Michael Wiescher Die Polizeikaserne am Lichtenplatz. Ein Spiegelbild deutscher Polizeigeschichte Am Lichtscheid, dem mit 350 m höchsten Punkt im Stadtgebiet von Wuppertal, wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Kasernenanlage für die preußische Schutzpolizei errichtet. Die Polizeiunterkunft1 an der Oberen Lichtenplatzer Straße hat seit ihrer Einweihung 1926 zunächst der kasernierten Schutzpolizei und der 1935 daraus entstandenen Landespolizei und Wehrmacht als Unterkunft gedient. Nach einem mehrjährigen Intermezzo als Notlager wurde die Anlage 1951 zur Unterkunfts- und Ausbildungsstätte der nordrhein-westfälischen Landes- und Bereitschaftspolizei erweitert. In den letzten Jahrzehnten ihres Bestehens war die Kaserne mit zwei Einsatzhundertschaften, einer technischen Hundertschaft und der Diensthundeführerstaffel der Bereitschaftspolizei belegt. Neben den Unterkunfts- und Ausbildungsgebäuden existieren auf dem Kasernengelände Werkstätten für Polizeifahrzeuge, Lager für Funkausrüstung und Waffen sowie die Fortbildungsstelle der Polizei mitsamt Sportanlagen und einem Schießstand. In den letzten Jahrzehnten gab es erhebliche bauliche Veränderungen. Mehrere der alten Kasernengebäude wurden zum Teil wegen Baufälligkeit abgerissen und durch moderne Unterkünfte ersetzt. Trotzdem sind die meisten Gebäude viel zu groß und wegen der jährlich anfallenden Instandsetzungskosten zu teuer. Deshalb bestehen seit langem Pläne für einen Neubau der Polizeianlage. Schon heute wird die Kaserne nur noch zum Teil benutzt. Die verbleibenden Polizeieinheiten sollen auf das Gelände der ehemaligen Diedenhofen-Kaserne an der Parkstraße in Ronsdorf verlegt werden. Das bevorstehende Verschwinden der Polizeieinrichtungen bietet Gelegenheit zu einem geschichtlichen Rückblick, der auch die wechselvolle Geschichte der deutschen Polizei im 20. Jahrhundert widerspiegelt. Die politische Vorgeschichte Die ursprünglichen Beweggründe für die Errichtung der Kaserne ergaben sich aus der Niederlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg sowie den nachfolgenden militärischen und sozialen Unruhen, die im Spartakusaufstand von 1919 und im Kapp-Putsch von 1920 ihren Höhepunkt sahen. Die Folgen des Waffenstillstands von 1918 und die Ausrufung der Republik hatten politische und wirtschaftliche Auswirkungen auf das Rheinland und das Bergische Land. Gemäß dem Versailler Vertrag mussten sich alle deutschen Militäreinheiten im Westen bis auf 10 km hinter die Demarkationslinie zurückziehen, die die neue deutsche Republik von der demilitarisierten Rheinzone trennte,2 im bergischen Raum von der sogenannten Kölner Zone. Die Demarkationslinie berührte die Kohlfurther Brücke, wo sich ein von Briten bewachter Übergang befand. Die preußische Regierung suchte die innere Sicherheit durch die Bildung einer Sicherheitspolizei aufrechtzuerhalten, deren besondere Aufgabe es war, bei größeren Unruhen und Demonstrationen einzuschreiten und die Sicherheit der staatlichen Institutionen zu wahren.3 Die Sicherheitspolizei setzte sich aus ehemaligen Angehörigen, Unteroffizieren und Offizieren der kaiserlichen Reichswehr zusammen. Vorbedingung für die Polizeibeamten war die volle Felddienstfähigkeit. Die Sicherheitspolizei war in kasernierte Hundertschaften gegliedert, militärisch uniformiert und mit schweren Waffen bis zu Maschinengewehre, Minenwerfern und gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstet. Diese Struktur und die Bildung von Sicherheitspolizeieinheiten im gesamten Reich führte zu heftigen Konflikten mit den Entente-Staaten, die auf die Einhaltung der im Versailler Vertrag beschlossenen Mannschaftsbeschränkungen der Reichswehr 55 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 55 19.09.14 07:57 und anderer militärischer Einheiten bestanden. Insbesondere von Frankreich und Belgien wurde die Sicherheitspolizei als verkappte Institution zur Neurüstung deutscher Militärverbände gesehen, während die Reichregierung auf die Notwendigkeit der Einrichtung einer Sicherheitspolizei neben der traditionellen lokalen Polizei zum Zweck der Bekämpfung von Umsturzbestrebungen radikaler linksgerichteter spartakistischer sowie rechter FreikorpsGruppierungen bestand. Gegen die 1919 in Weimar von der Nationalversammlung beschlossene Verfassung kam es im März 1920 zu einem Putsch rechtsgerichteter Freikorps-Einheiten,4 dem sogenannten Kapp-Lüttwitz-Putsch. Daraufhin wurde der Generalstreik ausgerufen, dem sich insbesondere die Arbeiterschaft im Ruhrgebiet und auch in Elberfeld und Barmen anschloss. Dort bildeten sich bewaffnete Verbände, die starken Zuwachs durch Arbeiter aus dem Ruhrgebiet erhielten. Die örtliche Polizei ließ durch einen Aufruf erklären, dass sie nicht gegen die Arbeiterverbände kämpfen würde, sondern nur zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung zuständig wäre. Nach längeren Verhandlungen zwischen den Vertretern der bewaffneten Arbeiterverbände und dem Barmer und Elberfelder Stadtrat stimmte letzterer zu, dass die Polizei neutral bleiben würde, und die öffentliche Sicherheit durch gemeinsame Streifen von bewaffneten Polizisten und Arbeitern gewährleistet werden sollte. Im Wuppertal kam es zu heftigen Kämpfen zwischen den bewaffneten Arbeiterverbänden, der sogenannten Roten Armee, und dem Freikorps Lichtenberg, aber auch mit Einheiten der Sicherheitspolizei, die sich aber hauptsächlich in den Arbeitervierteln im Ortsteil Ostersbaum und an der Hardt abspielten.5 In einem nachfolgenden Bericht des Elberfelder Oberbürgermeisters an das Düsseldorfer Regierungspräsidium vom 21. April 1920 heißt es: Die Zahl der aus der Stadt Elberfeld gestellten Kämpfer wird auf 1.500, die Zahl der in Elberfeld vorhanden gewesenen Waffen auf 2.500–3.000 Gewehre und Karabiner und etwa 20 Maschinengewehre geschätzt.6 Das Freikorps musste schließ- lich der Übermacht der Arbeiter weichen und zog sich über Elberfeld und Cronenberg zurück, um sich an der Kohlfurther Brücke den englischen Besatzungstruppen zu ergeben und sich entwaffnen zu lassen.7 Die Rote Armee folgte nach und besetzte auch die Barmer Südhöhen, um die letzten Widerstandsnester zu beseitigen. Die Bürger des Toelleturmviertels, die Haus und Tor aus Angst vor Plünderung verschlossen hielten, beobachteten mit wachsender Unruhe, wie die bewaffneten Verbände aus dem Ruhrgebiet freudig in den benachbarten Arbeitervierteln der Firma Vorwerk & Sohn begrüßt wurden. Bedingt durch den Generalstreik und den militärischen Widerstand der Arbeiterschaft sowie der loyalen Einheiten der Reichswehr brach der Kapp-Putsch zusammen. Die Rote Armee weigerte sich jedoch, der Aufforderung der sozialdemokratischen Regierung zur Entwaffnung nachzukommen. Vom Reichswehrminister Gustav Noske wurden deshalb Militärverbände eingesetzt, um den Arbeiteraufstand insbesondere im Ruhrgebiet zu unterdrücken.8 Von einem Einmarsch ins Bergische Land wurde vorerst abgesehen. Er wurde jedoch für den Fall in Betracht gezogen, dass sich die Arbeiterschaft nicht entwaffnen lassen würde. In einem Bericht vom 16. April 1920 über eine Zusammenkunft der Bürgermeister des Ruhrgebiets mit Reichskanzler Müller und Reichswehrminister Gessler in Berlin heißt es: „Vorläufig würden die hierselbst (im Ruhrgebiet) angesammelten Reichswehrtruppen nicht zurückgezogen, auch sei der Einmarsch in das Bergische Land sofort geplant, wenn die inzwischen erlassenen Maßnahmen zwecks Entwaffnung der Roten Armee daselbst nicht den gewünschten Erfolg haben sollten“.9 Da jedoch Barmen und Elberfeld zur entmilitarisierten Zone gehörten, durften dort keine Reichswehrverbände eingesetzt werden. Deswegen sei „der preuss. Minister des Inneren beauftragt, mit aller Beschleunigung die Bildung einer ausreichenden Sicherheitspolizei für das ganze Ruhrgebiet in die Wege zu leiten … und man bestimmt hoffe, auch im Bergischen Land in kurzer Zeit Herr der Lage 56 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 56 19.09.14 07:57 zu werden“. Mit dieser Begründung wurden Einheiten der kasernierten Polizei oder Sicherheitspolizei entsandt und lokal einquartiert, da es zu der Zeit keine Polizeiquartiere in Barmen und Elberfeld gab. Die Aufgabe der kasernierten Polizei bestand hauptsächlich darin, die von der Roten Armee eingerichteten Waffenlager auszuheben und sicherzustellen. Diese Maßnahmen wurden von den örtlichen Bürgerräten unterstützt.10 Sie unterhielten ein ausgedehntes Spitzelsystem,11 das über Pläne und Bewegungen der Arbeiterschaft oft gut unterrichtet war. Da man die Waffenlager besonders im Bereich des Lichtscheids und von Ronsdorf vermutete, über den sich die bewaffneten Einheiten der Roten Armee Richtung Cronenberg und Solingen zurückgezogen hatten, wurden viele dieser Einquartierungen auf den Barmer Südhöhen bei den wohlhabenden Bürgern im Villenviertel am Toelleturm vorgenommen. Sie waren für den Schutz dankbar. In vielen Villen waren bis zu drei Polizisten einquartiert, die von den Bewohnern mit Lebensmitteln und Karten versorgt wurden, um sich in dem ihnen unbekannten Gelände zurechtfinden zu können. Die Polizeiverbände wurden schon nach wenigen Wochen zurückgezogen, nachdem sie mehrere Waffenlager bei Ronsdorf ausgehoben hatten. Der erfolgreiche Einsatz von Polizeieinheiten, auch bei anderen Großeinsätzen gegen revolutionäre Bewegungen und Streikmaßnahmen festigte die Überzeugung der preußische Regierung von der strategischen Notwendigkeit einer schwerbewaffneten kasernierter Polizei, die gerade auch in den demilitarisierten Zonen schnell gegen revolutionäre Bewegungen eingesetzt werden konnte.12 Der nach dem Kapp-Putsch amtierende preußische Innenminister Carl Severing machte im Einvernehmen mit der Reichsregierung einen weiteren Versuch, die kasernierte Sicherheitspolizei in einer Stärke von etwa 46.000 Mann beizubehalten. Die Interalliierte Militär-Kontrollkommission (IMKK)13 der Entente-Regierungen blieb dagegen trotz der inneren Unruhen im Reich bei ihrer Überzeugung, dass die Sicherheitspolizei eine paramilitärische Ein- richtung sei und unter die Bestimmung der Truppenlimitierung des Versailler Vertrags fiele. Sie verlangte in einer scharfen Demarche vom Juni 1920, der sogenannten Boulogner Note, die Auflösung der Sicherheitspolizei innerhalb von drei Monaten. Severing führte daraufhin eine nominelle Auflösung der Sicherheitspolizei durch, die aber durch eine Umorganisierung der Polizeistruktur komplementiert wurde. Diese Änderungen setzten in der Folge auch die anderen deutschen Staaten um und fassten dabei kasernierte Sicherheitspolizei und lokale Schutzmannschaften der Polizei zur sogenannten Schutzpolizei zusammen. Die Kasernierung der Polizeimannschaften blieb für die ersten Jahre der Ausbildung bestehen, aber die zentralistische Führung wurde aufgehoben. Die lokalen Polizeibehörden kontrollierten die Polizeimannschaften und unterstellten sie dem Polizeipräsidium.14 Die militärische Gliederung der kasernierten Polizei blieb weitgehend erhalten. Sie wurde in Züge von 30 bis 40 Beamten unter Führung eines Polizeileutnants sowie in Hundertschaften mit etwa 100 Beamten unter Führung eines Polizeihauptmanns und in Abteilungen bis zu 1.000 Beamten unter Führung eines Polizeimajors gegliedert. Die Bewaffnung der Schutzpolizei blieb jedoch leichter als die der vormaligen Sicherheitspolizei. Die Vertreter der Entente-Staaten stimmten nach langwierigen Verhandlungen endgültig der Einrichtung der Schutzpolizei zu und legten die Mannschaftsstärke für Preußen auf 21.000 Beamte fest. Schutzpolizeieinheiten sollten vor allem in den als revolutionär eingeschätzten Industriestädten Elberfeld und Barmen aufgestellt und untergebracht werden. Das führte zu zahlreichen Debatten in der örtlichen Presse, in der insbesondere von linker Seite an den neuen Plänen scharfe Kritik geübt wurde. Danach war auch die Schutzpolizei „in ihrem ganzen Aufbau nach jeder Richtung hin verkappter Militarismus“.15 Trotzdem wurden sowohl in Barmen als auch Elberfeld Schutzpolizeieinheiten aufgestellt. Schwierigkeiten gab es bei der Suche nach Unterkunftsmöglichkeiten; 57 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 57 19.09.14 07:57 in anderen Städten standen der Schutzpolizei ehemalige Reichswehrkasernen zur Verfügung, doch in den Wupperstädten waren keine Kasernen vorhanden. Dies erforderte den Bau neuer Polizeiunterkünfte, die architektonisch den Erfordernissen der Schutzpolizei entsprechen sollten.16 Für Elberfeld wurde im Frühjahr 1921 der neugegründete Stab der örtlichen Schutzpolizei in das Hotel Reichshof in der Neustraße (heute: Rommelspütt) verlegt. Wegen der notwendigen Unterkunftsräume für die Polizei-Mannschaften verhandelte man mit der Stadt Elberfeld und richtete schließlich eine Polizeiunterkunft in der Arrenberger Straße 71 ein. Wegen der Überlassung von Sportplätzen und Schießständen für Training und Ausbildung der Polizisten wurde mit den örtlichen Sportvereinigungen verhandelt. Die Stadt Barmen war weniger entgegenkommend. Der stellvertretende Oberbürgermeister Dr. Wilhelm Markull, der mit den Verhandlungen beauftragt war, erklärte: „Geeignete Gebäude zur Unterbringung der Sicherheitspolizei stehen der Stadt nicht zur Verfügung“. Mit der Neuordnung der Schutzpolizei und der Übernahme der Kommandogewalt durch das örtliche Polizeipräsidium änderte sich die ablehnende Haltung der Stadt. Es wurde nach möglichen städtischen Grundstücken gesucht, die der Unterbringung der Schutzpolizei-Hundertschaften angemessen waren. Während dieser Zeit war die Schutzpolizei von Barmen behelfsmäßig in Schulen untergebracht. Schließlich bot die Stadt Barmen der Polizei ein städtisches Grundstück am Lichtenplatz an. Das Grundstück lag direkt neben den Anlagen des Barmer Stadions und war ursprünglich als erweitertes Freizeitgelände vorgesehen. Aber die Lage neben den Sportanlagen des Stadions erwies sich als ideal für die Ausbildungs- und Trainingspläne der Schutzpolizeieinheiten. Vorgeschichte des Grundstückes Das Gebiet, auf dem die Kaserne errichtet werden sollte, grenzt an den Kothener Wald, der einen Teil der südlichen Talhänge der Stadt Barmen bedeckt. Das Gelände war bis dahin weitgehend landwirtschaftlich genutzt. Um die Jahrhundertwende war der sogenannte Kohlenweg, der den Fuhrleuten zum Transport märkischer Kohle nach Cronenberg und Solingen diente, als Müngstener Straße ausgebaut worden. Südlich davon hatte sich die Firma Vorwerk & Sohn angesiedelt.17 Das Gebiet nördlich entlang der Müngstener Straße gehörte seit 1835 dem Bauern Abraham Böckmann.18 Böckmann betrieb neben der Landwirtschaft auch ein Wirtshaus, das vornehmlich von Fuhrleuten besucht wurde. Später, mit wachsender Besiedlung des Lichtenplatz, eröffnete er eine Bäckerei für die Versorgung der Bevölkerung auf den Barmer Südhöhen. Nach dem Tod Abraham Böckmanns führte seine Witwe den umfangreichen Besitz allein weiter. Er umfasste den ganzen östlichen Teil der alten Hofschaft Gockelsheide sowie beträchtliche Ländereien im Bereich des Lichtenplatz. Maria Catharina Böckmann wird bis 1889 als Eigentümerin von drei Häusern westlich des Lichtenplatz und dazugehöriger Ländereien geführt. Witwe Böckmann muss also über ein erhebliches Einkommen verfügt haben, als sie um 1890 im hohen Alter starb. Die Erben verkauften den Besitz. Das Wohnhaus mit der Adresse Müngstener Straße 135 fiel an die Witwe J. H. Ermenkeil aus Bonn, die beide Häuser an bis zu acht Parteien vermietete. Bandwirker, Schieferdecker, Schreiner und Tagelöhner sind 1899 unter den Mietern verzeichnet. Nur zehn Jahre später starb die Witwe Ermenkeil. Die Stadt Barmen erwarb den Besitz aus der Erbmasse, um das Gebiet wirtschaftlich erschließen zu können. Nördlich des ehemaligen Böckmannschen Gebietes lag der Hof von Abraham Morgenroth, zu dem Äcker und Weideland entlang des Kothener Waldes gehörten. 1898 erhielt der Besitz die Adresse Lichtenplatzer Straße 290. Abraham Morgenroth betrieb die Landwirtschaft auf dem Hof bis 1908, dann übernahm die Stadtgemeinde sein Land als Teil des Gebietes, das für den wirtschaftlichen Ausbau gedacht war.19 58 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 58 19.09.14 07:57 Nach dem Aufkauf der Höfe an der neu erschlossenen Müngstener Straße ließ die Stadt Barmen die Gebäude abreißen, um auf dem Gelände ein Velodrom zu bauen: eine Radrennbahn, die sich durch besonders steile Kurven auszeichnete. Das Velodrom, nach 1922 auch Barmer Stadion genannt, war nach neuesten Erkenntnissen und Bedürfnissen des Radsports mit hochschwingender Zementpiste errichtet worden und wurde 1909 feierlich eröffnet. Die Anlage hatte eine Länge von 190 m und eine Breite von 120 m. Die Radrennbahn selbst war 400 m lang. Die hölzernen Tribünen fassten 12.000 Zuschauer mit 2.000 überdachten Sitzplätzen. Ursprünglich war ein viel weiter gefasster Ausbau der Anlagen mit Sporthallen und einem Schwimmbad in nördlicher Richtung geplant, die die Zuschauer aus den innerstädtischen Wohngebieten über die Barmer Bergbahn erreichen konnten. Dazu war eigens eine 400 m lange Gleisanlage vom Lichtenplatz in die Müngstener Straße bis zur Fronttribüne des Velodroms zum Aufstellen von Ein- satzwagen der Straßenbahn geplant worden. Dieser Ausbau wurde jedoch wegen des 1914 ausbrechenden Krieges nicht realisiert. 1916 wurde das Velodrom durch Herbststürme schwer beschädigt. Erst 1922 hatte die Stadt genug Geld für die notwendigen Renovierungsarbeiten. Die Radrennbahn wurde zum Mehrzweckstadion Barmen umgebaut. Tribünen, Umkleide- und Wirtschaftsräume entstanden neu, rechts und links ergänzt von größeren Gebäuden für die Verwaltung. Eins dieser Gebäude steht heute noch. Der Ausbau zum Mehrzweckstadion war 1924 abgeschlossen.20 Wälle und Umrandung der Anlage waren mit Linden bepflanzt, die dem Stadion eine grüne Krone verliehen. In den 20er Jahren wurde das Stadion für regionale Fußballspiele und zahlreiche Sportveranstaltungen wie die Barmer Kampfspiele oder die Reichsjugendspiele genutzt. Da sich das 1924 eröffnete Elberfelder Stadions am Zoo für Sport-Großveranstaltungen besonders eignete, verlor das Postkarte der Barmer Radrennbahn mit Tribünengebäude um 1910, kurz nach Eröffnung. Deutlich zu erkennen ist die vorwiegend landwirtschaftliche Prägung des Geländes. Links im Hintergrund liegt der Kothener Wald. – Foto: Sammlung Jörg Mortsiefer. 59 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 59 19.09.14 07:57 Barmer Stadion allmählich an Bedeutung. Die Stadt erkannte die Möglichkeit, das Stadion gleichzeitig für das Sportprogramm der Polizei zu nutzen. Die Stadtverwaltung stellte deswegen das freiliegende städtische Gelände für den Bau einer Polizeikaserne zur Verfügung. Bau und Einweihung der Polizeikaserne Planung und Ausführung des Baus der Kaserne wurden 1924 durch den Düsseldorfer Regierungsbaumeister August Boos in Angriff genommen. Die Planung sah die Errichtung mehrerer Unterkunftsgebäude entlang der Müngstener Straße vor, die um einen Innenhof gruppiert waren. Der Hof sollte genug Platz für die Aufstellung der Schutzmannschaften bieten und nach hinten durch verschiedene Nutzanlagen, wie Kraftwagenhalle, Pferdeställe für berittene Einheiten, Werkstatt und Schmiede, abgeschlossen sein. Die architektonischen Vorstellungen für die Polizeianlagen waren vorformuliert und galten für alle neuen Anlagen, die für die preußische Schutzpolizei errichtet wurden: „Die Formgebung dieser Bauten ist dem Zweck und der Zeit entsprechend einfach und sachlich, eine ansprechende Wirkung wird durch Gruppierung der Baumassen und bei Polizeiunterkünften auch in der Schaffung geschlossener Hofanlagen gesucht“.21 Für den Bau des Kasernengeländes am Lichtenplatz bedurfte es größerer Erdbewegungen, da das Gebiet Richtung Kothener Wald stark abfiel und für die Errichtung der Gebäudegruppe und des zentralen Exerzierplatzes abgeflacht werden musste. Erst danach konnte der eigentliche Bau der Anlage begonnen werden. Der mächtige Bereitschaftsbau für die Mannschaftsunterkünfte wurde entlang der Müngstener Straße errichtet. Das Gebäude war durch zwei vorspringende Giebel erweitert, die die lange Front auflösen sollten. Das Bereitschaftshaus hatte zwei Treppenhäuser und war mit Gemeinschaftsräumen, Spiel- und Lesezimmer, moderner Küche und einem großen Speisesaal ausgestattet. Rechts vom Mannschaftsgebäude wurde das in vier Abschnitte gegliederte Familienhaus an der Oberen Lichtenplatzer Straße errichtet, das den verheirateten Polizeibeamten mit Familien Wohnung und Unterkunft bieten sollte. Nach außen schützte die gesamte Anlage ein hoher Zaun. Zwischen Bereitschaftshaus und Familienbau lag der offizielle Eingang zur Kaserne: eine doppelte Toranlage mit Wachhaus. Der ursprünglichen Bau wurde später im Rahmen einer Erweiterung der Toreinfahrt abgerissen und durch ein einfaches Wachhaus an der Müngstener Straße ersetzt.. Der Bau der Kasernengebäude war 1926 abgeschlossen. Kurz nach Fertigstellung rückten die ersten Verbände der Schutzpolizei ein. Die Kaserne wurde offiziell am 9. September 1926 eingeweiht. Dazu reisten der preußische Innenminister Carl Severing und sein Ministerialdirektor Wilhelm Abegg22 aus Berlin sowie mehrere Vertreter des Regierungspräsidiums aus Düsseldorf an. Die Stadt Barmen war durch Oberbürgermeister Dr. Paul Hartmann vertreten. Die Eröffnungsrede hielt der Barmer Polizeipräsident Dr. Georg Suermondt, der insbesondere der Stadt Barmen für die Bereitstellung des Grundstücks und für die Hilfe bei der Errichtung der Kaserne dankte. In seiner Rede wies Innenminister Carl Severing auf die Bedeutung der Schutzpolizei für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung sowie auf die Rolle der Polizei bei den lokalen Unruhen in Elberfeld hin. Eine besonders wichtige Aufgabe nahm seiner Ansicht nach die Schutzpolizei in den entmilitarisierten Gebieten, insbesondere nach dem Rückzug der dort stationierten französischen Besatzungstruppen von 1925, wahr. Am 28. Juli 1927 verlieh der Nachfolger Severings im Amt, der preußische Innenminister Albert Grzesinski, der Kaserne den Namen Polizeiunterkunft Ministerpräsident Dr. Braun. Der Name wurde als Metallinschrift am Eingang der Kaserne angebracht. 60 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 60 19.09.14 07:57 Vorkriegsnutzung der Kaserne Das Kasernenareal beschränkte sich zuerst auf ein relativ kleines, geschlossenes Gebiet östlich vom Stadion. Insgesamt war die Kaserne für die Unterkunft von zwei Bereitschaften und einem berittenen Zug der Schutzpolizei eingerichtet.23 Der erste Kommandeur war Polizei-Major Hans Floeter als Führer der Polizeiinspektion Barmen, sein Vertreter war Polizei-Hauptmann Arthur Boje.24 Als Ausbilder dienten 20 Polizeiwachtmeister, die fest stationiert waren und entweder als Alleinstehende in Einzelunterkünften im Mannschaftsgebäude oder mit ihren Familien im Familiengebäude an der Obere Lichtenplatzer Straße 290–296 untergebracht waren. Neben diesen Polizei-Offizieren und Unteroffizieren lebten noch eine Reihe von Angestellten und Arbeitern in der Unterkunft, die im Wesentlichen für die Verwaltungsangelegenheiten sowie die Instandhaltung der Gebäude und den Betrieb der Kantine zuständig waren. Zudem wurde ein Pferdepfleger und Schirrmeister eingestellt. Die Ausbildung der Polizeitruppen verlief anfangs in zwei Etappen, bedingt durch die Notwendigkeit, die beiden ehemals getrennten Einheiten der kasernierten Sicherheitspolizei und der lokalen Schutzpolizei organisatorisch zusammenzuführen. Die Mitglieder der für den geschlossenen Einsatz trainierten ehemaligen Sicherheitspolizei mussten mit dem Einzeldienst vertraut gemacht werden. Die jungen Polizeibeamtenanwärter wurden als Sicherheitsreserve für den geschlossenen Dienst mit zusätzlicher Einzelausbildung auf Lehrgängen vorbereitet. Die Ausbildungsdirektiven kamen direkt aus dem preußischen Innenministerium und waren zumeist von Ministerialdirektor Wilhelm Abegg und seinem Stab ausgearbeitet worden. Obwohl sie als wichtigstes Ziel der Polizeierziehung „die Herausbildung von selbstsicheren und verantwortungsvollen Persönlichkeiten“ deklarierten, bezogen sich die Anweisungen doch im Wesentlichen auf den Einsatz der Schupos in geschlossenen Verbänden und auf die Erfordernisse des Straßen- und Häuserkampfes: „Der Polizeibeamte muss, wenn es einmal unvermeidlich ist, innerhalb von Industrieanlagen und Häusern, auf Dächern, aus Fenstern und Kellerlöchern im Kampf seine Aufgabe erfüllen können … er muss im abschnittsweisen Ringen um Straßen, im Nahkampf Mann gegen Mann ausgebildet sein.“ Wilhelm Abegg sah also die wesentliche Rolle der Schutzpolizei bei bürgerkriegsähnlichen Einsätzen, eine Ansicht, die von den anderen Beamten des preußischen Innenministeriums weitgehend geteilt wurde. Diese Einstellung prägte die Ausbildungs- und Trainingsbestimmungen. Aus diesem Grund nahm der militärähnliche Drill in den Kasernen den größten Teil der Ausbildungs- und Dienstzeit ein. Der Wochendienstplan für die Schutzpolizei im Regierungsbezirk Düsseldorf von 1926 sah nur zwei der sechsundzwanzig Ausbildungsstunden für den Fachunterricht vor; der Rest war der Waffenausbildung, dem Sport und den Waffen- und Ausrüstungsappellen gewidmet. Unerklärtes Ziel der Polizeioffiziere war, die Polizeiausbildung ebensso hart wie den Dienst im preußischen Heer vor dem Krieg zu gestalten. Das reflektierte auch der Stolz der preußischen Regierung, im Gegensatz zur Reichsregierung über eine schlagkräftige Truppe zu verfügen. Mit der Zeit wuchs auch der Bedarf an Fahrzeugen, von denen drei Typen in der Kaserne stationiert waren: der schnelle Einsatzwagen für den Transport kleiner Polizeigruppen, der Mannschaftswagen für den Transport größerer Einheiten und leichte gepanzerte Fahrzeuge für den Fall größerer Aufstände und Unruhen. Bedingt durch das auf Drill und Leibesübungen konzentrierte Ausbildungsprogramm, wuchs der Bedarf nach großen Sportflächen. Zunehmend wurden deswegen die Einrichtungen des Barmer Stadions genutzt, zu denen ein großer Sportplatz gehörte, der in nordwestlicher Richtung an das Kasernengelände angrenzte. Zu Beginn der 30er Jahre kam es auch aufgrund der Wirtschaftskrise immer häufiger 61 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 61 19.09.14 07:57 zu Unruhen und Straßenschlachten zwischen kommunistischen Verbänden und der SA. Zudem wuchs die Zahl politischer Großveranstaltungen links- und rechtsgerichteter Parteien, auf denen sich oft tausende von Menschen versammelten. Die Schutzpolizei war für die Aufrechterhaltung der Ordnung sowie die Überwachung besonders radikaler Wortführer verantwortlich. Dafür mussten oft hunderte von Polizeibeamten bereitgestellt werden. Auch die Barmer Mannschaften rückten häufig aus und wurden selbst bei Veranstaltungen im Ruhrgebiet als Ordnungskräfte eingesetzt. Da die Polizisten aber vor allem für den bewaffneten Aufstand trainiert waren und nicht auf die Eingrenzung von Aufmärschen und Straßenschlachten, zeigte sich die Schutzpolizei diesen Situationen nicht immer gewachsen, was oft zu Ausschreitungen und Überreaktionen der Beamten führte.25 Mit der Berufung Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 und der Ernennung Hermann Görings zum neuen preußischen Innenminister änderte sich die Lage der Schutzpolizei innerhalb weniger Monate. Es wurden umgehend Schritte eingeleitet, die die innere Struktur der Schutzpolizei ändern sollten, indem sie der zivilen Kontrolle entzogen und im Sinne der früheren Sicherheitspolizei remilitarisiert wurde. Schon am 14. Februar 1933 wurde vom Mannschaftsgebäude der Kaserne die Inschrift Polizeiunterkunft Ministerpräsident Dr. Braun entfernt.26 Der bisherige Kommandeur, Polizei-Major Hans Flöter, wurde durch den inzwischen zum Polizei-Major beförderten Arthur Boje als Kommandant der Kaserne ersetzt. Der Wuppertaler Polizeipräsident Georg Suermondt trat im April 1933 in den Ruhestand und an seiner Stelle wurde der berüchtigte SA-Führer Willi Veller als kommissarischer Polizeipräsident eingesetzt.27 In einem Erlass vom Februar 1933 hatte Göring den Einsatz der SA als Hilfspolizei angeordnet, was in den folgenden Wochen zu brutalen Ausschreitungen gegenüber kommunistischen und sozialdemokratischen Verbänden und Personen führte. Erst nach den Märzwahlen drängte Göring den Einfluss der SA auf die Polizeiverbände zurück. Für die militärisch ausgebildeten Verbände der Schutzpolizei hatte Göring jedoch besondere Pläne. Mit einem Erlass vom 26. März 1933 machte er die 1920 eingeführte Vereinigung von Ordnungspolizei im Revier- und Einzeldienst und der kasernierten Polizei im Bereitschaftsdienst rückgängig. Nach der Abtrennung der kasernierten Polizei umfasste die Ordnungspolizei die uniformierte Schutzpolizei im Einzel- und Revierdienst, die Verwaltungspolizei, das Feuerlöschwesen und die Technische Nothilfe.28 Der von Berlin nach Wuppertal versetzte Polizei-Oberst Ernst Seyffarth übernahm 1935 die Schutzpolizei in Wuppertal mit den Polizeiämtern Solingen und Remscheid als neuer Kommandeur.29 Mit der Trennung von der kasernierten Polizei verblieb der Schutzpolizei in Wuppertal neben den kleineren Revierstandorten die Polizeiunterkunft an der Arrenberger Straße in Elberfeld. Das Hauptquartier der Schutzpolizei wurde Ende August 1939 in das neuerrichtete Polizeipräsidium in Unterbarmen verlegt.30 Mit der Berufung des SS-Führers Heinrich Himmler zum Chef der Deutschen Polizei begann die Militarisierung der Schutzpolizei mit der Aufstellung von Polizeibataillonen, die nach Kriegsausbruch vielfach als Ordnungskräfte in den besetzten Gebieten verlegt wurden. Wuppertaler Schutzpolizeiverbände wurden zum ersten Mal 1938 bei der Besetzung Österreichs eingesetzt. Aus den Wuppertaler und Remscheider Schutzpolizeiverbänden entwickelten sich die Polizeibataillone 63 und 317, die später als Ordnungstruppen bei der Besetzung Polens und im August 1940 bei der Verwaltung des Generalgouvernements eingesetzt wurden.31 Nach Aufspaltung der Ordnungspolizei verstärkten auf Anordnung Görings SA-Verbände – in Wuppertal die von Veller geführte SA-Brigade 72 – die kasernierten Verbände und entzogen sie damit der Aufsicht der Polizeipräsidenten und ziviler Behörden. Sie wurden im ganzen Reich unter der neuen 62 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 62 19.09.14 07:57 Bezeichnung Landespolizei zusammengefasst. Durch die Abtrennung der Landespolizeieinheiten von der Ordnungspolizei verlor letztere einen großen Teil ihrer Ausrüstung und Unterkünfte. Die preußische Landespolizei wurde neu organisiert: Sie unterstand fünf großen und zwei kleineren Polizeiinspektionen.32 Die Wuppertaler Landespolizei, und damit die Lichtenplatzer Landespolizeiunterkunft, unterstand der Landespolizeiinspektion West mit Sitz in Recklinghausen und ab Juni 1933 Düsseldorf.33 Zu den wichtigsten Aufgaben der Landespolizeiinspektionen gehörte zum einen die Überwachung der politischen und rassischen Säuberung der uniformierten Polizei, das heißt, die Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933. Zum anderen betrieben die Landespolizeiinspektionen eine verstärkte Militarisierung der neu gebildeten Landespolizei. Dies spiegelt sich in der militärisch geprägten neuen Struktur der Landespolizei wider. Die ehemaligen Bereitschaften der Landespolizeiinspektion West führten die neue Bezeichnung Landeshundertschaften, vier Hundertschaften bildeten eine Abteilung und vier Abteilungen bildeten eine Landespolizeigruppe. Die Stäbe der vier Gruppen der Landespolizeiinspektion West (nach 1934 Landespolizeibrigade 6) hatten ihre Standorte in Dortmund (64), Essen (62), Köln (63), und Wuppertal (61). Letzterer unterstanden die Polizeiabteilungen in Düsseldorf, Duisburg und Wuppertal. Die Anlagen am Lichtenplatz wurden als Polizeischule und Trainingslager der Landespolizei genutzt. Im Februar 1934 wurde verfügt, dass die Landespolizei im Kriegsfall als Heereseinheit dienen und damit dem Reichswehrministerium unterstellt sein sollte. 1935 und 1936 wurde die Landespolizei als Institution aufgelöst und dem Kommandobereich Wehrmacht eingegliedert.34 Die Polizeieinheiten der Landespolizeiinspektion West bildeten die 26. Infanteriedivision in Köln. Den Offiziersstab der übernommenen Einheiten ersetzten Wehrmachtsoffiziere; andere Wehrmachtseinheiten übernahmen die bisherigen Polizeioffiziere.35 Diese Entwicklungen hatten direkten Einfluss auf die Polizeikaserne am Lichtenplatz, die der Landespolizeiabteilung Wuppertal unterstand. Ihr Kommandeur war anfangs weiterhin Polizei-Major Arthur Boje, der jedoch schon 1934 zum III. Sturmbann der SS-Standarte Deutschland der SS-Verfügungstruppe nach Ellwangen/Jagst abkommandiert wurde. Ihm folgte bis 1936 Polizei-Major Wilhelm Koppenburg. Das Unteroffizierskorps der Kaserne war zu der Zeit durch Entlassungen „politisch unzuverlässiger“ Leute und Versetzungen zu SS-Einheiten um 50 Prozent auf elf Mann reduziert. Mit der Besetzung der Rheinlande im Frühjahr 1936 kam es auch für die am Lichtenplatz stationierte 1. und 2. Krad-Hundertschaft der Landespolizei zu Veränderungen. Sie wurden Bestandteil der neu gegründeten Panzerabwehrabteilungen 26 und 34 im Wehrbereich VI.36 Die Panzerabwehrabteilung 26 wurde 1937 der 26. Division in Köln im Wehrmachtbereich VI mit Standort Düren zugeordnet. Im Herbst 1939 kamen Teile zur Panzerabwehrabteilung 36 nach Kaiserslautern. Weitere Einheiten bildeten den Grundstock für die Panzerabwehrabteilung 34, die zunächst in Wuppertal verblieb. Neuer Kommandeur wurde Oberleutnant Heinrich Hüttemann, der zusammen mit den Leutnants Günter v. Gember und Wolfgang Job das Kommando in der Kaserne übernahm. Der Unteroffiziersstab blieb im Wesentlichen erhalten; die ehemaligen PolizeiWachtmeister Wilhelm Andres, Paul Eschen, Walter Pieper, Karl Kichhöfer, und Kurt Waitschat wurden im Feldwebelrang übernommen. Im Herbst 1938 wurde die PanzerabwehrAbteilung 34 aus Wuppertal nach Wittlich bei Trier in die dort neu errichteten Kasernenanlagen verlegt;37 der Divisionsstab kam nach Koblenz als Teil des dort neu gebildeten Wehrkreises XII.38 Von dort nahm die Abteilung am Frankreichfeldzug teil. Mit der Übernahme der Landespolizei durch die Reichswehr wurde die Kaserne selbst Bestandteil des am 17. Oktober 1936 unterzeich- 63 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 63 19.09.14 07:57 neten Garnisonsvertrags zwischen der Wehrmacht und der Stadt Wuppertal.39 Dieser betraf insbesondere die Anlage von vier neuen Kasernen auf den Wuppertaler Südhöhen und die Bereitstellung von Grundstücken durch die Stadt Wuppertal für Kasernenbauten sowie ein Truppenübungsgelände auf dem zwischen Barmen und Ronsdorf gelegenen Scharpenakken. Für die Ausweitung der ehemaligen Polizeikaserne stellte die Stadt das Gelände des Barmer Stadions zur Verfügung, das nach der Städtevereinigung von Barmen und Elberfeld durch den Erfolg des Stadions am Zoo zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken war.40 1936 wurde das Barmer Stadion mit den dahinter liegenden Sportanlagen im Rahmen des Garnisonsvertrags offiziell der örtlichen Militärverwaltung übergeben. Diese hatte kein Interesse an Radrennen und verlangte sogar von der Stadt den Abriss der Rennbahn, um mehr Platz zu schaffen. Dazu kam es allerdings zunächst nicht. Die Sporttätigkeiten wurden in das Stadion verlagert. Zwischen Stadion und dahinter gelegenem Sportgelände entstanden eine große Sporthalle und erweiterte Fahrzeughallen für den wachsenden militärischen Bedarf.41 Zudem zogen mehrere neue Heeresdienststellen im Rahmen des Garnisonsvertrags in die Kasernengebäude ein. Die Wuppertaler Adressbücher von 1938 bis 1944 verzeichnen unter der Adresse Müngstener Straße 13 und 15 die Dienststellen der Heeresstandortverwaltung, der Heeresstandortkasse, der Standortlohnstelle sowie die von Hermann Löhner betriebene Kantine.42 Kriegs- und Nachkriegsnutzung der Polizeikaserne Die Heeresstandortverwaltung verblieb während der Kriegsjahre in den Gebäuden der Polizeikaserne. Nach der Verlegung der Panzerabwehrabteilung waren jedoch nur noch kleinere Mannschaftseinheiten für den Wachdienst und Verwaltungsaufgaben in der Anlage stationiert und nutzten die Unterkunftsräume. Die Heereskasse stand in der Verantwortung von Oberzahlmeister Bultmann, aber nur noch vier Unteroffiziere verblieben am Standort zur Ausbildung frisch eingezogener Rekruten. Das Familiengebäude wurde nun nach dem Abzug der Panzerabwehr-Abteilung für die Unterbringung von mehreren Unteroffizieren der Schutzpolizei genutzt, die gemeinsam mit den Wehrmachtsangehörigen an den verschiedenen Dienststellen tätig waren. Gegen 1940 wurde ein Lagerhaus für die Standortverwaltung mit der Adresse Müngstener Straße 19 errichtet, was auf weitergehende Nutzung der Anlagen schließen lässt. Beim Bombenangriff auf Barmen am 29./30. Mai 1943 wurden die Polizeiunterkünfte nur leicht beschädigt; lediglich das Obergeschoss des Werkstattgebäudes brannte aus. Dagegen wurden die gegenüberliegenden Mietshäuser der Firma Vorwerk & Sohn völlig zerstört. Auch die Tribüne und das östlich flankierende Tribünengebäude des ehemaligen Barmer Stadions sowie die neue Sporthalle fielen den Brand- und Sprengbomben zum Opfer. Am Lichtenplatz selbst wurden das alte Schulhaus und der Kindergarten an der Lichtenplatzer Kapelle zerstört. Dank der nur geringfügigen Schäden liefen der normale Dienstbetrieb sowie das Ausbildungs- und Trainingsprogramm der frisch eingezogenen Einheiten ungestört bis zum Kriegsende weiter. Am 16. April 1945 war der Krieg in Wuppertal mit der Übergabe der Stadt durch den Oberbürgerbürgermeister Heinz Gebauer an die Amerikaner vorüber. Schon im Zuge der Besetzung am 16. und 17. April wurden die Polizeiposten und Militärkasernen aufgelöst.43 Die wenigen Polizeibeamten wurden nach Hause geschickt oder in manchen Fällen interniert, so dass die Stadt und die Bevölkerung ungeschützt blieben.44 Sofort setzten Plünderungen durch ausländische Zwangsarbeiter ein,45 die von den amerikanischen Truppen freigesetzt worden waren. Erst nach einigem Zögern46 erlaubte der amerikanische Kommandant angesichts der schwierigen Situation die Neuordnung der Schutzpolizei und setzte am 25. April 1945 den ehemaligen Generalmajor der Schutzpolizei, Franz Seyffarth,47 als vorläufigen Po- 64 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 64 19.09.14 07:57 lizeipräsidenten ein. Seyffarth wurde damit beauftragt, die Polizei neu zu organisieren und der Plünderung Herr zu werden. Doch schon am 12. Mai 1945 ersetzte ihn der weniger belastete frühere Hauptmann der Schutzpolizei, Johann Krusenotto,48 der zum Polizeidirektor der jetzt städtischen Polizeiverwaltung ernannt wurde. Die Neuorganisation der Schutzpolizei wurde vielfach dadurch erschwert, dass die ersten Polizeieinheiten noch von früheren Mitgliedern der NSDAP und SS durchsetzt waren. Sie wurden erst allmählich im Rahmen der Entnazifizierungsverfahren entfernt.49 beiden Nachkriegsjahren immer mehr zugenommen hatte. Aus Sicherheitsgründen bestanden die Streifen immer aus zwei berittenen Polizisten. Die Reiterstaffel war mit 20 berittenen Beamten relativ klein und nahm nur den Unterkunftsbau an der Oberen Lichtenplatzer Straße 298 in Anspruch. Der Rest der Kasernengebäude wurde vom Finanzamt verwaltet und wegen des enormen Wohnungsbedarfs vermietet. Damit wurde Wohnraum für insgesamt 35 Familien in den Gebäuden geschaffen, von denen allerdings sechs Wohnungen an Polizeibeamte und deren Familien fielen. Die Amerikaner organisierten Unterkünfte für die ausländischen Arbeiter, die streng nach Nationalitäten aufgeteilt in den freistehenden Kasernen untergebracht wurden. In der ehemaligen Polizeikaserne am Lichtenplatz wurden vornehmlich ehemalige sowjetische Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen bis zu ihrem Rücktransport in die Sowjetunion untergebracht.50 Die Rückführung der Ostarbeiter war im Juli 1945 abgeschlossen; die Kasernen wurden mit ungarischen Fremdarbeitern belegt, die bis März 1946 dort verblieben. Am 14. Juni 1945 rückten die Amerikaner ab; britische Truppen übernahmen das Kommando in Wuppertal. Die britische Besatzungsarmee wurde in den verschiedenen Wehrmachtskasernen auf den Wuppertaler Südhöhen vom Lichtscheid bis Freudenberg einquartiert.51 Verantwortung und Kosten für die Instandhaltung der Kasernengebäude, zu denen auch die Gebäude der Polizeikaserne gehörten, übernahm die Stadt Wuppertal. Das Gelände des ehemaligen Barmer Stadions blieb ausnahmslos für Sportveranstaltungen der britischen Militäreinheiten beschlagnahmt. Anträge des Wuppertaler Sportamts auf Zulassung von zivilen Sportaktivitäten wurden abgelehnt.52 Diese Bestimmungen lockerten sich aber in den folgenden Monaten für vereinzelte zivile Veranstaltungen. Die spektakulärste Nutzung des ehemaligen Stadions war eine politische Großveranstaltung der KPD, die von den Besatzungsbehörden auf 20.000 Teilnehmer begrenzt worden war. Hauptredner waren die SED-Repräsentanten Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl, die für die Vereinigung der westdeutschen KPD mit der SPD werben sollten. Die Veranstaltung war generalstabsmäßig geplant; schon am 19. Juli 1946 wurden in der sozialistischen Tageszeitung „Die Freiheit“ die Anmarschrouten aufgezeichnet und verstärkter Straßenbahneinsatz angekündigt. Am 22. Juli 1946 kam es zu einer Großveranstaltung an der sich 50.000 bis 70.000 Menschen im Rondell des Stadions versammelten.53 Dies überschritt bei weitem die von der britischen Verwaltung zugelassene Teilnehmerzahl. Danach wurden Großveranstaltungen dieser Art nicht mehr genehmigt. Im Barmer Stadion fanden nur noch vereinzelt Fußballspiele zwischen den verschiedenen britischen Militäreinheiten statt. Mitte 1949 gab die britische Militärverwaltung die Wuppertaler Stadien frei. Die städtischen Behörden übernahmen wieder die Verwaltung, das Sportamt entwickelte erste Pläne und Kostenvoranschläge, um das Barmer Stadion wieder für Nach dem Heimtransport der ungarischen Fremdarbeiter wurde die Anlage der ehemaligen Polizeikaserne freigegeben. Zwar waren die Gebäude in einem schlechten Zustand, aber die Stadtverwaltung Wuppertal stellte einen Teil der Unterkunft für eine Staffel berittener Polizei zur Verfügung, deren hauptsächliche Aufgabe es war, in den ländlichen Gegenden zu patrouillieren und vornehmlich den Felddiebstahl von Saat- und Erntegut zu verhindern, der aufgrund der schlechten Versorgungs- und Ernährungslage in den ersten 65 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 65 19.09.14 07:57 größere Sportveranstaltungen instand zu setzen und in Betrieb zu nehmen. Die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Sportamtes sahen ein Stadion mit 16.200 Plätzen vor und veranschlagten dafür Kosten von 120.000 DM.54 Im Rahmen der Polizeireformen durch die britische Besatzungsmacht wurden schon im Herbst 1945 Pläne entwickelt, die ehemalige Polizeiunterkunft nach der Heimkehr der letzten dort untergebrachten ungarischen Arbeiter in eine Polizeischule umzuwandeln. Dies verzögerte sich jedoch dadurch, dass die britische Besatzungsmacht das bislang für Zivilisten benutzte Bethesda-Krankenhaus beschlagnahmte. Dies verschlimmerte den in den Nachkriegsmonaten herrschenden Mangel an Krankenhausbetten für die Zivilbevölkerung erheblich.55 Die Stadtverwaltung schlug angesichts der Notsituation vor, die Polizeikaserne in ein Nothospital umzuwandeln. Nach eingehender Besichtigung wurde dieser Vorschlag jedoch von Obermedizinalrat Dr. Karl Rühs wegen des „augenblicklichen Zustandes der Bauten als völlig indiskutabel abgelehnt“.56 Daraufhin veranlasste die Stadtverwaltung eine gründliche Bestandsaufnahme der inzwischen von der britischen Militärverwaltung freigegebenen Gebäude und übergab dem Besatzungsamt eine ausführliche Zusammenstellung.57 Danach bestand die Kaserne aus einem Mannschaftshaus (Block 1) und einem Wohnhaus (Block 2), einem durch Bomben beschädigten Werkstattgebäude (Block 4), einer Beschlagschmiede (Block 5), einem Pferdestall (Block 6) und mehreren Fahrzeughallen (Block 7–9).58 Im Juni 1947 war das Mannschaftsgebäude wieder soweit hergerichtet, dass dort die geplante Polizeiausbildungsschule zumindest teilweise eröffnet werden konnte. Im August 1949 kündigte jedoch die britische Militärverwaltung die Beschlagnahme der Kasernenbauten an. Dies geschah auf Veranlassung des neugegründeten Innenministeriums in Nordrhein-Westfalen, das einen Austausch mit der von britischen Truppen belegten Kaserne in Münster vorschlug. Die Münsteraner Kaserne bot Platz für 1.000 Polizeischüler, während die Wuppertaler Kaserne nur 300 Plätze zur Verfügung stellen konnte. Die Überstellung der Kaserne an die britische Rheinarmee kam nicht zustande, da sich mit der Gründung der Bereitschaftspolizei in Nordrhein-Westfalen die Bedürfnisse des Landes änderten. Es wurden Unterkünfte sowie Sportund Ausbildungsgelände für die neuen Polizeieinheiten gebraucht. Im April 1951 wurden die neuen Pläne des NRW-Innenministeriums zur Unterbringung von Hundertschaften der Stadt Wuppertal vorgestellt. Diese beinhalteten die Nutzung des gesamten Geländes der ehemaligen Landespolizeikaserne und damit auch der Sporteinrichtungen. Das veränderte alle bis dahin vorgelegten Planungen des Sportamtes und anderer Behörden. 1952 verkaufte die Stadt die Kasernenanlage mit allen Liegenschaften für 225.000 DM und das Stadion mit dem dazugehörigen Sportgelände für 202.000 DM an das Land Nordrhein-Westfalen. Die Polizeikaserne in der Bundesrepublik Deutschland Die Polizei in den Westzonen war von der alliierten Verwaltung dezentralisiert und fast völlig entwaffnet worden. Am 27. Oktober 1950 wurden durch ein Verwaltungsabkommen der Länder mit der Bundesregierung die Bereitschaftspolizeien der Länder neu als paramilitärische Verbände gegründet.59 Anlass dazu war das Verlangen der neu etablierten Regierung, besser gegen innere Unruhen, insbesondere gegen einen kommunistischen Umsturz in dem sich zuspitzenden Kalten Krieg, gerüstet zu sein. Dies reflektiert insbesondere das politisch konservative Denken, das schon 30 Jahre vorher den Aufbau von Sicherheitspolizei und Schutzpolizei diktiert hatte. Da die drei westlichen Besatzungsmächte Großbritannien, USA und Frankreich für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig waren, wurde argumentiert, dass die Bereitschaftspolizei im Fall größerer Unruhen oder einer sowjetischen Invasion die Besatzungstruppen unterstützen sollte. 66 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 66 19.09.14 07:57 Eine Luftaufnahme der Polizeikaserne aus dem Jahre 1928. Im Vordergrund liegt die östliche Rundung des Stadions. Zentral erkennt man den Exerzierplatz mit Bereitschaftsbau und Familienbau der Kaserne, sowie die darum gruppierten Zweckbauten, im Hintergrund die Lichtenplatzer Kapelle und die Lichtenplatzer Schule am Marper Weg. – Foto: Katasteramt Wuppertal. Luftaufnahme der Polizeikaserne am Lichtenplatz von 1953. Man erkennt deutlich, dass die Anlage erheblich erweitert wurde. Neue Kasernen und Schulgebäude sind rechts im Bild zu erkennen. Im Hintergrund erstrecken sich langgezogene Wagenhallen und andere Nutzgebäude. Links kann man deutlich das Rondell des ehemaligen Barmer Stadions erkennen. – Foto: Katasteramt Wuppertal. 67 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 67 19.09.14 07:57 Im Gegensatz zur Situation nach dem Ersten Weltkrieg hatten die alliierten Besatzungsmächte keine großen Bedenken gegen eine Polizeitruppe. Mit dem Ausbruch des Koreakriegs erschien die Gefahr eines sowjetischen Angriffs weitaus größer als die der deutschen Wiederbewaffnung.60 Bereits im Sommer 1950 existierten seitens der Bundesregierung Pläne zum Aufbau einer Bundesbereitschaftspolizei, die bis zu 30.000 Mann umfassen sollte. Dies wurde vom SPD-Abgeordneten Walter Menzel61 als „eine Remilitarisierung auf kaltem Wege“ bezeichnet. Wegen des starken Widerstandes der Länder, insbesondere des Freistaats Bayern, gegen eine Bundespolizei blieb es bei einem Konzept für die Bereitschaftspolizeien der Länder, die nun nach und nach auf 30.000 Mann Gesamtstärke gebracht werden sollten. Davon sollte ein Viertel ständig in Bereitschaft stehen. Bei inneren Krisen oder aber im Verteidigungsfall sollten die Bereitschaftspolizeien dem Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder unterstellt werden. Der Bund verpflichtete sich, Bewaffnung, Fernmeldemittel und Kraftfahrzeuge zu beschaffen. Die Bewaffnung der Polizeitruppen war relativ umfangreich und umfasste leichte Waffen wie Pistolen und Karabiner, aber auch Maschinengewehre, Granatwerfer und Polizeipanzer. Die Gliederung der Bereitschaftspolizeien folgte dem militärisch geprägten Vorbild der Weimarer Sicherheits- und Schutzpolizei. Die Abteilungen unterstanden der Bereitschaftspolizeidirektion und umfassten jeweils ein bis drei Hundertschaften, zu denen oft auch technische Hundertschaften gehörten, die wieder in Züge und Gruppen unterteilt waren. Die Länder waren zuständig für Unterkünfte, Bekleidung, Verbrauchsmittel und Instandhaltung des vom Bund gelieferten Materials. Die Aufstellung der Bereitschaftspolizeien verlief anfangs relativ schleppend. Im Februar 1951 wurde die Bereitschaftspolizei NRW gegründet, die die innere Sicherheit und Ordnung aufrecht erhalten, aber auch weitgehend Ausbildung und Training der Polizeianwärter übernehmen sollte.62 Das Grundtraining fand vor allem, wie schon zu Zeiten der Schutzpolizei, an der 1949 neu eingerichteten Polizeischule Münster statt.63 Weitergehendes Training gab es an den einzelnen Standorten der Polizeiabteilungen, zu denen auch Wuppertal gehören sollte.64 Wuppertal wurde Standort der Polizeiabteilung III, die drei Hundertschaften an Bereitschaftspolizei und später eine technische Hundertschaft umfassen sollte.65 Der erste Abteilungsführer wurde Polizeirat Quentin.66 Im November 1951 übernahm die 9. Hundertschaft aus Düsseldorf67 und wenig später die 10. Hundertschaft der Bereitschaftspolizei aus Münster den von den Briten freigegebenen Teil der ehemalige Polizeikaserne Wuppertal-Barmen auf dem Lichtenplatz,68 nachdem für die Polizeireiterstaffel eine neue Unterkunft an der Waldesruh in Elberfeld gefunden worden war. Der Einmarsch der 9. Hundertschaft wird so beschrieben:69 Aus Düsseldorf kommend traf unsere Einheit in Wuppertal auf dem Lichtenplatz ein. … Offene Mannschaftswagen (bei Regen zu der Jahreszeit!), MG 42 auf den Lafetten, Karabiner in den Händen, Tschakos, Stiefel usw … Mit klingendem Spiel rückte sie an, vorauf die Reiterstaffel der SK-Polizei Wuppertal. Die beiden Hundertschaften formten den Grundstock für die Bereitschaftspolizei-Abteilung III. 1952, nach Übernahme des Stadiongeländes, kamen zusätzlich die 11. Hundertschaft von der Polizeischule Münster und die 12. Hundertschaft der Bereitschaftspolizei aus Düsseldorf nach Wuppertal. Die damit erreichte Vollbesetzung der Unterkunft leitete eine schnelle Renovierungsund Ausbauphase der bestehenden Sport- und Trainingsanlagen ein. Die Radrennbahn wurde 1952 mit Presslufthämmern entfernt, das unzerstörte Tribünengebäude zum Polizeilazarett umgebaut.70 Aus den Stallungen und der Futterscheune der Polizeireiterstaffel wurden Vorratsräume der Bereitschaftspolizei. Auf dem ehemaligen Tribünengelände des Stadions entstand das Stabsgebäude der Polizeikaserne. Die im Krieg teilweise zerstörten Gebäude wurden renoviert oder erneuert. 68 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 68 19.09.14 07:57 Im hinteren Bereich der Kasernenanlage entstanden neue Gebäude für die Unterkunft und Ausbildung der Polizeieinheiten. Im nordöstlichen Bereich des Geländes wurden mehrere neue Blöcke an Mannschaftsbauten mit einem dahinter gelegenen Schulungsgebäude an der Oberen Lichtenplatzer Strasse errichtet. Auf dem ehemaligen Sportund Paradegelände im hinteren Bereich der Kaserne entstanden langgestreckte Garagenanlagen für den Fahrzeugpark. Senkrecht daran schlossen sich die neue Waffenmeisterei und ein Munitionslager an. Den Garagen gegenüber wurde eine neue Sporthalle gebaut, die sich an das ehemalige Stadion angliederte. Die alten Garagen am ehemaligen Exerxierplatz wurden zum allgemeinen Wirtschaftsgebäude umgebaut. Die frühere Kaserneneinfahrt wurde geschlossen und nach Osten an die Müngstener Straße 35 verlegt. Dort erhielt sie eine neue Wachstube. In den 1950er und 1960er Jahren folgten Ausbildung und Training der jungen Bereitschaftspolizisten überwiegend dem Modell der preußischen Schutzpolizei. In den ersten vier Jahren wurden mehr als 500 junge Polizisten ausgebildet und in den Einzeldienst aufgenommen. Wiederum war die Unterdrükkung möglicher innerer Unruhen Hauptziel der Ausbildung, deren wesentliche Elemente aus Sport-Training, Waffen- und Schießausbildung bestanden und den Ausbildungsalltag der jungen Polizisten prägten. Dazu gehörten auch gepanzerte Fahrzeuge mit Wasserwerfern, die damals wie heute bevorzugt zur Zerstreuung größerer Menschenansammlungen und Demonstrationen eingesetzt werden konnten. Wasserwerfer waren zwar schon Bestandteil der Polizeiausrüstung in den 1930er Jahren, sie erreichten aber in den 1960er Jahren eine neue Bedeutung als Polizeiwaffe. In den 1960er Jahren, mit der Konsolidierung der Bundesrepublik als eigenständigem Staat, und bedingt durch die sich aus dem wirtschaftlichen Aufschwung neu ergebenen Bedürfnisse und Problemstellungen, verschoben sich die Aufgabenschwerpunkte der Bereitschaftspolizei. Allmählich kam es zu einer auch von den Politikern unterstützten Entmilitarisierung der Ausbildung71. Die neuen Fragen waren zum einen durch den rapide anwachsenden Verkehr bestimmt, der neue Probleme und Aufgabenbereiche aufwarf, und zum anderen durch die sich wandelnde politische Landschaft, die insbesondere in den späten 1960er Jahren zu einer neuen Art von innerer Unruhe führte. Neben den allgemeinen Ordnungs- und Sicherheitsaufgaben wurde der Bereitschaftspolizei auch zusätzlich der Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsdienst (ASOD) übertragen, der vor allem Einzeldienstaufgaben wie Postenund Streifendienst sowie Verkehrsüberwachung umfasste. Die wachsenden Bedürfnisse des sich rapide entwickelnden Nah- und Fernverkehrs erforderten zu Beginn der 1960er Jahren eine technische Modernisierung der Polizei. Dies reflektiert sich insbesondere im Ausbau des Funkstreifendienstes, der die Mobilität der Einsatzbeamten erheblich erhöhte. Zwischen 1955 und 1965 stieg die Zahl der Streifenwagen auf mehr als das Dreifache an. Viele der neuangeschafften Streifenwagen wurden in den erweiterten Garagenanlagen der Polizeiunterkunft am Lichtenplatz für den Einsatz untergestellt. Komplementär zum mobilen Funkstreifendienst wurde 1962 nach einigen Vorversuchen die Fliegerstaffel Rheinland des Landes Nordrhein-Westfalen als neue Einheit der Bereitschaftspolizei gegründet. Mit zwei Helikoptern des Typs Bell 47 J, zwei Piloten und drei Bordwarten begann die Hubschrauberstaffel Rheinland ihren Dienst. Der erste Standort war wiederum die Polizeianlage am Lichtenplatz, wo die Hubschrauber vom hinteren Garagenhof aus eingesetzt wurden. Hauptaufgabe war, neben den Einsatzwagen den wachsenden Verkehr zu überwachen und insbesondere Staus auf den Bundesautobahnen zu melden. Zudem hat sich der Einsatz von Hubschraubern als extrem nützlich bei der Beobachtung von Großveranstaltungen und Demonstrationen erwiesen. Allerdings war der Standort am 69 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 69 19.09.14 07:57 Lichtenplatz nur eine vorläufige Lösung. Heute befindet sich die nordrhein-westfälische Polizeifliegerstaffel am Düsseldorfer Flughafen und am Flughafen Dortmund72. Angesichts der Studentenunruhen in den späten 1960er Jahren wurden die Bereitschaftspolizeien der verschiedenen Länder weiter umstrukturiert. Der Schwerpunkt der Ausbildung konzentrierte sich nun mehr auf den Einsatz bei Demonstrationen und Protestaktionen von Bürgern und Bürgergemeinschaften. Waffen wie Handgranaten und Maschinengewehre wurden deswegen allmählich ausgesondert und die klassisch militärische Geländeausbildung für den bewaffneten Angriff auf die neue Aufgaben umgestellt. Die Bekämpfung terroristischer Gruppen ging von der Bereitschaftspolizei auf die neu aufgestellten Spezialeinsatzkommandos der Länder und die Grenzschutzgruppe 9 (GSG 9) des Bundesgrenzschutzes über. In den 1960er Jahren erreichte die Kaserne ihre größte Nutzung und nahm einen weiten Bereich zwischen Buschland, Müngstener Straße und Oberer Lichtenplatzer Straße ein. Nördlich war sie durch die Kleingartenanlagen am Hang des Kothener Walds begrenzt. Drei Jahre später, 1968 mit der Umordnung der Bereitschaftspolizei, wurde die Zahl der am Lichtenplatz stationierten Hundertschaften auf zwei zurückgestuft, so dass neben der 2. Technischen Einheit nur noch die 9. und 10. Polizeihundertschaft am Ort verblieben. Dafür wurde eine Hundertschaft von Polizeischülern gebildet. Das sportliche Training rückte deswegen mehr in den Vordergrund. In diesem Sinn gründete der damalige NRW-Innenminister Willi Weyer eine neue Polizeisportstätte mit Sporthalle, Schwimmbad, Sportplatz und Schießstand.73 Die Anlagen befanden sich außerhalb des ehemaligen Polizeibereichs am benachbarten Buschland. Um die notwendige Fläche für den Sportplatz zu schaffen, wurde der nordwestliche Talhang des Auer Bachtales aufgeschüttet. Im Laufe der 1970er Jahre wurden die alten Kasernengebäude zunehmend baufällig, eine Renovierung wurde als wesentlich teurer angesehen als Abriss und Neubau. Zuerst wurde 1976 das ehemalige Unterkunftsgebäude für Polizeifamilien an der Oberen Lichtenplatzer Straße 290, 292, 294, und 296 abgerissen,74 1978 das große Mannschaftsgebäude an der Müngstener Straße. Dort entstand 1979 ein neues Mannschaftsgebäude im modernen Hochbaustil der Zeit, das nur wenig später ein zweites Mannschaftsgebäude im östlichen Kasernenbereich ergänzte. Das ehemalige Stadion-Rondell dient heute als Parkfläche für Privatfahrzeuge. 1996 wurde die Bereitschaftpolizei Abteilung III in Wuppertal aufgelöst und nach Brühl verlegt. Die Ausbildungseinheiten blieben vorläufig erhalten und die Kaserne wurde zum Polizeiausbildungsinstitut, Müngstener Straße 35 in Wuppertal, das dann ebenfalls, nur drei Jahre später, 1999 aufgelöst wurde. Im Rahmen der Neuorganisation der Autobahnpolizei der Bezirksregierung Düsseldorf kam an Stelle der Bereitschaftspolizeiabteilung III die NRW-Autobahnpolizei aus Remscheid nach Wuppertal in das Lichtenplatzer Kasernengelände. Die Einsatzzentren waren über die Anschlussstelle Wuppertal-Ronsdorf auf der A 1 oder durchs „Tal“ auf der A 46 schnell erreichbar. Insgesamt sind 63 Autobahnkilometern zu betreuen, von denen rund 32 im Stadtgebiet Wuppertal liegen. Neben der A 46 ist die Wache am Lichtenplatz auch für die Bundesstraße 224 und die Landesstraßen 74 und 418 im Gebiet Wuppertal zuständig. Ausblick Die Geschichte der Polizeikaserne am Lichtenplatz spiegelt die wechselvolle Entwicklung der Polizei im Rheinland und Westfalen der letzten 90 Jahren wider. Von den ersten Verbänden der Schutzpolizei der Weimarer Republik über die militärisch gegliederten Polizeitruppen der Wehrmacht bis hin zu den kasernierten Einheiten der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei: Allen diente die Kaserne als Unterkunft und Ausbildungsstätte. Über die Jahrzehnte wuchs die Anlage, doch in den 70er Jahren nahm die Bedeutung 70 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 70 19.09.14 07:57 der Anlage als Polizeiausbildungsstätte allmählich ab, bis 1998 die Bereitschaftspolizei endgültig abgezogen und in neue Unterkünfte verlegt wurde. In den letzten Jahren wurde die Kaserne als Standort einer Hundestaffel und der Autobahnpolizei verwendet. Das Grundstück gehört dem Land Nordrhein-Westfalen. Die Entscheidung über die weitere Verwendung der am Lichtenplatz bestehenden Anlage ist noch nicht endgültig gefallen. Danksagung: Besonderer Dank gilt Herrn Andre Kloss von der Polizeipressestelle Selm für seine Hilfe und der Bereitstellung zahlreicher Unterlagen und Informationen, insbesondere der Kopie der Geschichte der Bereitschaftspolizei Nordrhein-Westfalen 1919–1956 aus dem LAFP NRW in Selm. Vielen Dank auch an Herrn Günter Libutzki, der mir eine Kopie seiner Erinnerungen zur Chronik der BPA III am Lichtenplatz zur Verfügung stellte. Herrn Michael Okroy danke ich für die Diskussionen zu der Rolle der Polizeibataillone und die Überlassung von diesbezüglichen Photos und Zeitungsartikeln. Jörg Mortsiefer und Siegfried Winkelsträter haben ebenfalls zahlreiche Abbildungen aus ihren Sammlungen zur Verfügung gestellt. Besonderer Dank auch an die Mitarbeiter des Wuppertaler Stadtarchivs, die mich unermüdlich bei der Suche nach den Unterlagen für diese Arbeit unterstützt haben. Herrn Martin Stadtler gilt mein Dank für die kritische Durchsicht dieser Arbeit. Anmerkungen 1 Die Polizeiunterkunft wird lokal meist als Polizeikaserne bezeichnet. 2 Die Besatzung durch die britische Armee in der Kölner Zone am Beispiel der Stadt Solingen beschreibt Hartmut Roehr: … schwer genug wird es uns ohnedies schon gemacht. Besatzung in Stadt und Landkreis Solingen 1918–1926; Books on Demand, Norderstedt 2006. 3 Eine detaillierte Geschichte von Bildung, Funktion, und Geschichte der Sicherheitspolizei in Preußen bei Johannes Buder: Die Reorganisation der preußischen Polizei 1918– 1923; Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 1986. Die Einrichtung der Sicherheitspolizei war nicht nur auf Preußen beschränkt, sondern wurde auf Druck der Reichsregierung auch in den anderen deutschen Staaten als wichtigstes Instrument zur Erhaltung der inneren Sicherheit angesehen. Das war insbesondere nach dem Kapp-Putsch der Fall, in dem die Reichswehr als traditioneller Bewahrer der inneren Ordnung versagt hatte. 4 Freikorps waren paramilitärische Verbände, die sich nach dem Zusammenbruch der Reichswehr und der Auflösung zahlreicher Reichswehrverbände aus ehemaligen Frontsoldaten gebildet hatten. Die Freikorps kämpften insbesondere Bereitschaftspolizei am Lichtenplatz 1956 bei der Besichtigung eines neuen Panzerfahrzeugs mit Wasserwerfer im Rondell der ehemaligen Radsportanlage. – Foto: LAFP NRW. 71 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 71 19.09.14 07:57 5 6 7 8 9 10 11 in den baltischen Staaten sowie in Oberschlesien gegen die im Versailler Vertrag geforderte Neugliederung der Reichsgrenzen und für den Erhalt der nationalen deutschen Interessen. Im Inneren sahen sich Freikorpseinheiten insbesondere als Schutzschild gegen sozialistische oder kommunistische Bestrebungen der Machtübernahme in der Weimarer Republik, der sie als Institution feindlich gegenüberstanden. Vgl. Matthias Sprenger: Landknechte auf dem Weg ins Dritte Reich? Zu Genese und Wandel des Freikorpsmythos; Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn u. a. 2008. Dies hinderte jedoch die Schaulustigen nicht, sich auf der Hardt zu versammeln und aus anscheinend sicherer Höhe den Fortschritt der Kämpfe zu beobachten. Dabei konnte es nicht ausbleiben, dass gelegentlich Geschoβgarben in die Zuschauermengen fuhren, was dann lautes Geschrei und Geschimpfe hervorrief. Hans Wiescher, Erinnerungen, Berlin 1981, unveröffentlicht. Generalakten der Polizeiverwaltung Elberfeld, S XI 36, 41–42; Stadtarchiv Wuppertal. Mehr Einzelheiten über den Ablauf der Kämpfe in: Wolfgang Müller: Sechs Jahrzehnte Zeitgeschehen im Spiegel der Heimatzeitung, General-Anzeiger der Stadt Wuppertal, Verlag W. Girardet, 3. Auflage, Wuppertal 1959, S. 236– 241 und vor allem in: Reiner Rhefus: Spurensicherung 1920. Der Arbeiteraufstand gegen den Kapp-Putsch und die damalige Arbeiterkultur im Bergischen Land, Klartext Verlag, Essen 2000; vgl. auch die dort genannte Literatur. Die Ereignisse während und in Folge des Kapp-Putsches an der Ruhr in ausführlicher Darstellung des damaligen preußischen Innenministers Carl Severing: 1919/1920 im Wetter- und Watterwinkel. Aufzeichnungen und Erinnerungen, Buchhandlung Volkswacht, Bielefeld 1927. Generalakten der Polizeiverwaltung Elberfeld, S XI 36, 53; Stadtarchiv Wuppertal. Eine ausführliche Diskussion und dokumentarische Zusammenstellung zu der Rolle der Bürgerräte im Wuppertal bei Ulrich Klein und Klaus Jürgen Scherer: Bürgerräte gegen die Arbeiterbewegung. Untersuchungen und Dokumente am Beispiel Elberfeld-Barmen 1918– 1922, Einhorn Presse, Wentorf/Hamburg 1976. In einem Antrag zur Amtsenthebung mehrerer Polizeibeamter wegen Unterstützung des Kapp-Putsches an den Elberfelder Oberbür- 12 13 14 15 16 17 germeister Dr. Hopf vom 21 April 1920 heißt es, dass 30 Mann in Elberfeld Spitzeldienste leisteten. Vgl. Anm. 6. Dabei muss bedacht werden, dass sich die Rolle der Polizei nach dem Kriege im Verständnis der Regierenden grundlegend gewandelt hatte. Die allgemeinen Rolle als Ordnungsmacht, die vorwiegend dem Schutze des einzelnen Bürgers diente, änderte sich dahingehend, dass die Polizei zunehmend als staatstragende Einrichtung gesehen wurde, die dem Schutz der bestehenden staatlichen Ordnung dienen musste. Dies hatte grundlegende Folgen für die allgemeine Organisationsstruktur (von denen die Einrichtung gröβerer Kasernen nur ein Aspekt war), die sich dann in dem neuen allgemeinen preußischen Polizeigesetz von 1931 manifestierte. Vgl. Stefan Naas: Die Entstehung des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes von 1931, Mohr Siebeck, Tübingen 2003. Zu den langwierigen Verhandlungen zwischen IMKK und den deutschen Behörden zur Institutionalisierung der kasernierten Polizei siehe Jürgen Siggemann: Die kasernierte Polizei und das Problem der inneren Sicherheit in der Weimarer Republik, Rita G. Fischer Verlag, Frankfurt, 1980 Dies führte in den nachfolgenden Jahren vielfach zu Spannungen, da sich die zumeist aus früheren Heereseinheiten stammenden Offiziere der Sicherheitspolizei nicht der zivilen Kontrolle des Polizeipräsidiums unterwerfen wollten. Vgl. Peter Leßmann-Faust: Die preußische Schutzpolizei in der Weimarer Republik. Streifendienst und Straßenkampf, Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt 2012. Oskar Hoffmann: Zur Reform des Polizeiwesens, Die Staatliche Sicherheitspolizei verkappter Militarismus, in: Die Volkstribüne Nr. 80 vom 23.4.1921 und Nr. 81 vom 24.4.1921. Eine Zusammenfassung der architektonischen Erfordernisse findet man in den Unterlagen zur Großen Preußischen Polizeiausstellung von 1926, auf der sich die Polizei, dem neuen demokratischen Gedanken entsprechend, dem Bürger als Partner präsentieren wollte. Die Polizeibauten Preußens auf der Großen Polizeiausstellung Berlin 1926; Zentralblatt der Bauverwaltung, Hrsg. Preuß. Finanzministerium Jahrgang 46, Nr. 39, 1926 Eine ausführliche Beschreibung der Umsiedlung der Firma Vorwerk & Sohn vom Kleinen Werth auf die Barmer Südhöhen in den 72 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 72 19.09.14 07:57 18 19 20 21 22 23 24 Firmenannalen: 100 Jahre Vorwerk 1827– 1927, Hrsg. Firma Vorwerk & Sohn 1927. Eine Kurzdarstellung der Firmengeschichte wurde anlässlich der 175. Wiederkehr der Unternehmensgründung veröffentlicht. Vgl. Florian Speer: 175 Jahre Vorwerk & Sohn, in: Romerike Berge 52, 2002, H. 4, S. 5–13. Abraham Böckmann hat den Besitz weitgehend von seinem Schwiegervater Abraham Jäger übernommen, dessen Familie seit dem Dreißigjährigem Krieg auf der Gockelsheide ansässig war. Zu dieser Zeit bestanden Pläne für die Entwicklung des Lichtenplatzes als Erholungszentrum. Im Rahmen dieser Pläne wurden weite Teile des ehemaligen Gebiets der Bauern Böckmann und Morgenroth von der Stadt aufgekauft. Im westlichen Bereich wurde die Radrennbahn errichtet. Im östlichen Bereich kam es zwar zum Abriss des Hofes, aber durch den Ausbruch des Krieges nicht mehr zur geplanten Umgestaltung des Geländes. Erst nach 1927 wurden Teile des Gebiets für den Ausbau der Polizeikaserne genutzt. Stadtturnwart Immel: Die Pflege der Leibesübungen in Barmen, in: Heinrich Haacke (Hrsg.): Aus Barmens Wirtschaft und Kultur. Verlagsanstalt Oskar Born, Barmen 1926, S. 107, und Hans Heiling: Die Stadt der Leibesübungen, in: Barmen. Hrsg. Stadtbaurat Köhler, DARI-Verlag, 2. Aufl., Berlin 1926, S. 120. Die Polizeibauten Preußens auf der Großen Polizeiausstellung Berlin 1926 (wie Anm. 16). Ministerialdirektor Wilhelm Abegg war von 1921–1933 die treibende Kraft bei der Umgestaltung der preußischen Polizei und bei der Formierung der Schutzpolizei. Er emigrierte 1933 in die Schweiz. Insgesamt unterstanden der Polizeiverwaltung Barmen-Elberfeld sechs Bereitschaften und drei berittene Züge. Davon waren eine Bereitschaft in Solingen und eine Bereitschaft zusammen mit einem berittenen Zug in der ebenfalls neu errichteten Unterkunft in Remscheid untergebracht. In Elberfeld waren wie in Barmen zwei Bereitschaften und ein berittener Zug in der Polizeiunterkunft an der Arrenberger Straße 71 stationiert. Geschichte der Bereitschaftspolizei Nordrhein Westfalen 1919– 1956, Teil I, Preußische Polizei 1919–1933, LAFP NRW. Arthur Boje (1895–1981) diente später als hochdekorierter Offizier in der Wehrmacht 25 26 27 28 29 und wurde 1943 als Oberst und Kommandant des Infanterie Regiments 134 in Stalingrad gefangen genommen. Er weigerte sich, dem von gefangenen deutschen Offizieren gegründeten Nationalkomittee für ein freies Deutschland beizutreten und wurde erst 1956 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. vgl. Arthur Boje: Stalins deutsche Agenten. Ein Kriegsgefangener berichtet, Stocker Verlag, Graz/Stuttgart 2002. Peter Leßmann-Faust: Die preußische Schutzpolizei in der Weimarer Republik (wie Anm. 14), S. 246–253. Die Demontierung der Schrift sowie die Entfernung des Bildes des Ministerpräsidenten Otto Braun aus dem Kasino wurde in der Barmer Zeitung vom 15. Februar und in der sozialdemokratischen Zeitung Freie Presse spöttisch kommentiert. Vgl. Michael Okroy: Terror in Bildern – Fotografische Zeugnisse nationalsozialistischen Unrechts in Wuppertal 1933–1943, in: Geschichte im Wuppertal 15. Jg., 2006, S. 95–112. Willi Veller (1896–1941) war verantwortlich für die Einrichtung des Konzentrationslagers Kemna an der Straße nach Beyenburg. Das Lager war insbesondere für die brutale Behandlung der Gefangenen berüchtigt, die zum Teil von Veller selbst durchgeführt wurde. Veller wurde deswegen und wegen Unterschlagung von Parteigeldern im Dezember 1933 auf Veranlassung von Hitler festgenommen und 1934 seiner Stellung als kommissarischer Polizeipräsident von Wuppertal enthoben. Vgl. David Magnus Mintert: „… nur dem Führer und meinem nationalsozialistischen Gewissen verantwortlich“. Willi Veller – Ein SA-Schläger im Amt des Wuppertaler Polizeipräsidenten; in: Der 30. Januar 1933 – Ein Datum und seine Folgen; Trägerverein Begegnungsstätte Alte Synagoge e. V., Wuppertal 2004, S. 47–59. Eine Analyse der sich in den ersten Jahren nach der Machtübernahme entwickelnden Struktur der Ordnungspolizei ist außerordentlich komplex. Eine zusammenfassende Darstellung bei H.-J. Neufeldt, J. Huck, G. Tessin: Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945, Schriften des Bundesarchivs Koblenz, 1957. Franz Seyffarth, geboren am 12.6.1884 in Naumburg, wurde 1921 aus dem normalen Polizeidienst in die Berliner Schutzpolizei als Polizeihauptmann übernommen. Er trat der NSDAP im Mai 1933 bei. 1935 wurde er nach 73 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 73 19.09.14 07:57 30 31 32 33 34 35 36 Wuppertal versetzt und diente bis 1941 als Polizeioberst und Kommandeur der Schutzpolizei in Wuppertal-Elberfeld auf der Polizeiunterkunft am Arrenberg. 1941 wurde er aus unbekannten Gründen nach Berlin strafversetzt. Im Jahre 1942 trat er im Rang eines Generalmajors der Polizei in den vorzeitigen Ruhestand. Die im Stadtarchiv lagernde Kopie der Chronik des Polizeipräsidiums Wuppertal gibt von 1939 bis 1943 einen detaillierten Überblick über die Einsätze der in Wuppertal verbliebenen Schutzpolizeieinheiten. (Stadtarchiv Wuppertal: Aktenzeichen O XII 69). Über die verhängnisvolle Rolle der Polizeibataillone im Osten vgl. insbesondere Christopher Browning: Ordinary Men am Beispiel des Hamburger Polizeibataillons 301, in: Friedrich Wilhelm: Die Polizei im NS Staat, 2. Aufl., Schöningh, Paderborn u. a. 1999, S. 156–163. Die fünf großen Landespolizeiinspektionen Preußens waren Landespolizeiinspektion Ost mit Sitz in Königsberg, Südost (Breslau), Brandenburg (Berlin), Mitteldeutschland (Halle) und West (Düsseldorf). Die zwei kleinen Inspektionen wurden für Hannover und Schleswig Holstein eingerichtet. Eine genauere Analyse der Landespolizeiinspektion West in Düsseldorf und ihrer Rolle bei der Umwandlung und Eingliederung der kasernierten Polizei in die Wehrmacht bei Daniel Schmidt: Weichenstellung für das „Dritte Reich“. Die Landespolizeiinspektion in Düsseldorf; in: „Dienst am Volk?“ – Düsseldorfer Polizisten zwischen Demokratie und Diktatur. Hrsg. Carsten Dams, Klaus Dönecke, Thomas Köhler, Verlag für Polizeiwissenschaft, Frankfurt a. M. 2007, S. 115–144. Georg Tessin: Deutsche Verbände und Truppen 1918–1939, Biblio Verlag, Osnabrück 1974, S. 230–231, 462–468. Ebd., S.217, 237–238. Die Landespolizeiabteilungen blieben nur in Einzelfällen geschlossen erhalten, im Allgemeinen strebte die Heeresführung eine starke Vermischung der Kräfte an, um das Heer einheitlich auszurichten. Ebd., S. 230–231, 267–269, 400–401, 468. Die Panzerabwehr-Abteilungen wurden 1936 als neue Einheiten der Wehrmacht gegründet. Sie waren die einzigen vollmotorisierten Einheiten einer Infanteriedivision. Sie entstanden im Wesentlichen aus den ehemaligen Landespolizeiverbänden, die über einen Bestand von gepanzerten Fahrzeugen verfügten. Der Reichs- 37 38 39 40 wehr dagegen war nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages die Nutzung von Panzerfahrzeugen untersagt gewesen. Einen Bericht zur Errichtung und Belegung der Kasernenanlagen in Wittlich bei Harald Basten: Die Wittlicher Kasernen, Teil 2: Panzerabwehr-Kaserne (http://www.philatelistenverein.de/pdf/wittlicher_kasernen.pdf). Georg Tessin: Deutsche Verbände (wie Anm. 35), S. 230–231, 468. Laut Garnisonsvertrag mit der Stadt Wuppertal sollte die Garnison aus einem motorisierten Divisionsstab, einem motorisierten Artillerie-Regimentsstab, zwei motorisierten Artillerie-Abteilungen, zwei motorisierte Infanterie-Bataillonen, einer motorisierten Nachrichten-Kompanie, einer Heeresstandortverwaltung, einem Heeresbauamt/Heeresnebenzeugamt und einem Wehrbezirkskommando mit Wehrmeldeämtern bestehen. Die Heeresstandortverwaltung übernahm die Polizeiunterkunftsgebäude. – Das Heeresbauamt übernahm Gebäude am Schliemannweg und dirigierte von dort den Bau der vier neuen Kasernen, die zwischen 1938 und 1939 fertiggestellt und von den ersten Wehrmachtseinheiten bezogen wurden. Dabei handelte es sich um die I. Abteilung des Artillerieregiments 76 (Sagan-Kaserne), die II. Abteilung des Artillerieregiments 76 (Saarburg-Kaserne), die III. Abteilung Kavallerieschützenregiment 4 (Colmar-Kaserne) und I. Abteilung Kavallerieschützenregiment 4 (Diedenhofen-Kaserne). Die Stadt hatte dem Fiskus ein 70,9 Hektar großes Gelände mit einem Einheitswert der Einzelgrundstücke von 150.000 Reichsmark zu übereignen. Darüber hinaus verpflichtete sich die Stadt Wuppertal, auf eigene Kosten das Gelände mit den erforderlichen Zugangsstraßen, Be- und Entwässerungskanälen, Gas-, Strom- und Wasserleitungen zu erschließen. Da die Stadt die Kosten von ca. 1,6 Millionen Reichsmark nicht aus ihrem Haushalt aufbringen konnte, gewährte ihr der Fiskus ein Darlehen in gleicher Höhe, das Annuitäten mit 4% Zins und 5% Tilgung vorsah. Darüber hinaus wurden Sondertarife für die Nutzung städtischer Einrichtungen durch die Soldaten vereinbart. In den 30er Jahren fanden im Barmer Stadion nur noch wenige Sportveranstaltungen statt – zumeist Jugendsportfeste, Gymnastikwettbewerben und NS-Kundgebungen. Die Schutz- 74 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 74 19.09.14 07:57 41 42 43 44 45 46 47 48 polizei nutzte das Stadion zunehmend für Trainingszwecke. Vgl. Peter Keller: Wuppertaler Stadien, Sutton Verlag, Erfurt 2003. Der Fahrzeugpark der preußischen Schutzpolizei war relative gering. Zum Teil war die Polizei noch beritten; Fahrzeuge wurden nur für den größeren Mannschaftstransport in die jeweiligen Einsatzzonen gebraucht. Unter der Adresse der nahe gelegenen ColmarKaserne am Schliemannweg war 1938 das Heeresbaubüro aufgeführt; spätere Adressbücher geben keine Auskunft über die dort stationierten Dienststellen der Wehrmacht. Nach den Angaben des Tagebuchs der Leitung der Schutzpolizei befanden sich am 16.4. 1945 unter dem Kommando des Leutnants der Schutzpolizei, R. Kirrkamm, noch acht Beamte im Dienst (Stadtarchiv Wuppertal: Aktenzeichen S XV 42a). Einen Bericht über die Situation der Polizei in Wuppertal nach der Übergabe bei [Johann Krusenotto]: Kampf gegen Verbrecher- und Schiebertum seit dem Tage der Besetzung Wuppertals, in: Wuppertal im Kampf gegen die Not. Hrsg. von Stephan Schön, Hans Putty Verlag, Wuppertal 1947, 156–163. Eine ausführliche Analyse der Arbeits- und Lebensbedingung ausländischer Arbeitskräfte und Zwangsarbeiter im Raum Wuppertal von 1939– 1940 bei: Florian Speer: Ausländer im Arbeitseinsatz in Wuppertal; Hrsg. Oberbürgermeister der Stadt Wuppertal, Wuppertal 2003. Dieses Zögern war vor allem durch die Übereinkunft der vier Besatzungsmächte bestimmt, die Polizei zu entwaffnen, um möglichem Partisanenwiderstand durch quasimilitärische Einheiten wie Werwolf vorzubeugen. General Seyffarth blieb 1945 nur für wenige Tage im Amt des Polizeipräsidenten von Wuppertal und wurde wahrscheinlich ersetzt, nachdem seine Parteizugehörigkeit bekannt geworden war. Seyffarth starb am 24.11.1961 in Wuppertal. Vgl. Andreas Schulz/Dieter Zinke: Deutschlands Generale und Admirale: Teil V/ Band 5: Die Generale der Waffen-SS und der Polizei, Biblio-Verlag Bissendorf, 2011. Johann Krusenotto war schon 1933 aus politischen Gründen aus dem Polizeidienst entlassen worden und seitdem Werkschutzleiter eines Nickelwerkes in Schwerte. Er blieb bis 1948 im Amt und wechselte nach seiner Entlassung in den Polizeidienst von RheinlandPfalz. Vgl. Stefan Noethen: Alte Kameraden 49 50 51 52 53 54 55 und neue Kollegen. Polizei in Nordrhein-Westfalen 1945–1953; Klartext Verlag, Essen 2003, S. 134, 141, 152–153. Die Entwicklung der kommunalen Verwaltung in den Städten des rheinisch-westfälischen Industriegebietes unter dem Einfluss der Besatzungsmächte ist ausführlich dargestellt bei Hartmut Pietsch: Der Neubeginn städtischer Verwaltung im rheinisch-westfälischen Industriegebiet 1945–1948; in Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter, Band 3; Hrsg. Kurt Düwell, Wolfgang Köllmann, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1984, 199–213. Hier ist die Identifizierung der eigentlichen Unterkunft nicht eindeutig. In seinen Erinnerungen gibt der frühere KPD-Reichstagsabgeordnete Willi Spicher an, dass die sowjetischen Arbeiter in der „Polizeikaserne am Lichtenplatz“ untergebracht waren. Vgl. Klaus Himmelstein: In der Zelle zum Abgeordneten gewählt. Willi Spicher; Hrsg. VVN Bund der Antifaschisten, Wuppertal 1981. Florian Speer hingegen vermutet zwei andere Kasernengebäude als Unterkunft, das eine in der nahegelegene Colmar-Kaserne am Lichtscheid, das andere in der Sagan-Kaserne, als Unterbringungsort der sowjetischen Arbeiter. Vgl. Florian Speer: Ausländer im Arbeitseinsatz (wie Anm. 46), S. 500–501. Die Diedenhofen-Kaserne bei Ronsdorf wurde in Keightley Barracks umbenannt, die ColmarKaserne am Lichtscheid in Harding Barracks, die Sagan-Kaserne in Anglesey Barracks, die Saarburg Kaserne (beide am Freudenberg gelegen) in Bangor Barracks. Schon im Herbst 1945 hatte das Sportamt unter Hinweis auf ähnliche Veranstaltungen in Hannover beantragt, die Radrennbahn wieder für Steherrennen zuzulassen. Stadtarchiv Wuppertal, Besatzungschronik 1945–1946, Akte S IV 91. Die Freiheit vom 22.7.1946 gab eine Zahl von 50.000 Teilnehmern an. Die Zahl von 70.000 Teilnehmern entstammt dem Bericht von Willi Spicher, abgedruckt in: Klaus Himmelstein: In der Zelle zum Abgeordneten gewählt Willi Spicher (wie Anm. 51), S. 45. Besatzungschronik 1949–1950, Akte S IV 102, Stadtarchiv Wuppertal. Einen Bericht über die medizinische Unterversorgung der Bevölkerung und den Bedarf an Krankenhausbetten in Wuppertal findet man bei Franz Landowski: Kampf gegen Armut 75 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 75 19.09.14 07:57 56 57 58 59 60 61 62 und Krankheit, in: Wuppertal im Kampf gegen die Not (wie Anm. 45), S. 69–77. Anstelle der Polizeikaserne am Lichtenplatz wurde in Cronenberg ein Nothospital mit 125 Betten eingerichtet. Besatzungschronik 1945– 1946, Akte S IV 91, Stadtarchiv Wuppertal. Akten des Besatzungsamtes, Interne Verwaltungsangelegenheiten, Akte S IV 92, Stadtarchiv Wuppertal. Block 3 fehlt in der Aufstellung. Damit ist wahrscheinlich das ehemalige Lazarett der Kaserne gemeint, das nach 1945 als Stadiongebäude genutzt und erst 1951 durch Kauf wieder in die Polizeianlagen eingegliedert wurde. Eine ausführliche Analyse der Beweggründe der deutschen Politik und Verwaltung, die britische Vorstellung einer dezentralisierten und kommunal organisierten Polizei zurückzudrängen und das klassisch preußische System einer zentralisierten Schutzpolizei wieder einzurichten bei Stefan Noethen: Alte Kameraden und neue Kollegen (wie Anm. 49), S. 59–128. Die Furcht wurde auch damit begründet, dass die neu gegründete DDR eine kasernierte Polizei in einer Stärke von ca. 45.000 Mann eingeführt hatte, die als paramilitärische Einheit einen Einmarsch in die Bundesrepublik hätte anführen können. Diese Furcht wurde auch von der amerikanischen und britischen Besatzung angesichts der Koreakrise geteilt. Walter Menzel (1901–1963) war ein deutscher SPD-Politiker. Er war Mitglied des Parlamentarischen Rates 1948–1949 und des Bundestages von 1949–1963, zudem Schwiegersohn des ehemaligen preußischen Innenministers Carl Severing. Vom 29.8.1946 bis zum 1.8.1950 war Menzel Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Die Bereitschaftspolizei der Polizei Nordrhein-Westfalen bestand zwischen 1968 und 1998 aus drei Abteilungsführungen, drei technischen Einsatzeinheiten (PP Bochum, PP Wuppertal, PP Köln) und 18 Einsatzhundertschaften, die auf 14 Polizeipräsidien verteilt sind. Folgende Polizeipräsidien haben in NRW Einsatzhundertschaften: Aachen, 11. BPH; Bielefeld, 4. BPH; Bochum, 1. und 2. BPH, 1. TEE; Bonn, 13. BPH; Duisburg, 6. BPH; Düsseldorf, 5. BPH; Dortmund, 3. BPH; Essen, 7. BPH; Gelsenkirchen, 16. BPH; Köln, 12., 14. und 15. BPH, 3. TEE; Mönchengladbach, 8. BPH; Münster, 17. BPH; Recklinghausen, 18. BPH; Wuppertal, 9. und 10. BPH, 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 2. TEE. Nach 1998 wurde die NRW Bereitschaftspolizei umstrukturiert und auf wenige Standorte konzentriert. Die Geschichte der Polizeischule Münster (Westf.) 1920–1960, Hrsg. von Landes-Polizeischule „Carl Severing“ Münster, Sommer Verlag, Ahlen 1961. Das weiterhin semi-militärisch ausgerichtete Ausbildungsprogramm für die kasernierte Schutzpolizei ist kritisch dargestellt in: Klaus Weinhauer: Schutzpolizei in der Bundesrepublik. Zwischen Bürgerkrieg und innerer Sicherheit. Die turbulenten sechziger Jahre, Schöningh, Paderborn 2003, S. 168–190. Die anderen Standorte der Bereitschaftspolizei (BPA) waren Bork (BPA I), Bochum (BPA II), und Linnich (BPA IV). Polizeirat Quentin wurde 1954 zum Polizeiinspektor des Landes Nordrhein-Westfalen berufen. Geschichte der Bereitschaftspolizei Nordrhein-Westfalen 1919–1956, Teil III Bereitschaftspolizei Nordrhein-Westfalen 1950– 1956, Polizeiarchiv Selm. Zur Zeit der Verlegung von Düsseldorf nach Wuppertal als 1. Hundertschaft bezeichnet. Vgl. Günter Libutzki: Chronik einer Polizeieinrichtung oder das Ende der stolzen Ausbildungsstätte Wuppertal in bewegten Bildern, Sonderbeilage der PAD, Dezember 1998, Wuppertal 1998. Chronik der Landespolizei Nordrhein-Westfalen; Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei, Nordrhein-Westfalen, 2008. Aus den Erinnerungen von Manfred Benicke, zitiert in Günter Libutzki: Chronik einer Polizeieinrichtung (wie Anm. 68). Jörg Moll: Das Barmer Stadion, in: Barmer Südstadt. Bergbahn, Toelleturm und Heidt. Hrsg. von Hans Joachim de Bruyn-Ouboter, Verlag Müller + Busmann, Wuppertal 1994, S. 122–123. Klaus Weinhauer: Schutzpolizei in der Bundesrepublik (wie Anm. 65), S. 209. Heute hat die NRW-Fliegerstaffel 67 Mitarbeiter, davon 36 Piloten und acht Flugbeobachter und Lotsen. Heute werden die Sportanlagen vom 1921 gegründeten Polizeisportverein Wuppertal betreut und sind auch der Öffentlichkeit zugänglich. In seinen persönlichen Erinnerungen zweifelt Günter Libutzki den Sinn dieser Abrissmaßnahme an. Vgl. Anm. 68. 76 Geschichte im Wuppertal 23_3.indd 76 19.09.14 07:57