E-Health-Gesetz

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AUSGABE
15.1
JANUAR 2015
4.80 Euro
IT IN DER ÄRZTLICHEN PRAXIS.
AAL
E-Health-Gesetz
geplant
Wie die Politik die Digitalisierung des
Gesundheitswesens voranbringen will.
Intelligente Umgebung unterstützt
Senioren.
Diktieren
Digitale Sprachverarbeitung in der Praxis.
Wir vertrauen Ihnen als Arzt,
vertrauen Sie uns bei Ihrer IT.
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Inhalt
Editorial
E-Health, quo vadis?
Es geht
voran
Die Interoperabilitätsstudie
und das E-Health-Gesetz
> 10
Sprechen statt
schreiben
Die Infografik zur digitalen
Sprachverarbeitung in der Praxis
>16
Intelligente
Helfer
Mit altersgerechten Assistenzsystemen
den demografischen Wandel meistern
>20
Kompakt 04
In eigener Sache 15
Porträt 18
bunt gemixxt 24
Kolumne, Impressum 26
v
ielzählige E-Health-Projekte stecken seit Jahren
im Stau. Obwohl wir inzwischen so viele Leuchtturmprojekte haben, dass wir damit die ganze Republik in gleißendem Licht erstrahlen lassen können,
ging es mit den E-Health-Anwendungen bislang nicht
„wirklich voran“. Wir haben eine elektronische Gesundheitskarte, die in der Praxis noch immer nicht
mehr als die Möglichkeiten der guten alten KVK nutzt.
Telemedizinische Leistungen wären sofort umsetzbar
– wären da nicht unklare Vergütungs- und Haftungsfragen. Ganz zu schweigen von einem geregelten
elektronischen Datenaustausch in den Sektoren und
über die sektora len
Grenzen hinweg. Auch
hier sind technische Lösungen in großer – zuweilen zu großer – Fülle vorhanden – nur „irgendwie“
will sie niemand so recht.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe
hat im Som mer ein
E-Health-Gesetz angekündigt. Die Erwartungen an
ein solches Gesetz sind groß. Ärzteorganisationen,
Krankenhäuser, Patienten und auch IT-Hersteller
möchten praxistaugliche, wirtschaftliche und rechtssichere Regelungen im Gesetz sehen. In dieser Ausgabe stellen wir Ihnen die Hintergründe zum
E-Health-Gesetz vor. Der Gesetzentwurf soll nach
Stand Redaktionsschluss (Ende November) im Dezember 2014 vorgelegt werden.
Ebenso in der Klärungsphase sind die Rahmenbedingungen für sogenannte „Ambient Assisted
Living“-Systeme (AAL), die mit technischen Hilfsmitteln so lange wie möglich ein Leben in den eigenen vier
Wänden ermöglichen sollen. Unser Autor Dr. Michael
Lang hat Hintergründe zu AAL für Sie recherchiert.
Wird E-Health
durch das
Gesetz seine
Möglichkeiten
endlich entfalten können?
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und ein glückliches,
gesundes und erfolgreiches Jahr
2015.
Jens Naumann
Geschäftsführung medatixx
03
Rubrik
Kompakt
BVITG-transfer
Standard zum Datenaustausch zwischen Praxissystemen angekündigt.
D
Kunsthand – Neue Prothese ermöglicht Tastsinn
USA. Ein Forscherteam der Case Western Reserve Universität in Cleveland hat eine Handprothese mit Fingerspitzengefühl entwickelt. Dabei werden die den Tastsinn erzeugenden Hirnareale reaktiviert, die nach
der Amputation der Hand brachliegen. Tastsensoren an den Fingern der Prothese setzen die beim Erfühlen
oder Ergreifen empfangenen Reize in elektrische Signalmuster um. Das Team hat dazu spezielle Algorithmen entwickelt. Diese elektrischen Signale werden an Elektroden weitergeleitet, die auf drei Manschetten
angebracht sind und die Hauptnerven im Unterarm umschließen. Insgesamt kann der Patient 19 verschiedene Stellen der Hand fühlen. Die von den Elektroden stimulierten Nerven erzeugen beim Patienten nach
einer Eingewöhnungsphase im Gehirn ein Gefühl, das dem gewohnten Sinneseindruck nahekommt. Im
Labor konnte der Patient drei verschiedene Oberflächenstrukturen unterscheiden und zwei verschiedene
Oberflächen erkennen, die er gleichzeitig an unterschiedlichen Stellen mit der Prothese berührte.
http://thedaily.case.edu/news/amputees-discern-familiar-sensations-across-prosthetic-hand
Erfolgreiches Endoprothesenregister
Die 2014 gestartete Einrichtung zur Erfassung aller Eingriffe im Bereich der Endoprothetik wird
vom Bundesgesundheitsministerium mit 250 000 Euro gefördert.
D
as 2014 gestartete Endoprothesenregister Deutschland (EPRD) hat vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) rund 250 000 Euro erhalten. Gesundheitsminister
Hermann Gröhe sei davon überzeugt, dass solche Register einen wichtigen Beitrag zu
einer noch besseren Versorgung von Patienten leisten können, hieß es zur Begründung.
In dem Register sollen die rund 400 000 Eingriffe pro Jahr im Bereich der Endoprothetik bei Hüften und Knien erfasst werden. Das Register nimmt die Daten der registrierten Implantate über deren gesamte Lebensdauer auf. So erfahren Kliniken auch von
Revisionen und Wechseloperationen bei Patienten, die dafür in ein anderes Krankenhaus gegangen sind. Zudem können Krankenhäuser, die am EPRD teilnehmen, ihre
Patienten bei Bedarf einfacher und schneller über ihr Implantat informieren. Die
gemeinsam mit der Industrie aufgebaute Implantat-Datenbank umfasst Informationen
für mehr als 38 000 Einzelteile. Diese werden ergänzt durch Informationen zu Operationsverfahren und -anlässen sowie durch von den Krankenkassen gelieferte Patientenmerkmale wie Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen, wobei der Schutz der
Patientendaten sichergestellt ist. Bereits im April 2014 enthielt die Datenbank 22 500
Datensätze von über 240 Kliniken.
www.eprd.de
04
er Datenaustausch zwischen
Praxissoftwaresystemen soll
einfacher werden. Deshalb hat der
Bundesverband GesundheitsIT – bvitg e. V. die neue Standardschnittstelle „BVITG-transfer“
angekündigt. Beim Umstieg auf
ein neues Praxisverwaltungssystem sollen die Daten komfortabler
als bisher von der alten auf die
neue Software übertragen werden
können. Ein vollständiger Daten-
Austausch: Daten verschiedener Praxissysteme
transfer umfasst Abrechnungsdaten, die Patientenkartei mit der
medizinischen Dokumentation
sowie viele programmbezogene
Daten der Praxen wie etwa Hausapotheken, eigene Diagnoselisten,
Dokumentationsbausteine oder
Daten aus Bildarchiven.
In der neuen Schnittstelle haben die Softwarehersteller die
bereits am Markt vorhandenen
Schnittstellen zusammengefasst.
Sie soll aber nicht nur den Systemwechsel erleichtern, sondern auch
den Transfer von Medikationsdaten, zum Beispiel für übergreifende Prüfungen zur Arzneimitteltherapiesicherheit.
BVITG-transfer ist nicht die
erste Standardschnittstelle des
Verbands. Schon vor Jahren wurde eine Schnittstelle zum sektorübergreifenden Austausch von
Arztbriefen entwickelt, die heute
als „Arztbrief 2014“ bekannt ist.
www.bvitg.de
kleine_Rubrik
Kompakt
Hilfe aus der Ferne
Kolumne Dierks antwortet
Kinderärzte der Uniklinik Greifswald unterstützen abends und nachts die
Notaufnahme eines benachbarten Klinikums mittels Videokonferenz.
Prof. Dr.
Prof.
Dr.Dr.
Dr.Christian
ChristianDierks
Dierks
D
ie Notaufnahmen kleinerer Krankenhäuser im ländlichen
Raum sind in der Nacht nicht immer mit Kinderärzten besetzt.
Wird in einer solchen Situation nachts ein Kind eingeliefert, kann
es problematisch werden. Unterstützung erhalten die diensthabenden Ärzte im AMEOS Klinikum in Anklam (Mecklenburg-Vorpommern) durch Kinderärzte der Universitätsmedizin Greifswald.
Zwischen 18 Uhr abends und 8 Uhr morgens können die kleinen
Patienten mittels Videokonferenz einem Kinderarzt der benachbarten Uniklinik vorgestellt werden. Dieser beurteilt anhand eines
standardisierten, symptomorientierten Triage-Verfahrens die
Dringlichkeit des Falls und entscheidet über die weiteren Schritte.
Das Kind wird am nächsten Tag entweder von einem niedergelassenen Pädiater oder in der Pädiatrie im AMEOS Klinikum in
Anklam behandelt. Das Modellprojekt ist auf sechs Monate angelegt. Es wird in einer Kooperation des Zentrums für Kinder- und
Jugendmedizin und dem Integrierten Funktionsbereich Telemedizin (IFT) des Instituts für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald (UMG) durchgeführt. Eine begleitende wissenschaftliche Studie soll zeigen, ob die telemedizinische Konsultation zu einer verbesserten regionalen pädiatrischen
hen
Versorgung führt.
www.medizin.uni-greifswald.de
Prof. Dr. Dr. Christian Dierks ist Rechtsanwalt und Facharzt für Allgemeinmedizin. Vorwiegend berät er mit seiner Kanzlei Leistungserbringer im
Gesundheitswesen. Ein Schwerpunkt liegt
dabei in den Rechtsfragen von Telemedizin und E-Health.
?
Frage?
Ist es eigentlich richtig, dass die Werbung
für Fernbehandlung immer noch verboten
Dierks: Antwort.
ist? Wie passt das mit den Plänen der Bundesregierung zusammen, durch ein E-HealthGesetz der Fernbehandlung Auftrieb zu geben?
DIERKS: Das ist in der Tat ein Thema. Während das
Berufsrecht nur die „ausschließliche“ Fernbehandgilt das Verbot der Werbung
lung verbietet,
ve
für ddie Fernbehandlung in § 9 HWG uneingeschränkt. So wurde ein Gynäkologe
ge
vom OLG Köln im Jahr 2012 verurteilt,
vo
dder sich auf einer Internetseite zu medizzinischen Fragen der Domainnutzer
kkonkret und individuell diagnostisch
Patienten sterben jährlich in
oder mit Therapieempfehlung äußerte.
od
Deutschland aufgrund von
Antibiotika-Resistenzen.
Das Gericht unterschied dabei nicht, ob
In Kaiserslautern befürworten Ärzte mehrheitlich die
Patienten davor oder danach bei einem
die Pa
Quelle: BMG
telemedizinische Betreuung von Herz-Kreislauf-Patienten.
anderen Arzt in Behandlung waren, was die Beeine „nicht ausschließliche“ berufsrechtine Mehrheit der im Zusammenhang mit dem Projekt
kt E
E.He.R.
He R
ratung als ein
lich wohl zulässig gemacht hätte. Mit anderen Wor(„Etablierung eines Versorgungskonzeptes für Patientinnen
ten: Nach dem Arztrecht gibt es zulässige Fernbeund Patienten mit Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen
handlungen, für die dann aber nicht geworben werin Rheinland-Pfalz“) befragten Ärzte befürwortet eine flächendeden darf. Unzulässig ist demnach, die Patienten darckende Einführung von Telemedizin zur Betreuung ihrer Patienüber zu informieren, dass ich am Wochenende per
ten mit Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen. Insgesamt
E-Mail zu erreichen bin, um den Erkrankungsverlauf
sprachen sich 58,3 Prozent dafür und nur 12,5 Prozent dagegen
zu bewerten. Ein solches Werbeverbot ist aber nicht
aus. Mit E.He.R. soll ein landesweites Versorgungsnetzwerk etanur unsinnig, sondern auch rechtlich nicht zu halten:
bliert werden, in dem niedergelassene Haus- und Fachärzte mit
Wenn eine Tätigkeit berufsrechtlich zulässig ist, darf
Krankenhäusern in ihrer Region sowie einem überregionalen
die Werbung dafür nur verboten sein, wenn hierin
Dienstleister wie zum Beispiel einem Telemedizinzentrum zusameine Gefährdung des Patienten liegt. Die Verbotsmenarbeiten. Die befragten Mediziner versprechen sich eine Ervorschrift in § 9 HWG macht aus der Werbung sogar
höhung der Therapietreue ihrer Herzinsuffizienz-Patienten durch
eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis
die regelmäßige Übermittlung von Vitalparametern im Rahmen
zu 50 000 Euro bestraft werden kann. Wenn wir
der telemedizinischen Begleitung. Generell erwarten die MediE-Health in Deutschland befördern wollen, ist dieser
ziner ein geschärftes Bewusstsein der Patienten für ihre medizialte Zopf endlich abzuschneiden. Das E-Health-Genische Situation und einen
setz ist dazu eine gute Gelegenheit.
selbstständigeren Umgang
Zahl
des Quartals
Mediziner für Telemedizin
15 000
E
mit der Erkrankung.
www.eher-telemedizin.de
05
Kompakt
Interview Ärztlicher Beirat
Dr. Christiane Groß
Dr. Christiane Groß, M.A. ist die Vorsitzende
des Ärztlichen Beirats zur Begleitung des
Aufbaus einer Telematikinfrastruktur für das
Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen.
Sie ist außerdem Vorsitzende des Ausschusses
E-Health der Ärztekammer Nordrhein.
Welche Aufgaben hat der Ärztliche Beirat NRW?
Der Ärztliche Beirat fordert praktikable und patientensichere Voraussetzungen für
neue, insbesondere behandlungsrelevante Kommunikationsprozesse wie die elektronische Dokumentation, die elektronische Befundübermittlung, institutionsübergreifende
Patientenakten und elektronische Fallakten und für telemedizinische Anwendungen.
Zudem spricht er Empfehlungen aus an die gematik, an die Spitzenverbände der GKV,
an das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Altern (MGEPA) in NRW,
an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und natürlich auch an die IT-Industrie.
Telemedizinpreis 2014
Die Auszeichnung geht in diesem Jahr an eine
Klinik in Aachen sowie eine Berliner Hausärztin.
D
er von der Deutschen Gesellschaft für
Telemedizin (DGTelemed) ausgeschriebene Karl Storz Telemedizinpreis ging im
Jahr 2014 an die Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen/NRW für das
Projekt „TIM Telematik in der Intensivmedizin“ und an Irmgard Landgraf, Fachärztin für Innere Medizin in der Hausarztpraxis am Agaplesion Bethanien Sophienhaus
Berlin für das Projekt „Vernetzte ärztliche
Pflegeheimversorgung“. Das Preisgeld in
Höhe von insgesamt 5 000 Euro stiftet das
Unternehmen KARL STORZ GmbH & Co.
KG. Im Projekt Telematik in der Intensivmedizin (TIM) stellen Krankenhäuser der
Wie ist der Beirat aufgestellt?
Der Beirat ist dank seiner Mitgliederschaft breit aufgestellt. Stimmberechtigt
als Mitglieder des Ärztlichen Beirats NRW sind nur kurativ tätige Ärztinnen und
Ärzte. Es sind Vertreter der beiden Ärztekammern, der beiden Zahnärztekammern,
der beiden KVen, der beiden KZVen, der Kammer der Psychologischen Psychotherapeuten/KJP, der damaligen beiden Testregionen Bochum und Essen, der Krankenhausgesellschaft NRW und der ARGE eGK/Heilberufeausweis.
Welche Rolle spielt der Beirat bei der aktuellen Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte und des Aufbaus einer Telematikinfrastruktur (TI)?
Der Beirat achtet darauf, dass alle Forderungen der Ärzteschaft beim Aufbau der TI beachtet werden. So ist beispielsweise eine Forderung die Freiwilligkeit des einzelnen Arztes bei den – für den Patienten freiwilligen – Anwendungen. Was passiert, wenn man
den ärztlichen Sachverstand der kurativ Tätigen außen vor lässt, haben wir noch durch
das Scheitern der ersten Tests vor Augen. Wir sprechen zurzeit nur von der Testung der
Aktualisierung der Versichertenstammdaten. Wenn später noch elektronische Anwendungen zu beurteilen sind, die in die Behandlung der Patienten eingreifen, dann wird es
erst richtig interessant. Hier arbeiten wir sozusagen im Vorfeld, wie man bei den Empfehlungen zum Notfallmanagement, eArztbrief und zur eFallakte sehen kann.
Warum ist die aktive Beteiligung der Ärzte bei der Digitalisierung des
Gesundheitswesens so wichtig?
Ohne ärztlichen Sachverstand wird IT völlig anders geplant. Informationstechniker
denken einfach anders als Ärzte. Behandlungen müssen nicht mathematischen
oder technischen Regeln folgen. Diese Situation hatten wir zu Beginn der Krankenhausinformationssysteme in vielen Kliniken, ebenso wie bei den Praxissystemen.
Ärzte mussten bei den Behandlungen umdenken oder sich später den IT-Systemen
anpassen. Die Ärzte fühlten sich eingezwängt in ein System, welches ihrem Behandlungsdenken nicht entsprach. Gerade daher kommt das Engagement des
Ärztlichen Beirates, im Vorfeld Angaben zu machen und unser ärztliches Denken
den Entwicklern der IT-Systeme darzulegen.
06
Versorgung: Heimbewohner profitieren von der Telemedizin.
Maximalversorgung ihre intensivmedizinische Expertise via Telemedizin auch
Häusern der Grund- und Regelversorgung
zur Verfügung. Irmgard Landgraf betreut
als niedergelassene Ärztin die Bewohner
eines Pflegeheims. Sie verbindet sich über
ihren Laptop mit dem elektronischen Pflegedokumentationssystem des Heims und
kann von der Praxis aus Patientendaten
einsehen, die Medikation anpassen oder
Nachrichten für das Pflegepersonal hinterlegen. Das Projekt leistet laut Jury „einen
Beitrag zur nachhaltigen, zugleich mit einfachen Mitteln erreichbaren Verbesserung
der Gesundheit und Lebensqualität von
großen – in der Zukunft zunehmenden –
Bevölkerungsgruppen im Pflegebereich in
www.dgtelemed.de
Deutschland“.
Kompakt
Kontakt per „Brille“
App-Förderung
Eine App für die Datenbrille Google Glass soll es Ärzten ermöglichen,
medizinische Daten während der Behandlung an andere Ärzte zu schicken.
Bayer sponsert fünf Start-ups aus Europa,
die mobile Gesundheits-Apps entwickeln.
Ä
D
rzte in Harvard und an der University of
Pennsylvania erproben derzeit eine neue
Anwendung für Google Glass – das ist der Minicomputer, der zusammen mit einer digitalen
Videokamera auf einem Brillenrahmen montiert
ist. Der Computer kann Informationen auf einem
kleinen Sichtfeld einblenden und sie mit den
Bildern der Videokamera überlagern. Die vom
Start-up Remedy entwickelte App „Beam“ soll es
ermöglichen, dass ein Arzt während der Behandlung eines Patienten
medizinische Daten auf Papier oder aus der Patientenakte mit der Datenbrille „abfilmt“ und sie an einen Kollegen überträgt. Auch ein mit der
Brille aufgenommenes Video lässt sich mit diesem System übertragen.
Die Rückmeldung des hinzugezogenen Arztes wird auf dem Sichtfeld
der Datenbrille eingeblendet. Hausärzte sollen, so die Entwickler, auf
diese Weise in Anwesenheit des Patienten mit einem Facharzt Kontakt
aufnehmen und schnell einen medizinischen Sachverhalt klären. Aber
auch eine Videokonferenz zwischen den beiden Ärzten unter Einbeziehung des Patienten während der Untersuchung soll mit diesem System
möglich sein.
www.remedyonglass.com
IGeL unter der Lupe
Unter „www.igel-aerger.de“ sammeln Verbraucherschützer Beschwerden von
Patienten über IGeL-Angebote.
V
erbraucherschützer kümmern sich verstärkt um die Individuellen
Gesundheitsleistungen, kurz IGeL. Gesetzlich krankenversicherte
Patienten müssen diese vom Arzt optional angebotenen medizinischen
Leistungen aus eigener Tasche bezahlen und werden so vom Patienten
zum Kunden. Für die Unzufriedenen unter diesen „Kunden“ hat die
Verbraucherzentrale NRW in Kooperation mit den Verbraucherzentralen Berlin und Rheinland-Pfalz das Internetforum „igel-aerger.de“ konzipiert. Seit September 2014 können sie dort ihren IGeL-Frust abladen
– entweder mit persönlichen Angaben oder anonym.
Die Verbraucherschützer wollen die Beschwerden auswerten und
prüfen, ob die Ärzte bei ihren IGeL-Angeboten die geltende Rechtslage
einhalten. Finanziert wird das Forum vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Die Verbraucherschützer betonen,
dass sie nicht den medizinischen Nutzen der IGeL-Leistungen
beurteilen, sondern die verbraucherrechtlichen Aspekte
untersuchen: Welche Zusatzleistungen wurden angeboten?
Wurden die Patienten über die Kosten informiert? Gab es
eine schriftliche Vereinbarung? „Ärzte, die negativ auffallen, sollen abgemahnt werden“, kündigen die Verbraucherschützer an.
Auf Knopfdruck: Zentrale
www.igel-aerger.de
Beschwerdestelle im Netz
a s Pharmaunternehmen Bayer
Healthcare fördert mit seinem Programm „Grants4Apps ®“ (auf deutsch:
Zuschüsse für Apps) junge Unternehmen, die mobile Gesundheitsanwendungen entwickeln. Im Jahr 2014 wurden aus 78 Bewerbern fünf ausgewählt,
die einen Forschungszuschuss von jeweils 50 000 Euro erhalten und für dreieinhalb Monate in der Firmenzentrale
in Berlin forschen dürfen. Dabei bekommen sie auch Unterstützung von Berliner IT-Experten. Grants4Apps ® soll
den Start-ups später als Hilfe zur Beschaffung von Risikokapital dienen. Die
fünf Unternehmen und ihre Innovationen sind:
Cortrium (Dänemark) hat einen tragbaren Sensor („C3“) entwickelt, der
Herzschlag, Atmung und Pulsoxymetrie
fortlaufend misst und die Daten per
Bluetooth an ein iPad überträgt.
Parica (Deutschland) entwickelt ein
System, das Vitaldaten misst und den
Patienten über schlechte Werte informiert, damit dieser einen Spezialisten
aufsuchen kann.
Qompium (Belgien) hat CardiMoni
entwickelt, eine Smartphone-App, mit
der Patienten selbst ihre Herzrate und
ihren Herzrhythmus bestimmen und bei
Verdacht auf Herzrhythmusstörungen
die Werte an den Arzt schicken können.
PharmAssistant (Portugal) ist eine
vernetzte Pillendose. Sie erinnert vergessliche Patienten mit einem optischen
und akustischen Signal an die Einnahme
ihrer Medikamente. Durch Vernetzung
mit einem Smartphone können Angehörige oder der Hausarzt die Medikationstreue aus der Ferne überwachen.
FabUlyzer (Spanien) entwickelt ein
Pusteröhrchen mit Nanosensoren, die
Biomarker in der Atemluft wie zum
Beispiel den Acetongehalt messen. Die
Messwerte geben Aufschluss über
die Fettverbrennung. Sie lassen
sich auf einer Smartwatch anzeigen.
www.grants4apps.com
07
Kompakt
Noch ein Armband
Das mit vielen Sensoren bestückte Microsoft Band misst Vitalparameter bei
körperlichen Aktivitäten und zeigt die Auswertung auf dem Smartphone an.
D
ie IT-Industrie setzt voll auf Gesundheit. Nach Google und Apple hat
jetzt auch Microsoft einen mobilen Aktivitätsmesser vorgestellt. Das
in den USA für 200 Dollar erhältliche „Microsoft Band“ ist ein intelligentes
Armband, das die körperliche Aktivität registriert. Sensoren im Armband
messen Temperatur, Herzfrequenz, Hautwiderstand, Feuchtigkeit, GPS-Koordinaten sowie die Beschleunigung. Die Pulsmessung
erfolgt im Unterschied zu anderen Modellen fortlaufend
mithilfe von LEDs und einem optoelektronischen Sensor.
Die Messwerte lassen sich auf jedem Smartphone (iOS,
Android, Microsoft) anzeigen. Eine Akku-Ladung soll
48 Stunden halten. Das Gerät bietet nicht nur die Aufzeichnung von Joggingstrecken und die Messung der
getätigten Schritte. Es kann auch die verbrannten Kalorien zählen und den Schlaf analysieren. Microsoft kooperiert mit Fitnessstudios, die dann die passenden Übungen für den Benutzer auf dem Armband anzeigen.
www.microsoft.com/Microsoft-Band/en-us
Sportlich: Neuer Trainingsassistent
Online-Befundung übers Netz
Forscher entwickeln eine Telemedizinplattform, auf der Langzeit-EKGs von Fachärzten befundet und die Ergebnisse Hausärzten zur Verfügung gestellt werden.
D
as Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden
hat mit der intecsoft medical GmbH & Co.KG eine Telemedizinplattform
für die Auswertung von Langzeit-EKGs durch „Online-Kardiologen“ entwickelt.
Damit werden niedergelassene Ärzte bei der Abklärung von Herzerkrankungen wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen oder Herzmuskelentzündungen
unterstützt, ohne dass der Patient einen
Spezialisten aufsuchen muss. Das System besteht aus einem 3-Kanal-EKG-Rekorder und einem Online-Portal. Der
Rekorder leitet Langzeit-EKGs im Heimbereich unter Alltagsbedingungen ab.
Zusätzlich werden die körperlichen
Aktivitäten des Patienten mit Sensoren
Ampel: Grünes Licht signalisiert dem Arzt Entwarnung. gemessen. Bereits während des Tragens
erfolgt die Datenauswertung im Rekorder. Veränderungen im EKG lassen sich der zugehörigen körperlichen Belastungssituation zuordnen. Auffällige Messwerte oder Unregelmäßigkeiten
werden als EKG-Ausschnitt über ein Smartphone an das Portal geschickt und
dort als Ampel angezeigt. Fachärzte werten die Daten auf dem Portal aus und
erstellen einen persönlichen Befund. Der behandelnde Arzt soll die Daten
jederzeit abrufen und seinen Patienten versorgen können, ohne dass dieser
www.ipms.fraunhofer.de
einen Facharzt aufsuchen muss.
08
Wissenschaftsticker
+++ Wissenschaftler um Elia Gabarron vom
Norwegian Centre for Integrated Care and
Telemedicine haben rund 700 Tweets ausgewertet, die innerhalb von zwei Wochen Hashtags aufwiesen, die mit SEXUELL ÜBERTRAGBAREN ERKRANKUNGEN in Beziehung standen, also etwa #chlamydia oder #HIV (J Med Internet Res 2014; 16(10):e228). Neun von zehn
dieser Tweets waren ernsthaft, und die große
Mehrheit der Retweets zeigte sich ebenfalls
sachlich. Dumme Witze wurden hauptsächlich
von Twitterern gerissen, die ohne Klarnamen
auftraten und nicht identifizierbar waren. + + +
Kian Zarchi von der Universität Kopenhagen hat
in einer clusterrandomisierten Studie ein Telekonsultationssystem bei 90 Patienten mit
CHRONISCHEN WUNDEN evaluiert (J Invest
Dermatol 2014; doi:10.1038 / jud.2014. 441).
Nach einem Jahr war die Wunde bei 70 Prozent
der telemedizinisch betreuten Patienten verheilt, gegenüber 45 Prozent in der Kontrollgruppe. + + + Individuelle SMS-Nachrichten gelten
als Möglichkeit, bei einer Psychotherapie den
Kontakt zwischen Therapeuten und Patienten
zu intensivieren. Gareth Furber von der Universität Südaustralien hat ein derart supplementiertes
Therapieregime bei Patienten in DEPRESSIVEN
KRISEN untersucht (J Med Internet Res 2014;
16(10): e219). Er fand keinen Unterschied zu einem historischen Vergleichskollektiv ohne
SMS-Reminder. + + + WARNMELDUNGEN BEI
FEHLMEDIKATION sind vor etwa zehn Jahren in
Verruf geraten, als ermittelt wurde, dass weit
über 90 Prozent dieser Meldungen vom Arzt
einfach weggeklickt werden. Alexander Bryant
von der University of Washington hat jetzt untersucht, ob die modernen Systeme besser geworden sind (Appl Clin Inform 2014; 5(3):80213). Antwort: Nein. Insbesondere die Meldungen zu Arzneimittelinteraktionen wurden zu
über 95 Prozent ignoriert. Dies könne nicht an
„Alert Fatigue“ liegen, da die Ärzte im Schnitt
nur eine Meldung pro Tag erhielten. Die Autoren fragen sich jetzt, ob Warnmeldungen zu
Wechselwirkungen vor dem Hintergrund dieser
Daten nicht grundsätzlich infrage gestellt werden sollten. + + +
Kompakt
Erster Rat per Videogespräch
conhIT 2015
Die medizinische Recherche im Netz kann Patienten verunsichern. Mit einem neuen
Angebot können sie von zu Hause aus klären, ob sie eine Behandlung benötigen.
Die deutsche Leitmesse für Gesundheits-IT
öffnet im April ihre Pforten in Berlin.
D
D
as Lübecker Start-up Patientus hat eine
Online-Plattform entwickelt, über die
Ärzte Patienten eine Video-Sprechstunde
anbieten können. Für die Browser-basierte
Software wird nur ein PC mit Kamera und
Internetanschluss benötigt. Außerdem
muss der Arzt im Besitz einer gültigen
Approbation sein und Sprechstunden in
einer Praxis mit Sitz in Deutschland abhalten. Der Bundesverband Internetme- Komfortabel: Die virtuelle medizinische Fragestunde
dizin sieht keine rechtlichen Bedenken in
diesem Angebot. Der Patient sucht sich einen der bei Patientus angemeldeten
Ärzte nach Fachgebiet und Wohnort heraus und bucht bei diesem einen Termin
für die Video-Sprechstunde. Im ersten Gespräch werden alle Fragen des Patienten besprochen, und der Patient erhält Informationen über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten. Bei Interesse an einer weitergehenden
Diagnose oder Behandlung muss er in die Praxis einbestellt werden.
www.patientus.de
ie conhIT („Connecting Healthcare
IT“), der jährliche Branchentreff
rund um die IT im Gesundheitswesen,
findet vom 14. bis 16. April in der
Berliner Messe statt. Die Veranstaltung wendet sich nicht nur an IT-Fachleute, sondern auch an interessierte
Ärzte, die sich über die aktuellen
Entwicklungen der Informationstechnik im Gesundheitswesen informieren
möchten. Sie ist keine reine Industriemesse, sondern bietet mit Kongressvorträgen und einer Seminarreihe der
conhIT-Akademie die Möglichkeit zur
Weiterbildung. medatixx ist auf der
conhIT auch 2015 wieder mit einem
eigenen Stand vertreten.
www.conhit.de
ANZEIGE
09
10
Titelgeschichte
kleine_Rubrik
D
E-Health-Gesetz
ie Eröffnung des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit in Berlin im vergangenen Sommer nutzte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nicht
nur, um seine gesundheitspolitischen
Ziele vorzustellen. Er kündigte auch
den Entwurf eines E-Health-Gesetzes
an, mit dem die Telematikinfrastruktur einen gesetzlichen Rahmen erhalten soll. „Unser Ziel sind klare Festlegungen und Vereinbarungen, um die
Umsetzung zu erleichtern und zu beschleunigen“, so Gröhe.
Gröhe ist weder Arzt noch gelernter
Gesundheitspolitiker. Vor seiner Ernennung zum Bundesgesundheitsminister
war er CDU-Generalsekretär, davor
auch einmal Justiziar der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion. Dass der studierte Jurist der Gesundheitstelematik
per Gesetz auf die Sprünge helfen
möchte, erscheint daher plausibel. Zumal er, wie er in einem Artikel der F.A.Z.
sowie der eGK mit den zugehörigen
Fachanwendungen wie beispielsweise
dem elektronischen Arztbrief zuständig. Technische Schwierigkeiten und
Interessenkonflikte zwischen den Beteiligten führten jedoch dazu, dass sich
die Einführung der eGK um Jahre
verzögerte.
Ein Ende der Streitigkeiten ist nicht
abzusehen. Jüngstes Beispiel: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat
parallel zum Ausbau der Telematikinfrastruktur ihr eigenes Netz – KV-SafeNet – aufgebaut, über das sie – teils mit
hohen Förderungen – ihren Mitgliedern
Mehrwertdienste anbieten möchte.
Während die gematik dieses Netz vollständig in die Telematikinfrastruktur
integrieren und damit auch betreiben
möchte, besteht die KBV darauf, es nur
anzudocken und weiterhin in Eigenregie zu betreiben. Damit liegt die KBV
im Clinch mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik
Es geht voran
Das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe
angekündigte E-Health-Gesetz
soll dafür sorgen, dass es beim
Aufbau einer flächendeckenden
Telematikinfrastruktur sowie
der Einführung von Online-Anwendungen in Verbindung mit
der elektronischen Gesundheitskarte keine weiteren Verzögerungen gibt.
vom 1. September 2014 durchblicken
ließ, die Geduld mit den an der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) beteiligten Parteien verloren hat und weitere Verzögerungen
beim Auf bau der Telematikinfrastruktur nicht mehr hinnehmen möchte: „Ich
erwarte, dass Selbstverwaltung und
Industrie zu konkreten Ergebnissen
und überzeugenden Lösungen kommen,
damit endlich der Nutzen für die Patienten im Mittelpunkt steht.“
Hintergrund: In den vergangenen
zehn Jahren kam die Gesundheitstelematik in Deutschland nur schleppend
voran. Im Jahr 2005 gründeten die
Spitzenverbände des Gesundheitswesens die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH,
kurz gematik. Sie ist per Gesetz für die
Einführung, den Betrieb und die Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur (TI) im Gesundheitswesen
(BSI), das nach § 291b Absatz 1a SGB V
für die Sicherheit von eGK und TI zuständig ist. Das BSI befürchtet, dass die
TI in diesem Fall zu einem reinen Verbindungs- und Zugangsnetz degradiert
werde und hat angekündigt, in diesem
Fall nicht mehr die Sicherheit des Gesamtsystems zu gewährleisten.
Es sind aber nicht nur diese Streitigkeiten, die das Projekt verzögern und
den Minister zum E-Health-Gesetz veranlasst haben. Gröhe muss auch die im
Koalitionsvertrag vereinbarten Punkte
umsetzen, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Dort heißt es unter „2.4
Gesundheit und Pflege“:
„Elektronische Kommunikationsund Informationstechnologien können
die Leistungsfähigkeit in unserem Gesundheitswesen weiter verbessern. Dies
gilt insbesondere für die Versichertenstammdaten, die Notfalldaten,
die Kommunikation zwischen
11
ern,
allen Leistungserbringern,
eiVerbesserung der Arzneid
mitteltherapiesicherheit und
Use“ bezeichnet. Unter diesem
Be
Begriff
läuft dort seit einigen
J
Jahren
ein landesweites Pro-
Daten für ein verbessertes Einweisungs- und Entlassmanagement. Hindernisse beim
Datenaustausch und Schnittstellenprobleme werden beseitigt und der Anbieterwettbewerb zwischen IT-Anbietern befördert. Dabei
muss ein hoher Datenschutz
beachtet werden. Telemedizinische Leistungen sollen
gefördert und angemessen
vergütet werden.“
Bei Redaktionsschluss lag der
as
R eferentenent w u r f f ü r da
E-Health-Gesetz noch nicht vor. Daher konnte zu diesem Zeitpunkt nicht
eingeschätzt werden, ob das Gesetz ein
„großer Wurf“ wird oder sich auf den
kleinsten gemeinsamen Nenner aller
Interessengruppen beschränkt. Gröhe
hatte aber bereits am 28. Juli 2014 angekündigt, dass die Ergebnisse der „Planungsstudie Interoperabilität“ in das
E-Health-Gesetz einfließen sollen. Interoperabilität ist eine wichtige Grundvoraussetzung für E-Health. Das amerikanische Institute of Electrical and
Electronics Engineers (IEEE) definiert
sie als „die Fähigkeit zweier oder mehrerer Systeme oder Komponenten, Informationen auszutauschen und die
ausgetauschten Informationen auch
sinnvoll nutzen zu können“. Diese Möglichkeit der Weiterverwendung elektronisch übertragener medizinischer Daten wird in den USA als „Meaningful
„Das E-Health-Gesetz wird sich im Kern mit
den Rahmenbedingungen der Einführung
einer sicheren Kommunikationsinfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen befassen. Hier ist für uns Ärzte von besonderer
Bedeutung, dass die Infrastruktur und ihre
Anwendungen uns Ärzte bei der Behandlung unserer Patienten unterstützen, zum Beispiel durch den sicheren Austausch
von Befunden oder Röntgenbildern. Perspektivisch sollte die
Infrastruktur auch neue Methoden der Versorgung, wie zum
Beispiel die Telemedizin, ermöglichen. Ich erhoffe mir von dem
E-Health-Gesetz weiterhin, dass der Gesetzgeber die notwendigen Anreize setzt, damit alle Beteiligten – Kassen, Ärzte und
Krankenhäuser – die Infrastruktur für eine gute Versorgung
unserer Patienten nutzen.“
Dr. Franz-Joseph Bartmann
Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer
12
jekt zur Einführung und
Nutzung von interoperablen elektronischen Patientenakten. Mit Blick auf
die 170 verschiedenen
Praxissoftwaresysteme
und 30 Krankenhausinfor mationssysteme in
Deutschland sagte Gröhe
am 1. September 2014 in
der F.A.Z. auch: „IT-Inseln
helfen niemandem, wir
brauchen mehr technische
I nt er op er a bi l it ät .
Au s
Sc
Schnittstellen
müssen Verbin
bindungen
werden.“
Se
Seit Sommer vergangenen
Jahres liegen die Ergebnisse der
„Planungsstudie Interoperabilität“ auf
dem Tisch. Die im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums von der Unternehmensberatung BearingPoint GmbH
mit Unterstützung des FraunhoferInstituts für Offene Kommunikationssysteme durchgeführte Studie sollte
klären, woran es bei der Umsetzung von
E-Health-Anwendungen in Deutschland
hapert und welche Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Entwicklung
und Verbreitung dieser Anwendungen
zu beschleunigen. Wichtigstes Ergebnis:
Die Verfasser der Studie empfehlen, der
gematik einen sogenannten E-HealthRat zur Seite zu stellen. Dieses Expertengremium soll letztendlich darüber
entscheiden, welche Standards in
E-Health-Anwendungen verwendet werden dürfen, um einen reibungslosen
Datenaustausch innerhalb des Gesundheitswesens zu ermöglichen. Laut Empfehlung soll der 15-köpfige Rat breit
aufgestellt werden: neun vom Bundestag eingesetzte E-Health-Experten, drei
Vertreter der gematik, jeweils ein Abgesandter der Bundesländer und des
Bundesgesundheitsministeriums sowie
ein Patientenvertreter.
Für das operative Geschäft, sprich
die Zulassungsverfahren der E-HealthAnwendungen, wäre nach wie vor die
gematik zuständig. Allerdings würde
der E-Health-Rat die gematik dabei von
Titelgeschichte
Anfang an beraten, die Standards und
Schnittstellen festlegen und den gesamten Zulassungsprozess überwachen.
Durch diese Kontrollfunktion sollen
Fehlentwicklungen und Verzögerungen
vermieden werden. Um die Entscheidungswege kurz zu halten wird vorgeschlagen, den E-Health-Rat räumlich
bei der gematik anzusiedeln.
Was bringen den Patienten E-Health
und Interoperabilität? Neben der verbesserten Versorgung, beispielsweise
durch Telemedizinanwendungen, versetzt die Interoperabilität die Patienten
auch in die Lage, leichter den Arzt zu
wechseln. Bisher konnten Patienten von
ihrem Arzt Papierkopien ihrer Unterlagen verlangen, etwa um sie einem
anderen Arzt zur Weiterbehandlung
vorzulegen. Die Studie schlägt jetzt ein
„Anspruchsrecht des Versicherten“ vor.
Das bedeutet, dass der Patient ohne
Angaben von Gründen vom Arzt die
Herausgabe seiner elektronischen
Krankenunterlagen verlangen kann.
Aber auch dem Arzt bringt die Interoperabilität Vorteile. Einheitliche Standards und Schnittstellen würden auch
ihm die „Portabilität“ seiner Daten ermöglichen. Patientendaten wären dann
nicht mehr an ein Praxissoftware- oder
Kliniksystem gebunden, sondern könnten prinzipiell mit jedem anderen System genutzt werden. Dies soll dem Arzt
einen Anbieterwechsel erleichtern.
Wenn Gröhe dieser Empfehlung der
Studie folgt, erfüllt er einen weiteren
Punkt des Koalitionsvertrages, nämlich
den Wettbewerb zwischen den IT-Anbietern zu befördern.
Ein weiterer Punkt aus dem Koalitionsvertrag betrifft das Versichertenstammdatenmanagement, das als
erste E-Health-Anwendung im Jahr 2015
erprobt wird. Dazu werden in verschiedenen Testregionen Arztpraxen an die
TI angeschlossen („Online-Rollout“). Die
Selbstverwaltung hat sich darauf geeinigt, dass beim jeweils ersten Arztbesuch im Quartal die Versichertendaten
online aktualisiert werden. Die Verwaltung der Daten erfolgt nach wie vor bei
den Krankenversicherungen. Nach den
Vorgaben der gematik soll die Aktualisierung der Versichertendaten auf der
„Der GKV-Spitzenverband fordert
verbindliche Termine für alle Teilnehmer
für die Einführung und Nutzung der TI/
eGK – auch für Leistungserbringer. Damit
eGK-Anwendungen auch den erhofften
Mehrwert leisten können, ist eine nahezu flächendeckende
Einführung zwingend notwendig. Von daher müssen auch
schon für die ersten administrativen Anwendungen verbindliche Termine genannt und eingefordert werden. An die haben
sich dann nicht nur die Kostenträger mit der Bereitstellung
der Dienste und die Industrie zu halten, sondern auch die
Leistungserbringer mit der Nutzung. Wie will man sonst den
Versicherten vermitteln, dass man intelligente Karten ausgibt,
die zum Beispiel Missbrauch durch elektronische Sperrung verhindern oder medizinische Notfalldaten aufnehmen können,
aber leider kaum ein Arzt in Deutschland mitmacht und das
System somit sinnlos wäre? Eine weitere Forderung: finanzielle
Strafen, wenn die eGK nicht benutzt wird. Es muss hier eine
Regelung geschaffen werden, die klar vorgibt, bis wann die
Leistungserbringer sich an die TI anzuschließen und diese zu
nutzen haben. Sollte dies bis zu einem solchen Termin nicht erfolgt sein, müssen Sanktionen angewendet werden, wie sie bei
den Kassen auch gegolten haben. Wenn die Anbindung an die
TI mit einem Termin festgesetzt wurde, dann muss im gleichen
Schritt auch die Nutzung der TI verbindlich festgelegt werden.
Hier müssen klare Regelungen her, dass der Prüfnachweis der
Versichertenstammdaten (Online-Abgleich) im Rahmen der
Abrechnung auch an die Kassen zu übermitteln ist. Wenn der
Prüfnachweis nicht vorhanden ist, muss von Seiten der Kassen
eine Reduzierung der Abrechnung möglich sein.“ GKV-Spitzenverband
Karte zwischen 7 und 13 Sekunden
dauern. Damit diese Anwendung zugelassen wird, muss sie sich in der Testphase als praktikabel erweisen.
Sobald sich diese erste Online-Anwendung in der Praxis bewährt hat, geht
es in die nächste Testphase. Dann wird
die elektronische Unterschrift erprobt
– Voraussetzung für die Einführung
elektronischer Arztbriefe und Überweisungen. Eine der zentralen Anwendungen, die nach dem Willen von Gröhe bald
realisiert werden soll, betrifft die Notfalldaten auf der eGK. „Wenn es nach
einem Unfall schnell gehen muss, soll
der Arzt überlebenswichtige Notfallda-
ten sofort von der Karte abrufen können“, sagte der Minister der Bild-Zeitung. Ärzte können mithilfe der Karte
auch direkt sehen, welche Medikamente ein Patient einnimmt. Ebenso ist geplant, die Verbesserung der Arzneimittelsicherheit, ein weiteres Vorhaben der
Großen Koalition, in das E-Health-Gesetz aufzunehmen. Nach den Plänen des
Ministers erhalten künftig alle Patienten, die mindestens fünf Arzneimittel
verordnet bekommen, einen Medikationsplan – eine gedruckte Übersicht mit
patientenverständlichen Anwendungshinweisen. Ärzte und Apotheker
sollen diesen Medikationsplan
13
„Laut Aussage des Bundesministers
für Gesundheit auf dem IT-Gipfel in Hamburg wird das geplante
E-Health-Gesetz Anreize für die Einführung medizinischer Anwendungen setzen. Dazu gehört die
elektronische Bereitstellung von Notfalldaten, die Einführung
eines Medikationsplans und die Verbesserung des Informationsaustausches zwischen den mehr als 200 verschiedenen IT-Systemen im Gesundheitswesen. Gerade Letzteres ist wesentliche,
aber nicht hinreichende Voraussetzung für die flächendeckende
Nutzung von sinnvollen Anwendungen. Viel wichtiger ist es, die
Infrastruktur nun endlich bundesweit und bundeseinheitlich
flächendeckend nutzbar zu machen, damit die zum großen Teil
schon entwickelten Lösungen eingesetzt werden können. Hierzu gehört selbstverständlich auch die Klärung der noch völlig
offenen Refinanzierungsfragen für die jeweiligen im Gesetz genannten Pflichtanwendungen ebenso wie die flächendeckende
Umsetzung der Pflichtanwendungen selbst. Wenn es dann noch
gelänge, ein innovationsfreundliches Klima zu schaffen, in dem
verschiedene in freiem Wettbewerb angebotene Mehrwertdienste und Lösungen Eingang in die Regelversorgung fänden, wäre
das in der Tat ein großer Wurf. Denn letztlich entscheidet die
Nachfrage der Anwender, ob die angebotenen Systeme einen
Mehrwert und einen positiven Nutzen für ihn und seine Prozesse
haben. Und wenn der Mehrwert unter anderem in einem verbesserten Informationsaustausch mit anderen Anwendern – einrichtungsübergreifend, intra- und intersektoral – gesehen wird,
dann wird die Industrie liefern, solange für sie das Geschäftsmodell stimmt.“
Ekkehard Mittelstaedt
Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V.
leichter aktualisieren können. In
diesem Fall muss das geplante
E-Health-Gesetz Regelungen enthalten,
wie in Zukunft ein elektronischer Medikationsplan mit der eGK bereitgestellt
werden kann. Gröhe kann dabei auf die
Interoperabilitätsstudie zurückgreifen,
die sich mit dem elektronischen Medikationsplan ausführlich beschäftigt hat.
Die Autoren der Studie machen aber
auch konkrete Vorschläge zur Umsetzung ihrer Empfehlungen. Als Erstes
fordern sie, die rechtlichen Grundlagen
für E-Health zu schaffen. Diesem Rat
kommt Minister Gröhe mit dem
E-Health-Gesetz nach. Auf dieser Basis
erfolgt die Gründung des E-Health-Ra14
tes. Um keine Zeit zu verlieren, empfehlen die Autoren der Studie, die gematik
solle schon einmal loslegen und mit den
Vorarbeiten beginnen, noch bevor der
Rat sich konstituiert hat. Alle generellen Prozesse für die Entwicklung und
Zulassung von E-Health-Anwendungen
sind in der Studie detailliert aufgeführt.
So weit die Empfehlungen der Interoperabilitätsstudie. Was davon in das geplante E-Health- Gesetz einfließen wird,
war zum Zeitpunkt der Drucklegung
dieser Ausgabe noch unbekannt. Der
Referentenentwurf lag ebenfalls noch
nicht vor. Die Interessenvertreter – wie
zum Beispiel die Ärzteschaft, die gesetzlichen Krankenkassen oder die
Anbieter von Gesundheits-IT – erhalten
die Gelegenheit, ihren Kommentar zu
diesem Entwurf abzugeben. Die Politik
erhält dadurch nicht nur wertvolle
Rückmeldungen, sondern auch die Gelegenheit, auf konstruktive Kritik im
Vorfeld zu reagieren und Verbesserungsvorschläge in das Gesetz einfließen zu lassen.
Die Positionen der Verbände zur
Telematikinfrastruktur sind bekannt.
Sie spiegeln sich auch in den Aussagen
und Forderungen wider, die zum geplanten E-Health-Gesetz veröffentlicht
wurden. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen zum Beispiel
fordert „verbindliche Termine“ für die
Einführung und Nutzung der Telematikinfrastruktur und der elektronischen Gesundheitskarte – und zwar für
alle Beteiligten. Mit Blick auf die geplante Online-Anbindung der Arztpraxen verlangen die Kassen finanzielle
Strafen für Ärzte, die sich den Online-Anwendungen wie zum Beispiel
dem Versichertenstammdatenmanagement verweigern und damit den gesamten Zeitplan gefährden.
Der Bundesärztekammer hingegen
ist wichtig, dass die Telematikinfrastruktur einen praktischen Nutzen für
die Ärzte bei der Behandlung ihrer
Patienten hat. Dazu gehört auch die
ärztliche Schweigepflicht, weshalb die
Ärzteschaft großen Wert darauf legt,
dass der Austausch von Patientendaten
innerhalb der Telematik sicher erfolgt.
Die IT-Hersteller wiederum erinnern
den Gesetzgeber daran, die Refinanzierungsfragen für die Pflichtanwendungen nicht zu vergessen und wünschen
sich, dass auch Mehrwertdienste und
Lösungen zu einem Teil der Regelversorgung werden, sodass sich in diesem
Bereich ein Markt entfalten kann.
Die Erwartungen an das geplante
E-Health-Gesetz sind groß. Ob es ein
großer Wurf oder nur ein Würfchen
wird, bleibt abzuwarten. Fest steht: Das
Ringen um die praktikabelste Lösung,
den besten Datenschutz und die Wahrung der eigenen Interessen wird auch
nach Verabschiedung des E-Health-Gesetzes weitergehen.
Dr. Michael Lang
In eigener Sache
Spannende Wettkämpfe beim
PRAXISRAUSCH 2014
Praxisteams aus dem gesamten Bundesgebiet waren nach Bamberg
gekommen, um sich in sieben Wettbewerben zu messen.
M
ögen die Spiele beginnen! Mit diesem Aufruf eröffnete
Susanne Hartmann, Bereichsleitung medatixx-akademie,
den Wettkampf. 30 Praxisteams aus dem gesamten Bundesgebiet waren der Einladung nach Bamberg gefolgt, um am
PRAXISRAUSCH teilzunehmen. Die Teams aus Kiel und Bad
Doberan hatten die weiteste Anreise. In spannenden Spielen
rund um das Thema Arztpraxis kämpften Ärzte und ihre
MFAs mit viel Engagement unter dem Motto „Gemeinsam sind
wir stark“ um Goldbarren.
In sieben Disziplinen galt es, Teamgeist und Geschicklichkeit unter Beweis zu stellen. Besonders spannend ging es zum
Beispiel bei der Disziplin „Betriebsausflug“ zu. Jeweils drei
Mitglieder eines Teams mussten in OP-Kittel, Kopfhaube und
Mundschutz gemeinsam auf einem Paar Skier stehend einen
abgesteckten Parcours durchlaufen und einen „Buchstabentisch“ erreichen. Dort galt es, aus einem Buchstabensalat ein
sinnvolles medizinisches Wort zu bilden und anschließend
wieder in voller Montur zum Startpunkt zurückzulaufen.
Den ersten Platz und damit einen Goldbarren im Wert von
1 000 Euro gewann die Praxis Dres. med. Münich/Brandl/
Fischer-Schießl/Kraus, die mit dem kompletten Praxisteam
angereist war. Den zweiten Platz und einen Goldbarren im
Konzentriert: Die Disziplin „Betriebsausflug“ erforderte viel Geschicklichkeit.
Wert von 750 Euro erkämpfte sich die Praxis Lohse. Den
dritten Platz und einen Goldbarren im Wert von 500 Euro
konnte sich die Praxis Dr. Böhm nach einem Stechen mit
dem punktgleichen Team der Praxis Dr. Akkermann sichern,
welches den Sonderpreis „Teamauszeichnung für besondere
Leistungen“ erhielt. Parallel zum Wettbewerb ließen sich
neun Medizinische Fachangestellte in Seminaren der
medatixx-akademie zu zertifizierten Qualitätsmanagement-Beauftragten ausbilden. Darüber hinaus fanden auch
Fortbildungen zu den Themen EBM, Notfallmanagement und
Hygienemanagement statt. Aufgrund der vielen positiven
Rückmeldungen ist der nächste Praxisrausch für 2016 geplant.
www.praxisrausch.de
Betriebliche „Nachwuchsförderung“
Gegen die Kälte
In Bamberg hat medatixx zusammen mit der Mediengruppe Oberfranken für die
Kinder ihrer Mitarbeiter eine „betriebliche Großtagespflegestelle“ eingerichtet.
Mitarbeiter haben wärmende Kleidung für
bedürftige Kinder in Albanien gestrickt.
B
M
erufstätige Eltern haben es oft schwer, einen Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs zu organisieren. Plätze in
Kindertagesstätten (Kitas) oder ähnlichen Einrichtungen
sind rar gesät. Unternehmen wiederum können mit einem
Betreuungsangebot für die Kinder ihrer Mitarbeiter Fachkräfte an sich binden.
In Bamberg haben sich deshalb vor zwei Jahren die beiden Unternehmen
medatixx und Mediengruppe Oberfranken zusammengetan, um ihren Mitarbeitern eine „betriebliche Großtagespflegestelle“ anzubieten. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich eine clevere Idee. Denn die Einrichtung einer Kita ist
mit vielen gesetzlichen Auflagen wie vorgeschriebenen Raumgrößen oder besonders qualifizierten Fachkräften verbunden. Bei der Tagespflege hingegen
sind die Vorschriften weniger streng. Hier betreut eine Tagesmutter bis zu fünf
Kinder in ihrer eigenen Wohnung. medatixx und die Mediengruppe Oberfranken
haben für ihre Großtagespflegestelle „Sonnenkäfer“ Räume gemietet, in denen
bis zu acht Kinder von zwei selbstständigen Tagesmüttern betreut werden. Die
Frauen haben in mehreren Kursen eine Qualifizierung zur Tagesmutter durchlaufen. medatixx und die Mediengruppe Oberfranken stellen jeweils vier Betreuungsplätze im Sonnenkäfer.
www.medatixx.de/news/detail/show/sonnenkaefer
itarbeiter von medatixx haben
auch 2014 wieder für einen guten
Zweck fleißig die Nadeln geschwungen
und wärmende Kleidung für bedürftige
Kinder und Familien in Albanien gestrickt oder gehäkelt. Insgesamt 101
Mützen, 22 Schals, zehn Paar Strümpfe,
17 Paar Babyschuhe, ein Paar Filzschuhe, ein Handwärmer und ein Paar Handschuhe gingen über den Christlichen
Hilfsverein Wismar auf die Reise in
entlegene albanische Bergdörfer. Die
Aktion geht auf eine Mitarbeiterin zurück, die 2011 mehr Mützen gestrickt
hatte, als sie an Weihnachten im Freundeskreis verschenken konnte. 2012
schickte sie die ersten 33 Mützen nach
Albanien.
www.chwev.de
15
Digitale Sprachverarbeitung
Sprechen
statt
schreiben
Der Aufwand für die Dokumentation in den Arztpraxen
nimmt zu. Eine Entlastung für Ärzte und Schreibkräfte
bietet die digitale Sprachverarbeitung. Sie konvertiert
digital aufgezeichnete gesprochene Wörter und Sätze
automatisch in Text. Dies erspart nicht nur das Abtippen
von Diktaten, auch der Computer und die Praxissoftware
lassen sich damit steuern. Die eingesparte Zeit kommt
nicht zuletzt den Patienten zugute.
So macht es medatixx
medatixx hat zusammen mit Nuance, ein führender Anbieter von digitaler Sprachtechnologie, das Produkt x.voice
powered by Nuance entwickelt. Es integriert digitales Diktatmanagement und Spracherkennung in die Praxissoftware und enthält einen medizinischen Wortschatz.
x.voice erlaubt sowohl die Online-Spracherkennung als
auch das mobile Diktat. Das Programm ist mit virtuellen
Diktatbegleitzetteln ausgestattet, die ein schnelles Auffinden der Aufnahmen ermöglichen. Über die Sprachsteuerung ordnet der x.voice-Assistent Eingabetexte direkt
den Feldern in der elektronischen Patientenakte zu.
16
Mobiles Diktieren
en
Neben der Online-Spracherkennung besteht
die Möglichkeit, auf herkömmliche Weise einen
Arztbrief zuerst vollständig zu diktieren und ihn anschließend am PC in Text umzuwandeln. Das Diktat kann
am Arbeitsplatzrechner mithilfe einer Aufnahmesoftware
wie dem medatixx-Software-Recorder erfolgen oder mit
einem mobilen Diktiergerät. Der Arzt hat dann die Möglichkeit, Diktate auch außer Haus, beispielsweise bei
Hausbesuchen, aufzunehmen. Nach dem Überspielen in den PC stehen die erzeugten Audiodateien
über den Diktat-Workflow der Praxissoftware zur Weiterbearbeitung zur
Verfügung.
Infografik
Diktatmanagement und
Weiterverarbeitung
Sprachsteuerung
Digitale Sprachverarbeitung umfasst neben
dem Diktat mit anschließender Sprachumwandlung auch die Sprachsteuerung des Computers.
Dies ermöglicht es dem Anwender, in der elektronischen Patientenakte zu navigieren und einzelne
Felder gezielt mittels Sprachbefehl anzusteuern.
Darüber hinaus kann die Sprachsteuerung auch
für andere Programme, wie etwa die Textverarbeitung oder zur Navigation im
Internet, genutzt werden.
Spracherkennungssysteme für die Arztpraxis beinhalten
einen medizinischen Wortschatz, der an das spezifische
Vokabular der niedergelassenen Ärzte angepasst ist. Ein
Vo
individuelles in der Spracherkennungssoftware hinterlegtes
in
Sprachprofil
S
ermöglicht eine optimale Qualität der Spracherkennung. Gesprochene Eintragungen in die elektronische
Patientenakte kontrolliert der Arzt am besten direkt
während der Dokumentation. Diktierte Arztbriefe
und Überweisungen können von einer Mitarbeiterin überprüft werden, wenn sie die
Texte ins Praxislayout setzt und
weiterbearbeitet.
OnlineSpracherkennung
Mit der Online-Spracherkennung kann der Arzt
über ein angeschlossenes Mikrofon beispielsweise
Arztbriefe direkt in den PC diktieren. Jedes gesprochene Wort wird automatisch in Text umgewandelt. Ist
die digitale Sprachverarbeitung in das Praxissystem
integriert, kann der Arzt darüber auch in der elektronischen Patientenakte dokumentieren. Das
System ordnet dann mittels Sprachbefehlen
die einzelnen Textpassagen den Feldern
in der Patientenakte zu.
17
Porträt
mich.“ Nachdem sie ihr Studium beendet, geheiratet und eine Tochter zur Welt
gebracht hatte, fand sich schnell Arbeit.
Vor den Toren von Tuttlingen gab es ein
Kinderdorf, in dem 370 Waisen und verhaltensauffällige Kinder lebten. Die
Hausärztin dort war die Mutter einer
guten Bekannten. Als die bisherige ärztliche Betreuerin im Kinderdorf aufhörte, übernahm Elisabeth Henke und bot
zweimal in der Woche Sprechstunden
an: „Das Gute an der damaligen Organisation war, dass ich als Ärztin die
Kinder unter meiner Obhut hatte, ich
kannte sie alle. Heute werden sie zu
zehn verschiedenen Ärzten geschickt,
das ist viel schwerer zu handhaben.“
Bei dieser Tätigkeit allein sollte es
nicht lange bleiben, denn im Kinderdorf
suchte man einen Betriebsarzt. „‘Sie
kennen uns doch gut‘, haben sie zu mir
gesagt, und gefragt, ob ich das nicht
übernehmen wolle. Also habe ich eine
dreimonatige Weiterbildung gemacht
und die Arbeit übernommen“, erzählt
Elisabeth Henke. Drei Jahre nach der
Geburt ihres zweiten Kindes, kurz vor
der Zulassungssperre für Ärzte in Tuttlingen, eröffnete sie 1987 eine eigene
Praxis – ohne ihre Arbeit im Kinderdorf
deswegen aufzugeben. „Ich konnte die
Praxis in unserem Haus einrichten,
dort waren Mieter im ersten Stock ausgezogen, sodass ich meinen Arbeits-
Umtriebig:
Dr. Elisabeth Henke
Ä
rztin wäre der Traumberuf ihrer Mutter gewesen: „Meine
Mutter war Jahrgang 1915, und
sie hatte zwei Brüder, die studiert haben. Ein Studium kam für sie deswegen
nicht mehr infrage“, erzählt die Allgemeinärztin Dr. Elisabeth Henke. Also
wurde die Mutter Medizinisch-technische Assistentin. Sie habe oft von ihren
Forschungstätigkeiten geschwärmt. Die
Tochter hat sich von dieser Begeisterung
anstecken lassen und Medizin studiert.
„Es ist bis heute auch mein Traumberuf.“
Nachdem sie zunächst mit der Gynäkologie geliebäugelt hatte – „dort kann
man um 18 Uhr die Praxistür schließen,
das ist nicht unwichtig“ –, merkte die
damalige Studentin doch sehr bald, dass
ihr dieses Fachgebiet weniger lag. „Zu
dieser Zeit, in den 1970er-Jahren, etablierte sich gerade der Facharzt für Allgemeinmedizin in der akademischen
Lehre. Das war genau das Richtige für
18
Die
Ehrenamtliche
Dr. Elisabeth Henke ist Rentnerin. Ihre
Arztpraxis in Tuttlingen hat sie geschlossen,
ihren Beruf deswegen aber noch lange
nicht an den Nagel gehängt. Sie arbeitet
unter anderem ehrenamtlich in einer
Wärmestube für Obdachlose und Durchreisende. Die Finanzlage ist schwierig – die
Medikamente organisiert sie trotzdem. Und
wenn sie diese aus eigener Tasche zahlt.
platz direkt über unserer Wohnung hatte“, berichtet die engagierte Ärztin.
Ihre Praxis hielt sie absichtlich klein –
um der Familie willen: „Finanziell war
das kein Problem, denn ich war nicht
die Brötchenverdienerin. Meine Arbeit
ist der reine Luxus für mich – er war es
schon immer und ist es auch heute noch.
Es ist die Freude meines Lebens“, betont
Dr. Henke. Das erklärt, warum ihr Rentnerdasein so gar nicht einem „Ruhestand“ gleicht. Zwar hat die heute
65-Jährige zum 31. Dezember 2012 die
Türen ihrer Praxis geschlossen, ihren
Beruf übt sie dennoch weiter aus: in der
Porträt
Engagiert: Dr. Elisabeth Henke misst den Blutdruck eines Patienten in der Wärmestube in Tuttlingen.
Wärmestube von Tuttlingen, unter anderem. Dort bietet sie zweimal in der
Woche eine dreistündige Sprechstunde
für Wohnungslose und Durchreisende
an, „für Menschen, die sich zum Beispiel
in Hamburg auf den Weg nach Rom gemacht haben und in Tuttlingen vorbeikommen; für Menschen, die ihren Beruf
oder ihr Leben insgesamt nicht auf die
Reihe bekommen.“ Wenn sie nicht dort
ist, ist sie auf Abruf erreichbar. Die
Wärmestube hat ihre Telefonnummer,
und wenn Not am Mann ist, „gehe ich
eben hin. Es ist nicht weit von mir.“ Medizinische Notfälle sind keine Seltenheit. So kann es sein, dass eine Überweisung in eine psychiatrische Behandlung oder eine Entzugsbehandlung für
einen Alkoholiker notwendig wird.
„Wenn ich jemanden in eine Therapie
einweise, dann gibt es keine Wartezeiten. Ich habe noch Connections zu
meinen früheren Kollegen, die ich nutze. Wenn ich einen von ihnen anrufe, hat
der Patient spätestens am nächsten
Morgen einen Termin.“ Die üblichen
wochenlangen Wartezeiten sind nach
Ansicht der geborenen Saarländerin
nicht notwendig. „Es muss jemand da
sein, der sich kümmert. Dann funktioniert es auch.“ Geld verdienen kann sie
nicht mit der Wärmestube, im Gegenteil. „Das Geld ist sehr knapp, wir müssen schauen, wie wir die Medikamente
organisieren. Das klappt aber in aller
Regel. Ich weiß, wo ich Antibiotika herbekomme. Ich frage Kollegen nach Ärz-
temustern, oder ich zahle sie eben
selbst, das ist kein Problem.“
Was zunächst nicht funktionierte,
war die organisatorische Umstellung
von der Praxis auf die ehrenamtliche
Tätigkeit. „Ich habe zum Beispiel die
Software vor Schließung meiner Praxis
abgemeldet. Von der Kassenärztlichen
Vereinigung habe ich zwar eine Ermächtigung für die Wärmestube erhalten, aber nicht die Erlaubnis, die Patienten manuell abzurechnen“, erzählt
die Ärztin im Ruhestand. Da nur noch
Online-Abrechnungen erlaubt sind,
musste eine neue Software her. „In meiner Praxis bin ich mit x.concept sehr gut
gefahren, es war für mich die perfekte
Software, ich kam toll mit ihr zurecht.“
Kennengelernt hatte die Ärztin die
Software über die Comretix GmbH in
Tuttlingen, wo ihr Sohn sein Schülerpraktikum absolvierte. „Nun arbeite ich
mit medatixx, einer neuen Software, die
ich flexibler nutzen kann für meine Arbeit in der Wärmestube.“ Das Softwarehaus und die Comretix GmbH haben ihr die Kosten für Software und
Schulungen erlassen, um ihre ehrenamtliche Tätigkeit zu unterstützen. „Die
Umstellung lief zwar nicht ganz reibungslos“, meint Dr. Henke, „doch gab
es immer fachkundige Hilfe und mittlerweile klappt auch die Abrechnung“.
Die Wärmestube ist ihr die wichtigste, aber beileibe nicht die einzige Tätigkeit im sogenannten Ruhestand.
Elisabeth Henke arbeitet weiterhin als
Betriebsärztin für mehrere Tuttlinger
Unternehmen aus der medizintechnischen Branche. „Die Arbeitsmedizin hat
sich nach und nach immer weiter entwickelt und läuft seither parallel zu
meinen anderen Tätigkeiten.“ Ach ja,
und sie betreut zwei Herzsportgruppen
in Tuttlinger Sportvereinen.
Von ihrem Ruhestand hat sie trotzdem etwas. Ihr Mann, ehemaliger Geschäftsführer eines mittelständischen
Unternehmens, ist ebenfalls Rentner.
Und nun können sie mit ein wenig mehr
Muße ihrem Hobby nachkommen. Die
Henkes haben ein Motorschiff im Rhein
bei Breisach am Kaiserstuhl liegen. Dort
sind sie fast jedes Wochenende, schon
seit sehr vielen Jahren. Und ab und zu
fahren sie durch Europa mit ihrem
Schiff, an die Ostsee oder nach Südfrankreich, nach Paris oder Berlin. Und
das Schöne am Ruhestand ist: „Jetzt
habe ich doch den enormen Druck nicht
mehr, dass nach dem Urlaub drei Wäschekörbe voll Post auf mich warten.“
Gerda Kneifel
Das ist schon viel wert.
Menschen ohne Krankenversicherung
In Deutschland sind derzeit nach Schätzungen der Nationalen Armutskonferenz (nak) rund
100 000 Menschen nicht krankenversichert – Tendenz steigend. Viele Zugewanderte, aber auch
immer mehr Rentner und Selbstständige können sich die Beiträge nicht mehr leisten. Im Januar
2014 führten die privaten Krankenkassen den sogenannten Notlagentarif ein, den jedoch nur
wenige Ärzte kennen. Wer als privat Versicherter einige Monate lang seine Beiträge schuldig
bleibt, wird automatisch in diesen Tarif eingestuft, der 100 bis 150 Euro monatlich kostet. Die
gesetzlichen Krankenkassen hatten zum 31. Dezember 2013 eine Frist für eine Amnestie für Beitragsschuldner gesetzt. Wer sich bis dahin meldete, dem wurden seine bis dahin angefallenen
Beitragsschulden erlassen. Dieses Angebot nutzten gerade einmal 5 000 Personen.
www.nationalearmutskonferenz.de
19
AAL (Ambient Assisted Living)
Intelligente Helfer
AAL-Systeme sollen es Senioren ermöglichen, möglichst lange ein selbstständiges Leben im eigenen Zuhause zu führen. Obwohl die Politik
die Bedeutung dieser Technik angesichts des demografischen Wandels erkannt hat und seit Jahren Pilotprojekte in diesem Bereich fördert,
sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Finanzierung noch nicht geklärt.
D
eutschland im Jahr 2030. Jürgen
B. ist 72 Jahre alt und seit drei
Jahren in Rente . Er versorgt sich
noch allein, wie viele seiner Altersgenossen. Vor ein paar Jahren hat sein Hausarzt einen Altersdiabetes diagnostiziert,
ansonsten ist er mehr oder weniger gesund. Aber er wird zunehmend wackeliger auf den Beinen und befürchtet, dass
er langsam vergesslich wird. Vorsorglich hat er seine Wohnung barrierefrei
umgebaut, sodass auch einmal ein Rollstuhl durch die Türen passt. Das kommt
ihm jetzt zugute, weil auch der neue
Serviceroboter die größere Türbreite
benötigt. Den hat er sich von einem Teil
seiner Altersrücklagen – anstelle eines
neuen Autos – angeschafft. Der Roboter
hält sich die meiste Zeit in der Küche auf,
wo er kocht und die Geschirrspülmaschine bedient; er kann aber auch bügeln, Hemden zusammenlegen und in
den Schrank einräumen und vieles
mehr. Die andere Elektronik, die Jürgen
B. das Älterwerden in den eigenen vier
Wänden erleichtert, stammt noch vom
Vorbesitzer: eine Sturzerkennungstechnik, die im Notfall Hilfe herbeiholen
kann, und Sensoren, die ihm einen
Warnhinweis aufs Smartphone senden,
wenn er wieder einmal die Wohnungstür
oder ein Fenster offen gelassen hat. Während er nachts schläft, messen Sensoren
im Stoff seines Schlafanzugs fortlaufend
die wichtigsten Vitalparameter.
Die beschriebenen Sensoren und
Techniken werden heute schon in Forschungsprojekten erprobt. Der Roboter
existiert als Prototyp an einer deutschen
Universität, auch wenn er noch nicht
alles kann. Mit derartigen technischen
Assistenzsystemen, so hoffen Wissenschaftler und Politiker, soll die medizi-
20
nische und pflegerische Versorgung
alter Menschen in der Zeit des demografischen Wandels gelingen, der wohl
größten Herausforderung in den nächsten Jahrzehnten. Die Deutschen schaffen sich zwar nicht ab, wie unlängst
behauptet wurde, aber ihre Zahl wird
in den kommenden Jahren beträchtlich
schrumpfen. Einer Schätzung des
Statistischen Bundesamtes zufolge wird
das einstige 82-Millionen-Volk (Stand
2008) im Jahr 2030 nur noch 77 Millionen
zählen. Mindestens genauso gravierend
wird sich die geänderte Bevölkerungsstruktur auf alle Bereiche der Gesell-
Im Jahr 2030 wird es
nur noch 77 Millionen
Deutsche geben.
schaft auswirken. Es mangelt am Nachwuchs, der Schätzungen zufolge bis 2030
um rund 17 Prozent gegenüber 2008
abnimmt. Ärzte müssen sich aber vorerst nicht sorgen, dass ihnen die Patienten ausgehen. Im Gegenteil: In den
Wartezimmern drängen sich dann noch
mehr Senioren als heute. Die Zahl der
über 65-Jährigen wird nach Meinung
der Statistiker bis 2030 um rund ein
Drittel steigen – von 16,7 Millionen (2008)
auf 22,3 Millionen (2030). Im selben Zeitraum würde die Zahl der Erwerbstätigen voraussichtlich um rund 15 Prozent
sinken. Das bedeutet nicht nur weniger
Ärzte, Medizinische Fachangestellte
und folglich weniger Arztpraxen, sondern auch weniger Pflegekräfte und
damit weniger Plätze in Pflegeheimen.
Der Fachkräftemangel, der heute schon
im Bereich der Pflege sichtbar ist, wird
sich in den nächsten Jahren verschärfen. Das Rheinisch-Westfälische Institut
für Wirtschaftsforschung hat für 2030
einen zusätzlichen Bedarf von 170 000
bis 290 000 Vollzeitkräften in der stationären Pflege und 73 000 bis 122 000 zusätzlichen Vollzeitkräften in der ambulanten Pflege errechnet. Durch Zuwanderung lässt sich dieses Problem nicht
lösen, zumal Deutschland mit vielen
anderen europäischen Ländern, die
ebenfalls rückläufige Bevölkerungszahlen haben, um Fachkräfte konkurriert.
Die meisten älteren Menschen in
Deutschland werden von ihren Angehörigen gepflegt. In Zukunft wird das nicht
mehr so sein. Viele haben keine Kinder,
oder diese leben berufsbedingt weit
entfernt vom Wohnort ihrer Eltern. Alles
läuft darauf hinaus, dass sich die alten
Menschen dann möglichst lange in den
eigenen vier Wänden selbst versorgen
müssen und nur im Notfall auf fremde
Hilfe angewiesen sind. Deshalb fördern
das Bundesministerium für Bildung und
Forschung und auch die Europäische
Kommission schon seit Langem Projekte zur Entwicklung von „altersgerechten
Assistenzsystemen für ein gesundes
und unabhängiges Leben“, kurz AAL.
Die Strategie „ambulant statt stationär“
ist auch in der Pflegeversicherung (§ 3
SGB XI) festgelegt. In den vergangenen
Jahren kam AAL jedoch nicht so recht
voran. Die in Projekten erprobten technischen Lösungen konnten oft nicht zur
Marktreife entwickelt werden, weil die
Projektdauer dazu nicht ausreichte und
es keine Anschlussfinanzierung gab.
Auch fehlten Geschäfts- und Finanzierungsmodelle. Denn klar ist auch, dass
sich viele Senioren die technischen
Unter stützu ngssysteme n icht
Thema
Abnahme der Gesamtbevölkerung
(in Millionen, statistische Untergrenze)
82,260
81,752
79,914
77,350
73,829
69,412
64,651
Zunahme des Anteils älterer Menschen ab 65 Jahre
Anteil der Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung
17 %
21 %
23 %
32 %
34 %
5%
8%
Zunahme des Anteils älterer
ererr Menschen
Mens hen ab 80 Jahre
Jahre
Anteil der Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung
4%
11 %
14 %
21
leisten können. Hier gibt es eine
Parallele zu telemedizinischen
Anwendungen, die ebenfalls seit Jahren
in vielen Projekten erforscht, aber mangels Abrechnungsmöglichkeit nicht genutzt wurden. Inzwischen hat sich das
geändert. Im Herbst 2014 verhandelten
die Spitzenverbände im Gesundheitswesen über die ersten EBM-Ziffern für
telemedizinische Anwendungen. Später
sollen die AAL-Systeme folgen. Die
Große Koalition hat das Thema auf ihre
To-do-Liste gesetzt: „Wir wollen, dass
ältere und pflegebedürftige Menschen
ihren Alltag in der eigenen Wohnung
weitgehend selbstbestimmt bewältigen
können. Die Entwicklung von Angeboten altersgerechter Begleitung und
technischer Unterstützungssysteme
wollen wir daher weiter fördern und sie
in den Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufnehmen“, heißt es im Koalitionsvertrag unter „2.4 Gesundheit
und Pflege“.
Welche AAL-Systeme in den Leistungskatalog der Sozialen Pflegeversicherung aufgenommen werden sollen,
steht noch nicht fest. Um diese Frage zu
klären, hat das Bundesministerium für
Gesundheit bereits Ende 2012 bei der
VDI/VDE Innovation + Technik GmbH
und dem Institut für Europäische
Gesundheits- und Sozialwirtschaft
GmbH (IEGUS) eine Studie in Auftrag
gegeben. Die Autoren der Studie machten zunächst eine Bestandsaufnahme
der im Hilfsmittelverzeichnis (HMV)
des Spitzenverbands der gesetzlichen
Krankenkassen aufgeführten technischen Assistenzsysteme. Ergebnis: „Die
heute im HMV aufgeführten technischen Assistenzsysteme sollen eine
körperliche Einschränkung ausgleichen, sie werden von den Kassen nur im
Falle einer spezifischen Erkrankung
oder Behinderung bezahlt. Wer nur alt
oder pflegebedürftig ist, hat keinen
Anspruch darauf.“
Die Autoren der Studie verschafften
sich auch einen Überblick über die neuen AAL-Systeme. Dazu stellten sie fest:
„Das Angebot an technischen Assistenzsystemen nimmt stetig zu. Am weitesten
verbreitet sind Lösungen zur Sicherheits- und Kommunikationstechnik.
22
Lösungen in den Bereichen Gesundheit
und Pflege haben mehrheitlich noch
nicht die Marktreife erreicht.“ Deshalb
können solche Systeme auch noch nicht
den Nachweis erbringen, dass sie ihr
Geld wert sind, und folglich nicht ins
Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen
werden. Jede AAL-Lösung, so die Empfehlung an die Politik, soll unter realen
Bedingungen im Rahmen einer klinischen Studie den Nachweis erbringen,
dass sie dem Anwender einen Nutzen
bringt. Bei dieser Betrachtung sollen
auch ethische Aspekte, wie etwa die
Akzeptanz und Würde des Anwenders,
sowie rechtliche Faktoren, wie der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, berücksichtigt werden.
Eine Kosten-Nutzen-Analyse auf der
Grundlage einer Studie würde auch andere mögliche Investoren mit ins Boot
Die Überlegungen
gehen in Richtung
Mischfinanzierung.
holen. Die Überlegungen der Studienautoren gehen in Richtung einer Mischfinanzierung, bei der sich mehrere Akteure die AAL-Investition teilen. Als mögliche Finanziers würden infrage kommen:
Senioren oder ihre Angehörigen,
weil sie unmittelbar davon profitieren.
Die Soziale Pflegeversicherung,
die in jedem Einzelfall über eine
Beteiligung entscheidet.
Die Wohnungswirtschaft, weil die
Nachfrage nach altersgerechtem
Wohnraum steigt.
Private Versicherer, weil AAL-Technik hilft, Schadensfälle zu vermeiden. Sie kann zum Beispiel bei
Installation einer automatischen
Herdabschaltung die Versicherungsprämie senken.
Pflegedienstleister, weil AAL die
Versorgung effizienter macht.
Haushaltsnahe Dienstleister –
AAL eröffnet ihnen neue Angebote
bei der hauswirtschaftlichen
Versorgung.
Infrastrukturanbieter wie Supermärkte oder Getränkelieferanten –
sie profitieren davon, dass viele alte
Menschen in ihrer Nähe wohnen
bleiben.
Wie sich AAL-Systeme in der Realität
bewähren, wurde in der klinischen Studie SmartSenior unter Leitung der Forschungsgruppe Geriatrie der Charité
Universitätsmedizin Berlin 2012 in
Potsdam untersucht. Die Studie war Teil
des SmartSenior-Projekts, dem bis dato
größten AAL-Projekt in Deutschland
mit vielen Teilprojekten. Über einen
Zeitraum von sechs Wochen wurden die
Lösungen in insgesamt 35 Seniorenhaushalten getestet. Die Teilnehmer
hatten keine größeren gesundheitlichen
Beeinträchtigungen, alle Wohnungen
gehörten einer der größten Wohnungsbaugesellschaften in Potsdam. Die
AAL-Lösungen stammten von mehreren
Anbietern aus der Industrie, die einen
offenen Standard zur Nutzung ihrer
Systeme entwickeln wollten. Noch stapelten sich im Wohnzimmer der Probanden hinter dem TV-Gerät, das als Kommunikationszentrum genutzt wurde,
vier Geräte von unterschiedlichen Anbietern, die mit der Haustechniksteuerung verbunden waren. Ziel ist ein Standard, der eine AAL-Plattform bietet, an
die sich alle Lösungen andocken.
Im Test erhielten die Senioren eine
speziell entwickelte Armbanduhr, die
ihnen eine Nachricht anzeigte, falls
beim Verlassen der Wohnung ein Fenster
offen stand oder noch Licht eingeschaltet war. Im Schlaf- und Arbeitszimmer
waren zwei unauffällige Kästchen angebracht, die Gassensoren enthielten.
Die Forscher wollten damit herausfinden, ob einzelne Tätigkeiten wie Kochen
oder Essen oder die Anzahl von Personen im Raum anhand einer Analyse der
Raumluft erkannt werden. Alle gesammelten Daten wurden innerhalb der
Wohnung gespeichert und vertraulich
behandelt. Über das WLAN-Funknetz
der Wohnung konnten die Senioren mit
der Uhr sogar das Licht ausschalten.
Dreh- und Angelpunkt für die Kommunikation war der Fernseher, ein für die
Senioren vertrautes Gerät, mit dem sie
ein Serviceportal aufrufen konnten.
Thema
Unter dem Menüpunkt „Gesundheit“
konnten sie Blutdruck-, Gewichts- und
EKG-Messungen direkt an das Telemedizinische Zentrum der Charité schicken. Die Messgeräte wurden für die
Dauer des Tests gestellt. „Gesundheit“
war die in der Studie am häufigsten
genutzte Funktion. Der Menüpunkt „Zuhause“ stellte die Verbindung zur Wohnungsbaugesellschaft her, etwa wenn
eine Glühbirne gewechselt werden
musste, um Einkäufe zu tätigen oder
Essen zu bestellen. Erprobt wurde außerdem die Televisite – der Arztbesuch
zu Hause via Videokonferenz. Dazu war
über dem TV-Gerät eine kleine Videokamera angebracht.
Die telemedizinische Betreuung der
Senioren lohnt sich nach Auffassung von
Prof. Dr. Elmar Erkens von der APOLLON
Hochschule der Gesundheitswirtschaft
für die niedergelassenen Ärzte. Durch
automatisiert übermittelte Messdaten
erhalten die Ärzte einen intensiveren
Kontakt zu ihren chronisch kranken
Patienten. Bei einem Diabetiker zum
Beispiel verfügen sie über durchgängige
Zuckerwerte und können ihn besser
einstellen. So lassen sich akute Gesundheitszustände durch eine schlechte medikamentöse Einstellung des Patienten
verhindern. Geschieht dies unzureichend, entsteht der sogenannte „Drehtüreffekt“ zwischen Krankenhaus und
Wohnung. Hier besteht die Gefahr, dass
dem Hausarzt Patienten verloren gehen,
wenn ältere Patienten oft nahtlos vom
Krankenhaus in ein Pflegeheim überstellt werden. „Die telemedizinische
Betreuung setzt natürlich voraus, dass
diese Leistung auch vergütet wird“, erklärt Erkens. „Ich hoffe, dass dies endlich im Sozialgesetzbuch verankert
wird.“
Aber auch AAL-Technik kann den
Drehtüreffekt verhindern, der zum
Beispiel auch dann einsetzt, wenn ein
älterer Mensch stürzt und Nachbarn
den Rettungsdienst alarmieren. Ist
hingegen eine Sturzerkennungstechnik in der Wohnung installiert, wird
zuerst ein Dienstleister informiert, der
dann gemäß einer Alarmierungskette
die Angehörigen oder den Hausarzt
informiert. „Die meisten Stürze passie-
ren im Bad“, weiß Verena Pfister von
der BruderhausDiakonie in Reutlingen.
Die gestürzten Senioren sind in der
Regel nicht oder nur wenig bekleidet
und scheuen sich oftmals, den Hausnotrufknopf zu drücken. Sie berichtet von
einem Projekt im Betreuten Wohnen,
bei dem ein älterer Herr von einem
Sturzerkennungssystem über wacht
wird. „Das gibt ihm ein Gefühl der Si-
Sturzsensoren
geben dem älteren
Menschen Sicherheit.
cherheit“, sagt Pfister. Die im Projekt
safe@home (Leitung: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA) entwickelten 3D-Sensoren sind in zwei gegenüberliegenden
Ecken jedes Raumes angebracht und
können den Körperschwerpunkt des
Seniors bestimmen und erkennen, ob
er stürzt – selbst dann noch, wenn sich
weitere Personen im Raum befinden.
„Das System funktionierte in der Projektphase noch nicht perfekt“, erklärt
Pfister. Das Hinsetzen neben einem
Rollstuhl beispielsweise löste einen
Fehlalarm aus. Dass das Stuttgarter
Sozialministerium ein Nachfolgeprojekt zu safe@home finanziert, um das
System in der Häuslichkeit breitflächig
erproben zu können, sei ein absoluter
Sonderfall, berichtet sie. Die BruderhausDiakonie ist an einem weiteren
Projekt beteiligt, in dem eine vernetzte
Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Hausgeräten hergestellt
wird. Beispielsweise kommunizieren
der Kühlschrank und die Wohnungstür
miteinander. Diese starke Vernetzung
ermöglicht komplexe Lösungen, von der
auch partiell dementiell Erkrankte
profitieren.
Jürgen B. muss sich weder um Technik
noch um Geschäftsmodelle kümmern.
2030 ist die AAL-Technik ausgereift und
auch die Finanzierung steht. Zu schaffen
macht ihm dann nur, dass sein langjähriger Hausarzt nicht mehr praktiziert
und er sich auf einen neuen einstellen
muss. Dafür gibt es auch 2030 keine techDr. Michael Lang
nische Lösung.
AAL und Telemedizin
AAL-Systeme sind Teil einer intelligenten Umgebung. Sie dienen dazu, altersbedingte Einschränkungen zu kompensieren. Ziel ist es, ältere Menschen dabei zu unterstützen, möglichst lange in
der gewohnten Umgebung leben zu können. Systeme zur Sturzerkennung geben allein lebenden älteren Menschen zudem Sicherheit. AAL-Systeme erhöhen also den Lebenskomfort. Im Falle einer Pflegebedürftigkeit unterstützen sie den Patienten, die pflegenden Angehörigen und
die Pflegedienstleister. In der Regel sind AAL-Systeme auf ihren Nutzer zugeschnitten und können auch eine Erinnerungsfunktion beinhalten, etwa zur Medikamenten- oder Flüssigkeitsaufnahme. Darüber hinaus ist es möglich, kognitive Fähigkeiten zu trainieren mit dem Ziel, die
geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten oder die Beweglichkeit und Mobilität zu stärken. Oftmals ist eine Unterscheidung zwischen Assistenzsystemen zur Lebensführung oder zur Pflege
aber nicht möglich.
Ein Teilbereich der Telemedizin, das Telemonitoring, ist ebenfalls ein Teil von AAL. Denn
Telemonitoring kann den Gesundheitszustand von chronisch kranken Patienten verbessern und
dazu führen, dass sie länger zu Hause bleiben können. Beim Telemonitoring werden in regelmäßigen Abständen oder sogar fortlaufend medizinische Parameter der Patienten erfasst, zum
Beispiel durch am Körper angebrachte medizinische Sensoren. Diese Sensoren kommunizieren
über ein Netzwerk sowohl untereinander als auch mit einem Empfänger, der die Daten an eine
Arztpraxis oder ein telemedizinisches Zentrum weiterleitet. Telemonitoring kann zum Beispiel
dazu verwendet werden, die Therapietreue der Patienten zu fördern oder deren Medikamenteneinstellung zu verbessern.
23
bunt gemixxt
Meldungen aus aller Welt
Depression
Spielend gegen Malaria
USA. Patienten, die an einer Depression leiden,
fühlen sich oft antriebslos und erschöpft. Die Liste der Symptome ist lang. Da die Symptome nicht
andauernd, sondern periodisch auftreten, ist es
manchmal schwer, eine Depression zu erkennen.
Carol Espy-Wilson von der University of Maryland
in College Park hat mit ihren Kollegen nach einem Weg gesucht, eine Depression besser zu er-
NIGERIA. Das nigerianische Unternehmen Mobile Software
Solutions Ltd. hat ein preisgekröntes Smartphone-Spiel entwickelt, mit dem die Zahl der Malariatoten sowohl im Land
als auch auf dem gesamten Kontinent eingedämmt werden
soll. Das Malaria Destroyer Game besteht aus mehreren
Ebenen. Ein Quiz gehört ebenso dazu wie Abenteuerspiele,
in denen es darum geht, den Malaria übertragenden
Stechmücken auszuweichen oder sie zu töten. Spielerisch
sollen sowohl Erwachsene als auch Kinder über die Krankheit aufgeklärt werden und die richtigen Verhaltensregeln
lernen, um eine Ansteckung zu vermeiden. Hintergrund:
Jährlich sterben laut Weltgesundheitsorganisation (WHO)
rund eine Million Menschen an Malaria, davon 300 000 in
Nigeria. Für das Malaria Destroyer Game wurde das UnterLebensrettend: Das Malaria-Spiel
nehmen im Herbst 2014 in Rabat (Marokko) mit dem Worldd
Summit Award Africa 2014 in der Kategorie
m-Entertainment/Lifestyle ausgezeichnet.
www.mobilesoftware.com.ng
Krebsdiagnose
Hilfreich: Per Stimmanalyse eine Depression erkennen
kennen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit hat sie auf
dem 168th Meeting of the Acoustical Society of
America in Indianapolis im Oktober 2014 vorgestellt. Bei der Auswertung von Tonbandaufzeichnungen von 35 Patienten mit chronischer Depression stellte sie fest, dass sich eine Depression
durch charakteristische akustische Veränderungen der Stimme und des Sprechens der Patienten
bemerkbar macht. Die stimmlichen Unterschiede
zwischen den depressiven und nicht-depressiven
Perioden waren so eindeutig, dass sie eine Smartphone-App entwickeln möchte, welche die aufgezeichnete Stimme eines Patienten automatisch
analysiert. Die App soll Patienten dabei helfen,
sich besser einzuschätzen und den Therapeuten
unterstützen.
www.acousticalsociety.org
24
Wie gefällt
Ihnen x.press?
Wir freuen uns über Ihre Meinung,
Ihre Verbesserungsvorschläge und
Ihre Anregungen:
[email protected]
USA. Forscher des Start-ups Miroculus haben einen Schnelltest entwickelt, mit dem sie eine Reihe von Krebserkrankungen auch im frühen Stadium diagnostizieren können. Dazu extrahieren sie mit einem handelsüblichen Kit aus 1 Milliliter Patienatientenblut die Gesamt-RNA (Ribonukleinsäure) und pipettieren sie in die 96
Näpfchen einer Mikrotiterplatte. Jedes dieser Näpfchen ist biochemisch so präpariert,
dass es eine spezifische microRNA (miRNA) chemisch bindet. miRNAs kodieren nicht für
Proteine, sondern sind an der Regulation der meisten zellulären Prozesse beteiligt. Anhand des Mengenverhältnisses der miRNAs im Blut – des miRNA-Profils – können Krebsforscher eine bestimmte Krebsart diagnostizieren. Sobald eine miRNA im Näpfchen chemisch gebunden ist, leuchtet dieses grün. Im Verlauf der nächsten 60 Minuten nimmt ein
Smartphone, welches auf das Gerät gelegt wird, eine Serie von
Bildern auf. Anschließend werden die Daten zur Auswertung
an einen Cloud-Server von Miroculus geschickt. Dort analysiert
eine Software das Leuchtprofil – und damit, welche miRNA in
der Blutprobe über- oder unterreguliert ist.
www.miroculus.com
Einfach: Krebsbestimmung durch Fotografieren einer Mikrotiterplatte
bunt gemixxt
IT nachgefragt Was ist eigentlich ...
... VoIP?
Voice over IP, kurz VoIP, steht für das Telefonieren über eine Datenleitung wie zum Beispiel das Internet.
Die Digitaltechnik ermöglicht eine Reihe neuer Telefonie-Funktionen.
VoIP wird auch als IP-Telefonie bezeichnet, weil
die gesprochenen Wörter nach dem Internetprotokoll (IP) über ein Computernetz transportiert werden. Voraussetzung zum Telefonieren ist ein Breitband-Internetanschluss sowie ein Internetrouter, der
IP-Telefonie unterstützt. Zum Telefonieren können
spezielle IP-Telefone verwendet werden, die wie ein PC über ein
Netzwerkkabel oder WLAN mit dem Praxisnetz verbunden werden. Unterstützt die IP-Telefonanlage den Telefonstandard DECT,
lassen sich auch die alten Schnurlostelefone weiter verwenden.
Die VoIP-Anlage kann zur Kommunikationszentrale werden, beispielsweise mit einer automatischen Ansage bei Besetzt, wenn sich gerade alle
Mitarbeiter im Gespräch befinden. Außerhalb der
Praxiszeiten können Ansagen über Sprechzeiten,
Vertretungen oder Notrufnummern informieren.
Ist die Telefonanlage mit dem Praxis-PC verbunden, kann beim
Annehmen eines Anrufs automatisch die digitale Patientenakte
des Anrufers aufgerufen werden, sofern die Rufnummer des Anrufers im System hinterlegt ist.
Alternativ kann der PC zum Telefonieren über das Internet verwendet werden. Man benötigt dann ebenfalls eine Breitband-Internetverbindung, eine Software für die IP-Telefonie („Softphone“) sowie ein Headset. Die Software bildet das IP-Telefon
oder sogar eine IP-Telefonanlage ab und kann auch die Kontaktdaten, beispielsweise aus dem Programm Outlook, verwenden. In
die Kategorie Softphone fällt zum Beispiel die Skype-Software.
Nach den „Empfehlungen der Bundesärztekammer zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der
Arztpraxis“ ist die Telefonie mit einem IP-Telefon in Deutschland
datenschutzrechtlich unbedenklich. Nicht empfohlen wird hingegen, mit einem Softphone wie Skype über das Internet zu telefonieren, weil eine eingeschleuste Schadsoftware das Mithören der
Telefonate ermöglichen könnte.
Das medatixx-Quiz
?
?
?
A) Wie heißt der Nachfolger des Betriebssystems Windows 8?
1. Windows 9
2. Yosemite
3. Ubuntu
4. Windows 10
B) Welchen Spitznamen hat die Pathologin im Münsteraner Tatort?
1. Walküre
2. Alberich
3. Brünhild
4. Kriemhild
C) Welche Krankheit hat den „Schwarzen Tod“ gebracht?
1. Pest
2. Pocken
3. Cholera
4. Ebola
App Aktuell
Die ROTE LISTE® gibt es jetzt auch als App
für iOS (ab Version 6.1) und Android (ab
Version 4.0.3). Sie wird, wie auch die gedruckte Ausgabe, von der Rote Liste® Service GmbH herausgegeben. Die App „ROTE LISTE® Medikamente“ enthält ein Verzeichnis von in Deutschland auf dem Markt befindlichen Arzneimitteln. Da die Einträge von den pharmazeutischen Unternehmen auf freiwilliger Basis vorgenommen werden, ist die
Liste zwar umfangreich, aber nicht vollständig. Nach der Installation der App sind alle Daten auf dem Smartphone verfügbar, ohne dass dazu eine Internetverbindung bestehen muss.
Die „ROTE LISTE® Medikamente“ ist damit auch unterwegs
nutzbar. Die bisher verfügbaren Apps mit den Inhalten der
ROTEN LISTE® erfordern hingegen eine Onlineverbindung. Mit
der App lassen sich Präparate, Stoffe und Hersteller suchen.
Sie kostet 7,99 Euro.
www.rote-liste.de/smartphone
25
A) 4.Windows 10
B) 2. Alberich
C) 1. Pest
Kolumne
Fortbildung im Supermarkt
kleine_Rubrik
Impressum
ixx.press
IT in der ärztlichen Praxis.
Herausgeber:
N
eulich bei Aldi. Es galt, einen neuen Kassierer auszuprobieren, der es
einem äußerlich nicht einfach machte. Sie kennen bestimmt diese
riesigen intralobären Auricula-Auris-Reifen, bei denen man in der S-Bahn
immer aufpassen muss, dass man sich nicht aus Versehen daran festhält. Mit
Fachbegriff heißen die Fleischtunnel englisch „plug and tunnel piercing“. So
was, dann noch ein paar Tattoos und die üblichen Stecker im Gesicht. Was
soll ich sagen, der Mann war fantastisch. Ich war Nummer fünf in meiner
Reihe. Als ich bezahlt hatte, war die Nummer vier an der Nachbarkasse noch
meilenweit entfernt vom Zieleinlauf. Ein wahrer Virtuose am Barcode-Scanner. Womit wir beim Thema wären. Sie werden das nämlich künftig auch
machen müssen. Nein, nicht die Fleischtunnel. Obwohl das manchmal ganz
praktisch wäre, wenn man gerade nicht weiß wohin mit seinem Otoskop.
Ich meine das Barcode-Scannen. Falls alles nach Plan verläuft, das weiß
man ja nie bei IT-Projekten, wird irgendwann Anfang 2015 in den KV-Bezirken Sachsen und Thüringen die Stufe 3 des ARMIN-Projekts gezündet, jenem
Großprojekt von AOK PLUS, Ärzten und Apothekern, das es sich zum Ziel
gesetzt hat, bei der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) neue Maßstäbe
zu setzen. Ab Stufe 3 kommt im ARMIN-Projekt der einheitliche Medikationsplan der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ins Spiel.
Und dann heißt es ran an die Scanner. Denn eingesetzt wird dafür nicht etwa
die elektronische Gesundheitskarte. Nein, es wird Zettelchen geben, auf
denen ein 2D-Barcode abgedruckt ist, mit dessen Hilfe Sie die Arzneimittelliste des Patienten einscannen können. So ein 2D-Barcode hat naturgemäß
Kapazitätsgrenzen. Mehr als 10 bis 15 Medikamente passen nicht drauf, je
nachdem, wie man die Liste anlegt. Der Name des verordnenden Arztes wird
auch nicht verraten. Wo kämen wir denn da hin.
Bevor Sie jetzt mit dem Finger in Richtung Politik zeigen: Dass Sie Ihre
MFAs demnächst zu Aldi in die Fortbildung schicken müssen, haben Ihnen
Ihre eigenen Interessenvertreter eingebrockt, niemand sonst. Kein anderes
IT-Projekt im deutschen Gesundheitswesen trägt so deutlich
die ärztliche Handschrift wie der Arzneimittelbarcode. Also:
DEMNÄCHST
Schön Beifall klatschen und den Scanner schwingen.
MÜSSEN SIE
Nun wollen wir nicht zu polemisch werden. DeutschIHRE MFA
lands Ex-Chefarzt Helmut Kohl hat in den goldenen
ZU ALDI IN DIE
80er-/90er-Jahren nicht nur Angela Merkel das Essen mit
FORTBILDUNG
SCHICKEN!
Messer und Gabel beigebracht, sondern sich auch als unsterblicher Ernährungsaphoristiker hervorgetan: Wichtig
ist, was hinten rauskommt, das gilt bei der AMTS genauso wie
in der Gastroenterologie. Und hier kann Aldi, Verzeihung die
Barcode-Scannerei, durchaus punkten. An der Harvard Medical
School konnte gezeigt werden, dass ein Scanner am Patientenbett die Rate an Fehlern bei der Medikationsvergabe um 41
Prozent verringert. Stand im New England Journal of Medicine
im Jahr 2010. Aus demselben Jahr stammen übrigens die beiden
einzigen Fachartikel zum „plug piercing“, die bisher in der internationalen MEDLINE-Datenbank zu finden sind. Thema: Wie
repariere ich so was eigentlich wieder? Falls Sie zufällig Chirurg
sind, könnte das ein interessanter Markt werden.
medatixx GmbH & Co. KG
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Hans-Peter Bröckerhoff (Objektleitung), Philipp Grätzel
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Weitere Autoren dieser Ausgabe:
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Da gibt‘s doch was von ratiopharm!
Pregabalin®
ratiopharm
Aripiprazol®
ratiopharm
Celecoxib®
ratiopharm
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Dr. med. Claudia Gentner,
Augenärztin in Weil am Rhein
„Schau‘ mir
in die Augen ...!“
„Eine funktionale und individuell konfigurierbare Praxissoftware sowie ein verlässlicher Service sind das A
und O, um in der hektischen Realität eines Praxistages
den Überblick zu behalten. medatixx bietet all das und
noch mehr. Meine Entscheidung für medatixx habe ich
nie bereut.“
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