UNIVERSITÄT KONSTANZ Fachbereich Physik Prof. Dr. Matthias Fuchs Raum P 907, Tel. (07531)88-4678 E-mail: [email protected] Übungen zur Statistischen Mechanik Wintersemester 2005/06 Übungsblatt 7, Ausgabe 06.12.2005, abzugeben bis 12.12.2005 Besprechung in der Zentralübung am 12.12.2005. Präsenzaufgaben 38. Gleichgewicht und Druckensemble a) Betrachten Sie zwei von der Außenwelt isolierte Systeme, die durch eine bewegliche Wand Energie und Volumen austauschen können. Dabei gilt: E = E1 + E2 und V = V1 + V2 . Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit p(E1 , V1 ), dass Teilsystem 1 die Energie E1 und das Volumen V1 annimmt, als Erwartungswert hδ(H1 − E1 )i mit dem 1 δ(H − E)θ(q ∈ V ). Die Integration über mikrokanonischen Dichteoperator ρmk = W (E,V ) das Phasenraumvolumen lässt sich aufteilen in Integrationen über die beiden Teilsysteme und damit in ein Produkt der jeweiligen Anzahl der Zustände Wi (Ei , Vi ). Bestimmen Sie das Maximum der Verteilung für E1 und V1 . b) Nehmen Sie nun an, dass ein Teilsystem sehr viel größer wird als das Andere, d.h. das zu betrachtende (kleinere) Teilsystem ist in Kontakt mit einem Wärme- und Volumenreservoir. Die Zustandssumme in diesem Druckensemble ist damit: ZD (T, p, N ) = Sp e−β Ĥ−βpV̂ . Die Spurbildung lässt sich aufteilen in einen kanonischen Anteil bei festem Volumen, und einer Spur über das Volumen. Zeigen Sie, dass die Zustandssumme des Druckensembles mit der kanonischen Zustandssumme über folgende Laplacetransformation zusammenhängt: Z ∞ 1 ZD (T, p, N ) = dV Zk (T, V, N )e−βpV . ∆V 0 V N 1 , c) Berechnen Sie Z für das ideale Gas. (Erinnerung: Z (T, V, N ) = D k 3 N! λ R∞ h −t N λ = (2πmkT , dte t = N !) Für den thermodynamischen Limes sind nicht alle 0 )1/2 Therme relevant. Mit den relevanten erhält man das zugehörige thermodynamische Potential, die Gibbs freie Enthalpie, G(T, p, N ) = −kT ln ZD (T, p, N ). Diese haben Sie in der Thermodynamik als Legendretransformierte der inneren Energie bzgl. Temperatur-Entropie und Druck-Volumen kennengelernt. G(T, p, N ) = E − T S + pV = µ(T, p)N dG = −SdT + V dp + µdN , die mittlere Energie Bestimmen Sie die Entropie S(T, p, N ) = − ∂G ∂T ∂ ln ZD hEi(T, p, N ) = − ∂β |βp=konst. und das mittlere Volumen hV i(T, p, N ) = − β1 ∂ ln∂pZD |β=konst. . Lösen Sie die letzte Gleichung nach dem Druck auf p = p(T, hV i, N ) und setzen Sie dies in die Ausdrücke für die Entropie und die mittlere Energie ein. 39. Kanonische Verteilungsfunktion Bestimmen Sie die Verteilungsfunktion Pi (d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass das System im i-ten Energieniveau ist) eines P Systems, das an ein Wärmereservoir angeschlossen ist, indem Sie die Entropie S{PP } = −k i i Pi ln Pi mit den Nebenbedingungen der Normierung der VerteilungsfunktionP i Pi = 1 und der durch das Reservoir vorgegebenen mittleren Energie hEi = i Ei Pi variieren. (Variation mit Nebenbedingungen → Lagrangeparameter) schriftlich 40. Mikrokanonisches und Kanonisches Ensemble (6 Punkte) Es ist leicht einzusehen, daß das Mikrokanonische und das Kanonische Ensemble über eine Laplace-Transformation miteinander verknüpft sind. Die Kanonische Zustandssumme ist gegeben durch X Z(N, V, T ) = e−βEν , ν=states wobei die Summe über alle Zustände des Systems erfolgt. Dies kann in eine Summe über Energiebereiche umgeschrieben werden. Man verwendet die Mikrokanonische Verteilungsfunktion W (N, V, E) um die Zustände im Intervall [E − ∆E, E] zu zählen. Wenn der Abstand der Energiebereiche kB T ist, kann die Summe durch ein Integral ersetzt werden: Z ∞ X 1 −βEν → Z(N, V, T ) = W (N, V, E) e dE W (N, V, E) e−βE . ∆E 0 ν=bands Z(N, V, T ) ist daher die Laplace-Transformierte von W (N, V, E) mit der Transformations-Variablen β. a) Die Funktion W ist im allgemeinen eine exponentiell wachsende Funktion der Energie (in Aufgabe 36 zeigten wir für ein spezielles Modell W (N, V, E) = N !/((E/)!(N − (E/))!). Skizzieren Sie den Integranden im Ausdruck für Z als Funktion von E. Was stellen Sie fest? b) Der Peak des Integranden kennzeichnet die wahrscheinlichste Energie E ∗ . Zeigen Sie, daß das Ergebnis −kB T ln(Z) = E ∗ − T S ∗ mit S ∗ ≡ S(E ∗ ) folgt, sofern man einen unendlich scharfen Peak annimmt. c) Die allgemeine Sattelpunktsnäherung erster Ordnung ist gegeben durch Z b dt e a xg(t) ∼ 2π 00 |g (t0 )|x 12 exg(t0 ) , wobei der Integrand bei t0 scharf gepeakt und a < t0 < b ist. Verifizieren Sie dieses Resultat durch eine Taylor-Entwicklung von g(t) um den Peak bei t0 bis zur quadratischen Ordnung und werten Sie das Gauß integral aus. d) Der Integrand im obigen Ausdruck für Z kann als exp(ln(W ) − βE) - gepeakt um E ∗ geschrieben werden. Leiten Sie zunächst den folgenden Ausdruck für die spezifische Wärme ab: ∂ 1 1 . =− ∂E kB T V kB CV T 2 Verwenden Sie nun die Sattelpunktsmethode um 1 −kB T ln(Z) = E ∗ − T S ∗ − kB T ln(2πkB CV T 2 ) 2 zu zeigen. Da CV ∼ N , skaliert die Korrektur wie ln(N ) und kann deshalb für N → ∞ mit hinreichender Genauigkeit vernachlässigt werden. 41. Polymerkette unter Spannung (6 Punkte) Betrachten Sie ein frei rotierendes Polymermodell (wie in Aufgabe 1). Diesmal aber mit einer Zugkraft f an beiden Enden der Kette. R −f f l Die Segmente haben die einheitliche Länge l und die Gesamtlänge ist R. Das entspricht einem Polymer mit unterschiedlichen Ladungen an jedem Ende in einem elektrischen Feld (dabei ignorieren wir die Wechselwirkung der Ladungen untereinander). Wir nehmen den Fall an, in welchem die einwirkenden Kräfte entlang des Vektors R wirken, so dass die Energie durch U = −f R gegeben ist. a) Zunächst untersuchen wir das (N, R, T ) Ensemble, in dem das Polymer eine konstante Länge R hat und die Kraft f variieren kann. Die allgemeine Form der Zustandsumme W (N, R, T ) ist kompliziert, aber im Limes R N l ergibt sich eine Gaussfunktion 3R2 , W (N, R, T ) = C(N ) exp − 2N l2 wobei C(N ) ein N -abhängiger Normierungsfaktor ist. Die Zustandsumme in diesem (N, f, T ) Ensemble (in dem die Kraft konstant gehalten wird) ist durch eine Laplacetransformation Z ∞ 1 Ξ(N, f, T ) = dR W (N, R, T ) e−βf R , ∆R 0 gegeben. Dabei dient ∆R der Normierung und besitzt Einheiten der Länge. Berechnen Sie Ξ(N, f, T ). b) Die oben errechnete Formel gilt nur im Limes R N l. Allerdings kann das exakte Ergebnis erzielt werden, indem man direkt im (N, f, T ) Ensemble arbeitet. Indem Sie R als Funktion von l und dem Winkel θi zwischen dem Segment i und dem Vektor R schreiben, kommen Sie auf die Zustandssumme Z Y N Ξ(N, f, T ) = dθi dφi sin(θi ) e−βf R . i=1 Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem aus Aufgabe 18. Nutzen Sie nun den Ausdruck, um die mittlere Gesamtlänge hRi als Funktion der angelegten Kraft zu skizzieren. Der Limes R N l aus Teil (a) ist gleichbedeutend mit βf l 1. Zeigen Sie, dass in diesem Regime das exakte Ergebnis die Lösung aus (a) reproduziert. 42. Neue Wege zur Suszeptibilität (6 Punkte) In Aufgabe 31 haben wir einen Ausdruck für die Suszeptibilität abgeleitet, der von einem Störungparameter λ abhing. Wir wollen hier eine andere Herleitung aufzeigen: a) Betrachten Sie den Hamiltonoperator H(λ) = H0 − λA. Zeigen Sie, dass ein Eigenzustand von H(λ) in erster Ordnung von λ mit den Eigenzuständen von H0 ausgeschrieben werden kann: X hm|A|ni |mi |nλ i = |ni + λ m − n m6=n ∂hAi ∂λ b) Die Suszeptibilitat χA = ist durch λ=0 2 ∂ 1 ∂ −βH = Sp Ae − ln(Z) χA = ∂λ2 β ∂λ λ=0 λ=0 gegeben. Indem Sie den Ausdruck in Sp bis zur ersten Ordnung von λ entwickeln zeigen Sie, dass ρm − ρ n 1 X hm|A|nihn|A|mi . χA = kB T m6=n n − m 43. Ehrenfestsches Urnenmodell II (6 Punkte) Im zweiten Abschnitt der Diskussion des Ehrenfestschen Urnenmodells (siehe Aufgabe 37) soll die Zeitabhängigkeit des Mittelwertes hni und der Fluktuationen h∆n2 i explizit gefunden werden. a) Überzeugen Sie sich zuerst, dass die Dynamik des Modells zeitumkehrinvariant ist, d.h. die folgenden beiden konditionellen Wahrscheinlichkeiten stimmen überein: P (n(i + 1) = n|n(i) = m) = P (n(i − 1) = n|n(i) = m) Hinweis: Während die linke Seite einfach zu finden ist, benötigen Sie für die rechte Seite eine gemeinsame Wahrscheinlichkeit und eine Annahme über p(n(i − 1), i − 1)/p(n(i), i); verwenden Sie hier, dass das System schon nahe am Gleichgewicht sei und p = peq gelte. b) Zeigen Sie, dass ’n(i) in jedem Punkt ein Maximum annimmt’ (wenn n(i) > N2 ; anderenfall ein Minimum). Diese paradoxe Feststellung, die auf Boltzmann zurückgeht, soll bedeuten, dass für n(i) > N2 die Abfolge n(i) > n(i + 1) = n(i − 1) wahrscheinlicher ist als jede der anderen Abfolgen n(i − 1) < n(i) < n(i + 1) etc. . Zeigen Sie dies durch Berechnung aller möglichen gemeinsamen Wahrscheinlichkeiten von n(i − 1) und n(i + 1) unter der Bedingung, dass n(i) = m > N2 gilt. Hinweis: Verwenden Sie wieder, dass das System nahe am Gleichgewicht sei, und p(n, i) = peq (n) gelte. c) Der zeitabhängige Mittelwert sei definiert durch hnii = N X p(n(i), i) n(i) n(i)=0 Leiten Sie die Rekursionsformel 2 hnii = 1 + 1 − N hnii−1 ab, in dem Sie die Übergangsmatrix verwenden, und lösen Sie sie mit Anfangswert hni0 = m0 . Wie verhält sich das Ergebnis für lange Zeiten? Hinweis: Am einfachsten verifizieren Sie, dass das Ergebnise lautet: i N 2 N + m0 − 1− hnii = 2 2 N d) Die Fluktuationen seien definiert durch: 2 h∆n ii = N X n(i)=0 p(n(i), i) N n(i) − 2 2 Bestimmen Sie sie auf analoge Art, und diskutieren Sie das Langzeitverhalten. Hinweis: Das Ergebnise lautet: i ! 2 i N 4 4 N 2 + m0 − 1− 1− 1− h∆n ii = 4 N 2 N