Pyrus nivalis

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Pyrus nivalis
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Pyrus nivalis
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Pyrus nivalis JACQ., 1774
syn.:
Pyrus communis LINNÉ ssp. nivalis (JACQ.) GAMS
Schneebirne
engl.: Snow pear
franz.: Poirier sauger
ital.: Pero nivale
Familie:
Rosaceae
Unterfamilie: Maloideae
Sektion:
Argyromalon
Abb. 1: Pyrus nivalis. Solitär im natürlichen Areal
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Atlantik
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Abb. 2: Natürliches Verbreitungsgebiet (nach TERPÓ, 1960)
Pyrus nivalis, ein sommergrüner, kleiner Baum, ist gekennzeichnet durch dauerhaft filzig-behaarte Blätter, dunkel blutrote Herbstverfärbung und intensive Ausschlagfähigkeit.
Die in Mittel- und Südosteuropa verbreitete Art läßt sich
von anderen Pyrus-Arten mit weiß-filzigen Laubblättern
nur schwer trennen. Ihre gegenwärtigen Biotope liegen
ausnahmslos in der Nachbarschaft künstlicher Anbauten,
so daß Verwilderung aus Kultur nicht auszuschließen ist.
P. nivalis befindet sich in allen Arealteilen im Rückzug
und ist ohne Schutz vom Aussterben bedroht.
Sie hat keinerlei wirtschaftliche Bedeutung. Ihre Namen
beziehen sich darauf, daß die Früchte erst nach den ersten
Frösten eßbar sind.
Verbreitung
Das natürliche Areal von Pyrus nivalis und ihren eng verwandten Arten liegt in Mittel- und Südosteuropa. Im einzelnen findet man die Schneebirne im mittleren und östlichen Teil Frankreichs, in der Schweiz, in Norditalien und
Österreich sowie in Süd-Mähren und der Süd-Slowakei.
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Weiterhin in den ungarischen Mittelgebirgen, in der Hügellandschaft Westungarns, in Rumänien (vor allem in
Transsilvanien und der Dobrudscha), im einstigen Jugoslawien sowie in den Bergen Griechenlands und der Türkei. Angaben über ihr Vorkommen auf der Balkan-Halbinsel und in Kleinasien sind allerdings skeptisch zu beurteilen, da P. nivalis häufig mit anderen im Süden vorkommenden Birnenarten verwechselt wird [3].
In allen angeführten Regionen wächst P. nivalis sowohl in
Kultur als auch in natürlicher Umgebung. Vermutlich ist
sie im letztgenannten Fall aus Kultur verwildert, denn
stets findet man wildlebende Bäume in der Nachbarschaft
von aufgelassenen Wein- und Obstgärten, an Grenzrainen
oder Waldrändern.
Möglicherweise hat man die Art gleichzeitig mit dem
Wein nach Mitteleuropa eingeführt. Später wurde sie
dann zu einem subspontanen Florenelement. Diskutiert
wird überdies, daß sie zu den Elternarten der heutigen
Kulturbirne gehört.
Ihre gegenwärtigen Biotope sind ausnahmslos trockenwarme, sonnenexponierte, neutrale, meist kalkreiche
Standorte, was wiederum auf ihre südliche Herkunft hinweist [5, 8].
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Beschreibung
Pyrus nivalis erreicht Höhen von 8 bis 15 m, bildet mehr
oder weniger gerade, sich früh verzweigende Stämme
(BHD 25 bis 35 cm) und entwickelt eine kugelförmige
Krone mit starren, aufwärts gerichteten Ästen. Das Verzweigungssystem setzt sich aus Lang- und Kurztrieben zusammen. Dornen kommen nicht vor. Die längsrissige
Borke hat eine hell grau-braune Farbe.
Geradezu kennzeichnend ist die große Zahl von WurzelSchößlingen. Das relativ kräftige Wurzelsystem verzweigt
sich wenig.
Knospen, Blätter, junge Triebe
Lang- und Kurztriebe schließen mit einer alleinstehenden
Terminalknospe ab. Generell sind die Winterknospen dunkelbraun, kegelförmig und relativ groß (Terminalknospen
6 bis 9 mm, Lateralknospen 5 bis 7 mm). Sie haben dreieckige Tegmente, von denen die äußeren filzig behaart, die
inneren kahl sind. Lateralknospen stehen vom Trieb ab.
Die wechselständig angeordneten, verkehrt eiförmigen,
kurz gestielten (10 bis 20 mm) Laubblätter werden 4 bis
8 cm lang und 3 bis 4 cm breit. Meist sind sie ganzrandig,
gelegentlich an der Spitze fein gekerbt. Sie haben eine keilförmig in den Blattstiel übergehende Spreitenbasis und einen stumpfen Apex, der allerdings eine winzige Spitze aufweist. Junge Blätter sind beiderseits grauweiß filzig behaart; während die Oberseite später verkahlt, behalten die
Unterseite und der Blattstiel die Behaarung bei. Vorhanden sind außerdem zwei kleine, fädige, sehr bald abfallende Nebenblätter.
Abb. 4: Austreibende Winterknospe und weißfilzig
behaarte junge Blätter
Die Schneebirne treibt relativ spät aus. Ihre Blätter erscheinen 5 bis 10 Tage nach den Blüten. Die sehr attraktive Herbstverfärbung setzt mit einem leuchtenden Goldgelb ein und endet mit einem dunklen Weinrot.
Die auffallend dicken (Durchm.: 8 bis 10 mm), anfangs
weiß filzigen, jungen Triebe nehmen später eine braunschwarze Farbe an. Kurztriebe weisen sehr dicht stehende,
schmale Blattnarben auf.
Blüten, Früchte, Samen
Abb. 3: Stammborke von Pyrus nivalis (links) und Pyrus
austriaca (rechts)
P. nivalis blüht später als P. pyraster. Sie bildet relativ
große (Durchm.: 30 bis 40 mm), fünfzählige, weiße Zwitterblüten, von denen 10 bis 15 in einer traubigen Infloreszenz (Doldentraube) an der Spitze von Kurztrieben stehen.
Die 5 genagelten, schaufelförmigen Kronblätter sind 14 bis
16 mm lang und 12 bis 14 mm breit. Bis zur Anthese haben sie rosafarbene Spitzen. Auch die dreieckigen Kelchblätter (6 bis 8 mm lang; 3 bis 4 mm breit), der Blütenboden und der Blütenstiel weisen eine filzige Behaarung auf.
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Abb. 7: Pyrus nivalis. Blütenstand
Abb. 5: Dunkel blutrote Herbstverfärbung
Abb. 6: Pyrus nivalis. Früchte in situ
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Abb. 8: Beblätterter Trieb und Frucht von Pyrus austriaca
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Taxonomie
Die 30 Staubblätter stehen in drei Kreisen und haben
weiße, vor dem Aufblühen nach innen gekrümmte Filamente und dunkelrote Antheren. Die 5 freistehenden Griffel sind an der Basis behaart und werden von einem ringförmigen Wulst des Blütenbodens umgeben. Die Blüten
riechen nach Trimethylamin (Käse-ähnlich).
Die Taxonomie der Gattung Pyrus gilt als kompliziert.
Gleiches trifft für P. nivalis zu. Weil die meisten Arten der
Sektion Argyromalon zur Entwicklung von Kultursorten
herangezogen wurden, findet man subspontane Pyrus-Populationen auch außerhalb ihrer natürlichen Areale. Zudem bastardieren die Arten häufig miteinander und oft
kommt es zu Introgressionen [9].
Reife Früchte haben einen Durchmesser von 2,5 bis 4 cm,
sind von gelblich grüner Farbe, selten auch mit roten
Punkten versehen und variieren stark in der Form. Der
Kelch bleibt erhalten und der filzig behaarte Fruchtstiel
hat etwa die selbe Länge wie die Frucht.
Manche Fachleute sprechen der Schneebirne den Status einer selbständigen Art ab. Andere fassen sie als eine kultivierte mitteleuropäische Form von Pyrus elaeagnifolia,
wieder andere als einen Bastard zwischen P. communis
und P. amygdaliformis auf. In der Tat erweist sich die Differenzierung von letzterer oft als sehr problematisch [7].
Die Reifezeit liegt im September/Oktober. Nach den ersten
Frösten werden die Birnen eßbar, wenn auch nicht wohlschmeckend. Das Fruchtfleisch enthält Steinzellen und
umschließt zahlreiche glänzend schwarze Samen [2, 4, 8].
Zum engsten Verwandtschaftskreis von P. nivalis rechnet
man heute die nicht immer leicht von ihr zu trennenden
Arten Pyrus salvifolia und P. austriaca. Sie haben folgende
kennzeichnende Merkmale:
P. nivalis
P. salvifolia1)
P. austriaca2)
Gesamthöhe
8-15 m
oft strauchförmig
12-18 m
BHD
25-35 cm
15-25 cm
bis 50 cm
Blatt, Form
verkehrt eiförmig
elliptisch
länglich elliptisch
ganzrandig
ganzrandig oder
gesägt
Rand
länglich gekerbt
Länge
4–8 cm
4–7 cm
6–9 cm
Apex
stumpf mit winziger
plötzlich zugespitzt
plötzlich zugespitzt
1–2 cm lang
2–5 cm lang
1,5–6 cm lang
dick, unbedornt
dünn, bedornt
dünn, unbedornt
Spitze
Stiel
Trieb
Pathologie
P. nivalis wird von gefährlichen pilzlichen Pathogenen
weitgehend verschont. Auffällige, aber wenig gravierende
Veränderungen der Blätter rufen die orangefarbenen Aecidienlager des Gitterrostes der Birne (Gymnosporangium
sabinae [DICKS.] WINTER) hervor. Starker Befall führt zur
Schwächung des Baumes. Kleinere, blasenartige Auftreibungen der Blattoberseite werden durch Taphrina bullata
(BERKELEY et BROOME) TULASNE hervorgerufen. Venturia
pyrina ADERHOLD, der Erreger des Birnenschorfes, verursacht auf Blättern und Früchten dunkle, schorfige Flecken
und überwintert in den Zweigen.
Gefährlicher als Pilze sind mehrere Insektenarten. Dazu
gehören vor allem der Schwammspinner Lymantria dispar
L. sowie mehrere Gallmilben. Blütenknospen werden von
den Larven des Apfelblütenstechers Anthonomus pomorum L. angefressen und Blattknospen durch Anthonomus pyri KOLL. zerstört.
P. nivalis ist nicht durch Fröste gefährdet.
1)
2)
Entstehung umstritten: Evtl. Bastard P. communis x P. nivalis oder
P. nivalis x P. amygdaliformis
Möglicherweise aus P. pyraster x P. nivalis entstanden.
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Weiterführende Literatur
Abb. 9: Typischer Lebensraum: Blühende Schneebirnen in
einem aufgelassenen Weingarten
Verschiedenes
– Die Früchte der Schneebirne eignen sich in erster Linie
zur Schnapsbrennerei [1, 6], werden aber auch als
Trockenobst genutzt.
– Wegen der prachtvollen Herbstfarben ihres Laubes
sollte P. nivalis mehr als bisher als Ziergehölz Verwendung finden. In allen von ihr besiedelten Biotopen ist
ihre Zahl so stark rückläufig, daß sie konsequent unter
Schutz gestellt werden müßte.
Der Autor:
Prof. Dr. DÉNES BARTHA
Universität Sopron
Lehrstuhl für Botanik
Bajcsy – Zs. u. 4.
H-9401 Sopron
Ungarn
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[1] BELL, R., 1990: Pears (Pyrus). In: MOORE, J.N.; BALLINGTO,
J.R., Jr. (Hrsg.): Genetic resources of temperate fruit and
nut crops. – Acta Horticulturae 290, 655–697.
[2] BUIA, A., 1956: Pyrus. In: SAVULESCU, TR.; NYÅRÅDY, E.J.
(Hrsg.): Flora Republicii Populare Romine IV. – Bucuresti,
S. 203–216.
[3] DIAPULIS, CH., 1933: Beiträge zur Kenntnis der orientalischen Pomaceen (Pyrus, Sorbus, Crataegus). – Fedde’s Repertorium spec. nov. regni veg. 34, 29–72.
[4] FEDOROV, A., 1954: Grusa-Pyrus. In: SOKOLOV, S. (Hrsg.):
Derevja i kusztarniki SSSR III. – Moskwa – Leningrad, S.
378–414.
[5] FOLGNER, V., 1987: Beiträge zur Systematik und pflanzengeographischen Verbreitung der Pomaceen. – Öster. Bot. Z. 47,
153–178, 199–206.
[6] PÉNZES, A., 1949: Adatok a vadkörték ismeretéhez. (Beiträge zur Kenntnis der Wildbirnen). – Ann. Acad. Horti- et
Viticulturae (Budapest) 13, 66-74.
[7] TERPó, A., 1956: A Pyrus genus félkultúr és kultúr alakjainak természetes elöfordulásai. (Die natürlichen Vorkommen der Halbkultur- und Kulturformen der Gattung
Pyrus.) – Ann. Acad. Horti- et Viticulturae (Budapest) 20,
1–30.
[8] TERPó, A., 1960: Magyarország vadkörtéi. Pyri Hungariae.
– Ann. Acad. Horti- et Viticulturae (Budapest) 22, 1–258.
[9] WITASEK, J., 1904: Über die Herkunft von Pirus nivalis
JACQ. – Verhandlungen der zoologisch-botanischen Gesellschaft 57, 624–630.
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