Europäisches Verwaltungsrecht I Grundlagen, Rechtsquellen, Eigenverwaltungsrecht der EU § 4 Verwaltungsrecht der EU: Grundfragen Univ.-Prof. Dr. Ulrich Stelkens Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere deutsches und Europäisches Verwaltungsrecht § 4 Verwaltungsrecht der EU: Grundfragen A) Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Verwaltung im Europäischen Verwaltungsrecht B) Rolle des Bürgers im Europäischen Verwaltungsrecht C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht E) Zur Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht und zur Beeinflussung des mitgliedstaatlichen Verwaltungsrechts durch Gemeinschaftsrecht A) Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Verwaltung I. II. Gesetzesvorrang/Gesetzesbindung und richterliche Kontrolldichte im Europäischen Verwaltungsrecht 1. Gesetzesvorrang/Gesetzesbindung als allgemeiner Rechtsgrundsatz des EU-Rechts 2. Modelle der Gesetzesbindung 3. Gewährleistung einer unionsweit einheitlichen Auslegung des EURechts? Gesetzesvorbehalt: Finale statt konditionaler Rechtsetzung im Europäischen Verwaltungsrecht I. Gesetzesvorrang/Gesetzesbindung 1. Gesetzesvorrang/Gesetzesbindung als allgemeiner Rechtsgrundsatz des EU-Rechts Primärrechtliche Verankerung: Art. 263 Abs. 2 AEUV i.V.m. Art. 264 AEUV Art. 2 Abs. 1 EUV (Rechtsstaatlichkeit) i.V. m. Art. 3 der Satzung des Europarates (Vorrang des Rechts/Rule of Law/Principe de Prééminence du droit) Aus zweiseitiger Bindung des Verwaltungsrechtssatzes wird durch EuGH, Rs. 26/62 (van Gend & Loos) dreiseitige Bindung I. Gesetzesvorrang/Gesetzesbindung 1. Gesetzesvorrang/Gesetzesbindung als allgemeiner Rechtsgrundsatz des EU-Rechts Anerkennung des • principe de légalité“ (Azoulai, in: Auby/Dutheil de la Rochère [Hrsg.], Traité de droit administratif européen, 2. Aufl. 2014, S. 543 ff.) • „principle of legality“ (Hofmann/Rowe/Türk, Administrative Law and Policy of the European Union, 2011, S. 151 ff.) • „Gesetzmäßigkeit der Verwaltung“ (Terhechte, in: Terhechte, Verwaltungsrecht der EU, 2011, § 7 Rn. 25) als allgemeiner Rechtsgrundsatz des EU-Rechts. 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Intensität der gerichtlichen Kontrolle Intensität der Rechtsbindung der Verwaltung Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Deutschland: Ideal der einzig richtigen, sich aus dem Gesetz ergebenden Entscheidung Dieses Modell setzt voraus: • Annahme, dass das geltende Recht auf jede Rechtsfrage eine konkrete Antwort gibt, die „gefunden“ werden muss (Verbot der Rechtsverweigerung/Annahme der „Vollständigkeit der Rechtsordnung“) • Existenz eines Konsenses darüber, wie diese Antwort „methodengerecht“, d. h. juristisch korrekt zu finden ist (sog. „juristische Methodenlehre“) • Pflicht zur „methodisch-korrekten“ Begründung der getroffenen Entscheidung zur Sicherung der Überprüfbarkeit der „Richtigkeit“ der gefundenen Antwort 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Deutschland: Ideal der einzig richtigen, sich aus dem Gesetz ergebenden Entscheidung (nach dem deutschen Modell) • sichert Einheitlichkeit der Rechtsanwendung im Bundes- bzw. Landesgebiet, da am Ende ggf. die obersten Gerichte über die richtige Begriffsbestimmung (letztverbindlich) entscheiden – und dient damit auch der Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit behördlicher Entscheidungen) • ermöglicht dem Gesetzgeber, bestimmte Begriffe als „Kurzform“ zur Umschreibung komplexer Sachverhalte gezielt einzusetzen; • ist dem Rechtsanwender weniger objektiv vorgegeben als subjektiv als „Leitidee der Richtigkeit“ aufgegeben (Müller-Franken, Maßvolles Verwalten, 2004, S. 46 ff., 57 ff.; ähnlich wohl Herbst, JZ 2012, 891 ff) • ist natürlich nicht unbestritten (Kritik z. B. Hwang, VerwArch 102 [2011], 185 ff.; Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, S. 167 ff.) 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Besonderheiten des schwedischen/dänischen Zugangs: - Wenig Erfahrungen mit verfassungskonformer Auslegung aus Respekt vor demokratischem Gesetzgeber - Wenig Problembewusstsein in Bezug auf Vorrang des Unionsrechts und unionsrechtskonforme Auslegung nationalen Rechts - Extrem geringe Anzahl von Richtervorlagen nach Art. 267 AEUV hierzu: Bernitz, in: Cardonnel u. a. (Hrsg.), Constitutionalising the EU Judicial System – Essays in Honour of Pernilla Lindh, 2012, 177 ff.; Martinsen/Wind, in Koch u. a. (Hrsg.), Europe – The New Legal Realism – Essays in Honour of Hjalte Rasmussen, 2010, S. 479 ff.; ferner: Gerbrandy, Review of European Administrative Law, 7 (2014), 33 ff. 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Französisches Modell: - Fehlen der „Subsumtionsidee“ in Frankreich (Autexier, Introduction au droit public allemand, 1997, Rn. 191 f.) - Acte-Clair-Doctrine“ in Frankreich (Vogenauer, Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent I, 2001, S. 248 ff.) - Prinzip des Art. 5 Code Civil: „Il est défendu aux juges de prononcer par voie de disposition générale et réglementaire sur les causes qui leur sont soumises.“ Gibt es das deutsche Konzept der „gebundenen Verwaltung“ in Frankreich? 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Britisches (englisches) Modell: • Annahme eines grundsätzlichen "Vertretbarkeitsspielraums“ bezüglich der behördlichen Rechtsanwendung durch „Ultra-Vires-Doktrin„? (Kleve/Schirmer, in: J.-P. Schneider [Hrsg.], Verwaltungsrecht in Europa I, 2007, S. 35, 150 ff.) • Schwere Zugänglichkeit der Rechtskonzepte des englisch-walisischen (Verwaltungs-)Rechtssystems für „Kontinentaleuropäer“ (vgl. hierzu etwa Birkinshaw, in: Becker u. a. [Hrsg.], Verfassung und Verwaltung in Europa – Festschrift Schwarze, 2014, S. 19 ff.) 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung Modell des EuGH: "Vertretbarkeitsspielraum" - bei der Beurteilung "komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte" durch die Kommission: EuGH, Rs. 55/75, Rn. 8 (Balkan Import-Export GmbH); - bei der Beurteilung naturwissenschaftlich-technischer Fragen (EuGH, Rs. C120/97, Rn. 27 ff. [Upjohn]) oder „komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte“ (Regulierungsentscheidungen) durch mitgliedstaatliche Behörden: EuGH, Rs. C-55/06 Rn. 160 ff. (Arcor) - Aber: Mitgliedstaatlichen Gerichten wird eine Rücknahme der materiellen Kontrolldichte i.d.R. nicht vorgeschrieben: Deutlich BVerwG, 6 C 13/12 v. 25.9.2013, Rn. 33 ff. = NVwZ 2014, 589 Rn. 33 ff. - Notwendigkeit einer strenge Kontrolle der Einhaltung des Verfahrensrechts in Fällen, in denen der Verwaltung ein materieller Entscheidungsspielraum zusteht: EuGH, Rs. C-269/90, Rn. 13 f. (TU München); EuGH, Rs. C-405/07 P, Rn. 55 Hierzu Calliess, in: Hendler/Ibler/Martinez Soria (Hrsg.), Festschrift für Volkmar Götz, 2005, S. 239 ff.; Ehlers, DVBl 2004, 1441, 1448 ff.; Schwarze, NVwZ 2000, 241, 249 f.; van Vormizeele, in: Becker u. a. [Hrsg.], Verfassung und Verwaltung in Europa – Festschrift Schwarze, 2014, S. 771 ff. 2. Modelle des Gesetzesvorrangs/der Gesetzesbindung EuGH, Rs. C-269/90, Rn. 13 f. (TU München): 13. Es ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission in einem Verwaltungsverfahren, das komplexe technische Beurteilungen zum Gegenstand hat, über einen Beurteilungsspielraum verfügt, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. 14. Soweit jedoch die Organe der Gemeinschaft über einen solchen Beurteilungsspielraum verfügen, kommt eine um so größere Bedeutung der Beachtung der Garantien zu, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt. Zu diesen Garantien gehören insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalles zu untersuchen, das Recht des Betroffenen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen,und das Recht auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung. Nur so kann der Gerichtshof überprüfen, ob die für die Wahrnehmung des Beurteilungsspielraums maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben. 3. Gewährleistung einer unionsweit einheitlichen Auslegung des EU-Rechts? • Kann es sein, dass der EU-Gesetzgeber bei der Formulierung einer Verpflichtung der Verwaltung vielfach einen (gerichtlich nicht überprüfbaren) Entscheidungsspielraum der Verwaltung „mitdenkt“, auch wenn dies im Wortlaut des anzuwendenden EU-Rechts bei „deutscher Lesart“ nicht zum Ausdruck kommt? B. Huber, NVwZ 2014, 293 f.; U. Stelkens, DVBl. 2010, 1078, 1085 • Sind Urteile und Entscheidungen des EuGH so zu verstehen, wie Urteile und Entscheidungen deutscher Höchstgerichte? Zur „Praxis der inkrementellen Konkretisierung“ in der EuGHRechtsprechung treffend Thym, DÖV 2014, 941, 942 f.; ferner Coutron, RTD eur. 2009, 643 ff.; Everling, EuR 1994, 127, 136 ff.; Hahn, ThürVBl. 2004, 228. 3. Gewährleistung einer unionsweit einheitlichen Auslegung des EU-Rechts? „Gesetzesbindung wird in einem strengen Sinne nur gelingen, wenn Methodenbindung gelingt" (Hassemer, ZRP 2007, 213, 216).“ Gleiche Anwendung und Durchsetzung des EU-Rechts ist Forderung der Gleichheit der Unionsbürger (Hatje, EuR – Beiheft 1 – 1998, 7; Vogenauer, ZEuP 2005, 234 ff.) 3. Gewährleistung einer unionsweit einheitlichen Auslegung des EU-Rechts? Unterschiedliche Methodenkulturen in den Mitgliedstaaten: Unterschiedliche Routinen in den Mitgliedstaaten wie Gesetzestexte, Gerichtsentscheidungen und rechtswissenschaftliche Texte zu lesen, zu verstehen, zu deuten und zu schreiben sind. Unterschiedliche Modelle der Juristenausbildung in Europa mit Folge unterschiedlicher „Praxisrelevanz“ der Rechtswissenschaft Siehe hierzu Kilian, Modelle der Juristenausbildung in Europa, 2010; Baldus/Finkenbauer/Rüfner (Hrsg.), Bologna und das Rechtsstudium, 2011 Derselbe Text wird von Juristen unterschiedlicher Herkunft unterschiedlich ausgelegt werden: Nicht überall besteht Ideal der einzig richtigen Entscheidung, Trennung von Tatbestand und Rechtsfolge, Unterscheidung von Auslegung zur Rechtsfortbildung Siehe hierzu: Hatje/Makowski, EuR 2014, 155 ff.; Wahl, in: Trute u. a. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, 2008, S. 869, 890 ff.; ders., JZ 2012, 861, 866 ff. 3. Gewährleistung einer unionsweit einheitlichen Auslegung des EU-Rechts? Mehrsprachigkeit der Rechtstexte als besonderes Problem Sprachliche Unmöglichkeit klarer Begriffsbildung – Kreation von „Eurospeak“ Guilloud-Colliat, RDP 2014, 1337, 1362 ff.; Kjær, in: Koch u. a. (Hrsg.), Europe – The New Legal Realism – Essays in Honour of Hjalte Rasmussen, 2010, S. 297 ff.; ferner Müller, in: Festschrift Heinz Mayer, 2011, S. 391 ff. Forderung nach Reduzierung der verbindlichen Amtssprachen unrealistisch Guilloud-Colliat, RDP 2014, 1337, 1344 ff.; so aber Kreße, ZRP 2014, 11 ff. 3. Gewährleistung einer unionsweit einheitlichen Auslegung des EU-Rechts? Lösungen: Forderung nach einer (allgemeinen) Reduzierung der gerichtlichen Kontrolldichte (auch) in Deutschland So (aus unterschiedlichen Gründen) Breuer, in: Franzius u. a. (Hrsg.), Beharren. Bewegen. – FS Kloepfer, 2013, S. 315, 329 ff.; Dolde, NVwZ 2006, 858, 862 f.; Leidinger, NVwZ 2011, 1345, 1349 ff.; Neidhardt, Nationale Rechtsinstitute als Bausteine des europäischen Verwaltungsrechts, 2008, S. 86 ff., 170 ff.; hiergegen z. B. Gärditz, Die Verwaltung 46 (2013), 257, 265 ff. Einforderung rationaler und systematischer Argumentation auch von der Kommission und dem EuGH mit dem Bewusstsein der Überzeugungskraft der in Deutschland entwickelten „Methodenkultur“ ? Vgl. Jestaedt, JZ 2012, 1, 9; Thym, EuR 2015, 671, 697 f.; Wahl, JZ 2012, 861 ff. Jedenfalls: Problembewusstsein notwendig! II. Vorbehalt des Gesetzes 1. Deutsche Konzeption des Vorbehalts des Gesetzes „Keine Grundrechtseingriffe ohne Gesetz“ Grundrechtseingriffe der Verwaltung sind nur auf Grund oder auf Grundlage formell gesetzlicher Grundlagen zulässig ( Ermächtigungsgrundlagen) Satzungen reichen für sich allein als Grundlage für Grundrechtseingriffe nicht aus Eingriffsbegriff wird immer weiter ausgedehnt Aber: Keine allgemeine Ausweitung des Vorbehalts des Gesetzes auf die Leistungsverwaltung II. Vorbehalt des Gesetzes 1. Deutsche Konzeption des Vorbehalts des Gesetzes Der Vorbehalt des Gesetzes fordert i.d.R. sog. konditionale Rechtsetzung nach dem „Wenn – dann“ Schema (klare Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge). „Ob“ und „Wie“ der Maßnahme ergibt sich letztlich aus dem Gesetz. steht Verwendung von „unbestimmten Rechtsbegriffen“ auf der Tatbestandsseite nicht entgegen, ihre Anwendung wird jedoch vollumfänglich gerichtlich kontrolliert (Ideal der einzig richtigen, sich aus dem Gesetz ergebenden Entscheidung). steht Ermessensermächtigungen auf der Rechtsfolgenseite nicht entgegen, soweit die Grundsätze des § 40 VwVfG beachtet werden. II. Vorbehalt des Gesetzes 2. Kein strikter „Vorbehalt des Gesetzes“ in anderen Mitgliedstaaten Keine strikte Trennung zwischen Gesetzesvorrang und Vorbehalt des Gesetzes Rechtsnormen folgen eher dem Modell „finaler Rechtsetzung“: Der Verwaltung wird ein Abwägungs- und Gestaltungsspielraum zur Bewältigung bestimmter rechtlich vorgegebener Ziele zugewiesen (so dass letztlich die Verwaltung über das „Ob“ und das „Wie“ der Zielerreichung entscheidet) - für Frankreich: Marsch, in: J.-P. Schneider (Hrsg.), Verwaltungsrecht in Europa II, 2009, S. 73; - für England: Kleve/Schirmer, in: J.-P. Schneider (Hrsg.), Verwaltungsrecht in Europa I, 2007, S. 62 und 74 ff. Impliziert auch: Keine strikte Trennung von Tatbestand und Rechtsfolge (unbestimmten Rechtsbegriffen und Ermessensermächtigungen) II. Vorbehalt des Gesetzes 3. Keine Harmonisierung des Gesetzesvorbehalts durch EMRK Eingriffe in die Rechte der EMRK stehen i.d.R. unter dem Vorbehalt, dass sie „gesetzlich vorgesehen“ sind. Entscheidend ist materieller (nicht formeller) Gesetzesbegriff (EGMR, 44774/98 v. 10. 11. 2005, Rn. 88 [Leyla Şahin]; EGMR, 58911/00 v. 6. 11. 2008, Rn. 87 [Leela Förderkreis u.a.]; EGMR, 38433/09 v. 7.6.2012, Rn. 139 ff. [Centro Europa 7]), d. h. notwendig ist die Rückführbarkeit des Eingriffs auf einen allgemein formulierten Rechtssatz, der nach innerstaatlichem Recht als gültiges Recht anzusehen ist und dessen Auswirkungen für den Betroffenen vorhersehbar sein müssen, was formell eine „hinreichende Zugänglichkeit“, also zumeist eine Publikation des Rechtssatzes, und materiell dessen hinreichende Bestimmtheit verlangt. II. Vorbehalt des Gesetzes 3. Keine Harmonisierung des Gesetzesvorbehalts durch EMRK Müssen Eingriffe in die Rechte der EMRK auch auf ein parlamentarisches Gesetz zurück zu führen sein? So Grabenwarter/Pabel, EMRK, 5. Aufl. 2012, § 18 Rn. 9; Marauhn/Merhof, in: Grote/Marauhn, EMRK/GG Konkordanzkommentar, 2. Aufl. 2013, Kap. 7 Rn. 28 (jeweils unter Verweis auf Frowein/Peukert, EMRK, 2. Aufl. 1996, Vorbemerkung zu Art. 8 – 11, Rn. 2); Rieckhoff Der Vorbehalt des Gesetzes im Europarecht, 2007, 144 ff.; Schilling, AVR 44 (2006), 57 (63 ff.). A. A. alleinige Maßgeblichkeit der innerstaatlichen Rechtsordnung: Es muss ein Außenrechtssatz vorliegen, der zu Grundrechtseingriffen nach innerstaatlichem Verfassungsrecht legitimiert: Weiß, Das Gesetz im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention, 1996, S. 57 ff. II. Vorbehalt des Gesetzes 4. Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in EU-Grundrechte und Grundfreiheiten EuGH, Verbundene Rechtssachen 46/87 und 227/88, Rn. 19 (Hoechst): „Indessen bedürfen in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung jeder - natürlichen oder juristischen - Person einer Rechtsgrundlage und müssen aus den gesetzlich vorgesehenen Gründen gerechtfertigt sein; diese Rechtsordnungen sehen daher, wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung, einen Schutz gegen willkürliche oder unverhältnismässige Eingriffe vor. Das Erfordernis eines solchen Schutzes ist folglich als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzuerkennen.“ II. Vorbehalt des Gesetzes 4. Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in EU-Grundrechte und Grundfreiheiten Charta der Grundrechte der Europäischen Union Artikel 52. Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze (1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen. (2 bis 5) […]. II. Vorbehalt des Gesetzes 4. Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in EU-Grundrechte und Grundfreiheiten Zur Auslegung des Art. 52 Abs. 1 Grundrechte-Charta: Borowski, in: Meyer (Hrsg.), Grundrechte-Charta, 4. Aufl. 2014, Art. 52 Rn. 20 ff.; Peers/Prechal, in: Peers u. a. (Hrsg.), The EU Charter of Fundamental Rights, 2014, Rn. 52.36 ff. (jeweils mit Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR) Für Grundfreiheiten: noch keine eindeutige Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich der Anforderungen an die Beschränkungsregelungen: Ehlers, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2. Aufl. 2005, § 7 Rn. 82. II. Vorbehalt des Gesetzes 5. Finale und konditionale Rechtsetzung durch die EU Hierzu allgemein und zu den Auswirkungen im Umweltrecht: Breuer AöR 127 (2002), S. 523 ff.; Fonk, DVBl. 2010, 626 ff.; Hansmann, NVwZ 2006, 51 ff. Zu den Auswirkungen im Bereich der Regulierungsverwaltung: Breuer NVwZ 2004, 520, 522 ff.; Burgi DVBl 2005, 269, 272 ff.; Ludwigs Verwaltung 44 (2011), 41, 57 ff. Siehe auch Rieckhoff, Der Vorbehalt des Gesetzes im Gemeinschaftsrecht, 2007 (wo allerdings zu sehr von dem "deutschen Sein" auf ein "europäisches Sollen" geschlossen wird). B) Rolle des Bürgers im Europäischen Verwaltungsrecht I. (Traditionell deutsches) Modell des Bürgers als „Verwaltungsobjekt“ II. Europäisches Modell: Bürger als Garant des EU-Rechts und des Gemeinwohls? III. Vom Bourgeois zum Citoyen? B) Rolle des Bürgers im Europäischen Verwaltungsrecht I. (Traditionell deutsches) Modell des Bürgers als „Verwaltungsobjekt“ Exemplarisch in Zusammenhang mit Informationsfreiheitsrechten: • Ibler, in: Festschrift Brohm, 2002, S. 405, 412 ff.; • Kaufmann, in: Bertschi u. a. (Hrsg.), Demokratie und Freiheit, 39. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht", 1999, S. 41 ff. II. Europäisches Modell 1. „Mobilisierung“ des Bürgers zur Durchsetzung der Grundfreiheiten Rechtsprechung zur unmittelbaren Anwendbarkeit der Grundfreiheiten: zur Warenverkehrsfreiheit: EuGH, Rs. 26/62, S. 26 (van Gend & Loos); zur Niederlassungsfreiheit EuGH, Rs. 2/74, Rn. 24 ff. (Reyners); zur Dienstleistungsfreiheit: EuGH, Rs. 33/74, Rn. 24 ff. (van Binsbergen); zur Arbeitnehmerfreizügigkeit: EuGH, Rs. 41/74, Rn. 5, 7 (van Duyn); zur Kapitalverkehrsfreiheit: EuGH, Rs. 163/94, Rn. 40 ff. (Sanz de Lera). II. Europäisches Modell 2. „Mobilisierung“ des Bürgers zur Durchsetzung sonstigen unmittelbar anwendbaren Primärrechts • 3. Konkurrentenschutz gegenüber rechtswidriger Gewährung von Beihilfen: EuGH, Rs. C-354/90, Rn. 12 (Fédération nationale du commerce extérieur) „Mobilisierung“ des Bürgers zur Durchsetzung einer ordnungsgemäßen Richtlinienumsetzung • Rechtsprechung zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien Grundlegend: EuGH, Rs. 41/74, Rn. 12 (van Duyn) • Rechtsprechung zur Staatshaftung bei fehlerhafter Richtlinienumsetzung Grundlegend: EuGH, Rs. C-6/90, Rn. 29 ff. (Frankovich) • Rechtsprechung zur Durchsetzung von Richtlinien bei fehlerhafter Anwendung mitgliedstaatlichen Richtlinienumsetzungsrechts durch die Verwaltung: z. B. EuGH, Rs. 430/04 (Feuerbestattungsverein Halle) 4. Schaffung einer „Umweltöffentlichkeit“ Art. 11 RL 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (1) Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht […] haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. (2) Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können. (3) Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. […] " 4. Schaffung einer „Umweltöffentlichkeit“ Umsetzungsprobleme in Deutschland: • § 2 Umweltrechtsbehelfsgesetz a. F.: Eine […] Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe […] gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung […] geltend macht, dass eine Entscheidung […] oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht […]. • Hiergegen: EuGH, Rs. C-115/09, Rn. 54 ff. – Trianel hierzu Berkemann NuR 2011, 780 ff.; ders. DVBl. 2011, 1253, 1257 ff.; Bunge NuR 2011, 605 ff.; Durner/Paus DVBl 2011, 759 ff.; Fellenberg/Schriller UPR 2011, 321 ff.; Gärditz, Die Verwaltung 46 (2013), 257, 259 ff.; Greim UPR 2011, 271 ff.; Hellriegel EuZW 2011, 512 ff.; Henning NJW 2011, 2765 ff.; Leidinger NVwZ 2011, 1345 ff.; Lohse, European Public Law 18 [2012], S. 249 ff.; Schlacke NVwZ 2011, 804 ff.; Stettner NuR 2011, 420 ff.; Schmitt, ZEuS 2013, 359 ff.; Vosgerau, in: Heckmann u. a. (Hrsg.), Festschrift Thomas Würtenberger, 2013, S. 609 ff.; Wegener ZuR 2011, 363 ff. 4. Schaffung einer „Umweltöffentlichkeit“ Umsetzungsprobleme in Deutschland: Aber auch: Keine Notwendigkeit, eine „Interessentenklage“ oder Popularklage Einzelner einzuführen (§ 42 Abs. 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind auch im Anwendungsbereich des Art. 11 RL 2011/92/EU unionsrechtskonform): EuGH, Rs. C-137/14, Rn. 24 ff – Kommission/Deutschland Hierzu: Beier, UPR 2016, 48 ff.; Bunge, NuR 2016, 11 ff.; Fellenberg, NVwZ 2015, 1721 ff.; Frenz, NuR 2015, 832 ff.; Ludwigs, NJW 2015, 3484 ff.; Mayer, NuR 2016, 106 ff.; Ruffert, JuS 2015, 1138 ff.; Siegel, NVwZ 2016, 337 ff.; Zeissler/Schmitz, UPR 2016, 1 ff. 4. Schaffung einer „Umweltöffentlichkeit“ Umsetzungsprobleme in Deutschland: Notwendigkeit der Neubestimmung der „Schutznormtheorie“ (in Zusammenhang mit EU-Umweltrecht)? Breuer, in: Franzius u. a. (Hrsg.), Beharren. Bewegen – Festschrift für Michael Kloepfer, 2013, 315, 317 ff.; Bruckert, NuR 2015, 541, 545 ff.; Dolde, NVwZ 2006, 858, 859 f.; Franzius, in: Franzius u. a. (Hrsg.), Beharren. Bewegen – Festschrift für Michael Kloepfer, 2013, 377 ff. ; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Kahl JA 2011, 41, 42; Koch, NVwZ 2007, 369 ff.; Lepsius Verwaltung Beih. 10 (2010), 179, 186; Michael, in: Blankenagel/Pernice/Schulze-Fielitz (Hrsg.), Verfassung im Diskurs der Welt - Liber Amicorum für Peter Häberle, 2004, S. 435 ff.; Ramsauer, in: Ewer u. a. (Hrsg.), Methodik – Ordnung – Umwelt – Festschrift für Hans-Joachim Koch, 2014, S. 145, 158 ff.; Schröder, NVwZ 2006, 389, 390 ff.; Slepcevic, Journal of European Public Policy 2009, 378 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; III. Vom Bourgeois zum Citoyen? Masing, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts I, 2. Aufl. 2012, § 7 Rn. 91 ff., 112 ff. Wegener, Rechtsschutz für gesetzlich geschützte Gemeinwohlbelange als Forderung des Demokratieprinzips, in: Bertschi u. a., Demokratie und Freiheit, 39. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht", 1999, S. 1 ff. Umdenken notwendig z. B. bezüglich - Durchsetzung altruistischer Anliegen mit Hilfe „klassischer“ subjektiver Rechte („Sperrgrundstücksfälle) - Durchsetzung privater Interessen mittels „altruistischer“ Verfahrensrechte (vgl. betreffend Informationsfreiheitsrechte: VGH Kassel, 6 A 1684/08 v. 2.3.2010, Abs. 21 = NVwZ 2010, 1036, 1039; Schoch NJW 2009, 2987, 2990). C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht Privatrecht: • Recht, das die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten ordnet. • im Grundsatz: formale Gleichordnung der Rechtssubjekte: Jeder Privatrechtsfähige ist tauglich, aus denselben Rechtssätzen sowohl berechtigt oder verpflichtet zu werden. • Privatautonomie als Grundsatz: Niemand braucht sich dafür rechtfertigen, warum er die ihm gewährten Rechte gebraucht oder auf ihre Ausübung verzichtet. C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht Öffentliches Recht: • Sonderrecht der Organisation des Staates und der Befugnisse und Pflichten des Staates gegenüber dem Bürger • Im Grundsatz: Andersordnung des Staates gegenüber dem Bürger – es ist etwas grundsätzlich Verschiedenes, ob der Staat seine Kompetenzen ausübt und den insoweit besonderen Bindungen (insbes. der Grundrechte) unterliegt oder ob der Bürger gegenüber dem Staat seine Rechte geltend macht oder von ihm zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet wird. C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht Probleme der Abgrenzung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht: 1. Darf der Gesetzgeber das Privatrecht so ausgestalten, dass auch der Staat und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts hieraus berechtigt und verpflichtet werden können? 2. Ist das Privatrecht eine allgemeine Regel, die auch für den Staat immer dann gilt, wenn keine besonderen öffentlich-rechtlichen Regelungen bestehen – oder sind öffentliches Recht und Privatrecht jeweils in sich abgeschlossene Teilrechtsordnungen? 3. Wann kann der Staat aus privatrechtlichen Rechtssätzen berechtigt und verpflichtet werden? 4. Wenn der Staat aus privatrechtlichen Rechtssätzen verpflichtet wird: Unterliegt er dann dennoch öffentlich-rechtlichen Bindungen? Können ihm besondere Privilegien im Privatrechtsverkehr eingeräumt werden? C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht Antworten für Deutschland (hierzu zusammenfassend: U. Stelkens, The Public Private Law Divide in Germany, IUS Publicum 2011 m. w. N.): 1. Bundesgesetzgeber hat Privatrecht so ausgestaltet, dass auch der Staat und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts hieraus berechtigt und verpflichtet werden können, soweit sich ihr Handeln nicht von dem anderer Privatrechtssubjekte unterscheidet. 2. Öffentliches Recht und Privatrecht sind jeweils abgeschlossene Teilrechtsordnungen: Daher: Keine (unmittelbare) subsidiäre Geltung privatrechtlicher Rechtssätze für das Handeln der Öffentlichen Hand. 3. Der Gesetzgeber darf dem Staat grundsätzlich keine besondere Privilegien im Privatrechtsverkehr einräumen (Abgrenzung schwierig). 4. Staat bleibt auch bei privatrechtlichem Handeln an öffentlich-rechtliche Verpflichtungen gebunden. Problem: Rechtsfolgen bei Missachtung dieser besonderen Pflichten. C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht I. Irrelevanz der Liberalisierungsgesetzgebung für die Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht • Liberalisierung im Telekommunikations-, Post-, Bahnsektor etc. führt u. U. zu Verschiebungen der Anwendungsbereiche von öffentlichen Recht und Privatrecht in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. • Keine Änderungen der in den Mitgliedstaaten unterschiedlichen Funktionen des „public-private-law-divide“ Skouris, EuR 1998, 111, 122 f.; U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, 2005, S. 363 f. C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht II. Irrelevanz der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht für die Rechtsetzungskompetenzen der EU Art. 2 lit. c der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen Art. 3 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr Burgi, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts I, 2. Aufl. 2012, § 18 Rn. 30 f. C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht III. Mit der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zusammenhängende Umsetzungsprobleme in den Mitgliedstaaten 1. Privatrechtliche Handlungsformen und Art. 4 Abs. 3 EUV Eignen sich privatrechtliche Handlungsformen für den Vollzug des EURechts? Ablehnend Brenner, Der Gestaltungsauftrag der Europäischen Union, 1996, S. 153 ff.; a. A. U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, 2005, S. 368 ff. C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht III. Mit der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht zusammenhängende Umsetzungsprobleme in den Mitgliedstaaten 2. Gesetzgebungskompetenzprobleme Beispiel: Verhältnis zwischen Vergaberecht und öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertragsrecht Hierzu: EuGH, Rs. C-399/98, Abs. 73 (Ordine degli Architetti delle province Milano); U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 54 Rn. 186 ff., § 59 Rn. 78 ff. 3. Rechtswegprobleme Anwendung nationaler Kriterien für die Qualifizierung einer Rechtsstreitigkeit als öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich (sofern eine solche Abgrenzung überhaupt erforderlich ist) Dörr, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, EVR Rn. 229 C) Verhältnis zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht im Europäischen Verwaltungsrecht IV. Besonderheiten für das Recht der privatrechtlich organisierten Verwaltungsträger (Eigengesellschaften und gemischtwirtschaftliche Unternehmen) Zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien auch gegenüber Eigengesellschaften, z. B. EuGH, Rs. C-157/02, Rn. 22 ff. (Rieser Internationale Transporte); U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, 2005, S. 45 f. D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht I. Strafrechtskompetenz als Bestandteil des Fachrechts und Durchsetzungsmechanismus der Unionspolitiken Art. 83 Abs. 2 AEUV (2) Erweist sich die Angleichung der strafrechtlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als unerlässlich für die wirksame Durchführung der Politik der Union auf einem Gebiet, auf dem Harmonisierungsmaßnahmen erfolgt sind, so können durch Richtlinien Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen auf dem betreffenden Gebiet festgelegt werden. Diese Richtlinien werden unbeschadet des Artikels 76 gemäß dem gleichen ordentlichen oder besonderen Gesetzgebungsverfahren wie die betreffenden Harmonisierungsmaßnahmen erlassen. Für verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer restriktiven Handhabung: . BVerfG, 2 BvE 2/08 u. a. v. 30. 6. 2009, Abs. 361 ff. = BVerfGE 123, 267, 411 (Lissabon) – hierzu Suhr in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 83 AEUV Rn. 27 ff. D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht I. Strafrecht als Bestandteil des Fachrechts und als Durchsetzungsmechanismus der Unionspolitiken EuGH-Rechtsprechung als Vorläufer zu Art. 83 Abs. 2 AEUV EuGH, Rs. C-176/03, Rn. 38 ff. (betreffend Umweltstrafrecht) EuGH, Rs. C-440/05 Rn. 66 ff. (betreffend Meeresverschmutzung) hierzu: Calliess, ZEuS 2008, 3, 19 ff.; Dawes/Lynskey, CML Rev. 45 (2008), S. 133 ff.; Eisele, JZ 2008, 251 ff.; Peers, E. L. Rev. 33 (2008), S. 399 ff.; Suhr ZEuS 2008, 45 ff. D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht I. Strafrecht als Bestandteil des Fachrechts und als Durchsetzungsmechanismus der Unionspolitiken • Strafrechtliche Sanktionierung der Nichtbeachtung EU-rechtwidrigen Verwaltungshandelns als eigenständige EU-Rechtsverletzung (ohne Rücksicht auf strafrechtliche Rechtswidrigkeitsbegriffe o. ä.): EuGH, Rs. C-338/04, Rn. 68 ff. – Placanica; BGH, I ZR 207/05 v. 14.2.2008, Abs. 24 = BGHZ 175, 238 Abs. 24. • Durchführung von Strafverfahren gegenüber bestimmten Personen können mit sekundärrechtlichen Pflichten der Mitgliedstaaten, bestimmten Verwaltungsmaßnahmen zu ergreifen, unvereinbar sein: EuGH, Rs. C-329/11, Rn. 33 ff. – Achughbabian; EuGH, Rs. C-61/11, Rn. 32 ff. – Dridi (hierzu Hörich/Bergmann NJW 2012, 3339 ff.; für Strafverfahren und Inhaftierung gegenüber der nach der RL 2008/115/EG gebotenen schnellen Rückführung von illegalen Einwanderern) D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht II. Strafähnliche Sanktionen als Verwaltungsinstrument Sanktion: Zufügung eines „Übels“ für rechtswidriges Verhalten mit „Abschreckungsfunktion“ (Präventivfunktion) und „repressiv-punitiver“ Funktion (nicht nur Abschöpfung unrechtmäßig erlangter Vorteile) Grundsatz: Ermächtigungen für derartige Sanktionen ergibt sich i.d.R. als Annex zu den jeweiligen Sachregelungen: EuGH, Rs. C-240/90, Rn. 11 f. hierzu Heitzer, Punitive Sanktionen im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 1997, S. 47 ff.; Sieber in v. Gerven/Zuleeg (Hrsg.), Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, 1996, S. 71, 78. S. auch BVerwG, 7 C 6/12 v. 20.2.2014, Abs. 16 ff. = NVwZ 2014, 939, Abs. 16 ff. D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht II. Strafähnliche Sanktionen als Verwaltungsinstrument Von den Mitgliedstaaten zu verhängende Verwaltungssanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft (insbes. im Agrarbereich) EuGH, Rs. C-489/10, Rn. 26 ff. – Bonda; für Agrarbeihilferecht ausführlich Bitter, Sanktionen im Recht der Europäischen Union, 2010, S. 138 ff.; Hækkerup, Controls and Sanctions in the EU Law, 2001, S. 144 ff.; Heitzer, Punitive Sanktionen im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 1997, S. 47 ff. Gemeinsamer Rahmen: VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften Hierzu: Bitter, Sanktionen im Recht der Europäischen Union, 2010, S. 130 ff.; Heitzer, Punitive Sanktionen im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 1997, S. 121 ff. D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht II. Strafähnliche Sanktionen als Verwaltungsinstrument Kartellrecht: Art. 23, 24 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln hierzu Dannecker/Biermann, in Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), EUWettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, Art. 23 VO (EG) 1/2003 Rn. 328 ff.) Zur Geltung strafverfahrensähnlicher Verfahrensgarantien in Kartellbußverfahren s. etwa Botta/Harsdorf/Frewein, E.L.Rev. 39 (20149, 553 ff.; Brammer, EuZW 2013, 617 ff.; Bueren EWS 2012, 363 ff.; Freund EuZW 2009, 839 ff.; Reinhalter ZEUS 2009, 53 ff.; Seitz EuR Beih. 2/2011, 71 ff.; Spilker in Debus u. a. (Hrsg.), Verwaltungsrechtsraum Europa, 2011,S. 121, 131 ff.; Völcker, CML Rev. 51 (2014), 1497 ff. D) Verhältnis zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht im Europäischen Verwaltungsrecht III. Ermittlungsverfahren des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) • Errichtet auf Grundlage der VO Nr. 1073/1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung; hierzu und zu Reformbemühungen Kratsas, EPL 18 (2012), 65 ff.; Lingenthal, ZEuS 2012, 195 ff.; Schoppa, Europol im Verbund der Europäischen Sicherheitsagenturen, 2013, S. 79 ff.; Silberzahn, JA 2016, 205 ff. • OLAF-Ermittlungsverfahren dienen der Sicherung von Rückforderungsansprüchen der EU, der Vorbereitung von Disziplinarverfahren gegenüber EU-Bediensteten und der Vorbereitung von Strafverfahren durch die Mitgliedstaaten (vgl. Art. 325 ff. AEUV). • Strafverfahrensrechtliche Standards im Hinblick auf Verteidigungsrechte und Unschuldsvermutung müssen beachtet werden: EuG, Rs. T-48/05, Rn. 116 ff. – Franchet und Byl; hierzu Braum JZ 2009, 298 ff.; Niestedt/Boeckmann EuZW 2009, 70 ff. E) Zur Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht und zur Beeinflussung des mitgliedstaatlichen Verwaltungsrechts durch EU-Recht Funktionen der Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht Siehe hierzu Burgi, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts I, 2. Aufl. 2012, § 18 Rn. 96 ff. E) Zur Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht und zur Beeinflussung des mitgliedstaatlichen Verwaltungsrechts durch EU-Recht Allgemeines Verwaltungsrecht = typischerweise ungeschriebenes Recht • formuliert weniger subsumtionstaugliche Rechtsätze als allgemeine Grundsätze • bildet „Panorama“, vor dem die einzelnen Rechtsätze des besonderen Verwaltungsrechts zu verstehen sind und das sie bei Lückenhaftigkeit ergänzt • Kodifikation durch Übernahme des bereits rechtswissenschaftlich entwickelter Grundsätze; besser keine Entwicklung einer Kodifikation des Allgemeinen Verwaltungsrechts auf dem „Reißbrett“ (Ausnahme: Umbruchsituation in „Transformationsstaaten“). E) Zur Unterscheidung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht und zur Beeinflussung des mitgliedstaatlichen Verwaltungsrechts durch EU-Recht Besonderes Verwaltungsrecht = typischerweise geschriebenes Recht • „Hausgut“ der Verwaltungspraxis und Gegenstand des Gesetzesvollzugs im Einzelnen • ungeschriebenes besonderes Verwaltungsrecht nicht ausgeschlossen (Deutschland: Subventionsrecht). • Teilweise: Entwicklung „Allgemeiner Teile“ des Fachrechts auf mittlerer Abstraktionsebene Mitgliedstaatliches Recht Ungeschriebenes Allgemeines Verwaltungsrecht Geschriebenes Allgemeines Verwaltungsrecht Ungeschriebenes Fachrecht Geschriebenes Fachrecht Ungeschriebenes Allgemeines Verwaltungsrecht i. d. R. „weiche“ Anpassung, aber auch „harter“ Konflikt „Harter“ Konflikt „weiche“ Anpassung Erst Verwirrung, dann Vorrang des EU-Rechts Geschriebenes Allgemeines Verwaltungsrecht „weiche“ Anpassung „Harter“ Konflikt „weiche“ Anpassung Erst Verwirrung, dann Vorrang des EU-Rechts Ungeschriebenes Fachrecht „weiche“ Anpassung Ganz „harter“ Konflikt „weiche“ Anpassung „Harter“ Konflikt Geschriebenes Fachrecht Vorrang des Fachrechts Vorrang des Fachrechts Vorrang des EU-Rechts Vorrang des EU-Rechts . U n i o n s r e c h t