. Selbsthilfegruppen der Kehlkopfoperierten im Landesverband Niedersachsen e.V. - Gemeinnütziger Verein / Mitglied im PARITÄTISCHEN Niedersachsen e.V. - Mitglied im Bundesverband der Kehlkopflosen e.V. Ref. f. Öffentlichkeitsarbeit: Rüdiger Weidner Körnerstraße 6 online.de 38102 Braunschweig fon/fax: 0531 - 73311 mail: RueWei@t- Sehr geehrte Frau Doktor, sehr geehrter Herr Doktor ! Ihre Kehlkopfpatientin, Ihr Kehlkopfpatient steht vor dem schwierigen Problem, zur Erlangung des ihr/ihm gesetzlich zustehenden Schwerbehindertenausweises einen für ihr/ihn unbekannten Bürokratismus der Versorgungsämter überwinden zu müssen. Neben dem richtigen Ausfüllen eines mehrseitigen Formulars durch die/den Betroffene/n gehört dazu auch das Beifügen einer HNO - ärztlichen gutachterlichen Stellungnahme, welche bestimmten Formalien genügen muß. Dabei ist es nach unseren Erfahrungen besonders wichtig, daß in dem Gutachten unmißverständliche, dem Gesetzestext entsprechende Formulierungen gebraucht werden müssen, damit den Sachbearbeitern der Ämter die Bearbeitung und Beurteilung erleichtert wird. Dies ist der Fall, wenn das ärztliche Gutachten im Wortlaut mit den Gesetzesvorgaben identisch ist. Mit dem anhängendem, von unseren beratenden Ärzten erstellten „Mustergutachten“ möchten wir Ihnen Ihre gutachterliche Stellungnahme für das Versorgungsamt erleichtern und gleichzeitig Ihrem Patienten spätere Widersprüche bis hin zur Sozialgerichtsklage ersparen. Anmerkungen zu den Kernpunkten der umseitigen ärztlichen Musterstellungnahme: Zu 1. Entsprechend Ihres Befundes sollten alle Haupt- und Nebendiagnosen aufgeführt werden. Zu 2. Hier muß unbedingt der dem Schwerbehindertengesetz entnommene Satz „öffentliche Veranstaltungen“ wörtlich aufgeführt werden. Zu 3. Zur Bewilligung des Merkzeichens „G“ muß unbedingt die dem Schwerbehindertengesetz entnommene Formulierung „Gehtempo nicht über 4 km/h über kurze Strecken“ enthalten sein. Im Namen aller Betroffenen danken wir Ihnen und hoffen, Ihnen mit unserem Mustervorschlag die für uns alle lästige Bürokratiearbeit ein wenig zu erleichtern. i.A. gez. Dr. med G. Bullinger gez. Rüdiger Weidner (MUSTER) (Mustergutachten Vers. 2006/08 Seite 1 von 3 HNO - ärztliche gutachterliche Stellungnahme zur Vorlage beim Versorgungsamt _ _ _ _ _ Betr. : Herrn / Frau _ _ _ _ _ usw. Nach den mir vorliegenden Unterlagen und eigener Befunderhebung liegen bei _ _ _ _ _ derzeit folgende Beschwerden und Diagnosen zu Grunde: 1. (Beispiele für Haupt- und Nebendiagnosen) - Zustand nach Laryngektomie mit Neck dissection bds. bei infiltrativen Plattenepithelcarzinom des Larynx T4 No Mo, G2. - Stimmlosigkeit, da noch keine Ösophagusersatzsprache erlernt wurde. - zur Schrumpfung neigendes Tracheostoma, daher Dauerkanülenträger. - rezidivierende Bronchitiden bei fehlender Nasenatmung mit verstärkter Bronchialschleimsekretion infolge Unterbrechung des natürlichen Atemweges. - ausgeprägtes Lymphödem des Halses trotz Lymphdrainagen, so daß auch die Verständigung mittels einer elektronischen Sprechhilfe kaum möglich ist. - Schmerzen durch Narben, besonders nach Abheilung von postoperativen Schlundfisteln. - Verspannung der Hals- Nacken- Schulter- Muskulatur mit Bewegungseinschränkung in den Schultergelenken nach Neck dissektion mit Resektion des Nervus accessorius. - Orthostatische Dysregulationsbeschwerden nach Halsgefäßresektion oder narbiger Stenose (z.B. V.jugularis). - Allgemeine internistische Nebenerkrankungen, z.B. Pleuraerguss, Atelektasenbildung, Duodenaldivertikel, Hepatomegalie, Herzinsuffizienz, Emphysem der Lunge usw. 2. (Erläuterungen für den nicht medizinisch versierten Sachbearbeiter zur Vergabe des Merkzeichens RF ) Durch die fehlende Funktion der Nase ( Reinigen, Erwärmen und Anfeuchten der Atemluft und Regulation der Strömungsgeschwindigkeit) und durch das Tracheostoma sowie die Notwendigkeit einer Trachealkanüle kommt es beim Patienten zu verstärkter endotrachealen und bronchialen Schleimbildung mit erhöhter Infektanfälligkeit und vermehrten rezidivierenden Infekten der Lunge. Der vermehrte Sekretanfall führt zu unkontrollierten Hustenanfällen mit Auswurf und störenden Atemgeräuschen, so daß es dem Patienten nicht mehr möglich ist, jegliche öffentliche Veranstaltungen (wie z.B. Sportplatz, Kirche oder Konzert) zu besuchen, da im Regelfall weder eine Absaugmöglichkeit noch Sanitärräume zur Verfügung stehen und die Begleiterscheinungen seines Leidens von anderen Besuchern nicht toleriert werden. 3. (Erläuterungen zur Vergabe des Merkzeichens G ) Bedingt durch die Entfernung des Kehlkopfes kommt es zu einer Einschränkung der Atemfunktion, diese führt wiederum zu einer Atemnot mittleren Grades bei vorhandenen oder häufig rezidivierenden Infekten, z.B. bei Pleuraerguss, Atelektasen oder Lungenemphysem. Dann ist der Patient ggf. auch nicht in der Lage, beschwerdefrei alltägliche Leistungen zu vollbringen, wie z.B. Treppensteigen, leichte körperliche Arbeit und Heben normal schwerer Lasten sowie Gehen mit einem Tempo von mehr als 4 km/h. Kann dieses Gehtempo nicht mehr überschritten werden, ist die Voraussetzung für das Merkzeichen „G“ erreicht. Auch bei einer schweren chronischen Bronchitis kann durch den fast kontinuierlichen Husten und dem ausgiebigen Auswurf eine schwere Atemnot entstehen, wodurch damit die Vergabe von „G“ gerechtfertigt ist. (Mustergutachten Vers. 2006/08 Seite 2 von 3 4. (Erläuterung zum Zusammenhang Tumorbestrahlung und Zahnschäden.) Der Zusammenhang zwischen Tumorbestrahlung und Zahnschäden, ganz gleich ob prae- oder postoperative Bestrahlung, kann grundsätzlich nicht abgelehnt werden. Es muß jedoch in jedem einzelnen Fall die Tumorlokalisation, die Tumorausdehnung, das Strahlenfeld, die Strahlendosis, die Strahlenreaktion, der Bestrahlungsverlauf und der Zahnstatus vor Beginn der Strahlentherapie individuell beleuchtet werden. Die strahlenbedingte Mundtrockenheit führt nicht nur zu einer subjektiven Belästigung sondern bedingt auch eine Schädigung gesunder Zähne. Da nach der Kehlkopfentferung und der Strahlentherapie häufig auch langfristige Schluckstörungen bestehen, ist zum Zerkleinern der Nahrung und zur ausgewogenen Ernährung des Patienten ein funktionsfähiges Gebiß auf jeden Fall notwendig. Nach meiner Beurteilung ist Herrn / Frau _ _ _ wegen des Verlustes des Kehlkopfes bei malignem Tumor ein Behinderungsgrad von zunächst 100% anzuerkennen; außerdem liegen die Vorraussetzung (je nach Befund!) für die Vergabe der Mehrzeichen „RF“ nach 2. und „G “ nach 3. vor und ich bitte um deren Bewilligung. (Stempel, Unterschrift niedergelassener Arzt) (Mustergutachten Vers. 2006/08 Seite 3 von 3