Umwelt- und Naturschutz

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Einleitung
Umwelt- und
Naturschutz
Die Existenz und die kulturelle Entwicklung des Menschen als Teil des
natürlichen Lebensnetzes ist auf funktionierende Ökosysteme angewiesen.
Eine hohe biologische Vielfalt oder
Biodiversität ist dafür eine ganz
wesentliche Voraussetzung. Diese ist
in Anlehnung an die gleichnamige
Konvention von Rio de Janeiro 1992
vom Bundesumweltamt wie folgt definiert:
„Biologische Vielfalt bezeichnet
die Variabilität alles Lebendigen.
Artenvielfalt bezeichnet nur einen
Teil. Die biologische Vielfalt umfasst zusätzlich die genetische
Verschiedenartigkeit zwischen
den einzelnen Lebewesen einer
Art, zwischen den Arten und die
Vielfalt der Lebensräume.“
Dieser Beitrag gibt am Beispiel der
Stadt Böblingen Einblick in die fachlichen Grundlagen des Arten- und Biotopschutzes und stellt Ihnen einige
Beispiele aus der Praxis vor.
Biotopverbund
Das Ziel des Biotopverbundkonzeptes
der Stadt Böblingen ist die Erhaltung,
Sicherung und Entwicklung einer vielfältigen Naturausstattung in der Kulturlandschaft, die Verbesserung der
Lebensbedingungen für die bodenständigen Tier- und Pflanzenarten und
der Schutz, die Erhaltung und Entwicklung von Boden, Grund- und Oberflächenwasser, sowie die Verbesserung des Landschaftsbildes und die Erhöhung der Erlebnisqualität der Landschaft.
Das Biotopverbundkonzept der Stadt
Böblingen besteht aus einer Strukturund Nutzungskartierung als Rückgrat
und erste Bewertung der Biotopausstattung, einer botanischen und zoologischen Kartierung der Gesamtgemarkung anhand von Indikatorarten auf
repräsentativen Flächen und einer
konkreten Maßnahmenplanung zum
Ackerrandstreifen
Biotopmanagement
Biotopverbund und -vernetzung. Indikatorarten sind Arten, die für einen
bestimmten Biotoptyp Aussagen über
die Wertigkeit, auch stellvertretend
für andere Artengruppen, erlauben.
Diese Erhebungen sind Voraussetzung
für eine ökologisch trag- und funktionsfähige Vernetzung und Maßnahmenplanung. Ein Beispiel ist der
Ackerrandstreifen als Lebensraum für
die durch Spritzmittel und Saatgutbeizung bedrohte Ackerbegleitflora. Ein
Zweites die Streuobstwiesen mit ihrer
hohen Bedeutung für die Artenvielfalt
der Tier- und Pflanzenwelt und, als
Kaltluftentstehungs- und Abflussgebiete, für das Kleinklima. Für die
Streuobstwiesen der Stadt Böblingen
wird bei Neuanpflanzungen zusätzlich
auf eine breite Auswahl regionaler
und lokaler Baumsorten zum Erhalt der
genetischen Vielfalt geachtet.
Für besonders naturschutzwürdige und
landschaftsökologisch wertvolle, komplexe Landschaftsbereiche werden
Pflege- und Entwicklungspläne erstellt, die sehr hohen Anforderungen
genügen müssen und auch als Grundlage für die Landschaftspflege auf der
Gesamtmarkung dienen können. Sie
zielen auf ein umsetzbares Handlungskonzept für das Biotopmanagement,
das nachhaltig und nachprüfbar die
Zielsetzungen der Planung für den
Arten- und Biotopschutz erreicht. Dazu
werden die Daten aus dem Biotopverbundkonzept ortsbezogen um vegetations- und bodenkundliche Transekte
ergänzt, die mit geringem Aufwand
Rückschlüsse auf das zukünftige standörtliche Entwicklungspotential ermöglichen.
Thomaried: Landschaftskomplex
Dieser praxisorientierte Ansatz der
Maßnahmenplanung auf Bestandsbasis ermöglicht eine effiziente
Realisierung. Dazu gehört auch die
frühzeitige Integration der Landnutzer
in ein nachhaltiges Bewirtschaftungskonzept und die Abstimmung mit den
betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten. Diese Verbindung von Ökologie
und Ökonomie mündet in eine Pflegekonzeption, die den hohen Komplexitätsgrad der Erfassung in praktikable,
einfache Pflegeanleitungen fasst.
Artenschutz
Die Ergebnisse der botanischen und
zoologischen Kartierungen und die
Biotopausstattung erlauben Rückschlüsse, bei welchen Arten mit vertretbarem finanziellen Aufwand Verbesserungen erzielt werden können.
Daraus und aus den gesetzlichen
Grundlagen ergeben sich Konzepte für
bestimmte Artengruppen und Zielarten. Böblingen hat ein Schmetterlingsschutzkonzept für Tagfalter und
Widderchen, ein Amphibienschutzund ein Fledermausschutzprogramm.
Zum Amphibienschutz gehört z.B. die
Anlage von Ersatzlaichgewässern um
die oft tödliche Überquerung vielbefahrener Straßen zu vermeiden, das
Sichern der Dolen als Amphibienfallen
während der Wanderungszeit und die
Absenkung von Bordsteinen, die für
die Tiere Barrieren darstellen, die
nicht überwunden werden können und
Bordsteinabsenkung
Gewässer
ihnen so den Weg zu ihren Sommerund Winterquartieren im Wald versperren.
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz
sind sämtliche 22 in Deutschland heimische Fledermausarten als vom Aussterben bedrohte Tierarten besonders
geschützt. Der Fledermausschutz muss
der komplexen Biologie der Fledermäuse Rechnung tragen. Sie wechseln
ihre Quartiere im Laufe des Jahres und
die Wochenstuben in den Dachstühlen
müssen warm genug, die Winterquartiere in Kellern und Stollen kalt
genug sein. Ein Raum in der Schlossbergmauer mitten in Böblingen eignet
sich als Fledermauszwischenquartier
und wurde mit Spenden aus der
Bevölkerung anlässlich einer umfangreichen Fledermausausstellung ausgebaut.
Als Lebensadern der Landschaft,
natürliche Biotopverbundsysteme und
Wander- und Ausbreitungswege von
Flora und Fauna kommt den Fließgewässern im Naturhaushalt eine
besondere Bedeutung zu. Naturnahe
Gewässer und Auen sind selten geworden. Ausgebaute Gewässer könnnen ihre Funktionen im Ökosystem
größtenteils nicht mehr erfüllen. Im
Rahmen der Gewässerentwicklung
gewinnt deshalb die naturnahe Gestaltung und Bewirtschaftung des
Gewässerbettes und der Ufer, neben
der Erhaltung eines ordnungsgemäßen
Zustandes für den Wasserabfluss,
zunehmend an Bedeutung. Bestätigt
wurde dieser Ansatz durch die jüngsten Hochwasserereignisse.
Auf der Grundlage von Gewässerentwicklungsplänen und im Rahmen
des Biotopverbundes hat die Stadt
Böblingen in den letzten Jahren mehrere Gewässer renaturiert oder ökolo-
Grabensicherung mit Geotextil
gisch aufgewertet. Durch die Verbesserung der Sohl- und Ufer-Struktur,
sowie durch Uferbepflanzung, wird
durch Beschattung der Sauerstoffgehalt und damit die Selbstreinigungskraft erhöht. Die naturnahe Pflege der
Seeufer und Gewässerbegleitvegetation erfordert hohes fachliches
Können. Regelmäßig wird auch die abschnittsweise Grabenpflege durchgeführt. Dabei wird die Sohl- und Ufersicherung nicht mehr durch Befestigung sondern durch ingenieurbiologische Maßnahmen, z. B. mit Geotextil
aus Naturmaterial, erreicht.
Als Ursprung der Fließgewässer
kommt den Quellen eine besondere
Bedeutung zu. Quellen zählen zu den
bedrohtesten Biotopen in Mitteleuropa. Aufgrund ihrer großen Wertigkeit hat die Stadt Böblingen ein
Quellenschutzprogramm zur Verbesserung des ökologischen Zustandes in
Form eines Quellenkatasters.
Ausgleich und Ersatz von Eingriffen in
Natur und Landschaft
Eingriffe sind als Veränderung der
Gestalt und Nutzung von Grundflächen
mitnachhaltigen und erheblichen
Beeinträchtigungen für die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder
des Landschaftsbildes definiert. Ist
diese Verschlechterung des Zustandes
von Natur und Landschaft oder des
Landschaftsbildes nicht zu vermeiden
oder zu minimieren und der Eingriff in
seiner Bedeutung höher einzustufen,
muss Ausgleich oder Ersatz geschafffen werden. Wenn einräumlicher und
funktionaler Bezug zu den durch die
Bauleitplanung hervorgerufenen Eingriffen besteht, können schon erbrachte Naturschutzmaßnahmen in Abwägung gebracht werden. Die Stadt
Böblingen hat auf der Basis des Biotopverbunds und der Gewässerentwicklung Maßnahmen in einem Ökokonto eingestellt.
St.-Anna-Graben
Rundholzschwelle zur Sohlanhebeung
Bioindikation
Am 05. Mai 1999 wurde auf Gemarkung Böblingen das Restmüllheizkraftwerk des Landkreises Böblingen
in Betrieb genommen. Am 11.10.2000
stimmte der Ausschuss für Technik,
Umwelt und Straßenverkehr dem Beweissicherungsverfahren zu Schadstoffbelastungen durch das Restmüllheizkraftwerk Böblingen zu.
Seit Mai 2001 wird ein Beweissicherungsverfahren mit pflanzlichen Bioindikatoren durchgeführt. Hierbei wird
zwischen einem aktiven Biomonitoring
mit dem Einsatz von standardisierten
Gras- und Grünkohlkulturen und einem
passiven Biomonitoring mit Einzeluntersuchungen an Fichtennadeln
unterschieden. Beim aktiven Biomonitoring werden Belastungen durch
Schwermetalle und polycyclische, aromatische Kohlenwasserstoffe, beim
passiven Biomonitoring Gesamtschadstoffbelastungen von Boden und
Luft erfasst. Nachgewiesen werden
können mittel- und langfristige Veränderungen.
Bioindikation
Bild: Dr. R. Kostka-Rick, biologisch überwachen und bewerten
Öffentlichkeitsarbeit
Im Umgang mit der Natur können
wir viel über das Leben lernen.
Wenn sie nicht mehr da ist, könnnen zukünftige Generationen das
nicht mehr.
Fledermausführung
Die Öffentlichkeitsarbeit im Umweltund Naturschutz der Stadt Böblingen
will die Bevölkerung in die Umweltund Naturschutzarbeit einbinden, wie
z. B. bei der Warentauschbörse zur
Müllvermeidung. In Exkursionen und
Führungen wird die Natur vor der
Haustür und die Besonderheiten der
Markung vorgestellt und die wichtigen
vorkommenden Biotope und Arten
bekannt gemacht.
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