Südlimburg–dieKornkammerderRömer

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Region & nRW
Seite 10 ABCDE · nummer 184
Konzert-tipp
E „ice Cream“ fore­
ver: Weltklassejazz
erwartet die Besu­
cher am Sonntag, 1.
September, im Rats­
saal des eschweiler
Rathauses, Johan­
nes­Rau­Platz 1.
Chris Barber, inzwischen 83­jährige
Traditional­Jazz­ikone, gibt sich mit
seiner „Big Chris Barber Band“ die
ehre. Vor dem Altmeister spielen
„Maxband“ aus eschweiler. Karten
zum Preis von 29 euro gibt es ab
Montag in allen Vorverkaufsstellen
des Zeitungsverlages Aachen und
im Media Store in Aachen, groß­
kölnstraße 56. Konzertbeginn ist
um 18 Uhr, einlass eine Stunde frü­
her. Die Platzwahl ist frei.
(red)/Foto: Luc Lodder
KUrz notiert
Menschenhändler im
Fernreisebus verhaftet
Aachen. Bei der Kontrolle eines
Fernreisebusses hat die Bundespolizei in Aachen einen international gesuchten Menschenhändler festgenommen. Der
26-jährige Mann war mit dem
Bus auf der A44 nach Deutschland eingereist. Der Lette war in
Italien wegen Menschenhandels und Einschleusung von
Ausländern rechtskräftig zu vier
Jahren und sechs Monaten Haft
verurteilt worden. Er werde in
den nächsten Tagen zur Vollstreckung seiner Haftstrafe ausgeliefert, teilte die Bundespolizei gestern mit. (red)
„Walbecker Spargel“
europaweit geschützt
Brüssel. „Walbecker Spargel“ ist
künftig europaweit geschützt.
Das teilte die EU-Kommission in
Brüssel gestern mit. Der Name
gilt nun als geschützte geografische Angabe: Nur Gemüse, das
der eingetragenen Beschreibung
entspricht, darf künftig als
„Walbecker Spargel“ verkauft
werden. Dazu muss es in der
Herkunftsregion entweder erzeugt, verarbeitet oder hergestellt worden sein. Walbeck ist
ein Ortsteil von Geldern am
Niederrhein. Die örtliche Spargelbaugenossenschaft: „Walbecker Spargel ist einzigartig
aufgrund seiner Feinfaserigkeit,
des leicht nussigen und intensiven Spargelgeschmacks und der
Zartheit der Stangen.“ (dpa)
Lkw fährt in Stauende:
Zwei Tote auf der A40
Duisburg. Ein Ehepaar aus den
Niederlanden ist am Freitag bei
einem schweren Auffahrunfall
auf der A40 am Kreuz Duisburg
ums Leben gekommen. Ein
Tanklaster hatte ihr Auto am
Stauende gegen einen vor ihnen
stehenden Lastwagen geschoben, berichtete die Polizei. Drei
weitere Menschen, die in zusammengeschobenen Fahrzeugen saßen, verletzten sich
leicht. Die Fahrbahnen in Richtung Essen waren etliche Stunden gesperrt. Die Polizei gab sie
erst am Nachmittag wieder frei.
Ein Rettungshubschrauber
musste auf der Autobahn landen. (dpa)
Zug überfährt
Haltesignal im Sittard
Südlimburg – die Kornkammer der Römer
neue Forschungen beweisen: Der heutige Süden der niederlande war vor 2000 Jahren viel dichter besiedelt als bisher angenommen
Von Ulrich SimonS
Fülle neuer, spannender Erkenntnisse aufwarten. Überraschendstes
Resultat ihrer Forschungen: „Südlimburg war zur Römerzeit wesentlich dichter besiedelt als bisher angenommen. Es war die Kornkammer des römischen Reiches für die
Kastelle am Rhein, vergleichbar
mit der Funktion des ägyptischen
Nil-Deltas für die Hauptstadt.“
Dabei war die Landwirtschaft in
dieser Region keine Erfindung der
neuen Herren. Seit der Steinzeit
hatten die Bewohner die fruchtbaren Lössböden für den Ackerbau
Heerlen. Sie kamen wie üblich
ohne anzuklopfen. Als römische
Truppen um das Jahr 55 vor Christus in das heutige Südlimburg einmarschierten, hielt sich die Begeisterung der Bewohner daher auch
zunächst in Grenzen. Doch den
Soldaten folgten Straßenbauer, Ingenieure und Architekten, und die
Besatzer entwickelten die Region
zwischen den Dörfern Aquae
Granni (Aachen) und Traiectum
ad Mosam (Maastricht) zu einer bis
dahin nicht gekannten
Blüte.
Das Leben der Bewoh„Südlimburg war
ner, überwiegend eburofür die Kastelle am Rhein
nische Bauern der späten
Eisenzeit,
veränderte
vergleichbar mit der Funktion
sich von einem Tag auf
des ägyptischen nil­Deltas
den anderen. Aus Selbstversorgern wurden Nahfür die Hauptstadt.“
rungsmittelproduzenKAREn JEnESon, KuRAToRin
ten, die mit den FrüchDES HEERLEnER THERMEnMuSEuMS
ten ihrer Felder Handel
trieben und die römischen Grenztruppen des
Limes am Rhein mit Getreide be- genutzt. Mit dem Erscheinen der
lieferten. Auch die schnell wach- Römer bekam das ganze aber eine
senden Siedlungen zogen neue Be- völlig neue Dimension.
Architektonische
„Leitform“
wohner an, die mit Lebensmitteln
und landschaftsprägendes Eleversorgt sein wollten.
ment dieser neuen Epoche wurde
Fünf Jahre Forschung
die römische „villa“. Der Begriff
wurde später zum Synonym für eiKaren Jeneson hat sich für ihre nen luxuriösen Haustyp und hat
Doktorarbeit „Die römische Vil- sich bis in die heutige Zeit erhallenlandschaft in den nördlichen ten. Zu Unrecht, wie Karen JeneLändern“ fünf Jahre lang mit den son herausfand, nachdem sie in eiRömern in Südlimburg beschäf- nem Streifen von 130 mal 30 Kilotigt. Die Kuratorin des Heerlener metern zwischen Köln und TongeThermenmuseums kann mit einer ren die Berichte über rund 3000
Fundstellen aus 150 Jahren zusammengetragen, kartiert, verglichen
und analysiert hatte.
Die (Kurz­)geschichte
des Thermenmuseums
Die selbst in der Reduzierung auf
ihre grundmauern noch beeindru­
ckende Heerlener Therme mit einer
Fläche von rund 2500 Quadratme­
tern gilt als das besterhaltene rö­
mische Badehaus in nordeuropa.
im gegensatz zum römischen Ba­
debezirk in Aachen entspannten die
Römer hier allerdings vor 2000 Jah­
ren in erwärmtem und nicht in na­
türlichem Thermalwasser.
1940 waren die Grundmauern
unter einem Feld in der heutigen
Heerlener innenstadt entdeckt
worden, überdeckt an der Straßen­
seite von 50 Zentimetern erdreich,
das ins gelände hinein bis auf eine
Mächtigkeit von zwei Metern an­
stieg.
Doch erst 1966 fiel die entschei­
dung, das Areal systematisch frei­
zulegen und mit einem Museum
dauerhaft zu überbauen. Das geld
kam vom Bergbaukonzern DSM,
der die Heerlener gruben oranje
nassau i bis iV betrieb.
Es war eine Art Abschiedsge­
schenk an die Stadt: Kurz zuvor
hatte der damalige niederländische
Wirtschaftsminister Joop den Uyl
seine Pläne für das ende des süd­
limburgischen Steinkohlebergbaus
verkündet.
Heute beherbergt das Museum
mehr als 35 000 archäologische
Funde aus Heerlens Römerzeit.
Ein ganzes Landgut
Denn die römische „villa“ war im
Gegensatz zum heutigen Sprachgebrauch kein luxuriöses, freistehendes Landhaus, sondern der Begriff für eine Siedlungsform. Heute
würde man sagen: ein Landgut.
Die „villa“ bestand in der Regel aus
einem Haupthaus und mehreren
Nebengebäuden auf einer umfriedeten Fläche. Außerhalb dieser
Umfriedung befand sich oft ein
kleines Gräberfeld. Die mittlere
Größe dieser „villae“ lag bei 2,5
Hektar (25 000 Quadratmetern).
Dafür, dass man bisher die
„villa“ immer mit einem einzeln
stehenden, prächtigen Landhaus
gleichgesetzt hatte, fand Karen Jeneson eine nachvollziehbare Erklärung: Die „villae“ waren in der
Regel aus Stein und einem Stoff namens „opus caementitium“ gebaut
(woraus später das Wort „Zement“
wurde) und hatten ein Ziegeldach.
Fundament aus Baumstämmen
Die Nebengebäude dagegen standen auf einem Fundament aus
Pfählen (Baumstämmen) und waren aus natürlichen Materialien
wie Holz und Lehm gebaut, wovon
nach 2000 Jahren – im Gegensatz
zu den Steinbauten – nicht mehr
viel übrig war. Weil man aber immer nur die Grundmauern von
Steinhäusern und hin und wieder
die Überreste seltsamer Pfähle gefunden hatte, war man nie auf die
Idee gekommen, dass in der Nähe
Sittard. Im Bahnhof von Sittard
hat am Freitagmorgen ein Lokführer ein rotes Haltesignal
überfahren. Das hat ein Sprecher des niederländischen Netzbetreibers Prorail nach einem
Bericht des „Limburgs Dagblad“
bestätigt. Die Leitzentrale bemerkte den Fehler und legte den
Bahnbetrieb sofort still. Eine
Stunde später konnten die Fahrgäste den Zug verlassen. Nach
Angaben eines Bahnsprechers
haben rund 170 Lokführer im
vergangenen Jahr ein Haltesignal überfahren. Der Sprecher relativierte die Zahl aber: Sie
klinge nach viel. Berücksichtige
man aber, wie viele Züge täglich
im Land unterwegs seien, sei es
im Grunde wenig. (red)
[email protected]
Vor 2000 Jahren: „Romanisierte“ südlimburgische Bauern bei der Arbeit auf dem Feld. im Hintergrund links das
Landgut, die „villa“.
illustrationen (2): Mikko Kriek (Amsterdam) im Auftrag des Thermenmuseums Heerlen
Einwohner
pro
Quader „villa“ noch weitere Häuser ge- 60
dratkilometer. Bezogen auf die Gestanden haben könnten.
Mit wachsender Zahl der Ein- samtfläche von 661 Quadratkiloträge in ihrer Landkarte stieß Ka- metern ergibt sich daraus eine Beren Jeneson auf ein weiteres Phä- wohnerzahl von knapp 40 000.
nomen: Obwohl die naturräumli- Rechnet man die Städte hinzu,
chen Voraussetzungen in dem 130 dürfte man auf etwa 200 000 BeKilometer breiten Streifen zwi- wohner kommen. Bisherige Schätschen Tongeren und Köln nahezu zungen waren von erheblich wenigleich waren, schien die Siedlungs- ger Einwohnern ausgegangen.
dichte in der niederrheinischen
Aufgrund dieser Zahlen wird
Bucht drei- bis viermal so
hoch wie in Südlimburg.
Im Bereich Hambach in
„So viel elite kann es gar nicht
der Jülicher Börde, der
gegeben haben. Die Luxus­
östlichen
Fortsetzung
des belgisch-südlimburVilla war eher die Ausnahme.“
gischen Lössgürtels, lag
KAREn JEnESon, KuRAToRin
die Quote bei drei bis vier
DES HEERLEnER THERMEnMuSEuMS
ländlichen Siedlungen
pro Quadratkilometer.
Karen Jenesons Erklärung: Für eine unterschiedliche auch die Vorstellung hinfällig,
Besiedlungsdichte gebe es keiner- dass in den „villae“ nur die römilei Gründe oder Hinweise. Aller- sche Oberschicht residierte. Karen
dings sei man in Südlimburg beim Jenesons Schlussfolgerung: „So
Bau von Städten, Wegen und In- viel Elite kann es gar nicht gegeben
dustrieanlagen ziemlich sorglos haben. Die Luxus-Villa war eher
und unvorsichtig mit den „Boden- die Ausnahme.“
Äußeres Indiz: Nur 23 Prozent
schätzen“ der Vergangenheit umder ausgegrabenen Villen verfüggegangen.
ten über „Hypokausten“, eine Fußbodenheizung.
Um die „villae“ in der Umgebung Heerlens wurden neben Getreide auch Obst, Gemüse und sogar Wein angebaut. Und es blieb
nicht alleine bei der Landwirtschaft: Mit mehr als 40 Töpfereibetrieben entstand im römischen
Coriovallum eine bemerkenswerte
„Folgeindustrie“. Zahlreiche Ausstellungsstücke im Heerlener Thermenmuseum zeugen vom Fleiß
der frühen Heerlener Töpfer.
Reichtum und Bedeutung der
Region fanden nicht zuletzt ihren
Niederschlag in luxuriösen Bauten
wie der Heerlener Therme. Ihr
Fund ist ungewöhnlich, weil nur
wenige derartige Thermen für das
Gebiet der heutigen Niederlande
nachgewiesen sind.
Rund 400 Jahre währte die Blütezeit. Dann verschwanden die Römer genauso plötzlich wie sie gekommen waren. Vertrieben von
germanischen Stämmen, die über
den Rhein kamen.
Thermenmuseum im netz:
? Das
www.thermenmuseum.nl
Ganze Landstriche umgegraben
Vieles sei unwiederbringlich verschwunden, was auf deutscher
Seite zum Beispiel im Braunkohlen-Tagebau Hambach systematisch durch die Archäologen des
Landschaftsverbandes Rheinland
(LVR) erforscht und dokumentiert
worden sei. Die hatten allerdings
auch die etwas größeren Bagger zur
Verfügung. Komplette Landstriche
wurden hier systematisch umgegraben. Kein Wunder, dass man
dabei viel öfter auf Reste aus römischer Zeit stieß.
Geht man auch für Südlimburg
von einer Siedlungsdichte von vier
ländlichen Siedlungen pro Quadratkilometer aus und nimmt man
weiterhin pro Hof eine Bewohnerzahl von 15 an, so kommt man auf
Wo die Römer baden gingen: Karen Jeneson, Kuratorin des Heerlener
Thermenmuseums, vor den 2000 Jahre alten Resten des Badehauses. Die
kleinen Steine in der Bildmitte sind Überbleibsel der Fußbodenheizung.
Zwischen ihnen zirkulierte die heiße Luft.
Foto: Ulrich Simons
Die geschichte von Coriovallum (Heerlen) beginnt an einer Straßenkreuzung
400 Jahre lang war das heutige Süd­
limburg Teil des Römerreiches. nach
der eroberung durch Caesar um 55 v.
Chr. ließ Kaiser Augustus die Region
zu einer römischen Provinz ausbauen
und setzte ab 13 v. Chr. eine eigene
Militärverwaltung ein.
Eine wichtige Militär- und Handelsstraße verband das gebiet mit
gallien (dem heutigen Frankreich)
und dem übrigen römischen Reich. in
Südlimburg entstanden an dieser
„Via Belgica“ zwei wichtige orte.
KontaKt
Regionalredaktion:
(montags bis freitags, 10 bis 18 Uhr)
Tel.: 0241/5101-358
Fax: 0241/5101-360
Samstag, 10. August 2013
Coriovallum zur Zeit der Römer: Am linken Bildrand erkennt man im obe­
ren Bereich der Bebauung die von einer Mauer umgebene Therme.
An einer Furt in der Maas errichte­
ten die Römer eine Brücke und nann­
ten den entstehenden ort „Traiec­
tum ad Mosam“, das heutige Maas­
tricht. 20 Kilometer weiter östlich
kreuzte die Via Belgica eine andere
römische Hauptverkehrsachse: die
von Aquae granni (Aachen) nach Co­
lonia Ulpia Traiana (Xanten) im nor­
den. Am Kreuzungspunkt beider
Straßen entstand ein weiteres Dorf:
Coriovallum, das heutige Heerlen.
Ebenso wie Traiectum ad Mosam
(Maastricht/nL) waren Coriovallum
(Heerlen/nL), Aquae granni (Aa­
chen), iuliacum (Jülich) und Atua­
tuca Tungrorum (Tongeren/B) römi­
sche „vici“, besaßen also keine Stadt­
rechte. Dieses Privileg genossen nur
Colonia Claudia Ara Agrippinensium
(Köln), Colonia Ulpia Traiana (Xan­
ten), Ulpia noviomagus Batavorum
(nijmegen/nL) und Forum Hadriani
(Voorburg­Arentsburg/nL).
Der Rhein bildete die östliche
grenze (Limes) des römischen Rei­
ches, die entsprechend gesichert
wurde. Tausende Legionäre und
Hilfstruppen bewachten den grenz­
verlauf und mussten verpflegt wer­
den, vor allem mit getreide. Die Bau­
ern in Südlimburg, nicht einmal 100
Kilometer entfernt, profitierten von
diesem neuen Absatzmarkt. (sim)
Via Belgica interaktiv:
? Die
www.viabelgicadigitalis.nl
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