Der Burgwald – eine geschichtsträchtige Region Aus Sicht der Rosenthaler Burgwaldstädter Der Bericht enthält einen geschichtlichen Abriss zum Burgwald mit seiner geologischen und biologischen Vielfalt, über seine Waldeigentümer und Nutzer vergangener Zeiten, zur Besiedlung des zentralen Burgwaldes und die daraus folgende Gründung der Stadt Rosenthal. Der Burgwald im Ueberblick: Der Burgwald zählt mit einer Flächengrösse von 200 Quadratkilometern zu den Mittelgebirgen und ist eines der grössten geschlossenen Waldgebiete Hessens. Wo die Buntsandsteinplatte des Burgwaldes am weitesten nach Nordosten in das Rheinische Schiefergebirge vorragt, liegt das Waldareal und ist weiträumig von den Höhenzügen des Rothaargebirges, des Waldecker Berglandes und des Kellerwaldes umgeben. 1 In den Landkreisen Waldeck-Frankenberg und Marburg-Biedenkopf befindet sich der Burgwald. Die Grenze bilden im Norden die Eder bei Frankenberg sowie die Wetschaft im Westen. Im Süd-westen bilden die Lahn von Göttingen bis Cölbe und im Süden die Ohm zwischen Kirchhain und Cölbe eine natürliche Grenze. Im Südosten ist es die Wohra zwischen Gemünden und Kirchhain sowie die Schweinfe im Osten, von Römershausen bis zu ihrer Einmündung in die Wohra. Die Namensherkunft des Waldareals ist unbekannt. Nach einer Theorie leitet sich der Name von den zahlreichen vor- und frühgeschichtlichen Burgen ab, die auch zugleich Fliehburg-Stätte waren. Wie beispielsweise die Kesterburg (Christenberg), Burg Mellnau, die Lützelburg und Lüneburg. 2 3 In den ältesten Urkunden begegnet uns schon der Name Burgwald. Im Vertrag von Langsdorf aus dem Jahr 1263, heisst der Wald „Burchholz“. 1475 findet sich in Rosenthaler Rechnungen der Name „Borgwald“, 1577 „Burkwaldt“ später Borgwaldt und Burgwald. Neben dem Reinhardswald, der Söhre, dem Seulingswald und Habichtswald, wurde der Burgwald schon immer zu den Hauptwaldungen Kurhessens gezählt. Seine besonders interessante Geschichte, seine Bedeutung als Holz-Rohstofflieferant und Arbeitsquelle rechtfertigen diese besonderer Herausstellung. Seit Jahrzehnten ist das Waldareal auch ein bevorzugtes Wander- und Naherholungsgebiet mit über 700 Kilometern Wander- und Radwege. Geologisch stellt der Burgwald eine in die älteren Schichten des Rheinischen Schiefergebirges vorspringende Buntsandstein-Halbinsel dar. Im Erdzeitalter Trias vor etwa 220 Millionen Jahren entstand die Buntsandsteinplatte, die in mehreren Stücken zerbrach, als das Gebiet eine tektonische Anhebung erfuhr. Diese Stücke bauten sich auf zu mässig hohen Rücken, zwischen denen sich tiefe Erosionstäler hinziehen. Der Buntsandstein wird von einigen Basaltmassen durchbrochen, wie dem grossen und kleinen Badenstein. Dies ist eine geologische Besonderheit im Burgwald. Die Erhebungen der bereits abgetragenen Basaltsteinbrüche sind noch zu erkennen. 4 Die klimatischen Verhältnisse im Naturschutzgebiet Franzosenwiesen/Rotes Wasser sorgen für eine ökologische Besonderheit in der Region Burgwald. Neben diesem grossflächigen Naturschutzgebiet gibt es in dem grossen Areal weitere unter Schutz gestellte Waldkomplexe. Auch Bannwald, der Urwald von morgen, gehört mit seiner strengen Form des Schutzwaldes zu diesem Komplex. 5 6 Der Wald und seine Geschichte: Wie auch bei Waldlandschaften andernorts, war der Burgwald zunächst ein königlicher Forst und gelangte im Mittelalter in den Besitz der Landgrafen von Hessen, für die er auch über Jahrhunderte ein bevorzugtes Jagdgebiet blieb. Auch von den Bauern der umliegenden Dörfern wurde der Burgwald intensiv genutzt. Rinder, Schafe und Schweine wurden zur Mast in den Wald getrieben. „Hutewälder“ entstanden mit grossen, weit voneinander stehenden Eichen- und Buchen Bäumen. Zudem wurde auch massiv für die Köhlerei Holz eingeschlagen, so unter anderen für die Frankenberger Silber- und Kupferminen und den Rosenthaler Eisenhammer. Um 1800 waren nur noch wenige Bäume vorhanden. 7 8 Nach Standort und Klima wäre der Naturraum Burgwald überwiegend mit PerlgrasBuchenwäldern oder Hainsimsen-Buchenwäldern bestanden. Doch die erwähnte Hutung, Köhlerei aber auch Laubstreugewinnung und Plaggenhieb haben seit dem Mittelalter viele Buchenstandorte verwüstet. Auf den nährstoffarmen sandigen Böden traten vielfach ausgedehnte Heideflächen an die Stelle ursprünglichen Waldes. Den Nutzungsansprüchen der Bevölkerung standen landgräfliche Jagdinteressen entgegen. Sie verhinderten ebenso wie besondere Besitzverhältnisse (Deutsch Ordenswald) den völligen Niedergang des Waldgebietes. 9 Man darf sich unter dem Wald in der „alten“ Zeit nicht das Bild unseres heutigen Hochwaldes vorstellen, der zumeist gar kein Wald, sondern eine „Baumplantage“ ist. Der mittelalterliche Wald war lichter Laubholzbestand, ein Mischwald verschiedenster Bäume mit Unterholz und weiten Grasflächen. Als zu Landgraf Philipps Zeiten (nach 1500) die Waldhege und die fürstlichen Hof Jagden ein dem Bauern unerträgliches Ausmass annahmen, schritt man zu Waldschutz und sogar zu Aufforstungen. Verstärkter Nadelholzanbau erfolgte in der „Preussenzeit“ auf den freien Waldflächen in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Schon bei den Germanen waren Wald, Weide und Wasser Allgemeingut (Allmende). Wald und Weide waren als eine Einheit zu sehen, die sie auch bis in die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts geblieben sind. Unter Allmende verstand man einen Teil der Gemeindeflur, in der Regel Weide und Wald, die der Gemeinde gehörte und gemeinsam genutzt wurde. Aus der Allmende entwickelte sich die Markgenossenschaft, deren Siedlung das Markdorf mit den Markgenossen, den „Märkern“ war. Ihre Rechte am Wald waren unter anderen das Schlagen von Brenn- und Bauholz, die Waldweide wie Hutung und Mästung von Vieh und Schweine, Meilerung von Holzkohle für Eisenhütten, Schmiede und Hausbrand sowie die Lohe von Eichen für die Rotgerberei. Das Salbuch -eine Art Grundbuch- nennt die Waldrechte den „Gemeinen Brauch“. Später kamen zum Gemeinen Brauch noch die Nutzung von Wiesen und Weiden, Wegen, Strassen, Quellen und Brunnen hinzu. 10 Die „Nichtmärker“, Dorfbewohner ohne Waldrechte, musste für die Nutzung des Waldes Abgaben entrichten, wie Hutegeld, Forsthafer oder auch andere Dienste leisten. Vermutlich hat das sogenannte Herrenrecht das Genossenschaftsrecht immer mehr eingeschränkt. Ursprünglich noch herrenloses Wildland, dessen Nutzung den Siedlern niemand verwehrte, ging auf die immer stärker vordringenden Grundherrschaften oder auch freie und unabhängige Grundeigner über. Den hessischen Landgrafen wurde immer mehr eine „Obermärkerfunktion“ zuteil. Mit der Zeit fortschreitend und Folge der Städtegründung ab dem 13. Jahrhundert wurden aber die Marken immer kleiner. Bei den Städten, die aus Landgemeinden entstanden waren, galt bezüglich des Grundbesitzes in den Marken die Rechtsanwendung des Mittelalters. Die Rechte (Allmende) der beteiligten alten Siedlungen, später Wüstungen, bescherten den Städten eigene Standtwaldungen. So darf angenommen werden, dass der Waldbesitz der Stadt Rosenthal von etwa 600 ha östlich der Stadt im „Hainaischen Burgwald“, hierin seine Begründung findet. Hierüber sind Urkunden oder andere Nachweise nicht vorhanden. Doch ist in Salbüchern nachweisbar, dass fast alle Städte die in der Zeit um 1200 entstanden sind, ihren Wald teils aus den Marken übernommen haben, teils wurde er später durch Verleihung, Ankauf oder durch Aufforstung begründet. 11 Territoriale Ansprüche der Landgrafen und Mainzer Erzbischöfe: Gebietserhaltung aber auch Gebietsvermehrung waren die Ziele der hessischen Landgrafen und der Erzbischöfe von Mainz. Ihre Territorialgebiete waren vergleichbar mit einem Flickenteppich. Beide Mächte, Hessen und Mainz, gaben schon früh zu erkennen, aus dem Streubesitz ein einheitliches zusammenhängendes Gebiet zu schaffen. Diese gleiche Absicht führte zu einem blutigen Streit, der sich fast 200 Jahre hinzog. So geht auch ueber Jahrhunderte das Streben der hessischen Landgrafen, ihren Waldbesitz im Burgwald zu vergrössern und ihr Recht auf die Hohe Jagd allein, ohne den Adel auszuüben. Die Hege des Wildes ging so weit, dass im Winter Rotwild, Rehwild und Wildschweine gefüttert werden mussten und dies zum grossen Schaden der bäuerlichen Felder. Auf Wildfrevel standen schwere Strafen, sogar der Strang. 12 13 Der Vertrag von Langsdorf vom 10.September 1263 belegt, dass der Bereich des Burgwaldes und des Wollenbergs noch im 14.Jh. eine relativ grosse Mark gewesen war. Die Landgräfin Sophie von Hessen und ihr Sohn Heinrich von Thüringen trafen mit dem Erzbischof Werner von Mainz zusammen, um über den „Burchholz“ (Burgwald) sowie andere Rechte ein Uebereinkommen zu erzielen, dass der Burgwald sowohl Mainz als auch Hessen gemeinsam gehören sollte. Jeder von beiden hatte das Recht im gesamten Burgwald zu jagen, die Einsetzung der Waldhüter sollte gemeinsam erfolgen. Die Begründung der Städte und Burgen des Burgwaldgebietes um 1300 entsprang machtpolitischen Tendenzen. Neben der wirtschaftlichen Seite, die der Wald als Nutzungsobjekt mit sich brachte, wurde die raumpolitische Lage des Burgwaldes die Ursache dafür, dass die Bildung eines geschlossenen Territoriums durch das Erzbistum Mainz besonders nachhaltig angestrebt wurde. Die ebenfalls nach Landesherrschaft strebenden Landgrafen von Thüringen-Hessen hielten dagegen und siegten letztendlich. 14 1234/38 gelang es dem Erzbischof von Mainz, die Hälfte der Grafschaft Battenberg zu erwerben. Dazu gehörten neben dem Amt Bentreff (später Rosenthal) weitere Zenten westlich und nördlich des Burgwaldes die somit halb mainzisch waren. Im Grunde hatte um 1300 Mainz das alleinige Sagen in diesen Bezirken. Dieser Machterweiterung trat der Landgraf von Thüringen-Hessen mit der Gründung der Städte Frankenberg (1233) und Frankenau (1242)) entgegen. Schon im Jahr 1223 gründete der Graf von Ziegenhain im östlichen Burgwald zur Sicherung seiner Herrschaft die Stadt Gemünden. Gegen die mainzische Amöneburg baute Hessen die Frauenburg bei Marburg, und die Burg Mellnau war wiederum eine mainzische Sicherung gegen Hessen. So ist es auch erklärbar, wenn der Erzbischof von Mainz seinen Festungsgürtel Battenberg, Mellnau und Amöneburg durch ein neues Glied mit die Gründung der Stadt Rosenthal (1340) im zentralen Burgwald verstärkte. Der Burgwald im Interessenskonflikt der Mächte: Der grösste und bedeutendste Waldbesitzer zu Beginn des 14. Jahrhundert war das Erzbistum Mainz. Schon zu Zeiten Bonifatius erfolgten die ersten Erwerbungen um Amöneburg, später kamen die Gerichte Röddenau, Geismar und Bentreff hinzu, und noch vor 1317 die ganze Bulenstruth. Somit war der gesamte Nordburgwald und der südliche Teil dieses Waldgebietes in Mainzer Hand. Die mainzische Hälfte des Burgwaldes nach dem Vertrag von Langsdorf (1263) wurde aber immer wieder finanziellen Interessen geopfert. Mithin waren die Pfandherren Inhaber und Nutzniesser der verpfändeten Gebiete oder Rechte. So wurden 1346 die in mainzer Besitz befindlichen Aemter Amöneburg, Rosenthal und Bracht verpfändet, 1391 der Teil des Burgwaldes bei Mellnau. Durch die häufigen Verpfändungen waren schon Mitte des 16. Jh. die Waldungen mithin verwüstet. Mit dem Niedergang der Mainzer Macht in Oberhessen ging der Verlust der Waldungen Hand in Hand. Das traf auch für Teile des Burgwaldes zu. Besonders durch Verpfändungen, die nicht wieder eingelöst wurden, gingen Gebiete und deren Wald verloren. Der Niedergang des mainzischen Waldbesitzes war zugleich die Entstehung des landgräflichen Waldeigentums. Schon 1439 wurden die hessischen Landgrafen oberste Landvögte der mainzischen Besitzungen in Hessen. In der Folgezeit waren die Landgrafen von Hessen mit Erfolg dabei, Mainz aus dem Burgwald zu verdrängen. Angaben im Salbuch des Amtes Rosenthal von 1591 haben besitzpolitischen Charakter und setzen Burgwald und Landgrafenbesitz gleich. Sie schliessen aber den mitten im Burgwald liegenden Mönchwald aus, weil dieser sich im Besitz des Deutsch-Ritter-Ordens befand. Sehr alten Besitz hatten auch die Grafen von Ziegenhain in der Bulenstruth und Rauschenberg - Himmelsberg. Im 14.Jahrhundert kamen Wohra-Langendorf von Mainz und Hersfeld hinzu. 1367 bildeten diese Besitzungen die Aemter Rauschenberg und Gemünden. Ziegenhain war mithin im südlichen Hainaischen Burgwald und an Teile ostwärts des Mönchwaldes, auch im ganzen Südburgwald (Amt Rauschenberg) präsent. Diese Teile kamen aber 1450 im Erbgang an die Landgrafschaft von Hessen. 15 Der Deutsch - Ritterorden erhielt 1256 vom Grafen von Ziegenhain den Merzhäuser Hof und den „Merzhäuser Wald“ inmitten des Burgwaldes zwischen Bracht, Langendorf und Wohra geschenkt. In der Folgezeit erwarb der Orden weitere Waldungen hinzu, der mit diesen zusammen den Mönchwald bildete und zugleich auch der grössten Ordenswald in Hessen war. Der Deutschordenshof hat fortbestanden bis zum Jahre 1809 als Napoleon den Deutschen Ritterorden auflöste und den Besitz zum Staatseigentum erklärte. Das 1188 gegründete Zisterzienserkloster Haina (in Nachfolge der Aulisburg -1144- bei Löhlbach) erwarb beachtlichen Besitz und gehörte zu den wohlhabenden mittelalterlichen Klöster des Ordens. Von den örtlichen Mönchs- und Ritterorden war das Kloster Haina der grösste Waldbesitzer. Seine Waldteile machen im wesentlichen die Fläche des Hainaischen Klosterbesitzes im Burgwald aus. Eine Flächenminderung gab es in grösserem Ausmass im 14. Jahrhundert wegen der Gründung der Gemeinden in der Bunstruth und der Stadt Rosenthal (Stadtwald). 16 Der Klosterwald der damaligen Zeit ist wie folgt abzugrenzen: Nach Westen durch die Talwasser-scheide des Holzbachtales gegenüber der Bentreff (Stadtwald Rosenthal) und nach Osten durch das Schweinfetal (Bunstruth). Ausser dem Stadtwald von Rosenthal war es fast der ganze Nordostteil des Waldes beiderseits des Holzbachtales. Später finden wir im Salbuch von 1556 auch genauere Angaben über die Forstgrenzen nach dem Stand von 1533 ( Die Walt ordenung am Burckwalde) Diese alte Waldordnung ist die Grundlage und Richtschnur für die Benutzung des Waldes. 1527 wurde das Kloster im Zuge der Reformation aufgelöst. Landgraf Philipp der Grossmütige errichtete in den Klostermauern ein Hospital für arme und kranke Männer der hessischen Landbevölkerung. Aus dem Hospital Haina entwickelte sich später eine psychiatrische Einrichtung, die als Zentrum für soziale Psychiatrie vom Landeswohlfahrtsverband Hessen heute in moderner und zeitgemässer Form geführt wird. Aus dem ehemaligen Klosterwald wurde ein Hospitalwald. Ein grosser Waldverwüster war auch der Köhler mit der von ihm betriebenen Kohlenmeilerei. Für die Gewinnung von nur einem Zentner Roheisen waren 16 Zentner Holzkohle aus Buchenholz nötig. Das war etwa der Jahreszuwachs von einem Hektar Wald. Zum Betrieb von einer Eisenhütte gehörte demnach bei mittlerer Erzeugung ein Wald von mehreren hundert Hektar. Besonders starke Rodungen in der früh- und hochmittelalterlichen Zeit für die fortschreitenden Siedlungen, im Sinne der Schaffung von Ackerland, gehörten auch geschichtlich gesehen zur Waldvernichtung. Bei den lokalen Waldordnungen des Burgwaldes war die hessische landesherrliche Forstordnung von 1532 massgebend. So durften von nun an nur unter Aufsicht der Förster und einer besonderen Erlaubnis Eichen und Buchen geschlagen werden. Nach der Forstordnung wurde 1683 mit der Nadelholzpflanzung als Versuch begonnen und dies seit 1750 planmässig. Bis dahin waren Fichte und Kiefer im Burgwald seltene Gäste. Die Waldmast kam um 1800 langsam in Abgang. Der von den Bauern erzwungene Anbau von Kartoffeln war ein wesentlicher Grund hierfür. 17 Der Burgwald wird Staatswald: Im Januar 1831 wurden per Gesetz alle bisher herrschaftlichen Waldungen des Burgwaldes einschliesslich des Mönchwaldes zu „Staatswald“. Hier hatte besonders bei der Wahrung der Besitzrechte gegenüber dem Staat der Gesetzgeber die politische Gemeinde als wahren Besitzer stark in den Vordergrund treten lassen. In den Staatswaldungen besass Rosenthal früher dreierlei Rechte: Die Bürger durften hier ihr Vieh hüten, Streuzeug gewinnen und Leseholz sammeln. Der Träger dieser Rechte waren nicht die einzelnen Bürger, sondern die Stadt. Ebenso wie Rosenthal waren alle umliegenden Ortschaften mit diesen Rechten ausgestattet. Die alleinige und gemeinschaftliche Nutzung und deren Bezirke war streng vorgeschrieben. Insgesamt standen der Stadt zur alleinigen Nutzung -nach Angaben von Himmelmann- 622,80 ha und 1038,28 ha als gemeinschaftliche Nutzung zur Verfügung. Zählt man den Stadtwald und die städtischen Huten und Trieschen mit ungefähr 700 ha hinzu, so besass Rosenthal 2361,08 ha Huteflächen. Doch wurde in den Jahren 1880 bis 1884 von Staats wegen die Hutegerechtsame (vererbliches und veräusserliches Nutzungsrecht an Grundflächen), die Leseholzberechtigung und Waldstreu sammeln beendigt. Insgesamt erhielt Rosenthal für Ablösung der Rechte am Staatswald 54.448,19 RM. Eine Ablösung der Rechte in Waldflächen wurde der Stadt nicht gewährt. Entstehung der Stadt Rosenthal: Die Geschichte der Burgwaldstadt Rosenthal beginnt mit dem Tag, an dem der erste Ansiedler seine Hütte in der Gemarkung aufschlug. Mit diesem Satz beginnt Fritz Himmelmann im Heimatbuch der Stadt Rosenthal die Entstehungsgeschichte zu erläutern. Zu welcher dieser Zeit dies genau war und wie lange es gedauert hat bis der heimische Raum voll besiedelt war, vermag niemand genau zu sagen. Doch bevor Rosenthal 1327 durch den Mainzer Erzbischof gegründet wurde und 1340 die Stadtrechte verliehen bekam, war das Gebiet grossräumig besiedelt. Auf dem nahen Christenberg und im Wetschaftstal lebten schon vor der Zeitenwende die Kelten. Die Gegend um Rosenthal ist mindestens seit dem frühen Mittelalter besiedelt. Zwölf frühmittelalterliche Wüstungen aus dem 8. bis 10.Jahrhundert werden in der Broschüre „Alte Dörfer Rosenthal“ vom Verein für Heimatpflege Rosenthal e.V. beschrieben. Der Marburger Geo-graf Dr.Gerhardt Eisel hat die Wüstungen in den 50er-Jahren 18 untersucht und zum Teil gegraben. Er hat seine Ergebnisse 1965 in der Reihe „Marburger Geographische Schriften“ veröffentlicht. Nach seiner Meinung weisen die zahlreichen Scherbenfunde eindeutig auf karolingische Ortsgründungen hin. 19 Für diese Orte war Bentreff, 1215 erstmals so und ab 1564 Bendorf genannt, in fränkischer Zeit gerichtlicher und kirchlicher Mittelpunkt eines Sonderbezirks geworden. In diesem Gericht gründete das Erzstift Mainz das Burgwaldstädtchen Rosenthal. Als Folge dieser Entwicklung wurden innerhalb von neunzig Jahren 12 Orte in der Umgebung von ihren Bewohnern aufgegeben. Am längsten von den ehemaligen Siedlungen bestand Bendorf. Erst 1427 wurde der hier ansässige Pfarrsitz nach Rosenthal verlegt. Ihre Toten bestatteten die Rosenthaler bis 1624 in Bendorf. Nur Siedlungskerne blieben im Burgwald bestehen, die kranzförmig von Wüstungen umgeben sind. Die um 1300 einsetzende Städtegründung im Burgwaldraum zog die Bewohner umliegender Dörfer zusammen. Kriegerische Ereignisse waren der Hauptgrund zum Untergang der kleinen Dörfer. Kleine Fehden, die sich weniger durch Kampf als durch Zerstörung von Hab und Gut bemerkbar machten, zwangen die Dorfbewohner zur Aufgabe ihrer Behausungen. Diese Zustände zeigen, dass sich gerade die schutzlosen Bauern nach Schutz sehnten. Dass bei der Gründung von Rosenthal neben den militärischen Gesichtspunkten (Burg, Stadttore, Wallgraben) auch an Markt, Handel und Gewerbe gedacht wurde, zeigt die Anlage des Marktplatzes am Rathaus. 20 21 Infolge der Mainzer Stiftsfehde von 1461 bis 1463 verpfändet Erzbischof Dieter von Mainz die Städte Battenberg, Rosenthal, Mellnau und halb Wetter mit den zugehörigen Aemtern an Heinrich III. von Hessen-Marburg. Nach Beendigung der Auseinandersetzungen verblieb Rosenthal in hessischer Verwaltung und kam mit Abschluss des Merlauer Vertrages 1583 endgültig an Hessen. Die Stadt fiel aber mit der Annexion des Kurfürstentums Hessen 1866 an Preussen. Sehenswert ist das heute so schmuckvolle Rathaus -erbaut anno 1654- das mit anderen Fachwerkgebäuden im Stadtkern nach dem grossen Stadtbrand von 1595 entstand. Auch die evangelische Stadtkirche hat ihr heutiges Aussehen im Jahr 1888 nach umfangreichen Umbaumassnahmen erhalten. 22 Das tourismusfreundliche Rosenthal ist immer ein liebenswertes ländliches Städtchen geblieben. Es lohnt sich die Stadt Rosenthal zu besuchen und den nahen Burgwald in seiner Vielfältigkeit näher kennen zu lernen. Bericht erstellt von: Helmuth Vaupel und Günther Klingelhöfer -vom Verein für naturnahe Erholung e.V. Rosenthal Quellennachweise: Heimatbuch der Stadt Rosenthal von 1939 von Fritz Himmelmann Der Burgwald von Dr.Heinrich Boucsein von 1955 Der Kreis Frankenberg Geschichte seiner Gerichte, Herrschaften und Aemter von der Urzeit bis ins 19. Jahrhunder von 1928 23