noch ein logischer Zusammenhang zwischen Prämisse und Konsequenz. Aber ein Vertreter Christi -?! Und nun stehen wir vor dem letzten Schritt auf diesem grauenvollen Wege der Unmenschlichkeit (und auch Unchristlichkeit): wir macheil uns bereit, das größte Verbrechen der deutschen, der abendländischen Geschichte überhaupt mit auszuführen, ,,wenn die Stunde es gebietet". Was aber tut die Kirche Christi: sie schweigt! Sie kann vielleicht den größten Mord aller Zeiten gar nicht verhindern - aber sie befiehlt ihren Gläubigen nicht einmal ein entschiedenes Nein, wenn sie aufgefordert werden, an ihm mitzuwirken! Ganz abgesehen davon, daß es in unserem Parlament ausgerechnet die Volksvertreter, die sich „christlichu nennen, waren, die mit verbissenem Eifer um die Vernichtungswaffen kämpften. Wohl hat Papst P i u s XII. gesagt: „Was uns betrifft, so werden wir nicht müde in dem Bemühen.. . , daß der Atomkrieg mittels internationaler Übereinkünfte geächtet und ferngehalten werden kann", aber das sagen die Politiker alle genauso. Und der Christ ist doch als einzelner mit seinem Gotte und dessen Geboten konfrontiert, und seine Kirche müßte ihm auch als einzelnem sagen, was er nach der unmißverständlichen Weisung des Gottes, a n dessen Realität er glaubt, zu tun hat. Aber seine Kirche schweigt! Sie schweigt angesichts der drohenden Bereitschaft zum Massenmord! Oder sie sagt höchstens einige beschwörende Worte (damit das Prinzip gewahrt bleibt), räumt ,,aber" dann doch ein, daß gegebenenfalls das Gegenteil des Prinzips getan werden darf und muß! Als ob das christliche Gebot, als ob Ethik und Humanität nicht unteilbar wären! Dieses Schweigen ist die unverzeihlichste Sünde, die die Kirche in ihrer zweitausendjährigen Geschichte zu begehen sich anschickt! Dr. A r n o K l ö n n e Die Jugend meint es ernst Als die Mehrheit des Deutschen Bundestags sich für die Beteiligung am atomaren Wettrüsten und für die Errichtung von Abschußbasen für Kernwaffen auf deutschem Gebiet entschied, da traf sie eine Entscheidung auch ,,für" die junge Generation. Daß dieser Beschluß tatsächlich aber g e g e n die junge Generation gerichtet ist, ist von eben dieser Generation an vielen Plätzen in aller Deutlichkeit gesagt und begründet worden. Die Atombewaffnung wäre ein Unternehmen, das in seinen sofortigen Folgen sicherlich weniger auffällig in Erscheinung tritt, als etwa die Wiederbewaffnung Deutschlands dies tat, das aber auf längere Sicht - und das heißt: in der Perspektive der persönlichen und politischen Zukunft zumal der jetzt noch jungen Leute - die deutsche und internationale Politik weit mehr und mit einem ungleich höheren Grad von Unwiderruflichkeit ins Negative wendet als die Remilitarisierung konventioneller Art. Wer Gelegenheit hatte, in den vergangenen Wochen Meinungsäußerungen junger Leute vielerorts in allen Schichten und Gruppierungen kennenzulernen, für den kann kein Zweifel daran sein, daß die Haltung jener Jugendlichen, die als Mitglieder der „Jungen Union" die Politik der Parteiführung auch in diesem Punkte (oft in weniger fundierter als lauter Weise) unterstützen zu müssen glauben, der Einstellung der überwiegenden Mehrheit der organisierten wie der nichtorganisierten Jugend entgegengesetzt ist. Unablässig kommen aus Jugendversammlungen, Jugendverbänden, Jugendringen und aus dem Kreis junger Arbeitnehmer in den Betrieben Erklärungen und Demonstrationen gegen eine Politik, die die internationale Spannung an einem entscheidenden Punkt unnötig und unerträglich verschärft, die statt zu schrittweiser Abrüstung zur Verstärkung der Rüstungsanstrengungen auf beiden Seiten des ,,Eisernen Vorhangs" führt, die internationale Kernwaffenabrüstung äußerst unwahrscheinlich und die deutsche Wiedervereinigung vollends unmöglich machen würde. Die Aktivität junger Menschen in dieser Sache ist umso beachtlicher, als die Entwicklung der Paulskii-chenaktion gegen die Wiederbewaffnung seinerzeit - an der ja gerade die junge Generation stärkstes Interesse nahm - ni&t dazu angetan war, von der nötigen Konsequenz der politischen Repräsentanten solcher Massenbewegungen zu überzeugen. Im folgenden sollen nun aus einer Fülle von Erklärungen junger Menschen und Gruppierungen zur Atombewaffnung einige wenige exemplarisch zitiert und an ihnen zugleich bestimmte Verhaltensweisen gezeigt werden, die für die Kampfbewegung gegen die Atombewaffnung allgemein beachtenswert scheinen. Der Hessische Jugendring (die Dachorganisation aller großen Jugendverbände im Lande Hessen) hat am 24. April dieses Jahres einstimmig - bei Stimmenthaltung der Vertreter des Bundes der Deutschen katholischen Jugend - einen Beschluß zum Thema „atomare Bewaffiung der Bundesrepublik" gefaßt, in dem es U. a. heißt: „Die Vollversammlung des Hessischen Jugendrings ist von großer Sorge um die Erhaltung des Friedens erfüllt und fühlt sich mit allen, die diese Sorge teilen, eng verbunden. Der gegenwärtige Entwicklungsstand atomarer und anderer moderner Waffen kann im Kriegsfalle nur zur grausigen Zerstörung und zur Vernichtung menschlichen Lebens führen. Alle Handlungen der verantwortlichen Politiker in Ost und West können nur danach gewertet werden, ob sie zur Entspannung beitragen oder nicht. Auch die kleinste Unterlassung kann historische Schuld bedeuten. Die Vollversammlung des Hessischen Jugendringes richtet daher an die Mitglieder der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages die ernste Mahnung, noch einmal zu prüfen, ob der Beschluß des Bundestages vom 25. und 26. März 1958 geeignet ist, dem Frieden zu dienen, und ob nicht insbesondere der Wunsch aller Deutschen, die Wiederherstellung der politischen Einheit Deutschlands, in seiner Verwirklichung gefährdet wird. Darüber hinaus stellt die Vollversammlung des Hessischen Jugendringes an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages die Frage, ob sie bei ihrem Beschluß auch die Gewissensnot bedacht haben, in die junge Menschen zwangsläufig geraten, wenn sie an modernen atomaren und sonstigen Waffen ausgebildet werden und diese Waffen im Kriegsfalle bedienen müssen." Diese Stellungnahme - wie viele ähnliche aus dem Raum der Jugend steht klar ersichtlich jenseits aller engen Parteinahme. Sie ist formuliert und beschlossen unter Absehen von Sympathien für diese oder jene Partei. Ein zweiter Charakterzug der Stellungnahme junger Menschen zur Frage der Atom- bewaffnung scheint mir der Blick fürs Konkrete, der enge Bezug zwischen Argumentation und Handeln, der hier vielfach sichtbar wurde. So lautete z. B. die Balkenüberschrift eines Flugblattes gegen die Atomrüstung, das von Leitern verschiedener Jugendorganisationen herausgebracht wurde: ,,Verhindert atomare Rüstung in Deutschland" -, womit der Taktik der Bundesregierung, das Problem in ein von Deutschland aus unbeeinflußbares globales Thema abzubiegen, entgegengearbeitet wurde, noch bevor diese Taktik offenbar wurde. Und in einem Flugzettel der Jugendzeitschrift ,,Pläneu beschränkt man sich nicht auf Deklarationen, sondern legt folgenden Katalog der Praxis vor: „Es kommt alles darauf an, die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung so zum Ausdruck zu bringen, daß die Entscheidung der Mehrheit des Bundestages rückgängig gemacht wird. Lassen wir uns nicht durch die Zweckpropaganda beirren, daß „einmal geschaffene Tatsachen nicht mehr zu ändern seien". Noch ist die Atombewaffnung Deutschlands nicht Wirklichkeit. Sie zu verhindern, ist auch Sache aller jungen Menschen. Wir machen auf folgende Möglichkeiten aufmerksam: Setzen Sie sich ein für die Durchführung von Volksbefragungen. Beteiligen Sie sich dabei als Helfer zur Aufklärung der Bevölkerung. Nutzen Sie jede Möglichkeit, an jedem Platz, durch Gespräche, Versammlungen, Kundgebungen, Demonstrationen, Leserbriefe, Flugblätter und Plakate zur Frage der Atombewaffnung Stellung zu beziehen. Stellen Sie das Thema „Atomrüstung" in Jugendverbänden, Jugendringen, öffentlichen Jugendforen und Studentenversammlungen zur Debatte. Führen Sie Probeabstimmungen durch. Teilen Sie die Ergebnisse der Öffentlichkeit (Presse), den politischen Parteien, den Landtags- und Bundestagsabgeordneten und dem Bundeskanzler mit. Regen Sie an und helfen Sie mit, die Ablehnung der Atombewaffnung an den Arbeitsplätzen und in den Betrieben zu demonstrieren." Ein dritter Vorzug dieser Stellungnahmen der jungen Deutschen gegen die Atombewaffnung der Bundesrepublik liegt wohl darin, daß die Atomfrage zwar losgelöst von einseitiger parteipolitischer Bindung, nicht aber isoliert von einer weitergreifenden außenpolitischen Konzeption betrachtet und dargestellt wird. Immer wieder wird hier darauf aufmerksam gemacht, daß der Protest gegen die deutsche Atombewaffnung mit der Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone (Rapacki-Plan) verbunden sein muß, daß darüber hinaus weitere Möglichkeiten für einen Abbau unfriedlicher Gegensätze in der Weltpolitik gefunden werden müssen und daß Voraussetzung für all das die Abkehr von der Ideologie der Verteufelung des Ostblocks, die Abkehr von politischen Kreuzzugsvorstellungen ist. . . Man kann sich nicht darüber beklagen, daß die Jugend der Bundesrepublik in der Frage der Atombewaffnung ohne Meinung und Stellungnahme sei. Man muß alles dafür tun, daß diese Aktivität junger Menschen, die leben wollen, nicht wiederum durch Mangel an Konsequenz und Beharrlichkeit bei den Verantwortlichen, den ,,Älteren und Erfahreneren" aufs Trockene gerät.