Möglichkeiten der Fernerkundung zur Kartierung der Landbedeckung Werner Schneider Institut für Vermessung, Fernerkundung und Landinformation Universität für Bodenkultur Wien 1 Landbedeckung und Landnutzung Unter Landbedeckung versteht man die Art und die Ausstattung der Geländeoberfläche, den biophysikalischen Ist-Zustand der Geländeoberfläche. Der Begriff Landbedeckung im engeren Sinn wird bisweilen für die Vegetationsdecke alleine gebraucht. Meist schließt man aber in die Landbedeckung auch andere Objekte auf der Geländeoberfläche ein, wie etwa Gebäude, Verkehrsbauwerke, aber auch Gewässer usw. Eng mit der Landbedeckung zusammenhängend, aber begrifflich doch scharf davon zu unterscheiden, ist die Landnutzung. Die Landnutzung bezeichnet die Funktion der Geländeoberfläche in der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Nutzung. Typische Landnutzungskategorien sind etwa Siedlungsgebiet, Industriegebiet, Bauland, Wald, dieser vielleicht weiter unterteilt in Erholungswald, Schutzwald, aber auch Forststraßen, Lichtungen usw. Während die Landbedeckung im Prinzip allein aus Fernerkundungsbilddaten abzuleiten ist, benötigt man für die Landnutzung Zusatzinformation. Diese kann aus A-priori-Wissen (Expertenwissen) bestehen, das zum Beispiel erlaubt, aus der räumlichen Anordnung der Landbedeckung auf die Landnutzung zu schließen. So wird man z.B. einer Lichtung im Wald, die die Landbedeckung Grasvegetation hat, die Landnutzung Wald zuschreiben können, weil sie nach der Gesetzeslage die Nutzung Wald hat und eben nur temporär nicht bestockt ist. Weiters können auch Elemente der Planung und der administrativen und gesetzlichen Widmung einfließen, um von der Landbedeckung zur Landnutzung zu kommen. Die Fernerkundung allein liefert also die Landbedeckung, nur in besonderen Fällen gleichzeitig auch die Landnutzung. Fernerkundung Expertenwissen Landbedeckung Planungsdaten, Widmungsdaten Landnutzung Abb. 1: Informationsquellen für Landbedeckung und Landnutzung In der Praxis sind Landbedeckung und Landnutzung nicht so scharf voneinander zu trennen. Die meisten Datensätze enthalten sowohl Elemente der Landbedeckung als auch der Landnutzung. -9- Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL Möglichkeiten der Fernerkundung zur Kartierung der Landbedeckung 2 Kategorien der Landbedeckung und der Landnutzung Es gibt viele Klassifikationssysteme für die Landbedeckung und die Landnutzung. Die Systeme sind üblicherweise hierarchisch in mehrere Ebenen mit unterschiedlichen Graden der Detaillierung gegliedert. Eines der ersten Landnutzungs-Klassifikationssysteme, das im Hinblick auf eine Datengewinnung mit Satellitenfernerkundung aufgestellt worden ist und das bis heute eine gewisse Vorbildfunktion hat, ist das System des USGS (US Geological Survey) (Anderson, 1976). Es ist ein klassisches hierarchisches System, bei dem die einzelnen Ebenen in Abstimmung auf konkrete Fernerkundungsmethoden der Datenerfassung festgelegt sind. Dieses System unterscheidet 4 Ebenen. Eine Kartierung auf der obersten, gröbsten Ebene kann z.B. aus Landsat-Satellitenbildern abgeleitet werden. Die anderen 3 Ebenen sind aus Luftbildern unterschiedlichen Bildmaßstabs interpretiert. Abb. 2 listet die Datenquellen der 4 Ebenen und gibt die 9 Kategorien der obersten Ebene sowie Beispiele von Unterteilungen auf den beiden tieferen Ebenen an. 4 levels with different scales and data sources: I II III IV LANDSAT type of data High-altitude data taken at 12.400 m or above (less than 1:80.000 scale) Medium-altitude data taken between 3.100 and 12.400 m (1:20.000 to 1:80.000 scale) High-altitude data taken at 12.400 m or above (less than 1:80.000 scale) Level I Level II Level III 1 Urban or Built-up Land 2 Agricultural Land 3 Rangeland 4 Forest Land 5 Water 6 Wetland 7 Barren Land 8 Tundra 9 Perennial Snow or Ice 11 Residential 12 Commercial and Services 13 Industrial 14 Transportation, Communications, and Utilities 15 Industrial and Commercial Complexes 16 Mixed Urban or Built-up Land 17 Other Urban or Built-up Land 111 Single-family Units 112 Multi-family Units 113 Group Quarters 114 Residential Hotels 115 Mobile Home Parks 116 Transient Lodging 117 Other Abb.2: USGS Land Use and Land Cover Classification System (Anderson, 1976) Andere Klassifikationssysteme kommen in den diversen Beiträgen zu diesem Workshop zur Sprache. 3 Räumliche und zeitliche Aspekte der Landbedeckungskartierung Ein Datensatz über die Landbedeckung hat nicht nur eine thematische Komponente, die mit den Kategorien der Landbedeckung gegeben ist, sondern auch eine räumliche Komponente. Im Hinblick auf den räumlichen Aspekt gibt es die beiden Möglichkeiten einer flächendeckenden Kartierung und einer Stichprobenerhebung. Um die Vor- und Nachteile von Flächenauswertungen und von Stichprobenverfahren gegenüberstellen zu können, sind einerseits die thematische Auflösung und anderseits die räumliche Auflösung des Resultats zu betrachten (Abb. 3): Die thematische Auflösung ist durch die Feinheit (Anzahl und Inhalt) - 10 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL W. Schneider der Kategorien gegeben, die man unterscheiden will. Level I im USGS-System mit nur 9 Kategorien hat eine geringe thematische Auflösung, die Levels II bis IV haben zunehmend höhere thematische Auflösungen. Die räumliche Auflösung des Resultats ist durch die Größe der Flächeneinheiten definiert, für die man gesicherte Angaben über die Kategorien machen kann (Flächenbilanzen). flächendeckende Kartierung Stichprobenerhebung Gebietsgröße thematische Auflösung der Klassifizierung geometrische Auflösung des Resultats groß gering hoch klein hoch hoch groß hoch gering klein hoch gering Abb. 3: Wahl der Auswertemethode in Abhängigkeit von Gebietsgröße und Informationsbedarf Gemäß Abb. 3 ist die Auswertemethode je nach Situation und je nach Informationsbedarf zu wählen. Man kann also eine hohe thematische Auflösung der Klassifizierung fordern, d.h. viele Kategorien unterscheiden wollen, das Ergebnis aber nur in sehr grober räumlicher Auflösung brauchen. Ein Beispiel dafür ist die österreichische Waldinventur, wo man für ein großes Gebiet, für das gesamte österreichische Bundesgebiet, sehr detaillierte Angaben über den Wald erhält, aber nicht für einzelne Bestände, sondern bestenfalls für einzelne Bezirke, im allgemeinen mit hinreichender statistischer Absicherung aber nur auf Bundesländer-Ebene oder darüber. Der umgekehrte Fall ist eine grobe thematische Einteilung mit einer sehr feinen geometrischen Auflösung des Resultats: Ein Beispiel dazu ist eine einfache Waldmaske, nur mit den Kategorien Wald - Nichtwald, aber mit einer kleinsten Kartiereinheit etwa von ½ Hektar oder darunter. Ein anderer Unterschied zwischen Flächenerhebung und Stichprobenerhebung liegt in der Subjektivität bzw. Objektivität des Resultats. Eine Flächenkartierung ist in jedem Fall subjektiv, weil Grenzen gezogen werden müssen und zu generalisieren ist. Demgegenüber ist bei einem Stichprobeverfahren die Feststellung der Landbedeckung an Rasterpunkten weitgehend nachvollziehbar und objektiv. Natürlich ist auch der Aufwand bei einem Stichprobenverfahren geringer, was vor allem bei visueller Interpretation ins Gewicht fällt. Eine Stichprobenerhebung liefert aber bei realistischer Rasterweite kein Resultat in geometrisch feinem Maßstab. Bei der Gewinnung von Landbedeckungsinformation darf man auch die Zeitkoordinate nicht außer Acht lassen. Die Zeit kann in zweierlei Hinsicht von Bedeutung sein: Einerseits ist man oft an der Änderung der Landbedeckung interessiert (Stichwort: Landschaftswandel). Entsprechende Aufgabenstellungen, für die solche Informationen wichtig sind, sind etwa das Monitoring der Biodiversität, Grundlagendaten für Kohlenstoffbilanzen und ähnliches. Zweitens sind aber manche Kategorien der Landnutzung dadurch definiert, dass eine bestimmte zeitliche Abfolge der Landbedeckung gegeben ist. Man braucht also schon allein aus diesem Grund die zeitliche Entwicklung der Landbedeckung. Ein Beispiel dafür sind die Landnutzungskategorien Intensivgrünland und Extensivgrünland. Die - 11 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL Möglichkeiten der Fernerkundung zur Kartierung der Landbedeckung Unterscheidung hängt von der Zahl der Schnitte ab, kann also aus der zeitlichen BiomassendichteEntwicklung abgeleitet werden. hohe räuml. Auflösung (feiner Maßstab) des Resultats geringe räuml. Auflösung (grober Maßstab) des Resultats flächendeckende Kartierung subjektiv subjektiv Stichprobenerhebung keine Aussage objektiv Abb. 4: Subjektivität/Objektivität von flächendeckender Kartierung und Stichprobenerhebung Bei der Ableitung von Landbedeckungskategorien aus Fernerkundungsbilddaten tritt bisweilen auch der Fall auf, dass die interessierenden Kategorien auf der Basis spektraler und räumlich-struktureller Merkmale aus den Bildern eines Aufnahmezeitpunktes allein nicht mit hinreichender Sicherheit zu trennen sind. In diesem Fall können multisaisonale Bilddatensätze die benötigte Information geben (Beispiel: kombinierte Auswertung von Frühjahrsbildern und Spätsommerbildern zur Unterscheidung von Halmfrucht und Hackfrucht auf Grund der unterschiedlichen Biomassendichte-Entwicklung). 4 Satellitensensoren für die Kartierung der Landbedeckung 4.1 Formen der Auflösung Die Eignung von Satellitensystemen für spezielle Anwendungen kann mit den folgenden Arten von Auflösung charakterisiert werden: a) Die räumliche Auflösung wird durch die Größe eines Bildelements am Boden charakterisiert und gibt damit ungefähr auch die Größe der Details an, die man auf den Bildern noch erkennen kann. Die räumliche Auflösung bestimmt bei Landbedeckungskartierungen • die kleinste Kartiereinheit und damit den Maßstab: Bei multispektralen Bilddaten, bei denen spektrale Merkmale die Kategorien wesentlich charakterisieren, kann die kleinste Kartiereinheit etwa durch die Flächengröße von 5 bis 10 Bildelementen angenommen werden. • die unterscheidbaren Kategorien, sofern diese durch räumlich-strukturelle Merkmale (Texturmerkmale, Gestaltmerkmale) gekennzeichnet sind: Beispiele dafür sind etwa Weingärten, Obstplantagen, Wald mit geringer Bestockung, Flächen mit Strukturelementen wie Windschutzgürtel, Hecken usw. b) Die spektrale Auflösung gibt die Anzahl und die Breite der Spektralbereiche an, in denen die Strahlung von den Sensoren erfasst wird. Sie sagt damit etwas aus über die Unterscheidbarkeit der Stoffe der Oberflächen. Typischerweise können Flächen mit unterschiedlicher Biomassendichte dann differenziert werden, wenn neben sichtbarem Licht auch das nahe Infrarot erfasst wird. Das mittlere Infrarot enthält zusätzlich Information über den Wassergehalt der Oberflächen und erhöht damit die Zahl unterscheidbarer Kategorien weiter. - 12 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL W. Schneider c) Die zeitliche Auflösung gibt die Häufigkeit und den zeitlichen Abstand von Fernerkundungsaufnahmen oder, anders ausgedrückt, die Flexibilität in der Wahl der Aufnahmezeitpunkte an. Die zeitliche Auflösung ist wichtig, damit man die Bilddaten zu phänologisch günstigen Zeitpunkten aufnehmen und auch multisaisonale Datensätze erfassen kann. Man kann die für Landbedeckungskartierungen interessanten Erdbeobachtungssensoren nach diesen Auflösungskriterien in drei Gruppen zusammenfassen, die im folgenden mit jeweils einem typischen Repräsentanten vorgestellt werden. 4.2 Räumlich höchstauflösende Sensoren Als Beispiel eines räumlich höchstauflösenden Satellitensensors wird IKONOS (SPACE IMAGING) angeführt. Die räumliche Auflösung ist durch eine Bildelementgröße von 80 cm für panchromatische, also Schwarz-Weiß-Bilder, und von 3,2 m für Multispektralbilder gegeben. Diese Multispektralbilder erfassen 4 Bänder im Bereich des sichtbaren Lichts und des nahen Infrarots. Die spektrale Auflösung ist also vergleichsweise bescheiden. Durch eine steuerbare Blickrichtung wird eine hohe Flexibilität der Aufnahmeplanung erreicht – jeder Punkt der Erdoberfläche kann etwa alle 3 Tage aufgenommen werden. Die temporale Auflösung ist also ebenfalls hoch. Andere Sensoren mit ganz ähnlichen Eigenschaften sind Quickbird und OrbView. Wenn man bedenkt, dass Luftbilder für Interpretationszwecke heute meist in Form von Orthofotos im Maßstab 1 : 10.000 eingesetzt werden, die digital mit 50 cm Pixelgröße geliefert werden, so sieht man, dass diese neuen Satellitensensoren eine räumliche Auflösung haben, die mit jener von Luftbildern vergleichbar ist. Diese Satellitenbilder können daher oft alternativ zu Luftbildern verwendet werden. Ihr besonderer Vorteil liegt darin, dass sie in allen Gebieten der Erde verfügbar sind, insbesondere auch in Entwicklungsländern, in denen Luftbildaufnahmen nicht möglich sind oder unrealistisch hohe Kosten verursachen. In Europa sind solche Satellitenbilder allerdings teurer als Luftbilder. Ihre Verbreitung ist dementsprechend gering. Am Institut für Vermessung, Fernerkundung und Landinformation wurden und werden diese höchstauflösenden Satellitenbilder in Projekten in außereuropäischen Ländern eingesetzt, z.B. in Costa Rica und in Äthiopien. 4.3 Sensoren vom Typ LANDSAT LANDSAT-TM-Bilddaten haben eine weite Verbreitung. Die Bildelementgröße am Boden ist 30 m multispektral und 15 m panchromatisch. Die räumliche Auflösung liegt damit im mittleren Bereich. Es gibt 7 Spektralkanäle vom sichtbaren Licht bis zum thermischen Infrarot. Die spektrale Auflösung kann damit ebenfalls als mittel charakterisiert werden. Auch die zeitliche Auflösung ist mit einem Wiederholungszyklus von 16 Tagen im mittleren Bereich. Die großen Vorteile von LANDSAT-TM-Bilddaten sind neben den interessanten technischen Eigenschaften die Verfügbarkeit über alle Gebiete der Erde seit 1984 und insbesondere der günstige Preis. Allerdings hat der aktuelle Sensor dieses Typs, Landsat 7 ETM+, seit Ende Mai 2003 einen irreparablen Defekt und liefert nur mehr Bilder mit stark eingeschränkter Brauchbarkeit (USGS Landsat Project). Andere Sensoren dieser Gruppe mit vergleichbaren Eigenschaften, die als „Ersatz“ für LANDSAT TM gesehen werden können, sind SPOT (SPOTIMAGE Technical Information), IRS LISS (NRSA), sowie ASTER (NASA: Terra: ASTER). Mit Satellitenbildern dieses Typs kann man typischerweise 10 bis 15 Landbedeckungskategorien unterscheiden, darunter etwa 3 bis 5 Waldkategorien. - 13 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL Möglichkeiten der Fernerkundung zur Kartierung der Landbedeckung 4.4 Zeitlich hochauflösende Sensoren Als Repräsentant einer dritten Gruppe von Fernerkundungssensoren sei der Sensor MODIS auf dem amerikanischen Terra-Satelliten angeführt (NASA: Terra: MODIS). MODIS nimmt etwa alle 2 Tage jeden Punkt der Erde bei einer brauchbaren Blickrichtung auf und hat 36 Spektralbänder, teilweise mit einer ausgezeichneten spektralen Auflösung von 10nm Bandbreite. Die Pixelgröße ist allerdings nur 1km, in einigen Bändern 500m, und in 2 Bändern auch 250m. Seit dem Sommer 2002 gibt es ein zweites, baugleiches Exemplar von MODIS auf einem Satelliten namens Aqua, sodass die zeitliche Auflösung noch zusätzlich erhöht ist. MODIS-Daten sind sehr kostengünstig oder gratis zu beziehen bzw. können direkt aus dem Internet heruntergeladen werden. Es gibt auch eine Reihe von Datenprodukten mit globaler Abdeckung, die von MODIS abgeleitet sind. Darunter befindet sich das Produkt „MODIS Landcover“, das vierteljährlich die globale Landbedeckung in 17 Kategorien (IGBP-DIS: International Geosphere-Biosphere Programme Data and Information System) mit 1km Pixelgröße beschreibt (Friedl et al., 2002). Zusätzlich wird jährlich die Landbedeckungs-Veränderung angegeben. Andere Sensoren mit ähnlichen Eigenschaften sind seit vielen Jahren auf den Satelliten der NOAASerie im Umlauf (AVHRR – Advanced Very High Resolution Radiometer). Damit wird täglich der gesamte Globus mit einer Pixelgröße von 1 km, allerdings nur in 5 Spektralbereichen, aufgenommen. 4.5 Vergleich der Fernerkundungssensoren Satellitenbilder räumliche vom Typ Auflösung spektrale Auflösung zeitliche Auflösung Kosten IKONOS hoch niedrig hoch hoch LANDSAT mittel mittel mittel niedrig bis mittel MODIS niedrig mittel bis hoch hoch niedrig Eignung für Landbedeckungskartierung kleine Gebiete, feiner Maßstab, detaillierte Kategorien, die insbesondere durch Strukturmerkmale definiert sind mittlere bis große Gebiete, Standardkategorien, die insbesondere durch die Vegetationsdichte definiert sind große Gebiete, grober Maßstab, Kategorien, die insbesondere durch die Phänologie definiert sind Abb.5: Vor- und Nachteile der einzelnen Gruppen von Fernerkundungssensoren und ihre Eignung für Landbedeckungskartierungen Vergleicht man die drei genannten Gruppen von Sensoren an Hand der angeführten Eigenschaften und nimmt auch die Kosten als Vergleichskriterium dazu, dann ergeben sich die in Abb. 5 zusammengestellten Vor- und Nachteile. Unter Beachtung der in Kapitel 4.1 gegebenen Hinweise folgt daraus die Eignung dieser Sensoren zur Kartierung der Landbedeckung. 5 Auswertung der Fernerkundungsbilddaten Die Auswertung der Fernerkundungsbilder zur Herstellung von thematischen Karten der Landbedeckung (Campbell, 2002) kann durch visuelle Interpretation oder durch automatische - 14 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL W. Schneider Klassifizierung erfolgen. Bei visueller Interpretation sind insofern feiner abgestufte Landbedeckungskategorien zu erfassen, als komplexes Expertenwissen in die Auswertung eingebracht werden kann und die besonderen Fähigkeiten des visuellen Wahrnehmungssystems bei der Erkennung komplizierter Bildstrukturen ausgenützt werden können. Die visuelle Interpretation ist besonders für kleinere Projekte geeignet, da der Aufwand für Planung und Implementierung des Auswerteverfahrens gering, jener für die eigentliche Auswertung aber groß ist. Die Vorteile der automatischen, digitalen Klassifizierung liegen demgegenüber in der Wirtschaftlichkeit (bei großen Projekten) sowie in der Homogenität, Objektivität und Nachvollziehbarkeit des Resultats. Die automatische Klassifizierung kann pixelweise oder segmentweise erfolgen. Segmentweises Arbeiten setzt einen der Klassifizierung vorausgehenden Segmentierungsprozess voraus, der Gruppen von benachbarten Pixeln nach gewissen Homogenitätskriterien zu Segmenten („Bildobjekten“) zusammenfasst, die eine Bedeutung im Gelände haben („Landschaftselemente“ darstellen). Das Problem der Segmentierung von Fernerkundungsbildern ist im Hinblick auf diese Forderung der realen Bedeutung der Segmente noch nicht zufriedenstellend gelöst (Baatz, Schäpe, 2000). Vorteile der segmentweisen Klassifizierung liegen vor allem in der Möglichkeit, Gestaltmerkmale der Segmente (z.B. eine vorherrschende rechteckige Form von landwirtschaftlichen Feldern) für die Klassifizierung auszunützen. Eine weitere Unterscheidung ist mit wissensbasierter Klassifizierung einerseits und statistischer Klassifizierung anderseits gegeben. Wissensbasierte Klassifizierung beruht auf Expertenwissen über die biophysikalischen Eigenschaften der Landbedeckungskategorien und über den Vorgang der Bildaufnahme und modelliert diesen Zusammenhang von Landbedeckung und Fernerkundungssignatur physikalisch. Demgegenüber modelliert die statistische Klassifizierung diesen Zusammenhang rein statistisch unter Verwendung von „Trainingsflächen“ bekannter Landbedeckung. Mit der statistischen Klassifizierung sind im Prinzip verlässlichere und thematisch feiner abgestufte Landbedeckungskartierungen möglich, wenn entsprechende repräsentative Trainingsdaten vorliegen – was allerdings nur schwer und mit hohem Aufwand zu erreichen ist. Es gibt keinen Sensor, der für alle Formen der Auflösung günstige Werte hat. Einen solchen Sensor wird es auch in Zukunft nicht geben, da man dabei an physikalische Grenzen stößt. Man muss also, wenn man hohe Auflösung in verschiedenen Dimensionen braucht, Daten verschiedener Sensoren kombinieren. „Image Information Fusion“ (Schneider, Bartl, 1997) ist dementsprechend eine Schlüsselmethode für Landbedeckungskartierungen aus Fernerkundungsdaten. Besonders interessant, weil leistungsstark, ist die objektbasierte Fusion, die mit Bildsegmenten arbeitet. Damit kann man z.B. die Vorteile räumlich hochauflösender panchromatischer IKONOS-Bilddaten mit solchen von multispektralen LANDSAT-Bilddaten kombinieren: Das IKONOS-Bild wird segmentiert, und die Multispektralinformation aus dem LANDSAT-Bild wird in diese mit hohem geometrischen Detail gegebenen Ikonos-Segmente abgefüllt. 6 Informationsparadigmawechsel Man geht vielfach von der Zielvorstellung aus, dass man möglichst umfassende Datensammlungen (Geodatenbanken) u.a. mit Landbedeckungsinformation anlegen sollte, aus denen dann Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung ihren Informationsbedarf decken. - 15 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL Möglichkeiten der Fernerkundung zur Kartierung der Landbedeckung Wie in vielen Bereichen der Technik zeichnen sich auch in der Geoinformatik Wandlungsprozesse ab. Einer dieser Wandlungsprozesse könnte als „Informationsparadigmawechsel“ bezeichnet werden. Er besteht vor allem darin, dass man die neuen Techniken wirklich voll ausnützt, d.h. dass man nicht nur die alten Abläufe mit den neuen Techniken schneller und effektiver implementiert und realisiert, sondern auch die Abläufe selbst entsprechend den neuen Möglichkeiten neu konzipiert. Angewendet auf den Fall der Landbedeckungsdaten könnte das etwa folgendes heißen: Während bisher Fernerkundungsspezialisten aus den Original-Fernerkundungsdaten Landbedeckungsdatensätze herstellen und man bestrebt ist, möglichst vollständige und umfassende Datensammlungen anzulegen, könnte das grundlegende Ablaufmuster in Zukunft so aussehen, dass die Spezialisten nicht Datensätze erzeugen, sondern vielmehr Methoden zusammenstellen und in Methodendatenbanken niederlegen. Die Anwender greifen dann einerseits auf die Original-Fernerkundungsbilder, anderseits auf die Methodendatenbank zu und erzeugen sich die Landbedeckungsdaten nach ihren konkreten Spezifikationen selbst. Man kann eine gewisse Ähnlichkeit zu der Art und Weise erkennen, wie heute schon Web-Pages in Echtzeit erzeugt werden: Es wird auf Datenbanken zugegriffen, und daraus werden Webseiten nach den Anforderungen der Benutzer zusammengestellt, die in dieser Form nicht vorgefertigt sind. Entwicklungen in diese Richtung können insbesondere auch auf der heute international forcierten „Grid Technology“ basieren (Berman et al., 2003). Die Datenverfügbarkeit und vor allem die Aktualität der bereitstehenden Daten kann damit im Prinzip dramatisch erhöht werden. Allerdings ergeben sich auch Probleme, die noch nicht ansatzweise gelöst sind – etwa im Hinblick auf Definition und Kontrolle der (thematischen) Datenqualität. - 16 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL W. Schneider Literatur und Web-Information ANDERSON, James R., et al. (1976): A Land Use and Land Cover Classification System for Use with Remote Sensor Data. Geological Survey Professional Paper. 28 pages. Geological Survey Professional Paper 964. United States Government Printing Office, Washington BAATZ, M., SCHÄPE, A. (2000): Multiresolution segmentation – an optimization approach for high quality multiscale image segmentation. In Strobl, Blaschke & Greisebener (Edts): Angewandte Geographische Informationsverarbeitung XI. Beiträge zum AGIT-Symposium Salzburg 1999. Karlsruhe. Herbert Wichmann Verlag. BERMAN, F., FOX, G., HEY, T. (Eds.) (2003): Grid Computing: Making the Global Infrastructure a Reality. Wiley. CAMPBELL, James B. (2002): Introduction to Remote Sensing. Taylor & Francis. FRIEDL, M. A., et al. (2002): Global land cover mapping from MODIS: algorithms and early results. Remote Sensing of Environment 83 (2002) 287 – 302. NASA: Terra: ASTER. Available at: http://terra.nasa.gov/About/ASTER/about_aster.html (Feb. 2004) NASA: Terra: MODIS. Available at: http://terra.nasa.gov/About/MODIS/about_modis.html (Feb. 2004) NRSA National Remote Sensing Agency, India. Available at: http://www.nrsa.gov.in/engnrsa/satellites/satellites.html (Feb. 2004) SCHNEIDER, W., BARTL, R. (1997): Image information fusion in remote sensing: Towards a framework and a consistent terminology. In: Proc. Expert meeting on satellite data fusion techniques for forest and land use assessment, 8./9. Dez. 1997, Freiburg, Germany, p.16-25. SPACE IMAGING: Products: Imagery: IKONOS. Available at: http://www.spaceimaging.com/products/ikonos/index.htm (Feb. 2004) SPOTIMAGE Technical Information: Available at: http://www.spotimage.fr/html/_167_224_229_.php (Feb. 2004) USGS Landsat Project: Data Products: SLC-off Data Products. Available at: http://landsat7.usgs.gov/slc_off.html (Feb. 2004) - 17 - Workshop "Geodaten zur Landbedeckung in Österreich" - 05.12.2003 - BOKU - IVFL