Fliehkraft (Zentrifugalkraft) Eine Kugel ist am äußeren Rand einer sich drehenden Scheibe befestigt. Als sich die Kugel in der Höhe von Max befindet löst sich plötzlich die Befestigung und die Kugel fliegt weg (siehe Abbildung). Wer wird von der Kugel getroffen? Max, Paul oder Otto? Otto! Da die Kugel auf Grund der Trägheit ihre Bewegung beibehalten will und so geradlinig (tangenzial) auf Otto zurast! Die Alltagserfahrung jedes Einzelnen führen oft zu einem Missverständnis. Fährt man z.B. mit dem Auto in eine Kurve, wird man an die Seite gedrückt. Man spricht dann landläufig davon, dass man von der "Fliehkraft" oder der "Zentrifugalkraft" an den Rand gedrückt wird. Die Kugel wird also durch die Zentripetalkraft ständig dazu gezwungen ihre Bewegung zur Scheibenmitte hin zu ändern. Wenn sich dann die Befestigung löst, kann die Zentripetalkraft (in diesem Fall die Kraft, die die Befestigung ausübt) nicht mehr auf die Kugel wirken. Die Kugel bewegt sich dann also auf Grund ihrer Trägheit tangenzial zur ihrer bisherigen Kreisbahn. Ein kleines Gedankenexperiment: Stellen Sie sich einen Laster mit einer großen glatten Ladefläche vor. Darauf befindet sich ein Eisblock, der fast ohne Reibung darauf rutschen kann. Wenn der LKW anfährt, rutscht der Eisblock auf der Ladefläche nach hinten. Das tut er aber nicht deshalb, weil eine Kraft nach hinten wirkt, sondern weil er (von außen betrachtet) genau da liegen bleibt, wo er hingelegt wurde; der LKW fährt also unter dem Eisblock weg! Erst die Ladeklappe hält den Eisblock auf, der nun mitbeschleunigt wird. Fährt der LKW in eine Linkskurve passiert etwas Ähnliches: Er ist träge und möchte "eigentlich" weiter geradeaus fahren, der LKW biegt jedoch "unter ihm" ab, so dass das Eis an die rechte Seite rutscht. Dabei drückt also die LKW-Wand gegen den Eisblock; nicht jedoch der Eisblock gegen die LKW-Wand. Wieso gibt es ein Wort für eine Kraft, die gar nicht existiert? In den meisten Lexika findet sich sehr wohl ein Eintrag zur Zentrifugalkraft, meist gefolgt von der Erklärung der Zentrifuge. In der Zentrifuge werden (natürlich durch Zentrifugalkräfte...) verschieden dichte Materialien voneinander getrennt. In Wirklichkeit wirkt aber auch in einer Zentrifuge nur die Trägheit der Materialien. Daher bezeichnet man die so genannte Zentrifugalkraft als eine Scheinkraft. Denn es kommt dabei auf den Standpunkt des Betrachters an: Schaut man dem drehenden Karussell von außen aus zu, bewegen sich darin alle Fahrgäste mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Für zwei sich im Karussell gegenüber stehende Menschen befindet sich der Andere aber in Ruhe: Die Entfernung zwischen beiden bleibt immer gleich. Für diesen Betrachter muss also eine Gegenkraft zu der zur Mitte hin gerichteten Zentripetalkraft existieren. Sonst würde man ja von der Zentripetalkraft in die Mitte gezogen (anstatt nach außen "gedrückt"). Für diese spezielle Betrachtung (also für den mitbewegten Beobachter in einem mitbewegten Bezugssystem) heißt die existierende Kraft Zentrifugalkraft.