Alt- und Totholzmanagement: Altholzinsel, Habitatsbume und

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Alt- und Totholzmanagement: Altholzinseln, Habitatsbäume und
saproxylische Metapopulationen
Thibault Lachat, Rita Bütler (ETH Lausanne, WSL)
ZUSAMMENFASSUNG
Dieser Bericht leistet einen Beitrag an die Erhaltung der von alten Bäumen und totem Holz abhängigen Arten (saproxylische Arten) in den Schweizer Wäldern. Als Ergänzung zum Konzept der Waldreservate zum Schutz saproxylischer Arten werden hier zwei weitere Konzepte – Biotopbäume und Altholzinseln – behandelt. Diese «stepping stones» verbessern die Habitatsvernetzungen: Biotopbäume dienen als Relais zu den Altholzinseln, während Altholzinseln die Verbindung zu den Reservaten ermöglichen. Das erste Ziel dieses Berichts war eine Bestandesaufnahme der Strategien zur Erhaltung der saproxylischen Arten in der Schweiz und im Ausland. Auf nationaler Ebene wurde ein kurzer Fragebogen an alle kantonalen Behörden versandt. Für die meisten Kantone steht das Konzept der Waldreservate im Mittelpunkt ihrer Förderungsstrategie. Mehr als ein Viertel der Kantone verfügt zudem über ein Konzept zur Schaffung von Altholzinseln. Die Ziele für die Zukunft (Waldreservate und Altholzinseln) beziehen sich im Allgemeinen auf etwa 4 bis 7% der Waldfläche. Die internationalen Beispiele, die aufgrund bibliografischer Recherchen gefunden wurden, führen zwei Arten von Inseln auf: biologische Altholzinseln (îlots de sénescence) und «wirtschaftliche» Altholzinseln (îlots de viellissement). Die biologischen Altholzinseln bleiben ohne jeden Eingriff bis zum Zusammenbruch und zur Zersetzung der Bäume bestehen, während die «wirtschaftlichen» Altholzinseln vor dem natürlichen Absterben der Bäume noch genutzt werden. Ökologisch gesehen sind die biologischen Altholzinseln vorzuziehen. Das zweite Ziel bestand in einer operationellen Definition und der Ausarbeitung von Qualitätskriterien für die beiden Konzepte biologische Altholzinseln und Biotopbäume. Es wurden Inventare der Habitats‐ und Totholzstrukturen in alten Wäldern im Mittelland und im Jura erstellt – zwei Regionen mit grossen Alt‐ und Totholzdefiziten und einem hohen Potenzial für die Erhaltung saproxylischer Arten. Insgesamt wurden 22 Waldflächen in den Kantonen Waadt und Neuenburg ausgewählt, die seit etwa 40 Jahren nicht mehr genutzt werden. Die Beobachtungen auf je vier Probeflächen zeigen Totholzbestände und Habitatsstrukturen, die sich kaum von denen in den Naturwäldern Europas unterscheiden. Für die Biotopbäume stützen sich die Qualitätskriterien auf das Alter, auf den Mindestdurchmesser (60 cm im Mittelland, 70 cm für Nadelholz bzw. 50 cm für Laubholz im Jura) und auf das Vorhandensein von Habitatsstrukturen. Für die biologischen Altholzinseln wurden die Kriterien in fünf Kategorien aufgeteilt: lebende Bäume, Totholz, Habitatsstrukturen, Fläche und Sicherheit. Diese Kriterien dienen den Förstern als Entscheidungshilfe beim Ausscheiden von Biotopbäumen und biologischen Altholzinseln und ermöglichen es, bereits vorhandene Eigenschaften, die der Erhaltung der saproxylischen Arten dienen, zu bewahren oder ein entsprechendes hohes Potenzial zu fördern. Die Altholzinseln können entweder auf Waldflächen ausgeschieden werden, wo bestimmte Kriterien bereits erfüllt sind, oder aber auf Flächen, die sich in nicht allzu langer Zeit zu einer biologischen Altholzinsel entwickeln könnten. Das dritte Ziel bestand darin, mit Hilfe einer Modellierung in den beiden Pilotkantonen Waadt und Jura die Fähigkeit der Reservats‐ und Inselnetzwerke zu testen, Metapopulationen saproxylischer Arten zu erhalten. Vier Arten wurden ausgewählt: Hirschkäfer, Alpenbock, Grauspecht und Mittelspecht. Es zeigte sich, dass es für Arten mit geringer Mobilität wie die Totholzkäfer schwieriger ist zu überleben, als dies für die beweglicheren Spechte der Fall ist. Dies gilt auch in Systemen mit Lachat und Bütler, 2008
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zahlreichen «patches» (biologische Altholzinseln und Reservate). Für die vier untersuchten Arten stellen die grossflächigen «patches» den wichtigsten Stützpfeiler dar. Deshalb ist ein Netz grossflächiger Waldreservate unerlässlich und kann nicht durch kleinflächige biologische Altholzinseln ersetzt werden. In den beiden Kantonen ist die Vernetzung der bestehenden Reservate durch neue Reservate, durch biologische Altholzinseln und durch Biotopbäume anzustreben, um so den Erhalt der saproxylischen Arten zu gewährleisten, für die auch die Qualität des Habitats innerhalb der «patches» entscheidend ist (Vorhandensein von alten Bäumen und Totholz). Die Erhaltung der saproxylischen Arten in den Schweizer Wäldern beruht also auf drei sich ergänzenden Konzepten: Waldreservate, biologische Altholzinseln und Biotopbäume. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass Wälder, die seit mehreren Jahrzehnten nicht genutzt wurden, Totholzbestände und Habitatsstrukturen aufweisen, die sich kaum von denen in den Naturwäldern Europas unterscheiden. Es ist also möglich, die Habitatsbedingungen der saproxylischen Arten zu verbessern, und zwar mit geringen Kosten. Das Studium der Metapopulationen weist darauf hin, dass die räumliche Organisation der Habitate und ihre Grösse bei der Erhaltung der saproxylischen Arten eine wesentliche Rolle spielen. Eine regionale oder gar nationale Planung der Vernetzung der Habitate für die saproxylischen Arten ist demzufolge unumgänglich, wenn die eingeleiteten Massnahmen erfolgreich sein sollen. Lachat und Bütler, 2008
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