Recht in der beruflichen Bildung Einführung / Allgemeines Individualarbeitsrecht - regelt das rechtliche Verhältnis zwischen dem einzelnen Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer. - befasst sich hauptsächlich mit dem Zustandekommen des Arbeitsvertrages, mit den Pflichten der Arbeitsvertragsparteien, mit den zahlreichen, gegenüber dem allgemeinen Zivilrecht modifizierten, Regelungen des Leistungsstörungsrechts und mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, insbesondere der Kündigung. Kollektives Arbeitsrecht - befasst sich mit den rechtlichen Regelungen der Beziehungen zwischen den Zusammenschlüssen von Arbeitnehmer (Gewerkschaften) und Arbeitgebern (Arbeitgeberverbänden oder tariffähige Arbeitgeber) - Tarifvertrag - sowie zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern – Mitbestimmung und Betriebsvereinbarung. Definition Arbeitsvertrag - Ein Arbeitsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der Arbeitnehmer zur Leistung der versprochenen Arbeit und der Arbeitgeber zur Zahlung des Arbeitslohns verpflichtet. Definition Arbeitnehmer - BAG: Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen in persönlicher Abhängigkeit zur Arbeit verpflichtet ist. - Arbeitnehmer sind daher auch Heimarbeiter (HeimArbG), Auszubildende (BBiG), geringfügig Beschäftigte (TzBfG). - keine Arbeitnehmer sind Beamte, Richter, Strafgefangene, Organe juristischer Personen, Handelsvertreter, § 5 ArbGG Definition Leitender Angestellter - ist ein Arbeitnehmer, der nicht nur unbedeutsame unternehmerische Aufgaben wahrnimmt, dem hierbei ein erheblicher Entscheidungsspielraum zugebilligt worden ist und diese Aufgaben auch seiner Dienststellung und seinem Arbeitsvertrag. - besondere arbeitsrechtliche Regelungen gelten beim leitenden Angestellten beim Kündigungsschutzgesetz (§§ 14, 17 KSchG), im Arbeitsgerichtsgesetz (§ 22 II Nr. 2 ArbGG) und im Betriebsverfassungsgesetz (§ 5 III, IV BetrVG). Abgrenzung zu anderen Vertragsarten Werkvertrag - Nach § 631 Abs. 1 BGB wird durch den Werkvertrag der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zu Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. - Nach § 631 Abs. 2 BGB kann Gegenstand eines Werkvertrages sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein. - Im Unterschied zum Arbeitsvertrag (und auch zum Dienstvertrag) hat der Werkvertrag einen erfolgsbezogenen, keinen tätigkeitsbezogenen Vertragsinhalt. Dienstvertrag - Der Dienstvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag, in dem sich der eine Vertragsteil zur Leistung eines bestimmten Dienstes (Dienstverpflichteter) und sich der andere Vertragsteil dafür zur Zahlung eines Entgelts (Dienstberechtigter) verpflichtet, § 611 BGB. Aus dem Dienstvertrag ist auch der spezielle Arbeitsvertrag hervorgegangen. 2 Seite 2 von 57 - Im Arbeitsrecht sind folgende zwei Rechtsformen zu unterscheiden: - der Arbeitsvertrag (für abhängig Beschäftigte) oder - der sogenannte echte Dienstvertrag. Im Unterschied zum Arbeitsvertrag erbringt der Dienstverpflichtete seine Dienste in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit/Selbstständigkeit, (z.B. Rechtsanwälte, Ärzte, Steuerberater, Architekten u.a.) oder steht den gesetzlichen Vertretern von juristischen Personen (z.B. Geschäftsführer einer GmbH, Vorstand einer AG) vor (Organschaft). Ein Arbeitsvertragsverhältnis ist hingegen durch das persönliche Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber gekennzeichnet. Er ist ihm gegenüber weisungsgebunden. Erhält er Weisungen für die Durchführung der Arbeit, muss er sich an bestimmte Arbeitszeiten halten, erbringt er die Arbeitsleistung an einem bestimmten Ort und ist in die Arbeitsorganisation eingebunden, so sind dies alles Indizien, die für einen Arbeitsvertrag sprechen. Abgrenzung Arbeitnehmer zu Scheinselbstständigem Scheinselbstständiger ist, wer eine selbstständige Erwerbstätigkeit beim Gewerbeamt oder Finanzamt angemeldet hat, obwohl die Voraussetzungen für eine unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegen, er also tatsächlich abhängig beschäftigt ist. Zum Schutz der Tätigen und zur Vermeidung einer Umgehung der Sozialversicherungspflicht durfte der Sozialversicherungsträger früher (seit 1999) eine abhängige und damit versicherungspflichtige Beschäftigung unterstellen, wenn mindestens drei von fünf der nachfolgend aufgeführten Merkmale vorlagen: - Die beschäftigte Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit seinerseits keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. - Die Person ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. - Der Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten. - Die Tätigkeit der beschäftigten Person lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen (z.B. Werbung, Akquise etc.). - Die Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte. Mit Wegfall der Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) IV im Jahre 2004 gibt es keine schematische Lösung mehr. Der Sozialversicherungsträger muss auf der Basis von § 7 Abs. 1 SGB IV Tatsachen ermitteln, die zur Beurteilung der Rechtsfragen, ob Selbstständigkeit oder abhängige Beschäftigung vorliegt, erforderlich sind. Entscheidend ist eine Prüfung im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles. Die vorgenannten Merkmale der ehemaligen Vermutungsregelung können ein Indiz für eine Scheinselbstständigkeit sein, sie begründen diese jedoch nicht allein. Vorwiegend kommt es darauf an, ob die beschäftigte Person weisungsgebunden arbeitet und sie in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers eingebunden ist. Folgen der Scheinselbstständigkeit: - Auftraggeber muss (auch) für den Scheinselbstständigen, rückwirkend für max. 4 Jahre, sämtliche Sozialversicherungsbeiträge abführen. Keine Möglichkeit der Rückforderung vom AN. - Ist der Scheinselbstständige kein Unternehmer i.S.d. EStG, haftet der Auftraggeber bis dahin auch für die abzuführenden Lohnsteuern. Ebenfalls keine Rückforderung vom AN. Mögliche Vermeidung: - Anrufung der Clearingstelle bei der Deutschen Rentenversicherung, § 7a SGB IV oder verbindliche Auskunft von Krankenkasse einholen. 3 Seite 3 von 57 Begründung vorvertraglicher Pflichten Schuldverhältnis durch Vertragsanbahnung - Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen. Hierdurch werden die Vertragsparteien zur voneinander abzuhalten, § 242 BGB. Wahrheit verpflichtet und dazu, Schäden Bei Verstoß kann Schadenersatz (c.i.c.) gefordert werden, oder der Vertrag kann wegen arglistiger Täuschung angefochten werden (§ 123 BGB). Stellenausschreibung - es ist das AGG zu beachten: Im Arbeitsrecht ist durch das AGG ein Verbot der Benachteiligung/Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verankert, §§ 1, 2 Abs.1 Nr.2 AGG. Daher besteht Verpflichtung zur geschlechtsneutralen Ausschreibung der Stelle, falls kein sachlicher Grund vorliegt Folge bei Verstoß: Voraussetzung: Schadenersatz (c.i.c.), Schmerzensgeld i.H.v. mind. 3 Bruttomonatsgehältern Geltendmachung innerhalb von 2 Monaten Vorstellungsgespräch - Kosten Der AG hat dem Bewerber die Kosten der Anreise zum Vorstellungsgesprächs zu erstatten, falls dies nicht vorher ausgeschlossen wurde. - Fragerecht des AG Erlaubt sind alle Fragen, die die (grundsätzliche) Eignung des Bewerbers für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle betreffen. z.B. Fragen nach: Berufserfahrung; Qualifikationen; einschränkende oder ansteckende Erkrankungen; beabsichtigte OP oder Kur; Vermögensverhältnisse, Schwerbehinderung oder Vorstrafe nur, falls dies für die Besetzung von Bedeutung ist) Nicht erlaubt sind Fragen, die den persönlichen Bereich des Bewerbers betreffen. z.B. Fragen nach: Lebensplanung, Schwangerschaft, familiäre Verhältnisse, Gewerkschaftszugehörigkeit, Religionszugehörigkeit Ausnahme: Bewerbung bei Tendenzbetrieben und bei Tendenzbezug der ausgeschriebenen Arbeit Auf nicht erlaubte Fragen darf der AN mit einer Lüge antworten (dann besteht auch kein Anfechtungsrecht des AG nach § 123 BGB). Der AN muss dem AG von sich aus ungefragt Auskunft über die ihm bekannten Umstände erteilen, die seiner Arbeitsverpflichtung entgegenstehen (Offenbarungspflicht). Eignungstest/Einstellungsuntersuchung - Personalfragebogen: Mitbestimmung des Betriebsrats beachten 4 Seite 4 von 57 - Eignungstests: sind unbedenklich Psychiatrische oder ärztliche Untersuchungen: Nur mit Zustimmung des Bewerbers Begründung des Arbeitsvertrages Annahme und Angebot - Der Arbeitsvertrag kommt durch zwei empfangsbedürftige Willenserklärungen (Angebot und Annahme) zustande, § 145 ff. BGB - Willenserklärungen (Verträge) mit beschränkt Geschäftsfähigen (§ 106 BGB) werden nur wirksam, wenn Ihr (bei Alleinsorge oder Vormundschaft), oder Ihre gesetzlichen Vertreter zustimmen, d.h. in den Vertrag vorher einwilligen, oder diesen nachträglich genehmigen, § 107 BGB. Etwas anderes gilt nur für rechtlich lediglich vorteilhafte Verträge. § 113 BGB gilt nicht für Ausbildungsverhältnisse ! - Unter Anwesenden gilt eine Willenserklärung mit Äußerung als abgegeben. - Unter Abwesenden gilt eine Willenserklärung (Angebot, Annahme, Kündigung etc.) dann als abgegeben, wenn diese in den Herrschaftsbereich des Erklärungsempfängers gelangt und dieser üblicherweise Kenntnis nehmen konnte, § 130 BGB: bei Briefkästen - Zeitpunkt der "üblichen" Leerung bei Empfangsvertreter (§ 164 III) - sofort mit Übergabe bei Empfangsbote (enge Familienangehörige, Mitbewohner, Angestellte etc.), wenn mit der Möglichkeit der Weiterleitung an den Empfänger zu rechnen ist. bei Erklärungsbote (Handwerker im Haus, Verwandte auf der Straße) erst bei tatsächlicher Weiterleitung Formerfordernisse - Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich formfrei, also auch durch mündliche oder konkludente Willenserklärungen (d.h. in einer ggf. nichtverbalen Art, deren Bedeutung beiden Vertragspartnern aber voll verständlich war, z.B. Kopfnicken, Handschlag etc., nicht aber durch Schweigen !) geschlossen werden. - Ausnahmen: konstitutives Schriftformgebot für befristete Arbeitsverhältnisse (§ 14 Abs.4 TzBfG), Folge bei Formverstoß: Ungültigkeit der Befristungsabrede = unbefristetes Arbeitsverhältnis deklaratorische Schriftformgebote (Pflicht zur Niederschrift) gemäß § 2 NachwG für alle Arbeitsverhältnisse (Ausnahme bei kurzzeitiger Beschäftigung, weniger als 1 Monat, siehe § 1 NachwG), § 11 Abs.1 AÜG i.V.m. § 2 NachwG: speziell für Leiharbeitsverhältnisse § 11 BBiG speziell für Berufsausbildungsverträge, insbesondere Ausbildungsverhältnisse und Praktika Folgen eines Verstoßes: Beweislastumkehr zugunsten des AN = AG muss ausgehandelte Arbeitsbedingungen beweisen. Arten von Arbeitsverhältnissen Unbefristete Arbeitsverträge - stellt den gesetzlich vorgesehenen Normalfall dar. Befristete Arbeitsverträge (TzBfG) 5 Seite 5 von 57 - § 14 Teilzeitbefristungsgesetz erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen die Befristung des Arbeitsverhältnisses: - Wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Befristungsabrede ist, dass diese zuvor schriftlich zwischen den Parteien im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist. - Das Teilzeitbefristungsgesetz unterscheidet weiterhin zwischen - einer kalendermäßigen Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes und - einer Befristung mit sachlichem Grund - Eine Befristung ist gem. § 14 Abs.1 TzBfG aus sachlichem Grund immer dann zulässig - falls der Arbeitgeber nur einen vorübergehenden Bedarf an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat - falls die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt - falls der Arbeitnehmer zur Vertretung eingestellt wird (bei Schwangerschaft, Krankheit oder Urlaub eines anderen Arbeitnehmers) - bei projektbezogenen Befristungen (z.B. Film-, Theater-Produktion) - bei Einstellung zur Probe - bei Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen - falls der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind - falls die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. - Um eine Einstellung von Arbeitnehmern zu erleichtern, ist gem. § 14 Abs.2 TzBfG die kalendermäßige Vereinbarung einer Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieser zwei Jahre darf das Arbeitsverhältnis höchstens dreimal befristet verlängert worden sein. Verlängert bedeutet, dass noch während der Laufzeit eines befristeten Vertrages ein späterer Endzeitpunkt vereinbart wird und die Arbeitsbedingungen im wesentlichen gleich bleiben. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Für Existenzgründer gilt eine Sonderregelung. Diese dürfen gem. § 14 Abs. 2a TzBfG seit dem 01.01.2004 in den ersten vier Jahren nach Unternehmensgründung befristeter Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund bis zu einer Dauer von vier Jahren abschließen. Auf die Anzahl der Verlängerung kommt es innerhalb dieser Zeit nicht an. Eine weitere Sonderregelung gilt für AN, die das 52. Lebensjahr vollendet haben (5 Jahre maximale Befristung), § 14 Abs.3 TzBfG. - Die Wirksamkeit einer Befristungsabrede kann (nur) innerhalb von drei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Fristablauf des Arbeitsverhältnisses) gerichtlich überprüft werden. - Ist die Befristungsabrede unwirksam, besteht ein auf unbestimmte Zeit geschlossenes unbefristetes Arbeitsverhältnis, welches nur durch Kündigung beendet werden kann. Teilzeitarbeitsverhältnisse/ Geringfügig Beschäftigte (TzBfG) - Teilzeitbeschäftigte haben nach § 4 TzBfG grundsätzlich die gleichen arbeitsrechtlichen Ansprüche wie Vollzeitbeschäftigte. - In Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmern haben Arbeitnehmer nach § 8 TzBfG nach mindestens sechsmonatiger Beschäftigung einen vor dem Arbeitsgericht einklagbaren Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche. 6 Seite 6 von 57 Etwas anderes gilt nur, wenn dem betriebliche Gründe entgegenstehen, etwa wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen oder unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. Die Ablehnungsgründe können nach § 8 TzBfG durch Tarifvertrag festgelegt werden. - Ein Rückkehrrecht von unbefristeter Teilzeitarbeit auf eine Vollzeittätigkeit ist im deutschen Teilzeit- und Befristungsgesetz nicht vorgesehen. Falls jedoch neue oder freie Stellen zu besetzen sind, müssen nach dem bundesdeutschen Recht (§ 9 TzBfG) teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter vorrangig berücksichtigt werden, die den Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung geäußert haben. Altersteilzeit (AltersteilzG) - Unter dem Begriff der Altersteilzeit wird der gleitende Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand durch eine Reduzierung der Arbeitszeit oder die vorzeitige Beendigung der aktiven Tätigkeit (Vorruhestandsrente) verstanden. Bis zum 31.12.2009 konnten Beschäftigte die Vorruhestandsregelungen ab dem 55. Lebensjahr in Anspruch nehmen. Ab dem 01.01.2010 werden Frühverrentungen nur noch dann gefördert, wenn die Altersteilzeit vor diesem Zeitpunkt begonnen hat. Ausbildungsverhältnisse (BBiG) - Durch ein Berufsausbildungsverhältnis wird ein besonderes Rechtsverhältnis begründet, das zum Zwecke der Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf zwischen einem Auszubildenden und einem Ausbildenden begründet wird, §§ 10-50 BBiG. - Die zuständigen Stellen (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer) haben für anerkannte Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen, in das der wesentliche Inhalt des Berufsausbildungsvertrags einzutragen ist. - Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie (BMWT) erlässt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und durch Rechtsverordnung für die Ausbildungsberufe Ausbildungsordnungen (§§ 4, 5 BBiG, § 25 HandwO). - Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden (§ 4 Abs.2 BBiG). Leiharbeit/ Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) - Die Arbeitnehmerüberlassung kommt in zwei Formen vor: 1. die echte Arbeitnehmerüberlassung bei Mitarbeiterüberlassung innerhalb eines Konzerns: hierfür bedarf es keiner Genehmigung nach dem AÜG 2. der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung - Die Voraussetzungen für eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung nach AÜG sind: 1. 2. 3. 4. - Arbeitsvertrag zwischen AN und Verleiher Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zw. Verleiher und Entleiher tatsächliche Überlassung des Arbeitnehmers Gewerbsmäßigkeit: a) Überlassung als selbstst. Tätigkeit b) auf gewisse Dauerhaftigkeit angelegt c) mit Gewinnerzielungsabsicht Genehmigungspflichtigkeit Arbeitnehmerüberlassung und wesentliche Anforderungen der gewerblichen 1. Genehmigung durch Erlaubnis der Arbeitsverwaltung 2. Notwendiger schriftlicher Arbeitsvertrag zw. Verleiher und Leiharbeitnehmer 7 Seite 7 von 57 3. 4. 5. 6. - Einschränkungen Befristung im Bausektor § 1 b AÜG Erstbefristung nur aus Gründen der Person des AN möglich keine Vereinbarung vom Lohnwegfall bei Nichtbeschäftigung Gleichbehandlungsgrundsatz a) gleicher Lohn für gleiche Arbeit von vergleichbaren Mitarbeitern des Betriebes, § 3 I Nr.3 AÜG b) gleiche Arbeitsbedingungen, § 10 AÜG c) Ausn.: bei Einstellung Arbeitsloser, für die ersten 6 Wochen Tarifvertrag Folgen von Verstößen 1. Verstöße gegen das AÜG können straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, § 16 AÜG 2. Zw. Leiharbeitnehmer und Entleiher entsteht ein Arbeitsverhältnis bei Unzulässigkeit der AN-Überlassung, § 10 AÜG 3. Gewinnabschöpfung, § 17 AÜG - Abgrenzung Leiharbeit zum Werkvertrag Kriterien pro Werkvertrag - Gewährleistungsübernahme - Vergütungsgefahr bei zufälligem Untergang des Werkes - Abrechnung nach Ergebnissen - Art und Einteilung der Arbeiten wird vom Unternehmer selbst bestimmt Kriterien pro Arbeitnehmerüberlassung - Entsendung bestimmter, namentlich benannter AN - Mitspracherecht des „Entleihers“ bei Erteilung v. Urlaub o. Freizeit - Leiharbeitnehmer schuldet dem Entleiher keinen Erfolg Heimarbeit (HAG) - - In Heimarbeit Beschäftigte sind von ihren Auftraggebern in hohem Maße wirtschaftlich abhängig und stehen deshalb unter besonderem gesetzlichen Schutz des Heimarbeitsgesetzes. Als ein in Heimarbeit Beschäftigter gilt, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (z.B. der eigenen Wohnung) für einen Auftraggeber vorgegebene und sich wiederholende Arbeiten (dazu können auch Büroarbeiten zählen) ausführt. Hierbei ist es unerheblich, ob diese Person geringfügig oder vollbeschäftigt wird. Ebenso ist die Höhe des Verdienstes nicht ausschlaggebend. Auch der Abschluss von Werkverträgen bzw. Werklieferungsverträgen oder die Verpflichtung, sich als Gewerbetreibender anzumelden, beeinträchtigt nicht die Eigenschaft, ein in Heimarbeit Beschäftigter zu sein. Er ist in hohem Maße vom Auftraggeber wirtschaftlich abhängig. Die Arbeitsleistung eines in Heimarbeit Beschäftigten ist dagegen durch persönliche Unabhängigkeit gekennzeichnet, die sich in der freien Bestimmung des Arbeitsplatzes, der Arbeitszeit sowie des Umfanges und der Reihenfolge der Arbeit äußert. Der Heimarbeiter ist - anders als ein Arbeitnehmer - nicht in die innerbetriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden. Das bedeutet, dass der Auftraggeber gegenüber dem in Heimarbeit Beschäftigten kein Direktionsrecht besitzt. - Heimarbeit wird durch Entgeltzahlungen vergütet. Diese Entgelte werden in der Regel stückweise auf der Grundlage von Stundenlöhnen berechnet. Die Höhe des mindestens zu zahlenden Entgelts wird verbindlich festgelegt in: bindenden Festsetzungen durch paritätisch besetzte Heimarbeitsausschüsse mit Zustimmung der Arbeitsbehörde oder Tarifverträgen, wenn Tarifpartner bestehen. Zusätzlich zu dem Entgelt haben die Heimarbeiter Anspruch auf die nachfolgenden gesetzlichen Ansprüche: Urlaubsentgelt Zusätzliches Urlaubsgeld Feiertagsgeld 8 Seite 8 von 57 Krankengeldausgleich Heimarbeitszuschläge In vielen Branchen bestehen aufgrund bindender Festsetzungen auch Ansprüche auf Jahressonderzahlungen vermögenswirksame Leistungen. - Der AG muss dem Amt für Arbeitsschutz melden, wenn er Heimarbeiter beschäftigt. Die Entgeltzahlungen werden vom Amt für Arbeitsschutz überwacht. - Das Beschäftigungsverhältnis einer Heimarbeiterin/eines Heimarbeiters kann in den ersten 4 Wochen beiderseits an jedem Tag für den Ablauf des nächsten Tages gekündigt werden, danach beiderseits nur mit einer Frist von 2 Wochen. Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien Inhalt des Arbeitsvertragsverhältnisses - Vertragsfreiheit Grundsätzlich gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages Im Rahmen des zwingenden höherrangigen Rechts können die Parteien einzelne Inhalte des Arbeitsvertrages nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit frei untereinander als verbindlich vereinbaren. Sofern die Vertragsbedingungen des Arbeitsvertrages vom Arbeitgeber formularmäßig vorgegeben worden sind, unterliegen diese als Allgemeine Geschäftbedingungen der gerichtlichen Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB). Hiernach sind insbesondere überraschende und ungewöhnliche Klauseln verboten. Bei Mehrfachbedeutungen gehen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders (§ 305 c BGB). Unwirksame Klauseln werden durch gültige gesetzliche Regelungen ersetzt. Sie haben nicht die Unwirksamkeit des gesamten Arbeitsvertrages zur Folge (Geltungserhaltende Reduktion). Rechtsnormen im Arbeitsverhältnis Das anzuwendende nationale Recht verfolgt einem Stufenaufbau arbeitsrechtlicher Regelungen, die sich nach der Stärke der Rechtsquellen (von oben, nach unten) wie folgt darstellen: - I. Grundgesetz z.B.: Art. 1 GG – Schutz des Persönlichkeitsrechts Art. 5 GG – Schutz der Meinungsfreiheit Art. 9 Abs.3 GG – Schutz der Koalitionsfreiheit - II. Europarechtliche Richtlinien und Verordnungen Richtlinien bedürfen noch der Umsetzung durch den Mitgliedstaat. Verordnungen sind hingegen als unmittelbar geltendes Recht verbindlich. z.B. Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft - III. Gesetze und Verordnungen 9 Seite 9 von 57 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) Neben den allgemeinen, das Rechtsgeschäft betreffenden Vorschriften (Vertragsrecht), sind im BGB auch speziellere Vorschriften für das Arbeitsrecht enthalten (der Arbeitsvertrag ist eine Sonderform des Dienstleistungsvertrages) - Arbeitspflicht (§ 611 BGB) - Vergütung (§§ 611,612 BGB) - Entgeltfortzahlung (§ 616 BGB) - Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB) - Treuepflicht des AN, § 242 BGB - Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang (§ 613 a BGB) - Grundregelungen zum Kündigungsrecht (§§ 622, 626 BGB) - Zeugniserteilungsanspruch (§ 630 BGB) u.v.a.m. HGB (Handelsgesetzbuch) Im HGB sind ungute Regelungen für die kaufmännischen Angestellten beschrieben. Des weiteren wird dem HGB beschriebene Regelung des Wettbewerbsverbots (§§ 60, 74 ff. HGB) auch auf alle anderen Arbeitnehmer übertragen. Arbeitnehmerschutzgesetze: Arbeitnehmererfindergesetz ASiG AltTZG Arbeitszeitgesetz Bildungsfreistellungsgesetz Bundesdatenschutzgesetz Entgeltfortzahlungsgesetz MuSchG Teilzeitbefristungsgesetz Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Arbeitsschutzgesetz Arbeitsstättenverordnung BBiG Bildschirmarbeitsplatzverordnung BUrlG KSchG SchwbG Sozialgesetzbuch Prozessgesetze: Arbeitsgerichtsgesetz Gerichtsverfassungsgesetz ZPO Kollektivrechtliche Gesetze: BetrVG MitbestG Tarifvertragsgesetz Sozialgesetzbuch III - IV. Tarifvertrag, TVG Bei Tarifbindung oder Geltung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags oder bei individualvertraglicher Inbezugnahme durch den Arbeitsvertrag. - V. Arbeitsvertrag Hiermit beginnt immer die Prüfung der gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertragsverhältnis. - VI. Betriebsvereinbarung, § 77 BetrVG Schriftliche Vereinbarung zwischen dem Betriebsrat (als Vertreter aller AN) und dem Arbeitgeber, zumeist zum Zwecke der Arbeitsorganisation (Vereinbarung tariflich regelbarer und gesetzlich geregelter Vertragsziele ist verboten). - VII. Betriebliche Übung 10 Seite 10 von 57 Wiederholte, vorbehaltslose Leistung, durch welche beim AN ein Vertrauen darauf entstehen durfte, dass diese Leistung zum Vertragsinhalt geworden ist. - VIII. Gleichbehandlungsgrundsatz Regelt primär ein Benachteiligungsverbot bei freiwilligen Sozialleistungen des Arbeitgebers. Dem arbeitsrechtlichen Wirkung zu. Gleichbehandlungsgrundsatz kommt eine anspruchsbegründende Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dem Arbeitgeber insbesondere die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden. Seit der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind bestimmte Arten und Formen der Ungleichbehandlung spezialgesetzlich definiert und verboten worden. Der allgemeine Anspruch nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz wird in diesen Fällen vom spezielleren AGG verdrängt. - VIII. Weisungsrecht des Arbeitgebers Kraft seines Direktions- oder Weisungsrechts kann der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nach Ort und Zeit konkretisieren, nicht aber einseitig ändern. Art, Die Grenzen des Weisungsrechts liegen in denen vereinbarten vertraglichen, gesetzlichen, tariflichen, oder betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen und Festlegungen. Rangprinzip - Grundsätzlich gilt zunächst das Rangprinzip, wonach das ranghöhere Recht dem im Rang niedrigeren Recht vorgeht. Günstigkeitsprinzip - Das Günstigkeitsprinzip bestimmt jedoch, dass eine Regelung einer niederen Rangstufe der höherrangigen Rangstufe vorgeht, wenn die niederrangige Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist, als die höherrangige Regelung. - Dies bedeutet dass das Rangprinzip dann gilt, wenn niederrangige Regelungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers von höherrangigen Regelungen abweichen, während der Arbeitnehmer sich nach dem Günstigkeitsprinzip auf die Geltung einer niederrangigen Rechtsquelle berufen kann, wenn diese günstiger für ihn sind, als die höherrangige Rechtsnormen. Spezialität - und Ordnungsprinzip Gilt für Rechtsquellen innerhalb einer Rangstufe - Nach dem Ordnungsprinzip löst eine später geschaffene Rechtsnormen die früher bestandene ab. - Nach dem Spezialitätsprinzip geht die speziellere Regelung einer Rangstufe der allgemeineren Regelung vor. Hauptpflichten im Arbeitsvertrag Arbeitspflicht - AN muss die geschuldete Arbeit ist am festgelegten Ort und zur richtigen Zeit erbringen. Die Arbeitsleistung ist vom Arbeitnehmer höchstpersönlich zu erbringen. Er darf keine Ersatzkraft einstellen und ist hierzu auch nicht verpflichtet (z.B. Vertretung während des Urlaubs oder Krankheit). Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber nicht auf die Erfüllung der Arbeitsleistung verklagt werden, da eine Vollstreckung eines darauf ausgerichteten Urteils nach § 888 Abs. 2 ZPO (unvertretbare Handlung) ausgeschlossen ist. 11 Seite 11 von 57 Allerdings kann sich der Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig machen. - Es besteht ein Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere bei Überstunden. Der AG hat aber das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu beachten. Lohnzahlungspflicht - AG muss den vereinbarten Lohn pünktlich zahlen. Kommt der AG dieser Pflicht für mehr als 6 Wochen nicht nach, kann der AN ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, § 273 BGB Überstunden und Überstundenvergütung - Im Rahmen seines Weisungsrechts darf der Ag den AN im Falle eines betrieblichen Bedürfnisses dazu auffordern, Überstunden zu leisten. - Dieses Weisungsrecht darf die Grenzen der Zumutbarkeit, insbesondere die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes nicht überschreiten. Arbeitszeitgesetz Allgemeines - Das Arbeitszeitgesetz gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer (also nicht für Beamte oder mit hoheitlichen Aufgaben beliehene Arbeitnehmer), als auch die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. - Die wichtigsten Ausnahmen werden in § 18 ArbZG geregelt: leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes, Leiter öffentlicher Dienststellen und deren Vertreter sowie Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind, Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen, der liturgische Bereich der Kirchen und der Religionsgemeinschaften, Personen unter 18 Jahren, für diese gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz, Arbeitszeit - Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf gem. § 3 ArbZG acht Stunden nicht überschreiten. Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Vertragliche Änderungen sind im Einzelfall möglich. - Die Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Für Nachtarbeitnehmer muss dieser Ausgleich gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 ArbzG binnen Monatsfrist hergestellt werden. - Gem. § 14 ArbZG darf nur in den nachfolgend aufgeführten außergewöhnlichen Fällen von diesen Höchstsummen abgewichen werden: bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu mißlingen drohen. 12 Seite 12 von 57 wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden, bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlußarbeiten sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen oder zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen, Wird von der Befugnis nach § 14 ArbZG Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht über- schreiten. Ruhepausen - Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten zu unterbrechen. - Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden ist die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 45 Minuten zu unterbrechen. - Ruhepausen können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. - Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden. Ruhezeiten - Gem. § 5 ArbZG müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. - In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung kann die Dauer der Ruhezeit des Absatzes um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird. Abweichend hiervon können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden. Sonn- und Feiertagsarbeit - Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer gem. § 9 ArbZG Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden, § 9 Abs.1 ArbZG. - In mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann der Beginn oder das Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht, § 9 Abs.2 ArbZG. - Für Kraftfahrer und Beifahrer kann der Beginn der 24stündigen Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu zwei Stunden vorverlegt werden, § 9 Abs.2 ArbZG Ausnahmemöglichkeiten vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit, § 10 ArbZG - Sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können, dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen abweichend von § 9 beschäftigt werden: 1. in Not- und Rettungsdiensten sowie bei der Feuerwehr, 13 Seite 13 von 57 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden und für Zwecke der Verteidigung, in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen, Schaustellungen, Darbietungen und anderen ähnlichen Veranstaltungen, bei nichtgewerblichen Aktionen und Veranstaltungen der Kirchen, Religionsgesellschaften, Verbände, Vereine, Parteien und anderer Vereinigungen, beim Sport und in Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen, beim Fremdenverkehr sowie in Museen und wissenschaftlichen Präsenzbibliotheken, beim Rundfunk, bei der Tages- und Sportpresse, bei Nachrichtenagenturen sowie bei den der Tagesaktualität dienenden Tätigkeiten für andere Presseerzeugnisse einschließlich des Austragens, bei der Herstellung von Satz, Filmen und Druckformen für tagesaktuelle Nachrichten und Bilder, bei tagesaktuellen Aufnahmen auf Ton- und Bildträger sowie beim Transport und Kommissionieren von Presseerzeugnissen, deren Ersterscheinungstag am Montag oder am Tag nach einem Feiertag liegt, bei Messen, Ausstellungen und Märkten im Sinne des Titels IV der Gewerbeordnung sowie bei Volksfesten, in Verkehrsbetrieben sowie beim Transport und Kommissionieren von leichtverderblichen Waren im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung, in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben, in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren, im Bewachungsgewerbe und bei der Bewachung von Betriebsanlagen, bei der Reinigung und Instandhaltung von Betriebseinrichtungen, soweit hierdurch der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebs bedingt ist, bei der Vorbereitung der Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebs sowie bei der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen, zur Verhütung des Verderbens von Naturerzeugnissen oder Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitsergebnissen sowie bei kontinuierlich durchzuführenden Forschungsarbeiten, etc. - Abweichende Regelungen durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde sind möglich. Mitbestimmung des Betriebsrats - Nach der herrschenden Meinung unterliegt die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. - Der Betriebsrat hat, gemäß Eingangssatz § 87 BetrVG, sofern eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ein umfassendes Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung von folgenden Angelegenheiten: Nach § 87 Abs.1 Nr. 2 BetrVG: Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Lage der Pausen und Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Beispiele: 14 Seite 14 von 57 gleitende Arbeitszeit, Einführung oder Abbau von Schichtarbeit, Aufstellung von Dienstplänen, Einrichtung und Ausgestaltung einer Rufbereitschaft, Einführung von Bereitschaftsdienst, Telearbeit, Betriebszeit des Computers, Arbeitszeitverlegungen, Einführung, Ausgestaltung, Änderung oder Abschaffung von beliebigen Arbeitszeitmodellen. Mitbestimmungspflichtig ist auch die Arbeitszeit von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb. Da diese Personen wie die Arbeitnehmer des Betriebs tätig werden, unterfällt deren Tätigkeit der Mitbestimmung des Betriebsrats. Folgen von Gesetzesverstößen - können als Ordnungswidrigkeit oder als Straftat verfolgt werden, wenn der AG fahrlässig oder vorsätzlich gegen die gesetzlichen Schutzbestimmungen verstößt, § 22 f. ArbZG Rechte und Pflichten in Berufsausbildungsverhältnissen Pflichten des Ausbildenden gem. § 14 ff. BBIG Der Ausbildende hat 1. dafür zu sorgen, dass dem Auszubildenden die Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich sind 2. dem Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe zur Verfügung zu stellen 3. den Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule sowie zum Führen von Berichtsheften anzuhalten 4. dafür zu sorgen, dass der Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet wird. 5. dafür zu sorgen, dass dem Auszubildenden nur Verrichtungen übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen 6. den Auszubildenden für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen 7. dem Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein Zeugnis auszustellen 8. den Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren 9. zustehenden Urlaub zu gewähren 10. dafür zu sorgen, dass der Auszubildende seine rechtlichen Pausen und Arbeitszeiten einhalten kann Pflichten des Auszubildenden gem. § 13 BBIG Der Auszubildende hat 1. die Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungszieles erforderlich sind, 2. regelmäßig die Berufsschule zu besuchen, 3. mit den ihm überlassenen Werkzeugen pfleglich umzugehen, 4. die betriebliche Ordnung einzuhalten, 5. den Weisungen des Ausbildenden bzw. des Ausbilders Folge zu leisten und 6. an den ärztlichen Untersuchungen laut Jugendarbeitsschutzgesetz teilzunehmen 7. ein Berichtsheft zu führen, 8. an Maßnahmen, für die er nach § 15 BBiG freigestellt wird, teilzunehmen. 9. über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren 15 Seite 15 von 57 10. Erholungspflicht Jugendarbeitsschutzgesetz - Das JArbSchG regelt besondere Verpflichtungen des Arbeitgebers für die Beschäftigung von Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind. - Nicht anwendbar ist das JArbSchG bei geringfügigen Hilfeleistungen, soweit sie gelegentlich aus Gefälligkeit, auf Grund familienrechtlicher Vorschriften, in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter erbracht werden. - Kind im Sinne des JArbSchG ist, wer noch nicht 15 Jahre alt ist. Jugendlicher ist, wer 15, aber noch nicht 18 Jahre alt ist. - Die Beschäftigung von Kindern ist nach § 5 JArbSchG verboten. Auf Antrag sind jedoch auch Ausnahmen möglich. - Jugendliche dürfen regelmäßig nicht mehr als acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. - Der Arbeitgeber hat den Jugendlichen für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen. Er darf den Jugendlichen nicht beschäftigen 1. vor einem vor 9 Uhr beginnenden Unterricht; dies gilt auch für Personen, die über 18 Jahre alt und noch berufsschulpflichtig sind, 2. an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche, in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen; zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen bis zu zwei Stunden wöchentlich sind zulässig. 3. - Jugendliche dürfen nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden. Die beiden wöchentlichen Ruhetage sollen nach Möglichkeit aufeinander folgen. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit dürfen Jugendliche nicht vor Ablauf einer ununterbrochenen Freizeit von mindestens 12 Stunden beschäftigt werden. - Jugendlichen müssen im voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Ruhepausen müssen mindestens betragen 1. 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden, 2. 60 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden. Als Ruhepause gilt nur eine Arbeitsunterbrechung von mindestens 15 Minuten. - Samstagsarbeit, Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit, Schichtarbeit und Nachtarbeit sind nach dem JArbSchG eingeschränkt oder verboten. - Der Arbeitgeber hat Jugendlichen für jedes Kalenderjahr einen bezahlten Erholungsurlaub zu gewähren. Der Urlaub beträgt jährlich 1. mindestens 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 16 Jahre alt ist, 2. mindestens 27 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 17 Jahre alt ist, 3. mindestens 25 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 18 Jahre alt ist. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (EFzG) - Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer behalten nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz auch ohne zu arbeiten, ihren Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. 16 Seite 16 von 57 - Entgeltfortzahlung wird nur Entgeltfortzahlungsgesetz). Verschulden bedeutet d.h. der Arbeitnehmer muss Interesse zu erwartende bei unverschuldeter Erkrankung geleistet (§ 3 Abs. 1 hierbei das Verschulden gegen sich selbst, gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Verhalten verstoßen haben (z.B. Extremsport bei ungeübtem AN). BAG: Es gibt keine Extremsportarten, deren Teilnahme „per se“ ein die Entgeltfortzahlung ausschließendes Selbstverschulden begründet. Während der bestehenden Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer alles zu unterlassen, was den Heilungsverlauf verzögern könnte. Falls sich der Arbeitnehmer nicht im Bett aufhalten soll, kann er sich durchaus auch außer Haus aufhalten und zuträgliche Freizeitaktivitäten entwickeln. Auf Anfrage ist der AN ist dem AG auskunftspflichtig, wo er sich während der Zeiten der Arbeitsunfähigkeit aufhält und wie lange die Arbeitsunfähigkeit nach der Einschätzung des AN voraussichtlich andauert. - Das Entgelt wegen ein und derselben Erkrankung ist für maximal sechs Wochen fortzuzahlen. - Tritt während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Erkrankung hinzu, die die Dauer der Arbeitsunfähigkeit verlängert, entsteht der Entgeltfortzahlungszeitraum nicht neu, sondern der Arbeitnehmer erhält nur insgesamt 6 Wochen Entgeltfortzahlung (Prinzip der Einheitlichkeit des Versicherungsfalls). Etwas anderes gilt, wenn die neue Erkrankung erst nach Ablauf der ersten Arbeitsunfähigkeit auftritt (auch ohne, dass der AN seine Arbeit wieder angetreten hat, aber nach Beginn der üblichen Arbeitszeit). Für diesen Fall erhält der Arbeitnehmer wegen der neuen Krankheit für erneut höchstens sechs Wochen die Vergütung fortentrichtet. - wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs weiteren Wochen nicht, wenn 1. er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder 2. seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist. Anderenfalls entfällt eine Entgeltfortzahlungsverpflichtung wegen Fortsetzungszusammenhangs, § 3 Abs.1 S.2 EFzG. Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung. Allerdings obliegt dem Arbeitnehmer eine Mitwirkungsverpflichtung (Auskunftspflicht). - Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen, § 5 EFzG. die Arbeitsunfähigkeit und deren - Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen (Anzeigepflicht). Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher (bereits ab dem 1. Tag) zu verlangen. - Die Höhe der vor zu entrichtenden Vergütung bemisst sich grundsätzlich nach dem Lohnausfallprinzip (§ 4 Entgeltfortzahlungsgesetz). Danach kann der Arbeitnehmer die Vergütung fordern, die er auch ohne seine Erkrankung verdient hätte (Grundbezüge, Zulagen und Sachbezüge; nicht aber Überstunden, Aufwendungsersatz und Erschwerniszulagen). - Wurde die Arbeitsunfähigkeit durch Dritte verursacht, muss der AN dem AG Auskunft geben. Der AG ist berechtigt, die geleisteten Entgeltfortzahlungsbeträge vom Schädiger in eigenem Namen als Schadenersatz zu fordern, § 6 EFzG. 17 Seite 17 von 57 Entgeltfortzahlung bei vorübergehender Verhinderung (§ 616 BGB) - Nach § 616 BGB behalten Arbeitnehmer ihre Lohnzahlungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber, wenn sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit wegen eines in ihrer Person liegenden Grundes, ohne Verschulden an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert sind (z.B. Hochzeit, Geburt, Todesfall, Krankheit des Kindes in der nächsten Familie etc.). Entgeltfortzahlung an Feiertagen (§ 2 EFzG) - Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Bezahlung der Arbeitszeit die aufgrund eines gesetzlichen Feiertages ausfällt. Dies gilt nicht für diejenigen Arbeitnehmer die vor oder nach einem Feiertag unentschuldigt gefehlt haben oder am Feiertag dienstplanmäßig ohnehin nicht zu arbeiten hätten. Entgeltfortzahlung bei Bildungsurlaub (BiUrlG Berlin) - Auf Antrag haben AN unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen (Bildungsurlaub), § 1 BiUrlG Bln. - Der AG darf den Antrag ablehnen, wenn zwingende betriebliche Belange oder Urlaubsansprüche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen, § 4 Abs.2 BiUrlG. Bei Ablehnung ist AN beim nächsten Antrag bevorzugt zu behandeln. - Der Bildungsurlaub beträgt zehn Arbeitstage (bei 5 Tage-Woche) innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren. Ausnahmen bei Betrieben von weniger als 20 AN beachten. - Für Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres beträgt der Bildungsurlaub zehn Arbeitstage im Kalenderjahr (Vermutlich Verstoß gegen das AGG). BiUrlG Berlin § 1 Grundsätze (1) Arbeitnehmer haben unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an anerkannten Bildungsveranstaltungen (Bildungsurlaub). Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten auch die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Heimarbeit Beschäftigten und ihnen Gleichgestellte sowie andere Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des Satzes 2 sind auch Teilnehmer an Maßnahmen in Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter in das Arbeits- und Berufsleben. (2) Bildungsurlaub dient der politischen Bildung und der beruflichen Weiterbildung. Bildungsurlaub für zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte dient allein der politischen Bildung. (3) Politische Bildung soll die Fähigkeit des Arbeitnehmers fördern, politische Zusammen-hänge zu beurteilen und politische und gesellschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. (4) Berufliche Weiterbildung soll die berufliche Qualifikation erhalten, verbessern oder erwei-tern und die Kenntnis gesellschaftlicher und betrieblicher Zusammenhänge vermitteln. § 2 Dauer des Bildungsurlaubes (1) Der Bildungsurlaub beträgt zehn Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren. Für Arbeitnehmer bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres beträgt der Bildungsurlaub zehn Arbeitstage im Kalenderjahr. (2) Wird regelmäßig an mehr oder weniger als fünf Tagen in der Woche gearbeitet, so erhöht oder verringert sich der Anspruch gemäß Absatz 1 entsprechend. Bruchteile eines Tages werden zugunsten des Arbeitnehmers aufgerundet. (3) Im Falle des Arbeitsplatzwechsels muss sich der Arbeitnehmer die in demselben Kalenderjahr von einem anderen Arbeitgeber gewährte Freistellung anrechnen lassen. 18 Seite 18 von 57 § 3 Wartezeit Der Anspruch auf Bildungsurlaub entsteht erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses. Schließt sich ein Arbeitsverhältnis unmittelbar an ein Ausbildungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber an, so muss der Anspruch nicht erneut erworben werden. § 4 Gewährung des Bildungsurlaubes (1) Der Bildungsurlaub ist für den Zeitraum der vom Arbeitnehmer ausgewählten anerkannten Bildungsveranstaltung im Rahmen des Freistellungsanspruches gemäß § 2 zu gewähren. Die Inanspruchnahme und der Zeitpunkt des Bildungsurlaubes sind dem Arbeitgeber so frühzeitig wie möglich, grundsätzlich sechs Wochen vor Beginn der Freistellung, mitzuteilen. (2) Der Bildungsurlaub kann nicht in der von dem Arbeitnehmer vorgesehenen Zeit genommen werden, wenn zwingende betriebliche Belange oder Urlaubsansprüche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Die Ablehnung ist dem Arbeitnehmer so frühzeitig wie möglich, grundsätzlich innerhalb von vierzehn Tagen nach der Mitteilung entsprechend Absatz 1 Satz 2, unter Darlegung der Gründe schriftlich mitzuteilen. (3) In Betrieben mit in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber die Freistellung von Arbeitnehmern über 25 Jahren auch ablehnen, sobald die Gesamtzahl der Arbeitstage, die im laufenden Kalenderjahr von seinen Arbeitnehmern für Zwecke der Freistellung nach diesem Gesetz in Anspruch genommen worden sind, das 2,5-fache der Zahl seiner Arbeitnehmer erreicht hat. (4) Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber auf Verlangen die Anmeldung zur Bildungsveranstaltung, deren Anerkennung und die Teilnahme an der Bildungsveranstaltung nachzuweisen. Die dafür erforderlichen Bescheinigungen sind dem Arbeitnehmer vom Träger der Bildungsveranstaltung unentgeltlich auszustellen. § 5 Übertragbarkeit des Bildungsurlaubes (1) Wird dem Arbeitnehmer die Freistellung innerhalb eines Kalenderjahres trotz Verlangen aufgrund der in § 4 Abs. 2 und 3 dargelegten Gründe nicht gewährt, ist eine Freistellung zu einem anderen Zeitpunkt innerhalb eines Jahres nach Antragstellung bevorzugt zu gewähren. (2) […] § 7 Verbot der Erwerbstätigkeit Während des Bildungsurlaubes darf der Arbeitnehmer keine dem Zwecke dieses Gesetzes zuwiderlaufende Erwerbstätigkeit ausüben. § 8 Wahlfreiheit und Benachteiligungsverbot Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht in der freien Auswahl unter den anerkannten Bildungsurlaubsveranstaltungen behindern oder wegen der Inanspruchnahme des Bildungsurlaubes benachteiligen. § 9 Bildungsurlaubsentgelt Für die Berechnung des Bildungsurlaubsentgeltes und im Falle der Erkrankung während des Bildungsurlaubes gelten die §§ 9, 11 und 12 des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend. § 10 Unabdingbarkeit, Abgeltungsverbot (1) Von den Vorschriften dieses Gesetzes darf nur zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. (2) Eine Abgeltung des Bildungsurlaubes findet nicht statt. § 11 Anerkennung von Bildungsveranstaltungen (1) Berufliche Bildungsveranstaltungen, die von öffentlichen Schulen, öffentlichen Volkshochschulen, Hochschulen oder anerkannten Privatschulen durchgeführt werden, gelten als anerkannt. Dies gilt auch für Veranstaltungen, die den Erwerb nachträglicher Schulabschlüsse zum Ziel haben. Im Übrigen erfolgt die Anerkennung von Bildungsveranstaltungen durch die für Berufsbildung zuständige Senatsverwaltung. (2) Anerkennungsfähig sind Veranstaltungen, die von Trägern der Jugend- und Erwachsenenbildung durchgeführt werden. Als solche sind insbesondere die anerkannten Jugendgemeinschaften und Jugendorganisationen, die öffentlichen Einrichtungen der Jugendhilfe, die Volkshochschulen sowie Bildungseinrichtungen der demokratischen Parteien, der Arbeitgeberorganisationen, der Kammern und der Gewerkschaften anzusehen. Im Übrigen müssen die zur Durchführung der Bildungsveranstaltungen 19 Seite 19 von 57 erforderlichen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen gegeben sein. Die Anerkennung ist zu versagen, wenn die Ziele der Veranstalter oder Veranstaltungen nicht mit der demokratischen Grundordnung der Verfassung von Berlin im Einklang stehen. (3) Anträge auf Anerkennung von Veranstaltungen können nur von den Veranstaltern gestellt werden. Die für die Anerkennung erforderlichen Nachweise sind beizufügen. (4) Die für Berufsbildung zuständige Senatsverwaltung regelt im Benehmen mit den für Arbeit und Wirtschaft sowie Frauen und Jugend zuständigen Senatsverwaltungen das Anerkennungsverfahren durch Rechtsverordnung. Entgeltfortzahlungsanspruch bei Annahmeverzug (§ 615 BGB) - Nach den Grundsätzen des Annahmeverzuges (§ 615 BGB) kann ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Fortzahlung seiner Gehaltsansprüche verlangen, wenn der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. - Wegen der Beschäftigungs - und Weisungsverpflichtung des Arbeitgebers kommt es auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht an. - Die Wirkung des Annahmeverzuges werden beendet, wenn dem Arbeitnehmer der Leistungswille oder die Leistungsmöglichkeit fehlt oder der Arbeitgeber die geschuldete Leistung annimmt. Während des Annahmeverzuges hat sich der Arbeitnehmer dasjenige anrechnen lassen, was er anderweitig verdient oder böswillig zu verdienen unterlassen hat. Entgeltfortzahlungsanspruch aus Betriebsrisiko (Betriebsrisikolehre) - Betriebsstörungen, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat, und die zur Unmöglichkeit zur Erbringung der Arbeit führen, führen nicht zu einem Verlust des Lohnzahlungsanspruchs. Das Betriebs - und Wirtschaftsrisiko trägt der Arbeitgeber. Urlaubsentgeltanspruch während des Urlaubs (BUrlG) / Urlaubsrecht - Jeder Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Während des Urlaubs kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dasjenige Entgelt bezahlt verlangen, welches sich aus dem durchschnittlichen Verdienst der letzten 13 Wochen vor dem Urlaubsantritt ergibt. Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgeltes ist vor Urlaubsantritt fällig, § 11 BUrlG. Eine hiervon abweichende Fälligkeit kann nur durch einen geltenden Tarifvertrag geregelt werden. - Der Mindesturlaubsanspruch beträgt 24 Werktage, § 3 BUrlG. Höhere Urlaubsansprüche können sich aus dem Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ergeben. Schwerbehinderte und Jugendliche haben Anspruch auf Sonderurlaub (SchwbG, JArbSchG.) Durch die Freistellung zur Urlaubszwecken (Urlaubsgewährung) wird der AN vom AG nur von seiner Arbeitspflicht (Hauptpflicht) befreit. Die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten (Treuepflicht, Anzeigepflicht nach dem EFzG etc. bleiben aber aufrechterhalten. - In den ersten sechs Monaten des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.06. eines Jahres, kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nur einen Teilurlaubsanspruch verlangen (§ 5 Abs. 1 BUrlG). Nach Ablauf der ersten sechs Monate (Wartezeit) hat der Arbeitnehmeranspruch auf den vollen Jahresurlaub (§ 4 BUrlG). - Auf Antrag des AN gewährt der Arbeitgeber den Urlaub durch eine (auch konkudent) erklärte Freistellung von der Arbeitspflicht (Genehmigung). 20 Seite 20 von 57 Die Urlaubsgenehmigung ist eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers, die nach dem Zugang nicht mehr einseitig widerrufen werden kann. Ausnahmsweise, bei unvorhergesehenen Ereignissen und betrieblichen Notfällen, kann der Arbeitgeber den erteilten Urlaub widerrufen oder sogar den Rückruf des Arbeitnehmers aus dem Urlaub in Betracht ziehen. Die Gründe müssen sehr schwerwiegend sein. Weiß der Arbeitnehmer vorm Widerruf der Genehmigung, darf er sich nicht selbst beurlauben (Grund zur fristlosen Kündigung). Will er - gegen den Willen des Arbeitgebers - dennoch in den Urlaub gehen, muss er eine einstweilige Anordnung auf Ersetzung der Genehmigung beim Arbeitsgericht beantragen. - Kann der Urlaub vom AN aus persönlichen Gründen oder aus dringenden betrieblichen Gründen nicht genommen werden überträgt sich der Urlaubsanspruch bis zum 31.03. des Folgejahres (Übertragbarkeit), § 7 Abs.3 BUrlG. - Für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Urlaub ausnahmsweise dann abzugelten, wenn dieser nicht mehr in Freizeit genommen werden kann (Urlaubsabgeltungsanspruch), § 7 Abs. 4 BUrlG. - Daneben kann ein Anspruch auf Zahlung von „Urlaubsgeld“ anlässlich des Urlaubs bestehen. Dabei handelt es sich in Abgrenzung zur „Urlaubsentgeltzahlung“ um einen tariflichen Anspruch oder eine freiwillige zusätzliche Leistung des Arbeitgebers aus Anlass des Urlaubs. Lohnzahlung während des Mutterschutzes (MuSchuG) - Für fest angestellte Schwangere besteht eine Mutterschutzfrist von sechs Wochen vor der Entbindung bis acht Wochen danach. Während dieser Zeit besteht ein absolutes Beschäftigungsverbot. - Solange sich die gesetzlich Versicherte im Mutterschutz befinden, zahlt Ihnen die Krankenkasse auf Antrag Mutterschaftsgeld in Höhe von maximal 13 Euro pro Arbeitstag. Der Arbeitgeber stockt dieses Mutterschaftsgeld bis zur Höhe des Nettogehaltes auf. - Privat Krankenversicherte erhalten von ihrer Krankenversicherung kein Mutterschaftsgeld. Sie können, wie auch geringfügig Beschäftigte, ein einmaliges Mutterschaftsgeld i.H.v. 210,Euro beim Bundesversicherungsamt, dort: Mutterschaftsgeldstelle beantragen. Verjährung und Verfall der Lohnzahlungs-, bzw. Entgeltfortzahlungsansprüche - Arbeitsvertragliche Ansprüche verjähren regelmäßig in drei Jahren, § 195 Abs.1 BGB. Die regelmäßige Verjährungsfrist für vertragliche Ansprüche beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. - Der gesetzliche Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung verjährt unter den im übrigen gleichen Voraussetzungen erst nach 30 Jahren, § 195 Abs.2 BGB. - sonstige Schadenersatzansprüche verjähren frühestens mit Ablauf von 10 Jahren, nach Ihrer Entstehung, § 195 Abs.3 BGB - Während der Durchführung von Verhandlungen und prozessrechtlicher Geltendmachung ist die Verjährung gehemmt, §§ 203, 204 BGB. - Neben der Verjährung spielen einzelvertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen eine große Rolle beim Verfall arbeitsvertraglicher Ansprüche. 21 Seite 21 von 57 Ausschlussfristen können im Arbeitsvertrag vereinbart sein oder sich aus einem anwendbaren Tarifvertrag ergeben. Die Mindestfrist für eine individualrechtlich vereinbarte Geltendmachung darf drei Monate nicht unterschreiten. schriftliche oder gerichtliche In Tarifverträgen können auch kürzere Fristen vereinbart werden (regelmäßig zwei Monate). Regelmäßig werden zweistufige Ausschlussfristen vereinbart, bzw. im Tarifvertrag geregelt. Danach müssen Ansprüche zunächst innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber dem Anspruchsgegner schriftlich geltend gemacht werden. Für den Fall der Ablehnung oder im Falle des Schweigens müssen die Ansprüche weiterhin innerhalb einer festgelegten weiteren Frist gerichtlich geltend gemacht werden. Es gibt aber auch einstufige Ausschlussfristen. Nebenpflichten im Arbeitsvertrag Treuepflicht des AN - Nebenpflicht des AN aus dem Arbeitsvertrag zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers, § 241 Abs.2 BGB. - Die Treuepflicht des AN kann ihn zum Tun oder Unterlassen verpflichten. Beispiele: a) Der Arbeitnehmer darf Dritten keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mitteilen b) Aus der Verschwiegenheitspflicht folgt auch, dass der Arbeitnehmer ruf- und kreditschädigende Mitteilungen zu unterlassen hat. c) Der Arbeitnehmer darf keine Schmiergelder annehmen, d.h. Zuwendungen von geldwerten Geschenken oder anderen Vorteilen, durch die der Arbeitnehmer zu einem pflichtwidrigen Tun veranlasst werden soll. d) Arbeitnehmer dürfen im Geschäftszweig des Arbeitgebers während der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses diesem keine Konkurrenz machen (Wettbewerbsverbot). Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann nur wirksam vereinbart werden, wenn dem AN dafür im im Arbeitsvertrags Gegenzug angemessene finanzielle Zahlungen versprochen werden, § 74 Abs.2 HGB analog. e) Den Arbeitnehmer treffen u.U. Mitteilungs- und Anzeigepflichten: Er hat z.B. die Pflicht zur Anzeige drohender Schäden (z.B. bei Störungen an Maschinen). f) - Gehorsamspflicht. Bei schuldhafter Verletzung von Nebenpflichten kann ein Schadensersatzanspruch gegeben sein, falls ein Schaden entstanden ist. Auch eine verhaltensbedingte Kündigung ist in Betracht zu ziehen. Die Einhaltung von Unterlassungspflichten kann durch Klage durchgesetzt werden. Fürsorgepflicht des AG - Die Fürsorgepflicht ist gesetzlich nicht geregelt. Aufgrund der Fürsorgeverpflichtung hat der AG vor allem folgende Pflichten einzuhalten: > Die Pflicht Schutzmaßnahmen einzurichten: Der Arbeitgeber hat den Arbeitsplatz so einzurichten, dass der Arbeitnehmer keine Schäden an Gesundheit oder Eigentum erleidet. > Die Pflicht des Schutzes der Persönlichkeit: Der Arbeitgeber hat die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und vor Eingriffen zu schützen (z.B. Schutz vor Mobbing oder sexueller Belästigung, bei „Druckkündigungen“). > Die Gleichbehandlungspflicht: Die Gleichbehandlungspflicht verbietet dem Arbeitgeber willkürliche Schlechter- oder Besserstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. 22 Seite 22 von 57 Personalaktenführung und Datenschutz - Allgemeines Die Berechtigung des Arbeitgebers, Personalakten führen zu dürfen, ergibt sich aus § 32 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) § 32 BDSG Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses (1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. (………………..) (2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden. (………………………) - Dieses Recht ist allerdings eingeschränkt. Was alles aufgenommen werden darf, bestimmt sich nach der Faustregel: "Was man im Vorstellungsgespräch gefragt werden darf, darf auch in die Personalakte genommen werden. Was nicht gefragt werden darf, darf nicht aufgenommen werden." Prinzipiell dürfen somit nur Dinge, die wirklich mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, in der Personalakte aufgenommen werden. Somit fallen beispielsweise Inhalte heraus, die die Privatsphäre des Arbeitnehmers betreffen oder beispielsweise die Auflistungen von Krankheitsgründen. - Der Arbeitgeber ist nach dem BDSG weiterhin verpflichtet, die Personalakte sorgfältig zu verwahren und ihren Inhalt strikt vertraulich zu behandeln. Dies gilt vor allem dann, wenn die Personalakte besonders schützenswerte Informationen, zum Beispiel zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers, enthält. Diese sind von der Personalakte getrennt aufzubewahren. Welche Dokumente und Einträge in die Personalakte aufgenommen werden, bestimmt der Arbeitgeber in den o.a. Grenzen selbst. Mögliche Inhalte einer Personalakte können insbesondere sein: 1) Personalbezogene Unterlagen und Vertragsunterlagen a) b) c) d) e) f) g) h) i) Bewerbungsschreiben des Mitarbeiters (Angebot) Arbeitszeugniskopien des Arbeitnehmers (bisherige) Schulabschlusszeugnis Berufsabschluss Lebenslauf und Passbild Amtliches Führungszeugnis (bei Vertrauenspositionen) Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis (soweit erforderlich) Arbeitsvertrag mit Stellenbeschreibung Erklärung zu Nebenbeschäftigungen 2) Sozialversicherungs- und Steuerunterlagen a) Anmeldung zur Krankenkasse b) Nachweis der monatlichen Krankenkassenbeiträge c) Sozialversicherungsausweis/Ausweis zur Versicherungsnummer 23 Seite 23 von 57 d) Unterlagen zu Zusatzversorgungskassen, soweit existent e) Nachweis zur Anlage vermögenswirksamer Leistungen f) Nachweis für Kinderlose (Pflegeversicherung) g) Lohn- und Gehaltsbescheinigungen h) Unterlagen zur Lohnsteuer 3) Kopien amtlicher Urkunden a) b) c) d) e) Kopie der Fahrerlaubnis (Führerschein) Schwerbehindertenausweis Tenor des Scheidungsurteils mit Bestätigung der Rechtskraft Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse Wehrdienstbescheinigung, Zivildienstbescheinigung 4) Nachstehende Angaben, soweit für die Gehaltshöhe oder sonstige arbeitsvertragliche Regelungen (z.T. Teilzeitarbeit wegen Kinderbetreuung) von Bedeutung a) Antrag auf Kindergeld (bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes; da dort Kindergeld durch den Arbeitgeber ausgezahlt wird) b) Antrag auf Orts-, Sozial- oder Familienzuschlag c) Sterbeurkunde des Ehegatten d) Heiratsurkunde, e) Geburtsurkunden für Kinder 5) Sonstige Unterlagen a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) k) l) - Personalbogen (Deckblatt) Urlaubsliste und Fehlzeitenübersicht Beurteilungen und Bewertungen Ermahnungen (so genannte Missbilligungen) und Abmahnungen Personalentwicklungsplan Protokolle der jährlichen Mitarbeitergespräche (etwa zur Zielerreichung) Bescheinigungen über ärztliche Untersuchungen im Rahmen der Arbeitssicherheit Gesundheitsausweis (beim Umgang mit Lebensmitteln) Weiterbildungsnachweise Nachweis Sicherheitsbeauftragter Werkschutzunterlagen Schriftverkehr mit dem Mitarbeiter Der Arbeitnehmer kann gemäß § 83 Absatz 2 BetrVG vom Arbeitgeber verlangen, dass in die Personalakte eine sogenannte "Gegendarstellung" zu einer Abmahnung aufgenommen und mit ihr verwahrt wird, wenn diese nach Ansicht des Arbeitnehmers einen unzutreffenden Vorwurf enthält. Entfernen von Dokumenten aus Personalakte - Bei einer zu Unrecht erteilten Abmahnung kann ein Arbeitnehmer gem. §§ 1004, 241 BGB beim Arbeitsgericht Klage auf Entfernung der Abmahnung erheben. Voraussetzung hierfür ist, dass - die Abmahnung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, oder - eine unrichtige Tatsachenbehauptung enthält, oder - den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, (z.B. ehrenrührige Behauptungen) oder - kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr am Verbleib der Abmahnung in der Amtsakte mehr besteht (bei längerem Wohlverhalten des AN). Wann diese „Wohlverhaltensphase“ des Arbeitnehmers die Entfernung rechtfertigt, kommt auf die Situation im Einzelfall an. Eine Regelfrist gibt es nicht. Als Bandbreite für eine derartige „Wohlverhaltensphase“ werden – je nach Schwere des Verstoßes – zwischen 12 und 42 Monate genannt. 24 Seite 24 von 57 Recht auf Einsichtnahme - Der betroffene Mitarbeiter hat das Recht zur uneingeschränkten Einsicht in die ihn betreffenden Aufzeichnungen und kann diese Einsichtnahme auch in Begleitung einer betriebsfremden Person (z.B. eines Rechtsanwaltes oder sachkundigen Verwandten) bzw. gemeinsam mit dem Betriebsrat verlangen (§§ 82, 83 BetrVG). - Die Akte ist vollständig vorzulegen. Das vorherige Entfernen von Unterlagen und ihr Wiedereinfügen nach Einsichtnahme des Beschäftigten stellt regelmäßig ein falsches Verhalten auf Arbeitgeberseite dar. - Der Arbeitgeber kann der Anfertigung von Fotokopien widersprechen. - Ein Einsichtsrecht besteht auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Störungen im Arbeitsverhältnis - Störungen im Arbeitsverhältnis können insbesondere durch Verletzung von Vertragspflichten oder durch Verletzung gesetzlich geschützter Rechte (z.B. Vermögen, Betriebsmittel etc.) entstehen. - Störungen im Arbeitsverhältnis können daneben arbeitsvertragliche Konsequenzen, wie z.B. Abmahnung oder eine Kündigung zur Folge haben. Bei Schlechtleistung kommt hingegen keine Lohnminderung in Betracht, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die geleistete Tätigkeit und nicht den Erfolg vergüten muss Schadenersatzanspruch bei schuldhafter Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten und bei Begehung einer sog. „unerlaubten Handlung“ Begründung einer vertraglichen Schadenersatzverpflichtung - Anspruchsgrundlage für den Schadenersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Pflichten ist, §§ 280, 276, 249 ff. BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag (§ 611 BGB) - Folgende Voraussetzungen müssen für einen solchen Schadenersatzanspruch erfüllt sein: - Es muss ein Schuldverhältnis aus einem geschlossenen Vertrag begründet worden sein, oder – bei Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen – zumindest ein vorvertragliches Schuldverhältnis bestehen. Im letzteren Fall ergibt sich Schadenersatzanspruch aus c.i.c. i.V.m. §§ 249 ff., 276, 611 BGB. - Der Schuldner einer Leistungspflicht (zumeist der Arbeitnehmer) muss dem Gläubiger dieser Leistungspflicht (zumeist der Arbeigeber) durch Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten einen Schaden schuldhaft, d.h. zumindest fahrlässig, (zumeist also beim Arbeitgeber) verursacht haben. - „durch Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten“ bedeutet, dass die Pflichtverletzung für die Entstehung des Schadens ursächlich (d.h. kausal) war. Im Falle eines anderweitigen Mitverschuldens an der Schadenherbeiführung kann die Haftungsquote gem. § 254 BGB gemindert werden. - „schuldhaft“ bedeutet, dass der Leistungsschuldner den Schaden i.S.d. § 276 BGB fahrlässig oder vorsätzlich hervorgerufen hat. 25 Seite 25 von 57 Def. „Fahrlässigkeit“ : Fahrlässig handelt, wer einen Schadeneintritt/ die Tat nicht wollte, aber bei seiner Handlung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs.2 BGB). Anders als im Strafrecht stellt der zivilrechtliche Fahrlässigkeitsbegriff nicht auf die Person des Schuldners ab, sondern setzt einen objektiven Maßstab, der nach den Anforderungen im engeren Verkehrskreis der Beteiligten zu beurteilen ist. Fahrlässig handelt also derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die von einem Angehörigen derselben Personengruppe in der jeweils konkreten Situation erwartet wird. Fahrlässig handelt auch derjenige, der eine Sorgfaltspflicht bewusst verletzt, aber nicht davon ausging und ausgehen musste, dass deswegen ein Schaden hervorgerufen wird (sog. bewusste Fahrlässigkeit). Def. „Vorsatz“: Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung bei Begehung der Pflichtverletzung/Tat. Vorsätzlich handelt auch derjenige, der den Schadeneintritt/ die Tat billigend in Kauf genommen hat (sog. bedingter Vorsatz). - „verursacht“ bedeutet, dass der Schaden durch aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen hervorgerufen wurde. Eine Schadenersatzverpflichtung wegen eines pflichtwidrigen Unerlassens kann also nur dann begründet werden, wenn der Unterlassene verpflichtet war, den Schadeneintritt aktiv abzuwehren (Garantenstellung). Eine Garantenstellung kann sich - - aus dem Vertrag, z.B. dem Arbeitsvertrag ergeben, wenn eine entsprechende Handlungsverpflichtung ausdrücklich vereinbart und hierdurch entsprechende Vertrauenslage geschaffen wurde. - aus vorangegangenem Tun (Ingerenz), falls durch eine (zumeist rechtswidrige) Handlung eine Gefahrenlage geschaffen wird, welche den Handelnden zur Abwehr weiterer Schäden verpflichtet. - aus Gesetz, z.B. aus dem Arbeitsschutzgesetz, § 4 Nr.1 ArbSchG, § 618 BGB oder § 323 c StGB – unterlassene Hilfeleistung. setzt der Schuldner einer Leistungsverpflichtung (im Arbeitsrecht: der Arbeiteber) andere Personen ein, die die ihn treffenden vertraglichen Leistungsverpflichtungen für ihn erfüllen sollen, haftet der Arbeitgeber auch für Schäden, die Dritten durch Pflichtverletzungen seiner Arbeitnehmer entstanden sind, (§ 267 BGB, Haftung für den Erfüllungsgehilfen). Ein Verschulden seiner Arbeitnehmer Verschulden zu vertreten, § 278 BGB. hat der Arbeitgeber wie eigenes Begründung eines gesetzlichen Schadenersatzanspruchs bei Begehung einer sog. „unerlaubten Handlung“ i.S.d. § 823 BGB - Anders als bei Schadenersatzansprüchen aus Vertrag, kommt im Bereich des Schadenersatzanspruchs aus „unerlaubter Handlung“ eine Verpflichtung zum Schadenersatz auch dann in Betracht, wenn zwischen dem Geschädigten und Schädiger gerade kein vertragliches Verhältnis besteht: Beispiel: Ein Arbeitnehmer (Installateur) baut für seinen Arbeitgeber bei dessen Kunden weisungsgemäß ein Wasserrohr ein. Das Wasserrohr ist aber an den Verbindungsstellen undicht. Durch Wassereintritt kommt es bei dem Kunden zu Schäden. 26 Seite 26 von 57 - gem. § 823 Abs.1 BGB ist derjenige zum Schadenersatz verpflichtet, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt. - „widerrechtlich verletzt“ bedeutet, dass die Rechtsgutsverletzung nicht erlaubt war. Erlaubt ist die Rechtsgutverletzung, wenn der Verletzte in sie eingewilligt hat, oder die Rechtsgutverletzung ausnahmsweise gerechtfertigt war (z.B. wegen Notwehr, § 32 StGB oder Notstand, § 34 StGB) - zu den sonstigen Rechten i.S.d. § 823 Abs.1 BGB gehören insbesondere Dingliche Anwartschaftsrechte (z.B. Anwartschaften aus Betriebsrente) Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (z.B. Recht am Bild, Recht auf Privatsphäre) Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. - weitere Voraussetzungen: Auch für die Begründung eines Schadenersatzanspruches aus unerlaubter Handlung muss der Schaden fahrlässig oder vorsätzlich durch eine unerlaubte Verletzungshandlung oder ein entsprechendes Unterlassen bei Garantenstellung (d.h. kausal) hervorgerufen worden sein (siehe hierzu: Schadenersatzansprüche aus vertraglicher Pflichtverletzung). - Nach § 823 Abs.2 BGB trifft auch denjenigen eine Schadenersatzverpflichtung, der gegen ein Gesetz verstößt, welches dem Schutz eines Rechtsguts dient (Verletzung eines Schutzgesetzes). Beispiel: Schadenersatzanspruch wegen einer begangenen vorsätzlichen Sachbeschädigung. - Die unbeschränkte Haftung trifft erst Volljährige. Minderjährige sind aber ggf. bereits ab Vollendung des 7. Lebensjahres beschränkt geschäftsfähig, wenn sie bei Begehung der schädigenden Handlung die für eine Verantwortlichkeit nötige Reife besitzen, § 828 BGB. - Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. (§ 831 Abs.1 S.1 BGB, „Haftung für den Verrichtungsgehilfen“) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. (Exkulpation). Beispiel: AG haftet ggf. Dritten für die Folgen eines aus dienstlichem Anlass entstandenen Verkehrsunfalles , falls der AN diesen schuldhaft verursacht hat und den AG entweder bei der Auswahl des eingesetzten AN (z.B. AG wies den AN an, die Dienstfahrt anzutreten, obwohl er wusste, dass der AN Epileptiker ist). - Bei Mitverschulden ist die Schadenersatzforderung je nach Verschuldensanteil ggf. zu quoteln, § 254 BGB. 27 Seite 27 von 57 Umfang des Schadenersatzanspruchs - Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, § 249 Abs.1 BGB - Statt Beseitigung des Schadens, kann der Geschädigte den Ersatz des hierfür erforderlichen Geldbetrags verlangen. Der Ersatz der Umsatzsteuer kann nur verlangt werden, wenn diese tatsächlich angefallen ist, § 249 Abs.2 BGB. - Zu den unmittelbaren Vermögensschäden rechnen zunächst die Kosten des Restitutionsaufwandes für geschädigte Rechtsgüter: Bei der Zerstörung von Gebäudeteilen, Maschinen, Einrichtungsgegenständen oder sonstigen Arbeitsmitteln sind dies die Wiederbeschaffungskosten, oder – im Falle der bloßen Beschädigung – sind das die Reparaturkosten einschließlich des merkantilen Minderwerts. - Bei Personenschäden gehören auch die Heil- und Pflegekosten zu den unmittelbaren Schäden. - Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, § 251 BGB. - daneben kommt auch der Ersatz von Reserve- oder Vorhaltekosten sowie Kosten, die gegenüber Dritten bei bestehender Haftung, entstanden sind (z.B. Mängelhaftung, Nachbesserung, Schadensersatz) in betracht. - Auch mittelbare Vermögensschäden (sog. „Vermögensfolgeschäden“) sind zu ersetzen. Beispiele: Schadensbearbeitung Gerichts- und Nutzungsausfall (insbesondere bei PKWs), der Verlust von Schadensfreiheitsrabatten nach der Inanspruchnahme von Versicherungen sowie die Kosten der (Inkasso) und Rechtsverfolgung (etwa Rechtsanwaltskosten). - Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige (d.h. angemessene) Entschädigung in Geld gefordert werden (Schmerzensgeld), § 253 Abs.2 BGB. - Zu beachten ist im Arbeitsrecht aber der Haftungsausschluss für Personenschäden (Schadenersatz und Schmerzensgeld) bei Berufsunfällen gemäß §§ 104 bis 113 Sozialgesetzbuch VII (SBG VII). Dieser Haftungsausschluss hat das Ziel, Arbeitnehmer, die durch einen Arbeitsunfall einen Personenschaden zum Nachteil seiner Arbeitskollegen oder auch zum Nachteil anderer Arbeitnehmer anderer Arbeitgeber in gemeinsamer Betriebsstätte, zugefügt hat, von der Haftung auszuschließen, um Streitigkeiten zwischen Betriebsangehörigen zu verhindern. Der Schadenregulierung erfolgt ausschließlich über die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit, § 8 Abs.1 SGB VII. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Zu den versicherte Tätigkeiten zählt auch der sog. Wegeunfall gem. § 8 Abs.2 SGB VII. 28 Seite 28 von 57 Hierzu zählt: 1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, 2. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um a) Kinder von Versicherten, die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder b) mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen, 3. das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, dass die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden, 4. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben, 5. das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt. Haftungsprivilegierung im Arbeitsrecht - Das strenge Haftungsprinzip nach den Regeln des BGB wurde für das Arbeitsrecht bereits frühzeitig als ungeeignet angesehen, da es den Arbeitnehmer mit unverhältnismäßig großen Haftungsrisiken belasten würde. Aus diesem Grunde hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers immer dann anerkannt, wenn eine so genannte „gefahrgeneigte Arbeit“ vorliegt. Eine gefahrgeneigte Arbeit liegt immer dann vor, - - wenn die Eigenart der zu leistenden Arbeit es mit großer Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, dass auch bei sorgfältiger Arbeitsweise gelegentlich Fehler unterlaufen können, die bei Betrachtung des Einzelfalles vermeidbar sind. Handelt es sich also um eine solche gefahrgeneigte Arbeit, wird die Haftung des AN auf Grund der Haftungsprivilegierung wie folgt beschränkt: - Bei Vorsatz: unbeschränkte Haftung - Bei grober Fahrlässigkeit: regelmäßig unbeschränkte Haftung in Ausnahmefällen (z.B. bei besonderer Gefahrgeneigtheit der Arbeit: Haftungsbeschränkung auf mindestens 3 Bruttomonatsgehälter) - Bei normaler Fahrlässigkeit: Regelmäßige Haftungsquote 50% Haftungsbeschränkung auf 1 bis 3 Bruttomonatsgehälter 29 Seite 29 von 57 - Bei leichter Fahrlässigkeit: Haftung entfällt - Grobe Fahrlässigkeit Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist eine grobe Fahrlässigkeit immer dann anzunehmen ist, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in solch schweren Maß verletzt worden ist, dass sich der Arbeitnehmer – auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände - und Fähigkeiten - den Vorwurf gefallen lassen muss, selbst einfache, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und selbst das nicht beachtet zu haben, was im gegebenen Fall jedem ohne weiteres hätte einleuchten müssen (kurz: „Das hätte Niemandem passieren dürfen“) - Mittlere Fahrlässigkeit Mit der mittleren Fahrlässigkeit wird der weite Bereich zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit angesprochen. In diesem Bereich erfolgt eine Haftungsteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch Bildung einer Haftungsquote. Die Haftungsquote wird unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles bestimmt. Den Umständen ist wiederum je nach Einzelfall ein unterschiedliches Gewicht beizumessen. Generelle Aussagen können hier nicht getroffen werden. (kurz: „Das kann passieren.“). - Leichte Fahrlässigkeit Diese liegt vor, wenn es sich bei der Pflichtverletzung unter Berücksichtigung aller Einzelumstände um eine völlig geringfügige und leicht entschuldbare Pflichtwidrigkeit handelt, die jedem Arbeitnehmer im Laufe der Zeit unterlaufen könnte (kurz: „Das kann Jedem mal passieren“) - insbesondere folgende Aspekte sind für die nötige Einzelfallabwägung von Interesse: • Schadensanlass • Schadensfolgen • Grad des Arbeitnehmerverschuldens • Gefahrgeneigtheit der Arbeit • Höhe des Schadens • vom Arbeitgeber einkalkuliertes oder durch Versicherung abgedecktes Risiko • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb • Höhe des Arbeitsentgelts • persönliche Verhältnisse des Arbeitnehmers : - Dauer der Betriebszugehörigkeit - Lebensalter - Familienverhältnisse - bisheriges Verhalten im Betrieb - Freistellungsanspruch Schädigt der Arbeitnehmer bei Ausführung einer Tätigkeit einen Dritten, haftet er diesem Dritten nach allgemeinen Zivilrecht auf Schadensersatz. Arbeitsrechtliche Besonderheiten ergeben sich in diesem Verhältnis nicht, es gilt das Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB). Der Verletzte hat daher einen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber dem Arbeitnehmer; die Haftungsbeschränkungen aus dem Arbeitsverhältnis gelten gegenüber dem Dritten nicht. Der Arbeitnehmer kann jedoch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber verlangen, von diesem Anspruch freigestellt zu werden. Rechtsgrundlage des Freistellungsanspruchs sind §§ 675, 670 BGB oder der Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 242 BGB. Die Freistellung kann in demselben Umfang verlangt werden, wie der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber von der Haftung freigestellt wäre: Für leichte Fahrlässigkeit kann er also volle Freistellung verlangen, für mittlere Fahrlässigkeit anteilige, 30 Seite 30 von 57 darüber hinaus keine (siehe hierzu: Haftungsprivilegierung im Arbeitsverhältnis). Mankohaftung - Die Haftung des Arbeitnehmers für ein Manko (also einem Kassenfehlbetrag) kann sich entweder aus einer speziellen Mankoabrede oder, falls eine wirksame Mankoabrede fehlt, aus allgemeinen Haftungsregeln ergeben. Durch die Mankoabrede soll der Arbeitnehmer eine verschuldensunabhängige Haftung für das ihm anvertraute Geld (Kassenbestand) oder die von ihm zu verwaltenden Waren (Lagerhaltung) übernehmen. Die Rechtsprechung (BAG, AP Nr. 4, 54, 87 zu § 611 BGB) hält solche Mankoabreden unter folgenden Voraussetzungen für zulässig erachtet: - Die Mankoabrede muss hinsichtlich des Umfangs der Haftung klar und eindeutig gefasst sein (genügende Bestimmtheit); - der Arbeitnehmer muss für das übernommene Haftungsrisiko einen angemessenen wirtschaftlichen Ausgleich erhalten (Fehlgeldentschädigung); - die Entschädigung muss so bemessen sein, dass der Arbeitnehmer aus ihr notfalls ein auftretendes Manko voll abdecken kann (Äquivalenz), wobei die Fehlgeldentschädigung die absolute Obergrenze der vertraglichen Mankohaftung ist; - der Arbeitnehmer hat die alleinige Verfügungsgewalt und den alleinigen Zugang zu den ihm anvertrauten Geld- oder Warenbeständen (Vertrauensstellung / Schlüsselgewalt). BEENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES I. VEREINBARTE BEENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES 1. BEENDIGUNG DURCH BEFRISTUNG Prüfungsschema Klage auf Feststellung einer unwirksamen Befristung: 1. Grundsatz: Es wird nur die letzte vereinbarte Befristung kontrolliert. Ausnahme: Kontrolle der vorhergehenden Befristungen, falls bei Abschluss der letzten Befristung ein entsprechender Prüfungsvorbehalt vereinbart wurde oder die letzte Befristung nur ein unselbstständiger Annex der vorherigen Befristung ist. 2. Einhaltung der dreiwöchigen Klagefrist, § 17 S. 1 TzBfG a) Prüfung des Fristbeginns b) Klageerhebung innerhalb der Frist c) gegebenenfalls nachträglicher Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage, § 17 S. 2 TzBfG, 5 KSchG 3. bei kalendermäßiger Befristung: a) Kein vorheriges Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber, § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG b) Zeitpunkt der Vereinbarung aa) bei Erstvertrag: Vereinbarung der Befristung schriftlich vor Arbeitsbeginn 31 Seite 31 von 57 bb) bei Verlängerung: Verlängerung der Vereinbarung muss noch während der vorherigen Laufzeit schriftlich vereinbart sein und keine Änderung der Vertragsbedingungen mit sich bringen 4. Vorliegen einer Sonderregelung, § 14 Abs. 2 a, Abs. 3 TzBfG 5. bei Befristung mit Sachgrund: a) Schriftliche Vereinbarung vor Arbeitsbeginn b) Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 14 Abs. 1 S. 1-8 TzBfG c) sonstiger Sachgrund d) liegen Sonderregelungen vor? (§ 21 BEEG, § 2 WissZeitVG, § 6 Pflegezeitgesetz) 6. Fortsetzung des Vertrages nach Befristungsende, § 15 Abs. 5 TzBfG 7. Die Unwirksamkeit der Befristung führt zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag, § 16 S. 1 TzBfG 2. BEENDIGUNG DURCH AUFHEBUNGSVERTRAG Prüfungsschema Aufhebungsvertrag: 1. Vorhandensein zweier wirksamer Willenserklärungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den Beendigungswillen übereinstimmend zum Ausdruck bringen, z.B. Aufhebungsvertrag oder Klageverzicht 2. Form: Aufhebungsvertrag oder Klageverzicht müssen schriftlich vereinbart werden, § 623 BGB 3. Beseitigungsmöglichkeiten a) Widerruf des Aufhebungsvertrages/ des Klageverzichts nur möglich, wenn dies ausdrücklich vorbehalten wurde. § 312 BGB gilt nach BAG nicht bei arbeitsrechtlichen Beendigungsvereinbarungen b) Anfechtung wegen Irrtums, § 119 BGB (Regelmäßig nicht einschlägig, da Unwissenheit nicht zum Erfolg führt. Über Dinge die, die man nicht weiß, kann man sich auch nicht täuschen.) c) Anfechtung wegen rechtswidriger Drohung, § 123 Abs. 1 2. Alt. BGB (Selten erfolgreich, da Drohung erst dann rechtswidrig, wenn ein vernünftiger Arbeitgeber diese Drohung nicht ausgesprochen hätte, z.B. bei Verknüpfung der Drohung mit einem rechtswidrigen Übel. Beweislast liegt beim AN) d) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, § 123 Abs. 1 1. Alt. BGB (falls Arbeitgeber über die für den Arbeitnehmer negativen Folgen – Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs, § 143 a SGB III, Sperrfrist, § 144 SGB III – eines Aufhebungsvertrages beim Arbeitsamt täuscht. Beweislast liegt beim AN.) 32 Seite 32 von 57 II. BEENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES DURCH KÜNDIGUNG 1. KÜNDIGUNGSERKLÄRUNG a) Erklärungsinhalt aa) Bestimmtheit der Kündigung Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, und rechtsgestaltende Willenserklärung, mit der der Kündigende eindeutig sein Willen kundgibt, das Arbeitsverhältnis einseitig beenden zu wollen. Es muss sich aus der Erklärung eindeutig ergeben, ob das Arbeitsverhältnis außerordentlich oder ordentlich gekündigt werden soll. Eine Kündigung ist bedingungsfeindlich. Ausnahme: „Potestativbedingung“, bei der der Bedingungseintritt von der Willensentscheidung des gekündigten abhängt (Kündigung, falls keine Lohnerhöhung vereinbart wird) Grundsätzlich müssen in der Kündigung keine Kündigungsgründe aufgeführt werden. Ausnahmen: - Kündigung von Ausbildungsverhältnissen, § 22 Abs. 3 BBiG - Kündigung einer Schwangeren, § 9 Abs. 3 S. 2 MuSchG - bei fristloser Kündigung muss auf Wunsch des Gekündigten der Kündigungsgrund angegeben werden (ein Verstoß führt allerdings nicht allein von sich aus zur Unwirksamkeit der Kündigung) bb) Umdeutung einer Kündigung Eine unwirksame (zumeist fristlose) Kündigung kann gemäß § 140 BGB dann in eine wirksame (zumeist fristgemäße )Kündigung umgedeutet werden, wenn - die ordentliche Kündigung dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dies dem Kündigungsempfänger bei Zugang der Kündigung auch erkennbar war und das nichtige Rechtsgeschäft den Erfordernissen des anderen Rechtsgeschäfts entspricht b) Schriftform Die Kündigung bedarf gemäß Paragraph 623 BGB der Schriftform, d.h. die Erklärung muss vom Arbeitgeber eigenhändig unterschrieben worden sein (Paraphe reicht nicht aus). Keine Wahrung der Schriftform bei Kündigungen durch E-Mail, SMS oder Telefax. 33 Seite 33 von 57 Eine Verletzung der vorgeschriebenen Schriftform hat die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge, § 125 S. 1, § 126 Abs. 1 BGB. c) Vertretung Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss vom Arbeitgeber selbst, oder seinem rechtmäßigen Vertreter ausgesprochen werden. aa) Rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnisse ergeben sich - durch Vollmacht oder Generalvollmacht, § 54 Abs. 1 HGB - aufgrund Prokura, § 48 Abs. 1 HGB - Kündigung durch Vertreter kann nach § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen werden, wenn nicht eine Originalvollmacht vorgelegt oder sofort (Rechtsprechung: Fünf Tage) nachgereicht wird. - Eine allgemeine Prozessvollmacht berechtigt den Rechtsanwalt nicht zur Erklärung neuer, vorsorglicher Kündigungen. - Unterscheide: Botenschaft / Vertretung bb) gesetzliche Vertretungsbefugnis - Bei Kündigung durch eine juristische Person, ist die Erklärung vom zuständigen gesetzlichen Vertreter abzugeben (z.B. geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH, Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft et cetera) - die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses durch einen Minderjährigen bedarf der vorherigen Einwilligung der Eltern, § 107 BGB cc) Vertreter ohne Vertretungsmacht - Die Kündigung durch eine Person, die keine Vertretungsmacht hat, ist grundsätzlich unzulässig, § 180 S. 1 BGB - solange die fehlende Vertretungsmacht durch den Arbeitnehmer nicht beanstandet wird, ist die Kündigungserklärung des vollmachtlosen Vertreters genehmigungsfähig, d.h. der Arbeitgeber kann die Kündigung nachträglich genehmigen. d) Zugang der Kündigungserklärung - Um Rechtswirkungen entfalten zu können, muss eine Kündigungserklärung dem Empfänger zugehen. Dies bedeutet, dass der Empfänger in der Lage ist, von dem Inhalt des Kündigungsschreibens Kenntnis zu nehmen. - Unter Abwesenden gilt eine schriftliche Willenserklärung als zugegangen, sobald sie üblicherweise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und dieser unter gewöhnlichen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt des Schreibens hatte, § 130 Abs. 1 BGB 34 Seite 34 von 57 - es kommt nicht darauf an, ob der Erklärungsempfänger die Erklärung tatsächlich in Kenntnis genommen hatte oder durch besondere Umstände daran gehindert war (1) Einfacher Brief -> kein Zugangsnachweis, keine Zugangsfiktion (2) Übergabeeinschreiben (3) Einwurfeinschreiben (4) Per Boten -> Zugang ggf. erst nach Abholung bei Post -> Nichtabholung kann Zugangsvereitelung sein (dann Zugangsfiktion) -> Zugang durch Einwurf in Hausbriefkasten -> Postbote = Zeuge -> wie (3) entsprechend (5) Übergabe an dritte Personen -> -> - Übergabe an Haushaltsangehörige Zugang, wenn üblicherweise die Übergabe des Schreibens an Adressaten zu erwarten wäre Die Feststellung der Zugangsvereitelung führt dazu, dass sich der Empfänger auf den fehlenden Zugang der Erklärung nicht mehr berufen kann, § 242 BGB. e) Rücknahme der Kündigung - Eine Kündigung kann einseitig nur so lange zurückgenommen werden, wie diese noch nicht beim Kündigungsempfänger eingegangen ist, § 130 Abs. 1 S. 2 BGB. - Nach Zugang beim Adressaten ist eine einseitige Rücknahme nicht mehr möglich; allenfalls kann hierin ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages gesehen werden. f) Zeitpunkt der Kündigung - Eine Kündigung kann auch bereits vor Arbeitsantritt erklärt werden. 2. KÜNDIGUNGSFRISTEN a) gesetzliche Fristen aa) Grundkündigungsfristen - § 622 Abs.1 BGB -> 4 Wochen zum 15. oder zum Schluss eines Monats bb) verlängerte Fristen 35 Seite 35 von 57 - § 622 Abs.2 S.2 BGB -> bei Betriebszugehörigkeit von mehr als zwei Jahren: mehr als fünf Jahren: mehr als acht Jahren: mehr als zehn Jahren: mehr als zwölf Jahren: mehr als 15 Jahren: mehr als 20 Jahren: - Einen Monat zum Monatsende Zwei Monate zum Monatsende Drei Monate zum Monatsende Vier Monate zum Monatsende Fünf Monate zum Monatsende Sechs Monate zum Monatsende Sieben Monate zum Monatsende die Altersgrenze von 25 Jahren nach § 622 Abs. 2 S. 2 BGB ist wegen Nichtkonformität zum europarechtlichen Verbot der Benachteiligung wegen des Alters (Rahmenrichtinie 2000/78/EG) nicht anwendbar! cc) Kündigungsfristen in der Probezeit - § 622 Abs. 3 BGB -> während der vereinbarten Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.(längstens für sechs Monate) dd) Sonderregelungen - Berufsausbildungsverhältnis -> § 22 BBiG (während der ersten vier Monate ist die Kündigung während der Probezeit ohne Frist möglich) - Elternzeit -> Kündigungsfrist des Arbeitnehmers von drei Monaten zum Ende der Elternzeit, § 19 BEEG - Insolvenz -> Kündigungsfrist längstens drei Monate, § 113 S. 2 InsO b) tarifliche Kündigungsfristen - Die Fristen des §§ 622 Abs. 1-3 BGB können durch Tarifvertrag anderweitig geregelt werden c) einzelvertragliche Kündigungsfristen - Einzelvertragliche Kündigungsfristen, mit denen die Kündigungsfristen der §§ 622 Abs. 1-3 BGB verkürzt werden sollen, sind unzulässig. Ausnahmen: - Aushilfsarbeitsverhältnis, § 623 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 BGB Kleinunternehmen mit weniger als 20 Arbeitnehmer, § 622 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 BGB Längere Kündigungsfristen, als nach den §§ 623 Abs. 1-3 BGB können hingegen einzelvertraglich vereinbart werden (Günstigkeitsprinzip) Die Kündigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers darf gegenüber der Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers hierdurch jedoch nicht erschwert werden. 36 Seite 36 von 57 3. ANHÖRUNG DES BETRIEBSRATS Prüfungsschema zur Rechtmäßigkeit einer Betriebsratsanhörung: 1. Mitteilung des Arbeitgebers an den Betriebsrat?: a) Personaldaten des Arbeitnehmers. b) Art der Kündigung: außerordentliche / ordentliche / Änderungskündigung. c) Zeitpunkt der Kündigung: Angabe des konkreten Kündigungstermins oder "nächstmöglicher" Termin. d) Kündigungsgründe: Vollständiger Sachverhalt, der vom Arbeitgeber der Kündigung zugrunde gelegt wird. 2. Adressat der Mitteilung: Der Betriebsratsvorsitzende?. 3. Zeitlicher Ablauf der Anhörung: a) Beteiligung vor jeder Kündigung. b) Stellungnahmefrist des Betriebsrats: aa) Bei außerordentlicher Kündigung bis zu drei Tagen. bb) Bei ordentlicher Kündigung eine Woche. 4. Ausspruch der Kündigung: a) Nach Mitteilung der abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats. oder b) Nach Ablauf der Stellungnahmefrist. 5. Stellungnahme des Betriebsrats: a) Widerspruch (nur bei ordentlicher Kündigung) oder Bedenken oder keine Äußerung. b) Kündigung darf trotz Bedenken oder Widerspruch des Betriebsrats erklärt werden. a) Unterrichtung des Betriebsrats Wenn in einem Betrieb ein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber diesen vor jeder Kündigung anzuhören, § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG. aa) Mitteilungspflichten des Arbeitgebers - Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die aus seiner Sicht tragenden Kündigungsgründe mitzuteilen (mündlich, aber besser: schriftlich). - Die Anhörung ist vor Ausspruch (je)der Kündigung vorzunehmen - Dem Betriebsrat sind die Personaldaten des betroffenen Arbeitnehmers mitzuteilen - Die Mitteilung ist an den Betriebsratsvorsitzenden, oder bei dessen Verhinderung, an den Stellvertreter zu richten, § 26 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 BetrVG. Die Information lediglich eines Betriebsratsmitglieds ist nicht ausreichend. - Bei einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat eine Stellungnahmefrist von einer Woche, § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG bb) Fristen 37 Seite 37 von 57 - bei außerordentlichen Kündigungen beträgt die Stellungnahme Frist drei Tage, § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG. b) Stellungnahme des Betriebsrats aa) Arten der Stellungnahme (1) keine Stellungnahme des Betriebsrats: - lässt der Betriebsrat die Anhörungsfrist ohne eine Stellungnahme verstreichen, so gilt seine Zustimmung als erteilt, § 102 Abs. 2 S. 2 BGB - dies gilt nicht beim Schweigen während der dreitägigen Anhörungsfrist bei einer außerordentlichen Kündigung (2) Widerspruch des Betriebsrats: - Ein Widerspruch des Betriebsrats im Sinne des § 102 Abs. 3 BetrVG ist nur gegen eine beabsichtigte ordentliche Kündigung zulässig. - Der Betriebsrat hat sich zur Begründung auf einen der Tatbestände des § 102 Abs. 3 Nr. 1-5 BetrVG zu berufen. - Der Widerspruch muss schriftlich erhoben werden. bb) Verfahrensfehler - Verfahrensfehler beim Betriebsrat berühren nicht die Wirksamkeit der ordnungsgemäßen Anhörung. c) Anhörungsverfahren und Kündigungsschutzprozess - Beachte: Auch wenn ein Nachschieben von Kündigungsgründen im Kündigungsschutzprozess grundsätzlich möglich ist, kann sich der Arbeitgeber im Klageverfahren nur auf den Kündigungssachverhalt stützen, über den er dem Betriebsrat zuvor ausreichend informiert hat. III. AUßERORDENTLICHE, FRISTLOSE KÜNDIGUNG Prüfungsschema einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung: 1. Erfüllung der Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB liegt ein so genannter „wichtiger Grund“ „an sich“ vor, d.h., ist es zu einer erheblichen Verletzung der Hauptleistungspflicht oder einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis gekommen? - Betriebsbezogenheit des Kündigungsgrundes - Verschulden des Arbeitnehmers 2. Verhältnismäßigkeit der Kündigung (Ultima – Ratio – Prinzip) 38 Seite 38 von 57 - sind andere, mildere Maßnahmen ungeeignet (z.B. Abmahnung, Versetzung, Änderungskündigung) 3. Einzelfallprüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist a) Berücksichtigung aller Umstände des Falles - auf Arbeitgeberseite, z.B. Schadenhöhe, Außenwirkung, Wiederholungsgefahr - auf Arbeitnehmerseite, z.B. Beschäftigungszeit, bisheriger störungsfreier Verlauf b) Abwägung der beiderseitigen Interessen - auf Arbeitgeberseite, Beendigungsinteresse - auf Arbeitnehmerseite, Bestandsinteresse c) Dauer der einzuhaltenden Kündigungsfrist d) Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Kündigungstermin 4. Einhaltung der Ausschlussfrist von zwei Wochen gemäß § 626 Abs. 2 BGB a) Kündigungssachverhalt ist innerhalb von zwei Wochen vor dem Kündigungszugang entstanden oder erstmals bekannt geworden b) Beginn der Ausschlussfrist - ab positiver Kenntnis des Sachverhalts durch den Kündigungsberechtigten - nach Abschluss erforderlicher und zügig durchgeführter Aufklärungsmaßnahmen c) Nachschieben von Kündigungsgründen, die vor Kündigungszugang entstanden und erst nachher bekannt geworden sind, ist zulässig (aber gegebenenfalls Betriebsratsanhörung nötig) 1. ALLGEMEINES a) Begriff der außerordentlichen Kündigung - eine außerordentliche, oder auch fristlose Kündigung soll das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist beenden, weil es einer Vertragspartei nicht zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist fortzusetzen. b) Unabdingbarkeit des Rechts zur Aussprache einer außerordentlichen Kündigung - Das Recht zur fristlosen Auflösung des Arbeitsvertrags ist unabdingbar, d.h. es kann rechtlich nicht ausgeschlossen werden. - Eine rechtsunwirksame fristlose Kündigung kann unter den Voraussetzungen des § 140 BGB gegebenenfalls in eine wirksame fristgemäße Beendigungskündigung umgedeutet werden (siehe Ziffer I. 2. a) bb) dieses Skripts c) Umdeutung d) Angabe von Kündigungsgründen 39 Seite 39 von 57 - Der Gekündigte kann von dem Kündigenden die Angabe der Kündigungsgründe verlangen, § 626 Abs. 2 S. 3 BGB - die Nichtangabe der Kündigungsgründe führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, gegebenenfalls aber zu Schadenersatzansprüchen (z.B. Erstattung der Gerichtskosten) e) Beurteilungszeitpunkt - Für die Frage, ob ein wichtiger Grund zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben ist, ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung abzustellen. (Kein Nachschieben von Gründen, die erst nach Zugang entstanden sind). f) Darlegungs- und Beweislast - Der Arbeitgeber hat die Darlegungs- und Beweislast. 2. WICHTIGER GRUND a) Definition des wichtigen Grundes - Ein wichtiger Grund im Sinne des §§ 626 Abs. 1 BGB ist dann zu bejahen, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien unzumutbar machen, dass Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist fortzusetzen. c) Unzumutbarkeit/ Ultima – Ratio – Prinzip - Die außerordentliche Kündigung kommt erst dann in Betracht, wenn andere mildere Mittel, wie Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung bzw. Änderungskündigung oder außerordentliche Änderungskündigung nicht geeignet sind, den mit der außerordentlichen Beendigungskündigung verfolgten Zweck zu erreichen (Letztes Mittel). d) Beispielsfälle „wichtiger Grund“ - Skiurlaub während Arbeitsunfähigkeit beharrliche Arbeitsverweigerung trotz vorheriger Abmahnung Arbeitszeitbetrug durch Manipulation der Arbeitszeiterfassung grobe Beleidigungen/ üble Nachrede gegenüber Arbeitgeber Diebstahl auch geringwertiger Sachen, siehe aber hierzu Fall „Emmely“ Androhung einer Krankschreibung bei objektiv nicht gegebene Arbeitsunfähigkeit private Internetnutzung trotz ausdrücklichen Verbots eigenmächtig Urlaubnahme durch den Arbeitnehmer Verdacht einer strafbaren Handlung etc. 3. AUSSCHLUSSFRIST 40 Seite 40 von 57 - Die außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen erklärt werden, § 626 Abs. 2 BGB. - Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigende von dem für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. - Die Kündigungsfrist beginnt noch nicht, sofern der Kündigende nach pflichtgemäßem Ermessen den Sachverhalt noch aufklären muss. - Bei Dauerstörung kommt es für die Fristberechnung auf das Ende der Störungen an. - Das Anhörungsverfahren beim Betriebsrat hemmt die Ausschlussfrist nicht. 4. VERDACHTSKÜNDIGUNG a) Begriff der Verdachtskündigung - Bereits der Verdacht einer strafbaren Handlung oder sehr erheblichen Vertragsverletzung kann geeignet sein, eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. b) Begriff des dringenden Verdachts - - Tatverdachtes dringend, wenn dringende, objektive Tatsachen vorliegen, die den Arbeitnehmer schwerwiegend verdächtigen. Diese Tatsachen müssen geeignet sein, dass für die Fortführung des Arbeitsvertragsverhältnisses notwendige Vertrauen zu zerstören. Prüfungsmaßstab ist ein fiktiver, verständig und gerecht abwägender Arbeitgeber c) Wirksamkeitsvoraussetzungen - Der Arbeitgeber hat hierzu alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, den Sachverhalt aufzuklären - Der Arbeitgeber hat vor Aussprache der Verdachtskündigung den Arbeitnehmer anzuhören. d) Abgrenzung der Tatkündigung zur Verdachtskündigung - Der Arbeitgeber, der wegen der Begehung einer Tat kündigt, hat gegebenenfalls vor Gericht die Begehung der Tat durch den Arbeitnehmer zu beweisen. Zweifel gehen zulasten des Arbeitgebers. IV. BESONDERER KÜNDIGUNGSSCHUTZ 1. MASSENENTLASSUNGEN 41 Seite 41 von 57 - Bei beabsichtigten Massenentlassungen hat der Arbeitgeber die Verpflichtung, diese bei der Agentur für Arbeit schriftlich anzuzeigen und hierüber dem Betriebsrat zu informieren. - Von einer Massenentlassung spricht man dann, wenn der Arbeitgeber innerhalb von 30 Kalendertagen in Abhängigkeit der Betriebsgröße eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern kündigt, bzw. kündigen will: 21-59 Arbeitnehmer > mehr als fünf zu kündigende Arbeitnehmer 60-499 Arbeitnehmer > 10 % oder mehr als 25 zu kündigende Arbeitnehmer ab 500 Arbeitnehmer > mehr als 30 zu kündigende Arbeitnehmer - Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, sind die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam. - Nach erfolgter Anzeige darf der Arbeitgeber einen Monat lang keine Kündigungen aussprechen, Sperrfrist i.S.d § 18 Abs. 1 KSchG 2. MITGLIEDER DES BETRIEBSRATES / PERSONALRATES / WAHLBETEILIGTE - Mitglieder des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Personalrats (Amtsträger) sowie des Wahlvorstands und der Wahlbewerber genießen besonderen Kündigungsschutz, § 15 KSchG. - Der Kündigungsschutz beginnt mit dem Beginn der Amtszeit, § 21 Abs. 1 S. 2 BetrVG, bei Wahlbewerbern mit der Aufstellung des Wahlvorschlags, § 15 Abs. 3 KSchG, § 14 Abs. 3 BetrVG - Bei Amtsträgern endet der Schutz ein Jahr nach Beendigung der Amtszeit, § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG, bei Wahlbewerbern sechs Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. - Während dieser Zeit ist eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen (Ausnahme: Betriebsstilllegung). - Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist jedoch zulässig. 3. KÜNDIGUNGSSCHUTZ BEI SCHWANGERSCHAFT - Das Kündigungsverbot nach § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG beginnt mit der Schwangerschaft (280 Kalendertage vor dem ärztlich festgestellten voraussichtlichen Entbindungstermin) und endet spätestens vier Monate nach Entbindung. - Das Kündigungsverbot gilt wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung positive Kenntnis von der Schwangerschaft hat oder dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Kündigungszugang die Mitteilung der Schwangerschaft nachgereicht wird. 42 Seite 42 von 57 - Eine beabsichtigte Kündigung kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen von einer staatlichen Schutzbehörde (Integrationsamt) ausnahmsweise für zulässig erklärt werden. Eine ohne eine solche Erlaubnis ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. 4. KÜNDIGUNGSSCHUTZ VON SCHWERBEHINDERTEN - Besteht ein Arbeitsverhältnis mehr als sechs Monate, so ist auch die Kündigung eines Schwerbehinderten ohne vorherige Zustimmung staatlicher Schutzstellen (Integrationsamt) unwirksam, § 85 ff. SGB IX. - Schwerbehindert sind solche Menschen, bei denen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorliegt. Menschen mit einem GdB von mindestens 30-50 werden Schwerbehinderten gleichgestellt, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können, § 2 Abs. 3 SGB IX 5. - Sofern der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwerbehinderteneigenschaft nicht kannte, muss der Arbeitnehmer diese dem Arbeitgeber nachträglich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung diesen Umstand nachträglich mitteilen, wenn er sich auf den Kündigungsschutz berufen will. - Der Arbeitgeber kann die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des Zustimmungsbescheids erklären, § 88 Abs. 3 SGB IX. SONSTIGER BESONDERER KÜNDIGUNGSSCHUTZ a) Elternzeit - Während der Elternzeit darf ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur nach vorheriger Zustimmung einer staatlichen Schutz stellen (Integrationsamt) kündigen, § 18 BEEG - der Kündigungsschutz greift bereits ab dem Zeitpunkt, von dem ab der Arbeitnehmer Elternzeit verlangt, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit. - Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate, § 19 BEEG b) Wehrdienst Von der Zustellung des Einberufungsbescheides bis zur Beendigung des Grundwehrdienstes sowie während einer Wehrübung darf ein Arbeitnehmer nicht ordentlich gekündigt werden, § 2 Abs. 1 ArbPlSchG (fällt weg wegen Abschaffung des Wehrdienstes) c) Abgeordnete Bundestagsabgeordnete und Europa Abgeordnete dürfen wegen Ausübung ihres Mandats nicht gekündigt werden. Nachwirkung: Ein Jahr nach Beendigung des Mandats 43 Seite 43 von 57 V. KÜNDIGUNGSSCHUTZ NACH DEM KÜNDIGUNGSSCHUTZGESETZ 1. GELTUNGSBEREICH a) Persönlicher Geltungsbereich - Zum geschützten Personenkreis gehören nur Arbeitnehmer, nicht aber arbeitnehmerähnliche Personen, die zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG - die Kündigung von Auszubildenden richten sich nach dem BBiG. Gem. § 22 Abs. 2 BBiG sind diese nach abgelaufener Probezeit nur aus wichtigem Grund kündbar. Ausbildungsordnungen sehen oft die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor b) Zeitlicher Geltungsbereich Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz wird erst nach einer sechsmonatigen ununterbrochenen Tätigkeit wirksam, § 1 Abs. 1 KSchG. - Geht dem AN die Kündigung noch während der Wartezeit zu, gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. c) Betrieblicher Geltungsbereich - Das Kündigungsschutzgesetz gilt nicht für Betriebe, in denen (einschließlich des zu Kündigenden) in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden (Schwellenwert), § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG Dieser Schwellenwert für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (5,25 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer) gilt jedoch nur noch für Arbeitnehmer die bis zum 31.12.2003 eingestellt worden sind. - Für Arbeitsverhältnisse die ab dem 1.1.2004 begründet wurden, gilt ein Schwellenwert von 10,25 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern, § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG - Auszubildende werden nicht mitgerechnet. - Teilzeitkräfte werden wie folgt berechnet: Regelmäßige Wochenarbeitszeit bis zu 20 h: 0,5 regelmäßige Wochenarbeitszeit bis zu 30 h: 0,75 2. ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE FÜR DIE FESTSTELLUNG DER SOZIALWIDRIGKEIT a) Relative Sozialwidrigkeitsgründe 44 Seite 44 von 57 - Eine Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe in der Person, im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, gerechtfertigt ist. b) Absolute Sozialwidrigkeitsgründe - Absolut sozialwidrig sind Kündigungen bei Formen und fristgerechter Einlegung eines ordnungsgemäßen Widerspruchs durch den Betriebsrat oder Personalrat. c) Prognoseprinzip - Mit einer Kündigung soll der Arbeitnehmer nicht wegen vergangener Geschehnisse sanktioniert werden. - Die Kündigung soll daher nur künftige betriebliche Störungen oder wirtschaftliche Belastungen vermeiden. - Es ist daher Sache des Arbeitgebers nachzuweisen, dass nach der Sachlage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch zukünftig mit betrieblichen Störungen oder wirtschaftlichen Belastungen zu rechnen sein wird. d) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - Ein Arbeitsverhältnis darf bei Geltung des Kündigungsschutzgesetzes nur gekündigt werden, wenn der Arbeitgeber die betrieblichen Störungen oder wirtschaftlichen Belastungen nicht durch andere geeignete und für den Arbeitgeber zumutbare Maßnahmen, wie z.B. durch Aussprache einer Ermahnung, Abmahnung, Versetzung, Änderungskündigung vermeiden kann (Ultima-Ratio-Prinzip). e) Interessenabwägung Eine Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Bestand überwiegt. - Bei der Interessenabwägung sind sämtliche Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen für AG: für AN: Schwere der Verfehlung, schwere der betrieblichen Beeinträchtigung, Stellung des Arbeitnehmers, Störung des Betriebsfriedens, generalpräventive Erwägungen, vorherige Abmahnungen etc. Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, bisheriger Störungsfreierverlauf des Arbeitsverhältnisses etc. f) Beurteilungszeitpunkt - Es sind die objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung maßgeblich. Spätere Veränderungen sind nicht zu berücksichtigen. 45 Seite 45 von 57 3. ABMAHNUNG - Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung regelmäßig erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig, § 314 Abs.2 BGB - Mit einer Abmahnung soll der Arbeitnehmer qualifiziert dazu angehalten werden, sich zukünftig vertragstreu zu verhalten und vor Augen geführt werden, dass bei weiterer Vertragspflichtverletzung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses droht. - Für eine ordnungsgemäße Abmahnung müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: - Hinweisfunktion: Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer darauf hinweisen, welche Vertragspflichten der AN nach dem Arbeitsvertrag einzuhalten hatte - Dokumentationsfunktion : - Warnfunktion: Der Arbeitgeber hat die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers konkret darzustellen. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor kündigungsrechtlichen Folgen im Wiederholungsfall warnen. Wird die Abmahnung diesen Voraussetzungen nicht gerecht, so ist sie keine Abmahnung im Sinne des § 314 Abs. 2 BGB, sondern eine Ermahnung. - Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann eine Abmahnung entbehrlich sein, weil das Vertragsverhältnis durch das Fehlverhalten so stark belastet wird, dass es wegen des vollständigen Vertrauensverlustes anhaltend und dauerhaft gestört ist. - Eine Abmahnung kann mündlich und schriftlich erklärt werden. Eine Frist gibt es hierzu nicht. - Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, eine Gegendarstellung in die Personalakte aufzunehmen oder die zu Unrecht erteilte Abmahnung im Klagewege aus der Personalakte entfernen lassen, §§ 1004, 241 Abs. 2 BGB. - Werden in einer schriftlichen Abmahnung mehrere Vorwürfe gegen den Arbeitnehmer erhoben, ist die Abmahnung bereits dann fehlerhaft, wenn nur ein Vorwurf nicht begründet ist. Prüfungsschema Abmahnung: 1. konkrete Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes (Dokumentationsfunktion) 2. Vertragsstörung im Bereich des steuerbaren Verhaltens des Arbeitnehmers (Verschulden, § 276 BGB) 3. Hinweis auf die objektive Pflichtwidrigkeit 46 Seite 46 von 57 4. Darstellung des rechtlich geschuldeten Verhaltens (Hinweisfunktion) 5. Androhung kündigungsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall (Warnfunktion) 6. kein Verbrauch des Rügerechts durch vorherige mildere Sanktion (z.B. Ermahnung o. Tadel) 7. keine unsachlichen, abwertenden Bemerkungen 8. Zugang der Abmahnung beim Arbeitnehmer 9. Möglichkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme 10. werden mehrere pflichtwidrige Sachverhalte in einer Abmahnung zusammengefasst, ist die Abmahnung nur dann rechtmäßig, wenn sämtliche (abgemahnte) Vorwürfe zutreffen. 4. VERHALTENSBEDINGTE KÜNDIGUNG Prüfungsschema verhaltenbedingte Kündigung: Erste Stufe: Vertragspflichtverletzung - Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenpflicht - Verschulden des Arbeitnehmers (§ 276 Abs. 1 BGB) - Fehlen der vom Arbeitnehmer behaupteten Rechtfertigungsgründe Zweite Stufe: Prognose und Verhältnismäßigkeit - negative Prognose (Pflichtverletzung trotz einschlägiger Abmahnung) - kein zumutbares milderes Mittel möglich (Abmahnung, Umsetzung, Änderungskündigung) Dritte Stufe: Interessenabwägung - Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und dem Interesse des Arbeitgebers auf dessen Beendigung - Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles 5. PERSONENBEDINGTE KÜNDIGUNG Prüfungsschema krankheitsbedingter Kündigungen: 1. Negative Gesundheitsprognose - vorhanden sein objektiver Umstände im Zeitpunkt der Kündigung - künftig weitere häufige Fehlzeiten oder Fortdauer der derzeitigen Fehlzeit 2. erhebliche Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers - finanzielle Belastungen - Störung des Betriebsablaufs 3. Verhältnismäßigkeit der Kündigung 47 Seite 47 von 57 - betriebliche wieder Eingliederungsmaßnahmen waren oder wären erfolglos - keine anderweitige geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer 4. Interessenabwägung - Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und dem Interesse des Arbeitgebers auf dessen Beendigung - Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles 6. BETRIEBSBEDINGTE KÜNDIGUNG Prüfungsschema betriebsbedingter Kündigungen: 1. Dringende betriebliche Erfordernisse a) freie Unternehmerentscheidung aa) Entscheidung aufgrund außerbetrieblicher Umstände (z.B. Auftragsrückgang) - Überprüfung der außerbetrieblichen Gründe bb) Entscheidung aus innerbetrieblichen Gründen (z.B. Rationalisierung, Umorganisation, Schließung) - Darstellung des unternehmerischen Konzepts - innerbetriebliche Umsetzung des Konzepts cc) Auswirkungen auf das Arbeitsvolumen dd) Auswirkungen auf den Arbeitskräftebedarf ee) Auswirkungen auf den konkreten (betroffenen) Arbeitsplatz ff) Dauerhafter Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit b) Dringlichkeit / Verhältnismäßigkeit aa) keine milderen Mittel zur Vermeidung von Kündigungen vorhanden (Kurzarbeit, Beschäftigung auf anderen freien Arbeitsplätzen im Unternehmen, Abbau von Freizeitguthaben o.ä.) cc) keine neue Beschäftigungsmöglichkeit vor Ablauf der Kündigungsfrist 2. Sozialauswahl a) Sozialauswahl nur im Betrieb (nicht unternehmensbezogen) aa) wurden die sozialen Auswahlgesichtspunkte ausreichend berücksichtigt? bb) wurden alle vergleichbaren Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einbezogen? (horizontale, tätigkeitsbezogene und vertragsgemäße Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer) cc) wurden die sozialen Indikatoren (Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) berücksichtigt? b) wurde die Herausnahme sozial stärkerer Arbeitnehmer ausreichend begründet? c) Sonderfälle 48 Seite 48 von 57 aa) bei Anwendung einer Auswahlrichtlinie: Überprüfung der Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit bb) bei Namensliste im Interessenausgleich: Vermutung des dringenden betrieblichen Erfordernisses und Überprüfung der Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit 3. Interessenabwägung a) Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und dem Interesse des Arbeitgebers auf dessen Beendigung b) Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles 7. ÄNDERUNGSKÜNDIGUNG Prüfungsschema Änderungskündigung: 1. ordentliche Kündigung und Änderungsangebot - keine (Teil-) Kündigung eines Vertragsbestandteils - schriftliches Änderungsangebot spätestens mit Zugang der Kündigung - Eintritt der Änderung frühestens mit Ablauf der Kündigungsfrist 2. Annahme - Annahme erfolgt schriftlich oder konkludent - Annahme erfolgt rechtzeitig innerhalb von drei Wochen oder innerhalb kürzerer Kündigungsfrist - falls Arbeitgeber kürzere Frist setzt, gilt gesetzliche Mindestfrist - als Arbeitgeber längere Frist setzt, gilt die längere Frist - Streitgegenstand: Änderung der Vertragsbedingungen 3. Streitgegenstand: - bei Annahme unter Vorbehalt: Wirksamkeit der Änderung der Vertragsbedingungen - bei Nichtannahme oder Ablehnung des Änderungsangebotes: Wirksamkeit der Kündigung als Beendigungskündigung 4. Prüfungsmaßstab/ Verhältnismäßigkeit - Beschäftigungsmöglichkeit zu den bisherigen Vertragsbedingungen ist entfallen - die begehrte Änderung wäre nicht durch das Weisungsrecht umsetzbar gewesen - das Änderungsangebot ist zur Anpassung an die geänderte Beschäftigungsmöglichkeit geeignet und erforderlich (hier Prüfung der sozialen Rechtfertigung/Kündigungsgründe bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes) - das Änderungsangebot ist das bestmögliche, dass unterbreitet werden kann 5. Sozialauswahl (bei betriebsbedingten Kündigung) a) Sozialauswahl nur im Betrieb (nicht unternehmensbezogen) - wurden die sozialen Auswahlgesichtspunkte ausreichend berücksichtigt? 49 Seite 49 von 57 - wurden alle vergleichbaren Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einbezogen? (horizontale, tätigkeitsbezogene und vertragsgemäße Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer) - wurden die sozialen Indikatoren (Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) berücksichtigt? b) wurde die Herausnahme sozial stärkerer Arbeitnehmer ausreichend begründet? c) Sonderfälle - bei Anwendung einer Auswahlrichtlinie: Überprüfung der Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit - bei Namensliste im Interessenausgleich: Vermutung des dringenden betrieblichen Erfordernisses und Überprüfung der Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit 8. AUFLÖSUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES GEGEN ZAHLUNG EINER ABFINDUNG NACH § 9 ABS. 1 KSCHG Prüfungsschema Auflösungsantrag durch Arbeitgeber: 1. Die ordentliche Arbeitgeberkündigung ist unwirksam, weil sie im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG nicht sozial gerechtfertigt ist. 2. der Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber muss bis zum Schluss des letzten mündlichen Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht gestellt werden. 3. Es darf keine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer mehr zu erwarten sein. 4. bei Bejahung der o.a. Voraussetzungen ist das Arbeitsverhältnis vom Arbeitsgericht durch Urteil zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. 5. „Hausmarke“ des Berliner Arbeitsgerichts für die Höhe der Abfindung (Einzelfallabhängig): - Kurze Beschäftigungsdauer (ein bis zwei Jahre): Ein Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr - längere Beschäftigungsdauer: Ein halbes Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr VI. Kündigungsschutzverfahren Prüfungsschema Kündigungsschutzklage I. Zulässigkeit der Klage 1. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten - bestehendes oder behauptetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien 2. Örtliche Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichts 3. Ordnungsgemäße Klageerhebung II. Formelle Wirksamkeit der Kündigungsschutzklage 50 Seite 50 von 57 1. Klageverzicht vor Kündigungserklärung ist unzulässig 2. Wurde die dreiwöchige Klagefrist eingehalten (§ 4 KSchG) oder ein Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage gestellt (§ 5 KSchG) 2. Dreiwöchige Klagefrist gilt nicht bei: - Unwirksamkeit der Kündigung wegen fehlender Schriftform - Kündigung durch einen Nichtberechtigten - Kündigung durch den falschen Arbeitgeber - Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht - Kündigung mit zu kurzer Kündigungsfrist, wenn es bei der Klage um die Einhaltung der richtigen Frist geht. - Kenntnis des Arbeitgebers vom Sonderkündigungsschutz des Arbeitnehmers III. Materielle Wirksamkeit der Kündigungsschutzklage 1. Ist das Kündigungsschutzgesetz persönlich und betrieblich anwendbar? (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs.1 KSchG) 2. Ist die Kündigung sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG? 3. Prüfung gegebenenfalls anderer Unwirksamkeitsgründe 4. wurde die Kündigungsfrist eingehalten? Aufgaben des Betriebsrats Allgemeine Aufgaben 1. Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit Gem. § 2 Abs.1 BetrVG sind die Betriebspartner einander zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet. Konkrete Ansprüche ergeben sich aus dieser Vorschrift nicht. Die Generalklausel des § 2 Abs.1 BetrVG wird durch die §§ 74, 80 BetrVG. 2. Friedenspflicht Gem. § 74 Abs.2 BetrVG ist die parteipolitische Betätigung im Betrieb verboten. Arbeitskampfmaßnahmen zwischen den Betriebspartnern (BR/AG) sind verboten. (Anm.: Einzelne BR-Mitglieder dürfen dennoch streiken. Die Friedenspflicht betrifft den BR als Organ) 3. Geheimhaltungspflicht Dem. § 79 BetrVG sind die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. 4. Durchführung gemeinsamer Bestimmungen/ von Betriebsvereinbarungen Gem. § 77 BetrVG führt der Arbeitgeber Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeit-geber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen. 51 Seite 51 von 57 Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Der Arbeit-geber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. 5. Allgemeine Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 BetrVG Mit § 80 BetrVG wird bestimmt, dass der Betriebsrat in die Rolle des Kontrolleurs der Sozialverantwortung des Arbeitgebers versetzt wird. Dazu gehören insbesondere die Kontrolle der Einhaltung aller arbeitnehmerschützenden Normen (wie z.B. Datenschutz, Arbeitsschutz etc.) sowie die Kontrolle der besonderen Förderung von Schwerbehinderten, älteren AN und Auszubildenden. Gem. § 80 Abs.2 BetrVG darf der Betriebsrat vom Arbeitgeber hierzu erforderliche Unterlagen, bis hin zu zum Einblick in die Lohn- und Gehaltsunterlagen einfordern. Beteiligungsrechte des Betriebsrats Bei den Beteiligungsrechten des Betriebsrat, unterscheiden wir zwischen - Mitwirkungsrechten, bei denen der Betriebsrat (bzw. Sprecherausschuss) „lediglich“ eine Beteiligungsbefugnis gegenüber dem Arbeitgeber hat, der Arbeitgeber also auch ohne Zustimmung des Betriebsrates handeln kann. - Mitbestimmungsrechten, bei denen dem Betriebsrat ein Initiativ- und Vetorecht zusteht. 1. Mitwirkungsrechte Mitwirkungsrechte begründen für den Betriebsrat Beteiligungsbefugnisse. Zu den Mitwirkungsrechten gehören: a) das Unterrichtungsrecht (z.B. §§ 80 Abs.2, 90 Abs.1 BetrVG) welches den Informationsaustausch zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberseite regelt ! b) das Anhörungsrecht (z.B. in § 102 Abs.1 BetrVG) welches den Arbeitgeber z.B. zwingt, den Betriebsrat vor Aussprache einer Kündigung anzuhören c) das Beratungs- und Vorschlagsrecht (z.B. §§ 90 Abs.2, 92a, 106 Abs.1, 111 BetrVG) welches dem Betriebsrat Beteiligungsrechte an der betrieblichen Planung einräumt § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen (1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. 52 Seite 52 von 57 (2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. (3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn 1. der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, 2. die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, 3. der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, 4. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder 5. eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. (4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten. (5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn 1. die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder 2. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder 3. der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war. (6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet. (7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt. 2. Mitbestimmungsrechte Bei den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats wird unterschieden in: a) beschränkte Mitbestimmungsrechte, bei denen dem Betriebsrat nur ein Widerrufsrecht zusteht und b) unbeschränkte Mitbestimmungsrechte, bei denen Entscheidungen des Arbeitgebers ohne Zustimmung des Betriebsrates unzulässig sind. a) Beschränkte Mitbestimmungsrechte Diese finden sich vor allem in den §§ 91, und 99 BetrVG. § 91 Mitbestimmungsrecht Werden die Arbeitnehmer durch Änderungen der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte 53 Seite 53 von 57 Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet, so kann der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zur Abwendung, Milderung oder zum Ausgleich der Belastung verlangen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen !!! (1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. (2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn 1. die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde, 2. die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde, 3. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten, 4. der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist, 5. eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder 6. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde. (3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt. (4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen. c) unbeschränkte Mitbestimmungsrechte Die unbeschränkten Mitbestimmungsrechte finden sich vor allem in den Vorschriften der §§ 87, 94 Abs.1, 95 Abs.1, 97 Abs.2, 98, 103 BetrVG: § 87 BetrVG Mitbestimmungsrechte !!! (1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb; * 2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; * 3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; * 4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; * 54 Seite 54 von 57 5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; * 6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; ** 7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften; ** 8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;** 9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; ** 10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; * 11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; * 12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; ** 13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. ** (2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. (Anm.: * = Mitbestimmung in der Leistungsbeziehung; ** = Mitbestimmung in der Betriebsbeziehung) § 94 BetrVG Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze (1) Personalfragebogen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen, die allgemein für den Betrieb verwendet werden sollen, sowie für die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze. § 95 BetrVG Auswahlrichtlinien (1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat . (2) …. § 97 BetrVG Einrichtungen und Maßnahmen der Berufsbildung (1) ……. (2) Hat der Arbeitgeber Maßnahmen geplant oder durchgeführt, die dazu führen, dass sich die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer ändert und ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllen ihrer Aufgaben nicht mehr ausreichen, so hat der Betriebsrat bei der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. § 98 BetrVG Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen (1) Der Betriebsrat hat bei der Durchführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. (2) ……… 55 Seite 55 von 57 § 103 BetrVG Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen !!! (1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. (2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter. (3) Die Versetzung der in Absatz 1 genannten Personen, die zu einem Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde, bedarf der Zustimmung des Betriebsrats; dies gilt nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Absatz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung zu der Versetzung ersetzen kann, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist. Formen der Beteiligung Betriebsvereinbarungen Eine Betriebsvereinbarung entsteht durch übereinstimmende Willenserklärung der Betriebspartner, welche zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfen, § 77 Abs.2 S.1 BetrVG. Betriebsvereinbarungen wirken (ähnlich wie Gesetze) unmittelbar und zwingend auf jedes betriebliche Arbeitsverhältnis. Leitende Angestellte werden hiervon ausgenommen. 1. Inhalt Inhaltlich können Betriebsvereinbarung die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer (grundsätzlich jedoch nicht zu deren Ungunsten) oder allgemeine Betriebsverhältnisse betreffen, wie z.B. die Einführung eines Betriebskindergartens. Nicht Gegenstand der Vereinbarung können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen sein, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden können, § 77 Abs.3 BetrVG !!! Ausgeschlossen sind darüber hinaus Regelungen, die die private Lebensgestaltung der Arbeitnehmer betreffen. So hat das BAG in dem Urteil BAG 11.07.2000 - 1 AZR 551/99 eine Betriebsvereinbarung für unzulässig erklärt, nach der Arbeitnehmer verpflichtet wurden, sich an den Kosten einer Kantinenverpflegung zu beteiligen, auch wenn sie diese nicht in Anspruch nahmen. Das BAG sah hierin eine unzulässige Lohnverwendungsregelung. Das BAG bestimmt indes, dass § 87 BetrVG „lex specialis“ ist, mit der Folge, dass § 87 BetrVG nicht dem Vorrang des § 77 Abs.3 BetrVG unterliegt. Die Sperrwirkung erfolgt vielmehr durch § 87 Abs.1 BetrVG mit der Folge, dass nur durch zwingende Gesetze oder geltende Tarifverträge anderweitig geregelte Betriebsvereinbarungen nach § 87 BetrVG ausgeschlossen werden. 2. Abänderbarkeit Die Parteien einer Betriebsvereinbarung können die von ihnen getroffenen Regelungen jederzeit für die Zukunft abändern. Die neue Betriebsvereinbarung kann auch Bestimmungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern die Zeitkollisionsregel. Danach geht die jüngere Norm der älteren vor. Allerdings kann eine neue Betriebsvereinbarung bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern oder entfallen lassen. Die 56 Seite 56 von 57 Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen ist durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 23.01.2008 – 1 AZR 988/06). 3. Kündigung Betriebsvereinbarungen können gemäß § 77 Abs. 5 BetrVG mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Dabei kann es sich auch um eine Teilkündigung handeln, wenn der gekündigte Teil einen selbstständigen Regelungsinhalt hat, der auch in einer eigenen Betriebsvereinbarung geregelt werden könnte (BAG 06.11.2007 – 1 AZR 826/06). Die Kündigung einer Betriebsvereinbarung bedarf keiner besonderen Form. Sie muss aber unmissverständlich und eindeutig sein. Hierzu ist die Kündigungserklärung erforderlichenfalls gemäß § 133 BGB auszulegen (BAG 19.02.2008 – 1 AZR 114/07). Das BAG hat im August 2001 seine Rechtsprechung bestätigt, wonach zwischen der Wirksamkeit und den Rechtsfolgen einer Kündigung von Betriebsvereinbarungen über betriebliche Altersversorgung zu unterscheiden ist. Die Kündigung einer Betriebsvereinbarung durch den Arbeitgeber braucht nicht begründet zu werden und unterliegt keiner gerichtlichen Inhaltskontrolle. Davon zu unterscheiden sind die Kündigungswirkungen, die begrenzt sind (BAG 01.08.2001 – 4 AZR 82/00). Nur in den Fällen, in denen die Betriebsvereinbarung den Fall einer erzwingbaren Mitbestimmung (z.B. § 87 BetrVG) betrifft, gilt die Regelung der gekündigten Betriebsvereinbarung fort, bis diese durch eine neue Betriebsvereinbarung ersetzt wird. In den anderen Fällen entfällt die Regelung nach Ablauf der Kündigungsfrist. Regelungsabreden Regelungsabreden sind keine formellen Betriebsvereinbarungen, sondern quasi schuldrechtliche Absprachen dar, durch den sich ein Arbeitgeber verpflichtet, die Regelungsabsprache individualrechtlich durch Weisung oder Vertragsänderung durchzusetzen (z.B. bei Einzelmaßnahmen, wie z.B. Freistellung zum WM-Fußballfinale o.ä.) Durch „Regelungsabreden“ kann auch der Tarifvorrang des § 77 Abs.3 BetrVG umgangen werden. Regelungsabreden können unwirksam sein, wenn sie gegen normativ wirkende Tarifverträge verstoßen. Durchsetzung der Beteiligungsrechte Rechtsstreitigkeiten Der Betriebsrat kann in Rechtsstreitigkeiten über die Normenanwendung (Beispiele: Feststellung, ob steht dem BR ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Verurteilung zur Auskunft und Unterrichtung?) vor dem Arbeitsgericht eine Klage auf Feststellung oder Leistung gegen den Arbeitgeber erheben. Daneben sieht das BAG die Erhebung einer Klage zur Durchsetzung eines gesetzlich nicht vorgesehenen „allgemeinen Unterlassungsanspruchs“ vor. Dieser soll die Mitbestimmung des Betriebsrates sichern und es dem Arbeitgeber unmöglich machen, vollendete Tatsachen zu schaffen. Regelungsstreitigkeiten Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber über den Inhalt einer neu zu schaffenden Regelung nicht einigen, erfolgt im Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung auf Antrag einer Partei eine Zwangsschlichtung durch die Einigungsstelle. Die Entscheidung der Einigungsstelle ist bindend und hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung, § 76 Abs.1 S.2 BetrVG. 57 Seite 57 von 57 Unwirksamkeit einseitiger Anordnungen Mitbestimmungspflichtige Maßnahmen, die der Arbeitgeber einseitig anordnet, sind bei fehlender Beteiligung des Betriebsrates unwirksam. Die Jugend und Auszubildendenvertretung (§§ 60 ff. BetrVG) und die Schwerbehindertenvertretung (§§ 93 ff. SGB IX) Jugend - und Auszubildendenvertretung in können in Betrieben errichtet werden, in denen mindestens fünf jugendliche Arbeitnehmer unter 18 Jahren oder zur Ausbildung beschäftigte unter 25 Jahren beschäftigt werden, § 60 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz. Sowohl Jugend- und Auszubildendenvertretung, als auch die Schwerbehindertenvertretung sollen die Auszubildenden und jugendlichen Arbeitnehmer, bzw. die schwerbehinderte Arbeitnehmerschaft im Betrieb eigenständig repräsentieren. Eigene Beteiligungsrechte gegenüber dem AG bestehen nicht. Allerdings besteht die Möglichkeit einer Einwirkung auf die Willensbildung des Betriebsrats