Stella Adorf/Alexander Kruska Afghanistan: Staatsversagen als chronisches Problem 1. Einleitung Islamische Republik Afghanistan „Wir kämpfen bereits sechs Jahre in Afghanistan. Wenn wir unsere Methoden nicht ändern, werden wir noch 20-30 Jahre kämpfen.“ Michail Gorbatschow, am 13. November 1986 (zitiert nach: Berger/Kläy/Stahel 2002: 19) Hauptstadt: Kabul Staatsform: Präsidiale Republik An dem voran stehenden Zitat und insbesondere Staatsoberhaupt: Präsident Hamid Karzai seiner Datierung wird deutlich, welche politischen Unabhängigkeit: 8. August 1919 Verhältnisse Größe: 652.000 km2 Einwohnerzahl: Ca. 30 Mio. Bevölkerung: Paschtunen (ca. 42 dem Betrachter der jüngeren Geschichte Afghanistans begegnen: Militärische Interventionen und die Einmischung ausländischer Prozent), Tadschiken (ca. politischer Mächte in die inneren Angelegenheiten 27 Prozent), Hazara und des Landes sind nicht erst eine Erscheinung der Usbeken (jeweils ca. 9 Jahrzehnte Prozent) u.a. nach Beendigung des Ost-West- Konfliktes. Vielmehr beherrschen Phänomene wie Landessprachen: Dari, Paschtu u.a. die BIP pro Kopf: 800 US-$ Fragmentierung politischer Macht und Machtkämpfe sowie begleitende Verstrickungen Quelle: Auswärtiges Amt 2007 externer Akteure die Geschicke Afghanistans seit frühesten Zeiten. Im Zentrum dieses Aufsatzes wird deshalb das Bemühen stehen, die inneren strukturellen und prozessualen Bedingungen sowie den äußeren Rahmen der Entwicklung und Problemstellungen staatlicher Gewalt in Afghanistan nachzuzeichnen. Diese Entwicklung interessiert hier vor allem im Hinblick auf die Erscheinung des Staatsversagens, welche für Afghanistan charakteristisch ist. Im Besonderen vertreten die Verfasser die Ansicht, dass der Zerfall des Staatswesens nicht in Form eines singulären, kollapsartigen Ereignisses auftritt und eine zeitliche Verortung des Phänomens infolgedessen nur ansatzweise hilfreich erscheint. Näherungsweise lässt sich der Zustand des failed state, schematischer Betrachtungsweise folgend, für die Zeit nach der Intervention der internationalen Gemeinschaft im Jahre 2001 attestieren. Die Ursachen des Staatszerfalls sind demnach in den landesspezifischen, historisch-politischen, ethnisch-kulturellen und sozioökonomischen Tiefenstrukturen und Rahmenbedingungen zu suchen. Zu diesem Zweck sollen die Einflussvariablen für das Staatsversagen systematisch abgehandelt und auf ihre Wirkung hin analysiert werden. Anschließend werden die Ergebnisse mit den aktuellen Ansätzen der internationalen Gemeinschaft zur staatlichen Neuordnung verglichen, die Tauglichkeit der Maßnahmen geprüft und Verbesserungsvorschläge gemacht. 2. Prozessfaktoren – Analyse der historisch-politischen Entwicklungen Prozessuale und konjunkturelle Faktoren, welche die Stabilität des afghanischen Staates beeinträchtigen oder die Bildung einer solchen seit Anbeginn behindert haben, müssen notwendigerweise aus der afghanischen Geschichte ableitbar sein. Die Geschichte des modernen Afghanistans, einem als politischer Einheit vergleichsweise jungen Landes, wird zu diesem Zwecke hier in drei Phasen eingeteilt: 1. eine Frühphase, in welcher die Grundstrukturen politisch-staatlicher Herrschaft (in unserem modernen Verständnis) gelegt wurden, 2. eine Phase der relativen Stabilität und Entwicklung in der Mitte des 20. Jahrhunderts und letztlich 3. eine Phase des Um- und Zusammenbruchs, des Kriegs und Bürgerkriegs, an deren Ende die Taliban-Herrschaft und der jüngste Afghanistan-Krieg (2001) stehen. Anschließend werden die Erkenntnisse aus der geschichtlichen Darstellung in einem gesonderten Punkt als historisch-politische Prozessfaktoren zusammengefasst. 2.1 Die Frühphase bis 1929/30 Nachdem die Provinzen des heutigen Afghanistans Anfang des 18. Jahrhunderts locker eingebundene Randgebiete benachbarter Großreiche gewesen waren, gelang es dem turkmenischen Heerführer Nader Qoli Khan ab 1736, ein neues persisches Reich zu errichten. Er unterwarf in den folgenden Jahren die im äußersten Osten seines Herrschaftsgebiets siedelnden Stämme der Paschtunen und stabilisierte das Reich, indem er die Besiegten in seine Regierungsgewalt einband. Vor allem Abdali-Paschtunen (aus der westlichen der beiden großen Stammeskonföderationen Abdali und Ghilzai) bildeten das unmittelbare Gefolge Schah Naders und darüber hinaus Elitetruppen. Im Moment des gewaltsamen Todes des Schahs im Jahre 1747 wussten die Abdali ihre integrierte Stellung im persischen Machtapparat zu nutzen: Ein enger Vertrauter Schah Naders und Befehlshaber seiner Leibwache, Ahmad Schah, der zugleich eine führende Stellung in besagtem Stammesbund innehatte, begab sich mit einigen tausend Soldaten nach Kandahar und begründete dort eine eigene Herrschaft als Emir (Grevemeyer 1990: 24f.). Über die Geschehnisse um dieses die afghanische Geschichte einläutenden Ereignisses gibt es unterschiedliche Versionen, allerdings „haben die meisten doch eins gemein: Nämlich dass eine Loya jirga, also eine große Stammesversammlung, Ahmad Schah zu ihrem Anführer erhob.“ (Schetter 2004: 47). Abweichend zweifelt Conrad Schetter die Historizität dieser Versammlung mit Verweis auf gewichtige Quellen an (Schetter 2004: 48). Es muss an dieser Stelle beachtet werden, dass ein – vor allem für die afghanische Nationalhistoriographie – zentrales Ereignis in der Begründung Afghanistans Fiktion sein könnte, auch wenn dies bisher nicht die fundamentale Rolle geschmälert hat, welche jener ersten Loya jirga in der politischen Tradition des Landes zugeschrieben wird. In den folgenden 25 Jahren seiner Herrschaft eroberte Ahmad Schah ein Gebiet, das weit über die Grenzen des heutigen Afghanistans hinausging und in der Folge zusammen mit seiner Person durch einheimische Historiker verklärt wurde. Unter ihm sei fortan die Nation geboren worden; ein Bild, welches ungeachtet der Tatsache tradiert wird, dass er rein auf Grundlage der Stämme und ihrer Kämpfer regierte, also Klientelpolitik betrieb. Sein Reich „entsprach einem lockeren Herrschaftsverbund von Fürstentümern und paschtunischen wie nichtpaschtunischen Stämmen, die er nur indirekt beherrschte.“ (Schetter 2004: 49). Hinzu kam also, dass Ahmad Schah die Herrschaftspraxis seiner vormaligen Herren übernahm, indem er die lokale Ordnung und Verwaltung den regionalen Potentaten überließ (oder überlassen musste) und bei Hofe lediglich ein Minimum an Beamten unterhielt. Herrschaft fand hauptsächlich in Form der Organisation des Heeres statt, welches zudem ausschließlich aus Truppen der Stämme bestand (Grevemeyer 1990: 25). Obwohl Steuern angesetzt worden waren, flossen diese aufgrund der Regierungsweise nur spärlich. Die erfolgreichen Eroberungszüge der protostaatlichen Zentralgewalt erlaubten permanente Privilegien- und Ämtervergabe an Stammesoberhäupter, was dem Emir deren Loyalität sicherte und seine Macht zugleich in Schranken hielt. Diese Herrschaftsweise erwies sich in den folgenden Jahrhunderten als prägend für die politische Tradition der Stämme, steht sie auch ganz auf der Grundlage paschtunischer Wertvorstellungen. Nach dem Tod Ahmad Schahs Nachfolgers im Jahre 1793 begann das paschtunische Großreich schnell zu verfallen. Zuvor noch war die Hauptstadt von Kandahar nach Kabul (und damit in tadschikisches Siedlungsgebiet) verlegt worden, um den Königshof dem Einfluss des eigenen Klans zu entziehen – symptomatisch für die begrenzte Machtposition der Staatsgewalt. Mit der Herrschaft Zaman Schahs (1793-1801) brach eine Periode der afghanischen Geschichte an, welche als Gegenstück zur (verklärten) Hochzeit des DurraniReiches seit 1747 beschrieben wird (Schetter 2004: 51): Zahlreiche Herrscher wechselten sich ab und verschiedene Sippen aus dem Durrani-Stammesverband beherrschten Landesteile quasi-autonom. Als für unsere Zwecke bedeutsam stellt sich die Entwicklung Afghanistans erneut ab den 1830er Jahren dar, da das Land erstmals in den Fokus der Weltpolitik rückte. In der Begriffswelt der ab dem 19. Jahrhundert sowohl von Norden (Russland) als auch von Südosten (Britisch-Indien) agierenden Kolonialmächte mit ihrem Anspruch effektiver militärischer Kontrolle erschien das uneinige und fragmentierte Afghanistan dieser Zeit als „herrenlos“; es war einer „der letzten weißen Flecken auf der Landkarte“ (Schetter 2004: 55). Beide Weltmächte hatten Interessen in jener Region: Russland strebte nach Ausdehnung seines kontinentalen Besitzes und dem Zugang zu einem eisfreien Meer, während Großbritannien seinen mit Abstand wertvollsten Besitz, Indien, vor fremdem Zugriff zu schützen suchte. Für die Rivalität der beiden Mächte prägte Rudyard Kipling 1901 den Begriff des „Great Game“. Im Jahre 1826 hatte der Durrani Dost Muhammad Kabul erobert und sich so zum Herrscher gemacht. Seine Regentschaft war von Anfang an sowohl von Thronwirren als auch vom Kampf gegen das Reich der Sikh begleitet, welches im Süden des älteren Reichsgebiets entstanden war und sich bis 1835 Peschawar einverleiben konnte. Bedroht durch einen exilierten Verwandten mit legitimen Thronansprüchen einerseits und den Herrscher des SikhStaates andererseits, bot Dost Muhammad den Briten Kooperation an, welche diese – um dem Zarenreich zuvorzukommen – gerne annahmen. Als es 1838 im Westen des afghanischen Reiches zu einer Art Stellvertreterkrieg Persiens (Russlands) gegen Afghanistan (BritischIndien) kam und Kabul in Verhandlungen mit russischen Gesandten einwilligte, sah sich die britische Seite brüskiert und nutzte den Vorfall aus: Rasch unterstützte die britische Kolonialregierung den besagten Exilregenten in seinen Thronansprüchen und marschierte mit ihm 1838/39 im Nachbarreich ein, in der Hoffnung, mit Letzterem einen treuen Vasallen zu haben und damit einen sicheren Pufferstaat gegen das Zarenreich errichten zu können. Die britische Invasion glückte, das Land wurde sukzessive erobert und der neue Emir – ohne das Wohlwollen der Stämme – inthronisiert. Der neue Herrscher jedoch bedurfte der ständigen Hilfestellung der Ausländer, was deren Mission in eine Besatzung verwandelte und sie – auch aus finanziellen Gründen – bis 1842 wiederum scheitern ließ (Grevemeyer 1990: 30f.). Auf ihrem Rückzug erlitten die britischen Kolonialtruppen die verheerendste Niederlage ihrer Geschichte seit 1781. Absurde Folge dieses ersten Anglo-afghanischen Krieges war, dass Neu-Delhi Dost Muhammad erneut die Herrschaft übergab und ein Freundschaftsvertrag die britisch-afghanischen Beziehungen für die nächsten Jahrzehnte regelte. Im Inneren erlebte das Land nun neuerliche Thronwirren, welche erst 1878 ganz beigelegt werden konnten, während Emir Scher 'Ali die erste Herrschaftskonsolidierung und Modernisierungspolitik seines Vaters fortführte. Im Kontext neuerlicher russischer Avancen auf Kabul und einem offensiven Politikwechsel in Britisch-Indien erklärte Großbritannien 1878/79 Afghanistan erneut den Krieg (Zweiter Anglo-afghanischer Krieg), um es endgültig seiner Kontrolle zu unterwerfen. In zahlreichen verlustreichen Gefechten konnten die Briten schleppend im Lande vordringen, doch bald zeichnete sich wiederum ab, dass der partikulare (und deshalb oft wirksame) Widerstand der Stämme ohne ein effektives Ordnungskonzept nicht zu brechen war (Schetter 2004: 67). Der noch unter Emir Yaqub 1879 geschlossene Vertrag von Gandomak sollte auch unter dem neuen, durch Großbritannien anerkannten Emir Abdurrahman fortan das Verhältnis der Länder klären. „Der eiserne Emir“ Abdurrahman setzte seine Herrschaft ab 1880 mit größter Gewalt durch und wird noch heute teilweise als eine Art zweiter Begründer des modernen Afghanistans angesehen. Der wesentliche Politikwechsel der Großmächte nach dem zweiten Angloafghanischen Krieg brachte die de facto-Anerkennung Afghanistans als Pufferzone zwischen den Kolonialgebieten der Europäer und dämmte somit deren Ausgreifen ein, was eine Leistung der Partikularkräfte im Land gewesen war. Zwischen den Jahren 1887 und 1895 wurden erstmals Außengrenzen des Landes geographisch und vertraglich festgelegt. Diesem äußeren Abschluss des Landes folgte eine Stärkung der Zentralgewalt, da die Briten – jetzt nicht mehr an direkter Kontrolle interessiert – Abdurrahman finanziell und militärisch unterstützten. Diese Hilfe machte Kabul wiederum unabhängiger von seiner vormalig einzigen Machtbasis, der Gefolgschaft der Stämme, welche stets teuer hatte erkauft werden müssen: Somit konnte der „eiserne Emir“ den Grundkonflikt des Landes zwischen den segmentären Kräften und der Staatsgewalt rücksichtslos zugunsten der Zentrale entscheiden (Grevemeyer 1990: 39). Hauptinstrumente seiner Machtpolitik waren die Einsetzung einer ständigen Jirga in Kabul (um die Stammesoberen dort zu binden), verheerende Feldzüge – mit einem nunmehr stehenden Heer – gegen abweichende Gruppen sowie Zwangsumsiedlungen. Erstmals institutionalisierte man auch die Verwaltung, indem Regierungsbehörden geschaffen wurden. Des Weiteren entmachtete der Emir die (ihm verhasste) unabhängige Geistlichkeit und vereinnahmte die Religion fortan für den Staat, was eine unheilvolle Prägung für das Staatsbild der Afghanen bewirken sollte, da sich der Staat nun als Glaubenshüter zu beweisen hatte (Schetter 2004: 72). Über die Konsolidierung der Staatsgewalt (sowie des Steuersystems) hinaus stagnierte die Entwicklung des Landes vollends, das gänzlich isoliert und faktisch ein britisches Protektorat blieb. Unter Abdurrahmans Sohn Emir Habibullah I. (1901-1919) dauerten diese Verhältnisse an – auch begründete sich die Neutralität im Ersten Weltkrieg in der Fortführung der Politik des Vaters. Kurz nach Ende des Weltkrieges starb Habibullah I. bei einem Attentat und infolge kurzer Thronstreitigkeiten trat Amanullah, wiederum der legitime Thronfolger, die Herrschaft an. Zur Festigung seiner Macht ergriff der neue Emir die Flucht nach vorn und erklärte den Jihad gegen Britisch-Indien, um symbolträchtig die völlige Freiheit des Landes zu erkämpfen. Der Krieg (Dritter Anglo-afghanischer Krieg) dauerte aufgrund britischer Kriegsmüdigkeit nicht lange an und endete bereits 1919 mit der Unabhängigkeit Afghanistans (unter Anerkennung seiner Grenzen). Der neue König Amanullah (wie er sich in ausdrücklicher Abgrenzung zum religiösen EmirTitel ab 1926 bezeichnete) begann sogleich ein umfassendes Reform- und Modernisierungsprogramm: 1923 wurde eine Verfassung nach kemalistischem Vorbild erlassen, welche Bürgerrechte, den Schutz religiöser Minderheiten, die Schulpflicht und eine Nationalversammlung vorsah. Obwohl er die Macht der traditionellen Eliten zu beschneiden suchte, musste er bald eine Loya jirga einberufen, um seine Reformpolitik bewilligen zu lassen und sie damit zu retten. Bis 1925 konnten kleinere Aufstände zwar niedergeschlagen werden, jedoch entglitt Amanullah bereits 1929 die Herrschaft endgültig, da er nach einer Europareise umfassende gesellschaftliche Reformen (unter anderem die Stellung der Frau betreffend) durchzuführen plante. Seine als „Verwestlichung“ bezeichneten Vorhaben erweckten gewaltsamen Widerstand vor allem unter den Paschtunen, was den Abfall der wichtigsten Familien von seiner Herrschaft und wenig später das Exil des Königs in Rom zur Folge hatte. Die folgende Regentschaft eines Usurpators, Emir Habibullah II., scheiterte schnell am generellen Widerwillen der Bevölkerung gegen die Staatsgewalt. Da Habibullah II. kein Paschtune war, konnten geeinte paschtunische Stammestruppen die Zentren rasch erobern und (wieder) einen neuen Herrscher aus den eigenen Reihen etablieren: Nader Schah, adligen Heerführer aus einer Nebenlinie der Durrani. 2.2 Die Phase der relativen Stabilität und Entwicklung (1930-1973) Die Unruhen der Jahre 1928 bis 1930 hatten erneut unter Beweis gestellt, dass politische Herrschaft in Afghanistan einzig auf der Grundlage der Beteiligung oder zumindest mit der Zustimmung der nach wie vor mächtigen traditionellen Eliten errichtet werden konnte (Schetter 2004: 79). Die Politik Nader Schahs vollzog infolgedessen einen deutlichen Wandel gegenüber der Modernisierungsphase unter König Amanullah: Gestützt auf die paschtunischen Stämme und seine Sippe innerhalb der Durrani, ließ er seine Herrschaft durch eine Loya jirga legitimieren und kam so von Anfang an traditionellen Rechtsvorstellungen nach. Der neue König erhob den höchsten Stammesrat sogleich zum obersten Staatsorgan, verrechtlichte also die faktischen Verhältnisse. Der Ausbau staatlicher Strukturen wurde unter seiner Regierung zwar fortgesetzt, erhielt jedoch einen moderateren bzw. konservativen Tenor, indem sich die Nationalversammlung in eine königliche Beraterkammer wandelte und dem (sunnitischen) Islam nach der Verfassung aus dem Jahr 1931 wieder die Rolle einer Staatsreligion zukam. Die Scharia erlangte allgemeine, landesweite Geltung und ein Gremium Religionsgelehrter befand über die Gültigkeit der Gesetzgebung. Lokale und religiöse Autoritäten wurden in ihrer Machtstellung nicht mehr behindert und der Aufbau eines staatlichen Schulwesens sowie erste Infrastrukturbaumaßnahmen wurden in Angriff genommen (Schlagintweit 2006: 34). 1933 fiel Nader Schah einem Attentat zum Opfer, obwohl seine teilweise repressive, insgesamt doch gemäßigte Reformpolitik eine Phase der verhältnismäßigen Stabilität einleitete. Die lange Herrschaft des Thronfolgers, seines Sohnes Zaher Schah (1933-1973) begann mit der Regierung von Verwandten im Amt des Premierministers: „Während Haschem Kahn die autoritäre Politik Nader Schahs weiterführte, leitete Schah Mahmud [ab 1946] zaghafte Schritte einer Demokratisierung ein.“ (Schetter 2004: 80f.). Im Jahre 1953 folgte Schah Mahmud, der Vetter des Königs, Mohammad Daud Kahn ins Amt des Regierungschefs, der eine für jene Jahrzehnte typische autoritäre Entwicklungspolitik betrieb und „in eine Reihe mit Nasser, Nehru oder Sokarno gestellt werden“ kann (Schetter 2004: 81). Ab 1963 nahm Zaher Schah die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand. Die wirtschaftliche Entwicklung des Landes indes machte seit den 1930er Jahren nur langsam Fortschritte: „Die Berichte in den [staatlichen] Jahrbüchern erwähnen Aufforstungsmaßnahmen, die Anlage von Gärten, Zuchtexperimente mit im In- und Ausland erworbenen Bäumen, Pflanzen und Tieren, […] die Einführung landwirtschaftlicher Kleinmaschinen, die Anwerbung ausländischer Experten, […] Versuchsfarmen, […] Versuchsfeldern und Tierzuchtstationen, […] und die Etablierung neuer Behörden (Forstbehörde, Landvermessungsämter)“ (Grevemeyer 1990: 93f.). Allein diese Maßnahmen zeigen, auf welch grundlegender Ebene die Entwicklung des Landes während der 1930er und 1940er Jahre angegangen werden musste. Zumeist waren diese Projekte noch privat finanziert, unter anderem mit Hilfe der 1933 neu errichteten Nationalbank, und kamen während des Zweiten Weltkriegs wieder zum Erliegen. Ausländische Wirtschaftshilfe floss in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorerst spärlich. Lediglich die Großmächte der Zwischenkriegszeit engagierten sich, begrenzt auf den sozioökonomischen Bereich. Während des Zweiten Weltkrieges fand eine Annäherung Afghanistans an die Vereinigten Staaten von Amerika statt, die jedoch bald nach dem Krieg durch eine umso größere Intensivierung der sowjetisch-afghanischen Beziehungen überdeckt wurden. So „trat die UdSSR zunehmend als Freund und Helfer auf.“ (Berger/Kläy/Stahel 2002: 4f.). Das afghanische Militär geriet im Rahmen der folgenden Aufbauhilfe aus Moskau zunehmend unter starken sowjetischen Einfluss. Im Allgemeinen gelang Kabul im Kontext des Kalten Krieges jedoch „das Kunststück, bei strikter Neutralität Entwicklungshilfe aus der Sowjetunion und aus den USA zu beziehen“ (Schetter 2004: 85f.). In der Region verschärfte sich in den Jahren nach 1947 der politische Konflikt mit dem (nunmehr) jungen Nachbarland Pakistan um die Zugehörigkeit der Siedlungsgebiete der Paschtunen, welche bis heute ungefähr zur Hälfte auf ehemals britischem Kolonialgebiet liegen: 1893 wurde jenes „Paschtunistan“ durch den Durand-Vertrag, geschlossen durch Abdurrahman, von der afghanischen Südostgrenze durchschnitten. Die Modernisierung des Staates, welche sich vordergründig in einer Modernisierung und Liberalisierung des Rechtswesens und -systems äußerte, nahm mit den späten 1940er Jahren ihren Anfang. Dies bewirkte auch einen Wandel in der Herrschaftslegitimation, welche nun nicht mehr allein von Macht und göttlichem Willen, sondern durchaus auch vom öffentlichen Interesse hergeleitet werden sollte: „In Wirklichkeit allerdings war die Berufung auf den Willen des Volkes nur solange ein taugliches Instrument staatlicher Politik, als das ‚Volk’ sich nicht auf seinen eigenen Willen berief.“ (Grevemeyer 1990: 159). So bezeichnend dies allein für die Problemlage des afghanischen Staats bereits ist, muss dem doch angefügt werden, dass, sobald „sich regierungskritische Kräfte zu Wort meldeten, […] an die Stelle allgemeiner Verfassungsprinzipien der autoritäre Wille des Hofes“ trat (Grevemeyer 1990: 159f.). Dessen ungeachtet begann mit dem (erzwungenen) Rücktritt Mohammad Daud Khans im Jahre 1963 das so genannte „Goldene Zeitalter“ Afghanistans. Großprojekte zur wirtschaftlichen und ländlichen Entwicklung, vom Ausland kofinanziert, gaben Anlass zur Hoffnung. Auf Betreiben König Zaher Schahs war es zur Ausarbeitung einer dritten Verfassung gekommen, welche 1964 durch eine Loya jirga angenommen wurde. Mit dem Königtum im Zentrum, wurde nun ein parlamentarisches System mit zwei Kammern eingesetzt, zu welchen 1965 und 1969 landesweite Wahlen stattfanden. Nach diesen Wahlen waren die Abgeordnetenränge – entsprechend der afghanischen Sozialstruktur – mit lokalen Größen und Stammesführern besetzt, was dauerhaften Klientelismus der politischen Elite in Bezug auf „ihre“ Stämme zur Folge hatte. Als Fehler erwies sich in diesem Kontext, dass der König ein Parteiengesetz, welches der Verfassung angegliedert war, nicht ratifizierte, wodurch alle neueren politischen Gruppierungen faktisch in die Illegalität und damit in die Opposition gezwungen wurden. Daraus entwickelte sich ein grundlegender Konflikt zwischen der traditionellen Machtelite (wenigen einflussreichen Familien) und der neuen städtischen Bildungselite (z.B. Hochschulabsolventen), die seit den 1960er Jahren entstand. Die Frustration, nicht am politischen Prozess teilhaben zu können, schuf (modernisierungstheoretisch betrachtet) ein Milieu systemfeindlicher Kräfte: Islamisten auf der rechten und kommunistische Gruppierungen auf der linken Seite des Spektrums. Zwischen diesen zumeist auf Kabul beschränkten politisierten Kreisen kam es 1965 zu ersten gewaltsamen Zusammenstößen, auch mit und gegen die Polizeikräfte (Schetter 2004: 89). So ging das „Goldene Zeitalter“ mit nicht wenigen dunklen Vorzeichen zu Ende: Das „dilettantische Krisenmanagement im Umgang mit einer jahrelangen Dürre (1969-1971) [schädigte] nachhaltig das Ansehen der Staatsführung.“ (Schlagintweit 2006: 36). 2.3 Die Phase des Um- und Zusammenbruchs bis zur Neuordnung (1973-2001) Am 17. Juli 1973 putschte der ehemalige Premierminister Mohammad Daud Khan mit Hilfe des gemäßigten Flügels der afghanischen Kommunisten und des durch die Sowjetunion vereinnahmten Militärs gegen die Monarchie seines eigenen Klans, stürzte diese und errichtete die Republik, wobei Daud selbst die Mehrzahl der Kabinettsposten einnahm. Ein harter Politikwechsel hin zu grundlegenden Sozialreformen war die Folge und wurde vorläufig durch eine Loya jirga sanktioniert. In den folgenden Jahren zeigte sich jedoch die Basis und die Richtung der neuen Machthaber: Einzig auf das Militär gestützt, setzten sie „der traditionellen und islamistischen Elite […] mit Verhaftungs- und Verfolgungswellen zu.“ (Schetter 2004: 93). Der Versuch, über eine Landreform und eine neue Bildungspolitik den (sozialistischen) Fortschritt in die Dörfer zu bringen, trug dem Regime erbitterten Widerstand seitens der Landbevölkerung ein. Im Jahre 1974 wurde der führende Kopf der islamistischen Gruppierungen in Afghanistan, Mohammad Niyazi, zusammen mit mehreren Hundert Gefolgsleuten inhaftiert: „Dies bildete für die Islamisten den Beginn des Afghanistankriegs.“ (Schetter 2004: 93). Fortan formierte sich im pakistanischen Grenzgebiet der Widerstand, welcher unter zahllosen (teils politischen) Flüchtlingen großen Zulauf fand. Der faktische Alleinherrscher Daud entfremdete sich durch seine repressive Regierung alsbald von seiner gemäßigt kommunistischen Anhängerschaft und hatte sich auch alle anderen Gruppen im Lande zum Feind gemacht. Außenpolitisch schwenkte er in diesem Kontext bald auf einen pro-westlichen Kurs ein und entfernte sich von der Sowjetunion (Schlagintweit 2006: 36). 1978 beendete ein Putsch der eigenen Partei, die so genannte „April-Revolution“, seine Herrschaft und auch sein Leben abrupt. Radikale kommunistische Modernisierer unter Mohammad Taraki übernahmen die Macht im Land, das nun zu einer „Demokratischen Republik“ wurde. Drastische Maßnahmen, das Land neu zu verteilen – um den afghanischen „Feudalismus“ zu brechen – und die Bevölkerung zu alphabetisieren, wurden in Angriff genommen und zugleich alle potenziellen Gegner mit massiver Repression überzogen, so dass sich die Gefängnisse schnell füllten und Zehntausende den Tod fanden. Da sich die Bevölkerung teils gewaltsamer Unterdrückung und Feindseligkeit und teils aggressiver Umerziehungsmaßnahmen seitens der Regierenden gegenübersah, verlor die Obrigkeit rasch jegliche Unterstützung. Ab 1978/79 brachen allerorts bewaffnete Aufstände aus; ganze Einheiten des Militärs wechselten die Seiten und Kabul verlor schnell die Kontrolle über große Teile des Landes. Die Sowjetunion beschäftigte unterdessen die komplizierte Frage, ob sie das junge Mitglied „ihres Lagers“ (das auch Vertragspartner war) nicht unterstützen müsste. Nach längeren und überaus komplexen Meinungs- (Moskau) und Führungsstreitigkeiten (Kabul) fasste die sowjetische Regierung schließlich Ende 1979 den Entschluss zur Invasion (Schetter 2004: 98ff.). Die Ereignisse der kommenden Jahrzehnte werden im Folgenden lediglich anhand ihrer politischen Bedeutung abgebildet, da sich zwar zwischen 1980 und 2001 mehrere komplexe Umbrüche in der politischen Struktur Afghanistans ergeben, diese jedoch in den Augen der Autoren vielmehr nur Folgen, nicht Ursachen des Versagens staatlicher Gewalt darstellen. Der groß angelegte Einmarsch sowjetischer Streitkräfte ab Weihnachten 1979 traf auf breiten Widerstand aus der afghanischen Bevölkerung. Dieser Widerstand erfolgte bereits vor Bildung der mujaheddin („Kämpfer des Heiligen Kriegs“) stets in kleinen Gruppen und in lokalem Maßstab im Gebirge, weshalb die großräumige sowjetische Taktik oft ins Leere lief (Schetter 2004: 102). Obwohl die wichtigsten Zentren des Landes schnell erobert wurden, brachen die Aufstände und Überfälle im Hinterland der Front nicht ab. Zeitweise gerieten Dschalalabad und Herat unter die Kontrolle des Widerstandes. Während das ganze Land eher schlecht als recht besetzt wurde, formierten sich im pakistanisch-afghanischen Grenzland die mujaheddin: „Dort errichteten moslemische Widerstandsgruppen unterschiedlicher Ausrichtung ihre Versorgungsbasen, unterstützt und teilweise finanziert durch den pakistanischen Geheimdienst“ (Chiari 2006b: 55). Ende 1980 wandelte sich der „Freiheitskrieg“ infolge der zunehmenden Unterstützung des Widerstandes durch Pakistan und vor allem – jedoch nur finanziell – der USA zu einem Stellvertreterkrieg der Blöcke. Zeitgleich reagierten die sowjetischen Streitkräfte auf die Anforderungen der lokalen Situation und gingen zu einer defensiven Guerillabekämpfungstaktik über. Die Folgen dieser Auseinandersetzung waren verheerend: Der Großteil des Landes wurden entvölkert und völlig verwüstet; ca. 1,6 Millionen Afghanen kamen ums Leben und allein jeder zweite Paschtune befand sich Mitte der 1980er Jahre auf der Flucht, zumeist nach Pakistan (Schetter 2004: 104). Wie weiter unten noch erläutert wird, hatte die Fluchterfahrung eine Entwurzelung der größtenteils traditionell geprägten Paschtunen zur Folge, was sie unter anderem in die Arme der bewaffneten, islamistischen Widerstandsgruppen trieb. Die islamistische Ausrichtung der Kämpfer sollte sich gerade angesichts einer landesfremden, traditionsfeindlichen Besatzungsmacht nur noch vertiefen und intensivieren, obwohl die nun so genannten mujaheddin meist keine weiteren gemeinsamen Ziele verbanden, sie mitunter auch gegeneinander kämpften. Die Politik der Widerstandskämpfer war von Anfang an vergleichbar mit der wiederkehrenden Tradition der lokalen politischen Verbände (Stämme etc.), indem sie „sowohl mit afghanischen Kommunisten in Kabul [verhandelten] als auch mit sowjetischen Truppenführern, wenn sie sich hiervon Vorteile versprachen.“ (Chiari 2006b: 55). Die politische Fragmentierung des Landes näherte sich ihrem Höhepunkt, während die kommunistische Regierungsgewalt Kabuls – zusammen mit der Schlagkraft ihres Heeres – rapide verfiel. Seit 1985 strebte Moskau, unter Michail Gorbatschow, in Anbetracht der wenig Erfolg versprechenden Lage des Afghanistankrieges nach einer raschen Lösung des Konflikts, was der sowjetischen Armee alsbald zu gelingen schien. Mit verstärkten Waffenlieferungen seitens der USA wendete sich ab 1987 das Blatt und die Invasoren gerieten endgültig in die Defensive: 1988/89 wurde der Abzug beschlossen und durchgeführt. Während die Zentralregierung ihre bloße Existenz in diesen Jahren notdürftig behaupten konnte, beherrschten lokale Milizen und Widerstandsführer (warlords) viele Teile des Landes quasiautonom: Unabhängige parastaatliche Strukturen bildeten sich in der Breite des Landes (Schetter 2004: 114ff.) und rivalisierten miteinander um Ressourcen und Macht. Als die Kabuler Zentralregierung den Milizen keinen Nutzen mehr einbringen konnte, wurde sie 1992 kurzerhand durch verschiedene Partikulargruppen gestürzt. Der Verlust der letzten Einheitsklammer des afghanischen Staates bedingte die völlige Desintegration des Landes und die faktische Herrschaft der warlords in Kleinstaaten, wobei der Süden eher „herrenlos“ verblieb. Während sich einige mujaheddin-Gruppierungen an der Errichtung einer neuen Einheitsregierung versuchten, drangen ab Spätsommer 1994 die ersten Taliban („Studenten“) von der pakistanischen Grenze in den Süden Afghanistans ein. Diese radikal-islamischen Milizen waren seit Beginn der 1990er Jahre gezielt durch Pakistan, Saudi-Arabien und amerikanische Ölkonzerne im Hinblick auf eigene Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen aufgebaut worden (Stahel/Geller 2006: 74ff.) und rekrutierten ihre Kämpfer vor allem im Umfeld pakistanischer Koranschulen. 1996 nahmen die Taliban Kabul ein und konnten den Großteil des Landes unter ihre Kontrolle bringen, auch, indem sie sich teilweise mit den lokalen Potentaten arrangierten. Die in Gegenwart der neuen Kraft massiv bedrohten mujaheddin gruppierten sich zur späteren „Nordallianz“ und kontrollierten bis zum Ende des Jahrzehnts weiterhin den äußersten Norden. Im südlichen, weitaus größeren Teil des Landes errichteten die „Koranschüler“ unterdessen ein Regime, welches bald sprichwörtlich für die Herrschaftsweise islamischer Fundamentalisten stehen sollte. Im Unterschied zur Praxis der Linksdiktatur setzten sich die Taliban nicht in einen direkten Gegensatz zu den regionalen und traditionellen Eliten, sondern griffen größtenteils auf diese zurück, um die eigene Stellung im Land zu sichern. So rekrutierten die neuen Herren zum einen Teile ihrer „Intelligenz“ aus den Reihen der mujaheddin oder sogar der kommunistischen Partei (Schetter 2004: 131) und nährten zum anderen die Hoffnungen der traditionellen Stammeseliten, wieder in Schlüsselpositionen des Staates aufzurücken. Die verbleibenden mujaheddin wurden außerdem oft in die Organisationsstruktur der fundamentalistischen Milizen eingebunden. Da diese Maßnahmen einen Rückgang der Kriminalität, eine neuerliche (rudimentäre) überlokale Machtorganisation und einen augenscheinlichen Gewinn an öffentlicher Sicherheit zur Folge hatten (Schetter 2004: 131), schien die Herrschaft der Taliban eine seit Jahrzehnten erwartete Verbesserung der Zustände zu versprechen. Die Unterstützung, welche den Fundamentalisten seitens der Bevölkerung entgegengebracht wurde, lässt sich, außer durch die Erwartungen der traditionellen Stammeseliten, ferner anhand der Sittengesetzgebung der neuen Herren erahnen: Faktisch orientierten sich die Sittengesetze, welche die Islamisten beim Aufbau ihres „Gottesstaates“ in Anlehnung an die Scharia erließen, deutlich an den traditionellen Rechtsvorstellungen der Bevölkerungsmehrheit der Paschtunen. So entsprach die Art und Weise der nahezu vollständigen Entrechtung der Frau, um ein Beispiel zu nennen, eher einer strengen Interpretation des paschtunwali denn einer der Scharia (Schetter 2004: 132). Darüber hinaus lässt eine besondere Härte der Taliban gegenüber nicht-paschtunischen Bevölkerungsgruppen eine – zumindest teilweise – nähere Verbundenheit der beiden Gruppen annehmen (Schetter 2004: 133). Hinzugefügt werden muss dem jedoch, dass die althergebrachte Kluft zwischen Stadt und Land unter der fundamentalistischen Herrschaft bei der Sanktion unerwünschten Verhaltens eine weitere Vertiefung insofern erfuhr, als dass die Sittenwächter besonders Städter meist pauschal verdächtigten. Hier kulminierten Aversionen gegen jede Form der „Verwestlichung“ und Misstrauen gegenüber urbaner Kultur und Mentalität in größerem Terror (Schetter 2004: 133). Das weitgehende Fehlen von Erscheinungen moderner „Staatlichkeit“ unter dem Regime der Taliban mag bei näherer Betrachtung nicht verwundern: So war ihr Anliegen seit Beginn der militärischen Operationen in Afghanistan erstens die Übernahme der Kontrolle des Landes, um zweitens einen Staat „nach dem Vorbild der islamischen Frühzeit“ (Schetter 2004: 131) zu errichten. Obgleich die ideologische Deckung hierbei strittig sein mag, suchten die Fundamentalisten dieses Ziel vordergründig durch Bündnisse mit und Unterordnung der lokalen Milizen zu erreichen. Über parastaatliche Strukturen auf lokaler Ebene und mit abwechselnder Intensität, welche auf der Grundlage eigentlich partikularer Gewaltakteure locker an eine Zentrale angebunden waren, kam das Regime der „Koranschüler“ demnach zu keiner Zeit hinaus. Dieses Fehlen staatlicher Strukturen allerdings war einer der maßgeblichen Umstände, unter denen sich der internationale islamistische Terrorismus in Form des Netzwerks Al-Qaida in Afghanistan festsetzen konnte. Auch war der Aufbau der Taliban-Milizen selbst bereits unter starker finanzieller Unterstützung islamistischer Sympathisantenkreise vonstatten gegangen. Seit 1986 – damals noch unter den Vorzeichen des mujaheddin-Widerstandes – war der Araber Osama bin Laden im Land tätig. Er geriet auch bekanntermaßen in den Fokus der amerikanischen Kriegsanstrengungen im War on Terror ab dem Jahre 2001. 2.4 Zusammenfassung der historisch-politischen Prozessfaktoren In der Gesamtschau auf die neuere afghanische Geschichte lassen sich einige Variablen festhalten, die prägend für die politische Tradition und den Staatsbegriff der Bevölkerung und damit auch teilweise ursächlich für das Versagen des afghanischen Staates gewesen sein müssen. Die politische Fragmentierung der Macht in verschiedene traditionelle Eliten bildet die grundlegende Last, unter welcher der Aufbau staatlicher Herrschaft seit Anbeginn der eigentlichen afghanischen Geschichte zu leiden hatte. Zentralisierte Staatsgewalt an der Spitze kann demzufolge stets nur mit der Zustimmung und Trägerschaft dieser lokalen Eliten und Machthaber geschehen, was durch die häufige (ex post) Einberufung einer Loya jirga belegt wird. Die Konsolidierung zentralstaatlicher Souveränität gelang letztlich nur mit Hilfe der fremden Kolonialmächte, welche den afghanischen Staat durch ihre Unterstützung von der ursprünglichen Machtgrundlage der Stämme unabhängiger machen wollten. Durch diesen Einschnitt in der Phase des Kolonialismus wurde die „Tradition“ gebrochen, nach der sich Machtwechsel häufig und gewaltsam vollziehen, was der Durrani-Dynastie die dauerhafte Etablierung ermöglichte. In jener jüngeren Phase des relativ stabilen Königtums (1880-1973) haben staatliche Reformmaßnahmen mehrmals negativ prägenden Einfluss auf die Mentalität erlangt, wenn etwa Staatstätigkeit als unrechtmäßiger Eingriff verstanden wurde (Steuern, Wehrpflicht). Andere Maßnahmen sind teilweise fehlerhaft oder unvollständig umgesetzt worden, beispielsweise bei der Frage der Einbindung neu entstandener Gruppierungen in den politischen Prozess. Bei allem Bemühen jedoch zeigt sich wiederholt der negative Einfluss der „vormodernen“ Sozialstruktur der Gesellschaft beispielsweise darin, dass auch im sich modernisierenden Gemeinwesen Stammesführer das politische System zum Betreiben partikularistischer Klientelpolitik gebrauchen. Der wiederholte breite Widerstand der Bevölkerung gegen Reformanstrengungen der Regierung muss in diesem kulturellen und sozialen Kontext gesehen werden. Bemerkenswert dabei ist, dass jener Gegendruck ausblieb, wenn Modernisierung im Einklang mit kulturellen Werten vermittelt wurde. 3. Strukturfaktoren – Analyse der landestypischen, sozioökonomischen und kulturellen Gegebenheiten Die Probleme staatlichen Versagens in Afghanistan sind nicht nur in bestimmten historischpolitisch bedingten Prozessen zu suchen, sondern auch in strukturellen Gegebenheiten, die seit Siedlungsbeginn bis heute starken Einfluss auf die gesellschaftliche, politische Mentalität nehmen. 3.1 Landesspezifische Faktoren und Infrastruktur Als am stärksten prägender Faktor ist zu nennen, dass der sich weitläufig durch das Land ziehende Hindukusch große Gebiete Afghanistans unzugänglich macht. Besonders in den harten Wintermonaten sind einige Bergvölker nahezu isoliert. Diese „Gebirgigkeit des Landes war für die herrschaftliche Durchdringung stets ein wesentliches Hindernis“ (Schetter 2004: 20). Durch die klimatischen und geographischen Gegebenheiten war damit dauerhafte Ansiedlung hauptsächlich in den rar gestreuten Oasen möglich, die sich zu den Großstädten Herat, Kandahar, Kabul und weiteren entwickelten (Schetter 2004: 19). Diese strukturell vorgegebene Problematik des Herrschaftszugriffes wird durch die mangelhaft ausgebaute Infrastruktur verstärkt: Lediglich 24 Kilometer Schienennetz konnten verlegt werden. Das Straßennetz, das sich in desolatem Zustand befindet, umfasst nur 50 Meter Straße pro Quadratkilometer des Territoriums. Diese Daten in Verbindung mit den Klimaverhältnissen und dem gänzlich fehlenden Zugang zu Elektrizität und Wasserversorgung machen den Zugriff auf das Staatsterritorium im westlichen Sinne geradezu unmöglich. Die Errichtung eines modernen politischen Systems ist unter diesen Voraussetzungen erschwert: So kann beispielsweise die Vorbereitung von Wahlen und Parteibildung bzw. Parteiwerbung nach dem Konzept der „afghanische[n] Eigenverantwortung“ (Wilke 2004: 13) ohne ein bestehendes weit reichendes Telekommunikationsnetz kaum stattfinden. Logistischer Zugang zum Staatsvolk ist kaum möglich, wenn ganze Bevölkerungsgruppen monatelang ohne Verkehrsund Medienanbindung verbleiben müssen. Die Erschwernis demokratische Elemente wie Wahlen zu erfüllen wird zum entscheidenden Faktor, wenn es um die Errichtung einer echten Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft geht, die für eine Demokratie notwendig sind. 3.2 Sozioökonomische Faktoren Die durch das Klima erschwerte Landwirtschaft, die sich auf den Anbau von Feldfrüchten und Viehzucht beschränkt, prägte ein bestimmtes Wirtschaftssystem und daraus resultierende soziale Strukturen. Letztere sind eng mit dem Stammeswesen verbunden, sollen im Folgenden aber besonders auf ihre wirtschaftlichen Ursachen zurückgeführt werden, um dann die Auswirkungen auf den Staatsaufbau zu analysieren. Die geschilderten Klimaverhältnisse und die Tatsache, dass drei Viertel des Staatsgebietes landwirtschaftlich nicht nutzbar sind, brachte vor allem bei der Stammesgruppe der Paschtunen eine nomadische Lebensweise im Hochland und den Steppen hervor. 1 Um trotz der schwankenden Niederschläge ganzjährlich Erträge erhalten zu können, müssen die Nomaden eine „jährliche Wanderung aus Zentralafghanistan zum Indus“ (Schetter 2004: 83) über Pakistan zur Weidung des Viehs durchführen. Dies erzeugte eine siedlungsbedingte „Aufweichung“ der ostafghanischen Grenzen zu Pakistan, weshalb das eigentliche Siedlungsgebiet der Paschtunen bis heute weit in das Nachbarland hineinreicht (so genannte „Paschtunistan-Frage“ bei Schetter 2004: 81ff.) und starke Grenzstreitigkeiten bewirkte. Im größeren wirtschaftlichen Handlungsrahmen in den Oasenstädten entstand schon früh eine hohe urbane Handelskultur, die sich aktuell durch einen Industrialisierungsboom verstärkt, wodurch allerdings eine gravierende Kluft zwischen Stadt und Land bis heute die Gesellschaft prägt (Schetter 2004: 143). Traditionell ist der Landbesitz auf Großgrundbesitzer verteilt, die zugleich Stammesführer sind und damit als faktische Herrscher über ein Gebiet und seine Bevölkerung angesehen werden können, da 67 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind. Das war nicht immer so: Ein großer Fehler im frühen Staatsaufbau Afghanistans war das Einsetzen von Mittelsmännern. Unter Habibullah I. erfolgte eine „Desintegration der zentralstaatlichen Herrschaft“ (Grevemeyer 1990: 57), da seine Regierung „Angehörige[...] der ländlichen Oberschicht als Mittelsmänner“ (Grevemeyer 1990: 58), meist Stammesführer, gegen die starken Provinzgouverneure eingesetzt hatte. Durch die mangelnde dauerhafte Anbindung dieser Führungspersönlichkeiten an den Staat konnten sie politische und wirtschaftliche Macht akkumulieren, „eine der wesentlichsten Veränderungen innerhalb der ‚traditionalen’ Gesellschaft Afghanistans“ (Grevemeyer 1990: 59), denn der Staat konnte selbstverschuldet nur „durch die Vermittlung der dörflichen oder tribalen Oberschicht auf die Bauernschaft Einfluß nehmen“ (Grevemeyer 1990: 59). Dies hatte langfristig mehrere 1 Insgesamt bis zu einem Drittel der Bevölkerung sind Nomaden (Grevemeyer 1990: 55). Auswirkungen auf das Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft: „Staat“ bezog sich auf das Politische, begrenzt auf Kabul, „Gesellschaft“ und „Wirtschaft“ bezogen sich auf den ländlichen Bereich. Wichtige wohlfahrtsstaatliche Elemente wie Steuereintreibung, aber auch die Truppenaushebung, waren damit Sache lokaler Patrone. Diese Zuordnung erklärt, dass heute noch der Aufbau einer staatlich gelenkten Friedenswirtschaft und die Überwindung der Milizen durch eine afghanische Armee als schier unüberwindbare Aufgaben erscheinen. Auch der bürokratische Aufbau war von wirtschaftlichen Interessen überlagert worden: Regionale Bürokraten, meist in Person der Stammesführer, „richteten ihre Loyalität nicht abstrakt auf die Bürokratie, sondern begriffen ihr Amt in ganz traditioneller Manier als persönliches ‚Lehen‘“ (Grevemeyer 1990: 79), ähnlich der Pfründenpolitik im europäischen Mittelalter und früherer Neuzeit. Die enge Verknüpfung von Wirtschaft und Gesellschaft trat im Speziellen 1979 durch die gescheiterte sozialistische Landreform zu Tage, die unter Ignorieren der traditionellen Lebensweisen die „sozialen Sicherungssysteme [...]“ (Grevemeyer 1990: 127) gefährdete, da die ländliche Gesellschaft entgegen dem marxistischen Modell nicht nur feudal, sondern auch (interessens-) ausgeglichen war. Diese Faktoren wirken bei den aktuellen Demilitarisierungsversuchen hemmend, da mit dem Bürgerkrieg die altbewährte Kriegskultur erfolgreicher kleiner Gruppen im Kampf (Grevemeyer 1990: 129) neue wirtschaftliche Trägerschichten hervorgebracht hat in Form von bewaffneten, stammesunabhängigen Milizführern. Resultat der Geschehnisse von 1979 war auch ein neuer Wirtschaftszweig: der Drogenanbau. Diese Schattenwirtschaft nahm besonders nach dem Sturz der Taliban 2001 sprunghaft zu, so dass Afghanistan im Jahre 2006 ganze 92 Prozent der gesamten Weltproduktion an Opium stellte. Jene enge Verflechtung zwischen Wirtschaft und Gesellschaft bzw. Stamm zeigte sich nach 2001, da die „Sicherheit der einzelnen Stämme [davon abhing], inwieweit sich deren Führer als fähig erwiesen, ökonomisches Kapital in politisches umzuwandeln“ (Lanik 2006: 151). Damit kam es zu einer Fortführung der traditionellen Verbindung von wirtschaftlicher und militärischer Stärke (durch lokale Milizen). Die so genannten warlords stiegen auf, setzten sich zum Teil in den Städten fest und kontrollierten einzelne Landesteile (Lanik 2006: 150). Zusammenfassend ist folglich zu sagen, dass vor allem Anfang des 20. Jahrhunderts eine Mediatisierung der ländlichen Bevölkerung erfolgte. Staat und Wirtschaft wurden strikt getrennt, ebenso Stadt und Land. Stammesführer erhielten politische und wirtschaftliche Schlüsselpositionen. Die mehrheitlich nomadisch lebenden Paschtunen ohne Landbesitz wurden grenzüberschreitend wirtschaftlich tätig, akzeptierten mangels Feudalherren keine Zentralgewalt, die ihnen ihrerseits keinen Schutz oder Wohlfahrt bot, und haben bis heute keinen Anreiz, sich einem Souverän unterzuordnen. Verarmungstendenzen durch den Krieg der 1990er Jahre verstärkten die Abhängigkeit der Bauern besonders im Mohnanbau; hinzu kommt die Abhängigkeit von ausländischer Entwicklungshilfe. Diese kurz- und langfristigen Strukturursachen erschweren den Aufbau einer stabilen, vom Zentralstaat mitkontrollierten Wirtschaft und die Trennung von Wirtschaft und lokaler politischer und militärischer Gewalt. 3.3 Ethnisch-kulturelle Faktoren Im Folgenden sollen hauptsächlich die Paschtunen und ihre Stammestraditionen behandelt werden, da sie das eigentliche „staatstragende“ Volk waren und sind, welches zur Legitimierung jeder Herrschaft zumindest in Sachen Vertrauensbekundung maßgeblich gewesen ist. Hinzu kommen die nichtwirtschaftlichen Aspekte des gesellschaftlichen Aufbaus und die aktuellen politischen Leitideen, zu denen auch der „Neofundamentalismus“ (Wilke 2004: 11) der Taliban gehört. Durch vier wesentliche Stammesgruppierungen verschiedenster Sprachfamilien ist Afghanistan seit jeher Vielvölkerstaat. Die sunnitischen Paschtunen machen 42 Prozent der Bevölkerung aus. Aus dem nördlichen Tadschikistan stammende sunnitische Tadschiken stellen 27 Prozent. Sunnitische Usbeken und schiitische Hazara machen jeweils 9 Prozent aus. Die Paschtunen berufen sich auf einen Stammesvater (Schetter 2006b: 139), einen Stammeskodex, paschtunwali, und die lose Klammer gesellschaftlicher Organisation, der Ratsversammlung jirga. Der Ehrenkodex paschtunwali definiert eine stark egalitäre Gesellschaft, die Hierarchien verbietet und politischen Konsens fordert. In einem negativen, feindseligen Weltbild (Schetter 2004: 25f.), bei dem jedes männliche Stammesmitglied seine Ehre und seinen Besitz durch andere Männer gefährdet sieht, ist die Wahrung der Ehre (Nang/Namus; hierzu: Orywal 2006: 113) über den Schutz des materiellen Besitzes, auch über die Schamhaftigkeit der weiblichen Familienmitglieder, wesentlicher Bestandteil der Kultur. Die Verteidigung dieser Ehre ist ermöglicht über Tura (Orywal 2006: 114), das Schwert, also über die physische Gewalt der Blutrache. Jener „interkulturelle [...] Konsens gewalttätiger Ideale“ (Orywal 2006: 116) im muslimischen Raum erschwert Konzepte der internationalen Gemeinschaft zur Entwaffnung des Einzelnen, Durchsetzung der Menschenrechte und demokratischer Prinzipien, die dem geltenden Ehrenkodex entgegenstehen. Angesichts der Tradition des paschtunwali erscheint es als besonders schwerwiegend, dass ein Großteil der Paschtunen, bis zu 85 Prozent, infolge einer großen Fluchtbewegung nach Pakistan nach dem Ende der Herrschaft Zaher Schahs 1973 von Herkunft und Stammeskultur entwurzelt wurden. Die folgenden Generationen verbrachten ihre Jugend nur in Flüchtlingslagern, was bei ihrer Mehrzahl eine traumatische Prägung und Identitätskrise zur Folge gehabt haben dürfte. Sowohl unter den in Afghanistan verbliebenen Paschtunen als auch unter den Geflohenen hatte die Entwurzelung eine Anfälligkeit für radikal-islamistisches Gedankengut zur Folge. Religiöse Führer brachten neue Inhalte und füllten die Lücke der fehlenden Stammesführer (Schetter 2004: 105). Besonders erfolgreich war die „Netzwerkideologie“ (Wilke 2004: 12) der neofundamentalistischen Taliban, die eine fiktive muslimische Glaubensgemeinschaft predigen und alte Feindbilder fördern. Der über den Islam hinausgehende Frauenhass und gewalttätige Parolen sind Ausdruck „psychisch und physisch kriegsversehrter Koranautodidakten“ (Wilke 2004: 12), die von der neuerlichen Demütigung durch die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Ausland gefördert wurden. Konzepte wie das der Coalition against Terror sind allein deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die Taliban Teil einer Gesellschaft sind und sich die Frage einer Eliminierung einer ganzen „politische[n] Bewegung“ (Wilke 2004: 12) stellt. Festzuhalten ist sicherlich, dass das weit zurückreichende feindselige Weltbild und der Stammeskodex als solcher eine mangelnde Bereitschaft verursachen, Souveränitätsrechte abzugeben und demokratische, westliche Werte anzunehmen. Durch die Identitätskrise fehlt bei den Paschtunen ein Element, das staatliche Gewalt legitimieren würde, fast gänzlich, was sich in der aktuellen Regierung widerspiegelt, da nur Präsident Karzai die Paschtunen in der Regierung repräsentiert. 3.4 Religiöse Faktoren Der Islam ist das „umfassende [...] Glaubens-, Denk- und Rechtssystem“ (Rzehak 2006: 126) in Afghanistan. Weil „die islamische Gemeinschaft ohnehin wenig Unterschiede zwischen Rassen, Sprachen und Nationalitäten macht“ (Rzehak 2006: 128), hatte der Islam seit der erst im 10. Jahrhundert überall durchgreifenden Islamisierung staatsrechtlich eine legitimierende Funktion inne und die meisten Herrscher beriefen sich, wie auch Präsident Hamid Karzai, seit jeher auf ihn. Tatsächlich stellt die islamische Religion das einzige einigende Band der Stämme dar, weshalb verwestlichende und säkularisierende Modernisierungspolitik wie in den späten 1970er Jahren schnell auf zumeist paschtunischen Widerstand traf (Schetter 2004: 96ff.). Staatliche Strukturen, die sich auf das Prinzip einer islamischen Gesellschaftsordnung (z.B. Einbettung der Scharia in ein „säkulares Rechtssystem“, vgl. Schetter 2004: 88) stützten, waren allzeit erfolgreicher. Der politische Islam, „eine vergleichsweise junge Erscheinung“ (Rzehak 2006: 136), und derjenige in radikaler Ausprägung füllten nach Abzug der Sowjetunion aus Afghanistan 1989 die Lücke, die verschwindende politische Stammestraditionen in den Strukturen des Gemeinwesens hinterließen. Der traditionelle Islam wurde vom fundamentalistischen verdrängt, bei dem eine „alte [...] religiöse [...] Elite“ (Grevemeyer 1990: 131) erstmals als politische Führung auftrat. Im Bürgerkrieg konnten diese Positionen auch „islamische Internationalisten“ (Grevemeyer 1990: 132) erringen, eng verbunden mit den mujaheddin und dann den Taliban. Folglich ist der traditionelle Islam in Afghanistan ursprünglich ein Herrschaft legitimierendes, stabilisierendes Element, das durch soziale Entfremdung, Armut und Aussichtslosigkeit zu seinem radikalen, internationalistischen Pendant wurde, das nationalstaatlichen Bestrebungen klar entgegensteht (Grevemeyer 1990: 132). 4. Aktuelle Lage – Staatliche Neuordnung durch die internationale Gemeinschaft: Probleme und Lösungsmöglichkeiten 4.1 Kriegshandlungen 2001 und Ausgangslage Bereits vor Beginn der Kriegshandlungen Ende 2001 herrschte grundlegende Uneinigkeit der internationalen Akteure hinsichtlich der Neuordnung Afghanistans und der Vorgehensweise: Die Vereinten Nationen bevorzugten eine friedliche Neuordnung ohne die extreme Variante eines Protektorates nach dem Vorbild des Kosovo (CMI-Artikel 2002: 5). Für die USA hatte der Anti-Terror-Kampf oberste Priorität, weniger das eigentliche nation-building. Gleichzeitig lag Afghanistan, wie schon seit jeher, im Interessengebiet seiner Anrainer Iran, China, Pakistan und Russland. Anlass an sich für ein Eingreifen der internationalen Gemeinschaft waren die Anschläge auf die USA am 11. September 2001 gewesen, hinter denen die USAdministration den Araber Osama bin Laden, dessen Aufenthaltsort in Afghanistan angenommen wurde, und das Terrornetzwerk Al-Qaida vermutete. Dieser aktiven Aufnahme von Kriegshandlungen gingen einige UN-Resolutionen, unter anderen Nr. 1333 vom 19. Dezember 2000 gegen die Politik der Taliban (Stahel/Geller 2006: 76), voraus, deren Wirkung durch die Stillhaltetaktik der Clinton-Administration untergraben worden war. USPräsident George W. Bush entschied sich für eine Kriegsführung, die hauptsächlich von „Geheimdienste[n], Spezialeinheiten und […] Luftwaffe“ (Stahel/Geller 2006: 79) sowie der afghanischen Nordallianz ab dem 7. Oktober 2001 in der Operation Enduring Freedom getragen und am 22. Dezember 2001 mit der Vertreibung der Taliban aus allen Hauptstädten erfolgreich durchgeführt wurde. Die Strategie der Kriegshandlungen gibt schon Aufschluss über die spätere Aufbauplanung: Alliierte Flächenbombardements ermöglichten den alleinigen Truppen-Vormarsch der afghanischen Nordallianz Richtung Süden und Kabul, also wurde hier die Hauptkriegsführung den afghanischen Widerständlern selbst überlassen (Stahel/Geller 2006: 79). Für die Situation nach der eigentlichen Befreiung von den Taliban Ende 2001 kann man von folgenden Rahmenbedingungen (Schetter 2006a: 82) für den Staatsaufbau sprechen: Millionen von Flüchtlingen fanden sich in menschenunwürdigen Lagern ein; eine weit reichende Verminung gefährdete Zivilisten und Soldaten; die Infrastruktur war komplett zerstört und die Verfügbarkeit von Gewalt ging größtenteils wieder in die Hände von Islamisten und privaten Gewaltakteuren über, die Dank des Drogenanbaus Arbeit zuverlässig bezahlen konnten. Folglich wurde Afghanistan erst nach dem Befreiungskrieg 2001 zum echten failed state, geprägt von völliger Fragmentierung und Anarchie. 4.2 Ansätze der staatlichen Neuordnung durch die internationale Gemeinschaft Einigen konnten sich die internationalen Akteure letztlich darauf, zuerst eine Regierung aufzubauen, das so genannte state-building, und dann den Demokratieaufbau, das nationbuilding, dem neu gebildeten Staat zu überlassen. „The strategy of the international community is [therefore] closer to the minimalist extreme than the maximalist” (CMI-Artikel 2002: 5f.). Im Dezember 2001 machte die Petersberger Konferenz bei Bonn unter Beteiligung der wichtigsten Exilgruppen, unter anderem die Romgruppe um den Exilkönig, den Paschtunen Hamid Karzai zum Präsidenten einer Übergangsregierung. Die UN setzten ebenfalls 2001 in Kabul die internationale Sicherheitstruppe International Security Assistance Force (ISAF) ein, die bis heute aber hauptsächlich auf die Hauptstadt beschränkt ist, ebenso wie die meisten westlichen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). 2 Im Juni 2002 konnte eine große Ratsversammlung, die Emergency Loya jirga, die Übergangsregierung Karzai bestätigen, während sich eine verfassunggebende Loya jirga erst im Januar 2004 auf eine Islamische Republik Afghanistan auf der Basis demokratischer Prinzipien einigen konnte (Schetter 2006a: 85). Unter hoher Wahlbeteiligung ging Hamid Karzai aus den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2004 erneut als Sieger hervor und bildete eine Regierung, die sich bis heute wie folgt zusammensetzt: Karzai als demokratisch gewählter Präsident, der allerdings einer Stammesgefolgschaft entbehrt, die tadschikischen Panjiri, die als ehemals wichtigster Teil der Nordallianz immer noch unter dem Einfluss der mächtigsten warlords stehen und die Schlüsselministerien besetzen, sowie die technokratischen Beiruti Boys, Exilafghanen mit amerikanischem Hintergrund und ohne jedwede Basis im Land (Schetter 2006a: 85f.). Ein wichtiger und auch durchaus richtiger Schritt erfolgte im Herbst 2002 auf deutsche Initiative hin, als ein Wiederaufbauprogramm mit kleinen, lokal agierenden militärischen und zivilen Einheiten (Provincial Reconstruction Teams, PRTs) zur Unterstützung der Selbsthilfe der afghanischen Regierung über Kabul hinaus ins Leben gerufen wurde. Neben der Sicherheitssektorreform Sicherheitskräften und durch der Ausbildung von Demilitarisierung militärischen der und Milizen polizeilichen gehören auch Infrastrukturmaßnahmen und Vermittlung der NGO-Hilfe zu ihrem Aufgabenspektrum (Wilke 2003: 1). Man einigte sich generell auf eine internationale Arbeitsteilung im Sinne von „Führungsnationen“ (Wilke 2004: 13) mit Zuständigkeit für den Aufbau bestimmter Sektoren. Zukunftsweisend und eine Neuerung in der state-building-Strategie der internationalen Gemeinschaft war das Musa-Qala-Protokoll Ende 2006, „durch indirekte, über Stammesführer vermittelte Abmachungen mit lokalen Taliban eine Stabilisierung kleinerer geographischer Einheiten in Süd-Afghanistan zu erreichen“ (Ruttig 2007: 1). 4.3 Problemlagen des Staatsaufbaus: Kritik und aktuelle Lage Aufgrund der tabula-rasa-Situation Afghanistans nach der Intervention hatten die internationalen Akteure ein großes Spektrum an Möglichkeiten zur Wahl, von denen sehr viele intensiv genutzt wurden, und in Form der PRTs auch echte Innovationen darstellten. Doch die von Human Rights Watch als „Klima der Angst“ bezeichnete Situation in weiten Teilen Afghanistans bestätigt keine nennenswerten Erfolge des Staatsaufbaus. 2 Zur ausführlichen Darstellung der UNAMA siehe den Beitrag von Mujic/Schmalz in diesem Band, inbesondere Kapitel 4.2.1. Welche Probleme ergaben sich also in der Vorgehensweise, welche Fehler wurden begangen und wie lässt sich die aktuelle Lage und Qualität des Staates definieren? Bereits die Vorberatungen des Staatsaufbaus erfolgten unter Beteiligung von Exilgruppen, welche weder kohärente politische Gruppierungen bildeten noch praktisches Interesse an einem unabhängigen, effizienten afghanischen Staat hatten. Im Allgemeinen ist dieses Ziel bei den wenigsten Afghanen und in der Regierung zu erkennen (CMI-Artikel 2002: 6). Unter anderem sind die Ursachen hierfür in den tragenden Gruppierungen der Karzai-Regierung zu suchen, die entweder über wenig politische Basis in der Mehrheit der Bevölkerung verfügen oder als völlige Fremde empfunden werden. Besonders diese mangelnde Unterstützung Karzais wird verstärkt durch eine schwache Legislative: Die Wahlen ohne „Parteienbasis“ (Maass 2006: 2) entzogen den Parlamentshäusern Wolesi Jirga und Meshrano Jirga die Möglichkeit der Fraktionsbildung. Als dem state-building im westlichen Sinne zuwiderlaufend, aber im Sinne der afghanischen Tradition stehend, ist der „Regierungsstil des Präsidenten [als der; d.V.] eines supreme khan“ (Maass 2006: 2) zu bewerten. Diese Position führte zu Konflikten innerhalb der Regierung: Häufige Seitenwechsel durch die Parteilosigkeit und „Händel“ (Maass 2006: 3) erzeugten Probleme in der Koordinierung, Transparenz und langfristigen Politikausrichtung; Karzai musste konservativ-islamistischen Gruppierungen immer wieder Zugeständnisse machen. Hervorgerufen durch die Entkopplung von der Bevölkerung sah sich Karzai zudem gezwungen, zur Machterhaltung lokale Potentaten unlegitimiert in die Staatsgewalt einzubinden, was die Konsolidierung der demokratisch legitimen Regierung wiederum untergrub: Diese Konzessionen an die faktischen Machthaber stellen implizit ein Eingeständnis des Scheiterns dar (Wimmer/Schetter 2002: 11f.). Überhaupt hat die frühzeitige Einrichtung demokratischer Wahlen mit ethnischem Proporz angesichts einer schwach ausgeprägten Zivilgesellschaft hohe Frustration in der Bevölkerung erzeugt. Ein mangelndes Demokratieverständnis schürte Existenzängste bei den unterlegenen Gruppierungen. Die Oktroyierung eines zentralistischen Systems stand im Widerspruch zur landestypischen Tradition staatlicher Herrschaft (Schetter 2004: 144 und Wimmer/Schetter 2002: 18). Zu jenen innerafghanischen Staatsbildungsproblemen gesellen sich Fehlentscheidungen der internationalen Gemeinschaft beim Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen. Besonders die kurzfristige Finanzierung von unsicheren sozialen Projekten hat die Entstehung von Parallelstrukturen und eine neue Form von „Klientelismus“ (Wimmer/Schetter 2002: 14) begünstigt. Solche zivilgesellschaftlichen Fehlentwicklungen haben langfristig „[n]eue Abhängigkeiten und fehlende Nachhaltigkeit“ (Wimmer/Schetter 2002: 14) zur Folge. Das minimalistische Überlassen der conflict ownership und des nation-building bei den Afghanen „with the goal of a democratic, secular state with a functioning economy and civil society is unrealistic in places such as Afghanistan“ (CMI-Artikel 2002: 5). Die afghanische Regierung vermochte es bisher nicht, die Kriegstraumata aufzuarbeiten und einen effizienten Justizsektor zu schaffen, da sowohl die zwingende Übereinstimmung mit der Scharia als auch die mangelnde Beweisführung der Kriegsverbrechen Hindernisse darstellen. Das Konzept der PRTs, der „light footprint approach“ (Wilke 2003: 5), also eine Art Hilfe zur Selbsthilfe, konnte den lokalen Gewaltmarkt nicht in ein staatliches Gewaltmonopol überführen oder den grenzüberschreitenden Terrorismus eindämmen. Der „Geburtsfehler“ (Wilke 2003: 6) der PRTs wie auch der ISAF liegt in der doppelten Zuständigkeit sowohl in Fragen des zivilen Wiederaufbaus als auch im Antiterrorkampf im Rahmen der Operation Enduring Freedom, wodurch die internationale Gemeinschaft einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung erlitten hat. Das auf allgemeine frontenübergreifende Kooperation abzielende Musa-Qala-Protokoll hat durch sein Scheitern einerseits die Stammesführer düpiert und Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Kabuler Regierung sowie der Alliierten erregt. Dieser Vertrauensverlust droht andererseits die Khane als Vertrauenspersonen der Bevölkerung zurück in die Arme der Taliban zu treiben (Ruttig 2007: 3). Aus diesen Problemlagen resultiert eine momentane Situation, die für den Süden durch wechselnde Loyalitäten der warlords und steten Terror sowie durch Kriegsökonomie weiterhin von Anarchie und Gewalt geprägt ist (Chiari 2006a: 93f.), im Norden nach anfänglicher Stabilisierung durch den russischen Truppenabzug Juni 2005 destabilisierte Grenzregionen (Chiari 2006a: 95) und durch aufblühende urbane Zentren einen schwelenden „Konflikt zwischen Stadt und Land“ (Schetter 2004: 143) aufweist. Laut Wilke verfügt damit Afghanistan immer noch über die Qualität eines failed state: Die Gewaltkompetenz fehlt, weil Entmilitarisierung und die „simultane Doppelstrategie von Friedenskonsolidierung und Terrorismusbekämpfung“ (Wilke 2004: 14) gescheitert sind, bedingt durch die VierSäulenstrategie der internationalen Gemeinschaft, 3 das Prinzip der „lead nations“ (Wilke 2004: 13) sowie die horizontale und vertikale Zersplitterung der Herrschaftsgewalt. „Extraktionskompetenz“ (Wilke 2004: 17) und Wohlfahrtsmaßnahmen setzen sich nicht gegen die verfestigte Kriegsökonomie durch, die mit der politischen Gewalt verbunden bleibt. Die „Inkongruenz von Staat und Gesellschaft“ (Wilke 2004: 18) verhindert die Ausbildung einer Rechtskompetenz, auch weil drei Rechtssysteme nebeneinander existieren und die 3 United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA), International Security Assistance Force (ISAF), Provincial Reconstruction Teams (PRTs) und Operation Enduring Freedom (OEF), vgl. Wilke 2004: 15. Scharia-Frage nicht gelöst ist. Afghanistan verfügt auch nicht über eine Außenkompetenz und bleibt abhängig von internationalen Akteuren, da diese den Fehler begingen, die Nachbarstaaten nicht einzubeziehen (Wilke 2004: 20). 4.4 Lösungsansätze und Schlussfolgerungen Offensichtlich sind weder das nation-building noch das fundamental wichtige state-building bisher erfolgreich verlaufen. Die nation-building-Ziele durch die Einrichtung langfristig konzipierter Treuhandfonds statt kurzfristiger Missfinanzierungen sowie die Ausbildung einer staatsloyalen Beamtenschicht (Wimmer/Schetter 2002: 16) müssen folglich ihre Bedeutung behalten, aber einer echten Reform des Sicherheitssektors erst folgen (Wilke 2004: 23). Da die Kabuler Regierung noch zu schwach ist, sind die „Förderung lokaler Institutionen“ (Wilke 2004: 25) und starke zivile PRTs unter großer afghanischer Beteiligung und mit Übernahme staatlicher Aufgaben als oberstes Ziel zu nennen. Entgegen Wilkes Meinung (Wilke 2004: 24) ist allerdings ein Zentralstaat abzulehnen. Die Einbettung in die föderale und die regionale Tradition zusammen mit den Nachbarstaaten entspräche vielmehr der politischen Kultur effektiver afghanischer Herrschaftsgewalt. Der langfristig angelegte Transformationsprozess nach dem eigentlichen state-building muss sich daher an der tatsächlichen politischen Tradition des Landes orientieren. Die althergebrachte Form der staatlichen Legitimation muss der Demokratisierung vorangehen, damit letztere durch ihre „Neuheit“ in der afghanischen Geschichte nicht die Legitimität der Regierung von Beginn an untergräbt. Die Analyse der Prozess- und Strukturfaktoren hat in diesem Sinne gezeigt, dass der Staatszerfall in Afghanistan einerseits nicht als singuläres, kollapsartiges Ereignis betrachtet werden kann und dass andererseits seine Ursachen und Folgen mit Sensibilität für die besonderen Tiefenstrukturen des Landes angegangen werden müssen. Abschließend betrachtet bietet die These des chronischen Problems des staatlichen Versagens damit sowohl ein realistischeres Bild der Lage und somit auch eine bessere Grundlage zur Erarbeitung von Lösungsstrategien. Literatur Auswärtiges Amt 2007: Afghanistan, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laender/Afghanistan.html, zuletzt abgerufen am 23. Juli 2007. Berger, Silvia/Kläy, Dieter/Stahel, Albert 2002: Afghanistan. Ein Land am Scheideweg, Zürich. Chiari, Bernhard 2006a: Zur Sicherheitslage in Afghanistan, in: Chiari, Bernhard (Hrsg.): Afghanistan (= Wegweiser zur Geschichte, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt), Paderborn u.a., 92-99. Chiari, Bernhard 2006b: Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan und die Besatzung von 1979 bis 1989, in: Chiari, Bernhard (Hrsg.): Afghanistan (= Wegweiser zur Geschichte, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt), Paderborn u.a., 50-62. 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