CHRISTEN IN III. REICH ... UND AUS DER CHRISTLICHEN WELT KAM EINE OHRENBETÄUBENDE STILLE. Deutschland war eine der aufgeklärtesten, intellektuellsten und kultiviertesten Gesellschaften zu jener Zeit. Und doch stand die sogenannte christliche Gesellschaft daneben und beobachtete die Ausrottung der Juden Europas. Manche nahmen sogar daran teil. Glaubensbewegung Deutscher Christen Bereits bevor Hitler an die Macht kam konstituierte sich 1932 mit Hilfe der NSDAP, aus einer lokalen christlichen Gruppierung im Thüringischen, die "Glaubensbewegung Deutscher Christen". Diese streng nach dem Führerprinzip organisierte Bewegung bezeichnete sich als "SA Jesu Christi" und bekannte sich zu einem "positiven Christentum", wie es in Artikel 24 des Parteiprogramms der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) propagiert wurde. Nach ihrer Auffassung sollte Christentum und Nationalsozialismus eine Synthese eingehen. Bei den ersten Kirchenwahlen nach ihrer Gründung in der Altpreußischen Union, der größten der weitgehend selbständigen deutschen Landeskirchen, erhielten die Deutschen Christen im November 1932 bereits fast ein Drittel der Stimmen. Nach massiver Propaganda gewannen sie die Synodalwahlen am 23. Juli 1933 mit einer Zweidrittelmehrheit in der neugeschaffenen einheitlichen Reichskirche und stellten damit die Bischöfe in fast allen evangelischen Landeskirchen. Lediglich die Bischöfe der Landeskirchen von Bayern, Württemberg und Hannover gehörten nicht den Deutschen Christen an. Am 27. September wurde der Deutsche Christ und Hitlers bisherige "Bevollmächtigte für die Angelegenheiten der Evangelischen Kirche", der Königsberger Wehrkreispfarrer Ludwig Müller (1883-1945), als Reichsbischof höchster protestantischer Würdenträger im Deutschen Reich. Forderungen von Deutschen Christen nach Übernahme des "Arierparagraphen" für die Reichskirche und nach Verwerfung des als jüdisch angesehenen Alten Testaments führten bereits Anfang September 1933 zu Massenaustritten und zur Spaltung der Deutschen Christen. So rief der Dahlemer Pfarrer Martin Niemöller, nach der von Deutschen Christen geleitete Altpreußische Synode am 6. und 7. September 1933, auf der die Einführung Arierparagraphen beschlossen wurde, den Pfarrernotbund ins Leben, aus dem wenig später die Bekennende Kirche hervorging. Ab Mitte Oktober hatte der Pfarrernotbund eine feste organisatorische Struktur. Andere Abspaltungen der "Glaubensbewegung Deutsche Christen" waren die "Nationalkirchliche Bewegung", "Kirchenbewegung Deutsche Christen" und die "Reichsbewegung Deutsche Christen" ["Reichsbewegung Deutschland"], die sich ab 1938 "Lutherdeutsche" nannte. Nach 1934 verloren die DC an Bedeutung, blieben aber bis Kriegsende - vor allem ihr radikaler Flügel - dem Nationalsozialismus loyal verbunden und trugen zur Lähmung des protestantisch geprägten kirchlichen Lebens im Dritten Reich wesentlich bei. Pfarrernotbund & Bekennende Kirche Der bereits erwähnte Pfarrernotbund wurde zu einer der wichtigsten Wurzeln der Bekennenden Kirche, die sich ab 1934 formierte. Bis Januar 1934 schloss sich dem Pfarrernotbund mit etwa 7.000 Pfarrern ungefähr ein Drittel der evangelischen Geistlichen im Deutschen Reich an. Im März 1934 übernahm ein "Reichsbruderrat" die Koordination des Pfarrernotbundes, der zur ersten Barmer Bekenntnissynode vom 29. bis 31. Mai 1934 einlud, auf der sich die Bekennende Kirche konstituierte. Die zweite Bekenntnissynode in Berlin-Dahlem am 19. und 20. Oktober 1934 proklamierte das "kirchliche Notrecht" für Pfarrer, mit dem die Gehorsamsverweigerung gegenüber der Obrigkeit gerechtfertigt wurde. An der Frage einer Zusammenarbeit der Bekennende Kirche in begrenztem Umfang mit staatlichen Behörden zerbrach sie im Frühjahr 1936. Die Gegner wählten am 12. März 1936 die zweite "Vorläufige Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche" und setzten den Kirchenkampf kompromisslos fort. Im Mai 1936 richtete die Bekennende Kirche eine geheime Denkschrift an Hitler, die weit über kirchenpolitische Themen hinaus ging. Die Denkschrift prangerte die Verhaftung von bekennenden Geistlichen, aber auch die Existenz von Konzentrationslagern (KZ) generell und den Terror der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) an und verwarf ausdrücklich die "nationalsozialistische Weltanschauung" und den staatlichen Antisemitismus. Nachdem die Denkschrift im Ausland öffentlich wurde, bekannte sich die zweite "Vorläufige Kirchenleitung" in einer Kanzelverkündigung am 30. August 1936 auch in Deutschland zu ihr. Eine Welle von Verhaftungen wegen Landesverrats war die Folge. Allein 1937 wurden fast 800 Pfarrer und Kirchenjuristen der Bekennenden Kirche vor Gericht gestellt. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Auseinandersetzungen hintangestellt, vorrangig, weil die Anhänger der Bekennenden Kirche sich zu einem Burgfrieden verpflichtet sahen. Der von den Nationalsozialisten sogenannte "Kreuzzug gegen den Bolschewismus", der 1941 begann, wurde zusätzlich von der Kirche unterstützt. Der Mord an den Juden wurde zwar im Oktober 1943 durch die Altpreußische Bekenntnissynode verurteilt, zu massiven Protesten kam es aber nicht. Über dieses traurige Kapitel der Geschichte schrieb Pastor Martin Niemöller: "Zunächst holten sie die Kommunisten, und ich erhob meine Stimme nicht - weil ich kein Kommunist war. Dann holten sie die Sozialisten, und ich erhob meine Stimme nicht - weil ich kein Sozialist war. Dann holten sie die Gewerkschaftler, und ich erhob meine Stimme nicht - weil ich kein Gewerkschaftler war. Dann holten sie die Juden, und ich erhob meine Stimme nicht - weil ich kein Jude war. Dann holten sie mich - und es war niemand mehr da, der für mich seine Stimme erhob." Nationalkirchliche Bewegung Die Nationalkirchliche Bewegung, Nationalkirche, entstand durch den Zerfall der Glaubensbewegung der Deutschen Christen. Sie wurde auch als Thüringer DC bezeichnet und hieß ab 1938 Nationalkirchliche Einigung. Sie vertrat ein "völkisches Christentum" und gründete am 6.5.1939 das Eisenacher "Institut zur Erforschung und Bekämpfung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben", deren Leiter Walter Grundmann, Professor für Völkische Theologie und Neues Testament in Jena, nach 1945 Rektor des Katechetenseminars Thüringen zur Ausbildung ev. Religionslehrer und Katecheten der DDR, war. Nach Ansicht der Nationalkirchler galt es, die Reformation Luthers durch die vollständige Beseitigung aller "Judaismen" in der Bibel zu vollenden. Vom "Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben" in Eisenach kamen die weiteren Stichworte zur Radikalisierung der Kirche bis zum Ausschluss der"nichtarischen" Christen aus der evangelischen Kirche. Dass nach sechs Jahren Machtergreifung und nach der Reichspogromnacht 1938 noch so viele Theologen im Jahre 1939 sich an einer kirchengeschichtlich fragwürdigen Bekanntmachung und an einem sogenannten "Entjudungsinstitut" beteiligen, spricht gegen ihr politisches und theologisches Bewusstsein. In der Bekanntmachung vom 4.4.1939 heißt es: "Der Kampf des Nationalsozialismus gegen jeden politischen Machtanspruch der Kirchen, sein Ringen um eine dem deutschen Volke artgemäße Weltanschauung, sind nach der weltanschaulich-politischen Seite hin Fortsetzung und Vollendung des Werkes, das der deutsche Reformator Martin Luther begonnen hat". Katholische Kirche Die katholische Kirche in Deutschland war in den Jahren 1930 bis 1933 vielfach als Kritikerin des Nationalsozialismus aufgetreten. Nachdem sich jedoch Hitler mehrmals kirchenfreundlich äußerte und in seiner Regierungserklärung am 23. März 1933 die beiden großen christlichen Kirchen als "wichtigste Faktoren zur Erhaltung unseres Volkstums" bezeichnete, relativierte die katholische Kirche ihre bisherige Kritik. Im April 1933 ging von der deutschen Regierung die Initiative zu einem Reichskonkordat mit dem Vatikan aus, das am 20. Juli unterzeichnet wurde. Bereits im Herbst 1933 stellte der Episkopat jedoch feststellen, dass das NS-Regime das Konkordat fortwährend brach. Ab 1935 wurden in einer Verleumdungskampagne zahlreiche katholische Geistliche wegen angeblicher Sittlichkeits- und Devisenvergehen angeklagt und verfolgt, Eingaben des Episkopats blieben ohne Erfolg. Daraufhin erschien 1937 die päpstliche Enzyklika "Mit brennender Sorge", in der Papst Pius XI. (1857-1939) die Konkordatsbrüche anklagte. Nach der Verlesung der Enzyklika von den Kanzeln erreichten die Verfolgungen von katholischen Geistlichen in Deutschland einen Höhepunkt. Zahlreiche Verfolgte flohen ins Ausland. Die "Euthanasie"-Aktionen waren Gegenstand kirchlichen Protestes. Nach Predigten des Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen im Sommer 1941 nahmen Proteste in der Bevölkerung derart zu, dass die Mordaktionen offiziell gestoppt, heimlich jedoch weitergeführt wurden. Zur Verfolgung der Juden schwiegen die Kirchen hingegen zu lange. Weder zu den Nürnberger Gesetzen von 1935, noch zur Reichspogromnacht vom 9. November 1938 äußerten die Amtskirchen sich öffentlich. Auch nach Beginn der Deportationen deutscher Juden in die Vernichtungslager im Oktober 1941 kam es zu keinem ähnlichen Protest wie gegen die "Euthanasie". Nur indirekt verurteilten die katholischen Bischöfe in Kanzelworten und mit der Verlesung eines "Menschenrechtshirtenbriefs" im März 1942 den NS-Völkermord. Es muss unbedingt betont werden, dass in ähnlicher Weise alle Kirchen und Freikirchen während der Zeit des Nationalsozialismus in die Irre gingen mit Ausnahme einzelner oder kleinerer Gruppen, die ihre Stimme gegen das Unrecht erhoben. Sechs Millionen Juden, einschließlich zwei Millionen Kinder, wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Ihre Endlösung war, die Welt von dem "jüdischen Ungeziefer", wie sie die Juden in Literatur, Ansprachen und Filme bezeichneten, zu befreien. Hitler und seine Agenten waren sicherlich keine wahren Christen. Die Naziphilosophie wurde eher von heidnischen Mythologien und Verschwörungstheorien beeinflusst. Doch waren viele Nazis angesehene Mitglieder der Lutheranischen oder Katholischen Kirchen. Sie verübten diese Taten in einer historisch christlichen Nation ... und aus der christlichen Welt kam eine ohrenbetäubende Stille. Das Schweigen auch großer Teile der Bekennenden Kirche zum NS-Völkermord war nach Ende des Zweiten Weltkriegs einer der Gründe für die Abfassung des "Stuttgarter Schuldbekenntnisses", in dem sich der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland am 18./19. Oktober 1945 zur Mitverantwortung der Kirche an den Verbrechen des Nationalsozialismus bekannte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs erkannten die katholischen Bischöfe in einem Hirtenwort vom 23. August 1945 die Mitschuld der katholischen Kirche an den Verbrechen des Nationalsozialismus an. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland veröffentlichte am 18./19. Oktober 1945 das sogenannte Stuttgarter Schuldbekenntnis. http://www.christen-und-juden.de/html/kreuz_schluss.htm http://www.pop-nidda.de/gymnasium/inhalt/projekte/spuren2/kreuz/unbekannterKreuzzug.htm http://home.t-online.de/home/klein-ludwigsburg/weltderburgen/kreuzzuege.htm