März 1997 Pensionsfonds als Ergänzung des französischen Alterssicherungssystems Sonderbericht • In Frankreich können voraussichtlich noch in diesem Jahr auf der Ebene privater Unternehmen, Branchen- oder Berufsverbände Pensionsfonds als neues Instrument der betrieblichen Altersversorgung eingerichtet werden. Mit dieser zukunftsweisenden Reform erhält das französische Alterssicherungssystem einen zusätzlichen, wetterfesteren Pfeiler. Die Bereitschaft des Gesetzgebers in Frankreich, neue Wege zu gehen, hebt sich positiv von der eingefahrenen, auf Sicherung des Umlageverfahrens ausgerichteten sozialpolitischen Debatte in Deutschland ab. • Die Einzahlungen in die Fonds können in unbegrenzter Höhe erfolgen. Einzahlungen in Höhe von maximal 5 % des Bruttogehalts bzw. nach Wahl 20 % der Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung sind von der Steuer absetzbar. Arbeitgeberzuwendungen sind innerhalb bestimmter Grenzen von Sozialabgaben befreit. Die neuen Rentenpläne eröffnen grundsätzlich das Recht auf eine Leibrente. Bei kleineren Renten ist bei Eintritt in den Ruhestand eine 100 %ige Kapitalausschüttung möglich. • Die für die Fonds beschlossenen Anlageregeln ermöglichen ein flexibles Fondsmanagement. Bis zu 65 % der Fondsmittel können in Zinsprodukte, bis zu 5 % in Titel nicht-börsennotierter Unternehmen (aber maximal 0,5 % pro Emittent) investiert werden. Mindestens 35 % der Fondsmittel sind somit in Aktien, Risikokapital oder andere nicht festverzinsliche Produkte anzulegen. In der Praxis dürfte bei langfristigen Plänen die Aktie stärkere Beachtung finden, während bei kurz- bis mittelfristig orientierten Fonds wohl Obligationen in den Vordergrund rücken werden. • Angesichts des Fehlens eines level playing field für die zahlreichen bereits vorhandenen Instrumente ergänzender Altersvorsorge dürfte der Erfolg der neuen Pensionsfonds fürs erste begrenzt bleiben. Für die Anfangsjahre werden die jährlichen Einzahlungen auf FRF 15 bis 30 Mrd geschätzt. Wenn – wie zu erwarten ist – künftig die Pflichtsysteme reformiert werden und eine Angleichung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die ergänzende Altersvorsorge erfolgt, ist mit einem weit größeren Erfolg zu rechnen. • Akute Finanzprobleme und ungünstige demographische Perspektiven nähren Zweifel an der längerfristigen Tragfähigkeit der auf dem Umlageverfahren basierenden Hauptpfeiler des französischen Alterssicherungssystems. Trotz bereits eingeleiteter Konsolidierungsmaßnahmen bleibt bezogen auf das Jahr 2015 in den staatlichen Rentenkassen eine Finanzierungslücke von 20 bis 30 %. Weitere Anpassungen dürften daher unvermeidbar sein. Autoren: Patrick Mange, Paris, +33 (1) 4495-6387 Svenja Nehls, Paris, +33 (1) 4495-6205 Redaktion: Dieter Bräuninger, Frankfurt, (069) 910-31708 Redaktionsassistenz: Christa Brauer, Anke Kühnel Die Publikation wurde am 28. Februar 1997 abgeschlossen. Preis: DM 15,-- (inkl. gesetzl. MwSt) Weitere Exemplare können unter folgender Fax-Nr. bezogen werden: (069) 910-31829 2 Umlagefinanzierte Rentensysteme in der Klemme Überall in Europa sind die Alterssicherungssysteme in die Diskussion gekommen. Der demographische Umbruch, der aus steigender Lebenserwartung und niedrigen Geburtenraten resultierende Anstieg des Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung, stellt die Wirtschafts- und Sozialpolitik vor enorme Herausforderungen. Dies gilt insbesondere für jene Länder, in denen die Alterssicherung in hohem Maße auf umlagefinanzierten Versorungssystemen beruht. Zu diesen Ländern gehört neben Deutschland und Italien auch Frankreich. Alterssicherungssysteme in der Diskussion Die Finanzierung der Renten durch Umlage, d.h. durch Abgaben (Steuern und/oder Sozialversicherungsbeiträge), auf die Einkommen der aktiven Generation ist eine Schönwetterveranstaltung, die nur dann problemlos funktioniert, wenn die Einkommen der Aktiven hinreichend steigen und deren Anteil an der Gesamtbevölkerung insbesondere im Vergleich zum Anteil älterer Menschen in etwa konstant bleibt, zumindest aber nicht allzusehr sinkt. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so muß der Logik des Umlageverfahrens zufolge die Umlage erhöht und damit die Abgabenbelastung für jeden Aktiven angehoben werden, und/oder die Leistungen für die Älteren müssen vermindert werden. Das Umlageverfahren ist eine Schönwetterveranstaltung Die staatlichen Abgaben haben in den genannten Ländern jedoch bereits ein relativ hohes Niveau erreicht. Vieles deutet darauf hin, daß die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere die hohe Arbeitslosigkeit, in Deutschland, Italien und Frankreich eng mit der überhöhten Abgabenlast zusammenhängt. Sie mindert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und schwächt die Leistungsmotivation der Arbeitskräfte in der offiziellen Wirtschaft. Auch die Option, die Leistungen der umlagefinanzierten staatlichen Alterssicherungssysteme nach der Jahrhundertwende merklich einzuschränken, wäre problematisch, wenn die Alterseinkommen breiter Bevölkerungskreise auch in den kommenden Jahrzehnten noch ausschließlich oder ganz überwiegend auf diesen Leistungen beruhen würden. Um diesem Dilemma zu entrinnen, bedarf es grundlegender Reformen, insbesondere des Ausbaus wesentlich wetterfesterer kapitalgedeckter Altersvorsorgesysteme. Während sich die Sozialpolitik in Deutschland dieser Einsicht noch immer verschließt, wie das Festhalten der Rentenkommission der Bundesregierung am Umlageverfahren dokumentiert, ist in Frankreich nun ein wichtiger Schritt in Richtung eines zukunftsweisenden Alterssicherungssystems erfolgt: Das französische Parlament hat Ende Januar 1997 einen Gesetzesentwurf zur Einführung von Pensionsfonds als Ergänzung des französischen Rentensystems gebilligt. Wenn das Gesetzgebungsverfahren – wie zu erwarten ist – im Laufe der kommenden Monate abgeschlossen wird, können in Frankreich private Unternehmen und Branchenverbände noch im Jahr 1997 ihren Mitarbeitern die neuen Sparpläne (Plan d'Èpargne Retraite) anbieten. Nach abgeschlossener zweiter Lesung in der Nationalversammlung und im Senat ist ein schwieriger Teil des Gesetzesverfahrens aber noch zu bewältigen, nämlich die Durchführungsverordnungen des Gesetzes zu verabschieden. Zukunftsweisende Reform in Frankreich In Frankreich werden die zu erwartenden demographischen Verwerfungen wegen der traditionell höheren Geburtenrate (eine Französin bringt im Durchschnitt 1,8 Kinder zur Welt, eine Deutsche nur 1,4; zur längerfristigen Bestandserhaltung der Bevölkerung wären jeweils etwa 2,1 Kinder erforderlich) weniger dramatisch ausfallen als in Deutsch- 3 land. Gleichwohl wird sich auch in Frankreich das zunehmend ungünstigere Umfeld für die umlagefinanzierten Sozialsysteme infolge der fortschreitenden Globalisierung und des allmählichen Alterns der Bevölkerung weiter verschlechtern. Nicht zuletzt sprechen ordungspolitische Gründe für eine Reform des nur schwer durchschaubaren französischen Alterssicherungssystems. 1. Hauptsäulen des französischen Alterssicherungssystems Das französische Rentensystem ist durch eine starke Heterogenität gekennzeichnet. Der Ausbau der Rentenversicherung zur Volksversicherung im Jahr 1945 ging mit der Einrichtung von autonomen, alle freien Berufe abdeckenden Rentenkassen einher. Dies erhöhte die Komplexität des Systems, das heute mehr als 500 Pflichtrentenkassen zählt. Französisches Rentensystem komplex und wenig transparent Das allgemeine französische Rentensystems (régime général) basiert auf zwei Grundsäulen: Zwei Grundsäulen ... • einer staatlichen Basisversicherung („Régime de Base“), der laut Commissariat Général du Plan (CGP) 14,1 Millionen Beitragszahler (1995) angehören. Beitragszahlungen werden proportional zum Bruttogehalt berechnet, unter Berücksichtigung einer durch die Sozialversicherung jährlich festgelegten Einkommensgrenze (Beitragsbemessungsgrenze) von derzeit FRF 164.640 im Jahr (seit Januar 1997). Die Grundrente beträgt maximal 50 % der Beitragsbemessungsgrenze, d.h. FRF 82.320 in 1997. • zwei Pflichtzusatzversicherungen („Régimes Complémentaires“), seit 1972 Pflicht), nämlich der ARRCO (Association des Régimes de Retraite Complémentaires), ein Verband aus 110 Kassen mit insgesamt 13,8 Millionen Beitragszahlern (CGP, 1995), und der AGIRC für höhere Angestellte (Association Générale des Institutions de Retraite des Cadres), eine Vereinigung von 52 Kassen mit 2,8 Millionen Beitragszahlern (1994). Beitragszahlungen orientieren sich an der Differenz zwischen dem tatsächlichen Gehalt und der Beitragsbemessungsgrenze der Basisversicherung. Rentenansprüche werden anhand eines Punktesystems berechnet. Bei absehbaren Finanzierungsschwierigkeiten kann somit an verschiedenen Variablen angesetzt werden: dem Beitragssatz, dem Wert eines Rentenpunktes, der jährlichen Erhöhung der Rentenansprüche. Ferner können die Liquiditätsreserven der Kassen kurzfristig reduziert werden. Durch die beiden Zusatzversicherungen ist in der Vergangenheit das Rentenniveau im Privatsektor deutlich gestiegen und im Durchschnitt dem des öffentlichen Sektors nahe gekommen. Daneben gibt es zahlreiche Sonderrentenversicherungen (4,3 Mio Beitragszahler, 2,9 Mio Pensionszahlungen, Stand Anfang 1990) für spezifische Berufsgruppen. Dazu gehören insbesondere die Spezialkassen (Régime Spéciaux) der staatlichen Unternehmen. Diese Spezialkassen sind strukturell defizitär und müßten daher grundlegend reformiert werden. Darauf kann hier jedoch nicht näher eingegangen werden. Die Sonderrentenversicherungen bilden für ihre Mitglieder sowohl die Basis- als auch die Zusatzversicherung. Die Renten dieser Kassen sind i.d.R. im Durchschnitt höher als die vom „Régime de Base“ und von der ARRCO bzw. AGIRC bestimmten Renten, die im Privatsektor dominieren. Das CGP beziffert (1995) den zusätzlichen Finanzbedarf der Beamtenkassen im Jahr 2005 auf FRF 34,2 Mrd und auf 56 Mrd für das Jahr 2010 (auf Basis von Preisen des Jahres1993). 4 ... sowie zahlreiche Sonderrentenversicherungen Erheblicher Finanzbedarf Beide Hauptpfeiler funktionieren nach dem Umlageprinzip (Generationenvertrag), wobei innerhalb des jeweiligen Verbandes seit 1974 ein gewisser Finanzverbund besteht. Reicht bei einer Rentenkasse oder einer Versicherungsgruppe das Beitragsaufkommen nicht aus, so sind zunächst die anderen Institutionen – sofern sie Überschüsse aufweisen – zu Ausgleichszahlungen verpflichtet. Wenn eine solche Situation jedoch bei einer Versicherungsgruppe andauert, müssen die Beitragssätze angehoben bzw. Strukturreformen durchgeführt werden. Ansonsten können die Rentenkassen im Falle von Überschüssen Reserverückstellungen vornehmen. Zunehmende Finanzierungsprobleme als Anlaß für erste Konsolidierungsmaßnahmen Die gegenwärtigen Finanzprobleme der französischen Rentenkassen resultieren aus der hohen Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenquote 1996 12,4 nach 11,6 % in 1995) – Arbeitslose zahlen keine Beiträge, erwerben aber Rentenansprüche – und der von der „Regierung Mauroy“ beschlossenen Herabsetzung des allgemeinen Renteneintrittsalters von 65 auf 60 Jahre seit 1982. Zudem lastet die Verlängerung der durchschnittlichen Lebensdauer schon heute auf den Rentenkassen. Angesichts der allmählichen Alterung der Bevölkerung bleiben deren Perspektiven getrübt. Insgesamt werden die von den französischen Rentenkassen im Jahr 2010 zusätzlich benötigten Finanzmittel im „Livre blanc“ (Michel Rocard 1991) auf mindestens FRF 370 Mrd geschätzt – bei Gesamtausgaben für Altersruhegelder von FRF 1260 Mrd. Dabei gelten die diesem Bericht zugrundeliegenden demographischen Annahmen heute sogar als zu optimistisch. Allerdings wurden in der Zwischenzeit erste Konsolidierungsmaßnahmen beschlossen. Gemäß dem Gesetz „Veil“ vom 20. Juli 1993 ist seit 1994 die Anpassung der Basisrenten an die Entwicklung der Preise (exkl. Tabak) und nicht mehr an jene der Durchschnittseinkommen gekoppelt. Bei konstanter Zahl der aktiven Bevölkerung und einem 1 %igen realen Anstieg der Bruttolöhne bedeutet die Preis- im Vergleich zur Lohnindizierung der Renten Einsparungen in Höhe von ca. FRF 50 Mrd bis zum Jahr 2010. Des weiteren wurde im Sommer 1993 beschlossen, die für einen vollen Rentenanspruch notwendige Mindestdauer der Beitragszahlungen ab 1994 progressiv von 150 auf 160 Quartale bis zum Jahr 2003 anzuheben und die Basis für die Rentenberechnung graduell bis zum Jahr 2008 vom Durchschnittseinkommen der 10 „besten“ Jahre auf die der 25 „besten“ Jahre zu erweitern. Zudem wurde ein „Alters-Solidaritätsfonds“ (Fonds de Solidarité Vieillesse, FSV) gegründet, der die nicht-beitragsgebundenen Rentenzahlungen übernimmt wie z.B. ein Mindestruhegeld (Minimum Vieillesse), Zusatzansprüche durch Familienaufgaben und Rentenansprüche aus Zeiten, in denen keine Rentenbeiträge geleistet wurden (Militärdienst, Arbeitslosigkeit). Diesem Fonds wurden Mittel durch die Anhebung der auf fast alle Einkommen (d.h. inklusive Spareinkommen) zu zahlenden Sozialsteuer (Cotisation Sociale Généralisée, CSG) von 1,3 auf 2,4 % zugewiesen. Zudem fließt ihm ein Großteil der Einnahmen der Steuern auf alkoholische und nicht-alkoholische Getränke zu. Die Einführung des FSV-Fonds ermöglichte bei der staatlichen Basisversicherung eine deutliche Trennung zwischen Rentenzahlungen, die auf dem Versicherungsprinzip basieren, und solchen Zahlungen, die auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität, d.h. dem Versorgungsprinzip, beruhen. Damit könnte Frankreich ein Vorbild für die Hohe Arbeitslosigkeit und demographische Entwicklung als Problem Erste Reformen ... ... Umstellung der Rentenanpassung ... ... Absenkung der Anspruchsgrundlage Gesonderte Finanzierung versicherungsfremder Leistungen 5 auch in Deutschland von vielen geforderte gesonderte Finanzierung versicherungsfremder Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sein, wobei eine solche Maßnahme freilich kein Ersatz für die notwendige Durchforstung solcher Leistungen sein kann. Die genannten Reformmaßnahmen betreffen nur die staatlichen Sicherungssysteme für die Beschäftigten des Privatsektors. Die Sonderrentenkassen, die aufgrund ihrer unter demographischen Aspekten zumeist recht ungünstigen Mitgliederstruktur und ihrer größtenteils sehr vorteilhaften Rentenleistungen mehr und mehr an den Finanzschwierigkeiten des gesamten Rentensystems mitschuldig sind, wurden von den Reformplänen der Basisrente ausgenommen (Grundlage der Rentenberechnung sind die 6 letzten Gehaltsmonate; die Mindestdauer für Beitragszahlungen zur Erlangung des maximalen Anspruchs beträgt nach wie vor 150 Quartale). Der Planbericht vom Herbst 1995, der die langfristigen Perspektiven des französischen Rentensystems analysiert, weist allerdings aus, daß die Reformen lediglich 70-80 % des bis 2005 veranschlagten Finanzbedarfs des Régime Général decken. Die Finanzlage der Rentenkassen wird sich insbesondere nach 2005 stark verschlechtern. Die durch die Reform erlangten Einsparungen werden in 2015 den zuvor veranschlagten Finanzbedarf lediglich um weniger als die Hälfte reduzieren. Weitere Maßnahmen (Erhöhung des Rentenalters, Anhebung der Rentenbeiträge oder Kürzung der Rentenansprüche) sind demnach notwendig, um das staatliche Sozialversicherungssystem zukünftig ins Gleichgewicht zu bringen, zumal der im November 1995 vorgestellte Reformplan der Sozialversicherung die Rentenversicherung weitgehend ausgespart hat. (Die starken sozialen Unruhen Ende 1995 führten zu einer erneuten Aufschiebung der notwendigen Reform der Spezialrentenkassen). Lediglich der FSV wurde mit Beginn des Jahres 1996 durch die Einführung eines Fonds zur Tilgung der aufgelaufenen Sozialschulden (CADES, Caisse d’Ammortissement de la Dette Sociale) und einer neuen Solidaritätssteuer (RDS, Remboursement de la Dette Sociale) von FRF 12,5 Mrd jährlichen Zahlungen (zur Tilgung der 1992 und 1993 kumulierten Defizite der Sozialversicherung) entlastet. Um den absehbaren Finanzierungsschwierigkeiten bis 2005 entgegenzuwirken, vereinbarten die Sozialpartner der AGIRC und ARRCO im April 1996, die Rentenzahlungen beider Kassen ab Januar 1997 bis zum Jahre 2000 nur begrenzt zu erhöhen, Rentenansprüche gleichzeitig zu verringern und die Beitragssätze progressiv anzuheben. Insbesondere die AGIRC leidet unter einer Erosion ihrer Beitragsbasis, u.a. durch einen unerwartet geringen Anstieg höherer Gehälter und die Arbeitslosigkeit, die mittlerweile auch höhere Angestellte trifft. Ihr Finanzbedarf dürfte laut CGP von FRF 2,7 Mrd in 1993 zunächst allmählich auf 5,7 Mrd im Jahr 2005 ansteigen und danach sehr kräftig expandieren auf FRF 25,2 Mrd im Jahr 2015. Ungeachtet der bereits beschlossenen Reformen, sind auch bei den beiden Pflichtzusatzversicherungen weitere Anpassungen notwendig. Sonderrentenkassen bislang von Reformen ausgenommen Weitere Anpassungen unverzichtbar sowohl bei der staatlichen Basisversicherung ... ... als auch bei beiden Pflichtzusatzversicherungen 2. Bestehende Möglichkeiten zusätzlicher privater Altersvorsorge Neben den Hauptpfeilern bestehen in Frankreich schon heute viele zusätzliche Möglichkeiten für eine ergänzende Altersvorsorge nach dem Versicherungsprinzip. Privatpersonen können insbesondere über drei Sparformen, den sogenannte Rentensparplan (Plan d'Epargne Populaire; PEP), den Aktiensparplan (Plan d’Epargne en Actions; PEA) 6 Viele Möglichkeiten für ergänzende Altersvorsorge und vor allem die Lebensversicherungen eine zusätzliche Alterssicherung aufbauen. Rentensparplan. Im Januar 1990 wurde der sogenannte „Rentensparplan“ (Plan d'Epargne Populaire, PEP) eingeführt, der den schon seit 1987 existierenden PER bzw. „Plan d'Epargne en Vue de la Retraite“ ersetzte und bei Banken und Versicherungen eröffnet werden kann. Höhe und Periodizität der Einzahlungen sind frei wählbar. Der Höchstanlagebetrag beträgt jedoch FRF 600.000 für Alleinstehende und FRF 1.200.000 für Ehepaare. Ziel dieses Sparprogrammes ist die Bildung einer zusätzlichen Rente. Zu Beginn des PEP zahlte der Staat für einkommensschwache Haushalte eine Prämie in Höhe von 25 % der jährlich eingezahlten Gesamtbeträge, höchstens jedoch FRF 1.500 pro Jahr. Voraussetzung war jedoch, daß in den ersten 8 Jahren des Plans (mit einer Mindestlaufzeit von bisher 10 Jahren) keine Auszahlungen erfolgten. Dies verhalf dem PEP zunächst zu einem starken Erfolg, bedeutete jedoch auch jährliche Kosten für den Staat in Höhe von FRF 2 bis 4 Mrd. Ab 1992 wurden die Bedingungen für die Prämienzahlungen leicht verschärft. So wurde 1994 beschlossen, Prämien für die nach dem 22. September 1993 eröffneten Pläne vollständig abzuschaffen. Seit Beginn dieses Jahres gibt es zudem für die 1990 eröffneten Pläne die Möglichkeit einer vorzeitigen Auszahlung. Nach 8 Jahren Anlagedauer ist die PEP-Ausschüttung sowohl in Form einer Kapitalausschüttung als auch in Form einer Leibrente von Steuern freigestellt. Einzahlungen sind jedoch einkommensteuerpflichtig. Ausnahme ist allerdings der sogenannte „PEPVie“ (PEP-Leben), der die gleichen Steuervorteile wie die Lebensversicherung genießt (siehe unten). Nach gutem Erfolg Anfang der 90er Jahre, u.a. aufgrund der Prämien und hoher Renditen von 7,5 bis 8,5 %, verlangsamten sich ab 1994 die Zuflüsse mit der Abschaffung der staatlichen Prämien und dem Rückgang der Renditen auf 5,5 bis 6 %. Insgesamt 11 Millionen Personen haben ein solches Sparprogramm eröffnet. Immerhin betrug Ende November1996 der Umlauf der PEP bei Banken FRF 435 Mrd und bei Versicherungen FRF 118 Mrd. Aktiensparpläne. Studien belegen, daß langfristig Investitionen in Aktien insbesondere bei professionellem Anlagemanagement am ertragreichsten sind. Unter diesem Aspekt sind Sparpläne, die hauptsächlich auf Aktien basieren, durchaus für die Bildung einer zusätzlichen Rente vorzuziehen. Am 14. September 1992 wurden sogenannte Aktiensparpläne (Plan d’Epargne en Actions, PEA) in Frankreich eingeführt. Insgesamt dürfen wie beim PEP – maximal FRF 600.000 (Ehepaar: 1.200.000 FRF) in den PEA eingezahlt werden. Die Investitionen haben überwiegend in französischen Aktien zu erfolgen, wobei Investmentfondsanteile von Fonds mit hohem Anteil französischer Aktien (mindestens 60 %) als Anlage zugelassen sind. Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen dürfen höchstens 25 % des Fondskapitals ausmachen. Des weiteren war es möglich, 1993 die Balladur-Anleihe (Kupon 6 %, Laufzeit Juli 1997) in den PEA aufzunehmen, da sie eine Kaufoption auf Aktien privatisierter Unternehmen enthält. Kapitalgewinne und Dividenden sind steuerfrei, wenn sie nach 5 Jahren realisiert werden. Die jährliche Steuergutschrift bei der Einkommensteuer für Dividenden (50 %) kann jedoch geltend gemacht werden. Zwischen dem 5. und 8. Jahr wird der PEA beim Verkauf von Anteilen geschlossen. (Dividenden können jedoch steuerfrei ohne Schließung des Plans ausgezahlt werden.) Erst nach 8 Jahren können teilweise Auszahlungen ohne Schließung des PEA 7 erfolgen. Die Steuervorteile gelten weiter, es können jedoch keine weiteren Einzahlungen erfolgen. Wie beim PER gibt es für den PEA nach 8 Jahren (und später) die Möglichkeit einer einkommensteuerfreien einmaligen Auszahlung oder Leibrente. Nach einer Umfrage der Banque de France betrug das Umlaufvolumen der PEA Ende September 1996 FRF 196,7 Mrd, was einem Anstieg von 0,6% gegenüber dem Vorquartal und 17,4 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Die Anzahl der PEA ist allerdings erneut um 33.500 gegenüber dem Vorquartal auf 2,6 Millionen zurückgegangen. Seit Juni 1994 hat sich die Anzahl der PEA um 225.000 verringert. Diese Entwicklung ist erstaunlich, blieben doch die PEA von der kontinuierlichen Verschärfung der Besteuerung von Wertpapiereinkommen in jüngster Zeit verschont. So sind 1996 die Freibeträge für Wertpapiereinkommen (FRF 8.000 für Alleinstehende und FRF 16.000 für Ehepaare) gestrichen worden. Erzielte Kursgewinne bei Ausschüttungsfonds, Anleihen und Aktien sind ab einem Jahresverkaufswert von FRF 200.000 für 1996 und FRF 100.000 für 1997 zu versteuern (in 1995 noch FRF 342.800). Kursgewinne bei thesaurierenden Fonds sind seit 1996 ab dem ersten FRF zu versteuern (in 1995 erst ab einem Verkaufswert von FRF 50.000). Lebensversicherungen. Sie sind die erfolgreichste langfristige Sparform in Frankreich. Das Umlaufvolumen der Lebensversicherungen betrug Ende 1995 FRF 2210,7 Mrd (+15,6 % gg. 1994). Ausschlaggebender Faktor dafür dürften weniger die bis Ende 1996 gewährten Steuervorteile während der Ansparphase sein, sondern in erster Linie jene bei der Auszahlung. Bis 1995 gab es für jeden Versicherungsnehmer eine Einkommensteuerreduzierung von maximal FRF 1000 pro Haushalt (zusätzlich FRF 250 pro Kind) bei jährlichen Einzahlungen von FRF 4000. 1996 wurde diese Möglichkeit auf einkommensschwache Haushalte (Einkommensteuer von maximal FRF 7000) begrenzt und zu Beginn des laufenden Jahres ganz gestrichen. Die ohnehin wesentlicheren Steuervorteile am Vertragsende blieben bestehen. Bei Kapitalausschüttung ist das angesammelte Kapital (d.h. die eingezahlten Prämien) einschließlich Zins- und Kapitalgewinne nach 8 Jahren steuerfrei. Auszahlungen in Form von Leibrenten unterliegen nur zum Teil der Steuer (70 % der Leibrente sind steuerpflichtig, wenn der Empfänger weniger als 50 Jahre alt ist, 50 % bei einem Alter von 50 bis 59, 40 % bei einem Alter von 60 bis 69 und 30 % bei einem Alter von über 69 Jahren). Aus Sicht vieler Anleger scheinen Lebensversicherungen wegen ihrer Liquidität (es gibt die Möglichkeit, vor Ende der 8jährigen Vertragslaufzeit günstige Vorauszahlungen zu erhalten, ohne die Steuervorteile zu verlieren) und ihrer im internationalen Vergleich kurzen Vertragsdauer von 8 Jahren attraktiv zu sein. Offenkundig ist auch die einmalige Zurückzahlung bei vielen Haushalten beliebt. Laut französischer Vereinigung der Lebensversicherungsunternehmen (FFSA, Fédération Française des Sociétés d’Assurances) lag die durchschnittliche Rendite der Lebensversicherungen in 1995 zwischen 7 und 7,5 %. Für 1996 werden 6,5 bis 7,0 % erwartet. Die FFSA ermittelte (1995), daß ca. einer von vier Lebensversicherungsverträgen die Sicherung einer zusätzlichen Rente zum Ziel hat. In 1995 flossen 60 % der Nettofinanzvermögensbildung französischer Haushalte in Lebensversicherungen. Auch im ersten Halbjahr 1996 erfolgten weiterhin starke Finanzzuflüsse zu Lebensversicherungen. Ca. 40 % der Haushalte (23 Millionen Personen) haben eine Lebensversicherung. Frankreich ist, was durchschnittliche Pro-Kopf- 8 Einzahlungen in Lebensversicherungen betrifft, in Europa die Nr. 1 mit einem Anteil von 26 % aller Zuflüsse in Lebensversicherungen in Europa (Stand 1994, laut Comité européen des assurances). Frankreich bei Lebensversicherungen Nr. 1 in Europa 3. Das System der zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung Im Rahmen der kollektiven betrieblichen Altersversorgung gibt es für Unternehmen eine breite Palette von Möglichkeiten, Zusatzrenten für die Belegschaft zu bilden (régimes surcomplémentaires). Drei Arten von Zusatzaltersversicherungen auf kapitalisierender Basis sind vor allem zu erwähnen: Verschiedene Möglichkeiten betrieblicher Altersversorung • „Retraite Supplémentaire“, d.h. Zusatzrente (§ 83 Code Général des Impôts (CGI), allgemeines Steuergesetz). Es handelt sich um individuelle Verträge, denen jedoch eine kollektive Rahmenvereinbarung (mit dem Betriebsrat) zugrunde liegt (die u.a. die Höhe der Beitragssätze für die einzelnen Mitarbeitergruppen regelt). Die Auszahlung beim Renteneinritt erfolgt ausschließlich in Form einer Leibrente. Beitragszahlungen sind bis zu einer bestimmten Höchstgrenze (1997: FRF 250.252) von der Einkommenund der Körperschaftsteuer befreit. Die Beiträge sind zudem von Sozialabgaben freigestellt, wenn die Arbeitgeberbeiträge zu allen zusätzlichen Altersversorgungskassen 85 % der Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung, d.h. FRF 139.944 in 1997, nicht überschreiten. Voraussetzung für die steuerlichen Vorteile ist, daß das Unternehmen und der Versicherungsgeber klar juristisch voneinander abgegrenzt sind. Ähnlichkeit mit obligatorischer Zusatzversicherung • „Contrats Sursalaires“, d.h. Zusatzlohnverträge (§ 82 CGI). Dabei handelt es sich um individuelle Verträge ohne Notwendigkeit einer kollektiven Vereinbarung, d.h. die Eröffnung eines solchen Vertrages und die Beitragshöhe können für jeden Angestellten individuell entschieden werden. Auszahlungen können in Form einer Rente oder Kapital erfolgen. Aufgrund dieser Flexibilität ist bei diesem Rentenvertrag die Besteuerung der Beitragseinzahlungen weniger vorteilhaft als bei den Artikel-83-Verträgen. Einzahlungen unterliegen der Einkommensteuer. Eine Freistellung von Sozialbeiträgen in den Grenzen des Artikels 83 ist nur möglich, wenn der Vertrag eine Auszahlung erst beim Renteneintritt vorsieht. Derzeit liegen keine exakten Zahlenangaben für diese beiden Vertragsarten vor. Es wird aber geschätzt, daß pro Jahr ca. FRF 5 bis 7 Mrd diesen Unternehmensfonds zufließen. • Plan d’Epargne Entreprises (PEE). Diese auf 5 Jahre ausgelegten Unternehmenssparverträge (Ende 1986 eingeführt) werden offensichtlich immer stärker als Instrument zur Schaffung einer Zusatzrente verwendet. Jedes Unternehmen kann – i.d.R. im Rahmen einer Kollektivvereinbarung – seinen Angestellten einen PEE anbieten. Die Teilnahme der Beschäftigten am PEE ist fakultativ. Dieses Systems ist sehr flexibel. Generell tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Bildung der individuellen PEE bei, wobei die Aufteilung der jeweiligen Beiträge unternehmensspezifisch bleibt. Die günstige steuerliche Behandlung dieser Sparform erklärt ihren Erfolg. Für den Arbeitnehmer ist in den meisten Fällen die Gesamtheit der Einzahlungen und deren Verzinsung frei von Einkommensteuer und Sozialbeiträgen, wenn kein Austritt aus dem PEE vor Ablauf einer fünfjährigen Frist erfolgt (Ausnahmen existieren Unternehmenssparverträge erfolgreich 9 jedoch; so kann man beispielsweise im Falle des Unternehmenswechsels oder der Heirat aus dem PEE ohne steuerlichen Zugriff austreten). Die Unternehmensbeiträge sind von Körperschaft- und Lohnsummensteuer sowie Sozialbeiträgen befreit. Derzeit führen 40 % der Beschäftigten auch nach Ablauf der 5 Jahre diese Sparform fort, wobei dieser Anteil tendenziell steigt. Genaue Statistiken zum Volumen der PEE liegen noch nicht vor. Allerdings zeigt eine Umfrage, daß 1995 ein Drittel der Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten ihren Mitarbeitern einen PEE anbot und mehr als die Hälfte dieser Arbeitnehmer von dem Angebot Gebrauch machten. Ferner wurde ermittelt, daß je teilnehmendem Mitarbeiter im Durchschnitt FRF 7.000 p.a. in den PEE eingezahlt wurden. Genaue Statistiken zum Volumen der PEE liegen noch nicht vor 4. Bereits vorhandene „Pensionsfonds“ Zu den privaten individuellen Vorsorgemöglichkeiten und der betrieblichen Altersversorgung kommen einige berufsspezifische Pensionsfonds als weitere bereits exisitierende Instrumente der Alterssicherung hinzu. • Der „Préfon“ wurde 1967 als freiwilliges, auf dem Versicherungsprinzips basierendes Pensionsmodell für den öffentlichen Dienst eingeführt. Dies geschah erstaunlicherweise auf Initiative der Gewerkschaften. Nach deren Vorstellungen sollte der Préfon vor allem den Nachteil der Nichtberücksichtigung der Prämien und diverser Entschädigungen bei der allgemeinen Rentenberechnung im öffentlichen Dienst ausgleichen. Das erklärt, daß die Zeichner des Préfon vor allem dem gehobenen Dienst angehören. Die Gewerkschaften übergaben die Fondsverwaltung einem Versicherungskonsortium. Die Berechnung der Rentenansprüche basiert wie bei den Zusatzversicherungen AGIRC und ARRCO auf einem Punktesystem. Die in elf Klassen gestaffelten Beiträge (von 894 FRF bis 16.092 FRF in 1994) werden entsprechend eines Schlüssels in Rentenpunkte umgerechnet. Es ist möglich die Beitragsklasse innerhalb des Jahres zu wechseln, Zahlungen auszusetzen oder zusätzliche Jahresansprüche zu erwerben. Die Auszahlung erfolgt normalerweise ab dem 60. Lebensjahr (bei früherer Inanspruchnahme gibt es Abschläge, bei späterer Zuschläge zur Rente). Der Préfon, der selbst für vorübergehend im öffentlichen Dienst tätige Aushilfskräfte zugänglich ist, genießt darüber hinaus eine sehr vorteilhafte steuerliche Behandlung. Die Beiträge sind vollständig steuerlich absetzbar. Rentenauszahlungen unterliegen der Einkommensteuer. Trotz allem blieb der Erfolg des Préfon nur sehr gering: Lediglich 150.000 Personen (von ca. 4 Mio Beamten) nutzen bisher dieses Modell. Die Aktiva des Fonds beliefen sich Ende 1993 auf lediglich ca. FRF 12 Mrd bei jährlichen Beitragseinnahmen von rund FRF 880 Mio und Rentenleistungen in Höhe von FRF 300 Mio. Diverse Faktoren dürften den Erfolg des Préfons behindert haben. Die Auszahlungen dieses Fonds sind nur als Leibrente möglich, und im Falle des Todes des Zeichners gehen alle Rechte verloren, es sei denn, er hat zuvor eine übertragbare aber geringere Rente gewählt. Darüber hinaus lag die Performance der Fonds unter der von Lebensversicherungen. Zusätzlich wurde dem Fonds mangelnde Transparenz bei Anlagestrategien und ein zu starker Anstieg administrativer Kosten vorgeworfen. 10 Pensionsmodell für den öffentlichen Dienst ... ... mit vorteilhafter steuerlicher Behandlung, ... ... aber geringem Erfolg • Der „CREF“ wurde 1920 ursprünglich für Lehrer eingerichtet, weitete seine Mitgliederbasis jedoch progressiv auf den Großteil der Staatsbeamten und -angestellten aus. Er ist heute ein Zusammenschluß aus mehreren Rentenhilfskassen (mutuelles retraite). Der Zeichner kann im Hinblick auf seine Beitragsleistungen zwischen acht Möglichkeiten wählen. Der Fonds muß jedoch mindestens 10 Jahre gehalten werden. Die Einzahlungen sind flexibler als beim Préfon gestaltet. Es gibt die Möglichkeit, die Einzahlungen zu reduzieren bzw. ein Jahr lang teilweise oder vollkommen auszusetzen (zweimal wiederholbar), ohne erreichte Rentenansprüche zu verlieren. Einzahlungen sind vollkommen und unbegrenzt von der Steuer absetzbar. Die zusätzliche Rente unterliegt zusammen mit der Basisrente der Einkommensteuer. Die erworbenen Rechte sind im Falle des Todes des Zeichners vor Beendigung der Vertragsfrist vollständig, nach Beendigung der Vertragsfrist je nach Vertragsbedingungen bis zu 80 % auf den überlebenden Partner bzw. gegebenenfalls auf die Kinder übertragbar. Der Beitritt von jungen Beamten unter 35 Jahren soll dadurch geförderet werden, daß die jeweilige Rentenhilfskasse in den ersten zwei Jahren die Beiträge teilweise oder ganz übernimmt. Schließlich garantiert der CREF die Kaufkraft durch eine Indexierung der Rentenzahlungen an die Löhne im öffentlichen Dienst. Trotz hoher Transparenz, geringer Verwaltungskosten und einer hohen Rentabilität bleibt auch der Erfolg des CREF nur sehr begrenzt. Er zählte Ende 1993 300.000 Zeichner. Seine Aktiva beliefen sich auf 11 Mrd. • Der „COREVA“-Fonds wurde im Dezember 1988 für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und Mitglieder von Betriebsgenossenschaften ins Leben gerufen, ist jedoch erst seit November 1990 aktiv. Der Beitragssatz liegt bei 4,5 % oder 7 % des Berufseinkommens. (Ca. 40 % der Zeichner wählten den höheren Satz.) Die „Satzwahl“ ist auf 5 Jahre festgeschrieben. Die Beiträge für den Ehepartner und andere Familienmitglieder belaufen sich auf ein Drittel des Unternehmerbeitrags. Einzahlungen sind vollständig vom Berufseinkommen absetzbar. Die Auszahlung als Leibrente erfolgt bei Bezug der Basisrente. (Bei geringen Beiträgen ist eine Auszahlung in Form von Kapital möglich.) Bis zum Moment der Liquidation hat der Zeichner die Möglichkeit, eine 60 %ige Übertragung der Rentenansprüche auf den überlebenden Ehegatten zu wählen. Im September 1995 zählte der COREVA-Fonds 80.000 Zeichner. Das Umlaufvermögen seiner Aktiva betrug Ende 1994 lediglich ca. FRF 1.3 Mrd. Bisher ist es noch zu früh, um den Erfolg dieses Fonds zu bemessen. Er scheint zumindest gut abgestimmt zu sein auf eine Bevölkerung, der im Gegensatz zu den Beamten nur eine sehr geringe Basisrente zusteht (laut Senat durchschnittlich etwas weniger als FRF 2000 monatlich). Gleichzeitig dürften die geringe Sparquote und das hohe Durchschnittsalter der anvisierten Mitglieder nur begrenzte Entwicklungsmöglichkeiten für dieses Produkt ermöglichen. Rentenhilfskassen für Staatsbeamte und -angestellte ... ... mit begrenztem Erfolg Fonds für Landwirte Geringe Sparfähigkeit potentieller Fondszeichner Die genannten Pensionsfonds haben, trotz ihrer steuerlichen Anreize, bisher alle nur einen sehr geringen Erfolg verzeichnet. Dies kann auf eine zu geringe Sparkapazität der potentiellen Zeichner zurückgeführt werden bzw. auf die ausschließliche Auszahlung in Form einer Leibrente. Im öffentlichen Dienst nehmen lediglich 11% der Beamten und Angestellten die Möglichkeit der Rentenfonds wahr (Préfon oder CREF). 11 • Pensionsfonds nach dem Gesetz „Madelin“. Mit dem Gesetz „Madelin“ vom 11. Februar 1994 wurde für ca. 1.5 Mio Selbständige (600.000 in gewerblichen und kaufmännischen Berufen, 500.000 Handwerker und 400.000 freiberuflich tätige Personen), deren Basisrenten nur sehr gering sind im Vergleich zu den Rentenansprüchen von Angestellten, die Möglichkeit einer Zusatzrente geschaffen. Umfragen ergaben ein hohes Interesse der Betroffenen an einem zusätzlichen Rentenschema. Das neu geschaffene Rentenmodell ähnelt stark dem für Angestellte: Selbständigen wird gestattet, nicht nur die Pflichtbeiträge zur Basisrentenversicherung, sondern auch die Beitragszahlungen an freiwillige Rentenkassen von den gewerblichen und kaufmännischen Einkommen abzusetzen. Die Abzugsfähigkeit der freiwilligen Beiträge ist ähnlich wie bei den abhängig Beschäftigten begrenzt. Das Gesetz erlaubt die Einrichtung wirklicher Pensionsfonds für Selbständige mit individuellem freiwilligem Beitritt. Die Beitragszahlungen sind jedoch verpflichtend und haben regelmäßig zu erfolgen. Die Auszahlung ist nur in Form einer Leibrente möglich. Diese beiden Aspekte und die äußerst schleppende Verabschiedung der Anwendungsgesetze (Dezember 1994) dürften – zusammen mit der Konkurrenz der Lebensversicherungen – erklären, weswegen der Erfolg der Madelin-Pensionsfonds weit hinter den Erwartungen blieb (Mitte 1995: 2 Mrd Aktiva und 110.000 Rentenverträge). Pensionsfonds für Selbständige Erwartungen enttäuscht 5. Das neue Pensionsfondsmodell Der Gedanke für ein neues Pensionsfondsmodell erwuchs vor diesem Hintergrund der anhaltenden Finanzprobleme der zentralen ersten Säule des französischen Alterssicherungssystems und der aus offizieller Sicht teilweise enttäuschenden Entwicklung der ergänzenden Instrumente. Die Regierung dürfte mit der Einführung von Pensionsfonds vor allem drei Hauptziele verfolgen: Neues Pensionsfondsmodell mit drei Hauptzielen: • Die Sicherung eines ausreichenden Rentenniveaus und damit auch einer entsprechenden Kaufkraft in der Zukunft ungeachtet einer älter werdenden Bevölkerung. Dabei ist angesichts der zunehmenden Finanzierungsschwierigkeiten des aktuellen Systems eine graduelle Angleichung der Grundrenten unabhängig vom letzten Gehaltsniveaus wahrscheinlich. 1. Sicherung des Rentenniveaus • Die Stärkung des französischen Finanzplatzes insbesondere im Hinblick auf die Europäische Währungsunion. Aufgrund des langfristigen Horizontes dürften Pensionsfonds, wie die Erfahrungen aus anderen Ländern belegen, zu einem beträchtlichen Teil in Aktien investieren und damit der Entwicklung des im Gegensatz zum französischen Rentenmarkt im internationalen Vergleich eher unterentwickelten französischen Aktienmarktes förderlich sein. (Die Börsenkapitalisierung beträgt nur 30 % des BIP.) 2. Stärkung des französischen Finanzplatzes • Die Kräftigung der Eigenkapitalbasis insbesondere von kleineren und mittleren Unternehmen (PME-PMI). 3. Förderung der Risikokapitalbildung Kernelemente der neuen Fonds Grundlage der jetzt beschlossenen Gesetzesvorlage über die Einführung von Pensionsfonds bzw. – im offiziellen Wortlaut – Unternehmensrentensparpläne (PER: Plan d'Epargne Retraite) ist ein am 26. Mai 1994 vom Abgeordneten Jean-Pierre Thomas der Nationalversammlung präsentierter Gesetzesentwurf. Er stellt eine Synthese seiner eigenen Vorstellungen und von Vorschägen von Charles Millon 12 (heute Verteidigungsminister) und Jacques Barrot (heute Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit) dar. In den Entwurf flossen außerdem die Empfehlungen verschiedener Interessengruppen ein. In ihrer jetzigen, nach einigen Änderungen von der Nationalversammlung und vom Senat gebilligten Fassung enthält die Gesetzesvorlage folgende Kernelemente: • Grundlegendes. In Frankreich können künftig – voraussichtlich nicht vor Ende des 3. Quartals 1997 – auf der Ebene von Unternehmen, Branchen oder Berufsverbänden Rentenpläne als neues Instrument der betrieblichen Altersversorgung eingerichtet werden. Damit ist die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, daß künftig jeder in der Privatwirtschaft beschäftigte Arbeitnehmer an einem kapitalgedeckten Alterssicherungssystem (Pensionsfonds bzw. Rentenplan) teilnehmen kann. Die Teilnahme setzt einen entsprechenden individuellen Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer und dem Pensionsfonds voraus. Über die Einrichtung eines Pensionsfonds auf Unternehmens- oder Branchenebene sowie über einzelne Elemente der Ausgestaltung soll grundsätzlich im Rahmen kollektiver Verträge entschieden werden. Wenn trotz längerer Verhandlungen (6 Monate) keine kollektive Vereinbarung zustande kommt, können sich die Unternehmen aber auch einseitig für das neue Pensionsfondsmodell entscheiden. Des weiteren können Arbeitnehmer, für die weder auf Unternehmensebene noch auf Berufs- oder Branchenverbandsebene Rentensparpläne vereinbart werden, nach Ablauf einer bestimmten Frist (1 Jahr) die Mitgliedschaft in einem bereits existierenden Rentenplan beantragen. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt dann doch eine Vereinbarung getroffen wird, können die betreffenden Arbeitnehmer die erworbenen Ansprüche ohne Einbuße auf den neu geschaffenen Rentensparplan ihres Bereichs transferieren. Alle Arbeitnehmer haben grundsätzlich die Möglichkeit zur Teilnahme Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Zahlungen an die Pensionsfonds bzw. Rentenpläne leisten. Die Arbeitgeberzuwendungen an den Fonds dürfen maximal das Vierfache der Arbeitnehmereinzahlungen betragen. Die Zahlungen sind für beide Seiten fakultativ, d.h. sie können im Rahmen der in einem kollektiven Vertrag festgelegten Bedingungen jederzeit eingestellt und wieder aufgenommen werden. Im Falle des Arbeitgeberwechsels kann der Zeichner den Transfer seiner erworbenen Rentenansprüche auf einen anderen Rentenplan oder die Aufrechterhaltung seines alten Vertrags beantragen. Zudem kann nach 10 Jahren ein Transfer des bestehenden auf einen anderen Rentenplan beantragt werden. Dieses Recht besteht jedoch nur einmal. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Zahlungen an die Pensionsfonds leisten Der Rentenplan eröffnet grundsätzlich das Recht auf eine Leibrente. Diese wird vom Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben an bezahlt. Eine 100 %ige Kapitalausschüttung ist möglich, wenn die monatliche Rente einen noch per Dekret zu bestimmenden Wert nicht überschreitet. Der Zeichner kann ferner zum Vertragsbeginn eine einmalige, auf 20 % der Rente aber maximal 75 % der Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung (d.h. FRF 123.480 in 1997) begrenzte Kapitalausschüttung beantragen. Der Zeichner hat zudem das Recht, seinen erworbenen Rentenanspruch für den Todesfall auf seinen Ehegatten (in Ausnahmefällen auch auf seine Kinder, nämlich wenn diese geistig oder körperlich behindert sind) zu überschreiben. Auszahlung grundsätzlich als Leibrente 13 • Fondsverwaltung und Sicherheit. Die Fondsverwaltung soll im Regelfall extern von juristischen Personen (Versicherungen, Banken – inkl. die Staatsbank Caisse des Dépôts et Consignation –, Hilfs- und Unterstützungskassen etc.) übernommen werden, die die Rechtsform einer Aktien- bzw. Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit haben müssen. Mehrere Fonds verschiedener Unternehmen können dabei von einer einzigen Fondsgesellschaft verwaltet wenden. Um dem Zeichner eines Pensionsfonds eine bestmögliche Garantie zu gewährleisten, müssen die Kapitalanlagen versichert werden. Letzteres ist die Grundbedingung für die amtliche Zulassung der Fondsgesellschaft oder des Fonds. Der Fonds hat die Zeichner über Rechte, Pflichten und Rentenansprüche genauestens zu informieren. Neben einer staatlichen Aufsicht soll ein eigens zu diesem Zweck zu konstituierender Aufsichtsausschuß, der sich zu mindestens 50% aus Vertretern der Fondszeichner zusammensetzt, die Kontrolle der Fonds gewährleisten. Einmal pro Halbjahr soll dieser Ausschuß die Fondsverwaltung beurteilen, und einmal pro Jahr wird den Versicherten über die Fondsverwaltung berichtet. Auf Antrag von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Aufsichtsausschusses können von den für die Fondsverwaltung Verantwortlichen Informationen über eine oder mehrere Operationen des Fonds verlangt werden. Wenn den Beantragenden nach 30 Tagen keine oder keine hinreichenden Informationen zugehen, können diese über den gerichtlichen Weg beantragen, daß ein oder mehrere Experten benannt und mit der Erstellung eines Berichtes über die Anlagepolitik des Fonds beauftragt werden, wobei die diesbezüglichen Expertenhonorare dem Fonds angelastet werden können. Der Bericht wird u.a. den Antragstellern, dem Finanzministerium, den Arbeitnehmervertretern, dem Aufsichtsausschuß des Fonds und der Fondverwaltung überreicht. Rechtlich unabhängige Fondsgesellschaften Aufsichtsausschuß mit wichtigen Kontrollbefugnissen • Anlageregeln. Bis zu 65 % der Fondsmittel können in Zinsprodukte abgesehen von Wandelschuldverschreibungen, bis zu 5 % – aber maximal 0,5 % pro Emittent – in Titel nicht-börsennotierter Unternehmen bzw. allgemeine Risikofonds oder Innovationsfonds (Fonds Communs de Placement à Risque (FCPR), Fonds Communs de Placement pour l'Innovation (FCPI)) investiert werden. Damit müssen mindestens 35 % der Fondsmittel in Aktien, Risikokapital oder andere nicht festverzinsliche Produkte angelegt werden. • Steuerliche Bestimmungen. Die Fondseinzahlungen der Arbeitnehmer unterliegen Sozialabgaben. Arbeitgeberzuwendungen bleiben davon befreit, wenn, wie bei den § 83 CGI-Rentenplänen, der jährliche Arbeitgeberbeitrag für alle zusätzlichen Altersversorgungskassen 85 % der Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung, d.h. FRF 139.944 in 1997, nicht überschreitet. Die Summe der Einzahlungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind bis 5 % des Bruttogehaltes oder nach Wahl bis 20 % der Beitragsbemessungsgrenze, d.h. FRF 32.928 in 1997, von der Einkommensteuer befreit. Unterschreiten die Zuwendungen des Arbeitgebers an den Fonds in einem gegebenen Jahr die höchste der oben definierten steuerlichen Befreiungsgrenzen, kann der Arbeitgeber innerhalb von drei Jahren in Höhe des Differenzbetrages steuerfrei Zusatzzahlungen an den Fonds leisten. Die Leibrenten (bzw. die Kapitalausschüttung) der Rentenpläne unterliegen den gleichen Steuern und Sozialbeiträgen wie diejenigen des staatlichen Altersversorgungssystems. 14 Weitgehend nachgelagerte Besteuerung Erfolgschancen der neuen Pensionsfonds • Steuerliche Rahmenbedingungen. Betrachtet man die Gesetzesvorlage aus Anlegersicht, so fällt zunächst auf, daß die steuerlichen Regeln der vorgeschlagenen Pensionsfonds nicht immer günstiger sind als diejenigen für andere bereits vorhandene Altersvorsorgeinstrumente. Insbesondere die Lebensversicherung und mit geringem Abstand der „PEP-Vie“ schneiden in diesem Punkt wesentlich besser ab. Der Umstand, daß steuerliche Vorteile der Pensionsfonds anders als bei Lebensversicherungen und PEP-Vie bei der Einzahlung liegen, kann gleichwohl einzelne Arbeitnehmergruppen motivieren, das neue Instrument aus steuerlichen Gründen zu nutzen. Personen mit höherem Einkommen können durch die Kombination von Rentenplänen und Lebensversicherungen in gewissen Grenzen Steuervorteile erzielen. Personen mit geringerem Einkommen, d.h. i.d.R. „Kleinsparer“, die im Alter mit keiner allzu hohen Rente und dementsprechend mit ohnehin nur niedrigen Steuern rechnen können, kann die Steuerbefreiung der Einzahlungen möglicherweise dazu bewegen, Pensionsfonds Lebensversicherungen vorzuziehen. Vor allem aber dürften die Zahlungen der Arbeitgeber an den Fonds das Interesse gerade der unteren Einkommensgruppen am neuen Pensionsfondssystem wecken. Der PEE – der im übrigen ähnliche steuerliche Vorteile wie der beabsichtigte Rentenplan aufweist – belegt, daß der Unternehmensbeitrag durchaus ein auschlaggebendes Kriterium für die Anlageentscheidung von Arbeitnehmern sein kann. Allerdings sind PEE nicht nur liquider, sondern bieten darüber hinaus eine Auszahlung in Form einer einmaligen Kapitalausschüttung an. Bei hohen Einkommensgruppen (von über FRF 900.000 Jahresgehalt) ist die Interessenlage anders. Das Interesse der Arbeitgeber, Mitarbeitern dieser Gehaltsgruppe Rentenpläne nach dem neuen Modell anzubieten, dürfte wohl eher gering sein, da in diesem Fall wegen der steuerlichen Höchstgrenzen keine Möglichkeit besteht, Sozialbeiträge von den Arbeitgeberzuwendungen abzusetzen. Jedoch dürfte die Möglichkeit, Beiträge an die Fonds in Höhe von bis zu 5 % des Bruttogehaltes von der Einkommensteuer absetzen zu können, die Bezieher höherer Einkommen motivieren, Vorsorge über einen Pensionsfonds zu betreiben. Zumindest könnte dies zu den bereits erwähnten steuerlich bedingten Verlagerungen zwischen Lebensversicherungen und Pensionsfonds führen. Für jeden der ca. 14 Millionen in der Privatwirtschaft beschäftigten Arbeitnehmer besteht zwar die Möglichkeit an einem Pensionsfonds teilzunehmen. Allerdings stellt sich die Frage, ob jene Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber nicht durch Kollektivvertrag dazu verpflichtet ist, einen solchen Fonds einzurichten bzw. Zuwendungen an einen Branchenfonds zu leisten, großes Interesse an einem derartigen Modell zeigen werden. Denn mit den Zahlungen des Arbeitsgebers entfällt ein wichtiger Anreiz für das Ansparen bei einem Pensionsfonds. Aber auch wenn solche Vereinbarungen etwa auf Branchenebene bestehen, ist fraglich, ob alle Unternehmen des betreffenden Wirtschaftszweiges die finanzielle Kraft haben, Zuwendungen an einen Pensionsfonds zu leisten. Steuerliche Rahmenbedingungen nicht vorteilhaft Arbeitgeberzuwendungen als Anreiz für Fondssparen Beteiligung der Unternehmen – eine offene Frage Die jetzt gebilligten Rentenpläne sind ferner für Unternehmen nicht steuerlich günstiger als die § 83 CGI-Verträge. Allerdings sind sie im Vergleich zu letzteren weit einfacher in der Handha- 15 bung. Dies könnte einen Teil der Unternehmen motivieren, die § 83 CGI-Verträge durch das neue Modell zu ersetzen und ihre Zuwendungen sogar auszuweiten. • Vertragsbedingungen. Als positiver Faktor ist zu werten, daß es bei den neuen Pensionsfonds im Gegensatz zur Mehrzahl der existierenden Vorsorgeinstrumente keine Einzahlungsgrenzen gibt. Freilich dürfte die Bereitschaft zu Einzahlungen bei Überschreiten der für die Steuerbefreiung geltenden Limits erheblich nachlassen. Zudem kann auch bei Lebensversicherungen grundsätzlich unbegrenzt angelegt werden. Bei Lebensversicherungen (bzw. PEPVie) ist darüber hinaus die Liquidität weit höher als bei der von der Nationalversammlung gebilligten Form der Pensionsfonds, was für viele Anleger von großer Relevanz ist. Obwohl ein Lebensversicherungsvertrag 8 Jahre laufen muß, damit der Versicherungsnehmer steuerfrei in den Genuß des Ersparten kommt, gibt es – wie bereits erwähnt – die Möglichkeit, vor Ende des Vertrages günstige Vorauszahlungen zu erhalten, ohne daß Steuervorteile verloren gehen. Keine Einzahlungsgrenzen Die Regelungen des Vertragsaustritts stellen offensichtlich auch ein gewichtiges Entscheidungskriterium für die Wahl einer Anlageform dar. Wie der geringe Erfolg der Modelle „Préfon“, „CREF“ und „Madelin“ zeigt, scheint bei Sparern die bei mehreren anderen erfolgreichen Anlageformen angebotene Kapitalausschüttung beliebter zu sein als die bei den neuen Pensionsfonds hauptsächlich vorgesehene Leibrente. • Anlageregeln. Erfreulicherweise hat sich die Nationalversammlung in diesem Punkt auf flexible Regelungen geeinigt. Statt einer hohen Mindestquote für europäische Aktien (60 %), wie sie die ursprüngliche Gesetzesvorlage vorsah, wurde eine hohe Maximalgrenze für Anlagen in Obligationen (65 %) beschlossen. Dies ermöglicht dem Management der Fonds mehr Flexibilität bei seinen Anlageentscheidungen. Im Ergebnis dürfte bei langfristigen Plänen die Aktie aus Rentabilitätsgründen – im Einklang mit den Zielen des Gesetzes – stärkere Beachtung finden, während bei kurzbis mittelfristig orientierten Fonds wohl Obligationen in den Vordergrund rücken werden. Flexibles Fondsmanagement möglich Weitere Präzisierungen notwendig Mit dem von der Nationalversammlung und dem Senat in zweiter Lesung gebilligten Gesetz über Unternehmensrentenpläne sind in Frankreich die wesentlichen Hürden auf dem Weg zur Einführung von Pensionsfonds genommen worden. Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes müssen allerdings noch seine Durchführungsverordnungen festgelegt werden. Zu diesem Zweck soll möglichst rasch eine Kommission aus Regierungs-, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern berufen werden. Da insbesondere die Gewerkschaften, aber auch die Opposition in ihrer Mehrheit gegen die Gesetzesvorlage sind, dürften die erforderlichen Arbeiten noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Der umstrittenste Gesetzespunkt aus Sicht der Gewerkschaften, aber auch der sozialistischen und kommunistischen Opposition sowie der Verwalter der obligatorischen Zusatzaltersversicherungen (ARRCO und AGIRC) betrifft die Befreiung der Unternehmenszuwendungen von Sozialversicherungsbeiträgen in den oben angegebenen Grenzen (§ 26 LPER: Loi sur les Plans d'Epargne Retraite). 16 Durchführungsverordnungen müssen noch festgelegt werden Befreiung der Unternehmenszuwendungen von Sozialversicherungsbeiträgen umstritten Gewerschaften, Vertreter der Grundrentenversicherung und der Zusatzrentenkassen ARRCO und AGIRC sowie deren Repräsentanten im Parlament weisen darauf hin, daß die beabsichtigte Abgabenbefreiung der Unternehmenszuwendungen an Pensionsfonds zu geringeren Einnahmen bei der Pflichtrentenversicherung (Grundversicherung, ARRCO, AGIRC) führen und damit die Finanzierung der umlagefinanzierten Rente gefährden würde. Insgesamt, so schätzen die Kritiker des § 26 LPER, würde die Einführung der Pensionsfonds den Pflichtkassen Mittel im Volumen von ca. FRF 8 Mrd entziehen. Dieses Kalkül basiert auf der Annahme, daß Pensionsfonds im Jahr ca. FRF 20 Mrd einsammeln werden und daß Unternehmen künftig ihren Mitarbeitern statt einer Gehaltserhöhung (die im Umlageverfahren i.d.R. ein höheres Beitragsaufkommen impliziert) bevorzugt die fiskalisch günstigere Zuwendung an einen Pensionsfonds zukommen lassen werden. Das Finanzministerium geht seinerseits davon aus, daß die Mindereinnahmen für die Pflichtrentenkassen höchstens FRF 2 Mrd betragen werden. Es wird mit Recht darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit der Befreiung von Teilen der Sozialbeiträge mit Hilfe der § 83 CGI-Verträge (die beabsichtigten Pensionsfonds unterliegen gleichen Regeln) heutzutage nur teilweise in Anspruch genommen wird. Gewichtiger noch ist das Argument, daß mit der Stärkung des Eigenkapitals von Unternehmen über Pensionsfonds mehr Arbeitsplätze geschaffen würden, womit auch die Beitragsbasis der Pflichtversicherungen entsprechend vergrößert würde. Mindereinnahmen bei den Pflichtrentenversicherungen möglich Eine Änderung des § 26 LPER erscheint zumindest kurzfristig sehr unwahrscheinlich. Auf längere Sicht ist eine solche Maßnahme jedoch nicht auszuschließen, falls die Mindereinnahmen der Basissicherungssysteme höher als vom Staat veranschlagt ausfallen. Auch könnte eine Änderung der §§D.242-1 & L.241.1 CSS (Sozialversicherungsgesetz) erfolgen, die die steuerlichen Rahmenbedingungen für den §26 LPER regeln. Schließlich könnte es auch zu stärkeren Einschnitten bei den Pflichtversicherungssystemen kommen. Immer mehr Stimmen äußern heute diese Meinung. So wies etwa der frühere Premier Minister Raymond Barre darauf hin, daß sich Frankreich in Richtung eines sozialen Sicherungssystems bewegen müßte, das eine staatliche Mindestsicherung gewährleistet und die private Vorsorge verstärkt fördert. Zu erwähnen ist schließlich noch, daß die sozialistische Opposition das Pensionsfondsgesetz auf seine Verfassungskonformität überprüfen lassen will, und daß ferner die europäische Kommission das Gesetz auf seine Kompatibilität mit den generellen europäischen Investitionsdirektiven überprüfen wird. Dies könnte das Inkrafttreten des Gesetzes verzögern, möglicherweise aber auch zu erneuten Änderungen führen. Opposition will Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit Weiterer Reformbedarf bei den etablierten Anlageinstrumenten Weitere Reformen der bisher existierenden Sparinstrumente erscheinen ebenfalls notwendig, wenn die Pensionsfonds ein Erfolg werden sollen. Da angesichts des geringen fiskalpolitischen Spielraums der Regierung in den kommenden Jahren die steuerliche Behandlung der neuen Pensionsfonds allenfalls marginal verbessert werden kann, dürften Änderungen bei anderen Durchführungsformen erfolgen. Auch gilt es, die derzeit schon existierenden betrieblichen Altersvorsorgesysteme mit den Pensionsfonds besser in Einklang zu bringen, wie etwa Finanzminister Arthuis gefordert hat. Bestes Beispiel hierfür 17 sind die auf dem Gesetz „Madelin“ basierenden Fonds für Selbständige, die anderen steuerlichen Bestimmungen unterliegen als die neuen Rentenpläne. Auch die relativ günstigen steuerlichen Regelungen für Lebensversicherungen können wohl nicht außer Betrachtung bleiben, wenn es um die Schaffung eines level playing field für die verschiedenen Instrumente der Alterssicherung geht. Da aber Lebensversicherer Hauptinvestoren von Staatsanleihen in Frankreich sind (1995 waren 71.6 % ihrer Aktiva in Anleihen investiert, während 90 % ihrer Nettoinvestitionen in Rentenwerte flossen), sind grundlegende Änderungen in diesem Bereich in absehbarer Zeit aber nicht zu erwarten. Eine der wichtigsten anderen noch offenen Fragen betrifft die „Garantie“ der eingezahlten Fondsmittel. Dabei stellt sich vor allem das Problem einer Bewertung und Absicherung der Risiken von Anlagen in kleinere und mittlere Unternehmen, die durch die Pensionsfondskonstruktion besonders gefördert werden sollen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge dürfte dieses Problem sich als wesentliches Hemmnis für ein Engagement der Pensionsfonds in riskante Aktien oder Beteiligungen erweisen, da die Fonds die entsprechenden Risiken sicher nicht alleine tragen bzw. auf eigene Kosten absichern werden. Obwohl auch nach Meinung vieler Versicherungsunternehmen Aktien langfristig die beste Anlageform darstellen, zeigt darüber hinaus der begrenzte Erfolg des PEA sowie das niedrige Volumen der Aktienfonds, daß die Aktienkultur in Frankreich noch nicht hinreichend entwickelt zu sein scheint. Level playing field noch nicht erreicht Frage der Sicherung eingezahlter Fondsmittel noch offen Fazit In Frankreich werden wahrscheinlich gegen Ende 1997 Pensionsfonds als „dritte“ Säule des Alterssicherungssystems eingeführt werden. Damit erfolgt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung zu mehr kapitalgedeckter Vorsorge. Verglichen mit anderen bereits existierenden alternativen Instrumenten zur Altersvorsorge sind die vorgeschlagenen Pensionsfonds allerdings nur bedingt wettbewerbsfähig. Um längerfristig den Erfolg dieser dritten Stufe der Altersvorsorge zu gewährleisten, bedarf es noch der Schaffung eines level playing fields. Allerdings wird dies voraussichtlich noch viel Zeit in Anspruch nehmen. Somit ist zunächst nur mit einem begrenzten Erfolg der neuen Pensionsfonds zu rechnen. Eine der wichtigsten Versicherungsgesellschaften Frankreichs, die Caisse National de Prévoyance (CNP), rechnet für die ersten Jahre nach Einführung der Fonds mit jährlichen Beitragseinzahlungen (inkl. Arbeitgeber) von FRF 15 bis 30 Mrd (zum Vergleich: Lebensversicherungen 1995: FRF 360 Mrd, 1996: etwa FRF 390 Mrd). Diese Schätzung wird weithin geteilt. Damit dürfte fürs erste weder der Aktien- noch der Rentenmarkt stark von der Einführung von Pensionsfonds tangiert werden. Wenn aber die Pensionsfonds ihre endgültige Form bekommen, d.h. die oben erwähnten Probleme gelöst werden, und – wie wir erwarten – das Dikkicht anderer Sparinstrumente durchforstet wird, ist mit einem weit größeren Erfolg dieses notwendigen Systems ergänzender Altersvorsorge zu rechnen. 18 „Dritte“ Säule der Alterssicherung Langfristig größerer Erfolg der Pensionsfonds möglich © 1997. Herausgeber: DB Research in Deutsche Bank AG , Postfach 10 06 11, D-60006 Frankfurt am Main, Bundesrepublik Deutschland (Selbstverlag). Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe gebeten. Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten. Eine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben können wir nicht übernehmen, und keine Aussage in diesem Bericht ist als solche Garantie zu verstehen. 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