Zahngesundheit im Alter mit Xylit?

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ÜBERSICHTSARBEIT
1
W. Strübig
Zahngesundheit im Alter mit Xylit?
Die Erfolge zahnmedizinischer Prävention bei Kindern
und Jugendlichen in den vergangenen Jahrzehnten sind
mittlerweile auch im höheren Lebensalter angekommen.
Mehr eigene Zähne im Alter bedeuten mehr Lebensqualität, aber auch mehr Sorgfalt bei der Mundhygiene zum
Erhalt einer guten Zahngesundheit. Das Alter an sich ist
sehr vielschichtig und die Zahngesundheit von vielen
Faktoren abhängig. Nicht das Alter per se ist für Karies
und parodontale Erkrankungen verantwortlich, jedoch
beeinflussen allgemeine Gesundheitsrisiken meist gleichzeitig die Zahn- und Mundgesundheit. Davon ausgehend, dass die wissenschaftlichen Grundlagen für Xylit
in der Prävention vorhanden sind, wird das präventive
Potential von Xylit in der Alters-Zahnmedizin dargestellt.
Schlüsselwörter: Xylit, Alter, Zahngesundheit, Gebrechlichkeit
*
Oral health for the elderly using xylitol?
The benefit of oral health promotion for children and
youth in the past decades, in particular by fluorides, will
be helpful for elderly people nowadays. There has been
a positive trend towards decline in tooth loss among the
older people. More own teeth means more quality of
life. On the other hand, effective tooth cleaning can become a problem for the elderly. Ageing is often linked
with frailty, but there can be wide variations between individuals of the same age. Several variables may increase
the risk of developing caries or periodontal disease. Age
per se is not a risk factor for oral health. However, general health risk factors also affect oral health. The scientific fundamentals about xylitol in the preventive dentistry are available. In this paper the preventive potentials
of xylitol for the elderly will be discussed.
Keywords: xylitol, elderly, dental health, frailty
1
*
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Schulzahnmedizinischer Dienst der Stadt Bern
Textfassung des Vortrages auf dem Symposium „Xylit von 0 bis 100“ auf dem „Tag der Zahngesundheit“ in Verbindung mit der 15. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) in Dresden am 27. September 2008.
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Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 31 (2009) 2
W. Strübig: Zahngesundheit im Alter mit Xylit?
1 Einleitung
Das Durchschnittsalter der Bevölkerung ist in den vergangenen Jahrzehnten stetig gestiegen und Zukunfts-Szenarien lassen vermuten, dass sich dieser
Trend weiter fortsetzen wird. Ein aufschlussreicher Indikator zur Alterung
ist der Altersquotient. Dieser beschreibt
die Zahl der 65-Jährigen und Älteren je
100 im erwerbsfähigen Alter stehenden
24- bis 64-Jährigen. 2004 kamen 25,5
Personen im Pensionsalter auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter. Im Laufe der kommenden Jahre wird dieser
Quotient rasch ansteigen. 2050 wird er
wahrscheinlich einen Wert von 50,9 erreichen [1].
Die Alterung der Bevölkerung stellt
die Zahnmedizin vor eine große Herausforderung. Die voraussichtlichen
demografischen Entwicklungen sind
Anlass, die Bedürfnisse zur Zahngesundheit älterer Menschen verstärkt
zu berücksichtigen und zielgruppengerechte Präventionsprogramme zu initiieren. In der Literatur besteht dabei
Übereinstimmung, dass die Zahn- und
Mundhygiene ein wesentlicher Faktor
für Public-Dental-Health-Strategien ist
[16,17].
Nachdem der Zuckeraustauschstoff
Xylit in der zahnmedizinischen Prävention eine immer größere Rolle spielt,
soll der Frage nachgegangen werden,
inwieweit Xylit in der Altersprävention
Anwendung finden kann.
2 Definition „Alter“
Für eine effektive zahnmedizinische
Prophylaxe im Alter ist es erforderlich,
diese Zielgruppe genauer zu definieren.
Das Alter ist gekennzeichnet durch eine
Reihe verschiedener Faktoren. Eine übliche Einteilung ist das Lebensalter. Diese Charakterisierung nach chronologischem Alter ist für epidemiologische
Studien ein viel verwendetes und sinnvolles Kriterium. Im Hinblick auf zahnmedizinische Prävention und Prophylaxekonzepte wird diese Einteilung
dem alten Menschen jedoch nicht gerecht. Körperliche Veränderungen
durch das Altern sind nicht mit einer
Jahreszahl zu fixieren und sind nicht
gleichbedeutend mit Krankheit, Verlust
der Selbstständigkeit oder Pflegebedürftigkeit.
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Die Gruppe der alten Menschen ist
extrem heterogen. Deshalb hat man in
der Gerontologie eine Klassifizierung
entwickelt, welche auf dem Ausmass
von Gebrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeit beruht [3]. Unter präventivzahnmedizinischen Gesichtspunkten erfordert die Vielfalt des Alters ebenfalls eine
einfache Einteilung, um Fragen zur Gesundheitsnachfrage, wissenschaftliche
Fragestellungen sowie präventive Strategien zu entwickeln und abzusichern.
Um die multifaktoriellen Einflüsse
zu ordnen, sollte eine konsequent einfache Darstellung zur Anwendung
kommen. Vorbild könnte hierfür eine
Einteilung zur Mundhygiene von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung sein. Diese Einteilung kennt
drei Kategorien (in Kurzfassung: Selbstputzer, Mit-Hilfe-Putzer und Fremdputzer) [8].Unter Berücksichtigung der Gebrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeit älterer Menschen kann eine solche Einteilung auf folgende drei Charakteristika übertragen werden:
1. Alt und fit: Selbstständige Zahn- und
Mundhygiene ist ohne Einschränkungen möglich
2. Alt mit funktionellen Einschränkungen: Beginnende, sich verstärkende
Gebrechlichkeit, abhängig von Hilfestellungen, zuhause oder auch im Altersheim wohnend
3. Alt und von Hilfe abhängig: Gebrechlich infolge von Gesundheitsproblemen bis hin zur Pflegebedürftigkeit.
Prävention benötigt professionelle
Hilfe, dadurch Abhängigkeit von Betreuenden.
3 Zahngesundheit und Alter
Die Erfolge zahnmedizinischer Prävention der letzten 40 Jahre sind mittlerweile in der Alters-Generation angekommen. So zeigen die Daten der Vierten Deutschen Mundgesundheitsstudie
aus dem Jahr 2005 im Vergleich zu vorhergehenden Untersuchungen, dass
der Anteil älterer Menschen durch eine
Zunahme eigener Zähne und Abnahme
der Totalprothesenträger gekennzeichnet ist [6].
Für Präventionsprogramme bei
Menschen im höheren Lebensalter
stellt sich somit zunächst die Frage, wie
sich die Zahngesundheit im Alter ändert und inwieweit sich Zahnerkran-
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kungen bei alten Menschen von jenen
der Erwachsenen-Generation unterscheiden.
Karies
Karies ist eine Erkrankung, die in jedem
Alter auftreten kann. Kariesrisiken sind
per se nicht altersbedingt, jedoch von
altersassoziierten Faktoren beeinflusst.
Hierzu zählen die schlechtere physische Fähigkeit zur Mundhygiene in den
oben genannten Alterskategorien 2 und
3 sowie freiliegende Wurzeloberflächen
infolge von gingivalen Rezessionen.
Mit höherem Lebensalter steigt der Anteil von Rezessionen, so dass immer
mehr Wurzeloberflächen dem Mundmilieu ausgesetzt sind. In Relation zu
den vorhandenen Zähnen ist ein nahezu linearer Anstieg der Zähne mit Rezessionen zu beobachten. So steigt der Prozentsatz von 2,5 % der befallenen Zähne bei 30-Jährigen auf 22,2 % bei
80-Jährigen [5]. Entsprechend den im
Risiko stehenden Wurzelflächen ändert
sich auch der Index zur Wurzelkaries
(RCI – root caries index). Während die
Prävalenz zur Wurzelkaries in der Erwachsenen-Generation (35 bis 44 Jahre) mit einem RCI von 8,8 % beschrieben wird, beträgt dieser in der SeniorenGeneration (65 bis 74 Jahre) 17,0 %
[22].
Das häufigere Auftreten von Wurzelkaries im Alter kann somit nicht
gleichgesetzt werden mit einer Alterserkrankung. Wurzelkaries ist nicht ausschließlich auf die Alters-Generation
beschränkt. Die Kariesursachen sind altersunabhängig und erst die mit zunehmendem Alter verbundenen Faktoren
führen zu einem erhöhten Kariesbefall
an Wurzeloberflächen.
Parodontopathien
Parodontalerkrankungen galten lange
Zeit als unvermeidliche Alterserkrankung. Seit man weiß, dass diese Erkrankungen bakteriellen Ursprungs sind, ist
eine Prävention und Frühbehandlung
möglich. Diese Zahnfleischerkrankungen können somit in jedem Alter auftreten. Fortgeschrittenes Alter ist deshalb kein eigenständiger Risikofaktor.
Erst die im Alter eintretenden zusätzlichen Probleme, wie Allgemeinerkrankungen oder eingeschränkte physische
Fähigkeiten für eine ausreichende
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W. Strübig: Zahngesundheit im Alter mit Xylit?
Mundhygiene führen zu einer weiteren, gelegentlich auch stark beschleunigten Verschlechterung des gingivalen
und parodontalen Gesundheitszustandes.
Die Deutsche Mundgesundheitsstudie von 2005 zeigt, dass der Attachmentverlust linear mit dem Alter ansteigt, beginnend in der Altersgruppe
25 bis 34 Jahre bis hin zur Altersgruppe
75 bis 88 Jahre [12]. Parodontopathien
sind somit nicht primär altersabhängig,
werden jedoch von altersassoziierten
Faktoren beeinflusst.
Speichel
Speicheldrüsen unterliegen mit zunehmendem Alter strukturellen Umbauvorgängen. Ob dadurch der Speichelfluss abnimmt, ist nicht abschließend
geklärt. Da dieser Vorgang in den Speicheldrüsen jedoch sehr langsam vonstatten geht, wird davon ausgegangen,
dass eine etwas eingeschränkte Tätigkeit der Drüsen funktionell kompensierbar ist hinsichtlich Menge und Zusammensetzung. Es besteht somit auch
kein unmittelbares altersbedingtes Risiko für einen reduzierten Speichelfluss.
Dabei ist verminderter Speichelfluss
im Alter jedoch ein häufiges und
schwerwiegendes Problem. Xerostomie
(subjektive Mundtrockenheit) respektive Hyposalivation (objektiv geringere
Speichelfließrate) werden vor allem
durch systemische Medikationen verursacht. Für Erkrankungen, die eine Medikation benötigen, steigt im Alter das Risiko. Eine verminderte Speichelproduktion ist darüber hinaus auch abhängig
von der Dauer der Behandlung mit xerogenen Medikamenten. Eine Medikation länger als zwei Jahre reduzierte den
Speichelfluss signifikant mehr als eine
Medikation unter zwei Jahren [14]. Andere Ursachen für Xerostomie sind hohe Strahlenbelastung und bestimmte
systemische Erkrankungen wie das Sjögren-Syndrom [2].
Fehlender Speichel führt zu Schwierigkeiten beim Sprechen, zu Kau- und
Schluckbeschwerden sowie zu einem
erhöhten Risiko für Karies und Abrasionen. Gleichzeitig fehlen die speicheleigenen Schutzmechanismen, sodass
Rückwirkungen auf das allgemeine
Wohlbefinden und auf die Gesundheit
die Folge sind [4].
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Xerostomie und Hyposalivation
sind bei älteren Menschen häufig ein
Symptom von systemischen Erkrankungen oder speichelhemmender Medikation. Sie werden jedoch nicht
durch das Alter per se verursacht [4].
Alter und Prävention
Auch wenn sich mit zunehmendem Lebensalter eine Reihe von Alterungsvorgängen weiter verstärken, so verändert
sich im Mund nur wenig. Alter muss
deshalb nicht gleichbedeutend sein mit
schlechter Zahngesundheit. Besondere
Aufmerksamkeit erfordern dagegen altersassoziierte Probleme, welche vor allem die allgemeine Gesundheit betreffen. Diese werden anfänglich oft unbemerkt zum Risikofaktor für die Zahngesundheit.
Im Hinblick auf zahnmedizinische
Prophylaxe im Alter ist darüber hinaus
wichtig, die zunehmende Gebrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeit zu berücksichtigen.
1. Die Prävention für einen älteren rüstigen Patienten unterscheidet sich
kaum von der eines jüngeren Erwachsenen. Besondere Aufmerksamkeit
sollte dabei den altersassoziierten
Problembereichen gewidmet werden,
die hinsichtlich Xylit und Alter nachfolgend dargestellt werden.
2. Bei manifesten funktionellen Einschränkungen im Alter ist zusätzlich
eine erreichbare und umsetzbare Prävention zu gewährleisten.
3. Prävention wird zur Herausforderung,
wenn die Vorbeugung vor allem durch
Dritte zu leisten ist. Hier geht es vor allem darum, die Betreuenden anzuleiten und zu motivieren. Es wird dann
auch unvermeidlich, Kompromisse
einzugehen, um trotz Gebrechlichkeit
ein individuelles Optimum der oralen
Gesundheit sicherzustellen.
4 Xylit im Alter
Prophylaxe ist in jeder Lebensphase unabdingbare Voraussetzung für eine gute
Zahn- und Mundgesundheit bis ins hohe Lebensalter. Dabei sind in der Alterszahnmedizin die Erfordernisse der älteren Menschen besonders zu berücksichtigen und zu erfüllen. Die beste zahnmedizinische Altersprävention ist jedoch eine möglichst früh einsetzende
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Prävention im Kindesalter, die dann
über die gesamte Erwachsenenzeit aufrecht erhalten wird.
Die wissenschaftlichen Grundlagen zur präventiven Wirksamkeit
von Xylit sind vorhanden und werden
an dieser Stelle nicht erneut aufgeführt. In der Literatur gibt es nur wenige Studien zur zahnmedizinischen
Prävention in der Altersgeneration. So
verwundert es nicht, dass sich auch
nur sehr wenige Studien mit der Wirksamkeit von Xylit im Alter beschäftigen. Da der Erhalt der Zahngesundheit
nicht primär von altersbedingten Faktoren abhängig ist, ist es erforderlich,
die grundlegenden Erkenntnisse zum
Xylit aus Studien vornehmlich bei Jugendlichen und Erwachsenen auf das
Alter zu übertragen.
An den nachfolgenden Themen soll
gezeigt werden, welche Anwendungen
von Xylit getestet und sinnvoll sind
und welches Potential dem Xylit in der
Gerodontologie innewohnt.
Mundhygiene
Kaugummi hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr von einem Genussmittel zu einem Zahnpflegemittel entwickelt. Insbesondere werden durch das Kauen von Kaugummi
verschiedene Speichelparameter positiv beeinflusst. Darüber hinaus ist Kaugummi zurzeit eine sehr gefragte Trägersubstanz für die Vermittlung von
zahnmedizinisch empfohlenen Prophylaktika. Die Frage, inwieweit Kaugummi auch im Alter ein gut geeignetes
und vor allem gut akzeptiertes Transportmedium für Präventionsmittel darstellt, konnte noch nicht abschließend
bewertet werden.
In einer Studie mit betagten Altersheimbewohnern (mittleres Alter 85,3
Jahre) wurde eine randomisierte Studie
zur Wirkung eines Chlorhexidin-XylitKaugummis auf Plaque- und GingivitisIndices durchgeführt [21]. Neben der zu
testenden Wirkstoffkombination wurde eine Gruppe ausschließlich mit Xylit
gesüßtem Kaugummi sowie eine Gruppe ohne Kaugummi beteiligt.
Die Kombination von Chlorhexidin
mit Xylit reduzierte über einen Zeitraum von zwölf Monaten hoch signifikant sowohl den Plaque- als auch den
Gingivitisindex.
Kaugummi
ausschließlich mit Xylit reduzierte den Pla-
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W. Strübig: Zahngesundheit im Alter mit Xylit?
queindex ebenfalls signifikant, nicht jedoch die Gingivitiswerte. Die in dieser
Studie zur Anwendung gebrachte tägliche Xylit-Menge entspricht nicht der
zwischenzeitlich als ausreichend angesehenen Tagesmenge für eine optimale
Wirkung auf Streptokokkus mutans. Eine Tagesaufnahme von minimal 5 bis
6 g Xylit [13], verteilt über mindestens
drei zeitlich unterschiedliche Gaben
[9], wird als notwendig angesehen. Die
in oben genannter Studie zum Einsatz
gekommenen 1,2 g Xylit entsprechen
damit nur etwa 20 % der empfohlenen
täglichen Ration.
Alte Menschen haben oft Probleme
mit der Mundhygiene; dieses gilt vor allem für nicht mehr selbstständige Senioren, die auf Hilfe durch Betreuende
angewiesen sind. Eine Befragung der
Probanden zeigte, dass die Teilnehmenden Kaugummi recht gut akzeptierten.
Um Kaugummi in die tägliche HygieneRoutine zu integrieren ist es jedoch von
essentieller Wichtigkeit, die Unterstützung der Mitarbeitenden in den Heimen zu gewinnen [21].
Die Frage nach einem idealen, möglichst kollektiv anwendbaren Transportmittel für Xylit in der Seniorengeneration bleibt weiterhin unbeantwortet. Ein alternatives Transportmedium
für Xylit könnte Zahnpasta sein, auch
wenn aussagekräftige klinische Studien
zurzeit noch fehlen. In einer klinischen
Studie mit 155 Probanden über einen
Zeitraum von sechs Monaten reduzierte
eine Zahnpasta mit 10 % Xylit-Zusatz
die Streptokokkus mutans-Zahlen sowohl in Speichel wie in Plaque in signifikantem Ausmaß [7]. Unter In-vitroBedingungen wurde das Zusammenspiel von Fluorid und Xylit, verabreicht
via Zahnpasta, untersucht. Dabei unterstützte die Kombination von 500 ppm Fmit 5 % Xylitol in Zahnpasta die Remineralisation von Zahnschmelz signifikant mehr als eine Fluoridzahnpasta ohne Xylit [18]
Wurzelkaries
Es ist unbestritten, dass Wurzelkaries
stark korreliert ist mit schlechter Mundhygiene [24]. Damit erklärt sich auch,
weshalb diese spezielle Kariesform insbesondere bei Heimbewohnern zu einem großen Problem werden kann. Gerade Senioren im fortgeschrittenen Lebensalter sind zur Mundhygiene nur in
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eingeschränktem Umfang oder durch
Hilfe von Betreuenden in der Lage.
Mit einer Studie in einem Veteranenheim sollten deshalb polyolhaltige
Dragees und Kaugummi zur Begrenzung der Wurzelkaries untersucht werden [10]. Gleichzeitig war es Ziel der
Studie, die Auswirkung dieses Programms auf Gingivitis zu dokumentieren. Die Probanden hatten die Wahl
zwischen Kaubonbons oder Kaugummi, ausschließlich gesüßt entweder mit
Xylit oder mit Sorbit. Die tägliche Dosis
sowohl für die Xylit- wie für die SorbitGruppe betrug 10,7 g, bei fünf über den
Tag verteilten Einnahmen. Als Kontrollgruppe konnten Heimbewohner
gewonnen werden, die nicht in einer
Testgruppe an der Untersuchung teilnehmen wollten. Kaudragees wurden
von 90 % der Probanden als Transportmedium gewählt, womit dem Kaugummi nur wenig Akzeptanz entgegengebracht wurde.
Die Ergebnisse nach einer Studiendauer von sechs bis 30 Monaten sprechen in beiden Polyolgruppen für ein
signifikant geringeres Risiko an Wurzelkaries zu erkranken. Die Kariesinzidenz
war in der Xylit-Gruppe noch signifikant geringer als in der Sorbit-Gruppe.
Hinsichtlich der Gingivalindizes konnten beide Testgruppen ebenfalls signifikant reduzierte Indexwerte aufzeigen.
Eine Reduktion von Plaque war dagegen nicht statistisch gesichert.
Das hier dargestellte Studiendesign
ist gut geeignet, Wurzelkaries bei Bewohnern von Altersheimen zu begrenzen. Leider gibt es zu diesem Vorgehen
keine weiteren Untersuchungen mit
größeren Kohorten und bei Probanden
mit definierter, unterschiedlicher Gebrechlichkeit.
Da auf erkrankten Wurzeloberflächen vermehrt Streptokokkus mutans
gefunden wurde, wird eine antibakterielle Behandlung als Prävention diskutiert [15]. Neben der zurzeit empfohlenen Anwendung von ChlorhexidinPräparaten könnte zukünftig das selektiv antibakterielle Potential von Xylit
auf Streptokokkus mutans vermehrt Berücksichtigung finden.
Speichelstimulation
Ziel einer Behandlung gegen Mundtrockenheit ist die Besserung der Lebensqualität. Da eine kausale Therapie der
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Mundtrockenheit derzeit nicht möglich ist, sind symptomatische Maßnahmen zur Steigerung des Speichelflusses
oder ein Speichelersatzmittel indiziert
[11].
Neben einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr ist die Stimulation der Speichelsekretion Mittel der Wahl. Zur Verbesserung einer noch vorhandenen Sekretionsleistung hat sich das intensive
und regelmäßige Kauen von zuckerfreiem, xylithaltigem Kaugummi bewährt
[20].
Speichelersatz
Im Handel werden verschiedene Produkte als Speichelersatzmittel angeboten. Häufig sind die Inhaltsstoffe nicht
zahnfreundlich, weisen gar eine stark
demineralisierende Wirkung auf oder
wichtige Wirkstoffe sind nicht vorhanden. Auch finden sich in der Regel keine klaren Angaben zur Zusammensetzung und Menge der Inhaltsstoffe. Werbeaussagen sind nicht überprüfbar, da
Studien zur Wirksamkeit weitgehend
fehlen. Ein ideales Speichelersatzmittel
ist unter Berücksichtigung der Wirkung
auf Zahnhartsubstanzen und Gingiva
noch nicht entwickelt. Randomisierte
klinische Studien fehlen weitgehend
und der als notwendig erachtete Zusatz
von Fluorid ist kaum verfügbar [11].
So wie es hinsichtlich der Speichelersatzmittel insgesamt nur wenig
Grundlagenforschung gibt, gilt dieses
für Xylit im Besonderen. Es ist keine
neue Erkenntnis, dass SpeichelersatzZubereitungen zur Remineralisation –
hier durch Bestimmung der Mikrohärte
– beitragen können. Dieses gilt einerseits für die Inhaltsstoffe Muzin oder
Carboxymethylcellulose [23]. Andererseits ist schon seit Längerem bekannt,
dass Sorbit und Xylit in Speichelersatzmitteln eine Remineralisierung fördern. In einer vergleichenden In-vitroUntersuchung zeigte der Zusatz von
Xylit eine überlegene Wirkung gegenüber Sorbit [25].
Einen vielversprechenden Ansatz
stellt eine Untersuchung dar, welche
Sicherheit und Effektivität von einem
Produkt auf Grundlage von Olivenöl,
Betaine, Xylit, Fluorid und einem neutralen pH-Wert überprüft hat [19]. In
einer Kurzzeit-Intervention mit 40
Teilnehmenden mit medikamentenbedingter Hyposalivation führte eine
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Probandengruppe
die
bisherigen
Mundhygiene-Maßnahmen
weiter
(Kontrolle) und eine zweite benutzte
das Testprodukt. Der Speichelfluss – als
unstimulierter Speichel – erhöhte sich
in der Testgruppe mit Xylit in signifikantem Ausmaß. Methodische Einschränkungen (wie fehlende quantitative Angaben zu den Inhaltsstoffen)
stehen einer Verallgemeinerung dieser
Ergebnisse entgegen. Dennoch ist es
offensichtlich, dass der Anwendungsbereich für Xylit im Alter noch sehr erweiterungsfähig ist.
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5 Prävention mit Xylit im Alter
Die Erfolge der Prävention bei Kindern
und Jugendlichen erreichen jetzt zeitversetzt die Alters-Generation. Nicht
nur in Bezug auf Xylit sind Strategien
für zahnmedizinische Gesundheitsförderung im Alter dringend erforderlich.
Dabei ist sicherzustellen, dass diese generationenspezifisch ausgerichtet sind
und die Heterogenität des Alters angemessen berücksichtigen.
Xylit hat ein hohes präventives Potential in der Alters-Generation aufgrund seiner fehlenden Kariogenität
und den speziellen antibakteriellen Eigenschaften hinsichtlich Streptokokkus mutans. Eine ausdrückliche Empfehlung für Xylit im Alter wäre damit
gerechtfertigt, wobei jedoch ein Vorbehalt zu berücksichtigen ist. Es besteht
ein erhebliches Defizit an altersrelevanten, wissenschaftlichen Studien zu
zahnmedizinischen Prophylaxemaßnahmen im Allgemeinen und zu Xylit
im Besonderen. Dieses ist kein spezielles Xylit-Problem sondern Ausdruck einer Unterbewertung der Alters-Generation im Zusammenhang mit zahnmedizinischer Präventions- und Grundlagenforschung. Andererseits gilt jedoch, dass die Xylit-Wirkungsmechanismen von Jung auf Alt übertragbar
sind. Gesucht werden deshalb vor allem
innovative Konzepte, um eine möglichst kollektive Xylit-Anwendung bei
zunehmender Gebrechlichkeit im Alter
zu gewährleisten.
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