ORALPATHOLOGIE Gewebeentnahme im Orofacialbereich Dr. Botond TIMÁR 30.01.2017 ORALPATHOLOGIE Schritte der Untersuchung: LippenrotGrenze und benachbarte Haut bei geschlossenem Mund Schritte 1 und 2 bei geöffnetem Mund Schritt 3: Unterlippenschleimhaut und Sulkus bei Abgehaltener Lippe ORALPATHOLOGIE Schritte 4 und 5: Oberlippenschleimhaut und Sulkus bei abgehaltener Lippe Schritt 6: Alveolarfortsatz, bukkale Ansicht Schritt 7 : Alveolarfortsatz, linguale Ansicht ORALPATHOLOGIE Schritt 8: Alveolarfortsatz, frontale Ansicht Schritt 9: Zungenspitze durch Untersucher gehalten Schritt 10: Zunge, seitliche Ansicht ORALPATHOLOGIE Schritt 11: Links – Mundboden Rechts – harter und weicher Gaumen ORALPATHOLOGIE /GEWEBEENTNAHME Biopsie Biopsieindikation: Links - Chronische Ulzeration ohne Heilungstendenz Rechts – Gingivahyperplasie Biopsieindikation: Links - persistierende Schwellung am Zungenrücken Rechts – ausgedehnte Leukoplakie des Mundbodens! ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Nadelbiopsien Feinnadel-, Stanzbiopsie Um einzelne Proben aus einem verdächtigen Bereich zu gewinnen, wird eine Biopsie häufig mit Hilfe von Hohlnadeln durchgeführt. - Im Inneren der Nadel finden sich nach dem Herausziehen einzelne Zellen oder ein kleiner Gewebezylinder. - Diese Methode ist weniger belastend und birgt weniger Risiken als eine "offene" Operation. - Sie hinterlässt in der Regel, wenn überhaupt, nur sehr kleine Narben. - Vor dem Einstechen der Nadel kann zumindest die Haut mit einer lokalen Betäubung schmerzunempfindlich gemacht werden. ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Feinnadelaspirationsbiopsie (FNAB) (auch Feinnadelbiopsie oder Feinnadelpunktion genannt) (FNAB, FNAC) - Wird eine Biopsie mithilfe einer Feinnadel (Punktionskanüle) durchgeführt. Sie erfolgt mit dünnen Hohlnadeln. - Die Zellen werden durch die Kanüle angesaugt und anschließend zytologisch untersucht. - Die Punktion ist besonders für die Untersuchung von nicht sehr festen Geweben wie etwa dem Knochenmark oder zur Gewinnung von Zellen aus Körperflüssigkeiten geeignet. - Weitere Einsatzgebiete sind zum Beispiel tumorverdächtige Knoten in der Schilddrüse, in der Lunge oder in der Bauchspeicheldrüse. im sehr gut durchbluteten Mundraum entschliesst man sich fast immer für eine Feinnadelbiopsie; die Stanzbiopsie würde eine zu grosse Blutung verursachen, ist also so gut wie immer Kontraindiziert. ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Stanzbiopsie („core biopsy”) Dieses Verfahren ist beispielsweise zur Abklärung von Veränderungen in der Brust oder Prostata üblich. Dabei werden mit einer dickeren Nadel mehrere Zylinder zusammenhängenden Gewebes aus dem verdächtigen Bereich heraus gestanzt. Feinnadelbiopsien und Stanzbiopsien können in der Regel ambulant durchgeführt werden, allerdings meist nur in spezialisierten Praxen oder Klinikambulanzen. mit leichtem Druck und Rotation wird ein Gewebeblock entnommen Entnommener Stanzbiopsiezylinder 1 - orale Mukosa 2 - Speicheldrüsenteilchen ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Exzisionsbiopsie Exzisionsbiopsie: Vollständiges Herausschneiden einer Gewebeveränderung Inzisionsbiopsie: Herausschneiden eines Teils einer Gewebeveränderung ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Schema der Exzisionsbiopsie Sicherheitsabstand Die Exzisionsbiopsie liefert Zellen im größeren Gewebeverbund, unter Umständen auch mit benachbartem Bindegewebe, Muskeln, Nervengewebe und Blutgefäßen. Fibrom der Wangenschleimhaut ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Schema der Inzisionsbiopsie Erythroleukoplakie des Mundwinkels: rote und weisse Veränderung mit angrenzendem gesundem Gewebe müssen erfasst werden ORALPATHOLOGIE – BIOPSIE / GEWEBEENTNAHME Kontraindikationen Verdacht auf malignes Melanom Pigmentierte Leukoplakie: nach Jahren Entwicklung eines malignen Melanoms Ulzerierendes Plattenepithelkarzinom – Biopsie in MKG-Chirurgie, nie in zahnärztl. Praxis Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Entwicklungstörungen Dr. Botond TIMÁR 30.01.2017 Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Dysgnathie Ätiologie und Genese der Dysgnathien Dysgnathie • Zahnstellungsanomalie • Okklusionsanomalie • Kieferpositionsanomalie • Entwicklungsstörung • Zahnzahl, Zahnform, Durchbruchszeit Verwechselungsgefahr: im allgemeinen Sprachgebrauch der Chirurgie wird der Begriff „Dysgnathie“ synonym zu „Kieferpositionsanomalie, die nur operativ behandelt werden kann“ verwendet. Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Anomalien der Zahnzahl Zahnunterzahl • Hypodontie bedeutet Nichtanlage typischer Zähne (fehlende Zähne) • Oligodontie bedeutet Nichtanlage atypischer Zähne • Anodontie bedeutet Nichtanlage aller Zähne Betroffen sind eine oder beide Dentitionen Zahnunterzahl – Hypodontie Typische Nichtanlagen in absteigender Reihenfolge: • OK/UK Weisheitszähne • UK zweite Prämolaren • OK seitliche Schneidezähne • OK zweite Prämolaren • UK mittlere Schneidezähne • UK/OK erste Prämolaren Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Fehlende Anlage, die 2.Schneidezähne fehlen im Oberkiefer Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Oligodontie Häufig in Verbindung mit ektodermaler Dysplasie Extraoraler Befund • oftmals verkürztes unteres Gesichtsdrittel • helle Haut • spärliche Behaarung im Bereich der Augenbrauen Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Hyperodontie (Zahnüberzahl) Eine Zahnüberzahl (Hyperdontie) liegt vor, wenn einer oder mehrere Zähne zu häufig angelegt sind. Eine Zahnüberzahl ist sehr viel seltener als eine Nichtanlage von Zähnen und kommt vorwiegend im bleibenden Gebiss vor. Mesiodens Paramolar zusätzliche Zahnleiste Schizodontie (Gemination) Teilung einer Zahnanlage Entstehung zweier gleichartiger Zähne hauptsächlich betroffen ist der seitliche Schneidezahn • Regelrecht • Torquiert • im Staffelstand oft bei LKG Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Mesiodens überzähliger zusätzlicher Zahn, der Platztmangel im OK verursacht Zapfenförmiger Zahn (Dens emboliformis), lokalisiert zwischen den oberen mittleren Schneidezähnen (Oberkiefermitte) oder zwischen 1. und 2. Schneidezahn. Häufig bricht er durch Verlagerung und/oder aus Platzmangel nicht durch. der M. bedingt Zahnstellungsanomalien und Durchbruchszeitanomalien • Torsion • Retention Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Paramolar/Distomolar • Paramolaren: zusätzliche, meist im Oberkiefer zwischen den 1. und 2. oder 2. und 3. permanenten Molaren lokalisierte, überwiegend einwurzelige Zähne. • Distomolaren: überzählige Zuwachszähne, die distal der 3. Molaren lokalisiert sind. Paramolaren und Distomolaren sind häufiger auch als zapfenförmige Zähne (Dentes emboliformis) angelegt. Durch ihre räumliche Anordnung können sie im Wurzelbereich mit den Molaren verwachsen (Dentes concreti). Wegen des erhöhten Kariesrisikos und aus kieferorthopädischen Gründen unterliegen sie der frühzeitigen Extraktion. Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Zusätzliche Zahnleiste Kleidokraniale Dysplasie (Dysostosis cleidocranialis): Krankheitsbild, bei dem es zu multiplen überzähligen Zahnanlagen kommt. Neben dem radiographischen Nachweis der meist retinierten überzähligen Zahnanlagen ist ein Defekt der Schlüsselbeine typisch, der es Betroffenen ermöglicht, die Schultern so weit nach vorn zu führen, bis diese sich berühren. Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Anomalien von Zahngröße und Zahnform Schizodontie • vollständig geteilter Zahn, also andere Form und andere Zahl (hauptsächlich OK 2er) Synodontie • vollständig oder teilweise verschmolzene Zahnanlagen, also andere Form und andere Zahl (hauptsächlich UK 1er) Schizodontie Die totale Schizodontie ist bei Patienten mit Spaltbildungen häufig zu diagnostizieren Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Synodontie Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Dens invaginatus: Zahn im Zahn (eine mit Schmelz ausgekleidete Höhle) Impactatio: quer liegender Eckzahn Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Falsch platzierte Zähne - Occlusio vestibularis/oralis Supraocclusion / Infraocclusion Occlusio mesialis/distalis Torsio dentis Ektopia dentis bei absolutem Platzmangel Heterotopia dentis = ausserhalb des Mundraumes Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Ektopie: vestibulär, ausserhalb der Zahnreihe durchgebrochener Zahn Heterotopie: Gaumenspalte mit palatinal verschobenen oberen Backenzähnen Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Amelogenesis imperfecta auch angeborene Zahnschmelzhypoplasie genannt, ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der es zu einer Störung der Zahnschmelzbildung kommt. Amelogenesis imperfecta mit abgebröckelten gelblich-braunen Zähnen Dentinogenesis imperfecta ist eine autosomal dominant vererbte Fehlentwicklung/Strukturstörung der Zahndentitionen, die ungefähr bei 1 von 8000 Menschen auftritt und eine starke Abrasion der Zähne zur Folge hat. Dentinogenesis imperfecta: graue abgebröckelte Zähne Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Oben – Micrognathia mandibularis Unten – Prognathia maxillaris Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Prognathia mandibularis Offener Biss: obere und untere Schneidezähne treffen nicht aufeinander Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Lippen-Kiefer-Gaumenspalten (LKG) Vorkommen: 1:500 in Mitteleuropa ca. 750 000 Neugeborene ~ 1700 neue Kinder/Jahr 1:300 Asien , 1:150 Indianer , 1:2000 Schwarzafrikaner, davon ca. 35% erblich bedingt • LKG (40-65%) mehr links als rechts; LK-Spalte 20-25%, isolierte ~ 30% • Männer:Frauen = 3:2 familiäre Häufung- genet. Beratung , unregelmäßig dominant vererbt: von Großvater auf Enkel Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Definition der Spaltbildung Jede angeborene Unterbrechung der Gewebskontinuität im Gesicht • Weichgewebe (z.B. Muskeln, Haut) • Hartgewebe (z.B. Knochen, Zähne) • Kombination beider LKG-Spalten sind Fehlbildungen, aber keine Missbildungen. • Alle Gewebe vorhanden Der Begriff „LKG-Spalte“ bezieht sich auf sehr viele verschiedene Krankheitsbilder • Therapieunterschiede beachten • Verallgemeinerungen vermeiden Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich LKG-Spalte: Ursachen genet.Komponente -> 15-30% - unregelm. dominant-autosomal (35%) Opa auf Enkel äußere Komponenten: minimale Durchblutungsstörung / Vit-B-Mangel Strahlen (Rö, gamma) Chemie (teratogen); Zytostatika, Erkrankungen der Mutter; Virusinfektion (Röteln) Mumps, Tbc, Typhus, Toxoplasmose, Diab.mell. Sauerstoff-Mangel; Alkohol; Stress, Rauchen Lippenspalte (cheiloschisis) Kieferspalte (gnatoschisis) Gaumenspalte (palatoschisis) Cheilognatopalatoschisis Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Lippenspalte Lippenspalte: (Cheiloschisis) Öffnung in der Oberlippe zwischen Mund und Nase. Der Spalt in der Oberlippe erstreckt sich vom Lippenrot bis zum Nasenloch. Die Trennstelle befindet sich entlang der Philtrum-Kante. Bei beidseitigen Spalten ist das zentrale Segment der Oberlippe isoliert. einseitig/doppelseitig vollständig / partiell isoliert / komplex (LKG) -> 1-seitig immer paramedian !! an Philtrumkante vollständig: alle Schichten durch (SH, Lippenrot/-weiß, Übergangshaut, Muskeln, äußere Haut) unvollständig: eine oder mehrere Schichten erhalten -> Lippenkerbe -> 2-seitig beide Philtrumkanten vollständig / partiell symmetrisch / asymmetrisch Beidseitige Lippenspalte Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Kieferspalte !!! nie isoliert: Lippen – Kiefer oder LKG 1- / 2-seitig Grenze Zwischenkiefer (med. Nasenwulst) & seitl. OK-Segment (2er Region) meist mit knöchernem Defekt -> Kiefer bis knöchernen Nasenboden -> V-förmig Zähne Nasenboden ant. post. Zähne v-förmige Kippung Schleimhautmastikation -> 2er Aplasie, vorliegen (Pappelbildung), Hypoplasie (Krone u./o. Wurzel) Einseitige LippenGaumenspalte Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Hartgaumenspalte: • zw. For.incisivi -> sp. nasalis post. • nicht isoliert -> harte & Weichgaumenspalte oder LKG • 1- / 2-seitig -> Zusammenwachsen Hartgaumen mit Nasenseptumbasis vollständig / partiell orale & nasale Schleimhaut & Knochen unterbrochen Weichgaumenspalte: • immer Mitte !!! • Spina nasalis post -> Uvula (Uvula bifida) doppelte spina nasalis post. mgl. vollständige / partielle (Ausdehnung) isoliert / mit Hartgaumenspalte -> Gaumenspalte 1- / 2-seitig vollständig / partielle (Schichtung) orale & Nasenschleimhaut, Muskulatur -> submukös: Schleimhaut da, Muskel fehlt !! Übersehen !! Entwicklungsstörungen im Orofacialbereich Funktionsstörung: Anatomie & Spaltbreite Gaumenspalten - Mund / Nasenhöhle nicht getrennt -> kein Widerlager -> Atembehinderung (Pierre-Robin-Syndr.)-zusätzl. Rücklage UK Nahrungsaufnahme: „melken“ der Brustwarze/Sauger Muskelspaltung -> Belüftungsstörung Mittelohr -> Seromukotympanon kein Druckausgleich Lippenspalte: wenig fkt. Einschränkung -> nur wenn zu groß 1. Lautbildungsstörung: Rhinophonie (Kind versucht Spalte mit Zunge zu schließen) (Kiefergaumenspalte -> fehlende Trennung Nase/Mund) Resonanzraum Rhinolalia aperta (Näseln): Mesopharynx gg. Epi~ gedrückt zu kurzer Weichgaumen Lippenspalten(unverschl.)->vordere Artikulationszone 2. Mundatmung: -> Deviation Nasenscheidewand kleine Naseneingänge Verwachsen der Nasenhaupthöhle 3. Dentoalveoläre Fehlverzahnung: Zahnzahl/-stellung im Spaltbereich 4. Max. Retrognathie: Wachstumsbehinderung OK 5. Kariesanfälligkeit: Mineralisation ↓ bei Zahnverlust Wachstumsstau OK