PDF - Österreichische Gesellschaft für Homöopathische

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Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin
PRESSEDIENST
Wenn Schlankheit zum „Wahn“ wird: Bulimie und Anorexie bei
Jugendlichen
Es sind vor allem junge Frauen und Mädchen die daran erkranken: Die Ess- und Brechsucht
betrifft geschätzt eine bis drei von hundert 15- bis 20jährigen. Heißhungerattacken wechseln
sich mit heimlichem, selbst herbeigeführtem Erbrechen ab, die Krankheit wird oft lange nicht
bemerkt. Eine zweite Erkrankungsform ist die Anorexie: Eines von hundert jungen Mädchen
magert freiwillig – oft bis auf die Knochen – ab.
(Wien, 24. Juni 2010)
Dr. Wolfgang Jezek ist Homöopath und Facharzt für Psychiatrie. Er behandelt immer wieder junge
Menschen mit Essstörungen. Jezek: „Betroffen sind vor allem Mädchen, junge Männer stellen nur 5
bis 10% der Fälle.“ Experten schätzen, dass 0,5 bis 1% der jungen Frauen an Anorexie leiden. Die
Bulimie ist häufiger, 1 bis 3% der jungen Frauen ist davon betroffen. Jezek: „Es gibt deutliche
Hinweise, dass beide Essstörungen mit dem forcierten Körper- und Schlankheitskult der heutigen Zeit
verbunden sind, der permanent durch Medien und Werbung vermittelt wird.“
Bulimie: Frühe Bindungsstörung, Einsamkeit und Leere
Die Ursachen für Ess-Brechsucht sind unklar. Die Bulimie wird dem Spektrum der Suchterkrankungen zugeordnet und hat starke Autoaggressionskomponenten. Jezek: „Es dürfte eine frühe
Bindungsstörung im Säuglingsalter zugrunde liegen – dabei hat sich ein ambivalentes Beziehungsund Fütterungsmuster auf das Kind übertragen. Später empfinden sich die Betroffenen als leer,
einsam, verlassen. Das „Fressen“ dient zum Füllen dieser Leere. Die Krankheit ist oft mit anderen
psychischen Erkrankungen verbunden, z.B. mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung, die ebenfalls
eine hohe Autoaggressivität aufweist.“
Magersucht: Falsche Schlankheitsideale, Leistungsdruck
Anorektikerinnen beschäftigen sich in übermäßigem Ausmaß mit dem Essen und dessen Vermeidung.
Ihr Bodymassindex ist stark vermindert, liegt oft unter 15. Die Betroffenen haben meist eine
sogenannte Körperschemastörung, d.h. sie empfinden sich trotz geringen Gewichtes als zu dick. Auch
hier ist die Ursache letztendlich unklar, wenngleich eine genetische Disposition zur Depression,
vermutet wird. Auch hier dürfte es Probleme in der Mutter-Kind-Interaktion sowie frühe
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Autonomiekonflikte gegeben haben. Jezek: „Die jungen Frauen stammen oft aus sehr
konventionellen, leistungsorientierten Familien, denen die Fassade nach außen sehr wichtig ist. Die
Anorektikerin sucht Stolz und Selbstbestätigung in der Essensverweigerung.“
Mangelernährung kann dramatische Folgen haben
Die Anorexie kann bei längerem Andauern mit Haarausfall, Schilddrüsenproblemen, Osteoporose,
Schwäche- und Kältezuständen, niedrigem Blutdruck und langsamem Puls verbunden sein. Die
Menstruation kann ausbleiben, zumal viele Patientinnen ihre Frauenrolle auch unbewusst ablehnen.
Aufgrund der Mangelernährung kann eine Hirnatrophie (=Schrumpfung des Hirngewebes) auftreten.
Psychisch kann es zu Depressionen, Zwangssymptomen und sozialer Isolation kommen. Jezek: „In
schwersten Fällen hungern sich die Patientinnen buchstäblich zu Tode.“
Die Folgen der Bulimie sind im Allgemeinen etwas weniger gravierend. Jezek: „Es kann zu
Elektrolytentgleisungen kommen (Natrium- und Kaliummangel, auch durch Missbrauch von
Abführmitteln und Entwässerungsmitteln), außerdem sind oft Verätzungen der Speiseröhre durch
häufiges Erbrechen und kariöse Zähne die Folge.“ Im Zusammenhang mit der Erkrankung
beobachten Mediziner und Psychologen auch kleinkriminelle Handlungen zur
Lebensmittelbeschaffung (Ladendiebstähle etc.).
Psychotherapie, medizinische Überwachung, Sonderernährung
Beide Krankheiten sind langwierig. Jezek: „Leichtere Fälle werden ambulant vorwiegend mit
Psychotherapie behandelt; bei der Bulimie, aber vor allem bei der Anorexie ist eine regelmäßige
medizinische Überwachung notwendig (Gewicht, Blutwerte, Harn). Bei schweren Anorexien muss eine
stationäre Behandlung mit Sonderernährung durchgeführt werden, im Notfall (bei Lebensgefahr) auch
gegen den Willen der Betroffenen. Bei der Bulimie kommen schulmedizinisch auch Antidepressiva
zum Einsatz.“
Psychotherapeutisch stellen beide Störungen eine Indikation für eine analytische und/ oder
systemische Therapie (Familientherapie) dar. Jezek: „Der junge Mensch kann dadurch in seiner
Persönlichkeit nachreifen, die Einstellung zum eigenen Körper verändern, Selbstwert aufbauen und
mehr persönliche Autonomie gewinnen.“
Kinder beobachten, Selbstwertgefühl steigern
Was können nun Eltern tun, um Essstörungen vorzubeugen? Jezek: „Wichtig ist es, im „heiklen Alter“
auf das Essverhalten der Kinder, besonders der Mädchen zu achten. Alarmsignale für Anorexie sind
das Vermeiden von gemeinsamen Mahlzeiten, besonders kalorienarme Nahrung, sehr langsames
Essen.“ Die Betroffenen tragen gerne Schlabberkleidung und fallen durch exzessives Sportbetreiben
sowie häufige Müdigkeit und Kältegefühle auf.
Bulimieerkrankte werden oft lange nicht entdeckt. Jezek: „Die jungen Frauen verzehren
möglicherweise auffallend großer Portionen, größere Mengen an Lebensmitteln verschwinden, die
Ernährungsgewohnheiten werden bizarr. (z.B. kalte Würstel essen), depressive Gedanken kommen
vor. “ Auch hier kann der veränderte Kleidungsstil Hinweise geben.
Eltern sollten bei beiden Störungen das auffallende Verhalten klar zur Sprache bringen und auch
Konfrontationen nicht aus dem Weg gehen. Jezek: „ Der junge Mensch sollte so rasch wie möglich in
medizinische und psychotherapeutische Behandlung. Die Grundbotschaft an den Jugendlichen sollte
dabei lauten: Wir nehmen dich ernst, du bist uns wichtig, wir brauchen jetzt professionelle
Unterstützung.“
Homöopathische Zusatzbehandlung
Homöopathie kann als Zusatzbehandlung zur medizinischen Begleitung/ Überwachung sowie
begleitend zur Psychotherapie eingesetzt werden. Jezek: „Dabei geht es vor allem um eine
konstitutionelle Behandlung, d.h. um den Versuch einer Änderung von Grundkonstanten der
Persönlichkeit. Mögliche Ziele wären, übertriebenen Ehrgeiz, Zwanghaftigkeit, Selbsthass, Verachtung
des eigenen Körpers zu modifizieren. Bei einer von einem ausgebildeten Homöopathen gut gewählten
und passenden Arznei ist das möglich. Von einer Selbstmedikation mit Homöopathie rate ich ab. Von
der Potenzwahl muss man von einer herabgesetzten Vitalität und Abwehrlage ausgehen (bes. bei
Anorexie), sodass bei Hochpotenzen Vorsicht angezeigt ist (besser LM- oder Q- Potenzen). Bei
lebensbedrohlichen Situationen können häufige Wiederholungen angezeigt sein. Besonders bewährte
Arzneien bei der Anorexie sind: Arsenicum, China, Natrium muriaticum, Phosphor, Sepia. Bei der
Bulimie werden vorwiegend Calcium carbonicum, China, Cina, Lycopodium, Mercurius, Sepia und
Veratrum eingesetzt.“
Dr. Wolfgang Jezek ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Wien. Einige Hinweise stammen
von der Psychotherapeutin Friederike Lindmaier, Wien.
Die Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin ist die größte Vereinigung
homöopathischer Ärzte Österreichs. Ziele der ÖGHM sind die Aus- und Weiterbildung von Ärzten auf
Europastandard, die Repräsentation der Homöopathie gegenüber Öffentlichkeit und Medien, die EUweite Vertretung auf politischer und wirtschaftlicher Ebene sowie die Förderung von Forschung und
Entwicklung auf dem Gebiet der Homöopathie. Die ÖGHM wurde 1953 gegründet und hat ca. 900
Mitglieder.
Weitere Informationen: Mag. Barbara Leitgeb, Pressebetreuung ÖGHM, Tel. 0660 551 5502
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