1 Tutorial-Kurs ACII (08./09. August 06): Lösungen I 1.1 Symmetrie a) Das einfachste Merkschema für die Kristallsysteme und ihre SymmetrieRestriktionen sollte man immer auswendig verfügbar haben: System Gitterkonstanten-Restr. Winkel-Restr. triklin monoklin orthorhombisch tetragonal trigonal, hexagonal kubisch keine keine keine a=b a=b a=b=c keine α = γ = 90° α = β = γ = 90° α = β = γ = 90° α = β = 90°, γ = 120° α = β = γ = 90° Im trigonalen System kann man noch den rhomboedrischen unterscheiden, der eine alternative Aufstellung darstellt: rhomboedrisch a=b=c Sonderfall α = β = γ ≠ 90° Diese Zellen kann man sich als Streckung oder Stauchung eines Würfels entlang der Raumdiagonalen vorstellen. Die Wahlmöglichkeit zwischen trigonal und rhomboedrisch führt direkt zur Aufgabe c). b) Es gibt 14 Bravais-Gitter (Details s. Script) und 230 Raumgruppen. Bei den Raumgruppen gibt es durchaus grosse Unterschiede in ihrer kristallographischen Realisation: während einige von ihnen bis heute noch nicht in einem Kristall beobachtet wurden, treten andere sehr häufig auf (z.B. bei monoklinen und triklinen organischen Verbindungen). c) Für die Wahl der Elementarzelle gilt: (1) Sie muss die höchstmögliche Symmetrie aufweisen. (2) Der Nullpunkt sollte in einem Symmetriezentrum liegen. (3) Wenn man die Wahl zwischen Kristallsystemen hat, dann sind grössere, zentrierte Zellen aus einem höhersymmetrischen Kristallsystem vorzuziehen. d) Ein „monoklin innenzentriertes“ Gitter entspricht nicht den Bravais-Konventionen und sollte daher alternativ immer als monoklin C-zentriert formuliert werden. 1.2 Dichteste Kugelpackungen a) Ist jede Zwischenschicht wie angegeben besetzt, ergeben sich folgende Stöchiometrien: AX3 AX2 A2X3 b) Ist nur jede zweite Zwischenschicht besetzt, so gilt: AX6 AX4 AX3 2 1.3 Projektionen Entsprechend zur Aufgabe 1.2 kann man den NaCl-Typ als kubisch-dichteste Packung bezeichnen, in der alle Oktaederlücken gefüllt sind. Entsprechend sind beim NiAs-Typ alle Oktaederlücken der hexagonal-dichtesten Packung aufgefüllt. Im folgenden eine Projektion des NaCl-Typs: b) Die folgende Tabelle von Grenzradien und Koordinationen sollte man sich merken: rM/rX Koord.-zahl und –polyeder Strukturtyp > 0.732 0.414 bis 0.732 < 0.414 8 6 4 CsCl NaCl ZnS (Sphalerit) 1.4 Würfel Oktaeder Tetraeder Stabilität von Kristallstrukturen • Im „Stammbaum“ der Tetraederstrukturen (s. Script) wird deutlich, wie SiS2 und PbO durch „Ausdünnen“ des CaF2-Typs entstehen. Als Folge davon liegen in beiden Strukturen Ketten bzw. Schichten kantenverknüpfter Tetraeder vor. Im Gegensatz dazu basieren die Silicate auf eckenverknüpften Tetraedern als Strukturmotiv. • Allgemein nimmt bei Polyederverbünden von der Ecken- über die Kanten- zur Flächenverknüpfung die elektrostatische Abstossung zu und die strukturelle Flexibilität ab. • Daher bevorzugt die Fülle der natürlich auftretenden Silicate eindeutig die Verknüpfung von Tetraedern über Ecken, um die vielen auftretenden Fremdionen problemlos einbauen zu können. 3 1.5 Strukturbeziehungen a) Um das Prinzip zu verdeutlichen, zeichnet man am besten in räumlicher Darstellung eine Elementarzelle des Perowskites und konstruiert daraus einen achtfachen „Superwürfel“ (allgemein eine Methode, um Überstrukturen zu veranschaulichen). Sind in dieser vergrösserten Elementarzelle einige Lagen systematisch leer oder durch andere Ionen substituiert, dann liegen echte Überstrukturen vor. Im folgenden einige Beispiele (nur zur Veranschaulichung): b) Die YBa2Cu3O7-x Hochtemperatur-Supraleiter sind Perowskite mit Kupferatomen in den oktaedrischen Positionen und einem Sauerstoffdefizit. Das Auftreten der Supraleitfähigkeit hängt dabei entscheidend vom Sauerstoffgehalt ab. Etwa 7/9 der Sauerstoffpositionen bleiben unbesetzt, so dass die Kupferatome quadratisch-pyramidal und quadratisch-planar koordiniert sind. 4 1.6 Struktur und Bindung In der kubisch-innenzentrierten Packung sind die sechs übernächsten Nachbarn nur unwesentlich weiter entfernt als die acht nächsten Nachbarn, so dass die Koordinationszahl des betrachteten Zentralatoms mit 6 + 8 = 14 angegeben werden kann: Die genaue Abstandsdifferenz kann man mit folgendem Ansatz berechnen: Der Abstand zweier M-Atome entlang der Zellkante ist 2rM. Entsprechend ist der Abstand zwischen einem Atom in der Mitte der Zelle und einem auf der Ecke 31/3rM. Der Abstand zwischen Atomen benachbarter Elementarzellen ist 2rM. Also ist jedes Atom von acht Nachbarn im Abstand an den Zellecken im Abstand von 31/3rM und sechs weiteren in den Mitten der angrenzenden Würfel umgeben (Abstand 2rM). Nun kann man die Abstandsdifferenz wie folgt berechnen: 100 × (2rM – 31/3rM)/(31/3rM) = 15.5% 1.7 Bindungsenergien a) Die Gitterenergie wird gemäss dem Born-Haber-Kreisprozess (s. Script) wie folgt berechnet: UG = (89 + 425 + 122 – 355 + 438) kJ mol-1 = +719 kJ mol-1 Dieser Wert stimmt recht gut mit der experimentell ermittelten Gitterenergie überein – wie für eine hauptsächlich ionische Verbindung zu erwarten. b) (1) Die C=O Doppelbindung ist stark, da die Elemente in der gleichen Periode stehen und somit eine starke pπ-pπ Wechselwirkung eingehen. Diese ist schwächer für die Si=O Bindung, da die Elemente in verschiedenen Perioden stehen. Dafür ermöglicht jedoch das energetisch niedrig liegende d-Orbital am Silicium eine stabilisierende pπ-dπ Wechselwirkung bei der Si-O Bindung, die bei der C-O Bindung nicht möglich ist. (2) Die N-N Bindung ist schwächer, da die freien Elektronenpaare am Stickstoff die Bindung destabilisieren. 1.8 a) D2h Symmetrie von Molekülen b) C2v c) Cs d) C2