Alpkrautinfo Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten (Allgäu) mit Landwirtschaftsschule Alpen-, Jakobs- und Wasserkreuzkraut eine Bedrohung für ganze Viehherden Auf extensiv genutzten Grünlandflächen und auf weniger gepflegten Weiden hat sich das gelb blühende Jakobskreuzkraut oder verwandte Arten in den letzten Jahren ansiedeln können. Diese Pflanze stellt jedoch eine tödliche Gefahr dar. Einer weiteren Zunahme muss daher entgegengewirkt werden (in anderen Ländern z.B. England, Irland, Schweiz ist die Bekämpfung per Gesetz geregelt). Für den eiligen Leser: Kreuzkräuter sind sehr giftig, besonders für Pferde (!) und auch Rinder. Es ist beim Pferd bereits ab 25 kg Frischgewicht tödlich und je nach Körpergewicht ab 40-80 kg beim Rind. Das Gift schädigt die Leber langfristig und ist nicht abbaubar. Auch kleine Mengen summieren sich und führen im Laufe der Zeit zu einer akuten oder chronischen Vergiftung bei den Weidetieren, Heilungschancen gibt es nicht! Schafe und Ziegen sind weniger empfindlich. Auf der Weide wird die frische Pflanze von erfahrenen Tieren verschmäht. Das Gift hält sich in Heu und Silage und ist sogar in Milch und Käse nachzuweisen. Daher sind Kreuzkräuter auf Futterwiesen auszumerzen! Das Mähgut von befallenen Flächen ist zu entfernen, ehe die Pflanzen zur Blüte und Samenreife kommen. Die Pflanze bildet sehr viel Samen, die durch Wind verbreitet werden können. Auch extensiv genutzte Flächen und besonders Pferdeweiden sind unbedingt sorgfältig zu pflegen: Vermeiden von Trittschäden, im Frühjahr abschleppen oder striegeln der Flächen, anschließend nachwalzen. Nachmähen von Geilstellen, regelmäßige Übersaat und Nachsaat mit Grassamen, um Lücken im Bestand zu schließen, ehe sich das Kreuzkraut dort ansiedeln kann. Angepasste Grund- und v. a. Stickstoff-Düngung zur Förderung der wertvollen Gräser. Eine chemische Bekämpfung (s.u.) ist möglich. Weitergehende Informationen: Botanik: Senecio–Arten („Greiskräuter“) gehören zur Familie der Korbblütler. Sie sind 2- bis mehrjährig. Blüten: goldgelb, Zungen- und Röhrenblüten in 15 -20 mm. Bilden viele zig-Tausend Samen. Nicht verwechseln mit Wiesenpippau (hat löwenzahnartige Blätter), Kamillearten oder Kresse. Jacobskreuzkraut Senecio jacobaea 30-100 cm hoch Blütezeit: Juni – August Blätter: fiederteilig, tief ausgeschnitten, gelappt; breite Öhrchen am Blattgrund; zerriebene Blätter stinken. Auch im Tiefland verbreitet. Alpenkreuzkraut Senecio alpinus 30-100 cm, 800 bis 2100 m Seehöhe, nährstoffreiche Böden, hohe Niederschläge, Viehlagerplätze Wasserkreuzkraut Senecio aquaticus 20-40 cm hoch, Blütezeit: Juni bis Herbst, B. oval. Starke Ausbreitung in feuchten, extensiven Wiesen und nach milden Wintern. Zur Giftigkeit: Die Pflanze ist in allen Teilen giftig, bedingt durch Pyrrolizidin-Alkaloide. Die tödliche Dosis liegt bei 20-30g TS je kg Körpergewicht bei Aufnahme innerhalb von drei Wochen (50-200 g bei Aufnahme über mehrere Monate). Schon junge Pflanzen haben hohe Giftkonzentrationen. Die höchsten Gehalte weisen die Blüten auf, weshalb spät geschnittenes Heu besonders problematisch ist. Denn die Alkaloide sind nicht nur in frischen Pflanzen wirksam, sondern auch im Heu und (etwas weniger) in der Silage. Auf der Weide werden Einzelpflanzen gemieden, aber wenn die Pflanzen noch im Rosettenstand sind, nehmen vor allem unerfahrene Jungtiere sie auf. Im Heu und in der Silage wird der Eigengeruch der Pflanze überdeckt, so dass alle Tiere die Pflanzen dann fressen. Vergiftungssymptome: Magen- Darmbeschwerden, Krämpfe, Verwerfen, starke Leberschädigungen (Schweinsberger Krankheit), Leberkrebs. Besonders empfindlich sind Pferde, gefolgt von Rindern - Schafe und Ziegen sind meist weniger empfindlich (Lämmer aber schon!). Bei akuten Vergiftungen tritt der Tod der Weidetiere innerhalb weniger Tage ein, bei chronischer Vergiftung oft erst nach Wochen oder Monaten. Sowohl bei akuter als auch bei chronischer Vergiftung (durch Aufnahme kleinerer Mengen über einen längeren Zeitraum) ist eine Behandlung und Heilung der Tiere aussichtslos. Beim Menschen führte vergiftete Rohmilch zu Unwohlsein, Denkstörungen (Nervenentzündungen) und Schweißausbrüchen. Symptome bei Pferden sind nachlassende Kondition, Futterverweigerung, Kolik, Verstopfung oder blutiger Durchfall, häufiges Gähnen, zielloses Wandern, unkoordinierte Bewegungen, Lecksucht, Lichtempfindlichkeit, Gelbfärbung der Augenlieder, Blindheit, hepatisches Koma, Tod. Symptome bei Rindern: sind reduzierte Milchleistung, Verweigerung von Futter, rapider Gewichtsverlust, struppiges Fell, Lichtempfindlichkeit, abnorm gefüllter Pansen wegen fehlender Pansenmotorik, wässeriger oder blutiger Durchfall, Lethargie (Kopf hängen lassen) oder plötzliche Aufregungszustände, Tod. Befallene Weiden allenfalls kurzzeitig mit erfahrenen Tieren beweiden. Der gemähte Aufwuchs darf nicht verfüttert werden und muss entsorgt werden. Keine Kompostierung, nicht auf den Misthaufen. Am besten verbrennen. Wie vorbeugen und Ursachen beseitigen? Wichtig ist vor allem eine etwas intensivere Nutzung und damit die Förderung einer dichten Grasnarbe. Trittschäden und lückige Bestände sind zu vermeiden. Es darf nicht zur Blüte und Samenreife kommen! Eine intensive Weidepflege ist unverzichtbar: Geilstellen sind regelmäßig nachzuputzen, Mäuse bekämpfen. Besonders auf Pferdeweiden, Tag- und Nachtweiden, bei feuchten Böden, schweren Tieren, Herbstweiden und steilen Hängen wird die Grasnarbe sehr stark beansprucht und ist daher lückig. Bei Regenwetter muss gegebenenfalls eingestallt werden. Um Lücken zu schließen sollte des öfteren eine Übersaat (v. a. bei Wasserkreuzkraut) oder eine Nachsaat mit Qualitätssaatgut erfolgen. Am besten im August, wenn es warm und feucht ist und der Altbestand nicht mehr so stark wächst. Alternativ: Herstellung von Bodenheu (bes. im Alpgebiet). Durch eine ergänzende N-Düngung von 60-80 kg N/ha und Jahr lässt sich der Graswuchs fördern und damit die Kreuzkräuter zurückdrängen. Kalk-, Phosphor- und Kalidüngung erfolgen nach Bodenuntersuchung. Frühjahrsweide mit Schafen kann Kreuzkraut zurückdrängen. Direkte Maßnahmen Einzelne Pflanzen, auch an Wegrändern, sollten vor der Blüte ausgestochen (Ampferstecher, Schäufelchen) oder bei möglichst feuchtem Boden ausgerissen werden (Handschuhe dabei anziehen!) und nicht auf der Fläche liegen bleiben (getrocknet sind sie fürs Vieh wieder schmackhaft). Das Mähen vor der Blüte verhindert zwar das Aussamen. Allerdings treiben die Pflanzen nach Mahd u. U. stärker aus, so dass letztlich eine chemische Bekämpfung unvermeidbar wird. Das Mähgut einer stark befallenen Fläche muss abgefahren und sachgerecht entsorgt werden (Hausmüll, Biogas, Kompostanlage etc.). Chemische Bekämpfung: Sie ist eine Notmaßnahme, welche die Ursachenbekämpfung in einer Anfangsphase ergänzt. In der Regel wird eine Einzelpflanzenbekämpfung ausreichen. Bei einer breitflächigen Verunkrautung, insb. von Wasserkreuzkraut, kann auch eine Flächenbehandlung erforderlich sein. VORSICHT: Feuchtwiesen unterliegen dem Naturschutz – Rücksprache mit Landratsämtern ist in diesem Fall zwingend erforderlich. Die Behandlung erfolgt bei wüchsigem, nicht zu heißem Wetter mit zumeist wuchsstoffhaltigen Mitteln auf gut entwickelten Rosetten, wenn sie ca. 20 cm hoch sind. Am günstigsten ist die Bekämpfung nach dem 1. Schnitt oder nach der ersten Überweidung mit Kühen. Bei starkem Befall sollte man, ehe wieder Tiere aufgetrieben werden, die Fläche mähen und das Mähgut abräumen und vernichten. Wuchsstoffmittel wie U46 M-Fluid oder U46 D-Fluid mit 2,0 l/ha bzw. 100 ml auf 10 l Wasser haben oft nur eine einschläfernde Wirkung. Banvel-M ist mit 6 l/ha gut wirksam (60 ml/10l in der Rückenspritze). Auch das Mittel Simplex besitzt eine sehr gute Nebenwirkung gegen Kreuzkraut. Es ist gegen zweikeimblättrige Unkräuter bei Flächenbekämpfung mit 2,0 l/ha zugelassen. Insbesondere auf Weiden ist eine Einzelpflanzen/Teilflächenbehandlung (mit 0,1 l je 10 l Wasser) grundsätzlich vorzuziehen. Hierfür besitzt das Mittel eine Indikation gegen Ampfer, Ackerkratzdistel und Brennnessel. Vorsicht – das Mittel wird über das Futteraufgenommen und über die Gülle wieder ausgeschieden. Die Wartezeit beträgt zwar nur 1 Woche, eine Wiederbeweidung ist aber erst nach vollständigem Absterben der Unkräuter möglich. Die Anwendung auf Wiesen ist daher seit 2009 erst nach dem letzten Schnitt erlaubt! Sehr gut wirksam ist auch die Bekämpfung mit glyphosathaltigen Mitteln (z.B. Round up und andere): 33%ig im Streichverfahren – sie dürfen nicht gespritzt werden! Weil Klee und Kräuter durch alle genannten Mittel ebenfalls erfasst werden, sollten sie im Alpgebiet nur mit Vorsicht gebraucht werden. Auf jeden Fall sollte eine Nachsaat mit Grassamen (BQS-Mischung D 2-N oder in weidelgrasfähigen Lagen W-N „D“) erfolgen, um die durch die Spritzung entstandenen Lücken schnell zu schließen. Nicht vergessen: ab 2008 besteht Dokumentationspflicht beim chemischen Pflanzenschutz! Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an das örtliche Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Erstellt von Dr. Michael Honisch, SG L2.7 Alpwirtschaft