WERKZEUGE UND FORMEN 1 Besonders leichtgängig gleiten die Kolben durch diese Spritzen, weil der Spritzenkörper nahezu ideal geformt ist, also keinen Verzug, etwa durch Kernversatz, aufweist. 1 2 2 Die Gestalt der StarLine-Crown-Düse ermöglicht wesentliche Verbesserungen am Werkzeug und eine Reinigung der Formteil-Entlüftung in wenigen Minuten. Absolut gerade und absolut rund Ideal geformte Spritzenkörper durch Systemkonzept ohne Kernversatz Im Spritzguss hergestellte medizinische Spritzenkörper sind nach dem bis heute üblichen Verfahren der seitlichen Anspritzung nicht ideal geformt. Eine der Ursachen sind asymmetrische Druckbelastungen im Werkzeug während der Füll- und Nachdruckphase (Kernversatz), die zur Verformung des zylindrischen Spritzenkörpers beitragen. Der Effekt bewirkt zudem eine schnellere Abnutzung des Werkzeugs. Durch eine spezielle Geometrie der Düsenspitzen und der besonderen Gestaltung des Formteils im Bereich des Anspritzpunktes werden diese Beeinträchtigungen überwunden. B ei der heute üblichen seitlichen Anspritzung von Spritzenkörpern wird der Formkern aufgrund des Spritzdrucks leicht verschoben. Dies führt zu einem Wandstärkenversatz. Die Spritzenzylinder werden auch bei der gängigen Vorhaltung des Kernes unrund, da dieses Verfahren nur den Wandstärkenversatz vom Kopf der Spritze zum Boden verschiebt. In der Folge wird der Spritzenkolben schwergängiger und kann sich bei der Kristallisation zudem verziehen. Schwergängige Spritzen sind natürlich nicht erwünscht, weil sie zu Problemen bei der Medikamentendosierung führen. Der Verzug kann es außerdem zu einer mangelhaften Qualität bei der Bedruckung führen. Ein weitere, nicht zu vernachlässigende Folge des Kernversatzes wirkt sich nicht auf das Formteil, sondern auf das Werkzeug aus: Bei jedem Einspritzvorgang wirken beträchtliche Seitenkräfte auf die Luerkonusspitzen im Werkzeug; dadurch wird der Verschleiß des Werkzeuges erhöht. Autor Hans Schreck, Heitec Heisskanaltechnik, Burgwald, [email protected] 42 MedPLAST · Mai 2010 Kernversatz-Probleme gibt’s nicht mehr Somit braucht sich der Anwender erstmals nicht mehr mit den Problemen des Kernversatzes zu befassen. Hierdurch Ein Systemkonzept zur Herstellung absowird quasi eine Anspritzung wie beim lut gerader und absolut runder SpritzenKaltkanal mit mindestens drei Anspritzkörper für die medizinische Anwendunpunkten simuliert. gen haben der Formenbauer Amtec aus Zudem kann der Werkzeugbauer aufHohenwestedt und Heitec Heisskanalgrund des geringen Durchmessers dieser technik aus Burgwald gemeinsam ententkoppelten Düse wickelt: Durch eine spezielle Geometrie Weil die Düsenkrone in der eine wesentlich effektivere Innenkühder Düsenspitzen und lung des Einsatzes der besonderen Ge- Formplatte fixiert ist, bleiund damit einen staltung des Formteils ben die Spitzen bei der gleichmäßigeren im Bereich des AnWärmehaushalt des spritzpunktes können Wärmeausdehnung exakt Einsatzes gewährjetzt absolut genaue an der Anspritzstelle. leisten. Dies führt zu Formteile produziert geringeren Spannungen im ausgeworfewerden. Im Falle der hier beschriebenen nen Spritzenkörper und somit ebenfalls zu Spritzen haben diese ein Volumen von geraderen Spritzen, weil das spätere Ver2,5, 5, 10 und 20 Milliliter. ziehen durch Spannungen im SpritzenErmöglicht wird dies durch den Einsatz körper unterbunden wird. von entkoppelten Star-Line-Crown-Düsen von Heitec, die es in runder und linearer Anordnung gibt. Die spezielle AnZusätzlich Wanddicke spritzgeometrie und die Formteilgestalund Zykluszeit verringert tung bewirken zusammen, dass sich der Die hohe Qualität des Spritzenkörpers ereinschießende Kunststoff zunächst radial laubt es jetzt bei dreiteiligen Spritzen, den um den Spritzenkörper verteilt bevor er Gummistopfen (gasked) des Spritzenkolabsolut gleichmäßig bis zur Spitze läuft. bens mit etwas geringerer Vorspannung NEUE TECHNOLOGIEN Anspritzen ohne Kernversatz Höchste Formteilqualität: Draufsicht auf den Spritzenkörper mit dem Gummistopfen, aber ohne Spritzenkolben. als bisher einzusetzen – ohne die Dichtigkeit zu beeinflussen. Der Kolbenlauf ist sehr exakt und leichtgängig: Ist die Spritze mit Flüssigkeit gefüllt und steht mit dem Kolben nach unten, so fährt der Kolben von allein durch die Schwerkraft nach unten bis zum Anschlag. Bei zweiteiligen Spritzen hat die absolute Rundheit des Spritzenzylinders den Vorteil die Dichtigkeit der Spritze mit größerer Sicherheit zu gewährleisten. Ein bisheriges Problem der zweiteiligen Spritzen war, dass die PE-Dichtungslippe des Spritzenkolbens wegen des unrunden Spritzenkörpers ein erhebliches Übermaß haben musste. Dies führte zu einer sehr schwergängigen Spritze, die sich deshalb für viele Anwendungen nicht durchsetzen konnte. Die Möglichkeit, nun mit einem absolut runden und geraden Spritzenkörper diese „Vorspannung“ erheblich zu reduzieren, verringert diesen bekannten Nachteil nun signifikant. Aufgrund der gleichmäßigen Materialverteilung konnte nun auch die Wandstärkendicke bis auf 0,5 Millimeter reduziert und dadurch auch noch Material ein- gespart werden. Zudem konnte die Zykluszeit um bis zu 20 Prozent verringert werden, weil jetzt beim Spritzgießprozess keinerlei Seitenkräfte mehr auf den Kern übertragen werden und die sonst übliche Minimierung des Kernversatzes nicht erforderlich ist; somit konnte das technische Potenzial der Spritzgussmaschine voll ausgeschöpft werden. Dazu trug auch die vorab erwähnte verbesserte Kühlmöglichkeit bei. Entlüftung reinigen ohne das Werkzeug ausbauen zu müssen Durch die neue Gestalt der seit fünf Jahren am Markt befindlichen Star-Line-Düse konnten auch am Werkzeug Optimierungen vorgenommen werden. Wesentliche Verbesserungen werden unter anderen in der Artikelkühlung und in der Getriebeauslegung erzielt. Die aus mehreren Standardteilen zusammengesetzte Düse kann durch ihren Aufbau auch die Längenausdehnung ausgleichen. Weil die Düsenkrone in der Formplatte fixiert ist, bleiben die Spitzen bei der Wärmeausdehnung exakt an der vorgegebenen An- Durch eine spezielle Geometrie der Star-Line-Düsenspitzen von Heitec Heißkanaltechnik und der besonderen Gestaltung des Formteils im Bereich der seitlichen Anspritzpunkte wird eine asymmetrische Druckbelastung im Werkzeug während der Füllund Nachdruckphase (Kernversatz) vermieden. Dies führt im Falle von medizinischen Spritzen zu nahezu ideal geformten Spritzenkörpern. Weitere Vorteile dieses Systemkonzeptes mit den Star-Line Crown-Düsen sind: Die Wandstärke der Spritzen konnte verringert werden, die Zykluszeit im Spritzgießprozess verkürzt und der Werkzeugverschleiß gemindert. Zudem können die Spitzen der Düsen, die es in verschiedenen Geometrien gibt, einfach getauscht werden. Die Reinigung der Artikel-Entlüftung ist aufgrund der Bauweise ohne Spitzenziehen oder Ausbau der Düsenkrone in wenigen Minuten möglich. spritzstelle. Daher sind Anspritzbohrungen von 0,5 Millimeter realisierbar. Durch die Entkoppelung der Düsenkrone ist die Demontage der separat verdrahteten Formplatte und somit die Reinigung der Entlüftung des Artikels minutenschnell durchzuführen. Die heiße Seite wird abgezogen, wobei die Krone in der Düsenplatte verbleibt. Ein Herausziehen der Düse oder die Demontage der Einsätze entfällt. Dies ermöglicht zusammen mit der entsprechenden Werkzeugkonstruktion zum ersten Mal das Reinigen der Entlüftungen in der Spritzgussmaschine ohne den zeitaufwändigen Ausbau des Werkzeuges. Und weil die neue Düse im beweglichen Teil wesentlich schmaler als im Kronenbereich ist, bietet sie mehr Konstruktionsraum. MedPLAST · Mai 2010 43