Gas Dynamics with Direct Simulation Monte Carlo

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RWTH Aachen University
CES-Seminar
Gas Dynamics with Direct Simulation Monte
Carlo (DSMC)
Author:
Jonas Bünger
Betreuer:
Prof. Dr. Manuel Torrilhon
4. Juli 2013
1
Einführung
Primäres Ziel numerischer Strömungssimulationen ist die Entwicklung und Anwendung numerischer Methoden zur Lösung partieller Differentialgleichungen der Fluiddynamik. Diese Gleichungen, insbesondere die NavierStokes und Euler-Gleichungen, beschreiben Newtonsche Fluide, wie Gase und einfache Flüssigkeiten, in einem
großen Bereich. Obgleich die Modellierung als Kontinuum einfach und nützlich ist, ist ihre Anwendbarkeit begrenzt. Beispielsweise ist zur adäquaten Modellierung von Strömungen verdünnter Gase die Berücksichtigung des
Teilchencharakters notwendig. Aus diesem Grund sind eine Reihe von Partikelmethoden zur Simulation derartiger Strömung entwickelt worden. Direct Simulation Monte Carlo ist die momentan gängigste Partikelmethode
und soll in dieser Arbeit vorgestellt werden.
2
Einführung in verdünnte Gase
Eine Substanz wird dann als Gas bezeichnet, wenn sich deren Teilchen in großem Abstand voneinander frei
bewegen und den verfügbaren Raum gleichmäßig ausfüllen. Bild 1 veranschaulicht die Modellvorstellung von
einem Gas.
Bild 1: Teilchenmodell
Hierbei spricht man von einem verdünnten Gas, wenn der mittlere Teilchenabstand δ deutlich größer ist, als der
Teilchendurchmesser d.
δ
>7
d
In diesem Fall befinden sich die Teilchen die meiste Zeit im freien Flug und es kommt lediglich gelegentlich zu
einem Zusammenstoß mit einem anderen Teilchen.
2.1
Klassifizierung von Problemstellungen
Abhängig von der betrachteten Strömung muss bei der mathematischen Modellierung des Gases der Teilchencharakter berücksichtigt werden oder kann vernachlässigt werden, dann wird Gas als Kontinuum modelliert.
Eine Einteilung erfolgt in der Regel durch die dimensionslose Knudsen-Zahl Kn
Kn =
λ
L
Hierbei bezeichnet λ die mittlere freie Weglänge zwischen zwei Teilchen. L bezeichnet eine charakteristische
Länge der betrachteten Strömung.
Für Kn < 0, 01 bilden die Navier-Stokes-Gleichungen in der Regel eine adäquates Modell. Die Modellierung
erfolgt demnach als Kontinuum.
Für 0, 1 > Kn > 0, 01 müssen die Navier-Stokes-Gleichungen um Randbedingungen an den Systemgrenzen
1
erweitert werden.
Für Kn > 0, 1 versagt der Kontinuumsansatz und Gase müssen in ihrer eigentlichen Form, als Teilchensystem, modelliert werden. Die Theorie zur Beschreibung makroskopischer Größen anhand des mikroskopischen
Gaszustandes liefert die kinetische Gastheorie. Strömungen verdünnter Gase werden als Teilchensystem modelliert. Zentrale Annahmen der Theorie, die Verteilungsdichtefunktion zur Beschreibung des Gaszustandes und
die Boltzmann-Gleichung als anerkannte Modellgleichung sollen im folgenden Abschnitt kurz erläutert werden.
3
Kinetische Gastheorie
Die kinetische Gastheorie erklärt makroskopische Größen wie Temperatur, Druck und Energie anhand des
mikroskopischen Gaszustandes.
Hierbei wird in der kinetischen Gastheorie ein vereinfachtes Gasmodell betrachtet, welches folgende Annahmen
bezüglich des Teilchenverhaltens macht:
1. Die Bewegung eines Teilchens ist gleichförmig, unabhängig von anderen Teilchen und ohne bevorzugte
Richtung
2. Wechselwirkung zwischen Teilchen finden nur bei Berührung statt, einer sogenannten "Kollisionßweier
Teilchen.
3. Kollisionen zwischen Teilchen können als elastische Stöße modelliert werden.
4. Die räumliche Ausdehung eines Teilchens ist vernachlässigbar
In Wirklichkeit befinden sich die Teilchen innerhalb der Potentialfelder der anderen Teilchen und stehen über
dieses in ständiger Wechselwirkung zueinander. Befinden sich die Teilchen nicht in unmittelbarer Nähe zueinander, so ist das Potentialfeld nahezu Null und die Teilchen sich kaum spüren. Letztendlich reduzieren Annahmen
1-3 die Wechselwirkungen auf elastische Kollisionen. [1]
3.1
Verteilungsdichtefunktion
Der Zustand eines Systems aus Teilchens zu einem Zeitpunkt t ist durch die Position ~x und und
Geschwindigkeit ~v der Teilchen bestimmt.
In der kinetischen Gastheorie wird der Gaszustand durch die Verteilungsdichtefunktion beschrieben. Diese ist
definiert über
N~x,~c = f (~x, ~c, t)dxdc
Hierbei entspricht N~x,~c der Anzahl Teilchen mit Geschwindigkeit aus [~v , ~v + d~v ] im Intervall [~x, ~x + d~x] zum Zeitpunkt t.[1] Durch die Verteilungsfunktion wird der Zustand des Gases auf mesoskopischer Ebene beschrieben, da
die Teilchenverteilung über sehr kleine Intervalle und nicht mit der exakten Teilchenverteilung beschrieben wird.
Trotzdem gibt die Verteilungsdichtefunktion ein sehr detailliertes Bild des Gaszustandes.[1] Der 6-dimensionale
Raum aus Ort und Geschwindigkeit wird als "Phasenraum"bezeichnet.
Makroskopische Größen wie Temperatur, Druck und Energie folgen aus dem Zustand der Teilchen innerhalb
des makroskopischen Volumens. Ist die Verteilungsdichtefunktion bekannt, so können makroskopische Größen
über gewichtete Integrale der Verteilungsdichtefunktion berechnet werden.
Beispiel:[1] Temperatur in [~x, ~x + d~x] zum Zeitpunkt t
1 m2
T (~x, t) =
3 ρ~x k
mit
Z
(v̄ − ~v )2 f (~x, ~c, t)d~v
R3
Z
ρ~x = m
f (~x, ~v , t)d~v
R3
2
3.2
Boltzmann-Gleichung
Das anerkannte mathematische Modell einer Gasströmung auf Teilchen-Ebene ist die Boltzmanngleichung
∂
∂f (~x, ~v , t) + ~v ∇~x + a∇~v f (~x, ~v , t) =
∂t
∂t
Stoss
mit
Z
∂f = W (~v1 , ~v2 , ~v3 , ~v )
∂t Stoss
Die Boltzmanngleichung beschreibt die Entwicklung der Verteilungsdichtefunktion in Raum und Zeit, aufgrund
von freiem Flug, Beschleunigung durch externe Kräfte sowie binäre Kollisionen zwischen Teilchen.
4
Direct Simulation Monte Carlo
Die Boltzmanngleichung kann in der Regel nicht analytisch gelöst werden. Der Rechenaufwand numerischer Verfahren wird aufgrund des hohen Freiheitsgrades der Verteilungsdichtefunktion und der Komplexität des
Stoßterms schnell zu hoch. Die Boltzmann-Gleichung wird deshalb nur für sehr einfache Strömungen numerisch
gelöst.
In der Molekulardynamik wird das System aus den gekoppelten Bewegungsgleichungen der Teilchen gelöst.
Molekulardynamische Simulationen verdünnter Gase sind extrem zeitaufwendig. Die Simulation eines Kubikmillimeters Luft unter Standardbedingungen benötigt 1016 Teilchen und die Anzahl Gleitkommazahl-Operation
läge im Bereich von 1023 . Die Berechnungen würde selbst auf Teraflop-Computern ca. 100 Jahre benötigen.[2]
Oftmals wird die Lösung der Boltzmann-Gleichung durch sogenannte Teilchenmethoden simuliert. Teilchenmethoden basieren hierbei auf der direkten, statistischen Modellierung der elementaren Vorgänge von Transport
und Kollision von Teilchen, durch Simulation einer großen Anzahl von Testteilchen. Das Verhalten der Testteilchen steht repräsentativ für das Verhalten extrem vieler Teilchen in reallen Gasen. Hierzu werden Positionen
und Geschwindigkeiten der simulierten Teilchen gespeichert und mit der Zeit durch Algorithmen zu freiem Flug,
Kontakt mit Systemgrenzen und Kollisionen verändert. Die Daten zu Position und Geschwindigkeit der Teilchen
liefern die Näherung der Verteilungsfunktion.
Direct Simulation Monte Carlo (DSMC) ist die momentan gängigste Teilchenmethode zur Lösung der
Boltzmann-Gleichung.[3] Entwickelt wurde die Methode von Graeme Bird um 1960 (University of Sydney)
und wird seitdem stetig weiterentwickelt. Mittlerweile existieren diverse Erweiterungen der Methode, von denen
viele auf bestimmte Gasströmungen zugeschnitten sind. In dieser Arbeit wird primär die ursprüngliche Methode
von G. Bird vorgestellt.
Direct Simulation steht für die direkte Simulation des Teilchenverhaltens. Monte Carlo ist der Oberbegriff
für Berechnungs-Algorithmen, deren numerische Ergebnisse auf der vielfachen Verwendung von Zufallszahlen
beruhen.
4.1
Verfahren
Die Lösung der Boltzmann-Gleichung erfolgt in Zeitschritten (∆t), wobei das Zeit-Update der Verteilungsfunktion in 2 Schritten erfolgt:
1. Advektion
2. Kollision
Im ersten Teilschritt wird der Advektionsoperator
∂
∂
∂
+v·
+a·
f (~x, ~v , t) = 0
∂t
∂r
∂v
gelöst. Der zweite Teilschritt löst den Kollisionsoperator
Z
∂f =
W (~v1 , ~v2 , ~v3 , ~v ) {f (~x, ~v1 , t)f (~x, ~v2 , t) − f (~x, ~v3 , t)f (~x, ~v , t)} d~v1 d~v2 d~v3
∂t Stoss
Das Verfahren kann in diesem Sinne als Splitting-Verfahren aufgefasst werden.[3]
3
Initialisierung
System in Zellen
einteilen
Testteilchen auf
Zellen verteilen
Speicher
Simulation / Zeitschritt
Advektion
Freier Flug
+
Interaktion mit
Wand
Update
Positionen:
ri(t) i=1,...,N
Geschwindigkeiten:
vi(t) i=1,...,N
Kollision
Zufällige Kollision
zwischen Teilchen
einer Zelle
Makroskopische
Eigenschaften
Bild 2: Schematischer Ablauf des DSMC-Verfahrens
In Bild 2 ist der Ablauf des DSMC-Verfahrens schematisch dargestellt.
Im Rahmen der Initialisierung wird das betrachtete System zuerst räumlich in Zellen unterteilt, wobei die Abmaße kleiner als die mittlere freie Weglänge λ sein sollten.[2] Anschließend werden die Testteilchen auf die Zellen
verteilt. Die Anzahl Testteilchen ist deutlich geringer als die Anzahl Teilchen in der realen Strömung und jedes
Testteilchen repräsentiert mehrere reelle Teilchen. Um den Rechenaufwand zu minimieren, ist es wünschenswert
so wenig Testteilchen wie möglich zu simulieren. Die Anzahl sollte jedoch nicht geringer als 20 1/λ3 sein, da das
Verfahren sonst ungenau wird. [2]
In einem zweiten Schritt werden die Testteilchen in den Zellen verteilt. Jedem Teilchen wird hierzu eine Ausgangsposition und eine Ausgangsgeschwindigkeit zugeteilt. Die Positionen innerhalb einer Zelle sowie die Ausgangsgeschwindigkeiten stellen hierbei Zufallsgrößen dar, deren Wahrscheinlichkeitsverteilung dem Zustand der
Strömung zum Zeitpunkt t = 0 entspricht bzw. approximiert. Typischerweise werden die Geschwindigkeiten der
Maxwellian-Verteilung entsprechend gewählt.[2]
Nach Abschluss der Initialisierung erfolgt die eigentliche Simulation. Die gespeicherten Daten zu Position und
Geschwindigkeit der Testteilchen werden zyklisch durch Algorithmen zur Advektion und Kollision geupdatet.
Beide Algorithmen werden in den folgenden zwei Abschnitten in ihrer allgemeinen Form vorgestellt.
Makroskopische Größen wie Dichte ρ̃, Impulsdichte p̃ oder Energiedichte ẽ werden durch die Mittelwerte einer
Zelle angenähert.
 


Zelle
m
ρ̃
Xj
N
e
p̃ =
 mvi 
VZelle,j i
1
2
ẽ
2 m|vi |
Hierbei steht Ne für die effektive Teilchenzahl.
Advektion
Während der Advektion wird der freie Flug der Teilchen im Zeitschritt ∆t betrachtet und die Interaktion mit
Systemgrenzen, den Randbedingungen, implementiert. Interaktionen zwischen Teilchenn finden keine Berück-
4
sichtigung.
Der Algorithmus durchläuft alle TestTeilchen und versetzt die Position eines jeden Teilchens entsprechend der
aktuellen Geschwindigkeit. Bei Abstinenz oder Vernachlässigung eines externen Kraftfeld berechnet sich das
Zeit-Update der Position eines Teilchens p wie folgt
~rp (tn+1 ) = ~rp (tn ) + ∆t~vp (tn )
Die Geschwindigkeit der Teilchen bleibt unverändert.
Befinden sich die Teilchen in einem externen Kraftfeld F~e erfolgt die Lösung der Bewegungsgleichungen numerisch. Das Update der Position und Geschwindigkeit kann beispielsweise mit einem Runge-Kutter Verfahren
2. Ordnung berechnet werden
~rp∗ = ~rp (tn ) +
∆t
~vp (tn )
2
~rp (tn+1 ) = ~rp (tn ) + ∆t~vp∗
~vp∗ = ~vp (tn ) +
∆t ~
Fe,p (~rp (tn ))
2mp
~vp (tn+1 ) = ~vp (tn ) +
∆t ~
Fe,p (~rp∗ )
mp
Verließe das Teilchen die Systemgrenzen, so wird die Phase des freien Fluges durch die Interaktion des Teilchens
mit der Systemgrenze unterbrochen. Sei ∆t1,p die Zeitdauer bis zum Antreffen von Teilchen p an der Systemgrenze, dann berechnet sich die Position ~rp (tn +∆t1,p ) und Geschwindigkeit ~vp (tn +∆t1,p ) wie oben beschrieben.
0
Während der Interaktion verändert sich die Geschwindigkeit zu ~vp (tn + ∆t1,p ). Die Position bleibt unverändert.
0
0
0
Aus ~rp (tn + ∆t1,p ) und ~vp (tn + ∆t1,p ) ergeben sich die Position ~rp (tn+1 ) und Geschwindigkeit ~vp (tn+1 ) durch
einen Advektionsschritt mit ∆t0p = ∆t − ∆t1,p .
Die Implementierung von Randbedingungen hängt vom betrachteten Strömungsproblem ab. Typisch sind Interaktionen mit Oberflächen an Systemgrenzen. Interaktionen mit Oberflächen werden dem Modell-Verhalten eines
einzelnen Teilchens implementiert. Dies soll am Beispiel des Maxwell-Modell diffuser Streuung veranschaulicht
werden.
Beispiel: Maxwell-Modell diffuser Streuung
Nach diesem Modell werden auf eine Oberfläche auftreffende Teilchen der Maxwellian-Verteilung entsprechend
gestreut
r
−mv 2
−mv 2
k
⊥
m
m
Pk (vk ) =
P⊥ (v⊥ ) =
v⊥ e 2kTw
e 2kTw
kTw
2πkTw
0
Die Berechnung der Geschwindigkeit ~vp nach Interaktion mit der Systemgrenze erfolgt mit Hilfe von gleichmäßig
verteilten Zufallszahlen αi aus [0, 1] über
 k

2 m Tw lg(α1 )cos(2πα2 )
0
k

~vp = 
−2 m
Tw lg(α3 )
k
−2 m Tw lg(α1 )sin(2πα2 )
Kollision
Nach versetzen aller Teilchen wird in jeder Zelle ein Satz zufälliger Teilchenpaarungen ausgewählt und eine
Kollisionen simuliert. Grundsätzlich sind alle Teilchen-Paare innerhalb einer Zelle mögliche Kollisionspartner.
Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Teilcheninteraktion nur zwischen Teilchen stattfindet, die sich nahe
beeinander befinden.
Zur Berechnung der Kollsisionswahrscheinlichkeit Pij zufällig gewählter Teilchen pi , pj während eines
Zeitschrittes wird angenommen, dass die Teilchenverteilung innerhalb einer Zelle homogen ist. Die Wahrscheinlichkeit Pij ergibt sich dann zu:
Ne σ|~vpj − ~vpi |∆t
Pij =
Vc
5
p
p
Bild 3: Skizze zum Maxwell Modell diffuser Streuung
Der Algorithmus zur Kollision ist in Bild 4 veranschaulicht. In jeder Zelle werden nacheinander alle möglichen
Teilchenpaarungen betrachtet. Mit der Wahrscheinlichkeit Pij wird eine Kollision der betrachteten Teilchenpaarung simuliert. Die Simulation der Kollision erfolgt auf Basis der Erhaltungssätze für Impuls, Energie und
Drall

0
0

m~vi + m~vj = m~vi + m~vj
0

0
0
~vi = ~vi + [(~vj − ~vi ) · ~n]~n
1
1
1
1
2
2
2
2
⇒ 0
vi ) + 2 m(~vj ) = 2 m(~vi ) + 2 m~vj )
2 m(~

~vj = ~vi − [(~vj − ~vi ) · ~n]~n
0
0
~ri × ~vi + ~rj × ~vj = ~ri × ~vi + ~rj × ~vj 
~n ist der normierte isotropische Zufallsvektor von Teilchen pi zu pj . Er beschreibt die relative Anordnung der
Teilchen im Moment der Kollision. Dieser Vektor wird mit Hilfe von Zufallszahlen erzeugt


cosΘ
cosΘ =
√ 1 − 2α1
~n = sinΘcos(2πα2 )
sinΘ = 1 − cos2 Θ
sinΘsin(2πα2 )
Nach diesem Vorgehen werden alle möglichen 1/2Nc2 Teilchenpaarungen betrachtet, sodass sich der
Rechenaufwand quadratisch zur Teilchenzahl pro Zelle Nc verhält. Die Wahrscheinlichkeit Pij ist meistens
sehr gering, sodass die meisten Paarungen abgelehnt werden und nur ein Bruchteil der inneren Schleife
Kollisionen simuliert. In der Praxis werden deshalb in der Regel effektivere Algorithmen verwendet.[4]
4.2
Vor- und Nachteile der Methode
Verglichen mit CFD ist der Rechenaufwand von DSMC hoch. Für Kn > 0.1 versagt der Kontinuumsansatz
jedoch, sodass CFD keine Alternative zu DSMC darstellt. Der Rechenaufwand zur alternativen Molekulardynamik ist moderat, was ein Vorteil von DSMC gegenüber MD ist.
Die Implementierung der Methode ist aufgrund ihrer starken Anlehnung an die physikalischen Abläufe sehr
anschlaulich und ihre Implementierung entsprechend intuitiv.
Ein weiterer positiver Aspekt der Methode ist die Betrachtung der physikalischen Abläufe auf Basis des Verhaltens einzelner bzw. weniger Teilchen. Die direkte Simulation des Teilchenverhaltens macht die Integration
komplexerer physikalischer Vorgänge, wie beispielsweise chemische Reaktionen, komplexe Randbedingungen
oder Mehrteilchen-Strömungen einfacher.
Größter Nachteil der DSMC-Methode ist sicherlich das implizite stochastische Rauschen. DSMC simuliert Strömungen, die stark vom Gleichgewichtszustand abweichen, sehr effektiv. Simulationen von Strömungen nahe
des Gleichgewichtzustandes leiden jedoch stark unter dem stochastischen Rauschen und werden in der Regel
mehrfach simuliert, um anschließend Mittelwerte zu bilden. Hierdurch verliert die Methode an Effizienz.[5][6]
6
i=1
j=1
Pij =
false
Berechnung der
Kollisionswahrscheinlichkeit
N e σ∣v p −v p ∣Δ t
Vc
i
j
true
α <Pij
Kollision
P(α< Pij )=P ij
v p →v ' p
Kollidieren Teilchen i und j?
Anzahl Operationen: a∼N 2c
Berechnung der
Geschwindigkeiten
nach Kollision
In der Praxis werden
effektivere Algorithmen
eingesetzt!
j=j+1
false
j<N c
Existieren weitere
mögliche
Teilchenpaarungen
mit Teilchen i?
true
i=i+1
false
i < N c −1
true
Nächste
Zelle
Bild 4: Schematischer Ablauf des Kollisions-Algorithmus
5
5.1
Simulationen
Typische Anwendungsgebiete
In der Luft- und Raumfahrt wird DSMC eingesetzt um Strömungen in der oberen Athmosphäre und im
Vakuum zu simulieren. Zu den Anwendungsgebieten gehören Strömungssimulationen zu Satelliten, Antriebsdüsen und Jets im All (Beispiel Space Station MIR in Bild 5) sowie die Simulation des Eintrittes von Flugkörpern
in die obere Erdathmosphäre.
Beispiele für die Anwendung von DSMC in der Astrophysik und Planetologie sind Simulationen in Atmosphären
kleiner Körper (Komenten, etc.), Simulationen zur Fluiddynamik in der oberen Atmosphäre von Planeten und
Fragestellungen zur globalen atmosphärischen Entwicklung.
Strömungen im Microbereich werden ebenfalls häufig mit DSMC simuliert. Beispiele für Anwendungsbereiche sind elektrische Geräte und Micro-Electro-Mechanik Systeme (wie beispielsweise Festsplatten Bild 6),
Microkanäle (Bsp.: feine Risse Oberflächen) und Strömungen um Mikro-Teilchen Außerdem wird DSMC oftmals eingesetzt um schnelle Nichtgleichgewichtsströmungen, wie sie bei der Laserabtragung und bei Verdampfungsvorgängen auftreten, zu simulieren.
7
Bild 6: Festplatte[8]
Bild 5: Simulierte Druckverteilung während eines
kontrollierten Absturzes der Raumstation "Mir"[7]
5.2
Eigene Simulationen
Als praktischen Teil dieser Arbeit habe ich die Methode für ein einfaches System implementiert. Der Aufbau
ist in Bild 7 dargestellt.
Bild 7: Schematischer Aufbau des Rayleigh-Problems
Das System bildet eine rechteckige Geometrie die nach oben und unten durch Wände begrenzt ist. Die obere
Wand ist glatt. Auftreffende Teilchen werden reflektiert, d.h. ihre Geschwindigkeit normal zur Oberfläche wird
invertiert. Die untere Begrenzung ist eine ideal wärmeleitende Wand mit Temperatur Tw . Die Geschwindigkeit
der unteren Wand in y-Richtung kann über uw vorgegeben werden. Teilchen, welche das System seitlich verlassen,
werden auf der gegenüberliegenden Seite wieder hinzugefügt (symmetrische Randbedingungen).
8
Zur Validierung wurde Helium, welches unter Standardbedingungen ideales Gasverhalten aufweist, simuliert.
Unter Variation von Dichte und Temperatur wurde der mittlere Druck auf die glatte Wand berechnet. Dieser
ergibt sich aus dem mittleren Impulsaustausch zwischen Teilchen und der glatten Wand (Fläche: ∆x∆y) während
der Simulationsdauer ∆tsim zu
P
mHe Ne Stöße 2vz
psim =
∆x∆y∆tsim
Zum Vergleich des Druckes psim der Simulation mit dem Druck p aus dem idealem Gasgesetz p =
die relative Abweichung e
psim − p
[%]
e=
p
n·R·T
V
wurde
berechnet.
Die Abweichungen lagen trotz geringer Teilchenanzahl durchgängig unter 1% (siehe Tabelle 1), sodass von der
korrekten Implementierung der Methode ausgegangen wurde. Zur Veranschaulichung des statistischen Rauschens
ρ0
0, 5ρ0
0, 25ρ0
T0
e = 0, 31
e = 0, 74
e = −0, 11
2T0
e = −0, 39
e = −0, 13
e = −0, 17
4T0
e = 0, 33
e = 0, 71
e = −0, 13
kg
Tabelle 1: Relativer Fehler e unter Variation der Temperatur T und Dichte ρ.(T0 = 273, 15K, ρ0 = 0, 1785 m
3)
ist in Bild 8 die Entwicklung der mittleren Teilchengeschwindigkeit vave (v) für Tw = 3 · Tinitial abgebildet.
Bild 8: Entwicklung vave für Tw = 3 · T0
Es ist deutlich zu erkennen, dass das statistische Rauschen insbesondere nahe des Gleichgewichtszustandes (ab
Zeitschritt 200) signifikanten Einfluss nimmt.
Hauptbestandteil der aktuellen Forschung zur Weiterentwicklung der Methode ist die Entwicklung von Verfahren
zur Verringerung des Rauschens. Eine Weiterentwicklung in diesem Zusammenhang ist Variance Reduction
DSMC und wird im folgenden Abschnitt kurz vorgestellt.
9
6
Variance Reduction Direct Simulation Monte Carlo Unsing Important Weights
Entwickelt von Husain A. Al-Mohssen und Nicolas G. Hadjiconstantinou ermöglicht es diese Methode das
statischtische Rauschen deutlich zu verringern und dabei das gewöhnliche DSMC Verfahren weitestgehend
beizubehalten. Dadurch behält die Methode die Stärken von Teilchenmethoden wie DSMC bei, erzielt jedoch
gleichzeitig ein geringeres stochastisches Rauschen. Die Idee der Methode ist es, basierend auf den Daten der
gewöhnlichen Nichtgleichgewichts DSMC Simulation parallel den Gleichgewichtszustand zu simulieren. Daten
der Simulation des Gleichgewichtzustands korrelieren in diesem Fall mit denen der gewöhnlichen DSMC Simulation.
Strömungsgrößen R̄ berechnen sich allgemein über
R̄ = Ne
N
X
R(vi )
i=1
Sei f die diskrete Verteilungsfunktion der gewöhnlichen DSMC Simulation und die feq die der parallelen Gleichgewichtssimulation. LVDSMC berechnet Strömungsgrößen R̄V R mit verringertem Rauschen über
R̄V R = R̄ − R̄eq + hRieq.
Hierbei ergibt sich hRieq. aus dem analytischen Gleichgewichtszustand. Anschaulich entspricht RV R dem Wert
R̄ verringert um die Abweichung des Wertes aus der Simulation des Gleichgewichtes von dem des analytischen
Gleichgewichtes. Abbildung Bild 9 verdeutlicht den Zusammenhang anhand von Graphen. Die Schwierigkeit der
Bild 9: Veranschaulichung des Variance Reduction Prinzips[9]
Methode besteht in der Bereitstellung einer Struktur, welche Teilchendaten zur Approximation von feq liefert,
welche gleichzeitig mit den DSMC Daten korrelieren. Diese Methode wählt eine Gewichtungsfaktor-Formulierung
mit Gewichtungsfaktoren
feq (v)
W (v) =
f (v)
Für R̄V R gilt dann
R̄V R = Ne
N
X
(1 − W (vi ))R̄(vi ) + hRieq.
i=1
VR
Demnach kann R̄
aus den DSMC Daten berechnet werden, sobald W (vi ) bekannt ist.
VRDSMC führt keine explizite Gleichgewichtssimulation durch. Stattdessen wird die Entwicklung der Gleichgewichtssimulation durch ein paralleles Aktualisieren der Gewichtungsfaktoren (GF) W (vi )0 s verfolgt.
10
Die Ausgangswerte der GF können entsprechend ihrer Definition direkt berechnet werden, da f und feq explizit
gegeben sind.
Anschließend werden die GF in jedem Zeitschritt aktualisiert. Während der Advektion behalten die GF ihre
Werte bei. Die Aktualisierung findet im Kollisionsalgorithmus statt. Kollidieren zwei Teilchen (i, j) so werden
Wi , Wj wie folgt aktualisiert
Wi → Wi Wj Wj → Wi Wj
Wird die Kollision abgeleht entspricht die Aktualisierung
Wi → Wi
(1 − Wj Pij )
(1 − Pij )
W j → Wj
(1 − Wi Pij )
(1 − Pij )
Simulationen von Referenzströmungen zeigen, dass VRDSMC gegenüber DSMC zu einer erheblichen Verringerung des stochastischen Rauschens führt und den Rechenaufwand dadurch deutlich verringert.
11
Literatur
[1] D. H. Struchtrup, Macroscopic Transport Equations for Rarefied Gas Flows. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2005.
[2] F. J. Alexander and A. L. Garcia, “The direct simulation monte carlo method,” 6, Computers in Physics,
November/December 1997.
[3] T. M. Homolle and N. G. Hadjisconstantinou, “A low-variance deviational simulation monte carlo for the
boltzmann equation,” , Aeronautics and Astronautics Department, Massachusetts Institute of Technology
and Mechanical Engineering Department, Massachusetts Institute of Technology„ Cambridge, MA 02139,
27. July 2007.
[4] G. A. Bird, Molecular Gas Dynamics and the Direct Simulation of Gas Flows. Walton Street, Oxford OX2
6DP: Oxford University Press Inc.
[5] G. Hadjiconstantinou, A. L. Garcia, M. Z. Bazant, and G. He, “Statistical error in particle simulations of
hydrodynamic phenomena,” 274, J. Comput. Phys, 2003.
[6] L. Baker and N. G. Hadjiconstantinou, “Variance reduction for monte carlo solutions of the boltzmann
equation,” 051703, Phys. Fluids 17, 2005.
[7] G. N. Markelov, A. V. Kashkovsky, and M. S. Ivanov, “Aerodynamics of space station "mir"during aeroassisted controlled descent,” 745, 22nd International Symposium, East Lansing, Michigan.
[8] “Festplatte.”
http://www.pcspezialistbonn.de/wp-content/uploads/2009/08/
samsung-festplatte-1195739490.jpg, Juni 2013. 24. Juni 2013 um 14:01.
[9] H. Al-Mohssen and N. Hadjiconstantinou, “A dsmc-based variance reduction formulation for low-signal
flows,” , Mechanical Engineering Dept., MIT, November 2005.
12
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