEN oder Frühkarzinomen innerhalb der Mukosa steht
die kurative endoskopische Therapie im Vordergrund. Die endoskopische Therapie
des Barrett-Ösophagus und Karzinoms hat sich in den vergangenen 20 Jahren durch
eine Vielzahl von zum Teil großen und randomisierten Studien mit langen
Nachbeobachtungszeiten von einer experimentellen zu einer etablierten und von
verschiedenen Fachgesellschaften empfohlenen Therapiemodalität entwickelt. Dies
basiert vor allem auf der Tatsache, dass sie bei den Frühformen im Hinblick auf den
lokalen
Therapieerfolg,
Rezidiventwicklung
und
Überleben
der
klassischen
chirurgischen Therapie ebenbürtig ist.
Prinzipiell stehen heute verschiedene Methoden zur endoskopischen Therapie zur
Verfügung, die alle spezifische Vorteile, Risiken und Limitationen haben. So kann mit
den endoskopischen Resektionsverfahren (EMR = endoskopische Mukosaresektion,
im Ösophagus meist als Kappen-EMR durchgeführt) zwar eine zuverlässige
histologische Aufarbeitung des resezierten Gewebes erfolgen, es ist aber kaum
möglich größere Läsionen oder einen kompletten long-segment Barrett-Ösophagus
mit multiplen high-grade IEN zu entfernen. Ein sich zunehmend etablierendes
30
Resektionsverfahren stellt alternativ die ESD (endoskopische Submukosadissektion)
dar, mit der auch größere Läsionen en bloc reseziert werden können, die jedoch
lange Interventionszeiten erfordert und komplikationsträchtig ist. Müssen sehr große
Schleimhautareale (z. B. bei multifokalen high-grade IEN) abgetragen werden,
kommen Ablationsverfahren zur Anwendung. Früher wurden dazu vor allem
Argonplasmakoagulation und multipolare Elektrokoagulation eingesetzt, die jedoch
hohe Rezidivquoten und inkomplette Ablationen zeigten. In der Folge hat sich zur
flächigen Ablation des Barrett-Ösophagus die photodynamische Therapie (PDT)
etabliert, die jedoch aus den gleichen Gründen heute zunehmend durch die zirkuläre
Radiofrequenzablation (RFA) abgelöst wird, die eine komplette Ablation des BarrettEpithels am zuverlässigsten herbeizuführen scheint. Die histologische Aufarbeitung
des mit diesen ablativen Verfahren zerstörten Gewebes ist natürlich nicht möglich
und die Verfügbarkeit dieser Methoden ist zum Teil aufgrund des hohen Preises
eingeschränkt (v. a. Radiofrequenzablation). Der kompletteste Ansatz des BarrettFrühkarzinoms ist eine multimodale Therapie mit der gezielten Resektion neo- bzw.
dysplastischer Areale (sofern diese makroskopisch identifiziert werden können) und
zur Rezidivprophylaxe der flächigen Ablation des umgebenden Barrett-Epithels.
Das fortgeschrittene Barrett-Karzinom fällt in die Gruppe der Adenokarzinome des
gastroösophagealen Übergangs und wird nach den entsprechenden onkologischen
Leitlinien behandelt. Während T1-Karzinome mit Submukosabeteiligung und
T2-Karzinome ohne Hinweis für regionale Lymphknoten- oder Fernmetastasen
primär der chirurgischen Behandlung zugeführt werden, sind die Stadien N1 oder T3
in der Regel Indikationen für eine neoadjuvante platinbasierte (Radio-)Chemotherapie. Bei Vorliegen von Fernmetastasen erfolgt der Einsatz der Chemotherapie
unter palliativen Gesichtspunkten.
31
Diagnostik und Therapie des Cholangiokarzinoms
T. Zöpf
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Sana Kliniken Düsseldorf,
Sana Krankenhaus Gerresheim, Düsseldorf
Zusammenfassung
Das Cholangiokarzinom entsteht aus dem Gallengangsepithel und findet sich in
ca. 60–70% der Fälle im Bereich der Gallenwegsbifurkation (Klatskin-Tumor). Das
Cholangiokarzinom gehört mit einer Inzidenz von 3/100.000 Einwohner pro Jahr zu
den seltenen Tumoren, weist aber in den letzten Jahren eine zunehmende Tendenz
auf. In Europa gilt als Hauptrisikofaktor die primär sklerosierende Cholangitis (PSC),
in Asien Infektionen mit den Leberparasiten Opisthorchis viverrini und Clonorchis
sinensis. Das Lebenszeitrisiko eines PSC-Patienten, ein Cholangiokarzinom zu
entwickeln, beträgt 10–15%.
Klinisches Leitsymptom ist der schmerzlose Ikterus, sonografisch finden sich
peripher aufgestaute Gallenwege, wobei der Tumor meist nicht darstellbar ist.
Laborchemisch ist neben den Cholestaseparametern häufig der wenig spezifische
Tumormarker CA 19-9 erhöht.
Im modernen diagnostischen Algorithmus steht die MRCP an erster Stelle. Sie kann
nicht nur den Tumor und den konsekutiven Gallestau darstellen, sondern gibt
Hinweise auf Gefäßeinbrüche und damit eine Resektabilität und ist darüber hinaus
zur endoskopischen Interventionsplanung äußerst hilfreich. Die histologische
Sicherung des Tumors gestaltet sich häufig problematisch. Da die Tumoren meist
klein sind, versagen die perkutane oder die endosonografische Feinnadelpunktion.
Die Cholangiokarzinome weisen häufig einen hohen Bindegewebsanteil auf, sodass
die mittels ERC zu gewinnende Bürstenzytologie eine Sensitivität von nur 30%
aufweist. Mittels molekularbiologischer Methoden (z. B. FISH) kann die Sensitivität
bestenfalls verdoppelt werden. Die fluoroskopisch gesteuerte „blinde“ Zangenbiopsie
ist ebenfalls nur wenig besser. Eine Verbesserung könnte die direkte Cholangioskopie darstellen, die einerseits gezielte Zangenbiopsien ermöglicht und andererseits
morphologische Malignitätskriterien wie Tumorgefäße zusätzlich darstellen kann.
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung sind nur ca. 30% der Cholangiokarzinome
resektabel und somit der palliative Therapieansatz dominierend. In der Palliation gilt
es, die beeinträchtigenden Symptome, namentlich den Ikterus, schonend zu
32
beseitigen. Die Prognose in der palliativen Situation ist schlecht, mit einer medianen
Überlebenszeit von ca. 6 Monaten. Die Methode der Wahl ist die endoskopische
Drainage. Meist gelingt dies mittels ERC transpapillär, in seltenen Fällen muss die
Drainage von perkutan als PTCD erfolgen. Die optimale Drainagemodalität ist
weiterhin umstritten. Hierbei stehen einseitige Drainage der bilateralen Drainage und
Plastikprothesen
den
Metallstents
gegenüber.
Aufgrund
der
inkonsistenten
Datenlage lässt sich hier keine der Methoden eindeutig favorisieren. Als wichtige
Regeln sollte aber berücksichtigt werden, dass jedes, mit Kontrastmittel dargestellte
(und damit mit Keimen kontaminierte) Gallenwegsareal auch zwingend drainiert
werden muss und dass ein bereits atrophierter Leberlappen nicht mehr drainiert
werden sollte. In unserer Klinik vertreten wir eher das Konzept eines „aggressiven“
Stentings. Hierunter lassen sich mediane Überlebenszeiten von ca. 9 Monaten
erzielen.
Cholangiokarzinome
sind
wenig chemotherapiesensibel. Dies
zeigt sich
in
Ansprechraten von nur 10–30% und bislang keiner signifikanten Steigerung der
Überlebenszeit. Für die sogenannten „Biologicals“ zeigen sich erste vielversprechende Daten.
Die Strahlentherapie konnte nach einzelnen ermutigenden Kleinserien bislang keinen
signifikanten Effekt erzielen. Zur Chemoembolisation (TACE) und zur selektiven
internen Radiotherapie (SIRT) gibt es bislang nur Kleinserienuntersuchungen, die
eine gültige Aussage noch nicht zulassen.
Bei nicht-metastasiertem Cholangiokarzinom konnte die photodynamische Therapie
(PDT) bislang als einzige Methode eine signifikante Verlängerung der Überlebenszeit
erzielen. In 2 randomisierten Studien zeigte sich im Median eine Verdreifachung der
Überlebenszeit. Allerdings sind auch hier die Patientenzahlen noch sehr klein. In
einer jüngst vorgestellten eigenen klinischen Serie ließ sich bei 53 Patienten eine
mediane Überlebenszeit von 630 Tagen erzielen.
33
Gallengangskarzinome: wann und wie operieren?
G. Otto
Abteilung
für
Transplantationschirurgie,
Universitätsmedizin
der
Johannes-
Gutenberg-Universität, Mainz
Die prinzipielle Unterteilung von Gallenwegskarzinomen erfolgt in extra- und
intrahepatische Tumoren. Intra- und extrahepatische Gallenwegskarzinome sind
histomorphologisch und hinsichtlich der Tumormarker identisch. Die intrahepatischen
Cholangiokarzinome machen ca. 10% aller Lebertumoren aus und kommen
vorwiegend in einer nicht-zirrhotischen Leber vor. Die Diagnose erfolgt in den
meisten Fällen, wenn der Tumor symptomatisch wird, Frühsymptome fehlen
gewöhnlich. Kernspin- und Computertomografie (CT) sind für die Diagnostik
unerlässlich. In der CT-Untersuchung sind Tumorlokalisation, Gefäßanatomie und
das Verhältnis des Tumors zu wichtigen Strukturen besser einschätzbar. Etwa 40%
der Patienten sind von vornherein inoperabel. Bei der Laparotomie ergibt sich im
Allgemeinen eine Resektionsrate von 50–70%.
Überleben nach Resektion bei intrahepatischem Cholangiokarzinom in Abhängigkeit vom Lymphknotenbefall; Patienten
der Abteilung für Transplantation/HBP-Chirurgie Mainz (n=105)
p<0.001
Das wichtigste prognostische Kriterium ist der Lymphknotenbefall, der bei dieser
Tumorart in ca. 30% aller Patienten vorhanden ist (Abb. 1). Das 5-Jahres-Überleben
liegt bei 25–35% der resezierten Patienten. Chemotherapie, SIRT (selektive interne
Radiotherapie) und Chemoembolisation sind palliative Therapiemöglichkeiten.
Die
extrahepatischen
Cholangiokarzinome
stellen
die
größere
chirurgische
Herausforderung dar. Während Tumoren im unteren und mittleren Drittel in der Regel
wie das duktale Pankreaskopfkarzinom operiert werden, also durch eine kephale
34
Duodenopankreatektomie, ist das Vorgehen im Hilusbereich differenzierter. Die
Ergebnisse von Tumoren im unteren und mittleren Gallengangsdrittel sind nicht
besser als die des duktalen Pankreaskarzinoms. Offenbar sind hier die besonderen
anatomischen Beziehungen, die durch die Lokalisation des Tumors gegeben sind,
ursächlich für die schlechte Prognose anzusehen. Tumoren im hilären Bereich
erfordern eine besondere präoperative Diagnostik. In unserer Einrichtung wird in der
überwiegenden Zahl der Patienten eine präoperative perkutane transhepatische
Cholangiografie (PTC) durchgeführt. Neben der CT, bei der Gefäßinfiltration und
Größe der beiden Leberhälften exakt zu beurteilen sind, ist die Längsausdehnung
des Tumors entlang der Gallenwege hinsichtlich der Resektion entscheidend. Auf der
Basis dieser Diagnostik kann bei ca. 80% aller Patienten die chirurgische Strategie
(rechtsseitige versus linksseitige Resektion) richtig vorhergesagt werden. Standard
ist die (erweiterte) Hemihepatektomie, grundsätzlich unter Mitresektion der
Segments 1.
Hiläres Cholangiokarzinom. Vergleich Überleben: keine
Chirurgie, Exploration, Resektion; Patienten der Abteilung
für Transplantation/HBP-Chirurgie Mainz (n=182)
Proportion Patienten
p<0.001
Keine Chirurgie
Exploration
Resektion
n = 22
n = 37
n = 123
Tage
Die Prognose wird hier ebenfalls vom Lymphknotenbefall entscheidend beeinflusst,
daneben stellt die Radikalität des chirurgischen Vorgehens einen wichtigen
prognostischen Faktor dar (R0-Resektion). Das 5-Jahres-Überleben liegt auch bei
dieser Tumorart nicht wesentlich über 20%. Im eigenen Krankengut betrug es 23%.
Das mediane Überleben war jedoch nach R0-Resektion und selbst nach palliativer
Resektion (858 Tage und 639 Tage) signifikant höher als ohne Resektion
(197 Tage). Die Resektion ist der einzige kurative Therapieansatz, für andere
Therapieformen ist eine signifikante Verlängerung des Überlebens wahrscheinlich.
Hier ist vor allem die photodynamische Therapie (PDT) zu nennen, während die
Chemotherapie einen unklaren Stellenwert besitzt.
35
Pankreaskarzinom: wann welche Chemotherapie?
A. Knuth, D. Zardavas
Klinik und Poliklinik für Onkologie, Universitätsspital Zürich, Zürich, Schweiz
Karzinome des exokrinen Pankreas belegen in den westlichen Industrienationen die
vierte Stelle der krebsassoziierten Mortalitätsstatistiken. Die Diagnose wird meist in
fortgeschrittenen Krankheitsstadien gestellt, ohne kurative Optionen durch lokale
Interventionen. Palliative Maßnahmen inklusive Chemotherapie stehen dann im
Vordergrund.
Nach chirurgischer Resektion in kurativer Absicht bietet sich die Möglichkeit einer
postoperativen adjuvanten Nachbehandlung mit dem Ziel, die rezidivfreien Intervalle
und das Gesamtüberleben zu verlängern. 5-Fluorouracil (5-FU)- oder Gemcitabinbasierte adjuvante Therapieregime wurden geprüft, mit oder ohne begleitende
Radiotherapie. Aufgrund der verfügbaren Daten aus kürzlich abgeschlossenen
Phase-III-Studien lässt sich schließen, dass Gemcitabin 5-FU-basierten Therapieregimen überlegen ist. Der über viele Jahre postulierte Wert der adjuvanten
Radiochemotherapie konnte in neueren Studien nicht bestätigt werden. Trotz
Fortschritten in der adjuvanten Therapie der Karzinome des exokrinen Pankreas
erleidet die Mehrzahl der Patienten einen Rückfall der Erkrankung.
Gemcitabin aus der Gruppe der Nukleosidanaloga ist seit 1997 das wichtigste
Chemotherapeutikum in der palliativen Chemotherapie des Pankreaskarzinoms. Bei
nicht vorbehandelten Patienten hat Gemcitabin im Vergleich zu 5-FU eine deutliche
Überlegenheit bezüglich des Gesamtüberlebens und der Lebensqualität gezeigt. In
der Folge wurden verschiedene Kombinationen mit anderen Chemotherapeutika
geprüft. Zusammen mit Platinderivaten war kein signifikanter Überlebensvorteil zu
erreichen. Bei Patienten mit gutem Performancestatus hat sich in der Kombination
mit Capecitabin ein Trend für ein verlängertes Gesamtüberleben gezeigt. Nach
Therapieversagen mit Gemcitabin gibt es derzeit keine akzeptierte Standardtherapie.
Capecitabin, Oxaliplatin und 5-FU allein oder in Kombination sind vertretbare
Alternativen.
Die Blockade von Signalwegen über Rezeptortyrosinkinasen mit niedermolekularen
Substanzen hat in den letzten Jahren die klinische Krebsforschung beflügelt, auch
beim Pankreaskarzinom. Eine 2007 veröffentlichte Studie zur Kombination von
Gemcitabin mit Erlotinib, einem Tyrosinkinaseinhibitor, der an den Epidermal Growth
36
Factor Receptor (EGFR) bindet, hat einen Überlebensvorteil in der Kombination
gezeigt. Dieses vielversprechende Ergebnis und zugleich neue Behandlungsprinzip
konnte mit dem EGFR-spezifischen Antikörper Erbitux bemerkenswerterweise nicht
gezeigt werden.
Angiogenese und speziell der Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth
Factor) sind validierte Targets bei verschiedenen malignen Erkrankungen wie
Brustkrebs,
Bronchialkarzinomen
und
kolorektalen
Karzinomen.
Auch
beim
fortgeschrittenen Pankreaskarzinom wurde der VEGF-spezifische monoklonale
Antikörper Bevacizumab geprüft, zusammen mit Gemcitabin im Vergleich zu Erlotinib
plus Gemcitabin. Ein Überlebensvorteil konnte nicht erreicht werden, ebenso wenig
wie mit Axitinib, einem oralen Inhibitor des VEGF-Rezeptors. Die fehlende
Wirksamkeit
dieser
Substanzgruppe
ist
möglicherweise
mit
der
speziellen
Tumorbiologie des Pankreaskarzinoms erklärbar. Pankreaskarzinome sind meist
hypovaskulär mit ausgeprägter Fibrose und Stromavermehrung.
Neuere Erkenntnisse zur Molekularpathologie des Pankreaskarzinoms, speziell der
dichten
desmoplastischen
Reaktionen
um
Tumorzellnester
herum,
haben
therapeutische Ansätze zur Stromadepletion hervorgebracht. Eine besondere Rolle
bei der Depletion fibrotischen Stromas spielt die Inhibition des „Hedgehog-Signaling
Pathway“ über den sogenannten „Smoothened Receptor“. Die Hypothese ist, dass
auf diesem Weg Chemotherapeutika und andere Wirksubstanzen den Tumor besser
erreichen können. Klinische Studien mit dem Hedgehog-Signaling Inhibitor GDC0449 kombiniert mit Gemcitabin im Vergleich zu Erlotinib und Gemcitabin laufen
derzeit noch.
Ein weiterer Weg, das spezielle Mikroenvironment der Pankreaskarzinome zu
umgehen, wird gegenwärtig mit nab-Paclitaxel versucht, einem Nanopartikel/Albumin-gekoppelten
Paclitaxel,
das
bereits
in
der
Second-line-Therapie
des
Mammakarzinoms zum Einsatz kommt. Über den Albuminrezeptor (gp60) in
Tumorgefäßen sowie das Stromaprotein SPARC (Secreted Protein Acidic and Rich
in Cysteine, bzw. Osteonectin) wird eine vermehrte Paclitaxelaufnahme in den Tumor
ermöglicht. Erfolge der nab-Paclitaxel/Gemcitabin-Kombination mit Verlängerung der
progressionsfreien Intervalle in Phase-II-Studien haben Phase-III-Studien präzipitiert,
deren Ergebnisse mit Spannung erwartet werden. Auch wird die Kombination von
nab-Paclitaxel, Gemcitabin und Hedgehog-Inhibitor GDC-0449 in noch laufenden
klinischen Studien geprüft.
37
Ein weiterer aussichtsreicher Weg in der klinischen Forschung um das Pankreaskarzinom ist das Targeting kürzlich beschriebener Tumorstammzellen. Auch hier ist
das Targeting der Notch- oder Hedgehog-Signalwege kombiniert mit Zytostatika,
Gegenstand klinischer Studien, deren Ergebnisse noch ausstehen.
Der bisher erreichte Fortschritt in der Behandlung des Pankreaskarzinoms unter
Einsatz von Gemcitabin allein oder in Kombination mit anderen Substanzen hat ein
Plateau erreicht. Alle, die Patienten mit Pankreaskarzinomen behandeln, kennen
kurze oder sehr kurze, besonders ungünstige Verläufe, aber gelegentlich auch wider
Erwarten
lange
Krankheitsverläufe
ohne
überzeugende
pathophysiologische
Erklärung. Nur ein tieferes Verständnis der Molekularpathologie dieser fast immer
tödlichen Erkrankung wird Grundlagen für Fortschritte in der Behandlung des
Pankreaskarzinoms erbringen.
38
Pankreaskarzinom: wann welche Operation?
W. Uhl
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, St. Josef-Hospital, Bochum
Patienten mit einem duktalen Pankreaskarzinom haben nach wie vor eine schlechte
Prognose. Die 5-Jahres-Überlebensrate wird auch in neueren Publikationen mit
genauer histologischer Aufarbeitung der Operationspräparate bei 10% angegeben.
Echte 5-Jahres-Überlebende scheint man nicht zu kennen, sodass man sich fragen
kann, inwieweit die komplexen und morbiditätsträchtigen Operationen beim
Pankreaskarzinom sinnvoll sind, wenn man auf der anderen Seite mit einer
palliativen Chemotherapie ein medianes Überleben von bis zu 12–15 Monaten
erreichen kann und von einigen Pankreaszentren reale R1-Resektionsraten von über
85% beim Pankreaskarzinom beschrieben werden.
Nach wie vor ist aber die radikale Tumorentfernung die einzige kurative Option und
die
5-Jahres-Überlebensrate
bei
begrenztem
Tumorausmaß
(pT1–2)
ohne
Lymphknotenmetastasierung (N0) liegt bei 25–40%. Eine randomisierte kontrollierte
Studie aus Japan, die bei resektablem Pankreaskarzinom die Patienten in eine
operative und eine Strahlen-/Chemotherapiegruppe randomisiert hat, zeigte ein
signifikant besseres medianes Überleben bei den resezierten Patienten (> 17 vs.
11 Monate, p < 0,05). Darüber hinaus haben gerade adjuvante Chemotherapiekonzepte nach Resektion des Pankreaskarzinoms zu einer deutlichen Prognose- und
Lebensqualitätsverbesserung geführt. Gerade die multimodalen Therapiekonzepte
haben und werden in der Zukunft dazu beitragen, dass immer mehr Patienten mit
einem operierten duktalen Pankreaskarzinom 2 Jahre zumindest rezidivfrei und bei
Lokalrezidiv und/oder Organmetastasierung 5 Jahre und mehr leben werden.
Zunehmend gibt es Publikationen über diese Patienten, die diese 5-Jahres-Hürde
bewältigen, und auch 10 Jahre das Pankreaskarzinom überlebt haben. Die Chirurgie
ist deshalb wichtigster und integraler Bestandteil eines multimodalen Therapiekonzepts beim Pankreaskarzinom. Dringend geprüft werden sollten angesichts der
R1-Diskussion sinnvolle neoadjuvante Therapiekonzepte.
Pankreaseingriffe sind aber komplex und schwierig und mit einer hohen
postoperativen Morbidität und Letalität verbunden. Die Erfahrung des Chirurgen und
der Klinik bei diesen Operationen und das postoperative Management spielen
deshalb eine sehr wichtige Rolle, sodass die Patienten in entsprechenden
39
spezialisierten Zentren behandelt werden sollten. Werden mehr als 16 Pankreasresektionen pro Jahr in einem Zentrum durchgeführt, liegt die perioperative Letalität
unter 4%, bei weniger als 3 Resektionen liegt diese demgegenüber bei inakzeptablen
15–20%. Aber nicht nur die Letalität ist in den sogenannten „high volume“-Zentren
geringer, sondern auch die Komplikationsrate. Das Ganze hat dann einen weiteren
signifikanten Einfluss auf die postoperative Lebensqualität und das Gesamtüberleben.
Bezüglich der Operationsmethoden konnten in der Vergangenheit verschiedene
Fragen mittels randomisierter kontrollierter Studien und Metaanalysen geklärt
werden.
Die
Pylorus-erhaltende
Pankreaskopfresektion
hat,
wenn
keine
Kontraindikation besteht (z. B. Infiltration des Pylorus), eine gleiche Morbidität,
Letalität und Prognose wie die klassische Whipple-Operation mit zusätzlicher distaler
Magenresektion. Aufgrund dieser Ergebnisse sollte der Magen-/Pylorus-erhaltenden
Operationstechnik der Vorzug gegeben werden. Was die Lymphadenektomie betrifft,
so kann diese begrenzt in den ferneren Kompartimenten (mesenterial und
interaortokaval) ausfallen. Diese Strategie ist sogar besser als eine ausgedehnte
oder erweiterte Lymphadenektomie, da postoperative Lymphfisteln und eine lang
anhaltende und schwer zu therapierende Diarrhö dadurch vermieden werden
können. Die Prognose wird durch eine erweiterte Lymphadenektomie definitiv nicht
verbessert. Die Pankreaslinksresektion umfasst neben der Splenektomie die
Lymphknotendissektion bis und mit dem Truncus coeliacus.
Das Resektionsausmaß mit oder ohne Gefäßinfiltration muss differenziert betrachtet
werden.
Aus
onkologischen
Gründen
oder
bei
nicht
anastomosenfähigem
Restpankreas (weiches oder adipöses Pankreasgewebe) oder aufgrund einer
komplexen Gefäßinfiltration z. B. der Vena portae oder des Truncus coeliacus kann
eine totale Pankreatektomie notwendig machen. Diese hat heute eine geringere
Morbidität und Letalität als früher, auch die Einstellung des pankreopriven Diabetes
mellitus gelingt heute leichter, sodass die Lebensqualität nur gering eingeschränkt
ist. Eine isolierte Gefäßinfiltration durch den Tumor am portal-venösen System stellt
heute keine Kontraindikation zur Resektion dar, da bei entsprechender Erfahrung
diese mit dem Tumor reseziert werden kann und eine direkte End-zu-EndAnastomose vorgenommen oder eine ringverstärkte Gefäßprothese interponiert
werden kann. Beim arteriellen System bestehen nach wie vor aber chirurgische
Grenzen auch in den Pankreaszentren; lediglich die sogenannte Appleby-Operation
mit Resektion des Truncus coeliacus bei einem lokal fortgeschrittenen Pankreas40
korpuskarzinom kann sinnvoll sein. Hierzu ist aber erforderlich, dass die Arteria
mesenterica superior nicht einbezogen und die Leberdurchblutung über die
A. gastroduodenalis erhalten ist. Insgesamt muss man aber eingestehen, dass diese
Operationen Ausnahmen sind und vor allen Dingen bei jungen Patienten indiziert
sein können. Wichtig ist aber eine genaue Verfolgung dieser Patienten (Follow-up),
um mehr Erfahrung für diese Grenzindikationen zu erhalten. Dasselbe gilt für die
Mitresektion von Lebermetastasen beim Pankreaseingriff.
Bei intraoperativer Feststellung der Nicht-Resektabilität sollte bei einem Pankreaskopf-/korpuskarzinom bei Ikterus oder nach Gallengangsstenting entsprechend
klinischer Studien, einer Metaanalyse und eigener Daten neben der Hepaticojejunostomie ein simultaner Magenbypass (palliativer Doppelbypass) angelegt und
insbesondere die Galleflüssigkeit auf Keime untersucht werden. Bei einem
präoperativen
Stenting
sind
nahezu
100%
der
Galleflüssigkeiten
bakteriell
kontaminiert, in der heutigen Zeit auch mit resistenten Keimen. Letzteres Wissen
ermöglicht postoperativ eine zielgerichtete Therapie bei Cholangitis oder infektiösen
Problemen.
Literatur:
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A nationwide study re-evaluating the data of the Finnish Cancer Registry. Gut. 2005;
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pancreatic adenocarcinoma. Ann Surg Oncol. 2009; 16: 836–847.
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41
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for unresctable advanced pancreatic cancer. Br J Surg. 2009; 96: 711–719.
Herzog et al. Bacteribilia after preoperative bile duct stenting: a prospective study. J
Clin Gastroenterol. 2009; 43: 457–462.
42
Leberzellkarzinom: Diagnostik und lokal ablative Verfahren
(SIRT, TACE, RFA)
J.F. Schlaak
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinikum Essen
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) gehört weltweit zu den häufigsten Karzinomen
und wird in Deutschland zu den 10 häufigsten tumorbedingten Todesursachen
gezählt. Meist stellt das HCC eine Komplikation einer viral oder nicht-viral bedingten
Leberzirrhose dar, wobei jedoch auch Fälle in nicht-zirrhotischer Leber beobachtet
werden. Da dieser Tumor oft erst in einem relativ späten Stadium der Erkrankung
diagnostiziert wird, sind in vielen Fällen kurative Therapieansätze nicht mehr
möglich. Um die Inzidenz und Mortalität des HCC zu senken, sollte daher zunächst
angestrebt werden, durch präventive Maßnahmen dessen Entstehung zu verhindern
sowie durch konsequentes Screening von Risikopatienten die Früherkennung zu
verbessern.
Das Screening beschränkt sich zurzeit auf die Bestimmung von Alphafetoprotein
(AFP) sowie auf Ultraschalluntersuchungen der Leber in (3–)6 monatigen Abständen
bei Patienten, die ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines HCC aufweisen.
Kürzere Untersuchungsintervalle sind nicht sinnvoll. Eigene und bisher nicht
veröffentlichte Daten zeigen, dass durch die zusätzliche Bestimmung von AFP-L3
sowie von Des-Gamma-Carboxy-Prothrombin (DCP) die Sensitivität bez. der
serologischen Detektion eines HCC von etwa 30% auf knapp 70% erhöht werden
kann (Ertle et al., in Vorbereitung). Dies bestätigt erstmals ähnliche Daten aus dem
asiatischen Bereich auch für kaukasische Patienten, sodass diese Testverfahren
einen wichtigen neuen Baustein im Rahmen des HCC-Screenings darstellen
könnten. Die Abdomensonografie ist jedoch unverändert der Standard bei den
apparativen Screeningverfahren, die routinemäßige Durchführung von Schnittbildverfahren sollte in dieser Indikation nur besonderen Fällen vorbehalten bleiben.
Ist ein unklarer Leberrundherd entdeckt worden, so können verschiedene Techniken,
angefangen von der Kontrastmittelsonografie, über CT- bzw. MRT-Verfahren bis zur
Angiografie und PET/CT, durchgeführt werden. Da HCCs klassischerweise
hypervaskularisiert sind, zeichnen sie sich in dynamischen KM-Verfahren (Ultraschall
oder Schnittbild) durch eine Hypervaskularisation in der arteriellen Phase sowie
durch einen sogenannten „wash-out“ in der venösen Phase aus. Bei fokalen
43
Läsionen > 2 cm und/oder AFP > 200 ng/ml reicht 1 bildgebendes Verfahren mit
diesem KM-Verhalten aus, um die Diagnose zu stellen (s. Abb. 1). Bei Läsionen
zwischen 1–2 cm wird der Nachweis mittels zweier Verfahren gefordert und bei
Patienten mit Läsionen < 1 cm werden Ultraschallkontrollen alle 3–4 Monate
empfohlen. Bei unklaren Befunden sollte eine Histologie angestrebt werden.
Abb. 1: Diagnostischer Algorithmus
Ist ein HCC manifest geworden, ergeben sich in Abhängigkeit vom Tumorstadium
verschiedene therapeutische Optionen (s. Abb. 2):
44
Abb. 2: Therapeutischer Algorithmus
1. Chirurgische Therapieverfahren: Bei kleineren HCCs, lokalisiertem Befall und
kompensierter Lebererkrankung kann eine Leberresektion mit oder ohne nachfolgende Lebertransplantation erwogen werden.
2. Lokal ablative Verfahren: Kommen Resektion oder Transplantation nicht infrage,
bzw. soll ein Downstaging vor Transplantation erfolgen, so sind zunächst Chemoembolisation (TACE) oder thermoablative Verfahren (RFTA) Mittel der Wahl. Sind
diese technisch nicht mehr durchführbar bzw. sinnvoll, kann die selektive interne
Radiotherapie (SIRT) zum Einsatz kommen.
3. Systemische Chemotherapie: Eine systemische Chemotherapie kann erwogen
werden, wenn chirurgische oder lokal ablative Verfahren nicht indiziert sind bzw.
bereits eine Metastasierung eingetreten ist. Hier ist Sorafenib der aktuelle
Therapiestandard.
Die RFTA kommt insbesondere bei kleineren HCCs bis etwa 3 cm Größe zum
Einsatz, wobei die besten Ergebnisse bei Tumoren < 2 cm erzielt werden. Hier
können auch sehr gute Langzeitergebnisse erzielt werden. Neben der Größe des zu
behandelnden Herdes ist oft dessen Lokalisation (subkapsulär, Gefäßnähe, …)
limitierend.
45
Ist eine RFTA nicht mehr möglich, sollte eine TACE erwogen werden. Diese kann
auch bei größeren Herden eingesetzt werden. Dann muss diese Behandlung in
mehreren Sitzungen durchgeführt werden. Liegt jedoch eine Pfortaderthrombose
(PVT) oder eine Leberzirrhose im Stadium Child B oder C vor, so ist von diesem
Verfahren Abstand zu nehmen.
Bei sehr ausgedehnten Tumoren, die für eine RFTA oder eine TACE nicht mehr
infrage kommen, stellt die SIRT eine attraktive Therapiealternative dar. Hier sind
2 Verfahren (SirSpheres, Fa. Sirtex; TheraSphere, Fa. MDS Nordion) verfügbar,
wobei das TheraSphere-Verfahren auch bei Patienten mit PVT geeignet ist. Zur
Publikation eingereichte Daten aus der eigenen Klinik zeigen, dass eine
TheraSphere-Behandlung von HCC-Patienten im Stadium BCLC B und C zu einem
deutlichen Überlebensvorteil führt, wobei sich Anzahl und Schwere von Nebenwirkungen der Behandlung in Grenzen halten.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass primär eine Prophylaxe und
Prävention des HCC angestrebt werden sollte. Ist ein HCC hingegen manifest
geworden, kommen in Abhängigkeit vom Tumorstadium und vom Stadium der
Grunderkrankung neben chirurgischen oder chemotherapeutischen Verfahren
insbesondere auch lokal ablative Methoden zum Einsatz. Dieses multimodale
Therapiekonzept hat dazu geführt, dass sich die Prognose des HCC in den letzten
Jahren deutlich verbessert hat, sodass therapeutischer Nihilismus der Vergangenheit
angehören sollte.
46
Palliative und adjuvante Therapie des Kolonkarzinoms
T. Höhler
Medizinische Klinik I, Prosper-Hospital, Recklinghausen
Palliative Therapie
Die
Entscheidung
metastasiertem
über
das
therapeutische
Kolonkarzinom
sollte
Vorgehen
interdisziplinär
bei
zur
Patienten
Beurteilung
mit
der
Resektabilität in einer Tumorkonferenz getroffen werden. Die komplette Metastasenentfernung stellt für einen Teil der Patienten eine Heilungschance dar. Grundsätzlich
können folgende Therapiesituationen unterschieden werden:
1. Patienten mit primär resektablen Leber- und/oder Lungenmetastasen,
2. Patienten mit einer Indikation für eine intensivierte systemische Therapie,
3. Patienten mit Leber- und/oder Lungenmetastasen, potenziell resektabel nach
Ansprechen auf eine neoadjuvante Therapie und klinisch operable Patienten,
4. Patienten mit tumorbedingten Symptomen, Organkomplikationen oder raschem
Progress,
5. Patienten mit der Möglichkeit für eine weniger intensive Therapie,
6. Patienten mit multiplen Metastasen ohne Option für eine Resektion nach Metastasenrückbildung, ohne tumorbezogene Symptome oder Organkomplikationen
und/oder schwerer Komorbidität.
Die
therapeutischen
Optionen
umfassen
die
Chemotherapeutika
Irinotecan,
Oxaliplatin, 5-FU, orale 5-FU-Prodrugs, den VEGF-Antikörper Bevacizumab und die
EGFR-Antikörper Cetuximab und Panitumumab. Der Einsatz der EGFR-Antikörper
kann nur bei Patienten ohne aktivierende Mutation im k-Ras-Gen erfolgen, da
Patienten mit Mutationen im k-ras-Gen nicht auf eine EGFR gerichtete Therapie
ansprechen.
Die Wahl des Therapieregimes orientiert sich dabei am jeweiligen Therapieziel, d. h.
am Erreichen einer guten Remission und möglicherweise sekundären Resektabilität
oder der Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens bei guter Lebensqualität. Bei der Entscheidung sind das spezifische
Nebenwirkungsprofil der einzelnen Chemotherapeutika, etwaige Komorbiditäten
(z. B. KHK, chronische Diarrhöen), aber auch die persönliche und berufliche
47
Lebenssituation des Patienten zu beachten. Durch Kombination der Chemotherapie
mit einem der Antikörper kann ein verbessertes Ansprechen und ein verlängertes
progressionsfreies Überleben erzielt werden. Bei Tumorprogress erfolgt in der Regel
die Umstellung auf eine Zweit- oder Drittlinientherapie. Die Überlebenszeiten in der
metastasierten Situation betragen aktuell knapp 2 Jahre, wenn die Patienten im
Therapieverlauf Zugang zu allen medikamentösen Optionen haben.
Adjuvante Therapie
Die Durchführung einer adjuvanten Chemotherapie ist für Patienten mit einer
Lymphknoten-positiven Erkrankung (UICC-Stadium III) mit einer signifikanten
Überlebensverbesserung im Vergleich zur alleinigen Operation assoziiert. Für die
adjuvante Chemotherapie des Kolonkarzinoms im Stadium III soll eine Oxaliplatinhaltige Therapie in Kombination mit infusionalem 5-FU oder Capecitabin eingesetzt
werden. Bei älteren Patienten (> 75 Jahre) sollten Oxaliplatin-haltige Kombinationen
mit
Vorsicht
eingesetzt
werden,
da
diese
Patientengruppe
z. T.
ähnliche
krankheitsfreie Überlebenszeiten mit einer alleinigen 5-FU/Capecitabin-Therapie
erzielt und stärker unter den Nebenwirkungen der Kombinationschemotherapie
leidet.
Im Stadium II (T3-Tumor, tumorfreie Lymphknoten) kann eine Chemotherapie
durchgeführt werden. Eine alleinige 5-FU-basierte Therapie führt zu einem absoluten
Überlebensvorteil von ca. 3% nach 5 Jahren. Bei Patienten im Stadium II, die zu
einer Risikogruppe gehören (T4, Tumorperforation/-einriss, Operation unter Notfallbedingungen, Anzahl untersuchter Lymphknoten < 12) sollte eine Oxaliplatin-haltige
adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden.
Weder für Irinotecan-haltige Chemotherapien noch für die Antikörper Cetuximab und
Bevacizumab konnte eine ausreichende Wirksamkeit in der adjuvanten Situation
gezeigt werden.
48
Erhöhte Leberwerte – was tun? Welche Algorithmen sind
sinnvoll?
K.P. Maier
Expertenzentrum – Hepatologie, Diakonie-Klinikum, Akademisches Lehrkrankenhaus
der Universität Tübingen, Stuttgart
1. Einleitung
Die Anzahl möglicher Untersuchungen bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen ist außerordentlich hoch. Dies stellt den Arzt nicht selten vor die Frage,
welche Auswahl er bei der Blutuntersuchung eines chronisch Leberkranken treffen
soll.
In der folgenden Übersicht werden solche Untersuchungsverfahren genannt, welche,
in jeder Praxis leicht durchzuführen, dazu geeignet sind, das jeweilige Krankheitsbild
differenzialdiagnostisch wesentlich einzuengen.
In diesem Zusammenhang ist es ratsam, zunächst nur 3 Leberwerte zu messen:
GPT (GOT), alkalische Phosphatase (AP), Gamma-GT (Ȗ-GT).
Je nach Ausfallen der Ergebnisse der Bestimmung dieser 3 Laborwerte kann der
Arzt eine wesentliche Weichenstellung vornehmen:
Ein „Nekrosemuster“ wird sich zu erkennen geben durch – im Vergleich zur AP und
zur Ȗ-GT – deutlich erhöhte Transaminasen und umgekehrt wird ein „Cholestasemuster“ dadurch erkannt, dass – im Vergleich zu den Transaminasen – die
Aktivitäten der AP und der Ȗ-GT deutlich erhöht sind.
Somit gestattet eine erste Näherung die Differenzierung von 2 unterschiedlichen
Abklärungsstrategien:
– Abklärungsstrategie „Nekrose“,
– Abklärungsstrategie „Cholestase“.
2. Abklärungsstrategie „Nekrose“
Viren
Im Rahmen der Abklärung eines Nekrosemusters denkt der Arzt in erster Linie an
eine chronische Virushepatitis, vor allem an eine chronische Hepatitis B oder C.
Zusammen mit einer erhöhten GPT bedeutet HBsAg-Positivität zunächst, dass eine
chronische Hepatitis B kausal sein kann.
49
Zusammen mit einer erhöhten GPT-Aktivität bedeutet Anti-HCV-Positivität zunächst
das Vorhandensein einer chronischen Hepatitis C.
Metabolische Erkrankungen
Bei Patienten mit „ungeklärter Hepatopathie“ ist, wiewohl selten, der aktive
Ausschluss einer Kupferstoffwechselstörung (Morbus Wilson) essenziell.
Zusammen mit erhöhten Transaminasen ist eine Erniedrigung der Coeruloplasminkonzentration (< 20 mg/dl), eine Erhöhung der Kupferausscheidung im Urin
(> 100 g/24 Std.) bzw., ophthalmologisch mit der Spaltlampe untersucht, ein KayserFleischer-Cornealring richtungsweisend für die Annahme eines M. Wilson.
Die Frequenz einer hereditären Hämochromatose (HH) als Ursache einer
Transaminasenerhöhung wird unterschätzt. Typischerweise sind bei einer HH die
Transaminasenaktivitäten, wenn auch nicht stark, erhöht.
Die zusätzliche Untersuchung der Transferrinsättigung (über 62%), die Bestimmung
der Ferritinkonzentration (über 700 μg/l) lassen bereits den dringenden Verdacht auf
eine HH erhärten. Die zusätzliche Bestimmung des HFE-Gens gestattet dann eine
weitere Eingrenzung.
Cholestatische Hepatopathien
PBC und PSC sind cholestatische Hepatopathien, welche sich dominant durch eine
Erhöhung der Cholestaseparameter, nicht durch eine dominante Erhöhung der
Transaminasen zu erkennen geben. Demzufolge werden diese Erkrankungen nicht
unter der Überschrift der Abklärung von Nekrosemustern, sondern von Cholestasemustern (s. u.) besprochen.
Medikamentös-toxische Hepatopathien
Die große Zahl von Medikamenten, die viele Patienten täglich einnehmen, kann zu
erheblichen Veränderungen der Leberwerte führen. Abbildung 1 informiert über eine
Auswahl derjenigen Medikamente, Heilkräuter und Toxine, die für eine medikamentös-toxische Hepatopathie, eingegrenzt durch die entsprechende Anamnese,
verantwortlich sein können.
50
Abb. 1
Erhöhung der GPT-Aktivität
Medikamente, Heilkräuter, Toxine
Acetaminophen
Alpha-methyldopa
Amoxicillin-clavulanic acid
Amiodarone
Carbamazepine
Dantrolene
Disulfiram
Fluconazole
Glyburide
Halothane
Heparin
HMG-Co A reductase inhibitors
Isoniazid
Ketocanazole
Labetolol
Nicotinic acid
Nitrofurantoin
Nonsteroidal anti-inflammatory drugs
Phenylbutazone
Phenytoin
Protease inhibitors
Sulfonamides
Trazadone
Troglidazone
Valproic acid
Zafirlukast
Herbs/Alternative
medications
Chaparral leaf
Ephedra
Gentian
Germander
Senna, Kavakava
Scutellaria (skullcap)
Shark cartilage
Vitamin A
Illicit drugs
Anabolic steroids
Cocaine
Ecstasy (MDMA)
Phencyclidine (PCP)
Toxins
Carbon tetrachloride
Chloroform
Hydrazine
Hydrochlorofluorocarbons
2-Nitropropane
Trichloroethylene
Toluene
R.M. Green, S. Flamm
Gastroenterology. 2002;123:1367-84
Übergewicht
Zunehmend kommen Patienten mit einem metabolischen Syndrom in die Klinik und
in die Praxis, nicht selten mit erhöhten Nekroseenzymaktivitäten. Der Body-MassIndex (BMI), die meistens doppelt so hohe GPT im Vergleich zur GOT und Zusatzerkrankungen
(Diabetes
mellitus,
Hypertonie,
Hyperurikämie,
Fettstoffwechsel-
störungen) führen auf die richtige Fährte einer nicht-alkoholischen Hepatopathie
(NASH).
Alkoholische Hepatopathien
Transaminasenerhöhungen bei Alkoholikern sind die Regel. Eine MCV-Vermehrung
und eine Vermehrung der IgA-Konzentration im Serum sind Laborparameter, die den
Verdacht auf eine ethanolische Genese der zugrunde liegenden Hepatopathie
aufkommen lassen. Die Fremdanamnese ist hilfreich.
Seltene Lebererkrankungen
Viele Patienten mit Sprue sind oligo- oder ganz asymptomatisch. In seltenen Fällen
ist eine Sprue die zugrunde liegende Erkrankung für unklar erhöhte Transaminasen.
Die Transglutaminase-AK-Bestimmung und die Dünndarmbiopsie helfen differenzialdiagnostisch weiter.
51
Sehr selten ist die Riesenzellhepatitis des Erwachsenen, bei Kindern wird die
Erkrankung häufiger beschrieben.
Granulomatöse Hepatitiden
Transaminasenerhöhungen, die auf eine granulomatöse Hepatitis zurückzuführen
sind, sind außerordentlich schwierig zu diagnostizieren. Grundsätzlich kommen ein
M. Boeck, die Frühform einer PBC, natürlich Medikamente, seltener Infektionen
(z. B. Salmonellen) und in ganz seltenen Fällen (ca. 1%) auch einmal eine HepatitisC-Viruserkrankung infrage.
Autoimmunhepatitis (AIH)
Autoimmunhepatitiden werden oftmals übersehen. Zur einfachen Abklärung erhöhter
Leberwerte, insbesondere der Transaminasen, gehört daher die zusätzliche
Bestimmung der Serumelektrophorese: Eine Gammaglobulinvermehrung und auch
eine IgG-Vermehrung grenzen die Verdachtsdiagnose ein, die dann durch
zusätzliche immunologische Titerbestimmungen antinukleärer Antikörper, Antikörper
gegen glatte Muskulatur usw. spezifiziert werden kann.
Abbildung 2 fasst die wesentlichen ätiologischen Momente einer dominanten GPTErhöhung zusammen.
Abb. 2
Erhöhte Leberwerte
Abklärungsstrategie „Nekrose“
*
Elektrophorese (IgG)
ANA, SMA, LKM, LP
Virushepatitis B, C
AIH
*
HBsAg
Anti-HCV
M. Wilson
HH
Granulomatöse
Hepatitis
„Erhöhung der
Leberwerte“ (GPT)
Coeruloplasmin
KF-Cornealring
Cu++ i. U.
Transferrinsättigung,
Ferritin
HFE-Gen
PSC (Cholestasemuster)
Medikamente
MCV, IgA
Fremdanamnese
52
(Anamnese)*
Sprue
Alkohol
* Leberbiopsie
*
PBC (Cholestasemuster)*
*Riesenzellhepatitis
Transglutaminase-AK
(Dünndarm-PE)
*
NASH
(BMI, GOT/GPT-Verhältnis)*
Isolierte GOT-/GPT-Erhöhungen müssen nicht zwangsläufig mit einer Lebererkrankung korreliert sein.
Tabelle 1 zeigt, wie eine zugrunde liegende Myopathie laborchemisch weiter aufgeschlüsselt werden kann.
Tab. 1
„Isolierte“ GOT/GPT-Erhöhung
Cave:
Myopathie !
→ Aldolase
→ CK
→ (LDH)
3. Abklärungsstrategie „Cholestase“
Abbildung 3 zeigt die Abklärungsstrategie, wenn bei einer laborchemischen
Untersuchung eine Cholestase dominant ist. In solchen Fällen hat die Sonografie
einen entscheidenden Stellenwert. Durch dieses Verfahren werden hinsichtlich der
weiteren Abklärung Weichen gestellt:
53
Abb. 3
Patient mit gering erhöhten Leberwerten
Abklärungsstrategie „Cholestase“
Alkalische Phosphatase ↑
γ-GT erhöht?
Nein
Ja
Extrahepatische Ursache
Sonografie
Gallengänge erweitert?
Ja
Nein
ERCP
MRCP
AMA
(IgM)
Tumor/Metastasen?
Ja
Weitere Diagnostik
LAP/PE
Primär biliäre Zirrhose (PBC)
Dominante Erhöhungen der Cholestaseparameter sind ein typisches Merkmal einer
PBC. Die zusätzliche Bestimmung der antimitochondrialen Antikörper (in mehr als
95% der Fälle positiv) und/oder die zusätzliche Messung der IgM-Konzentration im
Serum grenzt laborchemisch die Verdachtsdiagnose ein.
Primär sklerosierende Cholangitis (PSC)
Hier dominiert ebenfalls ein Cholestasemuster. Wenig hilfreich, weil vieldeutig und
auch bei einer Colitis ulcerosa ohne PSC-Beteiligung der Leber vorkommend, ist die
Bestimmung der p-ANCAs. Somit ist man zur Diagnosesicherung weniger auf die
Laborchemie als vielmehr auf das Ergebnis der MRCP/ERCP zusätzlich zur
Leberhistologie angewiesen. Bereits jetzt sollte darauf hingewiesen werden, dass
eine endoskopische Untersuchung des gesamten Kolons bei Verdacht auf PSC
aufgrund der sehr häufigen Assoziation mit einer CED, vor allem vom Typ einer
Colitis ulcerosa, obligat ist.
54
Medikamentös-toxische Ätiologie
Eine dominante Cholestase kann durchaus medikamentös-toxisch bedingt sein.
Abbildung 4 fasst einige Medikamente zusammen, die grundsätzlich mit einer
Erhöhung der Aktivität der AP einhergehen können.
Abb. 4
Erhöhung der Aktivität der AP im Serum
Medikamente
Anabolic steroids
Allopurinol
Amoxicillin-clavulanic acid
Captopril
Carbamazepine
Chlorpropamide
Cyproheptadine
Diltiazem
Erythromycin
Estrogens
Floxuridine
Flucloxacillin
Fluphenazine
Gold salts
Imipramine
Indinivir
Iprindole
Nevirapine
Methyltestosterone
Methylenedioxymethamphetamin
Oxaprozin
Pizotyline
Quinidine
Tolbutamide
Total parenteral hyperalimentation
Trimethoprim-sulfamethoxazole
R.M. Green, S. Flamm
Gastroenterology. 2002;123:1367-84
Granulomatöse Lebererkrankungen
Wie auch im Falle einer dominanten GPT-Erhöhung, können sich granulomatöse
Hepatitiden durch eine lang dauernde Cholestase zu erkennen geben. Hier ist man
wesentlich auf die Laparoskopie/Leberbiopsie zur Diagnoseeinengung angewiesen.
4. Zusammenfassung
Als Basislabor zur Abklärung einer Hepatopathie empfiehlt sich die Bestimmung der
Transaminasen, der AP und der Ȗ-GT. Die Ergebnisse dieser Messungen gestatten
eine Einteilung in 2 laborchemische Muster:
– Nekrosemuster (GPT, GOT dominant erhöht),
– Cholestasemuster (AP, Ȗ-GT dominant erhöht).
Im Fall des Nekrosemusters kann durch die zusätzliche Bestimmung der Virusparameter (HBsAg, Anti-HCV), der Ferritinkonzentration und Transferrinsättigung, der
55
Serumelektrophorese, der Kupferbestimmung im Urin und der Coeruloplasminmessung im Serum bereits vom Hausarzt eine gute laborchemische Einengung der
zugrunde liegenden Erkrankung vorgenommen werden.
Identisches gilt für die Abklärung des Cholestasemusters (dominante Erhöhung der
AP und der Ȗ-GT): IgM, antimitochondriale Antikörper und mit reduzierter
Aussagekraft auch die Messung von p-ANCA helfen laborchemisch weiter.
Die Sonografie hat hinsichtlich der Abklärungsstrategie einen weichenstellenden
Wert, vor allem bei cholestatischen Patienten.
Ungewöhnlich schwierig kann die Abklärung isolierter Enzymaktivitäten sein. Im Falle
isoliert erhöhter Transaminasen muss an eine Muskelerkrankung als Ursache
gedacht werden. Eine isolierte Ȗ-GT-Erhöhung ist oft exogen-toxischer Natur, kann
jedoch außerordentlich vieldeutig sein (Diabetes, Schilddrüsenfunktionsstörung,
Medikamente etc.).
Oftmals ist die Leberbiopsie/Minilaparoskopie zur Diagnosesicherung und auch zur
prognostischen
Bewertung
unerlässlich,
wobei
auf
eine
Mindestgröße
des
Biopsiematerials zur Verbesserung der Einordnung des Schweregrads (Grading und
Staging) besonders hingewiesen werden soll.
56
Fokale Leberveränderungen: welche Bildgebung?
G. Antoch
Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie,
Universitätsklinikum Essen
Für
den
Nachweis
und
die
differenzialdiagnostische
Betrachtung
fokaler
Leberläsionen stehen verschiedene Schnittbildverfahren zur Verfügung. Die
Sonografie, die Computertomografie (CT), die Magnetresonanztomografie (MRT)
und gelegentlich auch hybride Verfahren wie die PositronenemissionstomografieComputertomografie (PET/CT) werden bei fokalen Leberläsionen eingesetzt. Die
kontrastmittelverstärkte MRT hat eine hohe Spezifität bei der Charakterisierung und
ist gleichzeitig die Methode mit der höchsten Sensitivität bei Detektion von
Lebertumoren. Im direkten Vergleich zeigt sie eine höhere diagnostische Genauigkeit
zu anderen radiologischen Verfahren wie der CT. Auch im Vergleich zur PET/CT
konnte für die MRT eine höhere diagnostische Genauigkeit, insbesondere beim
Nachweis kleiner hepatischer Läsionen, gezeigt werden. Zudem führt der Einsatz
neuer Gadolinium-Präparate zu einer weiteren Verbesserung der diagnostischen
Genauigkeit. Die Wirkungsweise dieser neuen Kontrastmittel (z. B. Gd-EOB-DTPA)
beruht auf der spezifischen Aufnahme des Kontrastmittels durch die Hepatozyten
und macht so das gesunde Lebergewebe sichtbar. Primäre und sekundäre Tumoren
der Leber reichern das Kontrastmittel nicht an und lassen sich so leichter
nachweisen und lokalisieren. Diese Form der Bildgebung wird in einer sogenannten
„leberspezifischen Phase“ durchgeführt. Abhängig vom verwendeten Kontrastmittel
ist diese leberspezifische Phase 20–60 Minuten nach intravenöser Gabe des
Kontrastmittels.
Zusammenfassend stellt die MRT heute die Methode der Wahl bei Nachweis und
Differenzialdiagnose fokaler Leberveränderungen dar. Verfügbarkeit und Kostenaspekte machen aber auch heute die Sonografie und die CT zu sinnvollen
Alternativen.
57
Medikamenten-toxische Leberschäden
A. Canbay
Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Universitätsklinik Essen
Medikamenten-induzierte Leberschäden sind mit einer Inzidenz von ca. 8/100.000
Einwohner pro Jahr eine häufiges Ereignis. Mehr als 50% akuter Leberversagen
(ALV) sind Medikamenten-induziert und gehen mit einer hohen Mortalität einher. Die
Ätiologie des ALV in den Industriestaaten ist nach aktueller Literatur im Wandel
begriffen. Galt in den 1980er-Jahren noch die akute Hepatitis-B-Infektion als
wichtigster Auslöser, ist in jüngster Zeit ein prozentualer Zuwachs der toxischen
Leberschädigungen, vor allem durch Acetaminophen (Paracetamol), zu beobachten.
So sind nach Angaben der amerikanischen „Acute Liver Failure Study Group“ in
einem Kollektiv von 1147 Patienten (1998–2007) mit ALV rund 46% auf
Paracetamol-Intoxikation und weitere 11% auf andere Noxen zurückzuführen,
während nur 7% durch eine Hepatitis-B-Infektion bedingt waren. Weiterhin bleibt in
diesem Kollektiv jedoch bei rund 15–20% der Leberversagen die Ursache unklar. In
kleineren Kollektiven fand sich in Großbritannien und Dänemark sowie in einem
Kollektiv von 279 Patienten in Schweden ebenso die akute Intoxikation mit
Paracetamol mit 42% als häufigste Ursache. Gleichzeitig sind Medikamentenbedingte Leberwerterhöhungen der häufigste Grund für die Rücknahme der
Zulassung neuer Arzneimittel.
Bei den Medikamentös-toxisch-bedingten Leberschäden werden dosisabhängige und
nicht-dosisabhängige Mechanismen unterschieden. Bei den nicht-dosisabhängigen
Toxizitäten (ideosynkratisch) kann eine geringe Dosis eines Medikaments zur
Leberschädigung und zur Leberwerterhöhung führen. Hierbei sind insbesondere
genetisch Voraussetzungen notwendig, die dann eine immunologische Kaskade
(NK-, dendritische-, Kupffer-, hepatische Sternzellen und T/B-Lymphozyten)
einleiten, was zum Zelltod führt und letztendlich ins akute Leberversagen münden
kann. Bei vielen Patienten kann bei genetischer Suszeptibilität eine unerkannte
Lebererkrankung (z. B. Autoimmunhepatitis) durch ein bestimmtes Medikament zum
Vorschein treten. Bei den dosisabhängigen Mechanismen, wie z. B. Paracetamolinduzierter Leberschädigung, hängt der Grad der Schädigung von der Dosis, aber
auch vom Leberzustand ab. Dies bedeutet, dass bei Vorschädigungen (z. B. NAFLD
oder AFLD) geringere Dosen ein Leberversagen auslösen können.
58
In der Mehrzahl der veröffentlichten und hier zitierten Publikationen zum
Medikamenten-toxisch-induzierten ALV finden sich Frauen häufiger betroffen als
Männer (52–63%).
In unserem Zentrum befand sich beim ALV unter den toxischen Ursachen
überwiegend die Paracetamol-Intoxikation. Bemerkenswert sind hierbei jedoch
9 Fälle von akutem Leberversagen unter Therapie mit Phenprocoumon (Marcumar).
Dieser Zusammenhang wurde zuvor schon von mehreren, vor allem deutschsprachigen Gruppen beschrieben. Im englischsprachigen Raum finden sich hierüber
kaum Berichte, da hier vor allem Warfarin zur Antikoagulation verwendet wird.
Auch Phytotherapeutika und Anabolika kommen mehr und mehr als Ursache für eine
Leberwerterhöhung infrage. Daher sind sie in den Fragenkatalog der Medikamentenanamnese unbedingt mit einzufügen. Entscheidend in der Diagnostik ist die
Herstellung eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen Einnahme des Medikaments
und den erhöhten Leberwerten unter Ausschluss anderer Lebererkrankungen.
59
60
Leitliniengerechte Therapie der Hepatitis B
D. Hüppe
Gastroenterologische Gemeinschaftspraxis, Herne
Einleitung
Die chronische Hepatitis B gehört zu den quantitativ und prognostisch wichtigsten
Lebererkrankungen in Deutschland. Auch wenn die Anzahl der Neuerkrankungen
nach Einführung der Testung von Blutprodukten auf Hepatitis B Virus (HBV) und
Hepatitis C Virus (HCV) sowie HIV zurückgegangen sein dürfte, kann die Prävalenz
der Erkrankungen bisher nur aus Stichproben geschätzt werden. Epidemiologen
gehen davon aus, dass 500.000–1.000.000 Personen in Deutschland an einer
chronischen viralen Hepatitis (B und C) erkrankt sind. Nur 20–30% der Erkrankten
sind bisher diagnostiziert. Die Dunkelziffer ist somit hoch.
Noch vor einem Jahrzehnt wurden die meisten Patienten mit chronischer HBVInfektion in Krankenhaus- und Universitätsambulanzen betreut. Die Versorgungssituation hat sich jedoch in den letzten Jahren gewandelt. Aktuell dürften nach
Schätzungen aus Versorgungsstudien und Arzneimittelverordnungen 60–70% dieser
Patienten (außerhalb von Medikamentenstudien) durch ambulante Praxen betreut
werden. Zu dieser Entwicklung haben eine Reihe von Faktoren beigetragen: In den
letzten 10 Jahren wurden neben Interferon mittlerweile 5 Nukleosid- bzw. Nukleotidanaloga zur Behandlung der chronischen Hepatitis B zugelassen, die den
Krankheitsverlauf bei fast allen Patienten weitgehend kontrollieren und die Prognose
günstig beeinflussen können. Aufgrund einer möglichen Resistenzentwicklung dieser
Medikamente bedarf ihr Einsatz differenzialtherapeutischer Kenntnisse und einer
regelmäßigen Therapieüberwachung. Diese Voraussetzungen, gepaart mit hoher
Praxispersonal-Konstanz, schaffen die Grundlage für einen hohen Therapieerfolg in
der Praxis. Das Therapiemanagement ist jedoch komplex und setzt Expertise der
Therapeuten und eine hohe Therapietreue (Adherence) der Patienten voraus.
Epidemiologische Aspekte der chronischen HBV-Infektion in Deutschland
Eine Meldepflicht für die chronische HBV-Infektion (im Gegensatz zur akuten HBVInfektion) besteht in Deutschland nicht. Exakte Daten zur Prävalenz liegen nicht vor,
Schätzungen gehen von weniger als 1% der Bevölkerung aus. Regionale
Unterschiede in der Prävalenz ergeben sich durch den jeweiligen Anteil von
61
Personen mit Migrationshintergrund. Die Übertragungswege sind gut charakterisiert,
entsprechende Maßnahmen wie das Screening von Blut und Blutprodukten ist seit
Jahren in Deutschland etabliert. Eine sexuelle Übertragung ist weiterhin relevant, für
Migranten stellt immer noch die perinatale Übertragung und eine Infektion im
Rahmen medizinischer Maßnahmen ein großes Problem dar. Auch eine intrafamiliäre Übertragung ist möglich.
In einer Studie des „Berufsverbandes niedergelassener Gastroenterologen“ (bng) in
Deutschland konnte der Migrationshintergrund und die zunehmende Bedeutung der
e-Antigen-negativen Verlaufsform der HBV-Infektion erfasst werden Ingesamt
wurden 1535 Individuen mit chronischer HBV-Infektion erfasst. Bei ca. 75% der
Patienten
bestand
eine
aktive,
d. h.
mit
signifikanter
Virus-Replikation
vergesellschaftete HBV-Infektion. Aus Deutschland stammten lediglich 36% der
Betroffenen, aus der Türkei 21% und aus der ehemaligen UDSSR 13%. Für die
betreuende Praxis ergibt sich somit das Problem, trotz häufig fehlender
Sprachkenntnisse eine zuverlässige Arzt-Patienten-Kommunikation zu gewährleisten. Relevant scheint zudem der hohe Anteil von Individuen mit normaler
GPT/ALT. Für ein Screening in einer allgemeinärztlichen Praxis mit einem hohen
Migrantenanteil ist daher weniger die Bestimmung der GPT als vielmehr die des
HBs-Antigens (HBsAg) sinnvoll. Vereinfacht gilt: ohne HBsAg keine HBV-Infektion.
Eine Ausnahme stellt die okkulte HBV-Infektion bei Immunsuppression dar, die z. B.
im Rahmen einer geplanten Chemotherapie eine prophylaktische Therapie erfordert.
Diagnostik der chronischen HBV-Infektion in der Praxis
Besteht
aufgrund
anamnestischer
Hinweise
oder
aufgrund
pathologischer
„Leberwerte“ der Verdacht auf eine chronische Virushepatitis, stellt die Bestimmung
von HBsAg (und von anti-HCV zur Erkennung der Hepatitis-C-Infektion) den ersten
Schritt der Diagnostik dar. Bei positivem Resultat erfolgt die übliche serologische
Diagnostik, vor allem die quantitative Bestimmung der HBV-DNA und von e-Antigen.
Die körperliche Untersuchung, die Bestimmung klinisch-chemischer Parameter und
eine Ultraschalluntersuchung sollten immer folgen. Die HBV-Genotyp-Analyse ist nur
dann sinnvoll, wenn a priori eine Interferon-Therapie möglich erscheint. Die
Bedeutung der HBsAg-Quantifizierung ist in der Diskussion. Die Kinetik dieses
Parameters könnte eine prognostische Bedeutung für die Chancen der Ausheilung
der Erkrankung gewinnen.
62
Seltene extrahepatische Manifestationen (z. B. eine Glomerulonephritis) oder der
Verdacht auf ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) erfordern weitere diagnostische
Schritte (z. B. ein Staging mittels bildgebender Verfahren), die ebenfalls überwiegend
in der Praxis erfolgen können.
Hepatitis-B-Impfung
Die Prävention muss Priorität vor einer Therapie haben. Durch die Hepatitis-BImpfung kann die Infektion und damit die chronische Erkrankung mit ihren Folgen
verhindert werden. Praxen, die sich um die Behandlung HBV-Kranker kümmern,
sollten sich gleichzeitig für die Prävention einsetzen. Eine HBV-Impfung kann
mittlerweile nicht nur für Kinder und Jugendliche kostenfrei zu Lasten der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden.
Therapie der chronischen HBV-Infektion in der Praxis
Versorgungsforschungsergebnisse zur Therapie der chronischen HBV-Infektion in
Deutschland liegen im Gegensatz zur Hepatitis C bisher nicht vor. Grundsätzlich
erfolgt in der Praxis die Behandlung gemäß den Leitlinien der Fachgesellschaften
(DGVS 2007). Unterschieden wird die HBV-Wildtyp-Infektion von der Behandlung der
e-Ag-negativen (Präcore-Mutante) Verlaufsform.
Therapie der HBV-Wildtyp-Infektion
Kurzfristiges Ziel der Therapie und bedeutsamster serologischer StellvertreterParameter ist der Verlust von e-Antigen bzw. die komplette Serokonversion zu antiHBe. Prognostisch relevant ist mittelfristig der Verlust von HBsAg, langfristig die
Vermeidung von Folgekrankheiten wie Leberzirrhose und HCC. Die Indikation zur
antiviralen Therapie und die Medikamentenauswahl sind in den Leitlinien ausführlich
dargestellt.
Pegyliertes Interferon-Į (PEG) ist lediglich für die Wildtyp-Infektion zu empfehlen,
insbesondere wenn eine Infektion mit dem HBV-Genotyp A vorliegt. Bei günstiger
Konstellation (z. B. nicht zu hohe Virämie, stärkere entzündliche Aktivität) kann
innerhalb eines Jahres eine HBeAg-Serokonversion bei bis zu 50% der Behandelten
erzielt werden. Diese ist in der Regel stabil. Nur ca. 3% aller Patienten mit
chronischer Hepatitis B werden aktuell in Deutschland mit PEG behandelt Der Vorteil
einer zeitlich begrenzten Interferon-Behandlung (von maximal einem Jahr) sollte bei
der Medikamentenauswahl berücksichtigt werden. Während die Verordnung von
63
oralen Nukleos(t)idanaloga in der Praxis aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils
unproblematisch ist, erfordert die Behandlung mit PEG eine umfangreiche Aufklärung
und Unterweisung der Patienten. Verlaufskontrollen sind zu Beginn der InterferonTherapie in kürzeren Intervallen (ca. 14-täglich) sinnvoll, danach individuell
festzulegen, jedoch monatlich anzustreben.
Bei der oralen HBV-Therapie mit Nukleos(t)idanaloga sind 3-monatige Intervalle
unter der Behandlung sinnvoll, obligatorisch ist jeweils die quantitative Messung der
HBV-DNA im Serum, um Resistenzentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Die
Sicherstellung der Compliance ist von großer Bedeutung. Einerseits fördert fehlende
Compliance (z. B. eine intermittierende Therapie) die Entwicklung von resistenten
Virusmutanten, andererseits kann eine unregelmäßige Medikamenteneinnahme mit
ansteigender Serum-HBV-DNA nur schwerlich von einer bereits manifesten
Virusresistenz, trotz regelmäßiger Medikation, abgegrenzt werden.
Therapie der e-Antigen-negativen Verlaufsform (Präcore-Mutante)
Die Behandlung erfolgt in der Praxis mittels Nukleos(t)idanaloga. Aktuell stehen
5 Pharmaka zur Verfügung. Initial wird heute eine Monotherapie bevorzugt. Neue
Arzneimittel mir hoher Resistenzbarriere (wie Entecavir und Tenofovir) sollten bei
hochvirämischen Patienten und bei solchen mit einer fortgeschrittenen Lebererkrankung (z. B. einer Zirrhose) bevorzugt eingesetzt werden. In der Regel sind
3-monatige Kontrolluntersuchungen ausreichend. Pharmaökonomische Gesichtspunkte können bei der Auswahl eines Medikaments unter dem Gesichtspunkt einer
oft jahrelangen Behandlung nicht unberücksichtigt bleiben.
Kurzgefasst: Trotz effektiver Schutzimpfung stellt die chronische Hepatitis B in
Deutschland weiterhin ein relevantes medizinisches Problem dar. Neue
Therapiemöglichkeiten (Nukleos(t)idanaloga) tragen dazu bei, die Komplikationen (Leberzirrhose, HCC und Transplantation) zu reduzieren.
64
Perspektiven der Hepatitis C 2011plus
R. Thimme
Abteilung für Innere Medizin II, Medizinische Universitätsklinik Freiburg
In den letzten Jahren hat es sehr große Fortschritte auf dem Gebiet der Hepatitis-CVirus (HCV)-Infektion gegeben, die von neuen Markern zur Prognoseabschätzung
der Therapie bis zu direkten neuen antiviralen Therapieansätzen führen könnten.
IL28B-Polymorphismen als Prognoseparameter
Kürzlich wurde ein genetischer Polymorphismus in der Nähe des IL28B-Gens, das
für Interferon-lambda (IFNȜ) kodiert, beschrieben. In diese Untersuchungen wurden
mehr als 1600 therapienaïve Patienten eingeschlossen, die im Rahmen der IDEALStudie für mindestens 12 Wochen mit der Kombinationstherapie aus Peg-IFNĮ und
Ribavirin behandelt wurden. Es zeigte sich, dass das dauerhafte virologische
Ansprechen (SVR) deutlich mit einem Polymorphismus in der Nähe des IL28B-Gens
assoziiert war. So wurde ein SVR etwa doppelt so häufig beobachtet (ca. 80%),
wenn an einer bestimmten Stelle des IL28B-Gens Thymidin (T) durch Zytosin ersetzt
war (C/C-Allel) (Abb. 1). T/T- und T/C-Allelträger zeigten hingegen nur SVR-Raten
von ca. 40%. Die der protektiven Wirkung des C/C-Allels zugrunde liegenden
Mechanismen sind noch nicht bekannt. Es erscheint aber wahrscheinlich, dass das
Genprodukt des IL28B-Polymorphismus an der natürlichen Immunantwort gegen
HCV beteiligt ist.
65
Abb. 1:
100
SVR (%)
80
60
40
20
0
T/T
T/C C/C
Dauerhaftes virologisches Ansprechen (SVR) bei einer Therapie der chronischen
Hepatitis C Genotyp 1 mit Peg-IFN/Ribavirin, abhängig vom IL28B-Polymorphismus.
Telaprevir und Boceprevir
Telaprevir ist ein Proteaseinhibitor, der spezifisch die Replikation von HCV hemmt
und in Kombination mit Peg-IFNĮ und Ribavirin bei Patienten mit einer chronischen
HCV-Genotyp-1-Infektion SVR-Raten zwischen 61% und 69% aufweist. Telaprevir
kann auch bei Patienten, die zuvor nicht auf eine antivirale Therapie angesprochen
hatten, zu guten SVR-Raten führen und zwar abhängig von dem vorherigen
virologischen Ansprechen: So lag die SVR-Rate bei Patienten mit einem NichtAnsprechen bei 39%, bei einem virologischen Durchbruch bei 57% und bei einem
Relaps bei 69%. Der Proteaseinhibitor Boceprevir befindet sich ebenfalls in
fortgeschrittener klinischer Prüfung. Eine Monotherapie mit Telaprevir oder
Boceprevir führt zu einem raschen Auftreten von Resistenzen, die teilweise auch
gegenüber der jeweils anderen Substanz wirksam sind, sodass die Kombination mit
der Standardtherapie aktuell noch notwenig ist.
Neue antivirale Therapieansätze
Kürzlich konnte ein erster Inhibitor des HCV-NS5A-Proteins, das keine bekannten
enzymatischen Funktionen aufweist, identifiziert werden. Sowohl in der Zellkultur als
auch in einer klinischen Phase-1-Studie zeigten sich signifikante antivirale Effekte,
sodass in Zukunft ein Einsatz in Kombination mit anderen HCV-Inhibitoren erwartet
werden kann. Ein weiterer neuer Therapieansatz stellt auch das therapeutische
66
Ausschalten der MicroRNA-122 dar, die in der Leber exprimiert wird und essenziell
an der Akkumulation von HCV in Leberzellen beteiligt ist. So konnte tierexperimentell
gezeigt werden, dass ein Ausschalten der MicroRNA-122 über komplementäre
modifizierte
Oligonukleotide
die
HCV-Replikation
über
einen
Zeitraum
von
12 Wochen hemmt, ohne dass dabei das Auftreten von Virusresistenzen beobachtet
wurde.
Zusammenfassung
Für die Vorhersage auf ein Ansprechen auf eine IFN-Therapie steht mit dem IL28BPolymorphismus
ein
interessanter
Marker
zur
Verfügung.
Neue
antivirale
Substanzen wie Telaprevir oder Boceprevir führen zu deutlich höheren Ansprechraten als die Standardtherapie. Sie müssen aber weiterhin in Kombination mit der
Standardtherapie und nicht als Monotherapie gegeben werden, um das Auftreten von
Resistenzen zu verhindern. Langfristig kann über eine Kombination verschiedener
HCV-Inhibitoren mit einer IFN-freien Therapie der HCV-Infektion gerechnet werden.
67
Autoimmune Lebererkrankungen
C.P. Strassburg, M.P. Manns
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, Medizinische Hochschule Hannover
Die autoimmunen Lebererkrankungen werden in 3 Krankheitsbilder unterteilt: die
Autoimmunhepatitis (AIH), die primär biliäre Zirrhose (PBC) und die primär
sklerosierende Cholangitis (PSC) (11). Sie zeigen unbehandelt eine Progression zur
Leberzirrhose. Die AIH war die erste chronische Lebererkrankung, bei der eine
konservative Therapie eine dauerhafte Remission erreichen konnte.
Definition und Diagnose der Autoimmunhepatitis
Die Diagnose der AIH ist gekennzeichnet durch eine Ausschlussdiagnostik anderer
Lebererkrankungen (1). Die serologische Subklassifikation der AIH hat keinen
Einfluss auf die Therapiestrategie. Es sind zu 70–80% Frauen betroffen. Die
Immunglobuline im Serum sind erhöht (7, 12). Hinweisend sind Autoantikörper, die
überlappend auftreten können und auch bei viralen Hepatitiden vorkommen. Die AIH
ist serologisch heterogen und kann prinzipiell in 3 Untergruppen unterteilt werden:
die, die antinukleäre Autoantikörper und Antikörper gegen glatte Muskelzellen (ANA,
SMA) aufweisen (AIH Typ 1), die, die durch Leber-Niere mikrosomale Autoantikörper
(LKM-1) gekennzeichnet sind (AIH Typ 2), oder die, bei der Antikörper gegen
lösliches
Leberantigen/Leber-Pankreas-Antigen
(SLA/LP)
nachweisbar
sind
(AIH Typ 3). Am häufigsten ist die ANA-positive AIH (AIH Typ 1) (12).
Standardtherapie der AIH: Ziel der Therapie ist die Induktion und Erhaltung einer
Remission. Sie ist indiziert, wenn die Aminotransferasen erhöht sind, histologisch
multilobuläre oder Brückennekrosen auftreten oder auch wenn erhebliche hepatische
oder extrahepatische Symptome vorliegen. Gleich effektiv ist die Monotherapie aus
Prednisolon oder die Kombinationstherapie mit Azathioprin. Die Entscheidung zur
Kombinationstherapie orientiert sich am Risikoprofil des Patienten (Schwangerschaft,
metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Osteoporose). Eine Remissionsinduktion
gelingt in 87% der Fälle innerhalb von 3 Jahren. Allerdings ist die Rückfallrate mit
70% innerhalb von 3 Jahren nach Absetzen der Immunsuppression erheblich. Das
68
10-Jahres-Überleben in Remission beträgt 90%. Wird keine Remission erreicht und
schreitet die Erkrankung fort, bleibt die Lebertransplantation.
Abb. 1
Induktion einer Remission
Induktion einer Remission
Standard
Therapie:
Steroide
Azathioprin
20%
80%
NonNonresponder
responder
Remission
Remission
Das Problem der Remissionsinduktion: In etwa 10–20% der Fälle gelingt eine
Remissionsinduktion nicht. Hier werden alternative immunsuppressive Therapeutika
eingesetzt: Ciclosporin A, Cyclophosphamid, Mycophenolsäure, Tacrolimus (FK506).
Diese Immunsuppressiva sind wegen ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils
jedoch Studien an hepatologischen Zentren vorbehalten.
69
Abb. 2
Induktion einer Remission:
Wann muss man an Alternativen Denken ?
Standard
Therapie:
Steroide
Azathioprin
Induktion einer Remission
20%
80%
NonNonresponder
responder
Alternative Medikamente:
- Cyclosporin
- FK 506
- Mycophenolate/MMF
- Cyclophosphamid
- Rapamycin
- Budesonid
Remission
Remission
Alvares, J Hepatol 1999
Van Thiel, Am J Gastroenterol 1995
Richardson, J Hepatol 2000
Kanzler, Z Gastroenterol 1997
Kerkar, Am J Transplant 2005
Wiegand et al. Liver International 2005
Das Problem der Remissionserhaltung: Mit dem Ziel des Steroidsparens konnte
gezeigt werden, dass eine Remissionserhaltung (aber nicht eine Remissionsinduktion) mit Azathioprin-Monotherapie (2 mg/kg KG/Tag p. o.) erreicht werden
kann. Eine weitere Möglichkeit zur potentiellen Verminderung von Steroidnebenwirkungen ist die Anwendung des topischen Steroids Budesonid. Dessen Vorteile
werden in einem über 90%igen hepatischen First-pass-Metabolismus gesehen, was
bei portosystemischen Shunts und fortgeschrittener Zirrhose eingeschränkt ist. Eine
kürzlich abgeschlossene multizentrische Studie zum Budesonid zeigt, dass
Budesonid in Kombination mit Azathioprin die Remission induzieren kann, mit
weniger steroidspezifischen Nebenwirkungen. Ein Wechsel nach 6 Monaten von
Prednison auf Budesonid konnte die steroidspezifischen Nebenwirkungen bei Erhalt
der Remission reduzieren (17, 18).
70
Abb. 3
ERHALT DER REMISSION
Nach Drug Withdrawal
15%
85%
Langzeit
Langzeit
Relaps
Relaps
Langzeit Therapie:
Azathioprin
2 mg/kg
Prednis(ol)on 5 – 15 mg
Budesonid ??? 1-2 x 3 mg
Remission
Remission
Diagnose der primär biliären Zirrhose
Die Diagnose der PBC erfolgt durch den serologischen Nachweis antimitochondrialer
Antikörper (AMA mit PDH-E2- oder BCKD-E2-Spezifität), das cholestatische Leberenzymprofil,
histologischen
eine
Immunglobulin-M-Erhöhung
Nachweis
einer
im
entzündlichen
Serum
sowie
durch
Gallenwegsbeteiligung
den
(10).
Sonografisch und in der endoskopisch retrograden Cholangiografie (ERC) sind die
Gallenwege nicht erweitert. Auffällig ist die hohe Anzahl von extrahepatischen
Erkrankungen (Tab. 1).
71
Tab. 1: Diagnostik der primär biliären Zirrhose
Serologische Befunde
Autoantigene
Antimitochondriale Autoantikörper
Pyruvatdehydrogenase (PDH-E2)
Verzweigtkettenketosäuredehydrogenase
(BCKD-E2)
Antinukleäre Autoantikörper
anti-SP100
anti-gp210
anti-Laminin-B-Rezeptor
anti-nucleoporin p62
Extrahepatische Manifestationen
Sicca-Syndrom/Sjögren-Syndrom
rheumatoide Arthritis
Autoimmunthyreoiditis
mixed connective tissue disease (MCTD)
CREST-Syndrom
Polymyalgie
chronisch entzündliche Darmerkrankungen
systemischer Lupus erythematodes (SLE)
Leberhistologie
bei AMA-Negativität:
zur Unterstützung der Diagnostik (Gallenwegsbeteiligung? Granulome?)
bei AMA-Positivität:
fakultativ, nur für Fibrosegrad („Staging“)
und entzündliche Aktivität („Grading“)
Die Reihenuntersuchung (Screening) der AMA erfolgt durch Immunfluoreszenz, die durch Western
blot und enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) spezifiziert werden. In 5% treten AMA-negative
Fälle auf, in denen ANA zur weiteren Diagnosefindung beitragen können. Die extrahepatischen
Manifestationen können den Symptomen der PBC zeitlich deutlich vorausgehen.
72
Standardtherapie
der
primär
biliären
Zirrhose:
Eine
immunsuppressive
Behandlung der PBC ist in der überwiegenden Mehrzahl der Patienten nicht
erfolgreich. Die Standardbehandlung besteht aus der oralen Gabe von 13–15 mg/kg
KG/Tag Ursodeoxycholsäure (UDCA). Sie führt zur Besserung der biochemischen
Serumparameter einschließlich des Bilirubins (Mayo-Prognosemodell), des Überlebens, aber nicht der portalen Hypertension. Die Datenlage zum Einfluss von UDCA
ist kontrovers, allerdings ist besonders bei früher Behandlung ein prognostisch
günstiger Effekt zu erwarten. Durch UDCA wenig beeinflusst werden Müdigkeit und
Osteoporose (9).
Diagnose der primär sklerosierenden Cholangitis
Die PSC zeichnet sich durch eine progressive Destruktion großer intra- und
extrahepatischer Gallenwege aus und betrifft in 64% der Fälle Männer mit einem
Altersmaximum zwischen 25 und 45 Jahren. Auffallend häufig ist die Colitis ulcerosa
(CU) (England 71%, Schweden 72%, eigene Patienten Hannover 52%) mit der PSC
assoziiert, seltener der Morbus Crohn (eigene Patienten Hannover 11%) (2, 16).
CED-Patienten mit auffälligen Leberwerten (ca. 5%) sollten auf eine PSC untersucht
werden. Die CU bei PSC-Patienten ist häufiger durch eine klinisch inapparente
Pankolitis, eine „backwash ileitis“ und durch rektale Aussparung gekennzeichnet.
Das Dysplasierisiko ist deutlich erhöht. Das Krankheitsbild der PSC ist durch
Oberbauchbeschwerden, Pruritus, Anorexie und Fieber gekennzeichnet, wobei bis
zu 50% der Patienten asymptomatisch sein können. Die Diagnose gründet sich
neben der Cholestase auf die charakteristischen Befunde in der ERC sowie der
Leberbiopsie
(Ringfibrose
der
Gallenwege).
Serologisch
können
atypische
antineutrophile zytoplasmatische Autoantikörper (xANCA) bei bis zu 80% der
Patienten nachgewiesen werden, die allerdings zur Diagnosesicherung wenig
beitragen. In einer Untergruppe liegt eine sogenannte „small bile duct PSC“ vor (3),
bei der in der ERC keine Gallenwegsauffälligkeiten nachweisbar sind und die eine
bioptische Sicherung erfordert.
Beurteilung der PSC als Präkanzerose: Anders als bei AIH ist bei der PSC das
Karzinomrisiko erhöht (2). Die Diagnose des Cholangiokarzinoms (CCC) des PSCPatienten ist ein unbefriedigendes klinisches Problem (16), da Stenosen entzündlich
bedingt sein können, biochemische Tests und bioptische Verfahren wenig Sensitivität
und Spezifität aufweisen und bildgebende Verfahren bei intramural wachsenden
73
Tumoren insensitiv sind. Das CCC-Risiko des PSC-Patienten beträgt 1,5% pro Jahr
und ist damit 161-fach höher als bei Gesunden. Darüber hinaus besteht eine
10-fache Erhöhung des Kolorektalkarzinomrisikos und eine 14-fache Erhöhung des
Pankreaskarzinomrisikos (2). Die Diagnostik der PSC sollte jährliche koloskopische
Untersuchungen und Ultraschalluntersuchungen des Abdomens einschließen.
Standardtherapie der primär sklerosierenden Cholangitis: Die PSC ist durch
medikamentöse Maßnahmen nicht heilbar. Die Therapie der Wahl ist trotz aller
Kontroversen die UDCA (15–25 mg/kg KG/Tag p. o.) (5). Niedrigere Dosierungen
(unter 10 mg/kg KG/Tag) scheinen weniger wirkungsvoll zu sein. Eine Studie zur
UDCA-Therapie bei PSC mit höherer UDCA Dosierung (25–30 mg/kg) wurde aus
Sicherheitsgründen abgebrochen. Andererseits scheint unter UDCA das Risiko einer
Kolondysplasie vermindert (14). Bei rezidivierenden Cholangitisschüben, steigendem
Bilirubin und fortschreitender portaler Hypertension bleibt die Lebertransplantation,
wobei die PSC im seit 2006 eingeführten „model of end-stage liver disease“ (MELD)
nur unzureichend abgebildet wird.
Endoskopische Therapie: Endoskopische Dilatationen dominanter Stenosen
können die Cholestase verbessern. Die Kombination mit UDCA-Therapie führt zu
einer signifikanten Verlängerung des transplantationsfreien Überlebens (9). UDCA
allein erreicht diesen Effekt nicht.
Overlap-Syndrome
Überlappende Syndrome zwischen PSC und AIH sowie PBC und AIH kommen in ca.
10% der Fälle vor. Verbindliche Diagnostik- oder Therapierichtlinien gibt es nicht. Es
empfiehlt sich eine histologische Evaluation, eine Bestimmung des Autoantikörperprofils (13). Klinisch wird zunächst die führende Komponente behandelt: Steroide bei
ausgeprägter Hepatitis, UDCA bei Cholestase. Beide Behandlungen können
kombiniert werden.
Lebertransplantation
AIH, PBC und PSC sind anerkannte Indikationen für eine Lebertransplantation. Bei
der PSC liegt das 10-Jahres-Überleben bei 70% (4), bei der PBC zwischen 67% und
88% (6) und bei der AIH bei 80–90% (16). Die Rezidivrate aller 3 Krankheitsbilder
nach Lebertransplantation beträgt rund 25%.
74
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76
Anschriften der Referenten und Vorsitzenden
Prof. Dr. G. Antoch
Institut für Diagnostische und
Interventionelle Radiologie und
Neuroradiologie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45122 Essen
PD Dr. S. Beckebaum
Gastroenterologie/Hepatologie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Prof. Dr. M. Betzler
Chirurgie
Alfried Krupp Krankenhaus
Alfried-Krupp-Str. 21
45131 Essen
Prof. Dr. A. Canbay
Klinik für Gastroenterologie
und Hepatologie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45122 Essen
Prof. Dr. E. Cario
Klinik für Gastroenterologie
und Hepatologie
Laboratorien/Institutsgruppe I
Universitätsklinikum Essen
Virchowstr. 171
45147 Essen
Prof. Dr. T. Frieling
Medizinische Klinik II
HELIOS Klinikum Krefeld
Lutherplatz 40
47805 Krefeld
Prof. Dr. T. Griga
Innere Medizin
Knappschafts-Krankenhaus
Wieckesweg 27
44309 Dortmund
Prof. Dr. M. Heike
Innere Medizin – Gastroenterologie
Klinikum Dortmund
Beurhausstr. 40
44137 Dortmund
PD Dr. P. Hilgard
Medizinische Klinik
Ev. Krankenhaus Mülheim
Wertgasse 30
45468 Mülheim/Ruhr
PD Dr. P. Hoffmann
Innere Medizin
Kliniken Essen-Mitte
Ev. Huyssens-Stiftung
Henricistr. 92
45136 Essen
Prof. Dr. T. Höhler
Medizinische Klinik I
Prosper-Hospital
Mühlenstr. 27
45657 Recklinghausen
Prof. Dr. G. Holtmann
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Dr. D. Hüppe
Gastroenterologische
Gemeinschaftspraxis Herne
Wiescherstr. 20
44623 Herne
Prof. Dr. G. Gerken
Gastroenterologie/Hepatologie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen
77
Prof. Dr. A. Knuth
Klinik und Poliklinik für Onkologie
Universitätsspital Zürich
Rämistr. 100
8091 Zürich
Schweiz
Prof. Dr. J. Labenz
Medizinische Klinik
Ev. Jung-Stilling-Krankenhaus
Wichernstr. 40
57074 Siegen
Prof. Dr. B. Lembcke
Innere Medizin
St. Barbara-Hospital
Barbarastr. 1
45964 Gladbeck
Prof. Dr. Dr. h.c. K.P. Maier
Expertenzentrum – Hepatologie
Diakonie-Klinikum
Akademisches Lehrkrankenhaus
der Universität Tübingen
Rosenbergstr. 38
70176 Stuttgart
Prof. Dr. G. Otto
Transplantationschirurgie
Universitätsmedizin der
Johannes-Gutenberg-Universität
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz
Prof. Dr. A. Paul
Allgemein-/Transplantationschirurgie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Prof. Dr. J.F. Schlaak
Gastroenterologie/Hepatologie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Prof. Dr. W.E. Schmidt
Innere Medizin I
St. Josef-Hospital
Ruhr-Universität Bochum
Gudrunstr. 56
44791 Bochum
Prof. Dr. C.P. Strassburg
Klinik für Gastroenterologie,
Hepatologie und Endokrinologie
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Prof. Dr. R. Thimme
Innere Medizin II
Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Str. 55
79106 Freiburg
PD Dr. J. Treckmann
Allgemein-/Transplantationschirurgie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45147 Essen
Prof. Dr. A. Tromm
Innere Medizin
Ev. Krankenhaus Hattingen
Bredenscheider Str. 54
45525 Hattingen
Prof. Dr. M. Reiser
Innere Medizin, Klinikum Vest
Paracelsus-Klinik Marl
Lipper Weg 11
45770 Marl
Prof. Dr. W. Uhl
Klinik für Allgemein- und
Viszeralchirurgie
St. Josef-Hospital Bochum
Klinikum der Ruhr-Universität
Gudrunstr. 56
44791 Bochum
Prof. Dr. M. Rünzi
Gastroenterologie
Kliniken Essen Süd
Pattbergstr. 1–3
45239 Essen-Werden
PD Dr. J. Wehkamp
Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut
für Klinische Pharmakologie
Auerbachstr. 112
70376 Stuttgart
78
Dr. E. Zehnter
Gastroenterologische Fachpraxis
Am Oelpfad 12
44263 Dortmund
PD Dr. T. Zöpf
Medizinische Klinik
mit Schwerpunkt Gastroenterologie
Sana Kliniken Düsseldorf
Sana Krankenhaus Gerresheim
Gräulinger Str. 120
40625 Düsseldorf
79
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